Heft 1 - Sauerländer Heimatbund e.V.
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Sauerländer <strong>Heimatbund</strong><br />
SAUERLAND<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
Gefordert durch<br />
Der Ministerprasident<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
•>>^.<br />
REI5<br />
OLPE<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong>
ISSN0177-8110<br />
Sauerländer <strong>Heimatbund</strong><br />
Nr. 1 / Marz 1990<br />
SAUERLAND<br />
SAUERLAND<br />
Zeitschrift des<br />
Sauerlander<br />
<strong>Heimatbund</strong>es<br />
L2767F<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
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Sauerländer <strong>Heimatbund</strong><br />
SAUERLAND<br />
Leistung<br />
und Partnerschaft.<br />
DaB Sie die Dresdner Bank im betreuen, wie sie es von uns<br />
Kreise der ganz GroBen finden, hat erwarten. Denn erst die Technik<br />
viele Grunde. Einer davon: Bei einer groBen Bank gibt uns die<br />
alien unseren Bemuhungen und Zeit fur eine personliche, auf<br />
Leistungen steht ImmerderKunde die individuellen Probleme des<br />
im Mittelpunkt. GroBcomputer, einzelnen Kunden zugeschnittene<br />
Belegleser, elektronische Daten- Beratung. Daraus entstand die<br />
ubermittlung helfen uns, die vertrauensvolle Partnerschaft, die<br />
Flut der taglichen Geschafte uns nnit Kunden und Geschaftsschnell<br />
und zuverlassig abzu- freunden in aller Welt verwickeln<br />
und unsere Kunden so zu bindet.<br />
Dresdner Bank<br />
fy<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>
Sauerländer <strong>Heimatbund</strong><br />
SAUERLAND<br />
SAUERLAND Nr. 1 / Marz 1990<br />
Zeitschrift des<br />
Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>es<br />
Partnerschaft<br />
zwischen Eichsfeld und Sauerland<br />
Die umwalzenden politischen Ereignisse der letzten Monate<br />
in der Deutschen Demokratischen Republik haben den<br />
kommunalen Kontakten nach „druben" neuen Auftrieb gegeben.<br />
Nach Presseberichten bemiihen sich zur Zeit mehr<br />
als 700 Stadte und Gemeinden um die Partnerschaft mit einer<br />
Kommune in der DDR. Aus der Sicht des kurkolnischen<br />
Sauerlandes bestehen vielfaltige Beziehungen zu dem nur<br />
zwei Autostunden entfernten Eichsfeld, dessen growerer<br />
Teil, das Obereichsfeld mit Heiligenstadt, seit 1945 vom<br />
nordwestlich gelegenen Unteren Eichsfeld - mit Duderstadt<br />
- getrennt wurde.<br />
Frau Dr. Magdalena Padberg hat bereits friiher auf die alten<br />
Verbindungen hingewiesen. So war Friedrich Wilhelm<br />
Grimme von 1872 bis 1885 Direktor des Heiligenstadter<br />
Gymnasiums. Christine Koch erhielt wie viele andere aus<br />
dem Sauerland ihre padagogische Ausbildung im Eichsfeld.<br />
Die Olper Franziskanerinnen betreuen seit 1905 caritative<br />
Einrichtungen im Oberen Eichsfeld, und umgekehrt haben<br />
die Heiligenstadter Schulschwestern nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg ihr neues Mutterhaus im Bergkloster Bestwig eingerichtet.<br />
Inzwischen bemiihen sich der Kreis Olpe und der Hochsauerlandkreis<br />
um Partnerschaften mit den beiden Eichsfeldkreisen<br />
Heiligenstadt und Worbis. Mehr ere Stadte und<br />
Gemeinden des kurkolnischen Sauerlandes streben ebenfalls<br />
Kontakte mit vergleichbaren Kommunen im Eichsfeld<br />
an.<br />
Der Vorstand des Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>es hat vor<br />
einiger Zeit Verbindung mit der Schriftleitung der Eichsfelder<br />
Heimathefte in Heiligenstadt aufgenommen. Mit der<br />
Redaktion wurde der Austausch der jeweiligen Publikationen<br />
vereinbart, sicher eine gute Grundlage fiir spatere partnerschaftliche<br />
Begegnungen.<br />
Wir werden in der nachsten Ausgabe dieser Zeitschrift<br />
ausfuhrlich iiber die Kontakte zum Eichsfeld berichten.<br />
Dr. Adalbert Mullmann<br />
Aus dem Inhalt<br />
Seite<br />
Junge Universitat in Sijdwestfalen:<br />
Siegen 4<br />
Schatzkammer Propstei Belecke 8<br />
600 Jahre Orgelgeschichte<br />
in Oelinghausen 11<br />
Ateiierbesuch bei<br />
Anneliese Schmidt-Schottler 12<br />
Geehrt, geliebt, vergessen:<br />
Walter Volimer 14<br />
Die Restaurierung der „KnochenmUhie"<br />
in Fretter 16<br />
Bilder aus dem Sauerland -<br />
damais und heute 20<br />
Der Pirol -<br />
Vogei des Jahres 1990 21<br />
Geheimrezept aus Husten:<br />
Westhoffs Magenbitter 23<br />
Bucher - Schrifttum 26<br />
Personalien 32<br />
Leserbriefe 34<br />
Zu unserem Titelbild:<br />
Ein kleines Paradies ist im Marz das Naturschutzgebiet<br />
„Am Schlehen" unmittelbar an der BundesstraRe<br />
236 zwischen Werdohl und Eiringhausen/Plettenberg<br />
am SchloR Briininghausen des<br />
Baron von Wrede. Ungezahlte Marzenbecher<br />
bedecken den Boden eines kleinen Eichenwaldchens.<br />
„SAUERLAND" empfiehlt seinen<br />
Lesern, im nachsten Jahr einmai dieses Naturschutzgebiet<br />
zu besuchen. Es lohnt sich!<br />
Text und Foto: Friedhelm Ackermann<br />
Mitarbeiter dieses <strong>Heft</strong>es:<br />
Dr. Adalbert Mullmann, Brilon; Ullrich Georgi,<br />
Siegen; Dietmar Lange, Warstein; Werner<br />
Saure, Arnsberg; Georg Jurgens, Sundern-<br />
Endorf; Ursula Heyn-Benzin, Hagen; Dietmar<br />
Rost, Sundern; Heike Heinzel, Finnentrop/<br />
Mainz; Friedhelm Ackermann, Arnsberg; Hans<br />
Griinwald, Menden; Karl-Heinz Keller, Arnsberg;<br />
Heinz Pardun, Arnsberg; Dr. Mathias<br />
Pape, Olpe; ElmarSulk, Ruthen; Fritz Bamberg,<br />
Warstein; Norbert VoB, Dusseldorf.<br />
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SAUERLAND<br />
Junge Universitat in Sudwestfalen: Siegen<br />
von Ullrich Georgi<br />
Welche Assoziationen verbindet man<br />
mit dem Wort Siegen? Zunachst vielleicht:<br />
anderes Wort fiir gewinnen. Oder; Stadt<br />
im Zentrum des Siegerlandes, gepragt<br />
durch Erzbergbau und Stahlindustrie. Den<br />
wenigsten wird sich die Assoziation Siegen<br />
- Universitatsstadt aufdrangen. Dabei<br />
ist Siegen seit 1972 Standort einer Universitat<br />
- Gesamthochschule mit heute<br />
rund 10 000 Studenten (s. GrafikSeite 6).<br />
Als Ende der 60er Jahre uber die Grundung<br />
weiterer wissenschaftlicher Hochschulen<br />
in Nordrhein-Westfalen diskutiert<br />
wurde, erinnerten sich einige der damals<br />
politisch Verantwortlichen an die Worte<br />
einer Abgeordneten des Siegener Kreistages,<br />
die 1962 die Errichtung einer Universitat<br />
in Siegen gefordert, mit ihrer Bemerkung<br />
damals aber lediglich „allgemeine<br />
Heiterkeit" hervorgerufen hatte. Im mittelstandisch<br />
gepragten Industrierevier<br />
Siegen-Olpe stand denn auch zunachst<br />
der Ausbau des praxisorientierten hoheren<br />
Bildungswesens im Vordergrund, so<br />
z. B. in der Errichtung der staatlichen Ingenieurschulen<br />
fur „Bauwesen" (vormals<br />
„Wiesenbauschule") und „Maschinenwesen<br />
und Elektrotechnik", der „H6heren<br />
Wirtschaftsfachschule" und der „Hoheren<br />
Fachschule fiir Sozialarbeit".<br />
Erst als man in der Gefahr stand, in der<br />
Hochschulgrundungswelle der spaten<br />
60er Jahre leer auszugehen und eine<br />
Keimzelle universitarer Ausbildung, die<br />
Abteilung Siegerland der Padagogischen<br />
Hochschule Westfalen-Lippe, zu verlieren,<br />
war rasches Handeln angesagt. Ein<br />
im Auftrag des Kreises Siegen von den<br />
Professoren Lohmar, Biedenkopf und<br />
Knapp erstelltes Gutachten „ Gesamthochschule<br />
im Kreis Siegen" bewies die<br />
Tragfahigkeit des siidwestfalischen<br />
Raumes fiir eine derartige Einrichtung<br />
und unterstrich auch die positiven strukturpolitischen<br />
Effekte, die eine solche<br />
Standortentscheidung mit sich bringen<br />
wurde. War im 1970 veroffentlichten<br />
„ Nordrhein-Westf alen-Programm 197 5"<br />
der NRW-Landesregierung noch kein<br />
Hinweis auf einen Universitatsstandort<br />
Siegen zu finden, so anderte sich dies binnen<br />
Jahresfrist. Im Fruhjahr 1971 fiel in<br />
Dusseldorf die Entscheidung, in Siegen<br />
eine der fiinf neuzugriindenden Gesamthochschulen<br />
einzurichten und darin die<br />
vorhandenen Bildungsangebote des tertiaren<br />
Sektors zu integrieren und um Be-<br />
reiche des universitaren Lehr- und Forschungsangebots<br />
zu erweitern.<br />
Die seinerzeit gegrtindete Universitat -<br />
Gesamthochschule - Siegen ist vor allem<br />
drei Zielen verpflichtet;<br />
- mehr Durchlassigkeit und Chancengleichheit<br />
im Bildungswesen herzustellen<br />
- theorie- und praxisorientierte Ausbildung<br />
enger miteinander zu verkniipf en,<br />
- die Regionalisierung des Studienangebots<br />
und des Forschungspotentials voranzubringen.<br />
Studium<br />
Zur Erreichung dieser Ziele wurden neben<br />
den herkommlichen Universitatsstudiengangen<br />
sogenannte integrierte Studiengdnge<br />
eingerichtet, die das besondere<br />
Charakteristikum einer Gesamthochschule<br />
darstellen und bei denen neben<br />
dem Abitur auch die Fachhochschulreife<br />
als Zugangsvoraussetzung anerkannt<br />
wird. Eine weitere Besonderheit der integrierten<br />
Studiengange besteht darin, daii<br />
sich die Studierenden erst im Verlauf des<br />
Grundstudiums entscheiden und qualifizieren<br />
mussen, ob sie ihre Ausbildung im<br />
mehr praxisorientierten Hauptstudium I<br />
(insgesamt mindestens sechs Semester)<br />
oder im mehr theoriebezogenen Hauptstudium<br />
II (insgesamt mindestens acht Semester)<br />
beenden wollen. Das weitgehend<br />
gemeinsame Grundstudium ermoglicht<br />
ein naheres Kennenlernen des Faches, ein<br />
Uberpruf en der Studienentscheidung und<br />
eine gezieltere Ausrichtung des Studiums<br />
auf den spateren Beruf.<br />
Neben den integrierten Studiengangen<br />
nach dem skizzierten Y-Modell (Chemie,<br />
Mathematik, Physik, Elektrotechnik, Maschinentechnik,<br />
Wirtschaftswissenschaften)<br />
gibt es einen integrierten Studiengang<br />
„AuBerschulisches Erziehungs- und<br />
Sozialwesen", dessen einzelne Studienabschnitte<br />
aufeinander aufbauen und so AbschluBmoglichkeiten<br />
auf zwei unterschiedlichen<br />
Qualifikationsstufen ermoglichen.<br />
Seit dem Wintersemester 1988/<br />
89 gibt es in Siegen einen weiteren integrierten<br />
Studiengang im Bereich „Wirtschafts-Ingenieurwesen".<br />
Ebenfalls neu<br />
ist die Schwerpunktrichtung „Diplom-Ingenieur<br />
fur Internationale Projektierung"<br />
im Fachbereich Maschinentechnik, in der<br />
ingenieurwissenschaftliche Ausbildungsinhalte<br />
mit Fachfremdsprachen und landeskundlichen<br />
Studienelementen ver-<br />
knupft wurden. Durch die Eroffnung des<br />
integrierten Studiengangs „Technische<br />
Informatik" ist - neben der Moglichkeit,<br />
Informatik als Nebenfach in praktisch alien<br />
Ausbildungszweigen zu studieren - ein<br />
grundstandiges Studienangebot in diesem<br />
zukunftsorientierten Fachgebiet geschaffen<br />
worden.<br />
Neben den integrierten Studiengangen<br />
gibt es die Moglichkeit, Lehramts- und<br />
Magisterstudiengange mit zahlreichen Facherkombinationen<br />
und AbschluRmoglichkeiten<br />
(Lehramt Primarstufe, Sekundarstufe<br />
I und II) zu studieren. Reine Fachhochschulstudiengange<br />
gibt es dartiber<br />
hinaus in den Fachern Architektur-Stadtebau<br />
und Bauingenieurwesen.<br />
Mit den jetzt rd. 10 000 Studenten in<br />
zwolf Fachbereichen ist die Universitat -<br />
Gesamthochschule - Siegen die kleinste<br />
wissenschaftliche Hochschule in Nordrhein-Westfalen,<br />
wenn man von der Privatuniversitat<br />
Witten-Herdecke einmal<br />
absieht. „Klein - aber fein" konnte denn<br />
auch ihre Devise lauten. Klein, well es aufgrund<br />
der uberschaubaren Studentenzahlen<br />
- vor allem in den fortgeschrittenen<br />
Semestern - kaum uberf ullte Vorlesungen<br />
und Seminare gibt, fein, weil Professoren<br />
und wissenschaftliche Mitarbeiter Zeit fur<br />
personliche Gesprache finden, weil die<br />
„Einbeziehung der Studierenden in den<br />
ForschungsprozeB" keine leere Floskel ist<br />
und weil die Chancen auf einen Laborarbeitsplatz<br />
ungleich gunstiger sind als an<br />
den groBen Massenuniversitaten. So ist es<br />
kein Wunder, daR die Universitat Siegen<br />
beim Vergleich der Studiendauer an deutschen<br />
Hochschulen in vielen Fachern eine<br />
sehr gute Position einnimmt und ihr von<br />
den eigenen Studierenden bei der Frage<br />
nach der Qualitat der Studien- und Ausbildungsbedingungen<br />
eine Spitzenstellung<br />
unter den bundesdeutschen Hochschulen<br />
bescheinigtwird(s. dazu „DER SPIEGEL"<br />
Nr. 50/1989).<br />
Die inzwischen erreichte GroRenordnung<br />
schafft aber auch Probleme. Auf den<br />
vorhandenen 5 200 Studienplatzen drangeln<br />
sich rd. 10000 Studenten. Auch<br />
wenn die „Uberlastquote" sich in den einzelnen<br />
Fachbereichen unterschiedlich<br />
auswirkt, so ist doch in den besonders<br />
stark nachgefragten Studiengangen „Betriebswirtschaftslehre"<br />
sowie „Maschinentechnik<br />
- incl. Wirtschaftsingenieurwesen"<br />
- und „Elektrotechnik" vor allem<br />
in den Anfangssemestern eine GroRen-<br />
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SAUERLAND<br />
Hauptgebdude der Uni Siegen auf dem Haardter Berg in Siegen-Weidenau. Freigegeben Regierungsprdsidium Stuttgart Nr. 131-632<br />
ordnung erreicht, die einen weiteren Ausbau<br />
der Universitat Siegen dringend erf orderlich<br />
macht. Auch zum Wintersemester<br />
1989/90, das vielen anderen Universitaten<br />
bereits einen Ruckgang der Studienanfangerzahlen<br />
gebracht hat, ist diese<br />
Zahl in Siegen nochmals urn iiber 20 % gestiegen.<br />
Die aus den zahlreichen Hochschulsonderprogrammen<br />
seit kurzem f lie-<br />
Benden Mittel fiir Personal- und Sachkosten<br />
in den besonders stark belasteten Fachern<br />
sind zwar eine willkommene Hilfe,<br />
reichen fur eine dauerhafte Verbesserung<br />
der Ausbildungssituation und der Forschungskapazitaten<br />
aber bei weitem nicht<br />
aus.<br />
Der relativ unkomplizierte Zugang zu<br />
den Angeboten der Zentralen Einrichtungen,<br />
dazugehoren Universitatsbibliothek,<br />
Rechenzentrum und Audiovisuelles Medienzentrum,<br />
gehort ebenfalls zu den Vorzugen<br />
einer kleineren Universitat. Die<br />
Universitatsbibliothek verfugt derzeit<br />
uber rd. 900 000 Bande, jahriich kommen<br />
etwa 30000 weitere hinzu; 5000<br />
Zeitschriften werden im Abonnement ge-<br />
halten. Im Medienzentrum stehen nicht<br />
nur uber 10 000 Filmtitel auf Videocassetten<br />
fur Lehr- und Forschungszwecke zur<br />
Verfilgung, sondern es konnen auch Cerate<br />
fur eigene Produktionen ausgeliehen<br />
werden. Auch fur Filmschnitt und Nachbearbeitung<br />
der Beitrage stehen entsprechende<br />
Einrichtungen zur Verfugung.<br />
Forschung<br />
Aus zunachst bescheidenen Anfangen<br />
hat sich im Laufe der Zeit ein beachtliches<br />
Forschungspotential entwickelt, das auch<br />
fur die Infrastruktur und die weitere wirtschaftliche<br />
Entwicklung des heimischen<br />
Raumes wichtige Impulse vermittelt. Die<br />
Spannweite der Themen reicht von den<br />
Geistes- und Sozialwissenschaften ijber<br />
wirtschaftswissenschaftliche Projekte bis<br />
hin zu natur- und ingenieurwissenschaftlichen<br />
Fragestellungen, in deren Bearbeitung<br />
die Studierenden der hoheren Semester<br />
veil einbezogen sind. Ein Nachweis<br />
fiir die Qualitat der in Siegen betriebenen<br />
Forschungsaktivitaten sind die zahlreichen<br />
Kooperationen mit nationalen und<br />
internationalenForschungseinrichtungen<br />
und die kontinuierlich steigende Zahl von<br />
Projekten, die mit sogenannten „Drittmitteln"<br />
(Finanzmittel, die nicht aus dem normalen<br />
Haushalt der Universitat stammen)<br />
finanziert werden.<br />
Ein besonderer Schwerpunkt in den<br />
Geisteswissenschaften liegt auf dem Sektor<br />
„Medien". In Siegen ist 1986 ein Sonderf<br />
orschungsbereich der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
(DFG) zum Thema<br />
„Asthetik, Pragmatik und Geschichte der<br />
Bildschirmmedien; Schwerpunkt: Fernsehen<br />
in der Bundesrepublik Deutschland"<br />
eingerichtet worden. AuBerdem<br />
gibt es ein „Institut fur empirische Literatur-<br />
und Medienforschung (LUMIS)" sowie<br />
ein „Institut fiir Sprachen im Beruf" -<br />
insgesamt ein sehr produktiver und renommierter<br />
Fachbereich fiir Sprach- und<br />
Literaturwissenschaften. Im Mai 1987 ist<br />
das erste geisteswissenschaftliche Graduiertenkolleg<br />
an einer deutschen Universitat<br />
in Siegen eroffnet worden. Zahlreiche<br />
in- und auslandische Kollegiaten sind<br />
inzwischen ins Graduiertenkolleg aufge-<br />
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SAUERLAND<br />
Gruner Horsaal<br />
Universitdtsbibliothek: Freihandaufstellung und Leseplatze<br />
nommen worden; exzellente Wissenschaftler<br />
der Geisteswissenschaften hielten<br />
und halten sich zu Vortragen und langeren<br />
Gastaufenthalten in Siegen auf.<br />
Eine weitere Siegener Spezialitat ist das<br />
„Forschungsinstitut fiir Geistes- und Sozialwissenschaften",<br />
dem sechs Professoren<br />
verschiedener Fachdisziplinen angehoren<br />
und das mit Einladungen zu Gastprofessuren<br />
und Symposien dazu beitragt,<br />
die internationaie und interdisziplinare<br />
Zusammenarbeit zwischen der Universitat<br />
Siegen und auswartigen Hochschulen<br />
zu fordern.<br />
Im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften<br />
ist ebenfalls 1986 die Koordinierungsstelle<br />
fiir den DFG-Forschungsschwerpunkt<br />
„Monetare Makrookonomie"<br />
eingerichtet worden, ein Forschungsschwerpunkt,<br />
an dem unter der<br />
Leitung des ehemaligen Siegener Griindungsrektors<br />
Prof. Dr. Artur Woll insgesamt<br />
Wissenschaftler aus 21 Universitaten<br />
und Forschungseinrichtungen aus<br />
dem gesamten Bundesgebiet beteiligt<br />
sind.<br />
Im Fachbereich Physik sind die zahlreichen<br />
Kooperationen u. a. bei CERN in<br />
Genf, DESY in Hamburg, der DVR sowie<br />
mit der NASA hervorzuheben. In den ingenieurwissenschaftlichen<br />
Disziplinen<br />
sind die Forschungsarbeiten zur Strukturoptimierung,<br />
zur MeR- und Regelungstechnik<br />
und zur Entwicklung moderner<br />
Fertigungs- und Produktionsverfahren zu<br />
nennen, ohne daB damit .die Vielfalt der<br />
Forschungsaktivitaten in alien Fachbereichen<br />
auch nur annahernd skizziert ware.<br />
Im Rahmen der „Zukunftsinitiative Montanregionen<br />
(ZIM)" ist ein NRW-„Zen-<br />
trum fiir Sensorsysteme" an der Universitat<br />
Siegen eingerichtet worden, an dem<br />
Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete<br />
beteiligt sind. Die Bauarbeiten fur<br />
ein neues Institutsgebaude werden in Kurze<br />
beginnen.<br />
@<br />
10000<br />
2000-<br />
Entwicklung der Studentenzahlen<br />
Universitat und Region<br />
Mit dem heimischen Wirtschaftsraum<br />
ist die Universitat Siegen seit langem eng<br />
verbunden. Dabei reicht die Palette von<br />
Inf ormationsangeboten bis hin zu konkreten<br />
Entwicklungsprojekten, die z. B. der<br />
84/85 B6/87 B9/90<br />
Bini(!®0'Ki[firai©l!(iO'<br />
stud. insg.<br />
Slud.-Anf.<br />
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SAUERLAND<br />
Produktverbesserung, der Optimierung<br />
von Verf ahrens- und Produktionsablauf en<br />
