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Rezeption und Tradierung als Komplexes ... - Maximilian Schich

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IV. Zu <strong>Rezeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Tradierung</strong> visueller Information<br />

Entgegen Ores Vorhersage, gibt es beispielsweise tatsächlich zyklische Strukturen<br />

im Netz der <strong>Tradierung</strong>. Man denke etwa an zwei Kunstwerke, die über einen<br />

längeren Zeitraum hinweg entstehen. Sie können sich ohne weiteres gegenseitig<br />

aufeinander beziehen (vgl. Abschni II.5).<br />

Kubler versucht zum Beispiel im letzten Abschni seines Buches some kinds of<br />

duration zu beschreiben:<br />

Obwohl er davon ausgeht, dass sich die Dinge in unzähligen Formen in der Zeit<br />

anordnen, 86 vermutet er dabei eine finite Anzahl von identifizierbaren Formtypen<br />

seiner shapes of time. 87<br />

Er positioniert Objekte beispielsweise innerhalb seiner Sequenzen nach systematischem<br />

Alter, d.h. früh, miel oder spät, ohne eine Aussage über die Qualität zu<br />

treffen. 88 Dies entspricht nicht nur in Kublers Material der Realität, sondern lässt<br />

sich auch innerhalb der visuellen Dokumentation der Thermen zeigen. Ein gutes<br />

Beispiel ist hierfür die deutliche Zunahme von Prägnanz der Form im Laufe der<br />

<strong>Tradierung</strong> (vgl Abschni II.5 s.v. Beispiel 1-3).<br />

Neben solch einfachen Phänomenen wie der Zunahme der Prägnanz bei der Wiederholung<br />

von Formen, finden sich, wie von Kubler vorhergesagt, noch zahlreiche<br />

weitere Regelmässigkeiten der shapes of time:<br />

Die Selbstähnlichkeit der Gradverteilung im Netzwerk der <strong>Rezeption</strong> wurde bereits<br />

oben vorgestellt (vgl. Abschni II.4). Daneben existieren zahlreiche weitere,<br />

zum Teil unerwartete Eigenschaen die im nächsten Kapitel genauer vorgestellt<br />

werden. In ihnen offenbart sich die Ordnung der auf den ersten Blick chaotischen<br />

Komplexität.<br />

Die Anwesenheit dieser Ordnung erlaubt es, dem Anliegen Kublers zu folgen, auf<br />

die Epochenbezeichnungen zu verzichten, durch die die Geschichte in ideosynkratische<br />

Teile zerschnien wird.<br />

Neunzig Jahre nach Wölfflin können wir dank verbesserter Werkzeuge auf diese<br />

Zergliederung verzichten, ohne wie dieser um unsere Ges<strong>und</strong>heit zu fürchten. 89<br />

„Denn gerade im Nebeneinander <strong>und</strong> in den daraus resultierenden<br />

Wechselwirkungen wird erst der ganze Reichtum einer Zeit sichtbar. Das<br />

kann nur Anhänger schematischen Stilfibelwissens verwirren.“ 90

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