Heft 3 - Sauerländer Heimatbund e.V.
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Sauerländer <strong>Heimatbund</strong><br />
Die Gemeinden und Kreise<br />
SAUERLAND<br />
n3Cn Oen HGTOrmGn<br />
Ministenaldirigent Kostering vor dem Kreistag des HSK<br />
Mit der kommunalen Gebietsreform<br />
und der ihr folgenden Funktionalreform<br />
wurde die Leistungsfahigkeit der meisten<br />
Gemeinden und Kreise im iandiiciien<br />
Raum eindeutig gestarkt. Die Versorgung<br />
der landlicfien Gebiete mit Einrichtungen<br />
der Infrastruktur ist ein gutes<br />
Stuck an den stadtischen Standard iierangeruckt.<br />
Das sagte Ministerialdirigent<br />
Heinz Kostering vom Innenministerium<br />
des Landes Nordriiein-Westfalen in seinem<br />
Festvortrag in einer Sondersitzung<br />
des Kreistages Hociisaueriand am 4. September<br />
in iVIescliede. Sie fand mit zahlreichen<br />
Gasten - darunter eine Delegation<br />
aus dem schottischen District West Lotiiian,<br />
mit dem der Kreis eine Partnerscliaft<br />
unterlnait - aus AnlaB des lOjaiirigen<br />
Besteiiens des Hochisauerlandkreises<br />
statt.<br />
Defizite bei der Burgerbeteiligung<br />
Kostering, einer der Vater der kommunalen<br />
Neugliederung, raumte in seiner Bilanz<br />
alierdings ein, daB „einige Losungen<br />
die Bewahrung nocii nicht bestanden,<br />
well die Erwartungen, die man bei derBildung<br />
der Gemeinden und an eine neue<br />
Kommunalpolitik knupfte, zu hoch<br />
angesetzt waren." Defizite seien eingetreten<br />
bei dem Problem der Burgeridentifikation<br />
mit den neuen Gemeinden und<br />
der kommunalpolitischen Biirgermitwirkung.<br />
Diese seien trotz meiirerer flankierender<br />
MaBnahmen nocin keineswegs betioben.<br />
Ein Zuruck zu friiherem Zustand<br />
gebe es alierdings nicht, unterstrich der<br />
Referent Bestehende Mangel kommunaler<br />
AufgabenerfiJllung miJSten auf der<br />
Basis der durch die Neugliederung geschaffenen<br />
Gebietsstrukturen beseitigt<br />
werden, forderte er.<br />
Weit besser als vor der Gebietsreform<br />
sind nach Meinung des Referenten die<br />
Voraussetzungen fiir eine effektive Organisation,<br />
Personalverwaltung, Haushaltsund<br />
Finanzwirtschaft sowie fur eine gestarkte<br />
Investitionskraft und organische<br />
Planung. Zudem verfugten heute alle Gemeinden<br />
uber einen erstklassigen fachlich<br />
gegliederten Personalkorper, mit<br />
dessen Hilfe iiberall eine sachkompetente<br />
burgergemaBe Verwaltung gewahrleistet<br />
ist.<br />
Weder sei die befiirchtete Entfremdung<br />
zwischen den Burgern und den<br />
neuen Verwaltungen eingetreten, noch<br />
der in anderen Landern festgestellte Personalzuwachs<br />
fur die landlichen Gebiete.<br />
Verbesserung der Infrastruktur<br />
Auch im Hochsauerlandkreis werde<br />
man nicfit bestreiten, daB durch die Verbesserung<br />
der Investitionskraft der Gemeinden<br />
und des Kreises Entwicklungen<br />
moglich geworden sind, die ohne die Gebietsreform<br />
nicht Oder sicher nur bescheidener<br />
denkbar gewesen waren. Kostering<br />
erwahnte die groBraumige Wasserversorgung,<br />
