23.06.2014 Aufrufe

Text - Sauerländer Heimatbund e.V.

Text - Sauerländer Heimatbund e.V.

Text - Sauerländer Heimatbund e.V.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Mundarten im Sauerland<br />

Op Platt<br />

<strong>Text</strong>e aus den Kreisen<br />

Hochsauerland und Olpe<br />

zum Lesen und zum Hören<br />

Heft 2 mit CD<br />

Vortragsabend 19. März 2001<br />

Lennestadt-Langenei<br />

Herausgegeben vom<br />

MUNDARTARCHIV SAUERLAND (COBBENRODE)<br />

Meschede und Olpe 2004


DANKSAGUNG<br />

Der Trägerverein MUNDARTARCHIV SAUERLAND e.V. dankt allen<br />

öffentlichen und privaten Einrichtungen und Unternehmen für die großartige<br />

Unterstützung mit Rat und Tat und für die Gewährung von finanziellen<br />

Mitteln, die das Projekt „Mundarten im Sauerland“ von 1998 bis 2001 und<br />

seither die Arbeit des Mundartarchivs Sauerland ermöglicht haben.<br />

Gefördert vom Ministerium für<br />

Städtebau und Wohnen,<br />

Kultur und Sport<br />

des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Landschaftsverband<br />

Westfalen-Lippe<br />

Kulturstiftung der<br />

Westfälischen<br />

Provinzial-Versicherungen<br />

Sparkassen im<br />

Kreis Olpe und im<br />

Hochsauerlandkreis<br />

Gemeinde Eslohe<br />

Hochsauerlandkreis<br />

Kreis Olpe<br />

Impressum<br />

Herausgeber und Copyright ©: Trägerverein Mundartarchiv Sauerland e.V.<br />

Nachdruck, fotomechanische, elektronische und tontechnische Wiedergabe von <strong>Text</strong> & Ton<br />

sind urheberrechtlich geschützt und ohne Einzelgenehmigung des Herausgebers nicht<br />

gestattet. Herausgeber und Autoren gestatten den Nachdruck der <strong>Text</strong>e und CDs für<br />

Unterrichtszwecke in Schulen und Einrichtungen der Weiterbildung.<br />

Tonaufnahmen und <strong>Text</strong>übertragungen: Dr. Werner Beckmann<br />

c/o Mundartarchiv Sauerland im Stertschultenhof in Cobbenrode<br />

Olper Str. 3, 59889 Eslohe, Telefon 02973-818554<br />

Satz und Layout: Thomas Feldmann / Beate Scholemann<br />

Redaktion: Klaus Droste<br />

ISSN 1612-3328


Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

Einführung in die Schriftenreihe MUNDARTEN IM SAUERLAND 5<br />

1. Elisabeth Kaiser, Oberhundem Grußworte 9<br />

2. Margarete Christes, Silberg Dat letzte Turnfast<br />

in der eisten Turnhalle 10<br />

3. Albert Stahl, Drolshagen Wat en Boum 12<br />

4. Lidwina Cordes, Wendenerhütte Drej ale Schachteln 15<br />

5. Maria Droste, Welschen-Ennest Froihjohrstiet 17<br />

6. Franz Kaiser, Elspe Et Froihjohr imme Duarpe 21<br />

Froihjohr 22<br />

7. Karl Heinz Kaufmann, Hillmicke Et Frühjohr im Haubärch 23<br />

8. Alfons Pick, Oedingen Aschemiddewiäken 26<br />

9. Irmgard Pick, Elspe Viär Eostern 29<br />

10. Rudi Plugge, Elspe Use siëwen Tückelkes 31<br />

11. Franz Josef Schlimm,<br />

Lütringhausen Glücke 32<br />

12. Karl-H. Falk, Attendorn Doum 34<br />

13. Elisabeth Kaiser, Oberhundem Präsidentenwahl in Amerika 36<br />

14. Paul Zeppenfeld, Grafschaft Unger us vertallt 38<br />

15. Maria Hütte, Drolshagen Dei Fortschritt 40<br />

16. Elisabeth Kaiser, Oberhundem, Reiterhuaf Heinemann<br />

und Rudi Plugge, Elspe soiket en niggen Perrepfleger 43<br />

17. Paul Tigges, Ebbinghof Erliäwnisse öüt der weyen Welt 47<br />

18. Toni Teipel, Attendorn Ut der Mogge vertallt 49<br />

Sprichwörter und Redensarten<br />

in Attendorner Mundart 49<br />

19. Hubert Wacker (†), Attendorn Engel 53


Der Plattdeutsche Abend in Lennestadt-Langenei wurde durchgeführt als<br />

gemeinsame Veranstaltung des Heimat- und Verkehrsvereins Langenei-<br />

Kickenbach und des Sauerländer <strong>Heimatbund</strong>es im Rahmen des Projektes<br />

„Mundarten im Sauerland“. Die Veranstaltung wurde vorbereitet und geleitet<br />

von Dr. Werner Beckmann und Klaus Droste.<br />

Drei private Spenden aus dem Kreis Olpe ermöglichen nunmehr die<br />

Veröffentlichung dieses Heftes.


Einführung<br />

In der vorliegenden Schriftenreihe MUNDARTEN IM SAUERLAND<br />

werden mundartliche Tonaufnahmen und deren Verschriftlichungen<br />

aus den Kreisen Hochsauerland und Olpe veröffentlicht. Die Tonaufzeichnungen<br />

entstanden bei Plattdeutschen Vortragsabenden und bei<br />

Einzelinterviews mit Sprechern aus allen Städten und Gemeinden der<br />

beiden Kreise.<br />

Die Schriften und CDs sind bestimmt für den Einsatz in Schulen und<br />

sonstigen Bildungseinrichtungen; weitere Verwendungen ( z.B. bei<br />

Lesungen, bei lokalen Festen, für historische und linguistische Forschungen,<br />

u.ä.) sind gestattet, wenn diese gemeinnützig sind bzw.<br />

ohne die Absicht, Gewinne zu erzielen.<br />

Das MUNDARTARCHIV SAUERLAND ist hervorgegangen aus<br />

dem vom Sauerländer <strong>Heimatbund</strong> getragenen Projekt MUND-<br />

ARTEN IM SAUERLAND, das von 1998 bis 2001 im Rahmen der<br />

Regionalen Kulturpolitik in der Region Sauerland gefördert wurde<br />

vom Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des<br />

Landes NRW, vertreten durch den Regierungspräsidenten in Arnsberg<br />

und seine Mitarbeiter. Die ehrenamtliche Geschäftsführung lag in den<br />

Händen von Klaus Droste, Leiter der Volkshochschule des Kreises<br />

Olpe. Die wissenschaftliche Betreuung gewährleistete die Kommission<br />

für Mundart- und Namenforschung des Landschaftsverbandes<br />

Westfalen-Lippe, vertreten durch Prof. Dr. Hans Taubken. Die Tonund<br />

<strong>Text</strong>aufzeichnungen führte Dr. Werner Beckmann als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter des Projektes und nunmehr Leiter des<br />

Mundartarchivs durch.<br />

Das Projekt konnte nur verwirklicht werden mit der großzügigen<br />

Anschubfinanzierung und der anschließenden jährlichen Unterstützung<br />

durch die Kulturstiftung der Westfälischen Provinzialversicherungen<br />

und des Kultusministeriums NRW. Die beiden Kreise<br />

Hochsauerland und Olpe haben sowohl das Projekt von Anfang an als<br />

auch das Mundartarchiv seit seiner Gründung 2001 durch regelmäßige<br />

Zuwendungen mitgetragen. Schließlich leisteten die neun Sparkassen<br />

in den beiden Kreisen einen erheblichen Beitrag zur finanziellen Konsolidierung<br />

während der Projektphase.


Im Trägerverein MUNDARTARCHIV SAUERLAND E.V. tragen<br />

sieben Körperschaften und Vereine als „Gründerpaten“ die Verantwortung<br />

für die kontinuierliche Arbeit des Archivs: die Kreise<br />

Hochsauerland und Olpe, die Gemeinde Eslohe, der Sauerländer<br />

<strong>Heimatbund</strong> e.V., die Christine Koch Gesellschaft e.V., der Heimatund<br />

Förderverein Cobbenrode e.V. und der Museumsverein Eslohe<br />

e.V. Weitere persönliche Mitgliedschaften und private Spenden zeigen<br />

das Interesse in der Bevölkerung für die Pflege der plattdeutschen<br />

Sprache. Unterstützung gewähren ferner der Westfälische <strong>Heimatbund</strong>,<br />

die Stiftung Westfalen Initiative sowie als bedeutende<br />

Sponsoren der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und seit 2003 die<br />

RWE Gas AG.<br />

Bedeutung und Situation der sauerländischen Mundarten<br />

Das ehemalige Kurkölnische Sauerland stellt innerhalb der niederdeutschen<br />

Mundartlandschaften eine besonders archaische Region dar.<br />

Laut- und formengeschichtlich sowie lexikalisch bildet sie ein<br />

kompliziertes Bild mit hoher Varianz und ist deshalb vom sprachwissenschaftlichen<br />

Standpunkt her gesehen absolut exklusiv. Nirgendwo<br />

im niederdeutschen Raum können Sprachwissenschaftler so tiefe<br />

Einblicke in die Entwicklungsgeschichte dieser seit mehr als 1000<br />

Jahren überlieferten Sprache gewinnen.<br />

Ursache ist die relative Unzugänglichkeit der Region in früheren<br />

Zeiten, die älteste Sprachzustände bis in die heutigen Mundarten<br />

bewahrt hat, während in anderen verkehrsgünstigeren Regionen<br />

zahlreiche Ausgleichsprozesse stattgefunden haben.<br />

Während das Plattdeutsch noch vor 100 Jahren als funktionierendes<br />

Kommunikationssystem vorhanden war, ist der Mundartgebrauch –<br />

gerade auch wegen der kleinregionalen Differenziertheit – zuerst in<br />

den Städten und nach dem 2. Weltkrieg auch auf dem Lande rapide<br />

zurückgegangen, stärker als in Regionen mit größeren sprachlichen<br />

Gemeinsamkeiten. Wenn man mit jemandem aus einem schon wenig<br />

entfernt liegenden Ort sprechen will, bedient man sich lieber des<br />

Hochdeutschen, um Missverständnisse zu vermeiden. Der Rückgang<br />

gilt heute gleichermaßen auch innerhalb der Dörfer, Nachbarschaften<br />

und Familien, ein Tribut an die moderne mediale Gesellschaft.


Autochthone Sprecher sauerländischer Mundarten sind heute – von<br />

Ausnahmen abgesehen – 60 Jahre alt und älter. Die tatsächlich gesprochenen<br />

Mundarten aufzuzeichnen und ihren sprachlichen Reichtum<br />

für die Nachwelt zu sichern, war und ist die wichtigste Aufgabe.<br />

Das Projekt MUNDARTEN IM SAUERLAND hat diese Sicherung<br />

auf zwei Ebenen erfüllt: Einerseits wurde schriftlich überlieferte<br />

Sprache (Dialektliteratur) erfasst und allgemein zugänglich archiviert,<br />

andererseits wurde der Schwerpunkt auf eine direkte Erfassung der<br />

heute noch gesprochenen Ortsdialekte durch Aufzeichnung von<br />

Interviews gelegt. Es geht dabei nicht um Folklore oder um<br />

Idealisierung vergangener Zustände, sondern um Inventarisierung<br />

dessen, was an Informationen noch erreichbar ist.<br />

Das MUNDARTEN-Projekt und das daraus hervorgegangene<br />

MUNDARTARCHIV SAUERLAND haben innerhalb des westfälischen<br />

Raumes und eigentlich für den ganzen norddeutschen Raum<br />

Modellcharakter, denn nirgendwo stehen bisher für eine so umfassende<br />

Region Daten zur Aussprache, zum Wortschatz, zur Syntax,<br />

zum Brauchtum, zu Redensarten, zum Liedgut usw. mit einer derartigen<br />

Belegdichte zur Verfügung.<br />

Parallel zum plattdeutschen Sprachatlas, der mit den flächendeckend<br />

aufgenommenen Tonbandinterviews entstanden ist, erschließt sich mit<br />

den Verschriftlichungen nach und nach eine, vom kirchlichen,<br />

gemeindlichen und familiären Jahreskreis geprägte, Sitten- und Kulturgeschichte<br />

des Sauerlandes. Mundartforschung, Volkskunde und<br />

Literaturwissenschaft werden in vielfacher Hinsicht von den Projektergebnissen<br />

und der Arbeit des Mundartarchivs befruchtet.<br />

Die Aufgaben des MUNDARTARCHIVS Sauerland<br />

Das Archiv erfüllt langfristig die folgenden Forschungs- und Dienstleistungsaufgaben:<br />

• die wissenschaftliche Archivierung der Tondokumente mit den<br />

heute gesprochenen Mundarten;<br />

• die Verschriftlichung der Tonaufnahmen in die niederdeutsche<br />

Sprache;


• die Erfassung und Sammlung der schriftlich überlieferten<br />

Mundartliteratur der Region, der Sekundärliteratur und weiterer<br />

Dokumente über die Mundart;<br />

• die wissenschaftliche Beratung von linguistischen, literarischen<br />

und kulturkundlichen Forschungsvorhaben;<br />

• die Vorbereitung der „<strong>Text</strong> + Ton“-Veröffentlichungen von<br />

Arbeits-/Unterrichtsmaterialien für Schulen, Erwachsenenbildungseinrichtungen,<br />

plattdeutsche Arbeitskreise, Hochschulen und<br />

andere interessierte Institutionen und Personen in Form von <strong>Text</strong>heften<br />

und Tonträgern (CD) für jeden Mundartbereich in den 19<br />

Städten und Gemeinden der beiden Kreise;<br />

• die Vorbereitung einer Sammlung ausgewählter literarischer <strong>Text</strong>e<br />

(Anthologie), wiederum begleitet von Tonträgern;<br />

• die Beratung und Unterstützung bei der Durchführung von<br />

Plattdeutschen Vortragsabenden und beim Plattdeutschen Unterricht<br />

in Schulen (Vermittlung von plattdeutschen Sprechern).<br />

Allen bisherigen und gegenwärtigen Förderern von MUNDARTEN<br />

IM SAUERLAND und MUNDARTARCHIV SAUERLAND sei an<br />

dieser Stelle sehr herzlich gedankt. Intensiver Dank und hohe<br />

Anerkennung gebührt insbesondere allen Autoren und Sprechern der<br />

Mundarten in über 200 Interviews, bei Plattdeutschen Vortragsabenden<br />

und zahlreichen Konferenzen der plattdeutschen Arbeitskreise im<br />

ehemals kurkölnischen Sauerland.<br />

Die Schriftenreihe MUNDARTEN IM SAUERLAND will die plattdeutsche<br />

Muttersprache in <strong>Text</strong> + Ton an und in die jungen Generationen<br />

weitergeben und damit die Mundarten im Sauerland lebendig<br />

erhalten.<br />

Dr. Werner Beckmann, Projektbearbeitung und Leitung des Mundartarchivs<br />

Sauerland<br />

Klaus Droste, Projektgründung und Geschäftsführung des Mundartarchivs Sauerland<br />

Georg Scheuerlein, Vorsitzender des Trägervereins Mundartarchiv Sauerland<br />

Prof. Dr. Hans Taubken, wissenschaftl. Projektbegleitung; Geschäftsführer der<br />

Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalen (LWL)<br />

Dieter Wurm, Vorsitzender des Sauerländer <strong>Heimatbund</strong>es


Grußworte<br />

Elisabeth Kaiser, Oberhundem<br />

Wann unse Viärellern iärk fregger irgendwo begiëgenern, dann<br />

begruißeren se iärk met diäm Spriëck: Guätt helpe! Guätt leohne!<br />

Vi konnt awwer eok einfach siën: Gurren Owend, alle teheope!<br />

Siet wall twinteg Johren driäpet iärk doi Plattfrenge iut diäm Kroise<br />

Eolpe afwesselnd in ennem gretteren Duärpe oder in enner van unsen<br />

veier Städten, imme iäre jährlecke Plattprole te hallen.<br />

Unse boien uiewesten Plattherens, Klaus Droste un Dr. Beckmann van<br />

der Volksheochschaule Eolpe, het iärk niu met diän Langeneggern un<br />

Kickmeckern eok neo in Verbindunge satt, in Inverniämmen satt, un<br />

seo kam diëse Plattowend diënn Owend im Hotel Schweinsberg<br />

testande. Allen, doi drane hollepen het: Danke fer aue Moihe!<br />

Viëll Spaß biem Tauheren un en vergnoiglecken Obend!<br />

Awwer ganz kuärt neo en paar Wore iuwer doi Langenegger.<br />

Et was im eisten Weltkriege. En ennem Hiuse, ase iuwerall in der<br />

Tiet, woren ne Riëgel Kinger greot. Unger anderm eok twei Jungens.<br />

En, Hubert met Namen, was en greoten Musikfrend. Hoi har ne Geige<br />

tau eigen, dät was sien Op un Giënn, un hoi konn eok guëtt dermet<br />

immegohn. Diëse Hubert bleif imme Duärpe un gründere ne<br />

Famillege. Doi twedde Junge iut der Famillige, doi horre Anton. Doi<br />

teog iuwern Berg in’t Hungemedal un wor do seßhaft. Ase doi Anton<br />

Vatter iuwer diän twedden Jungen wor, larre hoi sienen Breoer Hubert<br />

ase Paa fer dät Kind in. Doi Vatter har sienem Kinge diän Namen<br />

Josef taudacht, un de Pasteoer brachte dät in der Kerke op et Tapeit.<br />

Do loit sick doi Paanonkel heren: „Dat Kind heutet Hubert. Iëck sin<br />

sin Paa, un iëck heute seo, un seomet kitt dät Kind eok mienen<br />

Namen.“ Wat was te maken, dät Kind horre Hubert. Diëse Hubert wor<br />

greot, gong in de Schaule un studeiere op Geistleck. Ase Primiz was,<br />

kam eok doi Paanonkel met op doi Fier. Un wat brachte hoi ase<br />

Primizgeschenk met? Et beste Sticke, wat hoi har un wo sien Herte<br />

ane häng. Et was siene Geige. Doi giät hoi diäm Primizianten in de<br />

Hand drucht.<br />

Seo sind doi Langenegger.


Worterklärungen<br />

Viärellern - Vorfahren, Voreltern / iärk - sich / fregger - früher /<br />

vi - wir / siën - sagen / teheope - zusammen / wall - wohl /<br />

Plattfrenge - Plattfreunde, Freunde des Plattdeutschen /<br />

Eolpe - Olpe (Ortsname) / gretter - größer / veier - vier / imme - um /<br />

Plattprole - plattdeutsche Gespräche / hallen - halten / boie - beide /<br />

uieweste - oberste / het - (sie) haben / niu - nun, jetzt /<br />

Langenegge - Langenei (Ortsname) /<br />

Langenegger - Bewohner von Langenei / satt - gesetzt /<br />

diënndag - heute / aue - eure, Ihre / Moihe - Mühe /<br />

tauheren - zuhören / iuwer - über /<br />

Riëgel - Reihe, hier: Schar (von Kindern) / hoi - er /<br />

sien op un giënn - sein Ein und Alles / bleif - (er) blieb /<br />

twedde - zweite / horre - hieß / teog - (er) zog /<br />

Hungemedal - Hundemtal (Tal, durch das der Fluß Hundem fließt)<br />

larre ... in - (er) lud ... ein / Breoer - Bruder / Paa - Pate, Patenonkel /<br />

loit - (er) ließ / kitt - (er) bekommt, erhält / Fier - Feier / giät - (er) hat<br />

Dat letzte Turnfast in der eisten Turnhalle<br />

Margarete Christes, Silberg<br />

Koin Schützenfast, koin Sangesfast,<br />

nei, Turnfast is unse Duärpesfast,<br />

un dat siet seksenachzeg Johrn!<br />

Manche Luie sind alt vam Turnen worn.<br />

Dat Fast geiht loss met turnerischen Geschicken<br />

an Geräten, op em Huaf veär niggelecken Blicken,<br />

de Sieger weert fiert, doi Anderen eok.<br />

Idealisten doi Turner, se turnt nit feär Breot!<br />

Gastturner weern iut der Schweiz inlaan,<br />

doi beon eok erre Künste aan.<br />

Dann worn de Jubelare ehrt,


doi fiewentwintiger, vetteger, fifteger, sekzeger,<br />

seogar ennen siëbenzeger, loiwe Luie heert!<br />

Dat kann me deäm Martin eok aansoihn,<br />

seo siëbenzeg Johre im Veroin!<br />

Hoi driëtt stolz deän Kopp, geiht strack as en Lecht,<br />

de Turnerie ricket de Mensken terecht!<br />

De Musik iut Holland, ’ne ganze Masse,<br />

spiëllern taum Danz, et was greote Klasse,<br />

met Trompeiten, Posaunen, Tubas un Paukenschlag.<br />

Dat was de eiste Dag.<br />

Veärm Fastheochamt am Sunndag maar unse Heer<br />

der Schweizer Riege en par Frie-Uibungen veär.<br />

Doi maarn geern met, dat jeät se ehrt.<br />

Feär doi un feär doi Hollander wort eok in der Misse beät.<br />

Aanschliutend worn de Gefallenen ehrt,<br />

taum Teiken, dat vi se nit vergeätt.<br />

Doi eiste Vorsitz met em Namen iut Gold<br />

siëtt in siener Rede: „Die Soldaten haben nicht gewollt,<br />

daß wir die Nachbarländer überfallen.<br />

Sicher verzeihen sie uns allen.“<br />

Doi Befehlshaber het eärk irret,<br />

ganze Völker weern verwirret!<br />

Awwer dat Loid vam gurren Kameraden, dat herr’e auk dacht,<br />

dat „Ave Maria“ spiëllern se ganz sacht!<br />

Se kamen un gengen as Frenge.<br />

Un friedlech geng dat Fast te Enge.<br />

Worterklärungen<br />

nei - nein / siet - seit / Luie - Leute / Huaf - Hof /<br />

niggeleck - neugierig / eok - auch / feär - für / Breot - Brot /<br />

weern - (sie) waren / inlaan - eingeladen /<br />

beon ... aan - (sie) boten ... an / fiewentwintig - fünfundzwanzig /


vettig - vierzig / fifteg - fünfzig / loif - lieb / heert! - hört! /<br />

aansoihn - ansehen / hoi - er / driëtt - (er) trägt /<br />

strack - gerade, geradeaus, hochgewachsen, langgestreckt /<br />

ricket - (sie) rückt / iut - aus / eiste - erste / maar - machte /<br />

jeät - (das) hat / feär - für / beät - gebetet, hier: (Messe) gehalten /<br />

Teiken - Zeichen / siëtt - (er) sagt / eärk - sich / Frenge - Freunde<br />

Wat en Boum<br />

Albert Stahl, Drolshagen<br />

Freuher stunnent hi un do in den Haubiarren dicke Dännenböüme, -<br />

altes tweï oder drei bi eneïn. Dei leitent de Buëren stohn, dat wor sou<br />

ne Art ieserne Reserve. Im Noutfalle brachtent dei echt Geld.<br />

Meïstens awwer feilent en paar, wann de Dochter siëck bolle bestaan<br />

wull. Van diam Holte kreïg dann ouk der Schriener en paar Briar. Hei<br />

makete dorut et Bedde un en Schaap fiür de Utstüre.<br />

Eïn Johr viür der Hochtied spriëcket siëck der Buëre met sienem<br />

Nohber af. Sei gohnt dann midden im Winter, wann siëcker kein Saap<br />

meïh imme Holte is, in den Biarrig - met Biggelen, met Kielen un met<br />

ner langen Drummsia.<br />

Sou ne mächtige Dänne afschnien, dat is wall ne andere Sake, as ne<br />

twintigjöhrige Bireke ümmeliën. Et weert gemotert un geiket, an<br />

wiëlliker Siete dei Boum de meïsten Töppe het, wou hei wall<br />

hiënnfällt, wann me nit dirigeïert.<br />

Dann üwerliëtt der Buëre, wou hei dian Boum hiënnschmieten sall,<br />

wou me dian am besten ouk wiër wegteihn un op den Wagen laan<br />

kann. Wei jetz oppässet, kann siëck nohiar schwore Arewet sparen.<br />

Nu päcket der Mann met dem besten Hau et Biggelen un schleïht<br />

siege bi der Welt de Kiarebe ut dem Stamm; no diar Siete sall der<br />

Boum fallen.


Hi un do süht me ouk es tweï Kerels - eïner rechts, der andere links<br />

vam Boum - dei im Takt in de glieke Kiarebe hauent. Do mutt me<br />

awwer firm sinn!<br />

Tweï Mann hukent siëck soudann niaber den Boum, jeïder an eïne<br />

Siete, beie met dem Rüggen noh der Fallrichtunge. Sei settent de<br />

lange Drummsia an, der Kiarebe giëgenüwer, dei Tiahne wiesent op<br />

den Kiel.<br />

Nu hett et: Teihn, teihn! - Hiënn un hiar! - Dei Sia locker durech den<br />

Stamm loupen loten! - Teihn, teihn! - Hiënn un retour!<br />

Dat duërt ne Veïerelstunde, eïner roipet: „Fuffzehn!“ Sei<br />

verschnuwent en wiënnig, lichterent den Haut un wischent met dem<br />

Handrüggen den Schweït van der Steïeren. - Un widder geïht et: -<br />

Hiënn un hiar!<br />

Iargerlech, wann de Sia klemmet un faste sittet! Dann mutt me nen<br />

Iesenkiel hinger der Sia in dian Schnitt kloppen, domet der Stamm<br />

siëck wier hiëwet. Dat kann lange duëren.<br />

Un noch es teihn: Links, rechts! - Teihn, teihn!<br />

Op es meint me, der Wind tiüsselte de Äste, et knacket houge in der<br />

Luft,<br />

Holt briëcket viür der Sia. - Oppassen!<br />

Met sou nem dicken Boum is nit te spassen.<br />

Noch tweï, dreimol ganz flott teihn!<br />

Sia rut! - Opspringen!<br />

Drei Schrië weg vam Stamm! - Oppassen!<br />

Me kann nü wiëten, wou dei Boum liën bliewet.<br />

Nu briakent de Töppe, drüge Holt kraket, et giët en Rums, en dumpen<br />

Opschlag, de Ere biëwet.<br />

Ne Wolleke van griesen Flechtenschubben hiëwet siëck. Me meint, de<br />

Dänne hee den letzten Oom gedoon.


Et is op es sou stille, - kein Vuël singet, - kein Specht klöppet.<br />

Ümme dei Hoiers is et hell geworen, der Boum schmitt keinen<br />

Schatten meïh.<br />

Der eïne besüht den Stuken, der andere dat Erdenge van der Dänne.<br />

Hei fänget an, de Johresringe te tellen, verkiümmet drinne un schätzet<br />

dat Oller op hundertwinteg Johre. Eïner schritt de Länge vam Stamm<br />

af un miëtt fiefundertig Meïter.<br />

Wat en Boum!<br />

Worterklärungen<br />

freuher - früher / hi - hier / Haubiärrig - „Hauberg“ /<br />

Dännenböüme - Fichte / altes - mal, schon mal / leitent - (sie) ließen /<br />

iesern - eisern / ieserne Reserve - eiserne Reserve /<br />

feilent - (sie) fielen / bestaan - (sich) verheiraten /<br />

kreïg - (er) bekam, erhielt / Briar - Bretter / Schaap - Schrank /<br />

Utstüre - Aussteuer / Nohber - Nachbar / Saap - Saft /<br />

meïh - mehr / Biärrig - Berg, hier: Wald / Biggelen - Beil /<br />

Kiel - Keil / Drummsia - Zugsäge / afschnien - abschneiden /<br />

Bireke - Birke / ümmeliën - umlegen / gemotert - Maß genommen /<br />

geiket - genau untersucht und geprüft / wiëllik - welch /<br />

Töppe - Zweig, kleiner Ast / üwerliët - (er) überlegt /<br />

wou - wie / hiënschmieten - hinwerfen, hinschmeißen /<br />

wiër - wieder / wechteihn - wegziehen / laan - laden /<br />

Arewet - Arbeit / de Mann met dem besten Hau - der Mann, der am<br />

geschicktesten mit dem Beil umgehen kann / schleïht - schlägt /<br />

siege - niedrig / Welt - Boden, Erde / siege bi der Welt - ganz nahe am<br />

Erdboden / Kiarebe - Kerbe / süht - (man) sieht / mutt - (man) muß /<br />

me - man / hukent - (sie) hocken, kauern sich / niaber - neben /<br />

Tiahne - Zähne / wiesent - (sie) zeigen / teihn - ziehen / loten - lassen /<br />

retour - zurück / roipet - (einer) ruft / lichterent - (sie) lüften /<br />

Steïeren - Stirn / widder - weiter / Sia - Säge / Iesenkiel - Eisenkeil /<br />

hiëwet - (er) hebt / tiüsselt - (er) schüttelt / houge - hoch /<br />

briëcket - bricht / rut - raus, hinaus, heraus / Schrië - Schritte /


nü - niemals, nie / liën - liegen / drüge - trocken / kraket - (es) kracht /<br />

