PICOQuartal

25.06.2014 Aufrufe

Interview Ein Franke, der sich aus dem Fenster lehnte! Alexander Herrmann ist aus der Riege der deutschen Spitzenköche nicht mehr wegzudenken, ob als Buchautor, TV-Moderator der ZDF-Topfgeldjäger oder Kochentertainer auf der Showbühne. Sein "Restaurant Alexander Herrmann" im Posthotel seiner fränkischen Heimatstadt Wirsberg ist seit 2008 mit einem Michelin- Stern dekoriert. Seine Kochschule kürte der Gault Millau zur Kochschule des Jahres 2011. Haben Sie überhaupt noch Zeit, selbst am Herd zu stehen? Oh ja, sogar an mehreren Herden gleichzeitig. Zum einen beim Radio. Ich koche jeden Donnerstag live auf Bayern1. Das gibt es echt bei keinem anderen Sender. Andere sprechen übers Kochen – wir machen es. Dann natürlich im Fernsehstudio, dann legen wir ja selber Hand an. Und auch Zuhause ertappe ich mich immer wieder mal dabei. Natürlich stehe ich auch regelmäßig im Restaurant in Wirsberg am Herd. Allerdings nicht mehr 6 Tage die Woche. Ich bin ja keine 22 mehr, sondern 42. Wollte der kleine Alexander als fränkischer Bub damals schon immer Koch werden? Um Himmels Willen, Nein! Zuerst wollte ich immer Tierarzt werden, das wurde aber schon bald abgelöst von Jedi-Ritter. Allerdings war damals die Ausbildungssituation zum Jedi katastrophal. Zum Glück kam dann der Film Rambo und ich wollte geschlagene zwei Jahre lang Einzelkämpfer werden. Irgendwann holte mich aber die Wirklichkeit ein und ich stellte fest, dass ich eine Kochschürze an hatte, am Herd stand und mich gut dabei fühlte. Also quasi doch in die Wiege gelegt.... Ich habe schon immer im Hotel (seit 1869 in Familienbesitz – Anm. d. Redaktion) mitgearbeitet. Gerade zu den Wagner- Festspielen habe ich immer Koffer getragen und beim Frühstücksservice geholfen. Das viele Trinkgeld, das ich in der Zeit bekam, brachte mich durchs ganze Jahr und ich konnte mir Dinge leisten, die Eltern nie gekauft hätten. Das ist jetzt 30 Jahre her. Damals hatte ich als einziger unter meinen Freunden schon Ninja-Wurfsterne. Das war echt cool. Die kleinen spickten viel besser in den Türen als die großen. Haben Sie Ihre Ausbildung deswegen in anderen Häusern gemacht, um die eigenen Hausgäste nicht zu gefährden? Es ist wichtig, dass man eine Ausbildung außerhalb des eigenen Betriebs macht. Da hat man es als Sohn des Chefs nie leicht. Es geht ja nicht nur um die handwerkliche Weiterbildung, sondern viel mehr um die charakterliche Reife. Auch, um zu lernen, mit dem Druck in einer Restaurantküche klar zu kommen. Man muss erstmal erkennen: Was geht da in der Welt. Aber ich bereue keineswegs, mit 24 doch Zuhause hängen geblieben zu sein. Wie kam der Schritt in die Medien? 1997 begann VOX mit der Produktion vom Kochduell. Die wollten dabei als Gewinne für die Sendung Aufenthalte in diversen Romantik-Hotels ausloben und fragten irgendwann auch bei uns an. Und da war ich so frech und meinte, dass ich da gerne mal aktiv mitmachen würde. Prompt überstand ich das Casting und rutschte als elfter von zwölf Köchen in das Format. Lag Ihnen von Anfang an die Rolle als Unterhaltungskoch? Was ich sehr genossen habe, war damals nach dem Koch- Duell die eigene Sendung im Bayerischen Fernsehen. Die war total modern. Leider am Ende zu modern für den BR. Aber dann kam plötzlich Johannes B. Kerner, der der gesamten Kochbranche unheimlich gut tat. Vorher kochte man maximal bis zum Vorabendprogramm – aber plötzlich kochten wir in der Prime-Time und Late-Night. Gab es da mal eine nette Anekdote? Es gab einmal eine Kindersendung und ich machte den Drachenfüßler. Das ist nichts anderes als fränkische Bratwürst' 6