oder der Oberwachung von Produktionsbzw.<br />
Verfahrensablaufen in der Umwelttechnik<br />
dienen. Dariiber hinaus stellt die<br />
Universitat gerade auch der heimischen<br />
Industrie hochqualifiziertes Personal zur<br />
Verfiigung, denn ca. 30% der Absolventen<br />
finden in der engeren Wirtschaftsregion<br />
einen Arbeitsplatz.<br />
Die Universitat ist fur den siidwestfalischen<br />
Raum aber auch selbst ein nicht zu<br />
unterschatzender Wirtschaftsfaktor. Mit<br />
(iber 1200 Beschaftigten gehort sie zu<br />
den groBten Arbeitgebern der Region.<br />
Von den uber 100 Millionen DM Haushaltsmitteln,<br />
die der Betrieb einer solchen<br />
Einrichtung jahrlich erfordert, bleibt der<br />
groBte Teil in Form von Gehaltern, aber<br />
auch Einkaufen und Lieferungen in der<br />
Region und tragt dort zur wirtschaftlichen<br />
Prosperitatbei. Zudeniiber 100 Millionen<br />
DM Haushaltsmitteln kommen pro Jahr<br />
nochmals iiber 15 Millionen DM hinzu, die<br />
einzelne Wissenschaftler aus der Hochschule<br />
zur Durchf uhrung von Forschungsund<br />
Entwicklungsprojekten erhalten, und<br />
wenn man versucht, die Ausgaben der<br />
Studierenden fiir Lebensunterhalt, Kultur-<br />
und Freizeitaktivitaten, Kauf von Biichern<br />
und anderen Lehrmitteln in eine solche<br />
Gesamtrechnung einzubeziehen,<br />
kommt man schnell auf eine GroBenordnung<br />
von 200 Millionen DM (Die Ausgaben<br />
pro Student mit DM 8 400 - im Jahr<br />
angesetzt).<br />
Nun gehen von einer Universitat nicht<br />
nurwirtschaftliche Impulse fiir die Rpqinn<br />
aus, in der sie sich befindet. Auf den<br />
Aspekt „Wissens- und Personaltransfer"<br />
ist bereits hingewiesen worden. Hinzu<br />
kommt eine Belebung und Befruchtung<br />
der kulturellen Szene, die durch eigene<br />
Aktivitaten der Hochschulangehorigen in<br />
vielen Bereichen eine Ausweitung erfahrt,<br />
durch das akademische Publikum<br />
aber auch fur Konzert- und Theaterveranstaltungen<br />
eine erhohte Attraktivitat gewinnt.<br />
Durch jahrlich wiederkehrende Veranstaltungen<br />
wie „Forum Siegen" und die<br />
„Mittwochsakademie" in Siegen und neuerdings<br />
auch in Olpe bietet die Universitat<br />
auch dem allgemeinen Publikum die<br />
Chance, sich mit wissenschaftlichen und<br />
aktuellen Fragestellungen aus vielen Fachbereichen<br />
zu beschaftigen; fiir bestimmte<br />
Berufsgruppen (z.B. Lehrer) werden<br />
Fort- und Weiterbildungsmoglichkeiten<br />
angeboten; in den technischen Fachbereichen<br />
gibt es ein umf angreiches Programm<br />
von Vorlesungen und Seminaren, die<br />
ebenfalls der Weiterqualifikation dienen.<br />
Betrachtet man das Einzugsgebiet der<br />
Universitat Siegen, so wird deutlich, daB<br />
das 1972 verkiindete Konzept von der Regionalisierung<br />
des Studienangebots und<br />
der Ausschopfung von Bildungsreserven<br />
voll erfullt wurde. So stammen aus dem<br />
Kreis Siegen-Wittgenstein seit Jahren<br />
konstant ca. 40% aller Studierenden;<br />
rechnet man den weiteren Einzugsbereich<br />
mit den Kreisen Olpe (uber 7 %), Altenkirchen,<br />
Westerwaldkreis und Lahn-Dill-<br />
Kreis hinzu, so erreicht diese Quote bereits<br />
60% (s. Grafik unten).<br />
Um die Zukunft der Universitat - Gesamthochschule<br />
- Siegen muB man sich<br />
heute - anders als noch vor drei bis vier<br />
Jahren - keine Sorgen machen. Die eindeutige<br />
Haltung von Politik, Wirtschaft<br />
und Burgern der Region bel den seinerzeitigen<br />
SchlieBungsgeruchten hat entscheidend<br />
dazu beigetragen, die Verbundenheit<br />
von Region und Universitat zu festigen<br />
und den politisch Verantwortlichen in<br />
Forschunqsminister Riesenhuber<br />
im Gesprdch mit Prof. Fett<br />
Dusseldorf bewiesen, daB die Standortentscheidung<br />
fur Siegen unumkehrbar ist.<br />
Durch die seit drei Jahren zu registrierende<br />
starke Aufwartsentwicklung bei den<br />
Studentenzahlen und der innovativen<br />
Kraft der Hochschule in der Fortentwicklung<br />
des Studienangebots hat sich die Existenzberechtigung<br />
einer Universitat im<br />
sudwestfalischen Raum zusatzlich erwiesen.<br />
Grafik: Studenten aus dem Nahelnzugsbereich der Universitat Siegen im Wintersemester 1989/90<br />
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SAUERLAND<br />
Schatzkammer Propstei Belecke<br />
Ein Museum fiir kirchliche Kunst<br />
von Dietmar Lange<br />
Seit einigen Jahren befassen sich die<br />
katholische Kirchengemeinde St. Pankratius<br />
in Belecke, die Stadt Warstein, das<br />
Westfalische Museumsamt in Munster<br />
und das Erzbischof liche Generalvikariat in<br />
Paderborn mit Planungen und Oberlegungen<br />
zur Errichtung eines Museums fiir<br />
kirchliche Kunst in den Propsteigebauden<br />
in Belecke. Der reichhaltige Bestand an liturgischem<br />
Gerat, Gemalden und Plastiken,<br />
der sich im Besitz der Propsteigemeinde<br />
befindet, gab dazu die ersten AnstoBe.<br />
Mit einer vielbeachteten Ausstellung<br />
im Jahre 1977, fiir die der geburtige<br />
WarsteinerDr. KarlBerndHeppe, Kustos<br />
am Stadtmuseum Dusseldorf, verantwortlich<br />
zeichnete, wurden die Kunstschatze<br />
erstmals einer weiten Bevolkerung gezeigt<br />
und erlautert. In diesem Zusammenhang<br />
entstand als uniiberhorbarer Tenor<br />
der Wunsch, zu einer dauernden Ausstellung<br />
in geeigneter Form zu gelangen.<br />
Mehrfache Oberlegungen fiihrten zur<br />
Wahl des im Herzen der nach dem Stadtbrand<br />
von 1805 wiederaufgebauten Altstadt<br />
Beleckes liegenden ehemaligen<br />
Propsteigebaudes, dessen Einzelfliigel bis<br />
zur Sakularisation jeweils mehreren Benediktinern<br />
aus dem 1072 gegrundeten Kloster<br />
Grafschaft Unterkunft boten und seit<br />
dieser Zeit in erster Linie dem Belecker<br />
Pfarrer als Wohn- und Wirtschaftsgebaude<br />
oder der allgemeinen Pfarrseelsorge<br />
dienten. Dabei erwies sich fiir die Unterbringung<br />
einer musealen Dauerausstellungdie<br />
1808 errichtete Propsteideele mit<br />
den umliegenden Wirtschaftstrakten als<br />
besonders geeignet. Sie war in den<br />
1960er Jahren einem kleinen Umbau unterzogen<br />
worden, so daB sie als Pf arr- bzw.<br />
Jugendheim der Seelsorge der Pfarrgemeinde<br />
passende Raumlichkeiten bieten<br />
konnte.<br />
Konzeption fiir ein Museum<br />
Grundgedanke bei der Erstellung einer<br />
fur die Einrichtung eines Museums unentbehrlichen<br />
Museumskonzeption war es,<br />
die Kunstgegenstande in sach- und fachgerechter<br />
Form zu prasentieren, sie damit<br />
in einen kunstgeschichtlichen Gesamtzusammenhang<br />
zu setzen und gleichzeitig<br />
ihr Eingebundensein in die unverwechselbare<br />
Geschichte der Kirche und Stadt in<br />
Belecke zu betonen. In diesem Zusammenhang<br />
soil das Museum in erster Linie<br />
„Kunstmuseum" sein, hier jedoch Kunstgeschichte<br />
mit der Historie der Stadt und<br />
ihrer Umgebung verbinden. Als weitere<br />
Die ehemalige Propsteideele, jetzt Schatzkammer Propstei Belecke<br />
Maxime wurde die Forderung gestellt, das<br />
Museum nicht nur als „Musentempel" einer<br />
kleinen Fachwelt zuganglich und interessant<br />
zu machen, sondern trotz und gerade<br />
aufgrund hochsensiblen und kostbaren<br />
Interieurs publikumsnah und besucherfreundlich<br />
zu wirken.<br />
„Alle Museen wenden sich von einer<br />
Schausammlungs- und Ausstellungstechnik<br />
ab, die in den 50er und 60er Jahren<br />
unter der Dominanz der Kunstmuseen<br />
und der Arrangeure und Designer gepf legt<br />
worden war: Danach sollten die Objekte<br />
selbst sprechen. Heute ist man wieder zu<br />
der Oberzeugung gekommen, daB alle<br />
Sammlungsgegenstande in den Ausstellungen,<br />
Katalogen, museumspadagogischen<br />
Veranstaltungen der Interpretation,<br />
derErlauterungbedurfen. Museumsund<br />
Ausstellungsfachleute verwenden<br />
deshalb immer mehr Sorgfalt auf die Methoden<br />
und Techniken der Vermittlung<br />
der Gegenstande".!<br />
So wird ein zukunftiges Angebot fiir<br />
den Museumsbesucher sich nicht nur auf<br />
die Information durch schriftliche Texttrager<br />
beschranken. Verschiedene Fuhrungen,<br />
die auf den Besucherkreis und insbesondere<br />
auch auf Kinder und Jugendliche<br />
abgestimmt sind, gehoren in derselben<br />
Weise dazu wie kunstgeschichtliche oder<br />
historische Vortragsabende, wie auch<br />
themenzentriertemuseumspadagogische<br />
Angebote: „Schule im Museum" insbesondere<br />
fiir den Kunst-, Geschichts- und<br />
Religionsunterricht. „Die Kirche in der<br />
mittelalterlichen Stadt", „Aufbau und<br />
Funktioneines Klosters," „Heiligenverehrung"<br />
und „Portratmalerei des Barock"<br />
reprasentieren nur einige intendierte museumspadagogische<br />
Angebote.<br />
Belecke und Kloster Grafschaft<br />
Die jahrhundertelange Beziehung zwischen<br />
der Propstei Belecke und dem Kloster<br />
Grafschaft sind die Ursache fiir die<br />
Fulle kostbarer Uberlieferung in unserer<br />
Zeit.<br />
Das 1072 durch den Kolner Erzbischof<br />
Anno II. von Koln (1056-1075) gestiftete<br />
Kloster errichtete kurze Zeit nach seiner<br />
Grtindung eine Niederlassung in Belecke<br />
und entsandte dorthin Benediktinerpatres,<br />
um ein konstruktives Seelsorgesystem<br />
in einer auch durch Zehntabgabe an<br />
das Mutterkloster gebundenen Landschaft<br />
einzurichten. Obrigens erinnert der<br />
Zehnthof in Warstein, dessen uberwiegende<br />
Bauteile aus dem 17. und 18. Jahrhundert<br />
stammen, noch heute an die wirtschaftliche<br />
Verflechtung in damaliger<br />
Zeit.<br />
Die Grundung der Propstei vollzog sich<br />
auf dem Grund und Boden des Klosters,<br />
spater geschah hier im Zuge der Machtpolitik<br />
der Kolner Erzbischofe in Auseinandersetzung<br />
mit den Grafen von Arnsberg<br />
die Stadtgrundung Beleckes im Jahre<br />
1296. Die Pfarrei Belecke - der Belecker<br />
Propst war gleichzeitig Pfarrer der Stadt -<br />
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SAUERLAND<br />
blieb bis 1803 dem Kloster Grafschaft inkorporiert<br />
und daruber hinaus enger verbunden<br />
als andere abhangige Pfarreien.<br />
Verschiedene im Kloster nicht mehr verwendbare<br />
Inventarien machten den Weg<br />
von Grafschaft nach Belecke. So fanden<br />
die drei alten Altare mit dem Neubau und<br />
der Neueinrichtung der Grafschafter Abteikirche<br />
im 1748/49 errichteten Kirchenschiff<br />
der Propsteikirche einen neuen<br />
Standort. Durch die geschickte Vermittlung<br />
des efiemaligen Grafschafter<br />
Konventualen und spateren Belecker<br />
Pfarrers Beda Behr O.S.B.(1802-1830)<br />
geiangte ein GroBteil der Grafschafter<br />
Kunstschatze im Zuge der Sakularisation<br />
1802/1803 in den Besitz der Pfarrei St.<br />
Pankratius. Uberdies vermachte der letzte,<br />
1816 in Warstein verstorbene Abt EdmundusRustige<br />
O.S.B. (1786-1816) der<br />
Belecker Kirche, seiner Beerdigungsstatte,<br />
die wertvolien Abtsinsignien.<br />
Ausstellung und Exponate<br />
Von besonderer Bedeutung innerhalb<br />
der Exponatenliste fur die museale Ausstellung<br />
sind in der Reihe liturgischen Gerats<br />
der „Pralatenkelch" (auch „Abtskelch"<br />
genannt) des Everhard von Cobbenrode<br />
aus dem Jahre 1509, von den<br />
Paramenten die „Rote Kapelle" und die<br />
„Goldene Kapelle" aus dem ersten Viertel<br />
des 18. Jahrhunderts und unter den zahlreichen<br />
Gemalden und Plastiken die beiden<br />
in Siegburg fiir Grafschaft gefertigten<br />
Ansichten des noch unversehrten Anno-<br />
Schreins aus dem Jahre 1764.<br />
In der Ausstattung der liturgischen Cerate<br />
nimmt der „Prdlatenkelch" von 1509 eine besondere<br />
Stellung ein.<br />
Die Gesamtausstellung in der ehemaligen<br />
Propsteideele umfaBt ca. 240 m^ an<br />
nutzbarer Prasentationsflache. Wesentiiches<br />
Kriterium bei der Erstellung der Konzeption<br />
war die Berilcksichtigung der unter<br />
Denkmalschutz stehenden Raum- und<br />
Gebaudestrukturen. Daruber hinaus muBte<br />
die im oberen ostlichen GeschoB sich<br />
befindende Kapelle St. Johannes Baptist,<br />
im Volksmund „Abtskapelle" genannt, ihren<br />
Charakter behalten, da sie auch weiterhin<br />
als kleiner, schmucker Gottesdienstraum<br />
der Pfarrseelsorge zur Verfiigung<br />
stehen sollte. Die einzelnen Thematiken<br />
der Ausstellung versuchen die Konstruktion<br />
eines Rundgangs durch die eng<br />
verflochtene Historie von Propstei, Kloster<br />
und Stadt unter dem Blickwinkel von<br />
Kunst und Geschichte. Er soli dem Besucher<br />
einen Eindruck von der Bedeutung<br />
Beleckes und Kloster Grafschafts in lokalem<br />
und regionalem Rahmen geben.<br />
Eine erste Abteilung widmet sich der<br />
Geschichte Beleckes im Mittelalter. StadtundBiirgerbuchvon<br />
1576 bzw. 1596 stellen<br />
in diesem Rahmen wertvolle Exponate<br />
dar. Eine Ausstellung zum Thema „Erzbischof<br />
Anno II. und seine Klostergriindung<br />
Grafschaft" beleuchtet das Leben und<br />
Werk dieses Heiligen und seine Verbindung<br />
zu dem von ihm gestifteten Kloster.<br />
Sie leitet uber zu einer Prasentation „ Grafschaft<br />
und Belecke", die sich insbesondere<br />
der gegenseitigen Verflechtung von<br />
Kloster und Pfarrei widmet und in der die<br />
Abtsportrats der letzten Grafschafter Abte<br />
neben ausgewahlten Archivalien klosterlicher<br />
Provenienz besondere Anziehungspunkte<br />
sein durften. Den regionalen<br />
Schwerpunkt setzt die Ausstellung<br />
„Kl6sterliche Tradition im Herzogtum<br />
Westfalen".<br />
Auf der Basis der geschichtlichen<br />
Kenntnis in Darstellung und Exponat zeigen<br />
der nordliche Teil der ehemaligen<br />
Der Anno-Schrein in der urspriinglichen Ausstattung, Vorderansicht; Gemalde aus dem Jahre 1764.<br />
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SAUERLAND<br />
10<br />
^: ^^<br />
•S§*Jt*<br />
^ Wi<br />
Em kleiner Gottesdienstraum im Museum: die Abtskapelle<br />
r<<br />
/<br />
Propsteideele sowie das gesamte ObergeschoB<br />
Werke kirchlicher Kunst. Die Thematiken<br />
„Heiligenverehrung im 17. und<br />
18. Jahrhundert" und „Marienbildnisse in<br />
Kunst und theologischem Verstandnis"<br />
werden im oberen GeschoE durch die Ausstellung<br />
der Paramente erganzt, womit<br />
der Besucher die eigentliche Schatzkammer<br />
betritt. Neben barocken Kaseln im<br />
Rahmen des liturgischen Farbenkanons<br />
und der „Goldenen Kapelle" sind die wcrtvollen<br />
Monstranzen, Ciborien, Kelche<br />
und weiteres liturgisches Gerat kostbare<br />
Zeugnisse schaffender kirchlicher Kunst.<br />
Das obere ostliche GeschoB beherbergt<br />
neben der eben schon erwahnten „Abtskapelle"<br />
mit einem sehenswerten Barockaltar<br />
in der ehemaligen Sakristei die<br />
verschiedenen Paramente der „Roten Kapelle".<br />
Obrigens laBt sich der Kapellenraum<br />
auch fur einfuhrende Vortrage und<br />
kleinere Veranstaltungen im Rahmen des<br />
allgemeinen Museumsbetriebs nutzen.<br />
Besondere Schwerpiinkte in der bisherigen<br />
Planung bestanden neben der Erstellung<br />
einer Museumskonzeption in der<br />
baulichen Aufnahme und Instandsetzung<br />
mit der Erstellung eines an konservatorischen<br />
Vorgaben gebundenen Klimakonzepts.<br />
Zur Zeit wird am Einbau eines hochsensiblen<br />
Sicherungssystems und den unmittelbaren<br />
Schritten zur Einrichtung gearbeitet,<br />
mit denen eine westfalische Museumsdesignerin<br />
beauftragt wurde.<br />
Erganzender Museumsbetrieb<br />
Einen erganzenden Katalog des Museumsbetriebes<br />
sieht das neue und im Bereich<br />
des Sauerlandes in dieser Form einmalige<br />
Haus in der Dokumentation und<br />
Forschung zum klosterlichen Leben im<br />
Sauerland in Schrift und Bild. Im Zusammenhang<br />
mit der benachbarten Propsteikirche<br />
mit ihrer sehenswerten barocken<br />
Inneneinrichtung und einem gotischen<br />
Marienbild aus dem untergegangenen<br />
Kloster Odacker bei Hirschberg wird dem<br />
Besucher der Weg auf den Propsteiberg<br />
gewiesen. Kirche und Museum bilden eine<br />
unzertrennbare Einheit.<br />
Das in der zweiten Halfte dieses Jahres<br />
seine Pforten of f nende Haus will nicht nur<br />
die lokale Museumslandschaft bereichern,<br />
sondern ein Stuck Kirchen- und Kloster-<br />
geschichte im Sauerland und in Westf alen<br />
in aufbereiteter Form darstellen. Fiir die<br />
kunftigen Gaste mag eine alte Inschrift am<br />
Torgebaude des Klosters Grafschaft gelten,<br />
die da sagt „DeVs trIVnVs e CoeLIs<br />
beneDICat Intrantes et egreDIentes" (Der<br />
dreieinige Gott im Himmel segne die Eintretenden<br />
und Scheidenden), fiir das Museum<br />
selbst eine weitere Inschrift am<br />
gleichen Graf schaf ter Gebaude „slnt<br />
aLeXanDer beneDICtVs et anno patroni<br />
ne LaeDant nostros fata finlstra Lares"<br />
(Schutzer seien uns Alexander, Benedikt<br />
und Anno, damit nicht bose Machte unserem<br />
Gluck schaden).^<br />
Anmerkungen:<br />
1 Pappermann, E. u. a. (Hrsg.): Kulturarbeit<br />
in der kommunalen Praxis, Koln<br />
1984, S. 102.<br />
2 Wiethoff, F.: Kloster Grafschaft und<br />
Wilzenberg, in: Spar- und Darlehnskasse<br />
Schmallenberg (Hrsg.): Monumenta<br />
Grafschaftensis, Schmallenberg 1975,<br />
S. 104.<br />
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SAUERLAND<br />
11<br />
600 Jahre Orgelgeschichte in Oelinghausen von Werner Saure<br />
Die groBe Musiktradition der Pramonstratenserkloster<br />
im Bereich der heutigen<br />
Stadt Arnsberg ist vielfach belegt (zuletzt<br />
Norbert Hoing in „750 Jahre Arnsberg"<br />
das Kloster Wedinghausen betreffend,<br />
S. 313 ff.). In London wurden Ende 1989<br />
vier Elfenbeinfloten aus dem Kloster Oelinghausen<br />
fur Qber 100 000 DM versteigert.<br />
Es verwundert auch nicht, daE im<br />
Staatsarchiv Munster eine StiftungsurkundevomPestdesHI.<br />
Urban 1390erhalten<br />
ist, in dem der aus dem Neheimer<br />
Burghaus Freseken stammende Dompropst<br />
von Munster und Kanoniker zu<br />
Soest, Wiihelm Freseken, eine Schenkung<br />
macht, nach der bereits damals in<br />
Oelinghausen eine Orgel erklang.<br />
„.. . urn mich in die frommen Gebete<br />
einzumischen und mich ihrer teilhaftig<br />
zu machen, schenke ich . . . durch diese<br />
Urkunde meinen innerhalb der Grenzen<br />
derPfarrei deralten Kirchezu Soest<br />
gelegenen Hof. . . dem uerehrungswurdigen<br />
Propst und den Nonnen zu Oelinghausen<br />
. . . Sie sollen verpflichtet<br />
sein das Fest der Hi Lucia mit Orgelspiel<br />
festlich zu begehen und zu halten"<br />
Der Freundeskreis Oelinghausen e. V.<br />
und die Pfarrei veranstalten aus AnlaB dieses<br />
fur Westfalen sehr seltenen Jubilaums<br />
eine Orgelfestwoche, uber die der H. H.<br />
Erzbischof Degenhardt die Schirmherrschaft<br />
ubernommen hat.<br />
MP-j^sBT vmwwoij* i.ajgr^a'&x. M»MU ;y^..i'&ii^!>.-.-
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SAUERLAND<br />
12<br />
Atelierbesuch bei Anneliese Schmidt-Schottler<br />
in Finnentrop-Bamenohl<br />
von Ursula Heyn-Benzin<br />
Der Mensch hat alien anderen Lebewesen<br />
etwas voraus: Er kann sich ein Bild<br />
machen. Er kann abbilden. Das macht bildende<br />
Kiinstler zu auRergewohnlichen<br />
Bewohnern des blauen Planeten Erde.<br />
Anneliese Schmidt-Schottler, die Bildhauerin<br />
und Malerin aus Finnentrop-Bamenohl,<br />