Ere - Erde / hee - (sie) hätte / Ohm - Atem / gedoon - getan /<br />

op es - auf einmal / Vuël - Vogel / Hoiers - Hauer, Männer, die die<br />

Bäume fällen / Stuken - Stumpf / Erdenge - unterstes Ende des<br />

gefällten Baumes / miëtt - (er) mißt<br />

Drej ale Schachteln<br />

Lidwina Cordes, Wendenerhütte<br />

Et worte alt düüschter, as ick noch op denn Balken chong. Wat sick<br />

hej doch alles aanjesammelt ha! Dat blejwet jo nit üt in em Hous, wat<br />

170 (hunnertsiëbenzig) Johr alt is.<br />

Met der Täschenlampe löchtete ick in jede Äcke. Do sooch ick hingen<br />

ungerm Daak drej ale Schachteln. Drej ale Schachteln, met Chummi<br />

tesamen jebungen.<br />

„O Hemmel“, däächte ick, „wie lange mugen die do leäggen? Twintig<br />

Johr? Ne, länger. Drießig Johr mindeschtens. Vörsichtig löësete ick<br />

dat Chummi. Ick mate die erschte Schachtel op.<br />

En chanzer Stapel klejner Beldcher loog drinne. Op jedem Beldchen<br />

was en Schiff, Dampfer, Frachter un stödije Passaschierschiffe. Alle<br />

bunt un noch chott erhalen. Se chonn dörch min Finger un et wört mej<br />

chanz komisch. Ick kann mick nit saat siehn an denn Beldern, die mej<br />

jehoort hänn, mej chanz allejne. Et was mejne schöene bunte Wält. Ick<br />

wull es wejt fort, un et es doch alles chanz angers gekummen.<br />

Dann mate ick die tweite Schachtel op. Ne, so wat! En Tonpejpe, en<br />

Tonpejpe üt em Kloasmann. Ick rouk op ejs noh Heu un Erpelstrengel.<br />

Mien Fründin un ik hann die Pejpe ütprobiert. An der Housäcke un<br />

bie’m Küh-Hüden. Et was use klejne Geheimnis.<br />

Chanz langsam mate ick die dritte Schachtel op. Ne, dat kunn doch nit<br />

wohr senn - en poar Locken met rosa Bengelchen tesamenjebungen<br />

logen drinne.<br />

Op ejs was die Tejt wie fortjewüschet. Et was ok Frühjohr. Ick soot<br />

am Wejer op der Bank un ha en roëtjeblümet Kliëd ane. Do sooch ick


ejnen kummen. Hä ha en Anzug ane mit Büjelfale in der Butze. Et<br />

was der erschte Anzug. Stolz was hä. Sin Mama kunn nit verstonn, dat<br />

hä so’n chodden Anzug antoug, so chanz ohne Chrund. Mej lacheten<br />

un schmiedeten Pläne. Fort wollen me, fort in die chroëte Stadt. Wie<br />

lange es et her? Nou seënn me schonn öbber verzig Johr bestatt un<br />

seënn hej jebliëben, hej in usem klejnen Doarp. Ick strejk noch es<br />

öbber die schöenen schwarten Locken un leëgte se weëdder retur.<br />

Langsam un nohdenklich chung ick noh ungen.<br />

Mier Mann frote: „Wat es dej dann passiert? Bescht dou em Gejst<br />

bechäänt? „Ne“, lachete ick, nur drej alen Schachteln un ner schöenen<br />

Erinnerung.“<br />

Worterklärungen<br />

worte - (es) wurde / üt - aus / löchtete - (ich) leuchtete /<br />

sooch - (ich) sah / hingen - hinten / ale - alte / mate - (ich) machte /<br />

chodd - gut / chonn - (sie) gehen / mej - mir / Kloasmann -<br />

Stutengebäck in Form eines Mannes zu Nikolaus / Tonpejpe -<br />

Tonpfeife / senn - sein / Bengelchen - Bändchen, kleine Bänder /<br />

op ejs - zunächst, zuerst / Tejt - Zeit / soot - (ich) saß /<br />

Wejer - Weiher, Teich / Butze - Hose / antoug - anzog / mej - wir /<br />

seënn - (wir) sind / bestatt - verheiratet / strejk - (ich) streichelte,<br />

strich / ungen - unten / frote - (er) fragte / dej - dir / bescht - (du) bist /<br />

bechäänt - begegnet


Froihjohrstiet<br />

Maria Droste, Welschen-Ennest<br />

In de Froihjohrstiet fallt Eostern, un met Eostertiet is seo Manneges<br />

verbungen, wat des Erinnerns wert is.<br />

In d’r Karweake teog unse Lehrer met dean Klassen af veiertem<br />

Schauljohr, doi Dage ver en Ferien, jedes Johr op Peiterkes Hoih, wo<br />

fregger alle Johre amme Eostersunndagobend et Eosterfuier afbrannt<br />

worde. Vi schlefften iut dean angrenzenden Dannensticken alle dirren<br />

Teppe herbi, doi dann van dean gretteren Burschen taum heogen<br />

Kegel opbugget worden. Nutzen dovan harrn eok de Berge, doi woren<br />

sauber ruimet. Seo konn siëck koin Ungeziefer breit maken, un fiul<br />

Holt verschandelte koine Dannensticke.<br />

Karweake hodde eok, alle Dage Kerkgang. Do fallt mi vamme<br />

Groinduënnersdag ne seogenannte Christenlehre in, doi unse Vikarres<br />

in d’r Misse holt. Unger anderem frogere ennen Schoiler: „Warum<br />

heißt dieser Tag ‚Gründonnerstag’“? Ohne lange nohtedenken kam de<br />

Antwort: „Da gibt es grün Gemüse.“ Konn jo eok miëgleck sinn. As<br />

dann neo et „Abendmahl“ tau’r Sproke kam met Breot un Wien, un<br />

hingerhear doi Froge, worimme jetzundes koin Wien meh bi d’r<br />

Kummeneon reiket woiere, kam vamme selben Strategen: „Weil -<br />

weil - jeder Mensch trinkt nicht gerne Wein.“ Doi Spruch gaffte dann<br />

in d’r Kerke en ganz schoin Gepriuste.<br />

Dann doi Karfriedag. De Kruizweag woll mi nie in en Kopp. Vi<br />

kreigen dean Weag wall verstandleck iutlaggt, awwer begriepen konn<br />

me seowat doch nit. Niu jo, van veier Luien sind de Eiwengiëlen<br />

schriëwen woren, seo weerd et wall stemmen. Mi teog et liuter kalt<br />

in’t Genick, wann iëck an doi Kruizegung dachte. Fregger, in enner<br />

Missjeonspreaget, duënnerde mol en Poter gewalteg van d’r Kanzel,<br />

dat vi Mensken dear unse Beosheut all dat schrecklege Leid an unsem<br />

Heern verschuldet harren. As miëck dann op em Heimeweag en<br />

älleren Nober drap, goalde doi doip Luft un frode: „Mien Goatt,<br />

Maria, sin vi dann seo schlecht?“ Iëck saggte: „Nei, diu bestimmt nit,<br />

diu bis doch unse veiertoihnte Neothillepe.“


Karsunnobend loit siëck alt frendlecker aan. Freoh word in d’r Kerke<br />

et Wiggewater siant un biuten de Kuale. Boies mochte heimegoalt<br />

weren. Ne Kanne Water, dat me et ganze Johr de Wiggewaterbehalter<br />

nohfillen konn. Un am Eostermondag gong me noh’m Felle un sianere<br />

et Getreide. En Stickelken Holtkuale do me Eostersunndag in et<br />

Herdfuier, dat koin Blitz et Hius in Brand sadde. Me geat diëse Sitte<br />

op en Blitzafleiter immesatt. An diëmm Dage kamen eok de Glocken<br />

van Rom terigge.<br />

Ne einmoleg schoine Sitte in unsem Doarpe wor et nachtlegge<br />

Eosterschellen. Middernacht gongen doi älleren Jungens met Schellen<br />

verschiedener Klangtoine, in kloinen Trupps länges alle Huiser un<br />

ludden en Eosterdag in. Fer miëck wor diëse Sitte de fierliggste in<br />

unsem Doarpe. Koin Kuiern dobi, bleoß nachtleg doipe Stille un<br />

hellet, silbern Glockenklingen.<br />

Eostersunndag ver d’r eisten Misse wor Kerkenimmegang. Dobi harr<br />

me dann Geliagenhoit, nigge Schauh oder andere Kleiersticke, doi<br />

brandnoideg woren, viartewiesen oder te bewundern. Et is awwer eok<br />

te siën, dat de Kerke tau allen Goarresdoinsten voll besatt wor.<br />

Domols harrn de Mensken vlichts neo en ander Moot fer Werte.<br />

Niu matt iëck draan erinnern, dat et eok liuter en Eosterhasen gaffte.<br />

Wor doi doch liuter en ganz beachtleg Dierken bi Kingern. Iëck<br />

gloibe, doi Kloinegkoiten, doi vi in’t Nestken kreigen, erfreggern uns<br />

iabenseo as jetzundes rollende Briar unger’n Foiten, wo se schwinder<br />

droppe flitzen konnt as en Hase springen.<br />

Am eisten Fierdagobend word un weert en Eosterfuier afbrannt. Woi<br />

van dean Doarpesluien neo guët op en Beinen is, versammelt siëck<br />

bi’m Fuier; un me stemmet eismol em Herrgoatt tau’r Ehre et Te<br />

Deum aan. Diëse Sitte te erhallen, schaffet dankenswert unse<br />

Mannerwelt neo liuter. Singend un heiter geiht et tau, bit doi Stapel<br />

binein sacket. Bi d’r Glaut hallt wier Manner Wake, met Spoilwater<br />

fer droige Kehlen, versteiht sick.<br />

De Emmausgang am Eostermondag noh’m Schmellmereg har<br />

Traditsjeon fer viële Walsken-Ennester. Dat Berges gastlecke Hius<br />

met Schinkenbiëtters un Sellewgebackenem op em Kaffeidiske wor ne<br />

runde Sake. Met dean allen Luien ungerholt me siëck domols bleoß<br />

plattduitsk. Jiëne sangen vi Wanderloier, terigge van en siuerlander


Bergen un van d’r Heimat. Singen wor bi Wanderungen liuter ansaggt,<br />

un me hor eok van immeliënden Hechten Melodien van unsen allen<br />

Volksloiern.<br />

Amme twedden Eosterdag kam am Obend dann de Lentenplan op en<br />

Disch. De Froihjohrsarwet: Tuine flicken, Disteln stiaken iut en<br />

Woien, Steine mochten vamme Acker liasen weren, un de Erftenrieser<br />

mochten herbi; Kalk streggen un de Boime witteln; de Hawer mochte<br />

sagget un de Settetuffeln verliasen weren; fer de Dickebeohnen word<br />

et Tiet un de Soot fer’t Blaatgemoise kam in ne warme Ecke.<br />

Awwer: Koimens draff denken, iëbber all diëser Arwet harrn de<br />

Landluie nit Sinn un Eogen fer de Natiuer. Wann de Wiësen groint un<br />

de Quellen wier springet, Struiker un Boime Knospen driewet,<br />

Heaseln un Wiehen Kattkes dreat un de Vuilkes Nester in de Hecken<br />

bugget.<br />

An all diëmm Metenein, Menske un Natiuer, kann me soihn, wat et<br />

Froihjohr op em Doarpe an Reizen fer de Luie geat.<br />

Worterklärungen<br />

Froihjohrstiet - Frühjahrszeit / Eostern - Ostern / met - mit /<br />

Manneges - Manches / Karweake - Karwoche / teog - (er) zog /<br />

veierte - vierte / ver - vor / Peiterkes Hoih - (Flurname: „Peterkes<br />

Höhe“) / fregger - früher / Eosterfuier - Osterfeuer / vi - wir /<br />

schlefften - (wir) schleppten / Dännensticke - Tannenstücke,<br />

Grundstücke, auf denen Tannen gepflanzt sind / dirre - dürre /<br />

gretter - größer / heoge - hoch / opbugget - aufgebaut /<br />

ruimet - geräumt / fiul - faul / hodde - hieß / mi - mir /<br />

frogere - fragte er / neo - noch / Breot - Brot /<br />

reiket - gereicht, gegeben / Gepriuste - Gepruste, Gelächter /<br />

kreigen - (wir) bekamen, erhielten / iutlaggt - ausgelegt /<br />

me - man / Luie - Leute / Eiwengiëlen - Evangelien / wall - wohl /<br />

liuter - immer / fregger - früher / Beoshoit - Bosheit / miëck - mich /<br />

goalde - (er) holte / frode - (er) fragte / veiertoihnte - vierzehnte /<br />

loit - ließ / frendleck - freundlich / freoh - früh /<br />

Wiggewater - Weihwasser / siant - gesegnet / biuten - draußen /


Kuale - Kohle / boies - beides / heimegoalt - heimgeholt, nach Hause<br />

geholt / weren - werden / nohfillen - nachfüllen / Felle - (zum) Felde /<br />

sianere - (man) segnete / Stickelken - Stückchen / doo - (man) tat /<br />

geat - (man) hat / immesatt - umgesetzt / terigge - zurück /<br />

ludden - (sie) läuteten / fierliggste - feierlichste /<br />

kuiern - reden, sprechen / doip - tief / ver - vor /<br />

Kerkenimmegang - Prozession (Umgang) um die Kirche /<br />

dobi - dabei / nigge - neu / viartewiesen - vorzuzeigen /<br />

siën - sagen / Goarresdoinst - Gottesdienst / vlichts - vielleicht /<br />

Moot - Maß / niu - nun, jetzt / Dierken - Tierchen /<br />

erfreggern - erfreuten / Briar - Bretter / unger - unter /<br />

schwind - schnell, geschwind / droppe - drauf / eiste - erste /<br />

woi - wer / bit - bis / Spoilwater - Spülwasser, hier: alkoholische<br />

Getränke / Schmallmereg - Schmellenberg (Ortschaft bei Oberveischede)<br />

/ fer - für / Walsken-Ennester - Bewohner des Ortes<br />

Welschen-Ennest (Walsken-Ennest) / Berges - (Familienname Berg)<br />

Schinkenbiëtter - Butterbrot mit Schinken belegt / jiëne - hin, auf dem<br />

Hinwege / Loier - Lieder / terigge - zurück, auf dem Rückwege /<br />

immeliënde - umliegende, im Umkreis liegende / Hechte - Höhe /<br />

alle - alte / Lentenplan - Plan für die Arbeit im Frühjahr (im Lenz) /<br />

Tuine - Zäune / Erftenrieser - Erbsenreiser, d. h. Birkenzweige /<br />

mochten - (sie) mussten / streggen - streuen / witteln - weiß machen /<br />

sagget - gesät / Settetuffeln - Pflanz-/Saatkartoffeln / Soot - Saat /<br />

Eoge - Auge / groint - (sie) grünen, werden grün / Struiker - Sträuche/<br />

driewet - (sie) treiben / Heasel - Haselstrauch / Wiehe - Weide,<br />

Weidenbaum / dreat - (sie) tragen / bugget - (sie) bauen /<br />

Metenein - (das) Miteinander / soihn - sehen / geat - (es) hat


Et Froihjohr imme Duarpe<br />

Franz Kaiser, Elspe<br />

Wat was dat en Winter düt Johr. Et Barremeiter geng liuter in greoten<br />

Sprüngen rop un rin. Seo was eok et Wiär. Alle Suarten he vi hat.<br />

Kranke Luie gaffte’t. As iëck am fieften Feberwar in’t Duarp kam, do<br />

stong an diär Iuher an dr Kasse seßtoihn Grad warme. Dät konn<br />

stemmen, awwer as se ümmesprang op Tied, do stong do ne Tied, doi<br />

giëtt et üäwerhaupt nit. Iëck dachte, hiät doi Iuher aan der Kasse alt et<br />

Froihjohr in en Knuaken?<br />

Biem Kurwen Jupp woren alt de Schnoiglöckelkes am Blöggen. Eok<br />

bi’m Jeostes Paul sind se alt wier do. De Köhlers Hugo was ümme’t<br />

Hius amme Arwen. Iëck hewwe ne froget: „Hugo, kummet im<br />

Froihjohr de Garenzwerge eok wier riut, de Boss un doi met em<br />

Drückebuil?“ „Kenne Angest“, saggte de Hugo, „doi verschlopet et<br />

Johr nit.“ De Eosterglocken un de Tulpen stiäcket eok de Köppe alt iut<br />

dr Ere. Et schient mi en wennig freoh te sinn. Do roip miëck et<br />

Knappsteins Nella aan un saggte: In ennem allen Schaulhefte härr iät<br />

luasen, et wör en Johr wiäst in Elspe, do wören de Schlütelblaumen im<br />

Jannewar schonn am Blöggen wiäst. Seo en Wiär hiät et üäwerall alt<br />

mol gafft. Bi’m Reichlings Wendel geng de Springbrunnen neo nit.<br />

Use Vuiele het et düënn Winter guët hat. Se harren genaug te friäten.<br />

An Jeostes Paul sienem Hiuse hänget de Fuierdorn voll reoe Früchte.<br />

Düt Johr het de Vuiele se nit brucht.<br />

Diënn Nummedag goh iëck op en Roibenkamp un well mol soihn, ob<br />

de Enzian alt kümmet.<br />

Bi dr Kiärke drap iëck diän Habbels Herbert. Hoi saggte, hoi härr dät<br />

Gedicht vam Schlackerwiär luasen, dät wör schoin. Iëck saggte:<br />

„Wann’t di gefällt, sall ick näo eins schriewen?“


Froihjohr<br />

Wann de eisten Birken op ussen Biärgen groint,<br />

wann de Sunne et eistemol et guëtt met us moint,<br />

wann de Blaumen in Feld, Wald un Wiësen blögget,<br />

un warmen Wind diär de Biärge wegget,<br />

wann de Kuckuck roipet irgendwo,<br />

dann is et Froihjohr do.<br />

Dann werd et us Mensken ganz anders te Maue,<br />

dann packe vi usse Wanderschauhe<br />

un wandert in doi schoine Welt,<br />

frögget us am schoinen Hiëmmelszelt;<br />

vi frögget uns eok, wann’t mol warme riänt,<br />

weil dann de Hiärguat usse Feller siänt.<br />

Worterklärungen<br />

et - hier: das / was - (es) war / düt - dieses / liuter - immer /<br />

greot - groß / rop - hinauf / eok - auch / Wiär - Wetter /<br />

he - haben (wir) / vi - wir / hat - gehabt / Luie - Leute /<br />

as - als, wie / fiefte - fünfte / stong - stand / Iuher - Uhr /<br />

seßtoihn - sechzehn / Tied - Zeit / doi - die / giëtt - gibt /<br />

Knuaken - Knochen / Kurwe - (Familienname) / Jupp - Josef /<br />

blöggen - blühen / Jeost - (Familienname: Jostes) / alt - schon /<br />

soihn - sehen / Hius - Haus / arwen - arbeiten / Drückebuil -<br />

Akkordeon; „Drückebeutel“: Instrument, das durch „Drücken“ zum<br />

Spielen gebracht wird / kenne - keine / iut - aus / mi - mir /<br />

neo - noch / freoh - früh / sinn - sein / roip - (sie) rief /<br />

vertallte - erzählte / alle - alte / iät - es, hier: sie / wiäst - gewesen /<br />