Interview mit Kraut und Kartoffelpüree – mit ein paar Apfelspalten so angerichtet, dass es eben aussah wie ein Drachenfuß. Das hat die Zuschauer damals so inspiriert, dass sie unzählige Bilder von Drachenfüßlern an den Kerner schickten. Von da an war ich in der Stammcrew. Kochen Sie selber gerne fränkisch? Also ich denke, dass ich eher „multi“ veranlagt bin, es gibt keinen Küchenstil, den ich besonders gut oder schlecht kann. Vielleicht mal abgesehen von der asiatischen Küche, die ihre ganz eigenen Rhythmen hat. Da darf man in der Kochlehre in den ersten beiden Jahren das Messer nur ansehen. Die haben ja fast schon religiöse Riten bei der Essenszubereitung. Da fühle ich mich doch eher „euro“. Aber was französische, italienische Küche oder die spanische Avantgarde angeht – da bin ich sehr gut aufgestellt. Denn es geht in erster Linie um Küchentechnik, die vom Aromaspiel gefolgt wird. Apropos Reise: Fahren Sie gerne mit dem Zug? Von unserem Bahnhof in Neuenmarkt/Wirsberg, den auch die agilis anfährt, bin ich natürlich oft nach Kulmbach oder Bayreuth gefahren. Auch das Dampflokmuseum hat mich quasi ein Leben lang begleitet. Was mich aber immer mit dem Zugfahren verbinden wird, ist der einzige Satz, den ich im Französischen kenne: „Ne pas se pencher au dehors“! Das stand an jedem Zugfenster, das man früher noch öffnen konnte. In vier Sprachen. Und den französischen fand ich am lustigsten. Ich weiß bis heute nicht, wie man das wirklich korrekt ausspricht. Aber ich kann es immer noch auswendig. Bei uns heißt das jedenfalls „Nicht aus dem Fenster lehnen“. Wir machten es aber trotzdem. Seine Buchreihe „Küchen IQ“ zeigt nicht nur Rezepte, sondern vermittelt die Grundlagen für eigene Kreativität am Herd. FRANKEN-HOPPER-TICKET (für Einzelreisende inkl. Kinder/Enkelkinder bis 14 Jahre) Ab Schney oder Kemnath nach Neuenmarkt Euro! 9,70 In ihrem Sternerestaurant in Wirsberg bilden zwei große Themen die Basis für die Menükonzepte: Organic & Kontrast. Was verbirgt sich dahinter? Das Organic-Menü ist nicht unbedingt vegan oder vegetarisch, aber es ist klar ohne Fisch und Fleisch. Man braucht das nicht wirklich. Es gibt mittlerweile geschmacklich intensivere Gemüsesorten, die früher so nicht zur Verfügung standen. Vor allem haben wir aber völlig neue Gartechniken und eine Vielfalt neuer Kräuter. Das bringt zwar einen enormen Zubereitungsaufwand mit sich, macht aber furchtbar viel Spaß. Kochsendungen laufen immernoch wie geschnitten Brot im TV. Hat es sich über die Jahre weiterentwickelt? Wir merken, dass der Zuschauer mündiger geworden ist. Dem braucht man nicht mehr sagen, wie man ein Schnitzel paniert. Aber Du kannst ihnen vermitteln, wo der Trick liegt, damit es besonders gut wird. Das geht nicht mehr über „wie“ sondern vielmehr über „warum“. Schaun wir mal, wo die Reise noch hin geht. 7

Interview<br />

mit Kraut und Kartoffelpüree – mit ein paar Apfelspalten so<br />

angerichtet, dass es eben aussah wie ein Drachenfuß. Das<br />

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Bilder von Drachenfüßlern an den Kerner schickten. Von da<br />

an war ich in der Stammcrew.<br />

Kochen Sie selber gerne fränkisch?<br />

Also ich denke, dass ich eher „multi“ veranlagt bin, es gibt<br />

keinen Küchenstil, den ich besonders gut oder schlecht kann.<br />

Vielleicht mal abgesehen von der asiatischen Küche, die ihre<br />

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in den ersten beiden Jahren das Messer nur ansehen. Die haben<br />

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Da fühle ich mich doch eher „euro“. Aber was französische,<br />

italienische Küche oder die spanische Avantgarde angeht –<br />

da bin ich sehr gut aufgestellt. Denn es geht in erster Linie<br />

um Küchentechnik, die vom Aromaspiel gefolgt wird.<br />

Apropos Reise: Fahren Sie gerne mit dem Zug?<br />

Von unserem Bahnhof in Neuenmarkt/Wirsberg, den auch<br />

die agilis anfährt, bin ich natürlich oft nach Kulmbach oder<br />

Bayreuth gefahren. Auch das Dampflokmuseum hat mich<br />

quasi ein Leben lang begleitet. Was mich aber immer mit<br />

dem Zugfahren verbinden wird, ist der einzige Satz, den ich<br />

im Französischen kenne: „Ne pas se pencher au dehors“!<br />

Das stand an jedem Zugfenster, das man früher noch öffnen<br />

konnte. In vier Sprachen. Und den französischen fand ich am<br />

lustigsten. Ich weiß bis heute nicht, wie man das wirklich<br />

korrekt ausspricht. Aber ich kann es immer noch auswendig.<br />

Bei uns heißt das jedenfalls „Nicht aus dem Fenster lehnen“.<br />

Wir machten es aber trotzdem.<br />

Seine Buchreihe „Küchen IQ“ zeigt nicht nur Rezepte, sondern<br />

vermittelt die Grundlagen für eigene Kreativität am<br />

Herd.<br />

FRANKEN-HOPPER-TICKET<br />

(für Einzelreisende inkl. Kinder/Enkelkinder bis 14 Jahre)<br />

Ab Schney oder Kemnath nach Neuenmarkt<br />

Euro!<br />

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In ihrem Sternerestaurant in Wirsberg bilden zwei große<br />

Themen die Basis für die Menükonzepte: Organic & Kontrast.<br />

Was verbirgt sich dahinter?<br />

Das Organic-Menü ist nicht unbedingt vegan oder vegetarisch,<br />

aber es ist klar ohne Fisch und Fleisch. Man braucht<br />

das nicht wirklich. Es gibt mittlerweile geschmacklich intensivere<br />

Gemüsesorten, die früher so nicht zur Verfügung<br />

standen. Vor allem haben wir aber völlig neue Gartechniken<br />

und eine Vielfalt neuer Kräuter. Das bringt zwar einen enormen<br />

Zubereitungsaufwand mit sich, macht aber furchtbar<br />

viel Spaß.<br />

Kochsendungen laufen immernoch wie geschnitten Brot<br />

im TV. Hat es sich über die Jahre weiterentwickelt?<br />

Wir merken, dass der Zuschauer mündiger geworden ist.<br />

Dem braucht man nicht mehr sagen, wie man ein Schnitzel<br />

paniert. Aber Du kannst ihnen vermitteln, wo der Trick liegt,<br />

damit es besonders gut wird. Das geht nicht mehr über<br />

„wie“ sondern vielmehr über „warum“. Schaun wir mal, wo<br />

die Reise noch hin geht.<br />

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