die am 26. Marz ihr 70. Lebensjahr<br />
vollendet hat, ist durch die Fahigkeit,<br />
sich ein Bild machen zu konnen, in hohem<br />
MaBe Mensch und Mitmensch geworden.<br />
Ihre Kunst steht nie im luftleeren Raum.<br />
Fur diese Kunstlerin hat Kunst immer das<br />
Ziel, human zu sein, Gemeinschaft zu stiften.<br />
Ober das kunstlerische Lebenswerk<br />
der kleinen, energiegeladenen, umwerfend<br />
sympathischen Frau konnte man<br />
eine weise Einsicht des russischen Dichters<br />
Boris Pasternak stellen: „Jede Kunst,<br />
sogar die tragische, ist ein Bericht uber<br />
das Gluck des Seins. Wir denken oft nicht<br />
daran, daB uns vor allem das eine auf getragen<br />
ist: die echte Stimme des Lebens nicht<br />
zu verfalschen."<br />
Elf Kinder wuchsen in dem Haus in Elkeringhausen<br />
bei Winterberg auf, in dem<br />
Anneliese Schmidt-Schottler am 26.<br />
Marz 1920 das Licht der Welt erblickte.<br />
Fiinf altere und fiinf jungere Geschwister<br />
scharften den Blick des Madchens f ruh f iir<br />
das lebenswichtige Miteinander und Fureinander,<br />
fiir alles, was lebt, atmet und<br />
dem Menschen bei seinem ewigen Versuch,<br />
sich die Erde untertan zu machen,<br />
anvertraut ist. Ihr immenses kunstlerisches<br />
Talent lie/5 sie bei guten Lehrern reif<br />
en. Die Prof essoren Kurt Schwippert und<br />
Karl Ehlers in Miinster waren beste Adressen.<br />
Eva Niestrath-Berger, die Witwe des<br />
Hagener Kiinstlers Karel Niestrath, erinnert<br />
sich, mit welcher Hochachtung ihr<br />
Mann von seiner begabtesten Schiilerin<br />
gesprochen hat, deren Werke dann auch<br />
ihren Weg machten.<br />
Anneliese Schmidt-Schottlers Jahre in<br />
Miinster, in einer Puppenstube von Atelier,<br />
in dem sie auch wohnte, trugen reiche<br />
Friichte. 1969 zog sie nach Finnentrop-<br />
Bamenohl in die letzte private Jugendherberge,<br />
die der unvergessene Jupp Schottler,<br />
dessen zweite Frau sie wurde, 1946<br />
mit einem vielfachen „Ohne" errichtet<br />
hatte: ohne Baugenehmigung, ohne Bezugscheine,<br />
ohne Behordenhilfe und ohne<br />
Bauunternehmer. Als Herbergsmutter<br />
in Bamenohl ist die Kunstlerin Anneliese<br />
Schmidt-Schottler hier und heute Lebenskunstlerin<br />
mit ansteckend positiver Welt-<br />
sicht. Noch immer ist ihr Atelier unter<br />
dem Dach des Fachwerkhauses ein Refugium<br />
der Phantasie, das Menschen aller<br />
Altersstufen gestreBt betreten, um es entspannt<br />
und mit neuem Lebensmut wieder<br />
zu verlassen. „Beginnen - versagen - aufrichten"<br />
ist der beziehungsreiche Titel<br />
einesihrer Werke. Bekenntnisse, Signale,<br />
Botschaften gehen von diesen Arbeiten<br />
und der Frau, die sie geschaffen hat, aus.<br />
Kunst im Miniaturformat gibt es in diesem<br />
Atelier vor allem zu bestaunen - Modelle in<br />
Wachs und Ton, kleine Bronzen, Anhanger.<br />
Mit solcher Kunst von Anneliese<br />
Schmidt-Schottler hat man allemale etwas<br />
Einmaliges am Hals.<br />
Foto: priuat<br />
Malerin wollte sie ursprunglich werden.<br />
Ihr kunstlerisches Schaffen ist ungewohnlich<br />
vielseitig: Olbilder und Zeichnungen,<br />
vor allem Portratstudien gehen<br />
den Plastiken oft voraus. Die Atmosphare<br />
in Kirchen und Schulen, Krankenhausern<br />
und Kindergarten wird von Skulpturen,<br />
die ihre unverwechselbare Handschrift<br />
tragen, bleibend gepragt.<br />
Was im Atelier klein und modellhaft ist,<br />
wirkt drauRen eindringlich und vorbildlich.<br />
Brunnen an markanten Platzen in<br />
Finnentrop und Attendorn sind ihr Werk.<br />
Oberregional bekannt wurde die Kiinstlerin<br />
durch das Steinrelief „Trauer und Trostung"<br />
in der Kapelle des Soldatenfried-<br />
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SAUERLAND<br />
13<br />
hofs am Stimm-Stamm zwischen Meschede<br />
und Warstein. In Bronze schuf sie die<br />
Gefallenen-Gedenkstatten in Altenhundem<br />
und Drolshagen. Viele Kleinplastiken<br />
ranken alle urn das groBe Thema „ Mutter<br />
und Kind". Die Kiinstierin votiert da ebenso<br />
still wie uberzeugend fur die Weitergabe<br />
alien menschlichen Lebens. Die MiRachtung<br />
der Mutter in diesem ach so aufgeklarten<br />
Jahrhundert ist fur sie ein ebenso<br />
erstaunliches wie erschiitterndes Phanomen.<br />
Zur Malerei, dem Ausgangspunkt ihres<br />
kiinstlerischen Strebens, fand Anneliese<br />
Schmidt-Schottler wieder, als sie sich als<br />
Bildhauerin langst einen festen Platz in<br />
der westfalischen Kiinstlerszene erobert<br />
hatte. Eine Ausstellung ihres malerischen<br />
und zeichnerischen Werkes vor zwei Jahren<br />
in der Politischen Akademie Biggesee<br />
in Attendorn-Neu-Listernohl vermittelte<br />
einer erstaunten Offentlichkeit unter dem<br />
Titel„EntscheidungfijrdasAuthentische"<br />
eine Begegnung mit der Kiinstierin von ei-<br />
It '<br />
Gefangene Bronze 1966<br />
Sitzfigur Keramik, farbig<br />
Fotos: VHS OIpe (Thomas Feldmann)<br />
ner ganz neuen Seite. Ihre Sprache ist leise,<br />
unaufdringlich, unvergeBlich. Auf den<br />
Biidern schlagt sie Farbakkorde an, die<br />
das Metier der Plastik mit ganz anderen<br />
kunstlerischen Gegebenheiten nicht erlaubt.<br />
Nun ehrt die Gemeinde Finnentrop<br />
die Kiinstierin mit einer umfassenden<br />
Werkschau im Rathaus; Eroffnung ist am<br />
Sonntag, 25. Marz, 11.00 Uhr.<br />
Anneliese Schmidt-Schottlers Leben<br />
ist reich und erfiillt. Sie ist ein Mensch, der<br />
Zeit hat, auch fiir die Kollegen in Kiinstlergemeinschaften<br />
und Berufsverbanden.<br />
Dort gilt ihr Wort, noch mehr ihr Beispiel.<br />
Die vielseitig begabte Frau singt in einem<br />
Madrigal-Chor und pflegt Herbergsgaste<br />
jeden Morgen nach Art des Hauses mit einem<br />
frohlichen Lied auf der Klampfe zu<br />
wecken. Das Prinzip Hoffnung uberstrahlt<br />
ihr Gesamtwerk. In der Offenbarung<br />
ihres Innenlebens, die sich in jedem<br />
ihrer Werke vollzieht, liegt nie die Gefahr<br />
der Preisgabe. Zu reich ist diese Kiinstierin,<br />
als daii sie sich erschopfen konnte.<br />
Arbeiten von Anneliese Schmidt-Schottler<br />
Foto: GUnter Benzin<br />
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14<br />
Geehrt, geliebt, vergessen<br />
Walter Vollmer starb vor 25 Jahren<br />
SAUERLAND<br />
von Dietmar Rost<br />
Wer kennt im Sauerland noch Walter<br />
Vollmer? Wer kann sich an seine Biicher<br />
erinnern? Wer weiR, daB er auf dem Arnsberger<br />
Waldfriedhof sein Grab fand?<br />
Dabei ist es keine 30 Jahre her, daE<br />
Walter Vollmer in den Arnsberger Buchhandlungen<br />
nach Neuerscheinungen stoberte,<br />
daB er taglich seinen Weg durch<br />
Arnsbergs StraBen zur Regierung nahm,<br />
wo er als Pressesprecher des Regierungsprasidenten<br />
Schlensker ein Jahrzehnt<br />
wirkte. In der Hellefelder StraBe in Arnsberg<br />
wohnte er, umgeben von einer unubersehbaren<br />
Anzahl Bucher, in seinem<br />
Junggesellenheim, in dem er liebevoll seine<br />
exotischen Pflanzen und Aquarien<br />
pflegte, saB dort an seinem alten Schreibtisch<br />
auf dem schonen Schreibtischstuhl<br />
und schrieb seine erfolgreichen Bucher.<br />
Erfolg hatte er; seine Bucher erreichten<br />
Auflagen, die manchen heutigen Autor<br />
vor Neid erblassen lassen: Seine „Schenke<br />
zur ewigen Liebe", bereits 1935 geschrieben,<br />
auch nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
noch gem gelesen und immer wieder<br />
aufgelegt, brachte es auf stolze 300000<br />
Exemplare, von den „P6ttersleuten" und<br />
dem „Traumschiff" wurden immerhin<br />
80000 verkauft. Einige altere Heimatf<br />
reunde werden sich vielleicht noch an den<br />
einen oder anderen Aufsatz aus Vollmers<br />
Feder im „Suerlanner" erinnern.<br />
Bei meinen Erkundigungen nach seiner<br />
Person in Arnsberg traf ich nur ganz<br />
wenige, die mir Auskiinfte geben konnten.<br />
ZumBeispiel: „Erwareinausgesprochen<br />
liebenswerter und bescheidener<br />
Mensch. Wenn Sie ijber ihn etwas schreiben,<br />
dann nur Positives. Alles andere tate<br />
ihm Unrecht." Oder: „Er war vollig anspruchslos,<br />
bescheiden und friedvoll.<br />
Aber ein Laster hatte er. Er rauchte pausenlos<br />
Zigaretten und trank 50 Tassen<br />
Kaffee am Tag." Und auch: „Viele Freunde<br />
hatte er sicher nicht." Manche Arbeitskollegen<br />
mogen ihn den „vertraumten<br />
Spinner" genannt haben, ihn, dessen Gedanken<br />
stets nach Verdichtung aller<br />
„himmlischen und irdischen Begebenheiten"<br />
suchten.<br />
Als Schriftsteller war er ein Suchender,<br />
ein Neugieriger, ein Grubler auch. Im Mittelpunkt<br />
seines Schreibens standen das<br />
Revier und seine Bewohner. „Es ist das<br />
groBe und unbestreitbare Verdienst von<br />
Walter Vollmer, das westfalische Ruhrgebiet<br />
als eine Industrielandschaft mit eigenem<br />
Charakter, auch mit eigenen Menschen,<br />
fur Westfalen, und nicht nur fur<br />
Westfalen allein, literarisch gewonnen zu<br />
haben." Diese Satze schreibt der Schriftsteller<br />
Erwin Sylvanus iiber Vollmer anlaBlich<br />
der Verleihung des Annette von<br />
Droste-Hulshoff-Preises an Walter Vollmer<br />
im Jahre 1955. Mit diesem Preis<br />
spricht Westfalen seine Anerkennung aus<br />
fur das vielfaltige dichterische Bemuhen<br />
Vollmers um das Revier. Seine Romane<br />
und Erzahlungen schildern den Menschen<br />
im Revier, den Kumpel, als einen Menschen,<br />
der wie jeder andere seinen Alltag<br />
zu bestehen hat und dabei doch in einer<br />
besonderen Weise: unter dem Revierschicksal.<br />
Der schonste Dank fur Vollmer<br />
war sicheriich, daB seine Bucher bald<br />
uberall in Deutschland gelesen wurden.<br />
Gedanken am See<br />
Walter Vollmer<br />
Es ist heller Tag. In der Mittagssonne liegt<br />
der See vor mir, weit ur^d still, ein Wasser<br />
voller Ceheimnisse. Wie ein Mensch sich<br />
Tagum Tagandert undsich dennoch gleichbleibt,<br />
dort, wo ihn In seinem tiefsten Innern<br />
die Stiirme nicht so leicht ergreifen,<br />
wie solch ein Mensch mit wechselnder Miene<br />
kommt mir auch der See vor, dariiber ich<br />
stehe auf weiter Briicke. Der Tag geht uber<br />
ihn dahln mit leichtem Winde. Goldgeglitzer<br />
funkelt auf seinen Wellen, ein breites,<br />
zitterndes Lichtband der Sonne.<br />
Ja, wie ein Mensch mit wechselnder Miene<br />
ist auch dieser See. Wechselvoll ist alles,<br />
was flieBt oder brennt oder dahinrast oder<br />
aufErden wachst, willig und gut in treuen<br />
Diensten, damonisch, wenn es seineFesseln<br />
sprengt.<br />
Auch diesem See kann man nicht trauen.<br />
Der Tag ist still. Die glasdiinne Luft ist klar<br />
und weit, da mag er ruhig Hegen und den<br />
Waldbergen ihr dunkles Spiegelbild in seinen<br />
Uferwassern gonnen. Er ist dennoch<br />
voller Geheimnisse. Naturlich glauben wir,<br />
daS alien Dingen auSer uns die Gedanken<br />
etwas Unbekanntes seien. Wir glauben es,<br />
aber wirwissen es nicht. Und, was keine Gedanken<br />
hege, guten oder bosen Willen, keinen<br />
Mut und keine Verzagnis, so etwas konne<br />
auch keine Geheimnisse haben: in sich<br />
selberseiesmachtlosundohneBewuBtsein.<br />
Aber singt nicht die LiebendeihrenJubelin<br />
den Windhinein, damiterihnforttrugezum<br />
GeliebteninderFerne?DenktnichtdieMutterdem<br />
davoneilenden Winde nach, daS er<br />
ihreWunscheundSorgendemSohnezutruge<br />
in der Feme? Raunt nicht der Wald sein<br />
SchtummerliedindunklerNachtallem,was<br />
lebt, in die grauen Nebel hinein, ins Unbekannte,<br />
als sei ihm eine Welt dahinter verborgen,<br />
welche die Sinne nicht erreichen?<br />
Hat nicht Novalis, der Fruhvollendete, ein<br />
nachdenkliches Wort gesagt, wenn er von<br />
allem geisterhaft Lebendigem spricht, dessen<br />
Stimmgedrohn wir horen miiBten, waren<br />
wir nicht so grob und taub?<br />
Die Sonne zerflattert, zerfUeBt und zergeht<br />
auf den flijchtigen Wellen. Dunkler stehen<br />
die Serge da. Eine machtvolle Wolke umhixngt<br />
ihren Leib mit goldenen Ketten und<br />
zieht langsam, ganz still, ohne Anteil an<br />
mir, dem See, den Bergen und meinen Gedanken<br />
nach Suden. Ich bin ihr gleichgiiltiger<br />
als der Wind, der sie trdgt.<br />
Graugdnse ziehen dahin. Sie rufen. Ich<br />
kannes nicht deuten, dieses helle Geklirr ihrer<br />
Stimmen. Sie rauschen dumpf drohnend<br />
iiber dem weiten Wasser der Sonne<br />
entgegen. Auch ihnen bin ich gleichgultig,<br />
ein Mensch bin ich, mag ich da stehen oder<br />
nicht, ach, was riihrt es sie schon? Was geht<br />
schon ein Mensch den andern an? Sind wir<br />
nicht einsam in uns selbst? Larmende, geschdftige,<br />
auf der Flucht vor unserer Einsamkeit<br />
befindliche Einsiedlerkrebse?<br />
Nun gldnzt die Sonne wieder hell und klar.<br />
Wieder schimmert der See im Licht. Ein<br />
blauer, dunkler Glanz traumt uber den stillen<br />
Waldhiingen. Ein Zaunkonig springt im<br />
WeiBdornstrauch auf und nieder. Er flotet<br />
still vor sich hin, warum, das weiB er nicht,<br />
er flotet einfach, undes ist trostlich anzuhoren.<br />
Was stort ihn der tote Hase, der am<br />
BrOckenpfeilerim Wasser treibt, dort, woes<br />
einen kleinen Strudel macht, so daB er sich<br />
dreht und dreht und kein Ende findet und<br />
im heilen Sonnenlicht da schwimmt! Gestern<br />
mag er ihn noch mit hetlem Gezirpe<br />
warnend aus dem Lager unter den Kriippel-<br />
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SAUERLAND<br />
15<br />
und wenn man an die Menschen in den<br />
Revierstadten und Zechensiedlungen<br />
dachte, so dachte man an Menschen, wie<br />
Vollmer sie geschildert hatte, an ein Ruhrgebiet,<br />
das nicht nur Arbeitsplatz, sondem<br />
auch geliebte Heimat sein kann.<br />
Sein Lebensweg und sein literarisches<br />
Schaffen, das 20 groEeTitelumfaBt, kann<br />
hier nicht ausfiihrlich beschrieben werden.<br />
Das soil an anderer Stelle, im Jahrbuch<br />
Westfalen 91, geschehen. Doch sei<br />
hier Vollmers letztes Werk erwahnt, seine<br />
500 Seiten umfassenden „Westfalischen<br />
Stadtebilder", an denen er jahrelang arbeitete,<br />
immer vender Angst geplagt, dieses<br />
letzte groBe Werk nicht mehr vollenden<br />
zu konnen. Genau zu seinem 60. Geburtstag,<br />
im Mai 1963, lag das erste Exemplar<br />
auf dem Tisch. Knapp zwei Jahre<br />
spater, am 17. 2.1965, starb Walter Vollmer<br />
und wurde auf dem Waldfriedhof in<br />
Arnsberg begraben.<br />
Von Ahaus bis Witten sind in seinem<br />
letzten Buch 95 westfalische Stadte in ihrer<br />
Eigenart und Vielf alt liebevoll betrach-<br />
Walter Vollmer<br />
tet und so lebendig und anschaulich beschrieben,<br />
dal? es auch heute noch eine<br />
Lust ist, darin zu lesen. Aus dem kurkolnischen<br />
und markischen Sauerland finden<br />
sich dort die Stadte Arnsberg, Attendorn,<br />
Balve, Brilon, Hallenberg, Iserlohn, Letmathe,<br />
Ludenscheid, Menden, Meschede,<br />
Neheim-Husten, Olpe, Plettenberg,<br />
Schmallenberg, Werdohl und Winterberg.<br />
Vor kurzem habe ich noch mit gro-<br />
Bem Vergniigen dieses bunte Stadtepanorama<br />
betrachtet.<br />
Sicherlich f ande eine in den Fakten und<br />
Daten uberarbeitete Teil-Ausgabe „Sauerlandische<br />
Stadtebilder" auch heute eine<br />
aufmerksame Leserschaft. Und der Arnsberger<br />
<strong>Heimatbund</strong> tate gut daran, durch<br />
Instandsetzung seines Grabes, das ich nur<br />
mit Muhe finden konnte, und durch das<br />
Anbringen einer Taf el an seinem langjahrigen<br />
Wohnhaus in Arnsberg die Erinnerung<br />
an einen Schrif tsteller wachzuhalten,<br />
der aus dem Ruhrgebiet kam, uber das<br />
Ruhrgebiet vielgelesene Biicher schrieb,<br />
seinen Lebensabend aber in Arnsberg verbrachte,<br />
in dieser Stadt, wo die Ruhr noch<br />
sehr idyllisch ist. Wie sehr Walter Vollmer<br />
unsere sauerlandische Landschaft liebte,<br />
zeigen seine „Gedanken am See", die hier<br />
folgen sollen.<br />
eichen aufgescheucht haben, heutekennter<br />
ihn nicht mehr, erflotet und wippt mit dem<br />
steilen Schwanz. Vielleicht haben auch ihn<br />
die tuckischen Glitzerwasser schon morgen,<br />
irgendwo im bliitterdunklen Waldbach,<br />
leise, dunke! strudeind iiber flachem<br />
Grunde am Fuli einer Birke?<br />
Singe nur, Zaunkonigl Kleiner, griin-gelber<br />
WeiBdornspringer, flote nurl VJie bald umhuUt<br />
uns alle die Nacht mit weiten, dunklen<br />
Manteln derstummen Finsternis, mich und<br />
dich! Fur einige Stunden bis zur kommenden<br />
Friihe, wenn dich der Hdher weckt und<br />
mich das Gewissen ruft, dem Tage zu dienen.<br />
Aberdavon verstehst du nichts!<br />
Unser Schicksal riihrt den See nicht. Ob wir<br />
beide vergehen oder morgen und aUe Tage<br />
da sind, dem Leben zugetan, das bleibt ihm,<br />
der segelnden Wotke, den schimmernden<br />
alten Bergen gam gleichgultig, aber auch<br />
wir, mein kleiner Steilschwanz, haben nur<br />
wenig miteinander gemeinsam, es sei denn<br />
den sicheren Tod ~ man muR das alles nur<br />
recht bedenken.<br />
Endlos dreht sich der Hase um sich selber.<br />
Seine wei&eBlume leuchtet. Die Sonne legt<br />
ihr Rotgefunkel dariiber hin, und ich sehe<br />
mirimmer noch das stummeSchauspiel an,<br />
obes ein Sinnbild sein konnte, das man achten<br />
miiBte. Ich weifi es nicht. Niemand vermag<br />
es zu sagen.<br />
1st doch alles stumm und verschwiegen, was<br />
auRer uns ist, unbekannt und voller Tauschungen!<br />
So, als wartees auf uns: der weite<br />
See mit seinen spielerischen Ufern, die gewaltigen<br />
Berge, die uns anschauen mit undurchdringlichen,<br />
bartigen Waldgesichtern,<br />
die uielen springenden Flutlichterder<br />
ewigen Sonne, wie sie dahineilen, glitzern,<br />
stromen, strahlen und leuchten, so, als warte<br />
die game Welt nur auf uns, auf dich und<br />
mich, dali wir ihr unseren Sinn zuwenden.<br />
WohlanlDaswollenwirtunlUndichhabees<br />
kaum recht bedacht, da singt es schon im<br />
Winde, und obgleich ich nichts verstehe,<br />
riihrt es wundersam mein Herz an, das eben<br />
noch Traurigem, Weltverhrenem griibelnd<br />
nachsann.<br />
Wohlan! Briiderlich warmirgeworden, was<br />
feindlich vor mir schwieg, als ich dunkel<br />
sann und mich abwandte. Tiefund trostlich<br />
gab mir die Welt das Leben zuriick iiber dem<br />
schwarzen Grunde des Sees und meiner Gedanken.<br />
Denn alles fordert die Welt, die<br />
weite und ratselvolle, alles verlangt sie von<br />
uns: Kampf und Opfer, Glauben und Hin-<br />
wendungzu ihr! Tie/ unter der Oberflache<br />
des Scheins halt sie den Sinn verborgen, der<br />
ihr und uns gegeben 1st.<br />
Wohlan! Ich will nicht trUumen. Ich will<br />
nicht langer fragen, den See schon gar<br />
nicht, der nur in seinen Wassern glitzert<br />
und schweigt. Und auch den Vogel im<br />
Strauch nicht, der noch weniger weiii als ich<br />
und vielleicht gerade darum so munter fidtet.<br />
Noch sehe ich die Mittagssonne iiber der<br />
Welt an den stillen Wassern. Das unendliche<br />
Licht, daraus wir alle leben soUen.<br />
Vor kurzem, vor der Morgenrote, lag alles<br />
hier noch in Dunkelheit verborgen, binnen<br />
kurzem, nachderAbendrote, wirdeswleder<br />
so sein, aber das Licht vergeht dennoch<br />
nicht und verweilt nicht, und es ist alles ein<br />
groBes Riitsel mit hundert verschlossenen<br />
Tiiren undSiegeln. GewiB 1st nureins in dieser<br />
Welt: Bewahrung!<br />
