23.06.2014 Aufrufe

Heft 3 - Sauerländer Heimatbund e.V.

Heft 3 - Sauerländer Heimatbund e.V.

Heft 3 - Sauerländer Heimatbund e.V.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Sauerländer <strong>Heimatbund</strong><br />

SAUERLAND<br />

95<br />

Vor 175 Jahren wurde Franz-Josef Harbecke<br />

Pastor zu Hesborn<br />

Drei Umstande sollen AnlaS sein, einen<br />

Blick auf Leben und Wirken des Glindfelder<br />

Moriches und Hesborner Pfarrers zu<br />

werfen: Der Bericht uber das Hesborner<br />

Kreuz im vorletzten <strong>Heft</strong>, die diesjahrige<br />

Mitgliederversammlung des Sauerlander<br />

<strong>Heimatbund</strong>es in Medebach und Glindfeid,<br />

und die 175jaiirige Wiederkeiir des<br />

Amtsantritts des Pastors Harbecke in<br />

Hesborn.<br />

Franz-Josef Harbecke wurde am 22.<br />

Februar 1778 in Liesen geboren auf dem<br />

Feltensiiof, den der Hallenberger Chronist<br />

Lacliemeyer ..die bedeutendste Okonomie<br />

in Liesen" nennt. Er wurde sclion<br />

fruii fur einen geistliclien Beruf erzogen.<br />

Die weitliciien und geistigen Grundlagen<br />

dazu legten der Leiirer von Ziisclien und<br />

der Vikar von Liesen. Der Sciiuler sciiaffte<br />

die Aufnaiime in das von den Franziskanern<br />

geleitete Gymnasium Antonianum<br />

in Gesecke.<br />

im Jalire 1800 war seine Sciiulausbildung<br />

beendet und der iioffnungsvolle<br />

Studiosus trat in das Kloster Glindfeld bei<br />

Medebacli ein, wo er seine plniiosopliischen<br />

und tlieoiogischen Studien vervollkommnen<br />

konnte. Schon nacli einem<br />

guten Jahr, am 1. Dezember 1801, empfing<br />

er mit 22 Jaliren die Priesterweiine.<br />

Das Kloster Glindfeld, Konvent der<br />

Augustiner-Kreuzherren, hatte eine<br />

lange, verdienstvolle Tradition im weiten<br />

Umkreis, und es ist sicher, daB der heranwachsende<br />

Franz-Josef erwartete,<br />

dort ein geistliches Betatigungsfeld zu<br />

finden. Bruder des Konvents versahen<br />

schon seit Jahren die Seelsorge der<br />

umiiegenden Ortschaften, und vom Kloster<br />

selbst wurden angehende Geistliche<br />

in besonderen Kursen auf ihren kiinftigen<br />

Beruf vorbereitet. Eine hervorragend<br />

bestijckte Bibliothek. zum Teil<br />

heute im Besitz der Hesborner Gemeinde,<br />

versorgte vor allem die Pfarramter<br />

der Umgebung mit Literatur fur Studium<br />

und Weiterbildung. Nicht zuletzt leistete<br />

das Kloster vorbildliche soziale Hilfe und<br />

Fiirsorge.<br />

Fur all das sollte dem jungen Ordensmann<br />

nicht viel Zeit beschieden sein: In<br />

den Jahren 1803/04 wurde im Zuge der<br />

Sakularisation auch das Kloster Glindfeld<br />

aufgehoben und wurde Forstamt; die<br />

Augustiner-Kreuzherren und mit ihnen<br />

Franz-Josef Harbecke verloren ihre Heimat.<br />

Wohl bald darauf schon wurde der<br />

ehemalige Monch Verwaiter der ..Synesischen<br />

Vikarie", eines kirchlichen Sondervermogens<br />

fur fromme und mildtatige<br />

Zwecke, das zu verwalten und einzusetzen<br />

war, sowie Betreuer der Madchenschuie<br />

in Hallenberg. Deren Leitung<br />

erwies sich spater als besonderes Verdienst<br />

seiner Hallenberger Zeit. Er hatte<br />

bei seiner padagogischen Arbeit einen<br />

hervorragenden Schulmann zur Seite,<br />

den Lehrer und Kiister Caspar Lachemeyer,<br />

den ersten staatlich ausgebildeten<br />

Lehrer Hallenbergs. Ihm blieb er sein<br />

Leben iang freundschaftlich verbunden.<br />

Im Jahre 1806 hob er dessen jungsten<br />

Sohn, Franz, den spateren Hallenberger<br />

Chronisten, aus der Taufe.<br />

Vierzehn Tage vor Weihnachten, am<br />

10. Dezember 1810, trat Franz-Josef Harbecke<br />