Schlütelblaume - Schlüsselblume, Primel / Wendel - Wendelin /<br />

Vuiele - Vögel / het - (sie) haben / Fuierdorn - „Feuerdorn“ (Pflanze,<br />

Strauch) / brucht - gebraucht / düënn - diesen /<br />

Nummedag - Nachmittag / Roibenkamp - Rübenkamp Flurname /<br />

well - (ich) will / drap - (ich) traf / hoi - er / luasen - gelesen /


eiste - erste / groint - (sie) grünen, werden grün / wegget - (er) weht /<br />

Maue - (zu) Mute / vi - wir / usse - unsere / frögget - (wir) freuen /<br />

riänt - (es) regnet / Feller - Felder / siänt - (er) segnet<br />

Et Frühjohr im Haubärch<br />

Karl Heinz Kaufmann, Hillmicke<br />

Nerjenswo op d’r chanzen Wäeld kümmet et Frühjohr stärker öbber d’<br />

Löüj als im Haubärch.<br />

Wenn d’ ütjeschlopene Äere no demm langen Winter an allen Äecken<br />

un Engen de Ouen opritt un kriël in den Häemmel kicket.<br />

Wenn de ejberijen Wolpernstrücker seck op ähre dünnen, chrünen<br />

Äschtcher min unn üt d’n vollen Knoppen Bläetcher wie<br />

Strunzeläeppcher rüttertiehn.<br />

Wenn d’ Ämetzen an allen Höltern ropp un runger loupen, an<br />

mänchen Stäellen im kläeberijen Frühjohrssaap hangen blejben un<br />

vörr lauter Bedräeff Porzelböjme schlonn.<br />

Wenn d’ Rehböcke seck chäjensejdich aanbluffen un woahlmüdich im<br />

Dräjäck springen.<br />

Wenn de Moijen op d’n Sunnenstrolen spaziern chonn, von ehm tum<br />

angern springen, fouliken als wenn se bloß noch Sunndach hädden.<br />

Wenn d’ Bärkenstucken säjbern, weil en d’r Boum geströppet worte<br />

un nit märken, dat de Worteln alt dobej senn, d’n Saap nou för d’<br />

jungen, freschen Loëden rütt te röcken.<br />

Nerjenswo op d’r Wäelt kann me et Frühjohr bäetter spörn als im<br />

Haubärch.<br />

Un noher, wenn dat Loh geschäelt es, d’ ütjetogenen, bläcken<br />

Ejkenstämme in d’r Sunne löchten, de anjedroueten Bören<br />

Ejkenböüjne wie Kreschtdach rucken un wie Meschtebrüh.<br />

Wenn d’ Räänschuurn tur rächten Tejt d’n Häemmel wäeschen, dat<br />

Jeschmäre wäechspülen, kräftich opröüjmen un en poar Tröppcher


wette Wolken hangen loten an d’r rächten Stäelle. Wenn de Kroan met<br />

vollem Schnabel in d’ nogen Dännen fliejen.<br />

Un et Marrichen d’n Anton bestrunzet, weil hä die Schlaue<br />

Haubärchsholt so flott ütschnejßelt, - un dr Anton roët wört im<br />

Jesechte un widderschnejßelt, als wenn niks wöör. D’m Marrichen<br />

awwer bejm Schanzen - maken tukicket üt verdräjeten Ouen un spört,<br />

wie cherne hä dat Marrichen häet. Un wenn hä dat im Kopp dann<br />

spört un am Härten, un op ejs ok diepe ungen im Buck.<br />

Wenn dat schräebliche Marrichen dann chenn Wore me finget un<br />

wahne Häffmut krejet. - Nerjenswo kann me et Frühjohr bäetter<br />

merken als im Haubärch.<br />

Wenn d’r Anton dann de Spöne springen lött, met d’m Bäjel Musik<br />

maket un denn Boimen wahne Sanktus chöett, et Marrichen em<br />

tukicket un nit wäit, werrüm et härbich es.<br />

Wenn dann d’r Anton Poëse maket, seck met d’r hochjekrämpelten<br />

Hämmetsmaue d’n Schwäit von d’r Steerne botzet un dat Bäjel fallen<br />

löëtt, seck räcket un de Föüschte in d’n Häemmel sträcket un cher<br />

Mensche söß im Haubärch es.<br />

Dann söüjt de Äere bloß noch noh denn Bäeden. Die Wolpernstrücker<br />

tiehn de Strunzeläeppcher in, de Moijen chenn dat Danzen draan un<br />

kicken tu. - De Bärkenworteln, die verchäeten nou d’n Stucken un d’<br />

Loaden un wäetten nit wohenn met ährem Sapp. D’ Rehböcke, die<br />

blejben dann im Dräjäck stonn. Sochoar d’r Herchott häelt d’n Ohm<br />

dann aan.<br />

Jo, un die Kroh, die nou dodröbber flöjet, ritt för Verchöjserung d’n<br />

Schnabel op, un se verlöjset Fuder vör die Klejnen un kwaket<br />

opjeräjet hingerher.<br />

Un dat Marrichen, dat versteäht dat Kwaken. Se kwaket: „Krucke,<br />

krucke, nou krucke d’n Anton doch.“<br />

Do springet et d’m Anton in de Oarme. Et schmitt seck emm nou<br />

roatschtich an d’n Hals, un spört en nou, denn Mann im Frühjohrssaap.<br />

Wat häett de Rouboascht fäschte stoarke Oarme, en masse Mucki<br />

häett dä öebberall. Un dat Marrichen, wat es dat so wäjk, un wat häett


dat en masse van dem Wäjken, un wie chott passet bejdes nou<br />

tesamen, dat es doch roatscherich tum dummelich wäen.<br />

Vielleicht fallen se dann in d’ Wolpernstrücker.<br />

De Moijen danzen flötter nou als vörher, d’ Ämetzen hann wedder<br />

väel te dunn, d’ Strunzeläppcher von d’n Wolpernstrückern, die<br />

winken d’m Marrichen sachte tu.<br />

D’r Herchott schöjbet flott en Wolke vör de Sunne un öhmet diepe<br />

dörch.<br />

De Kroan, die tiehn nou rüjich ähre Kräjse un kwaken vörsichtig, üm<br />

chenn te stürn.<br />

Die eijne Kroh, die d’m Marrichen ha so schöen jekwaket, vertiëlt nou<br />

ähren Klejnen, wat se sooch.<br />

„Nerjenswo op dr chanzen Wäelt“, säet s’ chen die Kläjnen, „kümmet<br />

et Frühjohr stäerker öbber de Löüj als im Haubärch.“<br />

Worterklärungen<br />

Haubärch - Hauberg / nerjenswo - nirgendwo / op - auf / Löüj - Leute/<br />

ütjeschlopen - ausgeschlafen / Oue - Auge / opritt - aufreißt /<br />

kriël - munter, kregel / kicket - (sie) schaut, sieht, guckt /<br />

eijberij - eifrig / Wolpernstrücker - Waldbeerensträucher / üt - aus /<br />

Bläetcher - Blättchen / Strunzeläeppcher - „Strunzläppchen“,<br />

Einstecktuch im Sakko des Herrenanzugs / rüttertiehn - herausziehen /<br />

Ämetzen - Ameisen / runger - hinunter / Frühjohrssaap - Frühjahrssaft<br />

/ Bedräeff - Übereifer / chäjensejdich - gegenseitig /<br />

aanbluffen - anbellen / woahlmühdig - übermütig / Dräjäck - Dreieck /<br />

Moijen - Mücken / fouliken - (sie) faulenzen /<br />

Bärkenstucken - Birkenstumpf / säibern - weinen /<br />

geströppet - gestohlen / Wortel - Wurzel / Saap - Saft /<br />

Loaden - Lode, Sprößling / rütt - hinaus, raus / röcken - rücken /<br />

Loh - Rinde / ütjetogen - ausgezogen / bläck - bloß, nackt /<br />

anjedrouet - angetrocknet / Bören - Bunde /<br />

Ejkenböüjne - Eichenrinde / Kreschtdag - Weihnachten, Christtag /<br />

Meschtebrüh - Jauchebrühe / Räänschuur - Regenschauer /<br />

Jeschmäre - Geschmier / opröüjmen - aufräumen / wett - weiß /


loten - lassen / Kroan - Krähe / noge - nah / bestrunzen - loben /<br />

Schlaue - lange Reihe von aufeinanderliegenden Bäumen /<br />

üschnejßelt - entastet / widder - weiter / Schanze - Bund dünnen<br />

Geästs / tusöüjt - zusieht / verdräjet - verdreht / Härte - Herz /<br />

op ejs - auf einmal / diepe - tief / Buck - Bauch /<br />

schräeblich - redselig / chenne - keine / finget - (sie) findet /<br />

Häffmut - Aufregung / Spöne - Späne / lött - (er) läßt /<br />

Bäjel - Beil / Sanktus - hier: Schläge, im Anklang an „Senge“ /<br />

wäit - (sie) weiß / Hämmetsmaue - Hemdsärmel / Schwäit - Schweiß /<br />

botzet - (er) putzt / Steerne - Stirn / cher - kein / Föüschte - Fäuste /<br />

söß - sonst / bäede - beide / tiehn - (sie) ziehen / chenn - (sie) geben /<br />

verchäeten - (sie) vergessen / wäetten - (sie) wissen /<br />

Kroh - Krähe /Verchöjserung - Verwunderung/ verlöjset - verliert /<br />

krucke! - umarme! / schmitt - (sie) wirft, schmeißt /<br />

roatschtich - völlig, ganz und gar / nou - nun, jetzt /<br />

Rouboascht - „Rauhbein“ / fäscht - fest / wäjk - weich, zart /<br />

chott - gut / dummelich - toll / dunn - tun / sachte - sanft /<br />

schöjbet - (er) schiebt / öhmet - (er) atmet / vertiëlt - erzählt /<br />

sooch - (sie) sah / chen - gegen, hier: zu<br />

Aschemiddewiäken<br />

Adolf Pick, Oedingen<br />

Se haren iän vannen Beinen huallt, feyf Dage konn hei allen trotzen,<br />

ne echte Söierländer Äike was Middewiäckens amme Kotzen.<br />

„Altweyber“ fäng dat Hurra aan, dat Alle, frum et ganze Johr,<br />

stong „Lüttecke“ amme Kalender, dann kam dat Anna nit meh kloor.<br />

Dunnersdages brannte’t diär, et flippere mol richtig öit,<br />

kraup in irgend enne Maske un rannte öit em Höise röit.


Fiär’n Wilm was dat en gurret Täiken, nöi harr hei auk mol endlick<br />

frey.<br />

Un amme üewerfüllten Tresen was’e lange met derbey.<br />

Am Freydag dann de eiste Apen, dei lätt siëck awwer reguleiern.<br />

Op der Arwet amme Schröifstock konn nit allteviëll passeiern.<br />

Owends dann de Halle schmücken - de Wilhelm kannte jeden Kniëpp,<br />

’ne Kiste Beier, scharpe Schnäpse, hei harr alles imme Griëpp.<br />

Sunnowends in enner Kneipe was aansatt ein Karnickelball.<br />

Hei woll siëck auk nit inachte niämmen, do mocht’e hiënn op jeden<br />

Fall.<br />

Aangegriëppen kam hei häime met Juppijeh un met Juchhei.<br />

Sunnowends stallt’e faste: Hei harr diän Apen Nummer drei.<br />

Öitgeriäcknet amme Grautsunndag mocht’e nau ’ner Silwerhochteyt.<br />

Op em Heimwiägg stellt’e fast, Nummer veier was nit weyt.<br />

Mandags kam dat graute Rennen. Eis saat’e arteg aan der Kasse.<br />

Dann schmeit’e siëck met voller Brust am Tresen in dei dulle Masse.<br />

Dat Alle kreig ne nit met häime. Glanz harr hei in en Augen stohn.<br />

Wöiviëlle Küßkes hei verschmeit, dat draff iëck wirkleck nit verroon.<br />

Et Danzmariechen in den Armen peip hei op de ganze Welt.<br />

Op enmol fell me selwer in: konn ick nit auk nau jünger sinn?<br />

Am Diensdag Muarren wußt’e nit, dat was mol wier dei echte Wilm,<br />

wöi hoi blauß was no heime kummen. Iäm fehlere ’en ganzen Film.<br />

Terheimen amme Kaffeidiske was et Anna amme Möilen,<br />

vergreip siëck dann an einem Fiske, ’en Kopp taum Biästen un taum<br />

Höilen.