Woher ich das weiB?Das kann dir niemand<br />
sagen: der See nicht, die Berge nicht, der<br />
Vogel im Strauch nicht und ich selber erst<br />
recht nicht. Ich glaube es, und es hat mich<br />
niemand gelehrt, daB ich dir einen Namen<br />
nennen konnte, mein Freund!<br />
aus: Westfalenspiegel 7/1953<br />
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SAUERLAND<br />
16<br />
Die Restaurierung der „Knochenmuhle" in Fretter<br />
Eine denkmalpflegerische MaBnahme besonderer Art<br />
von Heike Heinzel<br />
Bestimmend fur den Erhalt von denkmalwurdigen<br />
Objekten war uber lange<br />
Zeit allein deren asthetischer Wert, der abhangig<br />
war vom subjektiven Empfinden<br />
einzelner Personen oder Gruppen. In den<br />
letzten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts<br />
hat - wie das „Gesetz zum Schutz und zur<br />
Pflege der Denkmaler im Lande Nordrhein-Westfalen"<br />
vom 11. Marz 1980<br />
zeigt - ein Umdenken stattgefunden. In<br />
§ 2 Abs. 1 heiBt es dort: „Denkmaler sind<br />
Sachen, Mehrheiten von Sachen und<br />
Teile von Sachen, an deren Erhaltung und<br />
Nutzung ein offentliches Interesse besteht,<br />
wenn die Sachen bedeutend fiir die<br />
Geschichte des Menschen, fur Stadte,<br />
Siedlungen oder fiir die Entwicklung der<br />
Arbeits- und Produktionsverhaltnisse sind<br />
und fiir die Erhaltung und Nutzung kunstlerische,<br />
volkskundliche oder stadtebauliche<br />
Griinde vorliegen." i)<br />
Nachdem die Aufmerksamkeit der<br />
Denkmalpf lege und des Denkmalschutzes<br />
lange fast ausschlieBlich auf Sakralbauten,<br />
Burgen, Schlosser, stadtische Wohn- und<br />
Geschaftshauser und auf Objekte der<br />
landlichen Architektur gerichtet gewesen<br />
ist, besinnt man sich in zunehmendem<br />
MaBe auch auf die Bedeutung technischer<br />
Kulturdenkmaler. Ihr Erhalt tragt dazu bei,<br />
Knochenmuhle (Schema)<br />
I<br />
alte Techniken, die Verwendung bestimmter<br />
Materialien sowie Arbeits- und<br />
Produktionsverhaltnisse auch fiir die folgenden<br />
Generationen nachvollziehbar zu<br />
machen und Verstandnis fur die oft harte<br />
Arbeit unserer Vorfahren zu wecken. Ein<br />
Beispiel fiir ein solches Denkmal im heimischen<br />
Raum ist die „Knochenmtihle" in<br />
Fretter, Gemeinde Finnentrop, die einzige<br />
erhaltene Knochenmuhle mit eisernem<br />
Stampfwerk in Westfalen.<br />
Wenn hier von der „Knochenmuhle"<br />
die Rede war, so ist diese Bezeichnung eigentlich<br />
nicht exakt. Korrekt ware es, von<br />
einer „Knochenstampfe" zusprechen, da<br />
das Ausgangsprodukt, die Knochen, nicht<br />
gemahlen, sondern zerstampft wird.<br />
Trotzdem soil der Begriff verwendet werden,<br />
da auch in den offiziellen Schreiben<br />
des Amtes fur Denkmalpf lege und der Gemeinde<br />
Finnentrop beide Bezeichnungen<br />
synonym gebraucht werden.<br />
Ruhrmanns Hof und Miihle<br />
Die Knochenmtihle in Fretter gehort<br />
zum Hof der Familie Ruhrmann. Auf dem<br />
Hof stand bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges,<br />
d. h. bis zum Einmarsch der Amerikaner<br />
in Fretter, eine Getreidemtihle -<br />
„Ruhrmanns Muhle" -, die durch BeschuE<br />
Zeichnung: Gemeindeverwaltung Finnentrop<br />
den Hammen zum Opfer fiel. Diese Getreidemuhle<br />
wird erstmals 1536 im<br />
Schatzregisterdes Herzogtums Westfalen<br />
erwahnt. Als Besitzer wird Reckhart Molner<br />
genannt.^) Nach der Orts- und Pfarrchronik<br />
von Fretter mul^ten die Kolonen<br />
des Freiherrn von Fiirstenberg ihr Getreide<br />
in Mullers Miihle, d. h. in dieser Muhle,<br />
mahlen lassen. Sie war mit dem Muhlenbann<br />
belegt. Auch hier stand das Wasserrecht<br />
und damit die Zulassung zum Bau<br />
und Betrieb von Muhlen dem Grundherrn<br />
zu, ebenso die Verhangung des Muhlenbanns.<br />
In PreuBen wurde der Miihlenbann<br />
erst 1810 endgultig aufgehoben, fiir das<br />
Sauerland vermutlich erst nach dem Wiener<br />
Kongrel? (1814/15), als das Herzogtum<br />
Westfalen preuRisch wurde.<br />
„Der Bann wirkte sich in verschiedener<br />
Weise aus. War er auf eine Muhle gelegt,<br />
dann bedeutete das, daB ein bestimmter<br />
Personenkreis in einer bestimmten Muhle<br />
mahlen lassen muEte. Damit sollte die<br />
wirtschaftliche Grundlage des Anfangers<br />
oder Dauerpachters gesichert werden.<br />
Die Herrschaft wiederum konnte fiir diese<br />
,Bannmuhlen' die Abgaben entsprechend<br />
erhohen."^) Dieser Umstand erklart vielleicht,<br />
warum Molner schon im 16. Jahrhundert<br />
die hochsten Steuern zu zahlen<br />
hatte - ein Ausdruck fur den relativen<br />
Wohlstand des Hofes. Ahnlich hoch belastet,<br />
namlich mit einem Gulden, war Hermann<br />
Rembergh, der zweitgroEte Bauer<br />
des Dorfes.*) DreiBig Jahre spater, 1565,<br />
liegen die Steuern gar bei zwei Gulden; die<br />
Diskrepanz zwischen „arm" und „reich"<br />
im Dorf ist gewachsen. 1756 wird Johann<br />
Jodokus Bitter, genannt Remberg, als<br />
zweiter Miihlenbesitzer genannt. Rembergs<br />
Muhle war eine Zwangsmuhle fur<br />
die Pachter des Grafen von Plettenberg-<br />
Lenhausen. Eine Auflistung des Viehbestandes<br />
um 1808 weist Remberg und<br />
Ruhrmann (alias Molner) als die Bauern<br />
mit dem groBten und wertvollsten Viehbestand<br />
aus. Beide besaBen neben Schweinen<br />
und Schafen Pferde, Kuhe und Rinder.<br />
Ein Blick auf die Hofe tiber zwanzig<br />
Hektar um 1930 zeigt, daB Ruhrmanns<br />
Hof immer noch zu den groBten und ertragreichsten<br />
zahlt. Ob und inwieweit der<br />
Muhlenbesitz den relativen Wohlstand der<br />
beiden genannten Bauern mehrte, ist eine<br />
Vermutung und kann nicht eindeutig belegt<br />
werden. Im Volksmund gibt es aber<br />
einige Sprichworter, die auf den Wohl-<br />
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17<br />
Das Gebdude vor der /iV<br />
Friedel Schmidt<br />
vorhanden sind noch das guReiserne<br />
Stampfwerk der Knochenmiihle und die<br />
Antriebswelle mit den Zahnradiibersetzungen.<br />
Ober diesen Antrieb konnte zusatzlich<br />
ein Schleif stein betrieben werden,<br />
der ebenfalls noch erhalten ist und dazu<br />
diente, landwirtschaftliches Gerat wie<br />
Sensen etc. zu scharfen. Der Antrieb des<br />
Stampfwerks erfolgte durch ein oberschlachtiges<br />
Wasserrad.<br />
Oberschlachtige Wasserrader wurden<br />
hauptsachlich bei geringer Wasserzufuhr<br />
errichtet: Das Wasser wird uber einen<br />
„Kandel" - eine Holzrinne - von oben auf<br />
die Ruckseite des Rades geleitet. Es flieBt<br />
in Kasten, die zwischen den Radrandern<br />
nach unten und seitlich geschlossen sind.<br />
Der Antrieb erf olgt durch das Gewicht des<br />
Wassers. Um 1900 wurde die Knochenmuhle<br />
als Zusatzbetrieb zur vorhandenen<br />
Getreidemiihle von einem Muhlenbauer<br />
aus Meschede errichtet.'=)<br />
stand der Miiller und den Neid der ubrigen<br />
Bevolkerung Riickschlusse zulassen. Es<br />
heiBt da zum Beispiel: „Eine Miihle wie ein<br />
Hutchen ist besser als ein Gutchen."<br />
Oder: „So viel Locher im Sieb - so viel<br />
Miiller sind Dieb."^) Der Exkurs uber die<br />
Entwicklung der Hof groBe sollte verdeutlichen,<br />
weshalb es uberhaupt zum Bau einer<br />
Knochenmiihle kommen konnte, da<br />
sie lediglich eine Zusatzmuhle darstellte.<br />
Eine weitere technische Einrichtung dieser<br />
Art konnte aber nur auf einem groBen<br />
Hof eingerichtet und unterhalten werden.<br />
Lage und Technik der Miihle<br />
Die Knochenmuhle liegt etwas abseits<br />
vom Hof der Familie Ruhrmann an der<br />
Schondelter StraEe in Fretter. Es handelt<br />
sich um ein eingeschossiges Fachwerkgebaude<br />
mit Satteldach. Die Giebel sind zur<br />
StraBe und zum Vorfluter hin ausgerichtet.<br />
Die Giebeldreiecke sind verbrettert,<br />
die Gefache weiB verputzt. Das gesamte<br />
Gebaude steht auf einem Bruchsteinsockel.<br />
Im Innern der Muhle befindet sich eine<br />
Kammer, die zur Wasserseite hin eingebaut<br />
worden und durch eine innenliegende<br />
Treppe begehbar ist. Eine weitere<br />
Treppe fuhrt zum Balken, auf dem die<br />
Knochen gelagert wurden. Vollstandig Im Innern der Muhle. Foto: Gemeinde Finnentrop<br />
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von Herrn Ruhrmann hat sich der Betrieb<br />
nicht mehr rentiert. GroBe Chemiekonzerne<br />
brachten billigen Kunstdunger auf<br />
den Markt, und die Zahl der in der Landwirtschaft<br />
Beschaftigten nahm durch den<br />
vermehrten Einsatz von Maschinen ab.<br />
Die Notwendigkeit, Winterarbeit fur diese<br />
Menschen bereitzuhalten, entfiel damit.<br />
Hinzu kam, daE in den 50er Jahren vom<br />
Staat Pramien fur die Stillegung von Muhlen<br />
gezahlt wurden - ein Umstand, der unter<br />
anderem das groEe „Muhlensterben"<br />
in den darauffolgenden Jahren erklart.<br />
Heutzutage seien, sagte Herr Ruhrmann,<br />
dem Betrieb einer Miihle mit Wasserrad<br />
auch durch andere Faktoren Grenzen<br />
gesetzt: Die verstarkte Aufforstung<br />
mit Fichten und der Riickgang des Laubwaldes<br />
in den letzten Jahrzehnten fuhrten<br />
dazu, daE Oberflachenwasser schneller im<br />
Boden versickere und eine halbwegs konstante<br />
Wasserzufuhr auf die Muhlrader<br />
nicht mehr gewahrleistet sei.<br />
Die restaurierte Knochenmiihte.<br />
Das Ausgangsprodukt, die Knochen<br />
von Rindern und Schweinen, bezog man<br />
vom Metzger oder Altwarenhandler, der<br />
neben Lumpen, Eisen und Papier auch<br />
Knochen sammelte und zum Verkauf anbot.<br />
Bevor die Knochen weiterverarbeitet<br />
werden konnten, muEten sie ein bis zwei<br />
Jahre zum Trocknen auf dem Dachboden<br />
der Miihle abgelagert werden; die Restfeuchte<br />
wurde so entzogen. Die Weiterverarbeitung<br />
zu Knochenmehl geschah im<br />
Winter - einer Zeit, die in der Landwirtschaft<br />
durch den geringsten Arbeitsanfall<br />
gepragt ist. Diese typische Winterarbeit<br />
diente also auch dazu, die auf dem Hof beschaftigten<br />
Personen mit Arbeit zu versorgen<br />
und keinen „Leerlauf" aufkommen zu<br />
Foto: Amt fiir Agrarordnung, Siegen<br />
lassen. Pro Winter wurden, je nach Witterung,<br />
30 bis 40 Zentner Knochenmehl<br />
hergestellt. Starker Frost konnte die Arbeit<br />
jedoch beeintrachtigen. Eis, welches<br />
sich am Wasserrad absetzte, konnte,<br />
wenn es nicht rechtzeitig abgehackt wurde,<br />
zum Brechen der Schaufeln fuhren<br />
und war von jedem Miihlenbesitzer gefurchtet.<br />
Im Friihjahr wurde das kalziumund<br />
phosphathaltige Knochenmehl als<br />
Dunger fiir die Felder benutzt und gelegentlich<br />
dem Viehfutter beigemischt. Es<br />
diente ausschlieBlich der Deckung des Eigenbedarfs.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die<br />
Knochenmuhle stillgelegt. Laut Aussage<br />
Sicherung und Erhalt<br />
DaE uns die Knochenmuhle dennoch<br />
erhalten bleibt, ist dem KulturausschuE<br />
der Gemeinde Finnentrop zu verdanken.<br />
Am 20. Februar 1987 beantragte die Gemeinde<br />
Finnentrop beim Westfalischen<br />
Amt fur Denkmalpflege in Munster die<br />
Eintragung der Knochenmtihle in die<br />
Denkmalliste der Gemeinde. Am 25. Februar<br />
1987 gab das Amt fur Denkmalpflege<br />
dem Antrag statt und gewahrte einen<br />
ZuschuE in Hohe von 10 000 DM. In der<br />
Denkmalwertbegrundung heiEt es: „ Diese<br />
Knochenmuhle stellt nach Auf f assung des<br />
Westfalischen Amtes fur Denkmalpflege<br />
ein Denkmal im Sinne des § 2 DSchG NW<br />
dar. Diese Knochenmiihle ist bedeutend<br />
fur die Geschichte des Menschen, der<br />
Siedlung Fretter sowie zur Darstellung der<br />
Arbeits- und Produktionsverhaltnisse auf<br />
einembauerlichen Betrieb ... Fur die Erhaltung<br />
und Nutzung liegen wissenschaftliche<br />
und volkskundliche Griinde vor. Wissenschaftliche<br />
Grunde deshalb, da diese<br />
Knochenmiihle nach unserem Kenntnisstand<br />
die einzig erhaltene ihrer Art (mit eisernem<br />
Stampfwerk) in Westfalen darstellt...<br />
Volkskundliche Griinde liegen<br />
deshalb vor, weil diese Knochenmiihle fur<br />
den Ort und die Zeit, in der sie gebraucht<br />
wurde, typisch ist und die Lebensform ihrer<br />
Zeit in einer bauerlichen Umwelt dokumentiert."<br />
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19<br />
Im Sommer 1987 wurde mit den Restaurierungsarbeiten<br />
begonnen. Balken<br />
im Fachwerk wurden ausgetauscht und<br />
das Dach neu eingedeckt. Der Unterwasserbereich<br />
wurde entrumpelt, die Mechanik<br />
instandgesetzt und das Wasserrad rekonstruiert.<br />
Die Gesamtkosten von rund<br />
70000 DM wurden vom Westfalischen<br />
Amt fur Denkmalpflege in Munster, dem<br />
Amt fur Agrarordnung in Siegen und der<br />
Gemeinde Finnentrop ubernommen.<br />
Nach Beendigung der Restaurierungsarbeiten<br />
wurde die Knochenmuhle am 14.<br />
August 1989 im Rahmen einer kleinen<br />
Feierstunde offiziell eingeweiht und steht<br />
nun interessierten Besuchern und Schulklassen<br />
zur Besichtigung zur Verfugung.<br />
1) Vgl. auch H.G. Gahlen. H.D. Schonberg: Denkmalrecht<br />
Nordrhein-Westfalen. Koln 1981; K.-H. Rothe: Denkmah<br />
schutzgesetz Nordrhein-Westfalen. Berlin 1981.<br />
2) Vgl G.Becker, E. Dcitenberg, V. Kennemann: Fretter - Ein<br />
sauerlandisches Dorf und seine Bewoiiner. Fretter 1985,<br />
S. 14.<br />
3) Vgl. F.W. Weber: Die Geschichte der Miihien und des Mulierhandwerks<br />
der Pfalz. Otterbach 1979, Kap. XIV(Die Rechtsverhaltnisse<br />
der MCihlen und Miiller).<br />
4) Vgl hierzuundzumFolgenden: Becker, Deitenberg, Kennemann<br />
(wie Anm. 2), S. 14 und S. 135ff.<br />
5) Volkskundliches tiber Muhlen und Miiller findet sich ebenfalls<br />
bei Weber 1979 (wie Anm. 3), S. 159-173.<br />
6) Im Folgenden die inhaltliche Wiedergabe eines Interviews<br />
mit Herrn Fritz Ruhrmann, dem Besitzer der Knochenmiihle,<br />
das ich im Dezember 1987 mit ihm fuhrte. Herr Ruhrmann<br />
verstarb 1988.<br />
Zeuge der Technikgeschichte:<br />
Das Reiterstellwerk<br />
in Finnentrop<br />
Ein Stellwerkgebaude der Deutschen<br />
Bundesbahn, um 1920 an der Lennestrecke<br />
in Finnentrop erbaut, zahlt nach<br />
Auffassung von Fachleuten des Westfalischen<br />
Amtes fur Denkmalpflege beim<br />
Landschaftsverband Westfalen-Lippe<br />
(LWL) eindeutig zu den „ Zeugen der Technikgeschichte".<br />
Stellwerkgebaude - in<br />
diesem Fall handelt es sich um ein soge-<br />
nanntes Reiterstellwerk - entwickelten<br />
sich im Laufe der Zeit zu wichtigen Einrichtungen<br />
des Schienenverkehrs; mit ihrer<br />
Hilfe konnte die Sicherheit und Regelung<br />
des Betriebes iiberwacht werden,<br />
ebenso die Signal- und Weichenstellung.<br />
Die Funktionen eines Reiterstellwerks<br />
lassen sich am auKeren Erscheinungsbild<br />
ablesen. Der Stellwerksraum mit seinen<br />
groBen Fenstern liegt uber den Gleisen.<br />
Der massive, zweigeschossige Gebaudeteil<br />
enthalt technische Anlagen und<br />
Nebenraume. Das Gebaude an der Bamenohler<br />
StraBe in Finnentrop dokumentiert<br />
einen wichtigen Teil der Eisenbahngeschichte<br />
Westfalens und zeigt die L6-<br />
sung einer besonderen Bauaufgabe in der<br />
Bahnhofsarchitektur nach dem Ersten<br />
Weltkrieg. Dank der Verwendung natiirlicher<br />
Baustoffe aus dem Sauerland, wie<br />
Schiefer und Holz, paiit das Gebaude gut<br />
in das Landschaftsbild; das denkmalwerte<br />
Objekt soil unter Schutz gestellt werden.<br />
Text und Foto: LWL<br />
Reiterstellwerk ar) der Bahristrecke, die das Ruhrgebiet mit dem Siegerland verbindet, in Finnentrop.<br />
Foto: LWL<br />
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20<br />
Bilder aus dem Sauerland - damals und heute<br />
von Friedhelm Ackermann<br />
Die Bilder zeigen die<br />
gleiche Partie an der<br />
westlichen Stadtmauer<br />
von Ruthen.<br />
Das ditere Foto ist in<br />
den zwanziger Jahren<br />
entstanden und zeigt<br />
2 typische Fachwerkhduser.<br />
Im Hintergrund<br />
die Hugel des<br />
Mohnetals. Eine voUig<br />
uerdnderte Situation<br />
bietet sich dem Fotografen<br />
uon heute. Beide<br />
Hduser sind Idngst<br />
abgerissen und durch<br />
neue ersetzt worden.<br />
Aus einem unverwechselbaren<br />
Dorfensemble<br />
wurde eine<br />
austauschbare Stadtteilansicht.<br />
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21<br />
Der Pirol - Vogel des Jahres 1990<br />
von Hans Grunwald<br />
Der Riickgang des farbenprachtigen<br />
Pirols [Oriolus oriolus (Linne 1758)] in<br />
verschiedenen deutschen Landschaften<br />
veranlaRte Natur- und Umweltschutzer<br />
dazu, ihnzum „Vogel des Jahres 1990" zu<br />
erklaren.<br />
Sowohl die deutsche wie auch die wissenschaftliche<br />
Gattungs- und Artbenennung<br />
versuchen, den melodisch-flotenden<br />
Revierruf „dudlio" nachzuahmen, ahnlich<br />
wie beim Kuckuck oder Zilpzalp. Das<br />
Mannchen tragt ein leuchtend gelbes<br />
Kleingefieder mit schwarzen Flugeln und<br />
schwarzem Schwanz, der seitlich ebenfalls<br />
gelb eingefaBt ist. Der Schnabel ist<br />
kraftig rot; durch das gleichfalls rote Auge<br />
zieht sich eine dunkle Markierung, die<br />
ziemlich kurzen Beine sowie die FuEe sind<br />
bleigrau getont. Weibchen und Jungvogel<br />
sehen mehr gelblichgriln aus. Fliigel und<br />
Schwanz sind dunkler gefarbt, die Unterseite<br />
zeigt im Kehl-, Brust- und Bauchbereich<br />
auf hellem Untergrund eine dunkle<br />
Strichelung.<br />
Der etwa 24 cm lange, amselgroRe Vogel<br />
- wegen seiner Farbung auch „Goldamsel"<br />
genannt - ist in der Regel nur durch<br />
seinen kraftigen und klangvollen Revierruf<br />
auszumachen; zu sehen bekommt man<br />
ihn kaum, da er sich als Kronenbruter fast<br />
nur in den oberen Wipfelregionen von<br />
Laubbaumen aufhalt und nur bei der Suche<br />
von Nistmaterial oder Nahrung in angrenzende<br />
offene Feld- und Wiesenflachen<br />
fliegt, um dann wieder im spechtartigen<br />
Wellenflug in die Baumwipfel zuruckzukehren.<br />
Er kommt vornehmlich in wassernahen<br />
Auwaldern, Parkanlagen, Obstgarten,<br />
Hofeichen und Windschutzheckenvor.<br />
Ertrifftdurchweg Anfang Mai<br />
im hiesigen Brutgebiet ein und wird deshalb<br />
auch „Pfingstvogel" genannt. Der<br />
ebenf alls hauf ige Name „ Vogel Bulow" ist<br />
wiederum eine Lautimitation des Hauptrufes.<br />
Das kunstvoll geflochtene, halbkugelige<br />
Hangenest wird meist in einer waagerechten<br />
Astgabel hoch im Baum bef estigt,<br />
oft in Eichen, Pappeln, Weiden oder Birken.<br />
Das Gelege enthalt 3 bis 5 glanzend<br />
weiBe, glattschalige Eier, die gelegentlich<br />
rosa angehaucht sind und bisweilen kleine<br />
dunkle Flecken aufweisen. Die Jungvogel<br />
krallen sich bei windigem Wetter schon<br />
fruh in die Nestwandung, um nicht hinauszufalien.<br />
Spater klettern sie geschickt im<br />
Geast auf und ab. Sie werden mit allerlei<br />
Insekten gefiittert, wobei selbst die<br />
Pirolmdnnchen (nach Kacher) u. Hangenest (aus Graf).<br />
Zeichnungen: Veronika Grunwald, 1990.<br />
haarigen Raupen von Prozessionsspinnern<br />
und anderen Faltern nicht verschmaht<br />
werden. Die Vorliebe des Pirols<br />
fur Kirschen macht die Bezeichnung<br />
„Kirschvogel" oder „Kirschdrossel" verstandlich.<br />
Der heimische Pirol ist die einzige Art<br />
seiner Gattung in Europa, das er vom au-<br />
Eersten Westen bis in den fernen Osten<br />
bewohnt. Dasselbe gilt fur Sudeuropa,<br />