sein Amt als Pastor von St. Goar in<br />

Hesborn an. Uber seine eigentliche<br />

Lebensarbeit, das Pfarramt dort, hat er<br />

(leider nur) 11 Jahre Iang sein Herz im Kirchenbuch<br />

ausgeschuttet. Das Pfarrhaus<br />

muB eine halbe Ruine gewesen sein, „fur<br />

einen Geistlichen zu bewohnen fast nicht<br />

mehr anstandig". Die Kirche war ein<br />

unvollendeter Neubau (vor dem der heutigen<br />

Kirche von 1914/15) und dazu<br />

erwiesen sich „die Rechnungen des kirchlichen<br />

Vermogens, wie auch der geringe<br />

Armenfonds in einem Zeitraum von 14<br />

Jahren nicht abgelegt." - „Verdru6 war<br />

Ernte", sagte er von dem, was bei seinen<br />

ersten Bemuhungen herauskam. Dem<br />

hier erlebten Gottesdienst spricht er das<br />

Recht ab, sich so zu nennen, denn „Rufen<br />

und Schreien muB Gesang heiBen". Und:<br />

„Keine Schule war da, im Pfarrhaus saSen<br />

die Schulkinder wie in einer Heringstonne...(Er)<br />

fand sich also genotigt,<br />

durch verschiedene, jedoch nimmer<br />

erlaubte Kunstgriffe die Bauern dahin zu<br />

bringen, die... notigen Reparaturen vorzunehmen."<br />

Besondere Anerkennung verdient<br />

seine entschiossene Haltung wahrend<br />

einer Pockenepidemie im Jahre 1817, als<br />

40 Hesborner Kinder von der Seuche<br />

befallen waren. Obschon keine Verpflichtung<br />

zur Schutzimpfung, eher noch<br />

Bedenken dagegen bestanden, lieB er sie<br />

in Hesborn durchfiihren. Er kann den<br />

Skeptikern vorhalten, daB es „zu bewundern<br />

ist, daB die geimpften nicht so hart<br />

litten, wie die ungeimpften."<br />

Leider ist uns kein Predigtkonzept von<br />

Pastor Harbecke erhalten geblieben.<br />

Dafiir wissen wir von seiner Griindung<br />

zweier Bruderschaften, der „Vom bittern<br />

Leiden unseres Herrn Jesus Christus"<br />

und der „Von Jesus, Maria und Josef. Sie<br />

sollten wohl Trost und Starke im Leid und<br />

Ruckhalt in der glaubigen Familie bewirken.<br />

AuBere Anerkennung erfuhr der<br />

Pastor bezeichnenderweise von weltlicher<br />

Seite: In besonderer Wurdigung seiner<br />

Lehrertatigkeit in Hallenberg in den<br />

Jahren 1803/04 bis 1810 verlieh ihm die<br />

Stadt den Ehrenburgerbrief, den ihm<br />

anIaBlich des Goldenen Priesterjubilaums<br />

der Burgermeister personlich iiberbrachte.<br />

Oberhaupt war er auch als Pfarrer<br />

immer noch in der Schularbeit tatig<br />

geblieben. Ihm war zuletzt die Aufsicht<br />

uber die Schulen des naheren Bezirks<br />

ubertragen worden.<br />

Am 7. Januar 1852 konnte der mittlerweile<br />

74jahrige Pastor Harbecke sein Goldenes<br />

Priesterjubilaum feiern, am prachtigen<br />

Hochaltar seiner Pfarrkirche, den er<br />

einst zusammen mit vielen weiteren<br />

Kunstwerken aus dem NachlaB der<br />

Glindfelder Klosterkirche fur seine F>farrkirche<br />

hatte sichern konnen. Vier Jahre<br />

spater, am 9. Februar 1856, starb er. Er<br />

hatte gehalten, was er auf den ersten Seiten<br />

seines vertrauten Kirchenbuches versprochen<br />

hatte, namlich „das Meinige<br />

getan, um fur meinen getreuen Nachfolger<br />

den Bestand der gleichsam verwilderten<br />

und verwusteten Pfarrey HeBborn<br />

wiederherzustellen."<br />

Vor ca. 15 Jahren ist das Grabdenkmal,<br />

das seine Gemeinde Pastor Harbecke<br />

gesetzt hatte, bei „Renovierungsarbeiten"<br />

um die Kirche abhanden gekommen.<br />

Dem verdienten Seelsorger, Lehrer,<br />

ja Vater seiner einst so armlichen<br />

Gemeinde soil nun ein neues Denkmal<br />

aufgestellt werden.<br />

Anton Wirtz, Hallenberg<br />

SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />

© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!