Se reipen in ner Kneipe aan „Kumm met, vey wellt no Attendoren.“<br />

Do gaffte’t als wier niggen Sprit.<br />

Seyn Kiëgelclub was amme Hexen. Ohne Wilhelm geng dat nit.<br />

Alaaf, Helau twiälf Stunnen lang! En Geldböihl uapen, et hell nit<br />

drümme.<br />

De Weynkes un de Kümmerlinge kippern reygenweyse ümme.<br />

Se fegeren de Halle öit, aan siëck is dat en boises Teiken.<br />

Hei mochte nau met aller Kraft et eigene Berre nau erreiken.<br />

De Butze laggte inner Trappe, de Rock häng amme Küeckendisk.<br />

Amme Schape harr’e auk nau klauert Konfetti inne Dause Fisk.<br />

Drei Dage saggte’t Anna niks. Drei Dage was’et amme Kröiken.<br />

Kamillentei un Tweybacksbrocken konn’e serienweyse bröiken.<br />

Dann kam dei Daag, dei kummen mochte - dat Alle boise as en Stier.<br />

„Hogg en Stauhl op mi kaputt, Menske, awwer kuire wier!“<br />

Et Anna harr twäi Dage später Geburtsdag imme Höishaltsplan.<br />

Wat da use Wilm do hiät maket, dat geiht us alle niks meh aan.<br />

Worterklärungen<br />

Aschemiddewiäken - Aschermittwoch / huallt - geholt / feyf - fünf /<br />

Äike - Eiche / alt - schon / weyer - wieder / Alle - Alte /<br />

frum - besonnen; fromm / stong - stand / Lütteke - Donnerstag vor<br />

Rosenmontag, an dem die Kinder „Lütteke Fastnacht = Kleine<br />

Fastnacht“ feierten / meh - mehr / diär - durch / öit - aus /<br />

kraup - (sie) kroch / Höis - Haus / fiär - für / gurre - gute /<br />

nöi - jetzt, nun / frey - frei / derbey - dabei / eiste - erste / Ape - Affe /<br />

doi - der / loit - (er) ließ / Arwet - Arbeit /<br />

Schröifstock – Schraubstock / Kniëpp - Kniff / aansatt - angesetzt /<br />

mocht’e - mußte er / hiënn - hin / häime - heim, nach Hause /


met - mit / Grautsunndag - Karnevalssonntag („Groß-Sonntag“) /<br />

väier - vier / weyt - weit / graut - groß / eis - erst /<br />

schmäit - (er) warf, schmiß / kräig - (sie) bekam, kriegte /<br />

wöiviëll - wieviel / draff - darf (ich) / verroon - verraten /<br />

päip - (er) pfiff / fell - (es) fiel / auk - auch / nau - noch /<br />

Muarren - Morgen / wußt’e - wußte er / Wilm - Wilhelm /<br />

wöi - wie / iäm - ihm / terhäimen - zu Hause /<br />

möilen - schimpfen, schmollen, maulen / vergräip - (sie) vergriff /<br />

biästen - platzen / höilen - heulen / reipen - (sie) riefen / vey - wir /<br />

wellt - wollen / nigge - neu / twiälf - zwölf / uapen - offen, auf /<br />

hell - (es) hielt / Teiken - Zeichen / mochte - (er) mußte / Berre - Bett /<br />

Butze - Hose / Trappe - Treppe / Küeckendisk - Küchentisch /<br />

Schap, amme Schape - Schrank, am Schrank / klauert - geworfen,<br />

geschüttet / was’e - war er / kröiken - kröcheln, stöhnen /<br />

bröiken - brauchen, gebrauchen / mochte - (er) mußte / boise - böse /<br />

hogg! - Hau! Schlag! / mi - mir / kuier - sprich! rede!<br />

Viär Eostern<br />

Irmgard Pick, Elspe<br />

Et wor im Froihjohr 1947 (niëgentoihnhundertsiëbenunvötteg),<br />

Eostern stong ver der Deer. Mien Brauer, domols siëwen Johre alt, un<br />

mien Süster, sess Johre alt, wachteren op Eostern un dean Eosterhasen,<br />

doi dean boien Egger brengen sollte. Boie woren awwer nit säo<br />

loif wie unse Mömme se geren hat här. Dorümme saggte se fer uns<br />

Blagen: „Düt Johr geiht de Eosterhase an unsem Hiuse verbi, willen<br />

hoi koine Egger mehr fer seo ungezogene Kinger heät.“ Mien Brauer<br />

hoor siëck dat aan, dann stong et fer ean fast, et mochte en Hauhn her,<br />

wat fer dean Eosterhasen Egger laggte. Hoi wiggere mien Süster in<br />

sienen Plan in, un doi boien stibitzeren bi unsem Nohwern en Hauhn.<br />

Etwa hunnert Meter van unsem Hiuse entfernt stong ne dicke Hecke.<br />

Doi boien nahmen ne greoten Tuffelnkoarw un ab met deam Hauhn<br />

unger’n Koarw un in doi dicke Hecke. Awwer woher dat Fauer fer dat


Hauhn neammen? Vi harrn twar selber Hauhnder un Fauer, awwer dat<br />

wör jo opfallen. Also mochte mien Süster middags op iar Eaten<br />

verzichten, un domet wor dat Hauhn dann fauert. Mien Brauer, doi<br />

liuter Schmacht harre, verzichtere nit op sien Eaten. Seo geng dat droi<br />

Dage lang. Jeden Daag wor mehrmols unger dat Hauhn kucket, ob<br />

immer neo koin Oi do laggte, awwer liuter vergiawens.<br />

Miener Mömme was dat Verhallen der boien alt opfallen, awwer doi<br />

boien Blagen hallen dicht. Op emmol kam doi Nohweske un vertallte<br />

miener Mömme, dat ärre gurre Hahn nit mehr do wör, un ob soi dat<br />

Voih villichte soihn här. Miener Mömme geng en Lecht op, un en<br />

gehöriget Dunderwear fer doi boien Üeweltäter wor fällig, awwer eok<br />

im Gespräch met unsem Var en Gelächter. Un näo bit taum heutigen<br />

Dage moffi Geschwister immer neo lachen, dat doi boien statt en<br />

Hauhn nen Hahn taum Egger leggen klauet het. De Eosterhase harr<br />

dann doch en Insoihn un laggte doch in unsem Gaarn fer jeden Egger,<br />

un de Welt wor fer us Kinger wier in Ordnunge.<br />

Worterklärungen<br />

viär - vor / Eostern - Ostern / stong - stand / ver (unbetont) - vor /<br />

Deer - Tür / Brauer - Bruder / Süster - Schwester / sess - sechs /<br />

wachteren - (sie) warteten / op - auf / boie - beide / Egger - Eier /<br />

loif - lieb / Mömme - Mutter / hat - gehabt / här - (sie) hätte /<br />

fer - für, hier: zu / düt - dieses / usse - unser / Hius - Haus /<br />

verbi - vorbei / willen - weil / hät - (er) hat / hoor - (er) hörte /<br />

ean - ihn / mochte - (es) mußte / wiggere - (er) weihte /<br />

Nohwer - Nachbar / unger - unter / Tuffelnkoarw - Kartoffelkorb /<br />

vi - wir / harrn - (wir) hatten / Haunder - Hühner / opfallen -<br />

aufgefallen / Eaten - Essen / fauert - gefüttert / hallen - (sie) hielten /<br />

Blagen - Kinder / Nohweske - Nachbarin / ärre - ihr / gurre - gute /<br />

flietig - fleißig / Voih - Vieh / soihn - gesehen/ eok - auch /<br />

moffi - müssen wir / neo - noch / leggen - legen / Kinger - Kinder


Use siëwen Tückelkes<br />

Rudi Plugge, Elspe<br />

Se het en putzig kloinet Huisken<br />

met em schoinen Stiäweken,<br />

un doviär, im Hiäweken,<br />

steiht en Düppen met Hawerkiären<br />

un em Waternäppken.<br />

Friäten daut se ase de Diärsker,<br />

weil se liuter rümmehüppet,<br />

use siëwen Tückelkes.<br />

Mol en wennig Hawerpäppken,<br />

mol en Wörmken oder süß en Deilken,<br />

un dotüsker af un tau<br />

äok vam Gras en Speierken,<br />

bit se obends moihe sind.<br />

Dann is Rugge imme Hiäweken.<br />

Un im kloinen Stiäweken<br />

hingerm Finster<br />

sittet dann use siëwen Tückelkes<br />

un piepet: „Gurre Nacht!“<br />

Worterklärungen<br />

use - unsere / siëwen - sieben (Zahl) / Tückelkes - Hühnchen /<br />

het - (sie) haben / Huisken - Häuschen / met - mit / em - einem /<br />

Stiäweken - Stübchen / doviär - davor / Hiäweken - Höfchen, kleiner<br />

Hof / Düppen - Schüssel / Hawerkiären - Haferkörner /<br />

Waternäppken - kleiner Wassernapf / friäten - fressen /<br />

daut - (sie) tun / liuter - immer / rümmehüppet - (sie) hüpfen umher /<br />

Hawerpäppken - Haferbrei / Wörmken - Würmchen / süß - sonst /<br />

Deilken – Teilchen / dotüsker - dazwischen / af un tau - ab und zu /<br />

Speierken - Hälmchen / moihe - müde / Rugge - Ruhe / hinger - hinter


Glücke<br />

Franz Josef Schlimm, Olpe-Lütringhausen<br />

Luter höört me wier melden,<br />

Glücke gäffte’t wahne selden.<br />

Iëck bewiese schwart op witt,<br />

diëse Meldunge stemmet nit!<br />

Näi, dei Lüe hent en Knall!<br />

Glücke giëtt et üwwerall.<br />

Seihnt! Wei blouß ens kuraschäiert<br />

in de Groutstaadt Olepe föühert<br />

un bekieket siëck dei Stroten,<br />

wou hei’t Auto stohn künn loten<br />

un dann finget noch ne Lücke<br />

tau me Parriken, het me Glücke.<br />

Wei met äiner Fraue bestatt is,<br />

dei noch diënndag piakeschwart is,<br />

moren awwer as Blondine<br />

häime küënnt im Mondenschiene,<br />

un hei kennt se trotz Perücke<br />

jo, miensäil, dei het Glücke.<br />

Gäiht me in dat Restourang<br />

vam Chinäisen Tsching-Tschung-Tschang,<br />

ohne diësen netten Kloon<br />

op chinäisisch te verstohn,<br />

un bestellt siëck as Menü<br />

„tuck-tuck-tuck-a-la-kikeri“<br />

un kritt ohne viëll Bohäi<br />

echtet Hauhnder-Frikassäi<br />

- statt woumüëglick Schlieken-Stücke -<br />

het me Glücke.


Lött me diënndag bi me Gammelen<br />

ümme’n Kopp de Hoore zammelen,<br />

un me maket diëtt Theater<br />

lange ohne Säip un Water<br />

un et giëtt kein Luusgejücke<br />

het me Glücke.<br />

Noch van dousend anderen Fällen<br />

künn iëck mindestens vertellen,<br />

wou dat Glücke, as me siëtt,<br />

äinfach op d’r Strote liëtt.<br />

Wann me luter noch hört melden,<br />

Glücke gäffte’t wahne selden,<br />

is dat doch bi souviëll Glücke<br />

äigentlick en starket Stücke!<br />

Worterklärungen<br />

luter - immer / me - man / wier - wieder / wahne - sehr /<br />

bewiese - (ich) beweise / witt - weiß / näi - nein / Lüe - Leute /<br />

hent - (sie) haben / giëtt - gibt / seihnt! - seht! / wei - wer /<br />

ens - einmal / föühert - fährt / bekieket - (er) besieht, beschaut,<br />

betrachtet / Strote - Straße / wou - wo / hei - er / loten - lassen /<br />

finget - (er) findet / Parriken - Parken / het - (er) hat /<br />

bestatt - verheiratet / diënndag - heute / piakeschwart - pechschwarz /<br />

moren - morgen / as - als / häime - nach Hause, heim /<br />

küennt - (sie) kommt / miensäil - wahrhaftig (Beteuerung: meiner<br />

Seele!) / op - auf / kritt - bekommt, erhält / Bohäi - Umstand /<br />

guëdd - gut / Haunder - Hühner / Schlieke - Regenwurm /<br />

lött - (man) läßt / gammelen - herumlungern / zammelen - in Strähnen<br />

wachsen lassen / diëtt - dies / Säip - Seife / Luusgejücke - Lause-<br />

Gejucke / siëtt - (man) sagt / liëtt - (es) liegt /


Doum<br />

Karl-H. Falk, Attendorn<br />

1. Maket wat ute d’r Ere 4. Steine bearwen<br />

se is Au leihnt!<br />

met Knüppel un Iesen.<br />

Woorde vam Heren,<br />

Fratzen spigget Water,<br />

Glouwe füör uns. –<br />

Biëller,<br />

Steine ut’m Buuk d’r Ere, Engel un Hillige<br />

Eiken van en Biärgen<br />

un diän Heren<br />

weerd nu bearwet<br />

dout am Krüze.<br />

no em Mote det Mesters.<br />

Taum Hängefallen.<br />

Se bugget en Doum.<br />

Hei bugget am Doum.<br />

2. Steine bearwen 5. Richtop de Riwwen<br />

milliounen Johr olt<br />

Houg as de Müer<br />

Johr füör Johr<br />

schlinget siëck uawen<br />

met Knüppel un Iesen.<br />

nit Aanfang nit Enge<br />

Quader üm Quader<br />

in Pässen un Blosen<br />

füör Müer un Fundament,<br />

ase Blaumen<br />

keimes süht se<br />

Gedanken ut Stein.<br />

ungen in d’r Ere.<br />

Grout dei Rouse<br />

Se bugget am Doum.<br />

buar d’r Pote.<br />

3. Steine bearwen 6. Hei kam ase Büekel,<br />

met Knüppel un Iesen,<br />

lahrte sin Handwiärk,<br />

Profile füör Pieler,<br />

was Geselle,<br />

Mootwiärk un Pote,<br />

is Vormann.<br />

dei Krüzblaume<br />

Met griesen Horen<br />

houg op’m Touern<br />

nu wölwet hei Gurte,<br />

te seihn,<br />

wölwet Riwwen<br />

noge bi’m Hiëmmel.<br />

van Pieler tau Müer.<br />

Hei bugget am Doum.<br />

Ase gefallene Hänge.


7. Klocken un Fahnen 8. En andermol Stille.<br />

Waslechter,<br />

Im halwen Lecht<br />

Blaumen,<br />

huket Lüe.<br />

Örgel un Chor.<br />

Kummet met Huapnung,<br />

Pontifikalamt.<br />

Suarre im Hiärten.<br />

Priester weert wigget.<br />

Biän,<br />

Douenmisse,<br />

met gefallenen Hängen.<br />

Hochtiet, Doupe.<br />

Se seiket en Heren<br />

Et bruset im Doum.<br />

hi imme Doum.<br />

Worterklärungen<br />

Doum - Dom / maket! - macht! / Ere - Erde / Au - Euch, Ihnen /<br />

Woorde - Worte / Heer, vam Heren - Herr, vom Herrn / Buuk - Bauch<br />

/ Eike - Eiche / weerd - (sie) werden / bearwet - bearbeitet / Moot, no<br />

em Mote - Maß, nach dem Maß / Mester - Meister / bugget - (sie)<br />

bauen / Iesen - Eisen / Müer - Mauer / keimes - keiner, niemand /<br />

ungen - unten / hei - er / Pieler - Pfeiler / Mootwiärk - Maßwerk /<br />

Krüzblaume - Kreuzblume / houg - hoch / Touern - Turm /<br />

seihn - sehen / noge - nah / spigget - (sie) speien, spucken /<br />

Biëller - Bilder / Hillige - Heilige / dout - tot /<br />

Hängefallen - Händefalten / richtop - hochgerichtet / Riwwen -<br />

Rippen / grout - groß / buar - über / Pote - Pforte, Tor, Tür / ase - als /<br />

Büëkel - kleiner Junge / lahrte - (er) lernte / was - (er) war /<br />

gries - grau / gefallene - gefaltete / Hänge - Hände / Klocke - Glocke /<br />

Waslecht - Wachslicht, Kerze / wigget - geweiht /<br />

Douenmisse - Totenamt / Doupe - Taufe / bruset - (es) braust /<br />

halw - halb / huket - (sie) hocken / Suarre - Sorge / Hiärt - Herz /<br />

biän - beten / seiket - (sie) suchen / hi - hier


Präsidentenwahl in Amerika<br />

amme Enge van diäm Johr 2000 (tweidiusend)<br />

Elisabeth Kaiser, Oberhundem<br />

Twei Mann an der Tahl,<br />

ställten iärk tau der Wahl.<br />

Bush un Gore weren doi Namen,<br />

doi do op doi Liste kamen.<br />

Et was wall viäriut te soihn,<br />

dat se hän balle mocht Pinneken toihn.<br />

Doch wat afloip bi diënn Wahlgeschichten,<br />

do konnt neo Generatieonen van berichten.<br />

Boie roiseren wiäkenlang der’t Land,<br />

wollen Wählerstemmen fangen<br />

un makeren iäre Parolen bekannt.<br />

Bi ennem soll alles biätter weren,<br />

doi andere, dei verherre ne diän Hiëmmel op Eren.<br />

De ganze Welt met Spannunge soh,<br />

wat siëck in Amerika seo doo.<br />

Dat greote Land imme Wahlkampffeiwer.<br />

En Bundesstaat woll diän Busch, diän anderen was de Gore loiwer.<br />

Boie satten iärk in’t rechte Lecht.<br />

En jeder saggte: „Iëck make’t au recht.“<br />

Dobi teog eok mol einer iuwer diän andern hiär.<br />

Iëck dachte: Worimme kiährt doi nit jeder ver siener eigenen Diär?<br />

Dat sellen se endlech doch begriepen<br />

un iärk in’t eigene Fell mol kniepen.<br />

Wiu diäme eok was, ase doi Wahldag stong op diäm Plan,<br />

manegerein doi Nacht nit in’t Berre kam.<br />

Soi gengen ganz siëcker dovan iut:<br />

Moren Muaren suiht de Welt in Amerika ganz anders iut.<br />

Dat se iärk dobi han in de Finger schniën,<br />

dat het se ganz fix te spiären kriën.<br />

Wiäkenlang het se iärk met der Tellerie Arewet maat,<br />

de Clinton neo lange op sienem Stauhle saat.<br />

Diän Uiewesten Gerichtshuaf, diän schalteren se in.