ausgenommen wohl Griechenland und<br />
Kreta. Auch in den nordlichen Randzonen<br />
Afrikas brutet er, wahrend er im nordlichen<br />
Europa nur die sudostlichen Teile<br />
Schwedens und Englands besiedelt. Er bevorzugt<br />
in Europa durchweg die Ebenen,<br />
nur sehr selten trifft man ihn in Hohen<br />
uber 600 m an. Der Zug des Pirols in die<br />
Oberwinterungsgebiete des mittleren<br />
West- und Ostafrika beginnt oft schon Ende<br />
Juli oder Anfang August. Leider stellt<br />
man ihm auf dem Zug haufig genug nach,<br />
auBerdem ist er auch im Winterquartier<br />
selbst durch Jagd, Fang und Pestizide bedroht.<br />
Der Pirol in Wcstfcilen<br />
Fur den westfalischen Brutbestand<br />
wird auf „starke Fluktuationen iibcr die<br />
einzelnen Jahre" und auf einen deutlichen<br />
Ruckgang in den letzten Jahren hingewiesen,<br />
dies allerdings schon 1969. (H.<br />
Schierholz: a.a.O.). Das eigentliche Sauerland<br />
ist pirolfrei. Nur wenige Bruten im<br />
nordlichen Randgebiet unterhalb 300 m<br />
Hohe wurden bekannt, z. B. bei Letmathe.<br />
Vom Ruhrtal gibt es drei Nachweise<br />
(Hesse/Sell: a.a.O.). Die Verbreitungskarte<br />
dieser Autoren weist nach Norden<br />
zu bis zur sudwestlichen Abdachung des<br />
Teutoburger Waldes und Wiehengebirges<br />
eine groRere Zahl von Ruf nachweisen auf,<br />
die wohl weitgehend mit Brutvogeln identisch<br />
sind. Der Verbreitungsschwerpunkt<br />
liegt in verschiedenen Regionen des Munsterlandes.<br />
Fiir das nordliche Sauerland<br />
sei an dieser Stelle noch eine Beobachtung<br />
vom 29. 5. 1968 nachgetragen. Im<br />
Oesebachtal nahe der Edelburg zwischen<br />
Hemer und Menden wurde im Rotbuchen-<br />
Eichen-Wald der Revierruf eines Pirolmannchens<br />
verhort sowie der Vogel auch<br />
selbst beobachtet (W. Fellenberg/W.<br />
Prunte: a.a.O.). Das Habitat nahe der<br />
Edelburg konnte als charakteristisch fiir<br />
den Pirol angesehen werden, blieb aber<br />
trotzdem eine Ausnahme.<br />
Lebensraume schwinden<br />
In der Bundesrepublik mehren sich die<br />
Meldungen uber den Ruckgang des Pirols<br />
in den letzten Jahren. In Nordrhein-Westfalen<br />
und Hamburg wurde er in der Roten<br />
Liste der bedrohten und gefahrdeten Arten<br />
in die Kategorie A.3 (= „gefahrdet")<br />
eingestuft. Die wesentliche Gefahrdung<br />
des „Charaktervogels lichter Auwalder,<br />
Bruchwalder und gewassernaher Geholze"<br />
liegt darin, daE diese Lebensraume<br />
mehr und mehr „kultiviert" werden und<br />
verschwinden. Dies bringt auch Verande-<br />
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Sauerländer 22 <strong>Heimatbund</strong><br />
SAUERLAND<br />
rungen im Nahrungsangebot mit sich, das<br />
zudem oft stark durch Chemikalien oder<br />
Pestizide belastet ist. Vernichtung von Auwaldern,<br />
FluBbegradigungen, Eindeichungen,<br />
Trockenlegungen, Umwandlung<br />
von Laub- zu Nadelwaldern, Beseitigung<br />
von Streuobstwiesen zerstoren<br />
wichtige Lebensraume, nicht nur fur den<br />
Pirol.<br />
SchutzcnaBnahmen<br />
So schlagen denn die Naturschutzverbande<br />
und Vogelschutzer einen ganzen<br />
Katalog von SchutzmaBnahmen vor:<br />
Erhaltung und Schutz der Au- und<br />
Bruchwalder sowie anderer feuchter<br />
Landschaftsteile, ebenso wie der Uferregionen<br />
von stehienden und f lieKenden Gewassern.<br />
Verzicht auf Trockenlegung und<br />
weiteren Umbruch von Wiesen- und<br />
Grunland. Zusammenarbeit bei alien wasserwirtschaftlichen<br />
MaBnahmen mit Natur-<br />
und Umweltschutzverbanden. Reduzierung<br />
von Chemikalien auf ein Minimum.<br />
Erhaltung von Streuobstwiesen und<br />
baumbestandenen Parks, Windschutzgurteln,<br />
Alleen. Erarbeitung von Schutzkonzepten<br />
auf nationaler und internationaler<br />
Ebene, deren Durchsetzung und Oberwachung.<br />
Kontinuierliche Information und<br />
Offentlichkeitsarbeit. (Vgl. Wassmann)<br />
Der bedrohte „Vogel des Jahres 1990"<br />
ist ein weiterer SYMBOLVOGEL zuneh-<br />
Literaturhinweis:<br />
Fellenberg, W. / Prunte, W.: In Frohling. W, & Harengard, M.<br />
(1969: „Sanimelberichtf. d. Zeitu. MarzbisOkt. 1968". Anthus<br />
6, H. 1, p. 31-44 und Kartei von W, Fellenberg.<br />
Gesellschaft Rhein. Ornithologen & Westfal. Ornith. Gcsellschaft:<br />
In „Rote Liste der in Nordrhein-Westfalen gefahrdeten<br />
Pflanzen und Tiere," 2. Fassung, LOLF, Recklinghausen<br />
(1986).<br />
Hcckenroth, H.: In „Atlas der Brutuogel Niedersachsens 1980<br />
u. des Landes Bremen mit Erganzungen aus d. Jahren 1976-<br />
1979", Hannover (1985)<br />
Graf, J.: „Tierbestimmungsbuch", Munchen (1961)<br />
Hesse, M. & Sell, M.: „Zur Brutuerbreitung des Pirols (Oriolus<br />
oriolus) in Westfalen"; in Alcedo 2, H. 3 (1975)<br />
Kacher, H.: In „Das Kruger Lexikon der Tiere", Munchen (1977)<br />
Peterson, R. & Mountfort, G.: „Die Vogel Europas", Hamburg/<br />
Berlin (1961)<br />
Reinsch, H. H.: ..Familie Pirole"; in ..GrzimeksTierleben", B. 9,<br />
Munchen (1980)<br />
Schierholz, H.: In: Avifauna von Westfalen", Munster (1969)<br />
Seattle: „Wir sind ein Teil der Erde". Olten u. Freiburg (1982)<br />
Wassmann, R.: „Vogel des Jahres 1990 - Der Pirol", DBV-<br />
Merkblatt Nr, 90/1-025, Bonn (1990)<br />
mender Gefahrdung von Lebensraumen,<br />
die nicht nur seinen Fortbestand bedroht,<br />
sondern die gesamte Umwelt armer und<br />
oder macht. Zum notwendigen Umdenken<br />
und zur aktiven Mithilfe sind wir alle<br />
aufgerufen und verpflichtet! - Es ware ein<br />
groBer Irrtum zu meinen, es gehe hier bloB<br />
um die Erhaltung „nur" einer Vogelart.<br />
Vielmehr steht das Verschwinden ganzer<br />
Landschaf ten und Lebensraume mit ihrer<br />
Vielfalt von Pflanzen und Tieren auf dem<br />
Spiel. Sie alle sind wesentlich Mitgcschopfe<br />
unserer Umwelt und Erde.<br />
Wie sagte doch der „wilde" rote Hauptling<br />
zum weiBen amerikanischen Prasidenten?<br />
„Was immer den Tieren geschieht, geschieht<br />
bald auch den Menschen. Alle<br />
Dinge sind miteinander verbunden.<br />
Denn das wissen wir, die Erde gehort<br />
nicht den Menschen, der Mensch gehort<br />
zur Erde. Alles ist miteinander verbunden."<br />
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Naturschutz<br />
auf dem Friedhof<br />
Naturschutz auf dem Friedhof ist der<br />
Titel einer umfangreichen Broschure, die<br />
die Landesanstalt fur Okologie, Landschaftsentwicklung<br />
und Forstplanung<br />
(LOLR Nordrhein-Westfalen soeben herausgegeben<br />
hat. Die Broschure geht zu<br />
Recht von der Pramisse aus, daB den<br />
Friedhofen in zunehmendem MaBe eine<br />
neue Aufgabe erwachst, namlich die der<br />
Grunflache mit wichtigen sozialen und<br />
okologischen Funktionen:<br />
• Friedhof e werden immer mehr zu wichtigen<br />
Elementen der Griinflachenkonzepte<br />
unserer Stadte.<br />
• Friedhofe gelten als Oasen der Stille<br />
und Entspannung und dienen in erheblichem<br />
Umfang der „Stillen Erholung" des<br />
Stadters.<br />
• Friedhofe haben eine positive Wirkung<br />
auf das Stadtklima und die lufthygienischen<br />
Bedingungen.<br />
• Friedhofe stellen darilber hinaus wichtige<br />
Lebensraume fur die Tier- und Pflanzenwelt<br />
dar.<br />
Die Broschure stellt die Friedhofstypen<br />
dar und berichtet ausfuhriich uber Flora<br />
und Fauna der Friedhofe sowie die Pflege,<br />
Entwicklung und Gestaltung von Friedhofen<br />
aus okologischer Sicht. Ein ausfuhdi-<br />
ches Literatur- und Stichwortverzeichnis<br />
rundet die gelungene Veroffentlichung<br />
ab. Sie kann kostenlos bei der LOLF,<br />
Leibnizstr. 10,4350 Recklinghausen, bezogen<br />
werden. Red.<br />
Das Sandkopfchen ist<br />
„Blume des Jahres 1990"<br />
Die Stiftung zum Schutze gefahrdeter<br />
Pflanzen hat das Sandkopfchen (jasione<br />
montana) zur Blume des Jahres 1990 erklart.<br />
Damit soil auf den gefahrdeten Lebensraum<br />
der Pflanze, die Trockenrasenflachen,<br />
hingewiesen werden. Die kalkarmen<br />
Gebiete, auf denen das Sandkopfchen<br />
wachst, gelten als unwirtschaftlich<br />
und werden deshalb oft in Acker oder<br />
Grunland umgewandelt oder auf gef orstet.<br />
Die Blume heiEt auch Berg-Sandkopfchen,<br />
Berg-Sandglockchen, Bergnelke<br />
oder Schafsskabiose. Ihre vielen hellblauen<br />
kleinen Bluten stehen als kugelformiges<br />
Kopf chen zusammen und wirken in<br />
der kargen Umgebung anziehend fiir Insekten.<br />
Im Saueriand ist die Blume selten;<br />
Nachweise (1865 und 1930) finden sich<br />
fur den Ehrenscheid bei Winterberg (vergleiche<br />
Fritz Runge, Die Flora Westfalens,<br />
1955). PI.<br />
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SAUERLAND<br />
Geheimrezept aus Husten: Westhoff s Magenbitter<br />
23<br />
von Karl-Heinz Keller<br />
„lch bezeuge hierdurch, daB ich nur allein<br />
durch den Magenbitter des Herrn<br />
Westhoff in kurzer Zeit von meinen Leibsciimerzen<br />
befreit worden bin" schreibt<br />
im Juli 1892 ein Mann namens Knuf in Husten,<br />
von Beruf Postgehulfe. Sclion damals<br />
maciite ein Destillat von sich reden,<br />
das fortan als ..Westhoff s Magenbitter"<br />
beriihrnt wurde. Den heilsamen Schnaps.<br />
der in einem Atemzug mit anderen bekannten<br />
Sorten genannt werden muB, erfand<br />
Josef Westhoff aus Husten im Jahre<br />
1889. Westhoff war urspriinglich landwirtschaftlicher<br />
Lehrer gewesen. Seine<br />
Kenntnisse nutzte er: Er war einer, der die<br />
Natur schatzte und vor allem deren Heilkraften<br />
vertraute. Seit 100 Jahren nun<br />
wird in Husten ..Westhoff's Magenbitter"<br />
hergestellt. Und seit der Postgehulfe Knuf<br />
die lindernde Wirkung des Produktes erkannt<br />
hat. half es vielen Menschen. Noch<br />
heute geben Sauerlander und Menschen<br />
in anderen Regionen beispielsweise nach<br />
einem uppigen Mahl den guten Rat: ..Das<br />
ist nur mit einem Westhoff in Ordnung zu<br />
bringen!"<br />
Im Jahre 1889 grundete Josef Westhoff,<br />
der schon 1913 mit knapp 60 Jahren<br />
starb. das Unternehmen auf Sellen Hof in<br />
Husten, dessen Produktion spater in die<br />
BahnhofstraBe, gegenuber den Huttenwerken.<br />
verlagert wurde. Josef Westhoff<br />
komponierte aus mehr als 24 Bitter- und<br />
SiiBkrautern einen wohlschmeckenden<br />
Magenbitter. Die Krauter - u.a. Wacholder,<br />
Waldmeister. Faulbaumrinde. Kiimmel.<br />
Anis. EngelsiiBholz. Berberitzen. Enzian,<br />
Heidelbeerbiatter, Bitterklee und<br />
Hopfen - werden luftgetrocknet, nur ein<br />
einziges Mai verwendet und in Eichenholzfassern<br />
gelagert. wo der ..Westhoffsche"<br />
seine letzte Reife erhalt. Essenzen<br />
und Zucker werden nicht verwendet. es<br />
kommt einzig und entscheidend auf die<br />
Mengenverhaitnisse an - und das Ganze<br />
bleibt auch nach einhundert Jahren Betriebsgeheimnis.<br />
Um die Jahrhundertwende war .Westhoff<br />
ein Renner. Um seinen guten Namen<br />
vor Nachahmern zu schutzen, sah sich Josef<br />
Westhoff gezwungen. beim Kaiserlichen<br />
Patentamt in Berlin die amtliche Eintragung<br />
in das Warenzeichenregister zu<br />
beantragen. die am 8. August 1908 auch<br />
tatsachlich erfolgte. Erst mit Pferdefuhrwerken.<br />
dann mit eigenen LKW's und per<br />
Bahn wurde ..Westhoff' im Sauerland und<br />
in ganz Westfalen ausgeliefert. sogar in<br />
Eine Original-Flasche wit „Westhoff's-Magenbitter"<br />
aus den Anfdngen der Produktion.<br />
Schlesien und OstpreuBen, spflter in den<br />
USA und in deutschen Clubs in Manila/<br />
Philippinen wurde er wegen seines Geschmacks<br />
und seiner Wirkung hoch geschatzt.<br />
Werbung mit Gedichten und SprQchen<br />
Gold- und Silberauszeichnungen beweisen<br />
die Qualitat des Hiistener Heilschnapses,<br />
der vielfach von Experten getestet<br />
und mit „Gut" bewertet worden ist<br />
Bekannt jedoch ist Westhoff's Magenbitter<br />
auch durch die gezielte Werbung geworden,<br />
deren Wert Josef Westhoff fruh<br />
erkannt hat. Gegenstande davon aus alten<br />
Zeiten haben die heutigen Hersteller<br />
noch in Handen: Ascher, Tabakdosen, Pokale,<br />
Klischees, eine Literflasche aus den<br />
fruhen Jahren dieses Jahrhunderts und<br />
unzahlige Gedichtchen und Spruchlein,<br />
mit denen der Magenbitter-Erfinder fur<br />
sein Produkt im ganzen Sauerland warb.<br />
Von ihm stammt auch das „Westhoff-Gedicht",<br />
das sich im VersmaB des „Liedes<br />
der Deutschen" (Deutschlandlied) von<br />
Hoffmann von Fallersleben reimt: „Hast<br />
du Kopfweh, hast du Bauchweh, krabbelt's<br />
dir im Ruckenstrang, sitzt der Kater<br />
dir im Nacken, kollert's dir im Magen<br />
bang: Nimm getrost nur einen Westhoff-<br />
Oder besser: nimm dir zwei, und sofort<br />
vergeht das Bauchweh und das Krabbeln<br />
ist vorbei!"<br />
Eine stoize Erscheir)ung - Magenbitter-Hersteller Josef Westhoff mit seiner Familie.<br />
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24<br />
SAUERLAND<br />
Briefmarkengeld<br />
Wie die heutigen Hersteller, Hartwig<br />
Voss und Bertram Brokelmann, auf Umwegen<br />
erfuhren, hat der geschSftstuchtige<br />
Magenbitter-Erfinder zur Zeit der gro-<br />
6en Inflation, Anfang der zwanziger Jahre,<br />
auch sogenanntes Briefmarkengeld<br />
herausgegeben, das als Kapselgeld unter<br />
den zahlreichen Arten von Briefmarken<br />
eine Sonderstellung einnahm. Im Gegensatz<br />
zu der oft primitiven und improvisierten<br />
Ausfiihrung anderer Ausgaben<br />
sieht das Kapselgeld nicht nach „Notgeld"<br />
aus, und in vielen Fallen sollte es auch weniger<br />
den Kleingeldmangel lindern, sondern<br />
als „Reklamegeld" findigen Werbeund<br />
Geschaftsleuten zu Geld verhelfen.<br />
Josef Westhoff liel3 bedruckte Zelluioldkapseln<br />
von 30 Millimetern herstellen, die<br />
Den Wertder Werbunghatte Josef Westhofffrtiherkannt. So veranstaltetenauchseineNachfolgerKampagnen.<br />
DasBildzeigt dieTeilnehmeran einem Staffellauf, den dieFirma Westhoff zu<br />
Beginn der 30er Jahre organisierte.<br />
Einige handschriftliche Gedichte von<br />
Josef Westhoff sind noch vorhanden. So<br />
eines vom 12. MSrz 1904: ..Mensch, willst<br />
du auf dieser Erden / glucklich und zufrieden<br />
werden / und vor Krankheit nicht<br />
erzittern: Dann trink .Westhoffs Magenbittem'!"<br />
Der dichtende Untemehmer<br />
fuhr, wie gesagt, kreuz und quer durchs<br />
Sauerland und verkaufte den Magenbitter.<br />
Dabei wurden viele edie Tropfen probiert,<br />
und Josef Westhoff durfte sich nie<br />
aus geschaftlichen Griinden verschlie-<br />
6en. Da er aber findig war, „schluckte" er<br />
nicht formlich, sondern lieS in einem unbeobachteten<br />
MomentOberschilssiges in<br />
einen hohlen Stock flieSen.<br />
Werbesprtichlein Westhoff'scher Art, in runde Kunststoffhullen gesteckt.<br />
Die „Kehrseite der Medaille": Inflationsgelu nm. unefmarken, von Sammlern begehrt.<br />
Wannt Froijohr wert<br />
Wann de Sap gait int Holt,<br />
wann de Biarke wert grain<br />
un de Planten schaitet<br />
in de Lucht,<br />
do wert mey wane enge<br />
int Hius -<br />
dann sin iek et sat -<br />
dann matt iek riut.<br />
Bo diusend Blaimkes<br />
blogget imme Grunne<br />
un lachet siek gial<br />
und bunt,<br />
do lachet se mey<br />
int Hiarte -<br />
do sin iek vergnaiget -<br />
do blogge iek aok.<br />
Wann de Sunne blenket<br />
un scheynet klor<br />
und frisk,<br />
do sin iek warme<br />
un lecht,<br />
ase wenn meyn Hiarte<br />
Sunnenried wor.<br />
Bo de Baukfink raipet,<br />
bo de Laiwerke flott<br />
un wellt mey wat Laiwet<br />
vertellen,<br />
do sin iek nit male,<br />
nit krank -<br />
de Viigelsang<br />
hiat mi kuraiert.<br />
Dietmar Rost<br />
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SAUERLAND<br />
25<br />
auf der einen Seite bestiickt waren mit<br />
Briefmarken und ruckseitig folgende<br />
Werbesprijche aufwiesen: „In keinem<br />
Haushalte fehle Westhoffs Magenbittern,<br />
Die beste Hausmedizin. Zu haben in<br />
Restaurants und Drogerien." Oder: „Der<br />
Edelbranntwein Scliepp-op. Uberall zu<br />
tiaben. Jos. Westiioff, Husten" und: „Erstklassig<br />
sind Westiioff's Edellikore." Das<br />
Westiioff'sche Kapselgeld wird heuteje<br />
Einzelexemplar mit 900 Mark unter<br />
Sammlern geiiandelt, Es war im heimischen<br />
Raum das einzige Geld dieser Art,<br />
das im Umlauf war.<br />
Durcti Kriegswirren und Inflation kam<br />
die Firma .Westhoff Magenbitter' in fi-<br />
Msmn<br />
VSloUftMtiUtta-<br />
•ft* S^|BU«&»»»1»8«i|[»W.<br />
nanzielle Sctiwierigkeiten. Die Werbung<br />
muBte eingestellt werden, und so geriet<br />
der hervorragende iVIagenbitter als Produkt<br />
mit der lindernden Wirkung etwas in<br />
Vergesseniieit Nie wurdejedocii die Produktion<br />
aufgegeben. Die streng geiieime<br />
Rezeptur ist von einem direkten Nactifahren<br />
von Josef Westiioff iViitte der 60er<br />
Jaiire an den inzwischen verstorbenen<br />
nu<br />
DD<br />
SiJdwesthangJage<br />
direkt am Wald.<br />
GrolBziJgige<br />
offene Bebauung<br />
mit GriJnzonengestaltung.<br />
Unverbaubarer<br />
Fernsicht ijber<br />
das Dorf.<br />
Freiherr von Fiirstenberg<br />
^D DDSDD<br />
Fabrikanten Josef Voss verSuBert worden.<br />
Die jetzigen Inhaber, Hartwig Voss<br />
und Bertram Brokelmann, sind die Garanten<br />
dafur, daS der ..Westiioffsclie"<br />
auch weiterhin als sauerlandische Spezialitat<br />
erhalten bleibt und hochsten Qualitatsanforderungen<br />
standhalt.<br />
Exclusive Bauplatze im IHochsauerland<br />
Komplette<br />
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durchgefijhrt.<br />
Kauf Oder<br />
Erbpacht<br />
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iZZl<br />
DP<br />
'^ ><br />
Der Magenbitter-Hersteller Josef Westhoff war auch ein frommer Mann. Hier ein Gedichtvon ihm<br />
daserumdieJahrhundertwendegeschriebenhat:„ImgrolienTempoderNaturfindestdudesgrollen<br />
Gottes Spur. Doch willst du Gott noch groBer sehen, dar)n bieibe unterm Kreuze stehen."<br />
Fotos und Repros: K. H. Keller<br />
Jetzt schon vormerkcn:<br />
Die Mitgliederversammlung des SHB findet am Samstag,<br />
dem 1. September 1990 in Warstein statt.<br />
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BUCHER • SCHRIFTTUM<br />
SAUERLAND<br />
Handirk 1989<br />
Grafschaft, Latrop, Schanze<br />
in Wort und Bild<br />
Die 7. Ausgabe der seit 1983 jahrlich<br />
herausgegebenen Heimatnachrichten fur<br />
die Orte Grafschaft, Latrop und Schanze<br />
unter dem Titel Handirk ist seit Anfang<br />
Dezember im Umlauf.<br />
Auf nunmehr 88 Seiten hat das siebenkepfige<br />
Redaktionsteam mit zwoif Einzelbericiiten<br />
wieder eine Ausgabe zusammengestellt,<br />
die sich naiitios in die bislierigen<br />
sechs Ausgaben einreiht. 45 Bilder<br />
und Abbildungen lockern den Handirk<br />
auch diesmal wieder in interessanter Art<br />
auf.<br />
Das ZSjahrige KirciiweilTjubiiaum der<br />
Pfarrkirciie St. Georg in Grafscliaft stellt<br />
den Hauptbericht der diesjahrigen Aus-<br />
HANDIRK<br />
m<br />
GRAFSCHAFT<br />
LATROP<br />
SCHANZE<br />
IN WORT UND BILD<br />
Ausgabe Nr. 6 (1989)<br />
gabe dar. in anscliauliclier Weise wird<br />
hierin sowolil die Gescliictite der beiden<br />
ersten „Leutekirchen" bis zuruck in die<br />
Grundungszeit des Klosters Grafscliaft<br />
im Jaiire 1072 nachvollzogen, als aucii<br />
erstmalig ausfiilirlich die Entsteiiung und<br />
der Bau der heutigen Pfarrkirciie wiedergegeben.<br />
Weitere Tliemen sind der eiiemalige<br />
Gesangverein Westfalia Latrop<br />
und der lieutige Gemisclite Chor Latrop<br />
sowie die Situation in Grafscliaft bei Ausbrucii<br />
des Zweiten Weltkrieges vor 50<br />
Jahren.<br />
Ein siclier niciit aiitagliclies Ereignis<br />
stellt die Aufkiarung eines Grafschafter<br />
VermiBtenschicksales nach 46 Jahren<br />
dar, das erst durch die Obergabe von weiteren<br />
Listen mit Namen verstorbener<br />
deutscher Kriegsgefangener beim Besuch<br />
von Generalsekretar Gorbatschow<br />
im Juni 1989 mOglich war. Die Aufarbeitung<br />
der Geschichte der Soldatengraber<br />
bei Schanze ruft das Schicksal der hier im<br />
April 1945 gefallenen deutschen Soldaten<br />
wieder in Erinnerung.<br />
Einen weiteren Schwerpunkt der diesjahrigen<br />
Ausgabe stellt der Bericht ,,100<br />
Jahre Aussichtsturm auf dem Wilzenberg"<br />
dar. DerTurmbau konnte in diesem<br />
Jahr endlich durch ErhQhung um insgesamt<br />
7 m vollendet werden. Dieser in seiner<br />
Art einzige Aussichtsturm im Land<br />
der „tausend Berge" wird sicher zukiinftig<br />
ein noch beliebteres Wander- und<br />
Ausflugsziel auf dem ..Heiligen Berg des<br />
Sauerlandes", dem Wilzenberg bei Grafschaft,<br />
werden. Das <strong>Heft</strong> enthalt welter<br />
einen Ruckblick auf die Amerika-Reise<br />
1988 des Tambourkorps Grafschaft, eine<br />
Erganzung zur Geschichte der wiedergefundenen<br />
ehemaligen Grafschafter Klosterglocken<br />
aus dem Jahre 1625 sowie<br />
Kurzberichte uber aktuelle Ereignisse in<br />
den drei Orten Grafschaft, Latrop und<br />
Schanze. Es foigen Einzelbeitrage aus<br />
dem Vereinsleben und einige DOnekes<br />
und Sinnspruche in plattdeutscher Sprache.<br />
Mit dem Bericht ..Inschriften im Bereich<br />
des Klosters Grafschaft" werden in<br />
anschaulicher Weise die lateinischen Inschriften<br />
in den alten Mauern des geschichtstrachtigen<br />
Klosters Grafschaft<br />
aufgefuhrt und ubersetzt; eine sicher<br />
willkommene Aufforderung, diese sinnvollen<br />
religiosen Inschriften bei einem Besuch<br />
des schonen, gepflegten Klostergelandes<br />
einmal selbst zu entdecken.<br />
Als kleines Geschenk fiir Verwandte,<br />
Freunde und Bekannte bietet sich die<br />
speziell fur den „Handirk" erstellte Sammelmappe<br />
(furje funf Ausgaben) an, die,<br />
wie auch noch alle bisherigen Ausgaben,<br />
uber die nachstehende Adresse bezogen<br />
werden konnen. Red.<br />
Handirk-Ausgabe 1989; herausgegeben von der St. Sebastlan-Schutzenbruderschaft<br />
1825 Grafschaft e. V.; zu beziehen<br />
uber: Hans Robert Schrewe. Grafschaft, Hauptstr. 20.<br />
5948 Schmallenberg (Tel.: 02972/1546).<br />
Verkaufspreis: 5,- DM; Sammelmappe 3,- DM.<br />
Umweltatlas der<br />
Stadt Schmallenberg<br />
Nicht nur fur die Mitglieder des Rates,<br />
sondern fur jeden Burger der Stadt, der<br />
sich seiner Umwelt verpflichtet weiB, ist<br />
seriose, von Verharmlosung und Obertreibung<br />
freie Sachinformation zum Umweltschutz<br />
erforderlich. Dies betonen<br />
Burgermeister Otto Schulte und Stadtdirektor<br />
Rudolf Topp in dem im Juli 1989<br />
herausgegebenen Umweltatlas der Stadt<br />
Schmallenberg, in dem eine Bestandsaufnahme<br />
und eine Bestandsanalyse der wesentlichen<br />
Umweltbereiche in der Stadt<br />
vorgenommenwird. Die 151 Seiten starke<br />
Broschure (Auflage 1000 Stuck) ist in die<br />
Kapitel Abfallwirtschaft, FlieRgewasser,<br />
Wald und Natur- und Landschaftsschutz<br />
gegliedert. Mehrfarbig gedruckte Karten<br />
verdeutlichen die Aussagen.<br />
So liegt eine auch jedem interessierten<br />
Burger verstandlich formulierte und umfangreiche<br />
Bestandsaufnahme vor, der<br />
man die baldige Umsetzung der auf gezeigten<br />
Losungsvorschlage im Umweltbereich<br />
wunscht - und Nachfolger in anderen<br />
Stadten und Gemeinden des Sauerlandes.<br />
PI-<br />
Westfalen im Vormarz<br />
1815 bis 1833<br />
Das hier anzuzeigende Buch ist zu etwa<br />
zwei Drittelneine Quellenpublikation. Sie<br />
enthalt 608 Zeugnisse aus Zeitungen und<br />
zeitgenossischen Akten, insbesondere<br />
den amtlichen Berichten der Regierungen,<br />
Landrate und Burgermeister (S. 157<br />
bis 495). Davor steht eine als „Einfuhrung"<br />
iiberschriebene Auswertung dieser<br />
Quellen (S. 11 bis 156). Sie zeichnet ein<br />
umfassendes Bild der wirtschaftlichen und<br />
allgemeinen politischen Verhaltnisse in<br />
Westfalen im Zeitalter der Restauration.<br />
Die Note und Sorgen der Bevolkerung, die<br />
Hungerjahre, die Armenfiirsorge und die<br />
verschiedenen Sparten der Erwerbstatigkeit,<br />
dabei die Ertragslage der Landwirtschaft,<br />
die Probleme des Gam- und Leinwandgewerbes<br />
und der Metallindustrie<br />
finden ausreichend Berucksichtigung.<br />
Ausfuhrlich wird die Haltung der Bevolkerung<br />
zum preuBischen Staat und den Zeitereignissen<br />
erortert, schlieElich die<br />
Stimmungslage in Westfalen in den zwanziger<br />
Jahren und die Reaktion der Bevolkerung<br />
auf die Julirevolution in Paris.<br />
Fur die Ortsgeschichtsschreibung ist<br />
das abschlieBende Personen- und Ortsregister<br />
hilfreich, zumal zu den Personen<br />
kurze biographische Angaben beigefiigt<br />
sind.<br />
Friedrich Keinemann: Westfalen im Zeitalter der Restauration<br />
und der Julireuolution 1815 bis 1833.<br />
Quellen zur Entwicklung der Wirtschaft, zur materiellen Lage<br />
der Bevolkerung und zum Erscheinungsbild der Volksstimmung.<br />
Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Westfalen<br />
XXII A; Geschichtliche Arbeiten zur westfalischen Landesforschung.<br />
Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Gruppe, Band 5.<br />
Munster: Asctiendorff 1987. 517 S., kart. 98,- DM.<br />
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SAUERLAND<br />
27<br />
Wintersport im Sauerland<br />
in friihercr Zeit<br />
Dem ruhrigen Verlag Walter Podszun<br />
in Brilon ist die Herausgabe eines Buches<br />
zu danken, auf das sicher viele Freunde<br />
des Wintersports gewartet haben. Dietmar<br />
Sauermann von der Volkskundlichen<br />
Kommission fur Westfalen weist in seinem<br />
Geleitwort zu Recht darauf bin, daB<br />
es sicb bei diesem Werk um eine erste<br />
grundlegende und systematische Darstellung<br />
der Geschicbte des Wintertourismus<br />
im Sauerland handele. Die Autorin Barbel<br />
Michels, seit langerer Zeit in Rehsiepen/<br />
Schmallenberg wohnhaft, hat mit viel<br />
HeiB - und offenbar auch mit viel Findergluck<br />
- umfangreiches Material zur Geschicbte<br />
des Wintersports im Sauerland<br />
zusammengetragen. Viele der uber 500<br />
zum Teil groEformatigen Abbildungen<br />
werden erstmals veroffentlicht.<br />
Vor ziemlich genau 100 Jahren tauchten<br />
die ersten Skilaufer im Astengebiet<br />
auf. Der Oberforster Hagemann aus Winterberg<br />
soil 1889 als ersterdie langen Holzer<br />
benutzt haben. Mit ihren mannshohen<br />
Stocken und den unformigen Brettern bewegten<br />
sich die Skilaufer so eigenartig,<br />
daE sie in der Bevolkerung zunachst ausgelacht<br />
wurden. Bald aber fanden sich<br />
Nachahmer, die schnell die Vorzuge der<br />
„Schneeschuhe" erkannten. Schoninden<br />
Jahren vor dem Ersten Weltkrieg wurde<br />
der Wintersport zu einem wichtigen Teil<br />
des Fremdenverkehrs und damit zu einem<br />
bedeutsamen Wirtschaftsfaktor fur das<br />
obere Sauerland. Die Autorin zeichnet<br />
aber nicht nur die Entwicklung im touristischen<br />
Bereich nach, sondern bezieht auch<br />
das Skispringen, den Bob- und Rodelsport<br />
sowie die Tatigkeit des 1907 in Altastenberg<br />
gegrundeten Skiclubs Sauerland in<br />
die Darstellung ein. Der interessierte Laie<br />
wird besonders dankbar dafiir sein, daR<br />
auch ein sehr instruktiver Beitrag uber die<br />
Entwicklung des Skilaufs in den nordischen<br />
Landern und in Deutschland gebracht<br />
wird. Ihm folgt eine detaillierte Beschreibung<br />
der Entwicklung der Skiausriistung,<br />
angefangen von den Holzbrettern<br />
mit der norwegischen „Meerrohrbindung"<br />
bis bin zur modernen Herstellung<br />
von Skiern fiir den Massentourismus.<br />
Besonders vergnuglich liest sich der<br />
Abschnitt uber „Skikleidung im Wandel<br />
der Zeit". Im Wortlaut wird ein Bericht aus<br />
dem „K6lnischen Volksblatt" vom 31. Ja-<br />
Skilaufer des Fredeburger Turnuereins im Winter 1912/13<br />
nuar 1914 wiedergegeben, in dem es unter<br />
der Oberschrift „uber die schamlose<br />
Tracht der Sportweiber zu Winterberg"<br />
heiRt: „Ein wahrer Skandal in des Wortes<br />
ernstester Bedeutung ist das, was man in<br />
diesen Wintertagen zu Winterberg im<br />
Saueriand und in den benachbarten Orten<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhur)derts gewann der<br />
Wintersport allmahlich die Herzen immer<br />
mehr Einheimischer. Das Foto zeigt drei Siedlinghauser<br />
Skifahrer auf der StraHe zwischen<br />
Siedlinghausen und Bodefeld in) Winter<br />
1906/07.<br />
^t '?^.<br />
zu sehen bekommt. Ich meine die Kleidung<br />
so vieler Frauenzimmer. Nicht bloB<br />
auf den Sportplatzen, sondern auch in den<br />
StraBen unserer Stadtchen und Dorfer<br />
sieht man diese modernen Sportweiber in<br />
Mannerkleidung rudelweise herumlaufen,<br />
zum Arger aller Erwachsener und zum Ar-<br />
Drei Marsberger Damen in Winterberg, um<br />
1935. Weil es damals unschicklich war, als<br />
Frau Hosen zu tragen, wurden in Marsbergzunachst<br />
Rocke uber die Hosen gezogen, die im<br />
Zug aber im Reisegepack verschwanden. Die<br />
Namen der Drei: Martha Boxberger, Annemarie<br />
Boxberger, Hertha Schmerheim.<br />
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28<br />
SAUERLAND<br />
gernis fiir unsere heranwachsende Jugend."<br />
Angesichts der letzten schneearmen<br />
Winter liest man mit etwas Wehmut, was<br />
die Autorin uber den Winteralltag unserer<br />
Eltern und GroReltern schreibt: Wie die<br />
Dorfbewohner nach tagelangen Schneesturmen<br />
ihre Hauser oft nicht verlassen<br />
konnten und Lebensmittel durch die<br />
Schornsteine zugereicht wurden; wie die<br />
Leute formlich Tunnels durch den Schnee<br />
bohren muEten, um aus ihren Hausern zu<br />
kommen, und wie Kinder mit ihren Rodelschlitten<br />
vom Strohdach herunterfuhren.<br />
Der Preis des Buches ist nicht niedrig.<br />
Angesichts der hervorragenden Ausstattung<br />
und des fundierten Inhalts wird das<br />
Werk trotzdem - und zu Recht - seine Leserinnen<br />
und Leser finden.<br />
Dr. Adalbert Mullmann<br />
Barbel Michels: Wintersport im Sauerland in fruherer Zeit.<br />
Brilon: Verlag Waller Podszun. 1989. 344 Seiten, GroRformat,<br />
mehr als 500 Abbildungen. 88- DM.<br />
Landleben auf<br />
Schulwandbildem<br />
Eine neue Reihe von Bildbanden zur<br />
westfalischen Volkskunde gibt das Westfalische<br />
Freilichtmuseum Detmold in Zusammenarbeit<br />
mit dem Landwirtschaftsverlag<br />
Munster-Hiltrup heraus. Von alten<br />
Landfahrzeugen bis zu Schulwandbildem,<br />
von typischen westfalischen Mobeln bis<br />
zur uberlieferten Obstkultur auf dem<br />
Lande stellen die Bucher dieser Reihe viele<br />
volkskundliche Einzelthemen vor.<br />
Mit einer knappen fachlichen Einfuhrung<br />
versehen werden historische Fotografien<br />
neben den zahlreichen originaien<br />
Objekten des Freilichtmuseums abgebildet.<br />
Die Bande widmen sich dabei insbesondere<br />
der Darstellung von regionalen<br />
Unterschieden im landlichen Kulturgut.<br />
Als erster Titel der Reihe erschien<br />
„Landleben auf Schulwandbildem".<br />
GroEe Schulwandbilder wurden seit<br />
mehr als 100 Jahren als Anschauungsmittel<br />
im Unterricht verwendet. Sie haben<br />
mit ihren bunten, attraktiven und eingangigen<br />
Darstellungen die Vorstellungswelten<br />
vieler Schiilergenerationen gepragt.<br />
Mehr als 120 solcher Abbildungen in diesem<br />
Bildband widmen sich der Lebensund<br />
Arbeitswelt der Menschen auf dem<br />
Land in fruherer Zeit. Viele der alten<br />
Wandbilder stammen aus westfalischen<br />
Landschulen und wurden vom Westfalischen<br />
Freilichtmuseum Detmold gesammelt.<br />
Ein ganz bestimmtes „Bild vom Landleben"<br />
wird durch die Wandtafeln vermittelt.<br />
Es ist oft von der geschichtlichen Realitat<br />
weit entfernt. So fehlen etwa oft die<br />
landwirtschaftlichen Maschinen auf den<br />
allermeisten Schulwandbildem, obwohl<br />
es sie bereits friih gab. Das Leben auf dem<br />
Lande wird auf den Bildem mehr oder weniger<br />
als eine Idylle dargestellt, die allseits<br />
einen harmonischen Eindruck erwecken<br />
soil. Man muB schon genau hinsehen, um<br />
viele in Wirklichkeit schwere landwirtschaftliche<br />
Arbeiten wie Rubenziehen<br />
oder Kartoffellesen zu entdecken.<br />
Der Band enthalt zahlreiche schone<br />
Farbabbildungen, mit deren Hilfe man<br />
nachvollziehen kann, daB die Schulkinder<br />
im Unterricht Phantasie und positive Gefijhle<br />
gegenuber ihrer Heimat entwickeln<br />
sollten und konnten. Red.<br />
Kurt Droge: Landleben auf Schulwandbildem. Westfalische<br />
Volkskunde in Bildem, 1. Band. Munster-Hiltrup: LandwirtschaftsverlagGmbH.<br />
1988. 166 Seiten, zahlreiche z.T. farbige<br />
Abbildungen. 32,-DM.<br />
Kloster Oelinghausen und<br />
die historischen Orgeln<br />
Das Kloster der Pramonstratenserinnen<br />
zu Oelinghausen, im Jahre 1174 von<br />
einem sonst in der Heimatgeschichte<br />
nicht naher bekannten Kolner Ministerialen<br />
Sigenand von Batthusen und seiner<br />
Gattin Hathewigis gestiftet, darf als eines<br />
der bedeutendsten, reichsten und vornehmsten<br />
Frauenkloster in der westfalischen<br />
Landschaft bezeichnet werden. Fiigen<br />
wir, um vollstandig zu sein, gleich hinzu,<br />
daR es zunachst ein Doppelkloster fur<br />
Manner und Frauen war, bis es seit etwa<br />
1180 aufgrund eines Beschlusses des Generalkapitels<br />
des Ordens in ein Frauenkloster<br />
umgewandelt wurde. Die Griindungszeit<br />
f allt in das Jahrhundert, in dem die von<br />
den Orden der Zisterzienser und Pramonstratenser<br />
maBgeblich getragene kirchliche<br />
Reformbewegung im Kampf gegen<br />
eine um sich greifende Verweltlichung das<br />
uberkommene christliche Welt- und Gottesbild<br />
wieder erneuem und es den Menschen<br />
gelautert vermitteln wollte.<br />
Die Geschichte des Klosters umfaBt einen<br />
Zeitraum von acht Jahrhunderten,<br />
wenn wir von dem Einschnitt und dem da-<br />
mit verbundenen Substanzverlust, den die<br />
Sakularisation im Jahre 1804 der Klostertradition<br />
zugefiigt hat, einmal absehen,<br />
Seine Bauten und die Kunstwerke im Innern<br />
der Kirche, die bei Kennern als Kleinode<br />
sakraler Kunst im sauerlandischen<br />
Raum gelten, umfassen einen Zeitraum,<br />
der sich von der Romanik bis zum Rokoko<br />
erstreckt.<br />
Nunmehr haben Harald Polenz und<br />
Willfried Michel mit Unterstutzung des<br />
Freundeskreises Oelinghausen in einem<br />
durch Darstellung und Bildausstattung<br />
gleichermaBen hochst eindrucksvollen<br />
Buch in gut ausgewahlten Teilbereichen<br />
die Geschicke des Klosters von der Grundung<br />
uber die Sakularisation und daruber<br />
hinaus aufgezeigt. Einen Querschnitt<br />
durch nahezu acht Jahrhunderte bewegter<br />
Klostergeschichte, in denen sich auch<br />
ein groBer Teil der sauerlandischen Heimatgeschichte<br />
mit Ausblicken in andere,<br />
groBere landesgeschichtliche Dimensionen<br />
oder Zusammenhange widerspiegelt,<br />
lassen die Verfasser vor dem Leser erstehen.<br />
Mit viel Liebe zum Detail berichten<br />
sie uber die Beziehungen des Klosters und<br />
seiner Insassen zu den damaligen Landes-<br />
herren, den Graf en von Arnsberg und den<br />
Erzbischofen von Koln, uber die Kunstwerke<br />
im Kloster und nicht zuletzt (iber das<br />
mittelalterliche Glaubens- und Ordensleben<br />
in seinen Hohen und Tiefen. - Eingehende<br />
Abhandlungen sind den Beziehungen<br />
des Klosters zu der Familie von Furstenberg,<br />
die sich Oelinghausen stets sehr<br />
verbunden gefijhlt hat, und hier wiederum<br />
dem Wirken der Abtissin Ottilia von Furstenberg<br />
gewidmet, die den Konvent von<br />
1585 bis 1621 geleitet hat. Sie war eine<br />
Schwester des 1613 zum Landdrosten im<br />
Herzogtum Westfalen beruf enen Caspars<br />
von Furstenberg, der sich zur Zeit der<br />
Truchsessischen Wirren nachdriicklich<br />
fur die Aufrechterhaltung des katholi-<br />
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SAUERLAND<br />
29<br />
schen Bekenntnisses im kurkolnischen<br />
Sauerland eingesetzt hatte, und wird in<br />
den mittelalterlichen Quellen als recht tatkraftig<br />
sowie als eine „Frau von mannlichem<br />
Wesen" geschildert. Das Geschehen<br />
in den kriegerisciien, stiirmischen<br />
Zeiten, die durch den Wechsel des Kolner<br />
Erzbischofs und Kurfiirsten Gebhard<br />
TruchseR von Waldburg zum kalvinistischen<br />
Bekenntnis (1582/83) uber die<br />
hiesigen Lande und namentlich deren Kloster<br />
hereingebrochen waren, klingt hier<br />
vernehmlich an. - Ein zeitgenossisches<br />
Olbild der Abtissin Ottilia von Furstenberg,<br />
die sich um das Kloster und dessen<br />
Vermogensverhaltnisse in der damaligen<br />
Zeit ansehnliche Verdienste erworbcn<br />
hat, befindet sich ubrigens heute noch in<br />
der Klausur des erhaltenen Klosterflugels.<br />
Ein ausfuhrlicher gestaltetes Kapitei<br />
des Buches ist den „Annotationen" dieser<br />
Abtissin gewidmet. Es sind dies die Aufzeichnungen<br />
der Ottilia von Furstenberg<br />
(insgesamt 27 Seiten im Folioformat), die<br />
lange Zeit als „verschollene Tagebiicher"<br />
galten. Sie enthalten Nachrichten uber<br />
BaumaRnahmen, Anschaffungen fur die<br />
Ausstattung der Kirche, Ernteertrage,<br />
Freibeutereinfalle in der Truchsessischen<br />
Zeit und in den folgenden Jahren sowie<br />
ausfiihrliche Inventarlisten. Der Originalitat<br />
halber im Wortlaut abgedruckt, veranschaulichen<br />
sie in einpragsamer Weise<br />
das Leben in einem adligen Frauenkloster<br />
und vermitteln daruber hinaus recht aufschiul^reiche<br />
Eindrucke von der damaligen<br />
klosterlichen Ordnung, vom allgemeinen<br />
Zeitgeschehen, aber auch der Kuiturund<br />
Wirtschaftswelt im ausgehenden Mittelalter<br />
und in der beginnenden Neuzeit.<br />
Verschiedene Kunstwerke von Rang<br />
und Namen, so unter anderem ein romanischer<br />
Kruzifixus aus der zweiten Halfte<br />
des 12. Jahrhunderts und mehrere spatgotische<br />
Apostelfiguren, sind durch Beitrage<br />
von Dr. Johannes Hohmann mit einfuhlsam<br />
gewahlten Worten und in gekonnter<br />
Skizzierung ihrer kiinstlerischen<br />
und religiosen Bedeutung feinsinnig gewiirdigt.<br />
Fassen wir insoweit zusammen: Entstehung<br />
des Klosters, sein Werden und<br />
Wachsen, Religion und kulturelle Leistung,<br />
wirtschaftlicher Reichtum, Aufstieg<br />
und Niedergang des Ordenslebens,<br />
Umwandlung in ein freiadliges weltliches<br />
Damenstift in den Jahren 1617 /18 nebst<br />
dem sich daraus ergebenden Konf likt zwischen<br />
dem Pramonstratenserorden und<br />
dem nunmehrigen Damenstift („Handstreich"<br />
des Abtes Gottfried Reichmann<br />
vonWedinghausenam24. Oktober 1641<br />
und Ruckgewinnung Oelinghausens als<br />