Doch doi brachte eok niks Geschoites dogiënn.<br />

Dat Interesse an der Sake nahm langsam af in der Welt.<br />

De Luie doi dachten: Lot se doch maken, wat se wellt!<br />

Imme doi Geschichte an’t Enge te driewen,<br />

loiten se dat Tellen van diän lesten Stemmen einfach bliewen.<br />

De Bush wor met knappem Viärsprung doi eiste Mann<br />

un trachte sien Amt no einegen Wiäken aan.<br />

Doch eger hoi diän Eid aflaggte,<br />

hoi niggemoideske Affären in’t Spiëll brachte.<br />

Viëlle Amerikaner dachten stille:<br />

Is dat wall des Volkes Wille?<br />

Wiu diäme eok is: Veier Johr mott se iärk met me rimme kriegen,<br />

un dann kann de Gore neo liuter op et Träppken stiegen.<br />

Worterklärungen<br />

Enge - Ende / iärk - sich / weren - (sie) waren / op - auf /<br />

wall - wohl / viäriut - voraus / soihn - sehen / hän - (sie) hätten /<br />

balle - bald / mocht - gemußt / toihn - ziehen / afloip - ablief /<br />

diënn - diesen / boie - beide / roiseren - (sie) reisten /<br />

wiäkenlang - wochenlang / der (unbetont) - durch / iäre - ihre /<br />

verherre - (er) verhieß / Ere - Erde / soh - (sie) sah / doo - (es) tat /<br />

greot - groß / Wahlkampffeiwer - Wahlkampffieber / loif - lieb /<br />

satten - (sie) setzten / au - euch, Ihnen / teog - (er) zog / eok - auch /<br />

iuwer - über / worimme - warum / ver (unbetont) - vor /<br />

sellen - (sie) sollten / kniepen - kneifen / wiu - wie / was - (es) war /<br />

ase - als, wie / stong - stand / manegerein - manch einer / Berre - Bett /<br />

moren Muaren - morgen früh / suiht - sieht / iut - aus /<br />

han - (sie) hatten / schniën - geschnitten / kriën - bekommen, gekriegt /<br />

Tellerie - Zählerei / maat - gemacht / neo - noch / uieweste - oberste /<br />

dogiënn - dahin / af - ab / Luie - Leute / lot! - laß! laßt! / imme - um /<br />

driewen - treiben / loiten - (sie) ließen / leste - letzte /<br />

bliewen - bleiben / eiste - erste / trachte - (er) trat / Wiäke - Woche /<br />

eger - ehe / niggemoideske - neumodische / wall - wohl / veier - vier /<br />

mott - (sie) müssen / met me - mit ihm / rimme - herum /<br />

stiegen - steigen


Unger us vertallt<br />

Paul Zeppenfeld, Grafschaft<br />

Am Fastowendsunndag in Niederberndoarp, do was wat lääs. Do<br />

Strote was schwatt van Luien. Se wören öüt deäm ganzen<br />

Schmallmesken Suerlande kummen, ümme siëck deän Fastowendszug<br />

aantesoihn. An der Spitze de Fahnendreäger met em Funkenmariechen.<br />

Dann de Fleckmerske Knüppelmusik ase Höüsmänner im<br />

Kiël un Schiärte un en Plett op em Koppe. Dohinger en Gen-Labor op<br />

veier Raa met em Riesenkürbis drinne, doi van enner Gen-Mafia<br />

toagen wor, doi wahne gruseleg öütsöhn.<br />

Prinz Stefan I (de Eiste) un Prinzessin Verena met Gefolge op ennem<br />

wunderschoinen Prinzenwagen. Doi Arper Prinz Josef I (de Eiste)<br />

brachte op seynem Wagen öüt „Döüsend un enner Nacht“ gleyk dät<br />

ganze Harem met.<br />

De Keärls vam „Männerclub“ hengen in der „Puppenkiste“ ase<br />

Marionetten an Bängen. Sää harren de Fruggens eäre Keärls über<br />

Fastowend mol faste an der Leyne.<br />

Un dann nä doi viëllen Fußgruppen met Funkenmariechen, Indianer-<br />

Squaws, Scheiche un Fruggens met Spaghetti op em Koppe. Op<br />

ennem gräten Schille stong: „Wollt ihr kein Fleisch vom Rindvieh,<br />

dann eßt Spaghetti von Napoli.“ Doch eismol gaffte’t fär doi Gecken<br />

nur Kamelle.<br />

In Üäwerkeärken het se de Keärke nigge üäwerhalt. Sää mochten doi<br />

öütweyken, bo se Misse hallen konnen. Vär koartem seyd de<br />

Üeberkeärkesken wier in eärre renovierte Keärke intoagen. „Soi is<br />

wunderschoin woren!“ Dät is nit ments de Moinunge van diän<br />

Üeberkeärkesken, sondern ääk van deän Besoikern öüt noh un fern.<br />

Bit et sä weyt was, mochte de Misse üeber viëlle Monate in der allen<br />

Strickerey van Feldmanns (Stricke-Wilm) fiert werden. Fär de Ersatz-<br />

Keärke harren se beym Frähschoppen fix ne niggen Namen fungen.<br />

Weyl Wilhelm Feldmann vär über twinteg Johren op em Schützenfeste<br />

Koiser woren is, het se de Strickerey „Kaiser-Wilhelm-Dom“<br />

nannt.


Vär 25 (feywentwintig) Johren mochte de Gemoinde all mol öütoihn,<br />

weyl de Keärke ümmebugget wor. Domels fiereren se de Misse in<br />

Rickerts Autowerkstië, doi ääk ne Tankstië harr. Jedesmol, wann se in<br />

de Misse wollen, saggten de Luie: „Vey gatt in de Aral-Keärke.“<br />

Acht Schmallmeske het vär koartem ne Kruizfahrt op der „bloen“<br />

Donau no Wien un Budapest macht. De „Swiss Diamond“ was en<br />

„Traumschiff“, ments nit ganz sä gräät ase 't im Fernsehn is. Bey<br />

allem Komfort gaffte’t am eisten Obend Probleme, ase eärk de<br />

Kruizfahrer taum Schlopen in de Kojen liëgen wollen. Do brannte ne<br />

gräte Lampe op deäm Nachtdisk. Abber kenn Schalter taum<br />

Öütmaken was te fingen, obwall de ganze Kajütte op en Kopp stallt<br />

wor. Lesten Enges dee de Schenk seynen Anorak üeber deän Schirm<br />

hangen, de Kewes heät de Beär röütdregget un de Ridder op ennen<br />

räoen Knääp drucht. Dät was abber de Knääp fär’n Alarm. Peynlech!<br />

Denn hoi stong all in der Ungerbükse. Am andern Moargen saggte<br />

seyne Frugge: „Nä sau fix heww iëck Franz-Josef nä nit in seynem<br />

Anzuge wier soihn.“<br />

Un bo was de Schalter nöü? Ase moargens de Gardeynen optoagen<br />

woren, do kam’e taum Vörscheyn. De Meiler harr mehr Glücke. Hoi<br />

was no deäm Motto op Soike gohn: „Woi soiket, doi finget.”<br />

Bit balle mol wier!<br />

Worterklärungen<br />

unger - unter / us - uns / Fastobendssunndag - Karnevalssonntag /<br />

was - (es) war / lääs - los / Strote - Straße / schwatt - schwarz /<br />

Luie - Leute / wören - (sie) waren / öüt - aus / Schmallmesker<br />

Suerland - Bereich Schmallenberg innerhalb des Sauerlandes /<br />

aantesoihn - anzusehen / Fleckmerksk - zu Fleckenberg gehörig,<br />

Knüppelmusik / ase - als, wie / Höüsmänner - Hausmänner /<br />

Kiël - Kittel / Schiärte - Schürze / Plett - Tuch / dohinger - dahinter /<br />

veier - vier / Raa - Räder / toagen - gezogen / wahne - sehr /<br />

op - auf / Arper - zu Arpe gehörig / hengen - (sie) hingen /<br />

Bänge - Bänder / harren - (sie) hatten / Frugge - Frau / gräät - groß /<br />

eismol - erst einmal / bit - bis / balle - bald / wier - wieder /


Üäwerkeärken - Oberkirchen (Ortsname) / het - (sie) haben /<br />

nigge - neu / üäwerhalt - überholt / sää - so / mochten - (sie) mußten /<br />

öütweyken - ausweichen / bo - wo / vär - vor / seyd - (sie) sind /<br />

ments - nur / ääk - auch / weyt - weit / alle - alte / fiert - gefeiert /<br />

fär - für / fungen - gefunden / twinteg - zwanzig / het - (sie) haben /<br />

öütoihn - ausziehen / ümmebugget - umgebaut /<br />

Autowerkstië - Autowerkstatt / vey - wir / gatt - (wir) gehen /<br />

blo - blau / schlopen - schlafen / liëgen - legen / kenn - kein /<br />

stallt - gestellt / dee - (er) tat / Kewes - (Familienname) / Beär - Birne,<br />

hier: Glühbirne / röütdregget - herausgedreht / räoe - rote /<br />

Knääp - Knopf / drucht - gedrückt / hoi - er / Ungerbükse - Unterhose/<br />

weäst - gewesen / bo - wo / nöü - jetzt, nun / Soike - Suche /<br />

gohn - gegangen<br />

Dei Fortschritt<br />

Maria Hütte, Drolshagen<br />

Wann iëck mi unse Welt beseih<br />

un en Parallele teih<br />

tau dian diartiger, viartiger Johren:<br />

Wat is ut unser Welt geworen?<br />

Domols wor alles noch intakt un glatt.<br />

Me sprook op de Schrift odder bläif bi sienem Platt.<br />

Iëck si fürr Fortschritt, guëtt, dat me’n hät,<br />

doch küennt bi diam Tempo unseräin nit mäih met.<br />

Domols worent Kinger noch Blaan un keine Kids.<br />

Do worent de Schlager noch keine Medleys un Hits.<br />

Et T-Shirt wor domols noch unbekannt,<br />

en aanständig Hiëmmet wor unse Untergewand.<br />

Vi kanntent keinen Computer, kein Videou<br />

un worent ouk ohne Inline-Skater frouh.<br />

Me ha keinen Taschenriakner un sou Saken.<br />

Vi muchtent unse Schaulesaken noch selwer maken.


Null Bock op de Schaule hät et ouk nit jegiawen.<br />

De Devise hette: I lehrent für et Liawen!<br />

Vi worent in keinen Gameboy verliebt,<br />

un ouk nit happy, wann et Tamagotchi piept.<br />

De Jugend van heute - stellent Auk vüör!<br />

stott op Ringe un Brillis in Nase un Ohr!<br />

Awwer dat Schärpeste - et is keine Fabel,<br />

dei hänt sougar en Brilli im Nabel!<br />

Jäider hät en Handy in der Tasche! - Ick wedde,<br />

dei niamment dat Dingen sougar met in’t Bedde!<br />

Iëck sië Auk: Et liëtt op der Hand,<br />

bole giëtt et mäih Handys as Tahnböisten im Land.<br />

Up to date is blouß mäih dei Mann,<br />

dei e-mailen un faxen kann,<br />

dei surfen kann im Internet,<br />

un do en äigene Homepage hät,<br />

diam keiner op der Leitung stäiht,<br />

un dei täglich online gäiht.<br />

Of äiner Liebeskummer odder Schwäitbäine hät,<br />

alles lött siëck regeln per Internet!<br />

Do schicket, wei dout gäiht, en E-Mail in’t Netz:<br />

Ich habe fertig - Petrus - komme jetz!<br />

Dobi daunt se sou jeschoit un wichtig,<br />

as wörent vi Olen imme Koppe nit richtig!<br />

Dei Fortschritt is mi nit jehoier.<br />

Do luawe iëck mi dat Tempo van froiher.<br />

Mag et Internet für miëck en Geheimnis bliewen,<br />

iëck were widder miene Breiwe schriewen.<br />

Lott se mienetwiagen de Computermaus klicken!<br />

Vi wellt jetroust in de Zukunft blicken,<br />

wiëten, dat dei ole Guatt noch liawet.<br />

Hei bestimmet, wei wann de Welt ut denn Angeln hiëwet.<br />

Äine Bitte an denn Hiärrguatt häwwe iëck noch,<br />

un iëck huape, dat et batt:<br />

Erhole uns unse dütsche Sproke<br />

un unse leiwe, ole Platt!


Worterklärungen<br />

wann - wenn / mi - mir / beseih - (ich) besehe, betrachte /<br />

teih - (ich) ziehe / diartig - dreißig / viartig - vierzig / ut - aus /<br />

me - man / sprook - sprach / op de Schrift - hochdeutsch (im<br />

Unterschied zu plattdeutsch) / bläif - (er) blieb / si - (ich) bin /<br />

guëtt - gut / hät - (man) hat / küennt - (er) kommt / mäih - mehr /<br />

met - mit / Blaan - Kinder / Hiëmmet - Hemd / frouh - froh /<br />

vi - wir / Taschenriakner - Taschenrechner / sou - so, hier: solche /<br />

muchtent - (wir) mußten / Schaulesaken - Schularbeiten /<br />

ouk - auch / jegiawen - gegeben / hette - (sie) hieß / i - ihr /<br />

lehrent - (ihr) lernt / auk - euch / stott - (sie) stehen / op - auf /<br />

schärpest - schärfest / hänt - (sie) haben / wedde - (ich) wette /<br />

niamment - (sie) nehmen / liëtt - (es) liegt / bole - bald /<br />

Tahnböisten - Zahnbürsten / Schwäitbäine - Schweißfüße /<br />

lött - (es) läßt / wei - wer / dout gäiht - stirbt, „tot geht“ /<br />

daunt - (sie) tun / as - als / wörent - (wir) wären / ole - alte /<br />

froiher - früher / bliewen - bleiben / were - (ich) werde /<br />

widder - weiter / Breiwe - Briefe / lott! - laß! laßt! / wiëten - wissen /<br />

liawet - (er) lebt / hiëwet - (er) hebt / batt - (es) nützt, hilft /<br />

erhole! - erhalte! / leiwe - liebe


Reiterhuaf Heinemann soiket en niggen Perrefleger<br />

Elisabeth Kaiser, Oberhundem und Rudi Plugge, Elspe<br />

Personen:<br />

Fabian, der Bewerber und Hubertus, der Inhaber des Reiterhofes<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Alseo, diusend Mark Monatsleohn, Krankenkasse un<br />

seo wat, dät heert doch derbi.<br />

Dat geiht in Ordnung. Siëcker!<br />

En Biusparvertrag heww’ iëck eok neo amme Leopen.<br />

Doi weert doch äok widder betahlt?<br />

Geiht in Ordnung!<br />

Kamer met Fernsehn un Dusche is doch siëcker kloor!<br />

Iëck schlope nit im Stalle bi diän Perren ase dät fregger<br />

Meode was.<br />

Iëck hewwe et hoort.<br />

Un wann miene Frendin kiëmmet, kann se doch eok<br />

allet metbriuken. Iëck kann dat Mätken doch nit unger<br />

de Pumpe schicken, dät mass’e doch verstohn.<br />

Geiht in Ordnung.<br />

Et matt eok liuter en Rietperd fer miëck peroot stohn.<br />

Iëck kriege tau jeder Dagestied Lust taum Riën. Iëck<br />

här awwer gern en figelant Perd, nit dat alle, wat do<br />

hingen an der Hecke steiht!<br />

Dat geiht in Ordnung.<br />

Un miene Frendin weiß’e, dei well eok all emol op dät<br />

Perd. Et kann’t neo nit recht, awwer - et weer schoin,<br />

diu gäfftest iämme en wennig Nohillepe.<br />

Jo, iëck hewwe’t hoort, hewwe’t hoort.<br />

Mien Vatter, doi well miëck af un tau besoiken. Hoi här<br />

dann gern en guëtt Froihsticke.<br />

Jo, iëck hewwe’t hoort. Siëcker. Geiht in Ordnung.<br />

Geiht in Ordnung. Siëcker.


Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Miene Mama doi well diän Summer nit op de<br />

Malediven, doi well gern bi Au Iurleob maken, bis’e<br />

doch met inverstohn.<br />

Gewiß, geiht in Ordnung. Siëcker.<br />

Wann iëck Geburtsdag hewwe, dann goh iëck geren<br />

dovan iut, dät fer miëck un miene Kumpels ne Fete<br />

stallt weerd.<br />

Jo, dat geiht eok in Ordnung, siëcker.<br />

Un dann, geregelte Frietied, dat is doch eok<br />

selbsverständlech.<br />

Jo, dat is mi kloor.<br />

Awwer wann’t mi mol spä weerd, weiß’e, seo<br />

Fastowend, Schützenfast, oder no ner Disco, un Fautballspiëll<br />

oder seo, jo, dann kumme iëck et Muarens<br />

seo schlecht iut diäm Kilter. Awwer dann mechtest diu<br />

mi’t Froihsticke no der Kamer brengen. Un diän Stall<br />

mechtest diu dann eok maken. Diu weißt jo, fauern un<br />

misten un striegeln un seo wat.<br />

Na ja, iëck hewwe’t hoort.<br />

Diu giäst doch eok siëcker wiän, doi mi de Schauh<br />

wichset un de Hiëmeder bügelt. Awwer nit einfach met<br />

Spigge! Mott richteg blank putzet weren! Un diän<br />

Perremist richteg afkratzen!<br />

Jo, dat geiht in Ordnung.<br />

En guëtt Christkingeken is doch eok siëcker drinne?<br />

Siëcker!<br />

Nit bleoß en paar Nuiete uawen unger’n Hiften<br />

sammelt, ungerm Berrege, doi soike iëck mi sellewer,<br />

oder en paar Platzkes un Fiusthänsken. Iëck dachte do<br />

mehr an seo moderne Elektronik, dat suihst diu doch in.<br />

Iëck hewwe et hoort, jeo.<br />

Jo, seo, dät weer fer’t eiste alles. Dann sin vi uns jo<br />

eineg. Wanneh kann iëck aanfangen?<br />

Jo - seo ganz stemmet doi Sake neo nit. Iëck här do eok<br />

neo seo einiges tau te siën.


Fabian: Jo, iëck wißte nit, wat. Awwer – seo schlimm weerd et<br />

wall nit sinn. Dann schuit mol los!<br />

Hubertus: Giäst diu seo dicke witte Knoihuasen ?<br />

Fabian: Jo, wann’t sinn matt, geiht in Ordnunge.<br />

Hubertus: Ja, do höört dann awwer neo seo ne stumpe, witte<br />

Ungerbutze bi.<br />

Fabian: Is siëcker aan te kummen, geiht in Ordnunge.<br />

Hubertus: Aha! Jo, dann fehlt neo ne Schottenrock met seo ne<br />

ganz besonderen Karomuster drinne.<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Niu kumme iëck awwer nit meh met.<br />

Ne karierte Müske - ne karierte Müske met ner reoen<br />

Bommel drop, doi matt awwer eok neo sinn!<br />

Fabian: Biuer, niu weit iëck nit -<br />

Hubertus: Ja, dat -<br />

Fabian: Iëck meine, iëck weit nit meh widder! Wat soll dät<br />

eigentlich giënn - dät heert dobi odder wat sall dat - ?<br />

Hubertus: Ja - ja, ja, dat - dat höört dobi. Dat höört dobi.<br />

Fabian: Imme alles in der Welt, dät giät doch met der<br />

Perreflege niks te daune.<br />

Hubertus: Jo, do giäst diu recht, met diän Perren giät dät niks te<br />

daune, awwer met mi. Diu kannnst doch siëcker seo’ne<br />

schottesken Diudelsack spiëllen?<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Fabian:<br />

Hubertus:<br />

Biuer, niu bist diu ratz dulle.<br />

Jo, iëck sin dät seo gewuënnt, dät iëck am Fierowend<br />

van usem Perrejungen im Schottenrock un met<br />

Diudelsackspiëll ungerhallen were.<br />

Dat is unmiëglech. Tau seowat giäwe iëck miëck nit<br />

hiär, do kitt miëck koine toihn Rietperre tau!<br />

Jo, doit mi leie, dann kann iut unsem Handel niks<br />

weren. Maak de Diär van biuten tau!


Worterklärungen<br />

soiket - (er) sucht / nigge - neu / Perrefleger - Pferdejunge, Knecht,<br />

dem die Pflege der Pferde obliegt / sin - (ich) bin / hi - hier /<br />

diusend - tausend / heert - (es) gehört / Kamer - Zimmer, Kammer /<br />

schlope - (ich) schlafe / fregger - früher / Meode - Mode /<br />

Frendin - Freundin / kimmet - (sie) kommt /<br />

metbriuken - mitverbrauchen, mitgebrauchen / Mätken - Mädchen /<br />

unger - unter / diu - du / matt - (es) muß / eok - auch / liuter - immer /<br />

fer (unbetont) - für / peroot - bereit, parat / kriege - (ich) bekomme,<br />

erhalte / Dagestied - Tageszeit / riën - reiten / här - (ich) hätte /<br />

figelant - munter, gesund, kräftig / Klepper - mageres, hinfälliges<br />

Pferd / weer - (es) wäre / Nohillepe - Nachhilfe / af un tau - ab und zu/<br />

besoiken - besuchen / Froihsticke - Frühstück / au (Dativ) - euch,<br />

Ihnen / Iurleob - Urlaub / inverstohn - einverstanden / weerd - (es)<br />

wird / Frietied - Freizeit / spä - spät / et Muarens - am Morgen,<br />

morgens / Kilter - Bett / mechtest - (du) müßtest / fauern - füttern /<br />

giäst - (du) hast / wiän - wen, hier: jemanden / Hiëmeder - Hemden /<br />

Spigge - Speichel, Spucke / mott - (sie) müssen /<br />

Christkingeken - Weihnachtsgeschenk / bleoß - nur, bloß /<br />

Nuiete - Nüsse / uawen - oben / Hifte - Strauch, Busch / Berreg - Berg,<br />

hier: Wald / Fiusthänsken - Fausthandschuhe / eger - eher /<br />

suihst - (du) siehst / fer’t eiste - für’s erste / sin vi - sind wir /<br />

wanneh (interrogativ) - wann/ Sake - Sache / siën - sagen /<br />

wißte - (ich) wüßte / sinn - sein / schuit! - schieß! / witt - weiß /<br />

Knoihuasen - Kniestrümpfe / matt - (es) muß / stump - kurz /<br />

Ungerbutze - Unterhose / aan te kummen - dran zu kommen, zu<br />

erhalten / Miske - Mütze / reoe - rote / Biuer - Bauer, Landwirt /<br />

widder - weiter / imme - um / gewuënnt - gewohnt /<br />

Fierowend - Feierabend / kitt - (sie) kriegen, bekommen / toihn - zehn/<br />

Rietperre - Reitpferde / doit - (es) tut / leie - leid / Diär - Tür /<br />

biuten - draußen


Erliäwnisse öüt der weyen Welt<br />

Paul Tigges, Ebbinghof<br />

Iëck was met änner Frau Schenk öüt Schmallmereg op deäm<br />

Söüerländer Heimatdag am 25. 5. 1999 (feywentwintigsten feyften<br />

niëgenteihnhundertniëgenunniëgenzig) in Essel. Do worte ment Platt<br />

kuiert, oder et worte taumindestens versocht. Iëck hewwe miëck äok<br />

te Wore meldet un folgendes saggt:<br />

Uëse Suënn, dei berufsmötig in Australien is, harre us, meyne Frugge<br />

un miëck, inlatt, eäne un seyne Familie te besoiken.<br />

Vey harren eis wahne Bedenken, dät in uësem Aller te wogen. Meyne<br />

Frugge is 78 (achtensiëbbenzig) un iëck sin balle 83 (dreienachtzig)<br />

Johre alt. As uëse Blagen us awwer üewertuiget harren, dät vey düt all<br />

schaffen wörten, heff vey us op de Roise maket. Doi Roise döüere met<br />

Tüskerlandunge etwa 24 (veierntwintig) Stunne. Bey deär Roise un<br />

bey deäm Veierweäken-Oppenthalt bey uësem Suënn meärkeren vey,<br />

böü wichtig doi englische Sproke is. Vey boiden allen Luie kuiert<br />

perfekt Platt, awwer kein Woort Englisch. Wann me dann mol dät,<br />

wat englisch schriëwen is, te üewersetten versoiket, heff vey meärket,<br />

dät im Englischen manchmol plattduitske Öütdrücke veärkummet.<br />

As iëck nöü mol op deär Bank was, ümme feär meyne Schecks bare<br />

Dollars te töüsken, frogere dät Menske hinger deäm Schalter miëck<br />

wat. Iëck meärkere, eät woll wiëten, in wat feär Scheynen iëck dat<br />

Geld hewwen woll. Do heww iëck doi plattduitske Sproke tau’r Hülpe<br />

noammen, un iëck saggte: „Twei in Hundert, veier in fiftig, feyf in<br />

twintig un toihne in Toihndollarscheynen.“ Dät Menske harr miëck<br />

verstohn, un vey boiden kemen terechte.<br />

Meyn Plattduitsk is mey näo öfters te guëre kummen. Nöü giëwe iëck<br />

jedem deän guëren Rot: Lehrt Platt un lehrt dat Platt te bröüken, dann<br />

kumm ey üewerall in deär Welt terechte!


Worterklärungen<br />

öüt - aus / weye - weite / was - (ich) war / Schmallmereg -<br />

Schmallenberg (Ortsname) / op - auf / Essel - Eslohe (Ortsname) /<br />

worte - wurde / ments - nur, bloß / kuiert - geredet, gesprochen /<br />

versocht - versucht / äok - auch / uëse - unser / Suënn - Sohn /<br />

harre - (er) hatte / us - uns / Frugge - Frau / inlatt - eingeladen /<br />

eäne - ihn / besoiken - besuchen / vey - wir / eis - erst /<br />

wahne - sehr, groß, gewaltig / Aller - Alter / wogen - wagen /<br />

sey - (ich) bin / as - als, wie / Blage - Kind / üewertuiget - überzeugt /<br />

düt - dieses / heff vey - haben wir / döüere - (sie) dauerte /<br />

Tüskerlandunge - Zwischenlandung / Veierweäken-Oppenthalt -<br />

Vierwochen-Aufenthalt / böü - wie / boide - beide / kuiert - (wir)<br />

sprechen, reden / wann - wenn / üewersetten - übersetzen /<br />

veärkummet - vorkommen / nöü mol - nun einmal / feär - für /<br />

töüsken - tauschen / Menske - hier: Frau / hinger - hinter /<br />

eät - es, hier: sie / wiëten - wissen / twei - zwei / veier - vier /<br />

fiftig - fünfzig / feyf - fünf / twintig - zwanzig / toihn - zehn /<br />

verstohn - verstanden / kemen - (wir) kamen / näo - noch /<br />

te guëre - zugute / lehrt! - lernt! / bröüken - brauchen, gebrauchen,<br />

verwenden / ey - ihr


Ut der Mogge vertallt<br />

Toni Teipel, Attendorn<br />

In Attendorn, da gibt’s ein Sprichwort, das ist auch bekannt, das heißt:<br />

„Nichts geht in Attendorn über Tradition.“ Und da sind die<br />

Attendorner sehr stolz drauf. Und wie es dem Attendorner so in der<br />

Fremde geht, davon sollen diese Verse erzählen.<br />

Kattfillers Häimewäih op Ousteren<br />

Kattfillers, dei wuënnt in der ganzen Welt. Van Japan bit rüäwer noh<br />

dean Azoren. Owwer op Ousteren, dann hallt se’t nit mäih ut. Dann<br />

wellt se häime no Attendoren. Un wann me se fröget: Worümme dat?<br />

Du wores nit hi siet Johren! Dann seatt se: Ümme’t Hearte wor et mi<br />

wäih. Iëck mochte häime no Attendoren. De Pooskekrüze, dei mocht’<br />

iëck wier seihn. Vamme Siëmmelsianen, do konn iëck nit loten. Un<br />

iëck mochte mol wier de Lüchten seihn van allen väier Poten. Un et<br />

Blosen vamme Kearktoren, dat mochte iëck wier hören. Un op<br />

Eggerkauken, do hare iëck op enmol sou’n Schmacht. Un de allen<br />

Ousterleier, dei mocht’ iëck wier singen. Se klungen imme Koppe mi<br />

Daag un Nacht.<br />

Sou gäiht et dean Kattfillern in der ganzen Welt. Van Japan bit rüäwer<br />

no dean Azoren. Owwer op Ousteren, dann deit ne et Hearte wäih.<br />

Dann wellt se häime, no Attendoren.<br />

Sprichwörter und Redensarten in Attendorner Mundart<br />

Jetz giëtt et Liawen in de Bude! Dat saggte de Voß, do gereit’e in’n<br />

Haunderstall.<br />

Je mäih me de Katte striekelt, je höchter hiëwet se’n Steert.<br />

Wu me de Göise wiënnt, sou gott se.<br />

Sou Lüe, sou Veih.<br />

Ziehen, Haunder un Wieweslüe, dei stott geren houge.<br />

Ut em Iësel kann me kein Perd maken.