Kloster fur den Pramonstratenserorden)<br />
sowie die bedeutsamen, wertvollen Kunstwerke<br />
im Kloster sind in der Darstellung<br />
gut herausgearbeitet; sie konnen als die<br />
das Buch pragenden Themen genannt<br />
werden. Eine flussige Textgestaltung, die<br />
beziehungslose Wiedergaben von Fakten<br />
und Zahlen vermeidet, sowie sorgfaltig<br />
ausgewahltes Bildmaterial verdienen anerkennende<br />
Hervorhebung.<br />
Ein weiterer Teil befaBt sich mit den<br />
Orgeln der Klosterkirche zu Oelinghausen.<br />
Eine ganzseitige Abbildung der historischen<br />
Orgel der Kirche leitet in diesen<br />
Abschnitt uber, der interessante Einzelheiten<br />
uber die verschiedenen Orgeln des<br />
Klosters im Laufe der Jahrhunderte enthalt.<br />
In erster Linie ist allerdings hier wohl<br />
wegen der zahlreichen fachbezogenen<br />
Ausf uhrungen (Analysen ihrer Haupt- und<br />
Brustwerke, Register und deren Klangfulle<br />
u.a.m.) der Kenner des Orgelbaus angesprochen.<br />
Das Buch klingt aus mit einer Beschreibung<br />
der Anlage und Bepflanzung, kurzum<br />
der Flora des ehemaligen Klostergartens.<br />
Wir durf en diese Seiten als ein kulturhistorisches<br />
Zeugnis einer alten klosterlichen<br />
Gartenkultur mit vielen heute seltener<br />
gewordenen Heil- und Gewurzpflanzen<br />
ansprechen, die im Volksglauben des<br />
Sauerlandes fur Hausrezepte sowie auch<br />
zur Krauterweihe am Fest Mariae Himmelfahrt<br />
und Palmenweihe vor Ostern seit<br />
alters her eine bedeutende Rolle gespielt<br />
haben.<br />
Alles in allem: ein heimatgeschichtlich<br />
wertvollesBuch, dasumfassende, tiefgreifende<br />
Forschungen und eine sorgfaltige<br />
Auswertung archivalischer Materialien,<br />
hohe Sachkunde und eine eingehende<br />
Hinwendung zu den behandelten Themen<br />
erkennen laEt. Heimatfreunde sowie<br />
uberhaupt eine geschichtlich interessierte<br />
Leserschaft werden das Buch als eine willkommene<br />
Bereicherung begruRen.<br />
Heinz Pardun<br />
Haral Polenz / Willfried Michel:<br />
Kloster Oelinghausen und die historischen Orgeln 1174 bis<br />
1804. Mit Fotografien von Uli Brockfeld.<br />
208Seiten, Efalin-EinbandmitSchutzumschlag, Fadenheftung.<br />
Iserlohn. Hans-Herbert Monnig Verlag. (1989) DM 42,-.<br />
Heimatkalender des<br />
Kreises Soest 1990<br />
Der diesjahrige Heimatkalender hat<br />
seinen Schwerpunkt in einem Wirtschaftszweig,<br />
von dem man nie gedacht<br />
hatte, daE er auch im Kreis Soest in<br />
Schwierigkeiten geraten konnte - der<br />
Landwirtschaft. Unter verschiedenen Gesichtspunkten<br />
werden Lage und Entwicklung<br />
von Land- und Forstwirtschaft aufgezeigt.<br />
Das Vergangene, das Bestehende,<br />
auch das sich Verandernde wird in zahlreichen<br />
Beitragen geschildert und erhellt.<br />
Das Kalendarium wird von Beschreibungen<br />
und Abbildungen von Bildstocken,<br />
Wegekreuzen und Heiligenhauschen<br />
im Kreis Soest begleitet. Auch einige<br />
Beitrage und weitere Fotos sind diesem<br />
Thema gewidmet. Welche Vielfalt! PI.<br />
...LIEBER<br />
„GANZ ALTER<br />
SCHNEIDER"<br />
H.&F.SCHNEIDER KORNBRENNEREI<br />
NUTTLAR-HOCHSAUERLAND<br />
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SAUERLAND<br />
750 Jahre Amsberg<br />
Der Arnsberger <strong>Heimatbund</strong> hat zum<br />
750jahrigen Stadtjubilaum Arnsbergs<br />
erne schwergewichtige, reprasentativ aufgemachte<br />
Stadtgeschichte vorgelegt. Sie<br />
umfaBt etwa 40 groBere Einzelbeitrage<br />
unterschiedlicher Qualitat, vom wissenschaftlich<br />
fundierten Aufsatz bis zur<br />
Sammlung Arnsberger Sagen und Donekes.<br />
Die erzahlende Geschichtsschreibung<br />
ist seit den achtziger Jahren stetig auf dem<br />
Vormarsch und hat in Oberblicksdarstellungen<br />
zur deutschen Geschichte groBe<br />
Publikumserfolge erzielt. Diese Tendenz<br />
(gute Lesbarkeit bei wissenschaftlicher<br />
Fundierung) muRte eigentlich bei den<br />
„modernen" heimatgeschichtlichen Darstellungen,<br />
die sich an ein nicht spezialisiertes<br />
breites Lesepublikum wenden, voll<br />
durchschlagen, indem die lokale Geschichte<br />
unter Einbeziehung neuer Forschungsergebnisse<br />
in den groEen politischen,<br />
wirtschaftlichen, soziaien und kulturellen<br />
Entwicklungsgang eingebettet<br />
wird. Eine Stadt wie Amsberg bote sich<br />
mit den mehrfachen Verwaltungsfunktionen,<br />
die sie seit Jahrhunderten ausijbt,<br />
und in ihrer soziaien und konfessionellen<br />
Vielschichtigkeit fiir eine solche Darstellungsweise<br />
geradezu an - besser als jede<br />
andere Stadt im Sauerland.<br />
An dem hier anzuzeigenden Band, der<br />
sich selbst als „Lesebuch" versteht, werden<br />
die Probleme traditioneller heimatgeschichtlicher<br />
Darstellung, wie sie sich<br />
auch fiir andere in Arbeit befindliche sauerlandische<br />
Stadtgeschichten stellen, so<br />
recht anschaulich (bezeichnenderweise ist<br />
das Paradebeispiel erzahlender Geschichtsschreibung,<br />
Thomas Nipperdeys<br />
Deutsche Geschichte 1800-1866<br />
[1983], in keiner Anmerkung erwahnt).<br />
Nur in wenigen Beitragen, beispielhaft in<br />
Harm Kluetings groEem Aufsatz uber<br />
Amsberg als Hauptstadt und Wechselresidenz<br />
in der Zeit der Kolner Kurfilrsten<br />
1371-1802, ist es gelungen, die<br />
Stadtgeschichte nicht isoliert, sondern im<br />
groEeren historischen Kontext, vor allem<br />
der westfalischen Landesgeschichte zu<br />
betrachten, Entwicklungslinien nachzuzeichnen<br />
und komplizierte Sachverhalte<br />
eher beilauf ig zu erlautern,. Manfred Schones<br />
Beitrag etwa uber Amsberg unter<br />
hessen-darmstadtischerHerrschafthatte<br />
die Reformpolitik in den Rheinbund-<br />
staaten, die zum bevorzugten Forschungsfeld<br />
der letzten fiinf zehn Jahre geworden<br />
ist und eine vollige Neubewertung erfahrenhat,<br />
starker akzentuieren konnen. Der<br />
wissenschaftliche Gehalt vieler Beitrage<br />
verliert sich, da Belege oder Literaturhinweise<br />
fehlen, wie in den bereits 1965 verfaRten<br />
Beitragen Fritz Schumachers uber<br />
Amsberg im Vormarz, in der Weimarer<br />
Republik und im „Dritten Reich"; sie hat-<br />
ten unter Berucksichtigung der neueren<br />
zeitgeschichtlichen Forschung uberhaupt<br />
neu geschrieben werden miissen. Die im<br />
Kulturkampf auf einanderstoRenden Interessen<br />
von Staat und Kirche batten gerade<br />
am Beispiel Arnsbergs mit seinem evangelischen<br />
Regierungsprasidenten bei<br />
uberwiegend katholischer Bevolkerung,<br />
aber evangelischem Bildungsburgertum,<br />
zu einer interessanten Fallstudie verdichtet<br />
werden konnen.<br />
Besonders gelungen ist Hermann Herbolds<br />
Beitrag Ciber Arnsbergs Burgerschaft<br />
im Wandel der Zeit, der die konservative<br />
Arnsberger „Beamtencolonie"<br />
als die lange Zeit tragende Schicht der<br />
BiJrgerschaft und damit Arnsbergs Sonderstellung<br />
unter den sauerlandischen<br />
Stadtenherausarbeitet. Diestandige Fluktuation<br />
in der (evangelischen) Beamtenschaft<br />
hat Amsberg vor der geistigen Erstarrung<br />
bewahrt, die in anderen Stadten<br />
des Sauerlandes nachwirkt. Der wohl<br />
wertvollste Beitrag ist der im Anhang abgedruckte<br />
Vortrag Wilhelm Kohls von<br />
1988 iiber Die mittelalterliche Stadt<br />
Amsberg unter besonderer Berucksichtigung<br />
ihrer GrOndungsgeschichte.<br />
Kohl unterzieht die angebliche Stadtrechtsurkunde<br />
von 1238 einer quellenkri-<br />
tischen Priifung und klassifiziert sie als<br />
sog. Erinnerungsurkunde, die ein mindestens<br />
drei Jahrzehnte hoheres Alter der<br />
Stadt nahclegt.<br />
Nach Karl Feaux de Lacroix' Gesch ichte<br />
Arnsbergs von 1895 bietet der Band<br />
ein wichtiges Zwischenergebnis der Forschungen<br />
zur Arnsberger Geschichte, zumal<br />
die Beitrage durch ein Register gut erschlossen<br />
sind. Der Band hatte noch an<br />
Wert gewonnen, wenn ihm eine Auswahlbibliographie<br />
beigegeben worden ware.<br />
Kolumnentitel wurden ihn leichter benutzbar<br />
machen. Der Wunsch, eine den neuesten<br />
Forschungsstand ref lektierende Geschichte<br />
Arnsbergs aus einem GuB zu besitzen,<br />
ist mit diesem Werk noch nicht erfullt.<br />
Dr. Matthias Pape<br />
750 Jahre Amsberg. Zur Geschichte der Stadt und ihrer Burger.<br />
Hg. V, Arnsberger <strong>Heimatbund</strong> e. V. (Redatition: M. Gosmann<br />
u.a.). Amsberg: Strobel 1989. (674 S.) ISBN 3-87793-025-5.<br />
78,- DM<br />
Suttroper Lesebuch<br />
Die Beschaftigung mit vergangener<br />
Wirklichkeit ist fiir alle Menschen interessant,<br />
fur viele fesselnd; manche suchen<br />
auch einen Gegenpol zu den heutigen, allzu<br />
oft als hektisch empfundenen Lebensumstanden.<br />
In jedem Fall ist der Umgang<br />
mit Gewesenem lohnenswert: Lassen sich<br />
doch nur so manche gegenwartigen Verhaltnisse<br />
erklaren, viele Fragen beantworten.<br />
Das „Suttroper Lesebuch", von den<br />
Lehrerinnen und Lehrern der Grundschule<br />
Suttrop (Stadt Warstein) herausgegeben,<br />
ist entstanden aus der Grundidee,<br />
Kindern heutige und friihere Suttroper<br />
Lebenswirklichkeit nahezubringen. Dabei<br />
sollten zwei Dinge erreicht werden: Erstens<br />
etwas uber Vergangenes zu lernen<br />
und zweitens, selbstandig zu forschen und<br />
die Ergebnisse in Wort und Bild festzuhalten.<br />
Dadurch entstanden eigene Sachhefte,<br />
die auch fur Erwachsene interessant<br />
waren und zur Weiterarbeit anregten. Im<br />
Laufe der Zeit wurde dann das gesammelte<br />
Material so umfangreich, daB mit anderen<br />
Texten zusammen ein iiber 300 Seiten<br />
umfassendes Buch herausgekommen<br />
ist.<br />
Das „Suttroper Lesebuch" will keine<br />
Heimatchronik sein; und man mochte sagen,<br />
gerade deswegen behalf es seinen<br />
Reiz, es ofters in die Hand zu nehmen und<br />
Bilder und Texte auf sich wirken zu lassen.<br />
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SAUERLAND<br />
31<br />
Und dieses ist sicher nicht nur fiir Suttroper<br />
von Interesse, weil man in manchem<br />
die Lebenswirklichkeit anderer Sauerlander<br />
Orte wiederfindet.<br />
Das Buch ist in vier groBe Teile eingeteilt:<br />
In einem erst en Teil bescinreibt es die<br />
bauerliche Welt, in einem zweiten die industrielle.<br />
Suttrop kann auf eine lange<br />
Tradition der Kohlerei, des Eisenhiittenwesens<br />
und des Kaiksteinabbaus zuruckblicken<br />
- aucin darin ist es manch anderen<br />
Saueriander Ortschaften ahnlich. Die<br />
Vieifaltigkeit regionaler Industriegeschichte<br />
wird anschaulich dargestellt, aus<br />
dem Allgemeinen wird das Spezielie fur<br />
dieses Dorf hergeleitet. Ein drittes Kapitel<br />
beschaftigt sich mit dem Krankenhaus fiir<br />
Psychiatrie, welcfies am Rande Suttrops<br />
liegt, und dessen Menschen standig in das<br />
Dorfleben eingescfilossen werden. JVIan<br />
spurt, wie ernst es flier Burgerinnen und<br />
Burger mit cfiristlicher Nacfistenliebe und<br />
aufgeschlossener Nachbarschaft nehmen,<br />
wie gewinnbringend fur weiteres Leben<br />
die selbstverstandlicfien Erfafirungen<br />
sind, die gerade Kinder mit den Krankenhausbewohnern<br />
machen konnen. Zu<br />
Recfit wird diesem Teil im Buch ein breiter<br />
Raum gelassen. Texte und Bilder anzuschauen<br />
lohnt sich besonders fiir Nicht-<br />
Suttroper.<br />
In einem vierten Abschnitt wird „ Leben<br />
in Suttrop" beschrieben, die Schule, das<br />
Kirchengeschehen und das Vereinsleben.<br />
Besonders interessant ist der Absatz iiber<br />
die Siedlung schlesischer Familien, die<br />
nach dem Krieg aus ihrer angestammten<br />
Heimat vertrieben wurden. Hier erfahrt<br />
man ein StiJck Weltgeschichte, deren Ereignisse<br />
auf Ortsgeschichte direkt ausstrahlen.<br />
Textquellen und Literatur sowie ein<br />
Dank an die Forderer, ohne die das Buch<br />
so nicht moglich gewesen ware, schlieBen<br />
das Buch ab. Neben den durchweg interessanten<br />
Texten - Erklarungen, zum<br />
Nachdenken anregende Geschichten sowie<br />
Anekdotisches - bietet es viele anschauenswerte<br />
Bilder und Fotos; sie vermitteln<br />
so manches und liefern einen besonderenReiz:<br />
Das „SuttroperLesebuch"<br />
entpuppt sich nicht nur als ein Lese-Buch,<br />
sondern auch als Bilder-Buch, fur Kinder<br />
und Erwachsene. Elmar Sulk<br />
Suttroper Lesebuch, fiir Kinder und Erwachsene. Suttrop und<br />
die Westfalisctien Kliniken. Hrsg.: Lehrerinnen und Letirer der<br />
Grundschule Suttrop. Redaktion: Berntiard Mues. 1989. 342 S.<br />
24-DM.<br />
Geseke -<br />
eine Stadt wird vorgestellt<br />
Erstmalig hat die Stadt Geseke zusammen<br />
mit dem Verein fur Heimatkunde Geseke<br />
e.V. einen Stadtfuhrer herausgebracht,<br />
der die historischen Sehenswurdigkeiten<br />
und die Stadtgeschichte vorstellt.<br />
Stadtarchivarin Monika Ortmanns<br />
zeichnete die Chronik der Stadt Geseke,<br />
die viele Jahrhunderte zum kolnischen<br />
Kirchenstaat gehorte, auf; Dr. Hermann<br />
Hinteler berichtet iiber die Kirchen, KIoster<br />
und Kapellen, Steinwerke und Fachwerkhauser,<br />
Adelssitze und Burgen, uralte<br />
Linden, Heiligenhauschen und Schnadsteine.<br />
Die mit schwarz-weiBen und farbigen<br />
Fotos versehene Schrift enthalt am<br />
Ende einen Stadtplan. Insgesamt liegt<br />
eine Broschure vor, die dem Interessierten<br />
ein guter Begleiter durch die Ge-<br />
schichte der Stadt und zu ihren Sehenswurdigkeiten<br />
ist. (1987. 42 S.) Red.<br />
Ecclesia Warsteinensis<br />
750 Jahre Kirche in Warstein<br />
12 3 7 wird erstmals eine Kirche zu Warstein<br />
erwahnt, Grund genug, das 750jahrige<br />
Jubilaum auch mit einer Schrift zu<br />
feiern.<br />
Das vorliegende Werk fuEt auf einer<br />
Staatsarbeit fur das hohere Lehramt an<br />
Schulen im Fachbereich Katholische<br />
Theologie, die der Schriftleiter Dietmar<br />
Lange erstellte. Um den ortlich bezogenen<br />
Rahmen des Baches weiterzustecken,<br />
wurden verschiedene Beitrage anderer<br />
Autoren hinzugezogen. Dazu gehoren<br />
u. a. Drobner: Pankratius-Leben, Legende,<br />
Verehrung; Gelhard: St. Petrus-Werden<br />
und Wachsen einer jungen Gemeinde;<br />
Fricke: Die evangelische Gemeinde in<br />
Warstein - ein Blick in die Geschichte;<br />
Troster: Die Warsteiner Hospitalbruderschaft<br />
und ihr Krankenhaus „Maria-Hilf".<br />
Ein eigenes Kapitel widmet Lange der Geschichte<br />
der Juden in Warstein. Hier<br />
schlieBt er eine Lucke, die langst hatte<br />
„bearbeitet" werden mussen.<br />
Bei der Darstellung der Geschichte der<br />
Pfarrei St. Pankratius (vor allem fur die<br />
Zeit von 600 bis 1300) versucht Lange,<br />
die sich aus der unzureichenden Quellenlage<br />
ergebenden Probleme durch einen<br />
strukturgeschichtlichen Ansatz zu losen.<br />
Das heiEt, er versucht die Entstehungsgeschichte<br />
der Pfarrei Warstein durch Analogiesetzung<br />
mit bekannten Entwicklungen<br />
groBerer politischer und kirchlicher<br />
Institutionen zu rekonstruieren. Das setzt<br />
beim Leser „Anteilnahme" voraus. Bei<br />
der professionellen Art des Herangehens<br />
an den „Stoff" weiB der Autor um die Erleichterung<br />
des Verstandnisses durch Bilder<br />
und Dokumente. Der Charakter eines<br />
„Nachschlagewerkes" wird von Anfang<br />
bis zum Ende durchgehalten. Das geschieht<br />
nicht zuletzt durch Stichworte am<br />
Seitenrand. Das AuBere des Baches ist ansprechend.<br />
Der Leser muB nicht unbedingt<br />
kapitelweise nacheinander lesen, er<br />
kann auch mal darin nur schmokern.<br />
Fritz Bamberg<br />
Ecclesia Warsteinensis. 750 Jatire Kirctie in Warstein. Im Auftrag<br />
der Pfarrei St. Pankratius hrsg. von Dietmar Lange. Warstein<br />
1987. 212 S., 28,50,- DIVI.<br />
Herzhafter Grufi aus<br />
dem Hochsauerland<br />
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32<br />
SAUERLAND<br />
PERSONALIEN<br />
Der Vorsitzende des Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>es,<br />
Oberkreisdirektor a. D. Dr.<br />
Adalbert Miillmann, erhielt von Papst<br />
Johannes Paul II. den Silvesterorden verliehen.<br />
Erzbischof Dr. Johannes Joachim<br />
Degenhardt uberreichte die Urkunde<br />
und die Insignie des papstlichen Ordens<br />
bei der letzten Sitzung des Kirchensteuerrates<br />
im Erzbistum Paderbom, dem<br />
Dr. Mullmann seit 1970 angehort.<br />
*<br />
Regierungsprasident Richard Griinschlager,<br />
der noch vor kurzem seinen<br />
60. Geburtstag feiern konnte, trat, wie es<br />
allgemein hieE, aus gesundheitlichen<br />
Grunden vorzeitig in den Ruhestand. Die<br />
Landesregierung ernannte Frau Dr. Raghilt<br />
Berve zu seiner Nachfolgerin. Sie<br />
trat am 19. Februar ihr Amt an. Sie ist die<br />
erste Regierungsprasidentin in Nordrhein-Westfalen.<br />
Oberkreisdirektor Rolf<br />
Marling, Soest, sagte als dienstaltester<br />
Oberkreisdirektor des Regierungsbezirks<br />
dazu: „Die Sonne geht unter - wenden wir<br />
uns der Morgenrote zu!"<br />
*<br />
70 Jahre alt wurde am 12. Januar<br />
Oberschulrat a.D. Franz Clemens<br />
Feldmann aus Neheim. Obwohl er erst<br />
vor wenigen Jahren in seine Heimatstadt<br />
zuriickkehrte, hatersichvielerlei Verdienste<br />
erworben. Als Vorsitzender des <strong>Heimatbund</strong>es<br />
Neheim-Hiisten hat er den<br />
Heimatgedanken neu belebt und bedeutende<br />
Akzente gesetzt.<br />
Zahlreiche Ausstellungen und Schriften,<br />
z.B. ,,625 Jahre Neheim und Hilsten",<br />
beiegen den Einsatz des Jubilars fur<br />
die gute Sache. In seiner Funktion als<br />
Ortsheimatpfleger gab Feldmann vielfaltige<br />
Anregungen zur Neugestaltung der<br />
Stadt. Der Erhalt wichtiger Kulturguter<br />
und historischer Bauten lag ihm am Herzen.<br />
Der <strong>Heimatbund</strong> ernannte ihn zum<br />
Ehrenvorsitzenden, und die Stadt Arnsberg<br />
verlieh ihm den Ehrenring.<br />
*<br />
Sparkassendirektor Herbert Kleinsorge,<br />
Finnentrop, feierteam 16. Januar<br />
die Vollendung seines 60. Lebensjahres.<br />
Seit 26 Jahren Vorstand der Sparkasse<br />
Finnentrop, sitzt Herbert Kleinsorge seit<br />
1975 auch im Olper Kreistag. Ihm ist es zu<br />
verdanken, daB sich die Sparkassen-<br />
Zweigstellen in der Gemeinde Finnentrop<br />
bewu/^t dem Baustil der Sauerlander Dorfer<br />
anpassen; wie Gemeindedirektor HeE<br />
formulierte: „Ein Beitrag zur Dorferneue-<br />
rung". Viele andere Aktivitaten (und Finanzierungen)<br />
im Kindergartenbereich,<br />
in der Kulturpflege und der ortlichen<br />
Heimarbeit gehen auf Herbert Kleinsorge<br />
zuruck. Zum Geburtstag erbat er sich statt<br />
personlicher Geschenke eine Spende fur<br />
die Renovierung der Kapellenfenster in<br />
Weringhausen.<br />
*<br />
Ein „Freund der Heimat" (Westfalenpost),<br />
Abteiiungsdirektor a.D. Heinz<br />
Pardun, wurde am 17. Februar 70 Jahre<br />
alt. Erster Vorsitzender Dr. Adalbert Mullmann<br />
gratulierte ihm mit vieien ehemaligen<br />
Kollegen und zahlreichen Heimatfreunden<br />
personlich.<br />
Der Arnsberger Heinz Pardun machte<br />
Abitur am Gymnasium Laurentianum,<br />
studierte Jura und wandte sich der Staatsverwaltung<br />
zu. Er tat Dienst bei den Regierungsprasidenten<br />
Dusseldorf und Aachen<br />
und kehrte dann nach Arnsberg zuruck.<br />
Als Mitglied des Arnsberger <strong>Heimatbund</strong>es<br />
und des Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>es<br />
wandte er sich insbesondere nach seiner<br />
Pensionierung als Abteiiungsdirektor der<br />
Regionalgeschichte zu. Er schrieb in der<br />
Stadtekundlichen Schriftenreihe der<br />
Stadt Arnsberg den Band „ Die Herren von<br />
Rudenberg". Vor rund fiinf Jahren ubernahm<br />
er von Karl-Heinz Strothmann das<br />
Amt des Kreisheimatpflegers des Hochsauerlandkreises.<br />
Mit uniibertroffener<br />
Sachkunde koordiniert er die Arbeit der<br />
Heimatpf leger der Stadte und Gemeinden<br />
im Kreis und wirkt in den Vorstanden des<br />
Arnsberger und des Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>es.<br />
*<br />
Der Bundestagsabgeordnete Franz<br />
Miintefering aus Sundern feierte am<br />
16. Januar 1990 die Vollendung seines<br />
50. Lebensjahres. Mitglied des Bundestages<br />
ist er seit dem 10. Juni 1975. Von<br />
1969 bis 1979 sal? er fur seine Partei, die<br />
SPD, im Gemeinde- und spateren Stadtrat<br />
von Sundern.<br />
*<br />
Gemeindedirektor a. D. Ernst VoUmer,<br />
seit der letzten Kommunalwahl Mitglied<br />
des Rates seiner Gemeinde Finnentrop,<br />
erhielt fur seine langjahrige Tatigkeit<br />
im Aufsichtsrat der Siedlungs- und Baugenossenschaft<br />
Meschede die Ehrenmedaille<br />
des Gesamtverbandes der Gemeinniitzigen<br />
Wohnungswirtschaft in Silber. Seit<br />
dem 1. November 1989 gehort Ernst Vollmer<br />
dem Vorstand der Siedlungs- und<br />
Baugenossenschaft Meschede an.<br />
^ranffurter^llgemeine<br />
ZeiTUNO POR DEUTSCHLAND<br />
Personalien<br />
Dieter-Julius Cronenberg 60<br />
Dieter-Julius Cronenberg ist ein charakteristischer<br />
und untypischer Liberaler zugleich.<br />
Charakteristisch, weil er ein selbstandiger<br />
Unternehmer ist, individualistisch,<br />
lebensklug und weltzugewandt.<br />
Untypisch ist er, weil er zugleich katholisch<br />
und sozialpolitisch tatig ist. Bundesr<br />
tagsvizeprasident Cronenberg laBt sich die<br />
freie und kampferische parlamentarische<br />
Rede nicht nehmen. Nach Studien in<br />
Lausanne, Siidfrankreich und in Munster,<br />
nach studentenpoUtischer Aktivitat, fiihrt<br />
er seit 1960 seinen Familienbetrieb. Der<br />
Verkauf einer einzelhen SeriSe ist ihm<br />
genauso wichtig wie ein groBer Auftrag.<br />
Nach dem Eintritt in die FDP 1961 und<br />
dem Beginn in der Kommunalpolitik im<br />
heimischen Arnsberg wurde er 1976 in den<br />
Bundestag gewahlt. Seit dem 14. Dezember<br />
1984 ist er einer der vier Vizeprasidenten.<br />
Am Donnerstag ist er 60 Jahre alt<br />
geworden, nicht nur des Protokolls wegen<br />
mit Gluckwunschen von „ganz Bonn" und<br />
aus seiner Heimat bedacht. (his.)<br />
Anmerkung der Rcdaktion: Mit dem Donnerstag ist der 8. Februar<br />
dieses Jahres gemeint.<br />
AmSonntag, 7. Januar, feierte Geistlicher<br />
Rat und Pastor i. R. Bemhard Starke<br />
in Bracht mit vieien Mitbrudern und<br />
Glaubigen sein 50jahriges Priesterjubilaum.<br />
Biirgermeister Rotger Belke-<br />
Grobe, Schmallenberg, dankte vor etwa<br />
450 Gasten fiir den Dienst am Mitmenschen,<br />
nicht zuletzt auch als Ortsheimatpfleger.<br />
Dechant Heinz Reperich erinnerte<br />
an die groRen Siegerlander Katholikentage,<br />
die sein Vorganger inszeniert<br />
hatte, und an die Walburga-Woche in<br />
Wormbach, die auf den Jubilar zuruckgeht.<br />
Er meinte, daB ein Pastor Starke in<br />
Ruhe nicht vorstellbar sei, und „der Starke<br />
ist am machtigsten allein".<br />
*<br />
Bundesprasident Dr. Richard von<br />
Weizsacker verlieh dem Burgermeister<br />
der Stadt Attendorn, Josef Riienauver,<br />
fur seine jahrzehntelange kommunalpolitische<br />
Tatigkeit das Verdienstkreuz am<br />
Bande des Verdienstordens. Der jetzt im<br />
Ruhestand lebende Studiendirektor gehorte<br />
von 1964 bis 1969 dem damaligen<br />
Gemeinderat Helden, der damaligen<br />
Amtsvertretung Attendorn und danach<br />
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SAUERLAND<br />
33<br />
der Stadtverordnetenversammlung Attendorn<br />
an. 1975 wurde er stellvertretender<br />
Burgermeister; 1978 trat er an die<br />
Spitze des Rates. Schon seit 1969 ist Josef<br />
Ruenauver Vorsitzender des CDU-<br />
Stadtverbandes Attendorn.<br />
*<br />
Der aus Heggen stammende, dort am<br />
13. Mai 1910 geborene Komponist Hans<br />
Stcmberg, der seit Jahren in Coburg<br />
lebt, steht im Mittelpunkt einer Veranstaltung<br />
seiner Heimatgemeinde Finnentrop<br />
am 10. Juni dieses Jahres. Aus AnlaB des<br />
80. Geburtstages des vor allem in Bayern<br />
bekannten Musikers und Komponisten,<br />
dem vor kurzem ein Buch gewidmet wurde<br />
(SAUERLAND Nr. 1/89), wird ein<br />
Festakt veranstaltet werden, bei dem<br />
mehrere Kompositionen des Jubilars zu<br />
Gehor gebracht werden. Voraussichtlich<br />
werden mitwirken Musiker der Sudwestf<br />
alischen Philharmonie sowie Schiiier und<br />
Lehrer der Musikschule Attendorn/Finnentrop;<br />
die Laudatio wird voraussichtlich<br />
der Vorsitzende des Bayerischen Musikrates,<br />
Professor Dr. Suder, halten.<br />
*<br />
Der langjahrige stellvertretende Landrat<br />
des Hochsauerlandkreises bis zu den<br />
Kommunalwahlen des letzten Jahres, Rudolf<br />
Kraft aus Scharfenberg, erhielt das<br />
Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Rudolf<br />
Kraft war 33 Jahre lang ununterbrochen<br />
in der Kommunalpolitik tatig, namlich in<br />
Scharfenberg, im Briloner Kreistag, im<br />
Briloner Stadtrat und bis zum 1. Oktober<br />
1989 im Kreistag des Hochsauerlandkreises.<br />
Nach der Auszeichnung dankte der Geehrte<br />
dafur, daB er in der Gemeinschaft<br />
habe leben und auch fiir sie Verantwortung<br />
habe ubernehmen konnen. Er appellierte<br />
an die Kommunalpolitiker, keine<br />
personlichen Angriffe anstelle sachlicher<br />
Auseinandersetzungen zu fuhren.<br />
Im Alter von 61 Jahren starb am 25. Januar<br />
der Vorsitzende und Geschaf tsf iihrer<br />
des Grafschafter Verkehrsvereins Herbert<br />
Beste. Er war seit 1975 als engagierter<br />
Ortsheimatpfleger tatig. Als Mitglied<br />
des Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>es wuRte<br />
er viele Anregungen fur die Forderung<br />
der Heimatarbeit zu geben. Der Trager<br />
des Bundesverdienstkreuzes gehorte zudem<br />
seit 1945 dem Sauerlandischen Gebirgsverein<br />
an und bekleidete hier fiihrende<br />
Funktionen.<br />
In der Reihe der Stadtischen KammerkonzerteOlpe<br />
1989/90, die sich diesmal<br />
insbesondere der zeitgenossischen Musik<br />
zuwendet, werden am 3. Mai auch Kompositionen<br />
des 1955 in Ahaus geborenen,<br />
in Bonn lebenden Komponisten Michael<br />
Denhoff zu horen sein; es spielt das<br />
Auryn Quartett. Michael Denhoff verfaBte<br />
bisher mehr als siebzig Kompositionen.<br />
Auf dem letzten Westfalentag am 3. September<br />
erhielt er den mit 10 000 DM dotierten<br />
Annette von Droste-Hulshoff-<br />
Preis des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe.<br />
Bei dem Konzert in Olpe wird<br />
der Komponist eine Einfiihrung in sein<br />
Schaffen geben.<br />
*<br />
Nach schwerer Krankheit verstarb am<br />
20. Februar Stadtdirektor a.D. Envin<br />
Krollmann kurz vor Vollendung seines<br />
60. Lebensjahres. Er war, 20 Jahre lang,<br />
der erste Stadtdirektor der 1969 gegriindeten<br />
Stadt. Er war der eigentliche Motor<br />
der Stadtwerdung und wurde nicht zuletzt<br />
deshalb „Vater der Stadt Lennestadt" genannt.<br />
Neben seiner unermudlichen Arbeit<br />
als Stadtdirektor hatte er (wie er wohl<br />
zu Recht meinte, zuwenig) Zeit, uber philosophische,<br />
literarische und religiose<br />
Fragen nachzudenken.<br />
*<br />
Kurz nach Vollendung seines 70. Lebensjahres,<br />
die er am Dreikonigstag 1990<br />
feiern konnte, starb am 3. Februar Paul<br />
Falke, Trager des GroEen Bundesverdienstkreuzes,<br />
Ehrenburger und Altbiirgermeister<br />
der Stadt Schmallenberg und<br />
Ehrenprasident des Gesamtverbandes der<br />
Deutschen Maschen-Industrie. Der geschaftsfuhrende<br />
Gesellschafter der Falke-<br />
Gruppe, die ihm wesentlich Wachstum<br />
und heutige Bedeutung des Unternehmens<br />
verdankt, diente seiner Heimatstadt<br />
Schmallenberg 32 Jahre lang als Biirgermeister,<br />
namlich von 1952 an, als er erstmals<br />
zum Stadtvertreter gewahlt wurde,<br />
bis 1984. Er blieb bis zum Oktober 1989<br />
im Stadtrat.<br />
„Hohes VerantwortungsbewuBtsein,<br />
Entscheidungsfreude, Liebe zu seiner sauerlandischen<br />
Heimat, dazu Sparsamkeit<br />
und eine auBerordentlich solide Amtsfuhrung<br />
waren Grundsatze seiner Arbeit. Als<br />
Anwalt aller Burger hatte Paul Falke fiir<br />
deren Anliegen stets Verstandnis und<br />
sorgte sich personlich um Erledigung. Die<br />
Stadt Schmallenberg hat mit dem Tode<br />
von Paul Falke einen vorbildlichen Mitburger<br />
und herausragenden Kommunalpolitiker<br />
verloren, dessen Wirken uns Verpflichtung<br />
ist", schlieBt der Nachruf der<br />
Stadt Schmallenberg.<br />
*<br />
Im Alter von 84 Jahren starb in Hagen<br />
am 19. Januar Theo Ewers, friiherer<br />
Herbergsvater und Geschaftsfuhrer des<br />
Jugendherbergswerks Westfalen-Lippe.<br />
Theo Ewers war der erste Herbergsvater<br />
auf Burg Bilstein, von 1947 bis 1960. Mit<br />
ihm ist das Wiederentstehen demokratischer<br />
Jugendarbeit nach dem Kriege in<br />
Westfalen, verbunden mit lebhafter kultureller<br />
Betatigung (Singen, Spiel und<br />
Tanz), aufs engste verbunden.<br />
Wat de Schwuatdrossel singet.<br />
Froijohr - Froijohr - Froijohr! Fuin - fuin - wat fuin!<br />
Bo mag niu wual - giwitt, witt, witt - mein Graitken suin?<br />
Hi, jia-hi-jia-me suiht et nit.<br />
Wuit wuit - wuit kann't nit suin.<br />
Graite, Graite, Graitken! Bo biste, bo bliste?<br />
Kumm, kumm, kumm, kumm goh met, goh met.<br />
(Graitken latt sik flataiern)<br />
Graite, Graite, wann ik flaite, kummeste nit, kiimmeste nit.<br />
Fitt fitt! (niu froget Graitken wat et soil:)<br />
Froijohr - Froijohr - Froijohr! Winter trock, Winter trock.<br />
Kumm, kumm, kumm got met. Wat dan-n-n? frog doch nit!<br />
Alle Sock, alle Sock: Nestken buggen - Hochtuit maken,<br />
Jia gewiR! Wat dann suR, wat dann suB? Suih, suih. SuiBte wual!<br />
(Graitken kiimmet).<br />
Johann Schulte<br />
(Meschede, 1864-1944)<br />
Graitken = Gretchcn<br />
flat5i«rn = jymand wiederholt bitten<br />
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Sauerländer 34 <strong>Heimatbund</strong><br />
SAUERLAND<br />
LESERBRIEFE<br />
Aisk<br />
Sao liawet se<br />
in Sius un Brius drop loK<br />
un se verplampert, bat<br />
de Eere ues te baien hiat.<br />
Es is, arr' wenn se alle Dage<br />
en Fest te feyern barren.<br />
En Fest matt sieker aok mol seyn;<br />
un wenn et dann is wiasen,<br />
dann matt de LeBte imme Hius<br />
de Lechter losken.<br />
Noa uesem graoten Fest,<br />
bat alle Dage feyert weerd,<br />
do gaihert Lecht<br />
van seiwer iut. Norbert Voss<br />
In eigener Sache<br />
Druck und Vertrieb einer Zeitschrift kosten Geld,<br />
auch wenn alle ubrige Arbeit - Schreiben, Fotografieren,<br />
Redaktion einschlieRlich Layout - ehrenamtlich,<br />
das hei(5t kostenlos, freiwillig und<br />
gern getan wird. Die gestiegenen Druck- und<br />
Portokosten der letzten Jahre zwangen den Vorstand,<br />
der Mitgliederversammlung am 30. September<br />
1989 eine Preiserhohung vorzuschlagen.<br />
Die Mitgliederversammlung hat daraufhin<br />
einstimmig (!) beschlossen, den Jahresbezugspreis<br />
von 9,00 auf 12,00 DM anzuheben. Mehrere<br />
Mitglieder brachten dabei zum Ausdruck,<br />
daR dieser Preis fur die vier <strong>Heft</strong>e des Jahres -<br />
wenn sie so gut blieben wie bisher - nicht zuviel<br />
seien.<br />
Vorstand und Redaktionsstab danken fur diesen<br />
Zuspruch und hoffen, daR wegen der notwendig<br />
gewordenen Preiserhohung kein Bezieher von<br />
SAUERLAND verlorengeht. PI.<br />
SAUERLAND. Zeitschrift des Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>es<br />
(friitier Trutznachtigaii, Heimwactit und Sauerlandruf)<br />
23. Jatlrgang • <strong>Heft</strong> 1 • Marz 1990<br />
ISSN 0177-8110<br />
Herausgeber und Vcrlag; Sauerlander <strong>Heimatbund</strong> c.V.,<br />
Postfacfi 1140, 5948 Schmalienberg<br />
Vorsitzcndcr: Dr. Adalbert MuUmann, Jupiterweg 7, 5790<br />
Brilon, Tel. (02961) 1340. Stellv. Vorsitzender: Karl-Josef<br />
Luster-Haggeney, Sctiwartmecke, 5942 Kirchhundem 3, Tel.<br />
(02723)72538.<br />
Geschaftsstelle: Geschaftsfuhrerin Hiltraut Schiittler, Postfach<br />
1140, 5948 Scfimallenberg, Tel. (02972) 30062. Konten:<br />
Stadtsparkasse Schmalienberg (BL2 46052855)<br />
40 011116. Postschcckamt Dortmund (BLZ 440100 46) 48 76 -<br />
461.<br />
Jahrcsbeitrag zum Sauerlander <strong>Heimatbund</strong> einschlielSlich des<br />
Bezuges dieser Zeitschrift 12,- DM. Einzelpreis 4,- DM.<br />
Erscheinungsweise vierteljahrlich.<br />
Redaktionsstab: Knut Friedrich Platz (Vors.), Sebastiansweg<br />
10, 5960 OIpe, Tel. (0 27 61) 812 58 (d), 6 33 01 (p). Hans Wcvering<br />
(techn. Redaktion, SchloRstrafJe 54, 5760 Arnsberg 2,<br />
Tel. (02931) 890071(d), 3262 (p).<br />
FriedhelmAckermann, Arnsberg. GiintherBecker, Lennestadt.<br />
Fritz Droste, Elpe. Theo Hundt, Olpe. Heinz Lettermann, Olsberg.<br />
Heinz-JosefPadberg, Meschede. KiemensPropper, Arnsberg.<br />
Werner Riemer, Arnsberg. Dietmar Host, Sundern. Josef<br />
Wiegel, Schmalienberg.<br />
Anzeigenverwaltung: Strobel-Verlag A. Strobe! KG, Zur<br />
Feldmiihle 9, 5760 Arnsberg 2, Tel. (02931) 890021, Telex<br />
17293136, Fax; 02931-890038.<br />
Layout: Werner Ahrens, Grafik-Designer grad. BOG, Balve.<br />
Gesamtherstellung: Strobel-Druck, Zur Feldmuhle 11,<br />
5760 Arnsberg 2, Tel. (02931) 890071.<br />
Josef a Berens-Totenohl<br />
Im Aufsatz „Westfalische Kulturpolitik<br />
auf dem Priifstand" in Nr. 3, September<br />
1989 wird kritisch auf Josefa Berens-Totenohl<br />
abgehoben.<br />
Ich bin unsicher, ob diese Einordnung<br />
der sauerlandischen Schriftstellerin in die<br />
„Blut- und Boden-ldeologie" objektiv ist.<br />
Josefa Berens-Totenohl war jahrzehntelang<br />
mit Christine Koch befreundet. Nach<br />
ihrem festen Heimisch-Werden in Gleierbruck<br />
hatte sie standigen Kontakt mit der<br />
nur wenige Kilometer entfernt wohnenden<br />
Christine Koch. Unzahlige Male<br />
nahm die ehemalige Lehrerin und Malerin<br />
den Weg durchs Gleiertal nach der in<br />
Bracht residierenden Lyrikerin und Gastwirtsfrau<br />
Christine Koch. Die eine war die<br />
suchende Griiblerin, die andere die glaubig-feste<br />
Bekennerin.<br />
Meiner Meinung nach ist die Autorin<br />
von „Der Femhof" und „Frau Magdlene"<br />
in das Denkfeld von Martin Heidegger geraten,<br />
dessen 100. Geburtstag vor wenigen<br />
Monaten begangen wurde. Heidegger<br />
suchte seit 1920 als beredter Philosoph<br />
(„der gottlose Theologe") die Antwort<br />
auf die Heimatlosigkeit und Existenzleere<br />
der entwurzelten GroBstadtmassen.<br />
Vielleicht ist Josefa Berens-Totenohl dieser<br />
Heideggerschen epochemachenden<br />
Orientierung anzugliedern. Jedenfalls erscheint<br />
mir eine faire und sachkundige Beschaftigung<br />
mit der Dichterin vonnoten.<br />
Robert Schmelzer, Kirchhundem<br />
Anmerkung der Redaktion:<br />
In ihrem Aufsatz hat Frau Dr. Erika Richter das<br />
Buch von Karl Ditt, RaumundVolkstum, besprochen<br />
und daraus auch zu Josefa Berens-Totenohl<br />
referiert. Ditt stutzt sich hierbei auf das ausfuhrliche<br />
und kritische Werk von Renate von Heydebrand<br />
„Literatur in der Provinz Westfalen 1815<br />
bis 1945. Ein literarhistorischer Modeil-Entwurf.<br />
Munster 1983".<br />
Sicher ware es fair, wenn einmal untersucht wurde,<br />
inwiefern Josefa Berens-Totenohl dem Sauerland<br />
zu literarischem Prof il verholfen und seine<br />
Natur dichterisch gestaltet hat. Ihre stilistische<br />
Kraft ist sicher unbestreitbar. Aber fiir eine solche<br />
rein literarisch/lokal orientierte Untersuchung<br />
ist es vielleicht zu friih (?), denn ihr steht<br />
die ideologische Haltung der Schriftstellerin<br />
noch im Wege.<br />
Diese Zeitschrift wird zu diesem Thema auf die<br />
ersten Ruschhaus-Tage der westf alischen Literatur<br />
zuruckkommen, die vom 10. bis 12. Marz<br />
1989 stattfanden, insbesondere zu dem dort behandelten<br />
Thema „ Westf alische Schriftstellerinnen<br />
im Dritten Reich und ihre kulturpolitische<br />
Forderung". Red.<br />
Zum Titelbild<br />
des letzten <strong>Heft</strong>es<br />
Zum Titelbild der Nr.4/1989 der Zeitschrift<br />
SAUERLAND mochte ich dem Fotografen<br />
Friedhelm Ackermann und der<br />
Redaktion meine Anerkennung aussprechen.<br />
Ober die gelungene Aufnahme und<br />
die Veroffentlichung zur Weihnachtszeit<br />
haben sich mit mir etliche Bewohner der<br />
Homert, also der unmittelbaren Nachbarschaft<br />
der alten Klosterkirche, gefreut.<br />
Kloster Brunnen ist fiir viele nicht einfach<br />
nur der Ort der heimatlichen Idylle, sondern<br />
daruber hinaus Statte der Begegnung<br />
mit Geschichte und Kultur, vor allem<br />
aber mogliche Wirklichkeit der Glaubenserfahrung<br />
und Gottesbegegnung. Deshalb<br />
sollten wir auch nicht von der „ehemaligen<br />
Kath. Wallfahrtskirche" sprechen.<br />
Die Kirche des Klosters Brunnen<br />
hat ihre Anziehungskraft, die durch das<br />
fruhere Kloster und durch die Verehrung<br />
des heiligen Antonius von Padua begrundet<br />
ist, bis heute nicht verloren. Kloster<br />
Brunnen ist immer noch Wallfahrtskirche!<br />
Georg Jurgens, Sundem-Endorf<br />
Neue Mitglieder<br />
bzw. Abonnenten<br />
Hermann Wessel, Brilon<br />
Karlheinz Kesting, Bergisch-Gladbach<br />
Franz Hegener, Medebach<br />
Dr. Walter Hostert, Ludenscheid<br />
D. Frhr. von Fiirstenberg, Ruthen-Kortlinghausen<br />
Josef Voss, Schmalienberg<br />
Karl Drees, Mohnesee-Korbecke<br />
Johannes Behme-Kempe, Dusseldorf<br />
Klaus Bongards, Erkrath<br />
Hedwig Habitzki, Meschede<br />
Hans-Rainer Becker, Brilon-Madfeld<br />
Barbel Michels, Schmalienberg<br />
K. Padberg Evenboer, Ermelo<br />
Hubert u. Hedwig Steinrucken,<br />
Olsberg-Gevelinghausen<br />
Friedhelm Appelhans, Salzkotten-Verne<br />
Reinhard Loos, Brilon<br />
Michael Vogel, Balve<br />
Kurverwaltung Winterberg<br />
Carl Ottersbach, St. Augustin<br />
Winfried Kock, Menden<br />
Josef Koster, Balve-Mellen<br />
Dr. Karl-Heinz Heiner, Balve-Mellen<br />
Gisela van der Grinten, Balve-Sanssouci<br />
Karl Heinz Kilimann, Arnsberg 1<br />
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SAUERLAND<br />
OhneSaat<br />
gibfs keine<br />
Ernte<br />
Wer ernten will, muB zur<br />
rechten Zeit aussaen. Und was<br />
dann heranwachst, will gut<br />
gehegt sein. Nicht anders ist<br />
es beim Geld. Auch hier helBt<br />
es rechtzeitig aussaen, also<br />
zu sparer).<br />
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Wachstum und reicher Ernte<br />
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Marsberg • Sparkasse Olpe-Drolshagen-Wenden • Stadtsparkasse Schmallenberg.<br />
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SAUERLAND<br />
JMt herzhaften<br />
Grnfien aus dem<br />
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C. & A. Veltins Brauerei, 5778 Meschede-Grevenstein/Hochsauerland, Telefon 02934/710<br />
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