Wann’t demm Iësel te woall weert, dann gäiht’e op et Ies.<br />

Nit jäider, dei gries is, is ouk en Iësel.<br />

Wann me för ne Kauh „Bunte“ siëtt, dann geatt se ouk en Plack.<br />

Un wei siëck för’n Ossen utgiëtt, dei matt ouk as en Ossen arwen.<br />

De dümmesten Buren het de dickesten Tuffelen.<br />

Wann de Buren nit wören, dann können de Küennige nit kacken.<br />

Et Beiers Fränzken van Hülschoatten, dat harre mol saggt: Ne, wat is<br />

dat en Gedäh in der Welt. Et wearkeldaggs matt me in de Schaule, un<br />

et sunndaggs mat me siëck wasken.<br />

Ein anderet Mol harr et Fränzken saggt: Et is keine Siëckerheit mäih<br />

in der Welt. Imme Summer sind et de Gewitters, un im Winter is et de<br />

Schaule. As dann de Schaule in denn twintiger Johren afbrannte, do<br />

harr et Fränzken saggt: „Wann de Lähr nit metverbrannt is, dann batt<br />

dat alles nit.“<br />

Wei schlöpet, dei sündiget nit.<br />

En nigge Sprüeckwoort, dat lehrt: Wei viärhiär sündiget, dei schlöpet<br />

biätter.<br />

De Wind blöset roue Backen, owwer keine dicke Ese.<br />

Nit alles, wat twäi Backen geatt, is ouk en Gesichte.<br />

En guërren Friäter is noch nie en schlechten Schieter wiäst.<br />

Viëll Schwögers, viëll Hundsfötte.<br />

Wei en Papst ase Vedder geatt, dei kann ouk Kardinol weren.<br />

Wann äiner unbeholpen is, dann siëtt me: Hei is sou figelant as en<br />

Amboß.<br />

Wann kleine Blagen groute Brocken kacken wellt, dann biërstet ne<br />

lichte de Ees.<br />

Met Gewalt schlött me ne Viggeline amme Eikenboume kaputt.<br />

Met Gewalt hiëwet me owwer ouk hingen ne Ziehe rümme.<br />

Irren is mensliëck! Dat harre de Hahne saggt, do was’e van der Gous<br />

stiëgen.<br />

Wann de Wieweslüe op Lüttje do buten daut räästern, dann is et<br />

dröige un nit amme Pläästern.<br />

Alles geatt en Enge, blouß de Wuarst, dei geatt twäi.<br />

Bu schöin lutt Spriëckwöörder doch op Platt.<br />

Un düett pässet mi vör allen Dingen:


Me kann siëck dreggen, as me well.<br />

De Ees blitt luter hingen.<br />

Iëck woll et nit glöiwen! Iëck heww et probäiert - imme Danzen,<br />

imme Loupen, sougar imme Springen. Iëck kunn miëck dreggen as<br />

iëck woll, mien Ees bläif luter hingen.<br />

Fasselobend op’m Kappenballe, doo iëck mi ne Maske op’m Puckel<br />

bingen. Iëck kunn miëck dreggen as iëck woll, mien Ees bläif luter<br />

hingen. Un unse Regimentsdöchter, dei sind figelant. Deann müchte’t<br />

äigentlick gelingen. Ouk dei kunnt eark dreggen as se wellt: De Ees<br />

blitt luter hingen. Wann i nu glöüwet, iëck härr jetz flunkert, un wöll<br />

au blouß en Bären opbingen: Verseiket doch selwer un dregget auk! I<br />

sollt seihn: De Ees blitt luter hingen.<br />

Worterklärungen<br />

ut - aus / Mogge - Ärmel / Kattfiller - Spitzname für die Einheimischen<br />

von Attendorn / bit - bis / op - auf / hallt - (sie) halten / mäih - mehr /<br />

me - man / worümme - warum / wores - (du) warst / hi - hier /<br />

seatt - (sie) sagen / Hearte - Herz / mocht - (ich) mußte /<br />

Pooskekruize - „Osterkreuze“ / wier - wieder / seihn - sehen /<br />

Siëmmelsiänen - Semmelsegen / loten - lassen / Lüchten - Lichter /<br />

Pote - Tor, Eingang / Kearktoren - Kirchturm /<br />

Eggerkauken - Eierkuchen / Schmacht - Hunger /<br />

Ousterleier - Osterlieder / klungen - (sie) klangen / wellt - (sie)<br />

wollen/<br />

giëtt - (es) gibt / gereit - (er) geriet / Haunderstall - Hühnerstall /<br />

striekelt - streichelt / höchter - höher / hiëwet - (sie) hebt /<br />

Göise - Gänse / wu - wie / me - man / wiënnt - (man) gewöhnt /<br />

gott - (sie) gehen / Lüe - Leute / Veih - Vieh / Ziehe - Ziege /<br />

Wieweslüe - Frauen / geren - gern / houge - hoch / Iësel - Esel /<br />

Perd - Pferd / weert - (es) wird / Ies - Eis / gries - grau / Kauh - Kuh /<br />

siëtt - sagt / geatt - (sie) hat / Plack - Flecken / Osse - Ochse /<br />

matt - (er) muß / arwen - arbeiten / Bur - Bauer / Tuffel - Kartoffel /<br />

wören - (sie) wären / können - (sie) könnten /<br />

Hülschoatten - Hülschotten (Ortsname) / Gedäh - Umstand, Getue /<br />

wearkeldaggs - werktags / iärk - sich / Schaule - Schule /


twintig - zwanzig / Lähr - Lehrer / batt - nützt, hilft / wei - wer /<br />

schlöpet - (er) schläft / nigge - neu / lehrt - (es) lehrt, bringt bei /<br />

viärhiär - vorher / Ese (Plural) - Hintern / twäi - zwei /<br />

Friäter - Fresser / wiäst - gewesen / Schwoger - Schwager /<br />

Hundsfötte - Betrüger / ase - als / weren - werden / hei - er /<br />

figelant - munter / grout - groß / biërstet - platzt, birst / lichte - leicht /<br />

schlött - (man) schlägt / Eikenboum - Eichbaum / Gous - Ganz /<br />

stiëgen - gestiegen / Lüttje - Donnerstag vor Rosenmontag, „Lüttje<br />

Fastnacht“ / räästern - schwätzen / dröige - trocken /<br />

pläästern - regnen / lutt - (sie) lauten / pässet - (es) paßt /<br />

dreggen - drehen / blitt - (er) bleibt / Ees - Hintern / luter - immer /<br />

woll - (ich) wollte / glöiwen - glauben / as - wie / bläif - (er) blieb /<br />

Fasselobend - Fastnacht, Karneval / doo - (ich) tat / Puckel - Rücken /<br />

bingen - binden / deann - denen / müchte - (es) müßte / eark - sich /<br />

wellt - (sie) wollen / i - ihr / wöll - (ich) wollte, würde wollen /<br />

au (Dativ) - euch / verseiket! - versucht! versuchen Sie! /<br />

auk (Akkusativ) - euch / sollt - (ihr) sollt


Engel<br />

Hubert Wacker (†), Attendorn<br />

1. Im Hiëmmel gäffte’t äin unendliëck groute Masse Engel.<br />

Alle härren twäi Flüegel un wör’n völlig ohne Mängel!<br />

Sei dään diäm Hiëmmelsheren gewiß op’t Woort paräiern<br />

Un söll’n uns Menskenkinger hi op Eren observäiern.<br />

2. Wat owwer batt dat Observäiern un dat Kontrolläiern?<br />

Diëtt System met Engeln deit partout nit funktionäiern!<br />

Et sündiget dei Mensken men luter viar siëck hiënn,<br />

As wören dei Geboute blouß witt Papier un ohne Sinn.<br />

3. Äine Sorte Mensken konnt dei andern guëtt beleigen.<br />

Beste Frönge daut siëck giëgensietig flott bedreigen.<br />

Armen Lüen ritt sei’t leste Hiëmmet vamme Liewe raff.<br />

Oder murkset noch fiar Geld dian äig’nen Brauer af.<br />

4. Erlouwe, Heer un Schöpfer uawen üewer’m Sterenzelt:<br />

Dei Flüegelwesen, de hias Du nit erschaffen, diëse Engelswelt.<br />

Dei is erfungen van ganz simplem, mensliëkem Verstande.<br />

Diene Engel liawet, ganz ut Fläis un Blaut, bi uns im Lande!<br />

5. Un diëse hiëw’ iëck ut diar lasterhaften Menskenmasse,<br />

Diëse groute Tahl van Wesen van diar besten Klasse:<br />

Dei sind doch sehrnoh ohne jäiden Fehler, ohne jäide Mängel.<br />

Dei Wieweslüe meine iëck, - - et sind dei reinsten Engel!<br />

6. Flüegelloss is jäide Frau - un dobi recht guëtt bugget:<br />

Glücksiëllig weerd dei Mann, wann sei in sienen Armen<br />

rugget.<br />

Aan iarer Siete weert dat groute Glücke iäm gedeihn;<br />

Äin Paradies kann me diam Manne siëcker prophezein.


7. Tau diësem Glücke brükes du as Mannskerl niks te daun,<br />

dat maket hinger dienem Rüggen still, diskret dei Fraun.<br />

Siëgg „Jo!“ wann äine Frau diëck schüwet taum Altore hiënn!<br />

Sou nett un leif kann blouß äin Engel ohne Flüegel sinn!<br />

8. Kümmes du nu muarrens ut diam Bade frisk rasäiert,<br />

Hiat dat Wief dat Fröihstück op diam Diske alt serväiert.<br />

Dann met Kuß entlött dei Frau diëck no diar Arwet hiënn;<br />

Sou nett un leif kann blouß en Engel ohne Flüegel sinn!<br />

9. Kümmes owendes du meihe, voller Streß no Häime,<br />

möchtes, ruggend imme Lehnstauhl, strecken diene Bäine,<br />

Brenget diene Fraue di dat Omes un en Gliasken Wien:<br />

Sou nett un leif kann blouß en Engel ohne Flüegel sinn!<br />

10. Sei brenget diene Schluffen ut diam Inken hurtig hiar<br />

Un liëset ut diar Dagestiedunge dat Wichtigste di viar.<br />

Dann singet sei diëck in dian wall verdeinten Schlop hiarin:<br />

Sou nett un leif kann blouß en Engel ohne Flüegel sinn!<br />

11. Friedagowendes stäiht Stammdisk im Programm.<br />

Wei no diar Prozedur alläin nit Häime fingen kann?<br />

Äin Aanraup! Diene Fraue föihert diëck no Häime hiënn.<br />

Sou nett un leif kann blouß en Engel met ’nem Auto sinn!<br />

12. Schwor fällt mi, dofiar dei rechten Woorde jüst te fingen<br />

Üm dei Qualitäiten diëser Fraun geziemend te besingen.<br />

Ouk nit in diam grouten, klauken Lexikon stäiht drin,<br />

Wu nett un leif konnt diëse Engel ohne Flüegel sinn.<br />

13. Dei Tiet is do, dat Biëld diar Frau int rechte Lecht te rücken;<br />

Un kein Mannskerl brüket siëck doviar herüm te drücken:<br />

Met diësen flüegellosen Wesen kritt dat Liawen äinen Sinn:<br />

Sou nett kann’t Liawen met ’nem Engel ohne Flüegel sinn!


14. Du grouter Heer un Mester uawen üewerm Sterenhiawen,<br />

Engel met dian Rüggen-Flüegeln brücht’ et nit te giawen.<br />

Lott uns Mannslüen hi op Eren diëse Wesen leif un nett,<br />

Diëse Engel, dei nit mol dian Aansatz äines Flüegels hät.<br />

Worterklärungen<br />

grout - groß / härren - (sie) hätten / twäi - zwei / dään - (sie) täten /<br />

paräiern - gehorchen, parieren / söll’n - (sie) sollten / batt - (es) nützt /<br />

diëtt - dieses / deit - (es) tut / men - nur, bloß / luter - immer /<br />

viär - vor / hiënn - hin / witt - weiß / guëtt - gut / beleigen - belügen /<br />

Frönge - Freunde / daut - (sie) tun / flott - schnell /<br />

bedreigen - betrügen / Lüe - Leute / ritt - (sie) reißen / Lief - Leib /<br />

raff - herunter, herab / fiär - für / Brauer - Bruder /<br />

erlouwe! - erlaube! / Heer - Herr / uawen - oben / üewer - über /<br />

Sterenzelt - Sternenzelt / hias - (du) hast / erfungen - erfunden /<br />

liawet - (sie) leben / Fläis - Fleisch / Blaut - Blut / hiëw’ - (ich) hebe /<br />

ut - aus / grout - groß / Tahl - Zahl / sehrnoh - beinahe /<br />

Wieweslüe - Frauen / bugget - gebaut / weerd - wird /<br />

rugget - (sie) ruht / brükes - (du) brauchst / hinger - hinter /<br />

siëgg! - sag! / schüwet - (sie) schiebt / leif - lieb / sinn - sein /<br />

kümmes - (du) kommst / muarrens - morgends / hiat - (sie) hat /<br />

alt - schon / entlött - (sie) entläßt / Arwet - Arbeit / owendes - abends /<br />

meihe - müde / no Häime - nach Hause / ruggend - ruhend /<br />

Omes - Essen, Mahlzeit / Gliasken - Gläschen / Schluffen - Pantoffel /<br />

Inken - Ecke / wall - wohl / wei - wer / föihert - (sie) fährt / dofiär -<br />

dafür / jüst - gerade, jetzt / uträikend - ausreichend / klauk - klug /<br />

Biëld - Bild / brüket - (er) braucht / kritt - (es) bekommt, erhält /<br />

Sterenhiawen - Sternenhimmel / Rüggen-Flüegel - Rücken-Flügel /<br />

brücht’ - (es) brauchte, würde brauchen / hät - (sie) haben


<strong>Text</strong>-Nr. / Verfasser Titel Seite Zeit<br />

1. Elisabeth Kaiser Grußworte 9 2:49<br />

2. Margarete Christes, Silberg Dat letzte Turnfast in der<br />

eisten Turnhalle 10 2:15<br />

3. Albert Stahl Wat en Boum 12 4:08<br />

4. Lidwina Cordes, Wendenerhütte Drej ale Schachteln 15 2:56<br />

5. Maria Droste, Welschen-Ennest Froihjohrstiet 17 7:12<br />

6. Franz Kaiser, Elspe Et Froihjohr imme Duarpe 21 2:12<br />

Froihjohr 22 0:34<br />

7. Karl Heinz Kaufmann, Hillmicke Et Frühjohr im Haubärch 23 5:00<br />

8. Adolf Pick, Oedingen Aschemiddewiäken 26 4:55<br />

9. Irmgard Pick, Elspe Viär Eostern 29 2:43<br />

10. Rudi Plugge, Elspe Use siëwen Tückelkes 31 0:45<br />

11. Franz Josef Schlimm, Lütringhausen Glücke 32 2:06<br />

12. Karl-H. Falk, Attendorn Doum 34 2:46<br />

13. Elisabeth Kaiser, Oberhundem Präsidentenwahl in Amerika 36 2:49<br />

14. Paul Zeppenfeld, Grafschaft Unger us vertallt 38 3:30<br />

15. Maria Hütte, Drolshagen Dei Fortschritt 40 3:11<br />

16. Elisabeth Kaiser, Oberhundem, Reiterhuaf Heinemann<br />

und Rudi Plugge, Elspe soiket en niggen Perrefleger 43 4:29<br />

17. Paul Tigges, Ebbinghof Erliäwnisse öüt der<br />

weyen Welt 47 2:12<br />

18. Toni Teipel, Attendorn Ut der Mogge vertallt 49 2:04<br />

Sprichwörter und Redensarten<br />

in Attendorner Mundart 49 4:28<br />

19. Hubert Wacker, Attendorn Engel 53 4:09<br />

Anmerkung zur CD „Plattdeutscher Abend Langenei 2001“<br />

Die beiden ersten Beiträge mußten von einem Videogerät auf Kassette übertragen und von<br />

dort in den Computer aufgenommen werden, da auf der Minidisk des Originals diese<br />

Aufnahmen mit Störgeräuschen überladen waren.<br />

Durch die Aufnahme mit dem Videogerät wurden auch Geräusche, die dieses verursacht hat,<br />

mit auf die Kassette aufgenommen. Sie konnten leider nicht völlig beseitigt werden.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!