die Neuorganisation der<br />
Abfailbeseitigung, die Wirtschafts- und<br />
Fremdenverkehrsforderung, die Ausweitung<br />
des beruflichen Schulwesens und<br />
des Rettungswesens sowie den Ausbau<br />
der KreisstraBen.<br />
Da samtlichen Gemeinden durch den<br />
Landesentwicklungsplan 1/11 nach der Gebietsreform<br />
neue landesplanerische<br />
Entwicklungsziele vorgegeben wurden<br />
und besonders derStadtebau in den 70er<br />
Jahren mit ungewohnlich hohen Landesmitteln<br />
gefordert wurde, zeigen sich, so<br />
Kostering, iiberall Erfolge einer besseren<br />
stadtebaulichen Gemeinde- und Stadtentwicklung.<br />
Leider habe sich die<br />
erwunschte starkere Konzentration der<br />
Bebauung auf Siedlungsschwerpunkte<br />
nicht in alien Flachengemeinden durchgesetzt.<br />
Hier sieht der Ministerialbeamte einen<br />
„neuralgischen Punkt" bei der<br />
Umsetzung von Gebietsreformzielen. Es<br />
sei nicht zu bestreiten, daB das mit der<br />
Gebietsreform verfolgte Ziel, die Bautatigkeit<br />
in den eingegliederten Klein- und<br />
Kleinstgemeinden zu beschranken, in der<br />
Bevolkerung auf wenig Verstandnis stieB<br />
und viele Rate nicht bereit waren, dem<br />
Druck aus der Bevolkerung zu widerstehen.<br />
Vermutlich sei es eine optimistische<br />
Erwartung gewesen, daB das Ortsteildenken<br />
in den Gemeinderaten bei der Bildung<br />
von Flachengemeinden bald iiberwindbar<br />
sein wurde. Besonders problematisch<br />
habe sich diese Mentalitat in sog.<br />
„zwei- Oder mehrpoligen Gemeinden"<br />
erwiesen. Die Neugliederungsbegriindung,<br />
daB eine Ware Funktionsteilung<br />
zwischen den Siediungsschwerpunkten<br />
stattfinden sollte und keine „gleichma6ige<br />
Entwicklung" der Pole, sei in einer traditionsbewuBten<br />
Bevolkerung offenbar<br />
schwerer zu verankern als angenommen.<br />
Solange alierdings Mandatstrager mehrpoliger<br />
Gemeinden ihre ausschlieBliche<br />
Aufgabe darin sahen, die Interessen ihrer<br />
Ortschaft im Rat zu vertreten, wurden<br />
Flachengemeinden dieser Art problembeladen<br />
bleiben.<br />
Kommunalpolitische Probleme<br />
Nicht zu bestreiten sei auch, daB bei einem<br />
auf Steigerung derVerwaltungseffizienz<br />
ausgerichteten Reformkonzept<br />
andere Kriterien des Selbstverwaltungsverstandnisses<br />
in den Hintergrund traten:<br />
Geschichte, Tradition, die Identifikation<br />
des Burgers mit der Gemeinde oder<br />
auch die Bereitschaft der Burger, in Raten<br />
und AusschiJssen an der kommunalpolitischen<br />
Willensbildung mitzuwirken. Das<br />
GefiJhl der Verbundenheit mit einer Flachengemeinde<br />
sei sicher nicht leicht herstellbar.<br />
Aber: Die Identifikation des Burgers<br />
mit der Gemeinde ist auch ein GewohnungsprozeB<br />
- und der braucht seine<br />
Zeit. Landesregierung und Landtag hatten<br />
einiges getan, um die kommunalpolitischen<br />
Defizite zu verringern. Kostering<br />
erwahnte die Bezirks- und Ortschaftsverfassungen,<br />
Bezirksverwaltungsstellen,<br />
Ortsvorsteher, Erweiterung der Burgerrechte<br />
und des Biirgerservices in der Gemeindeordnung,<br />
Abbau von Ausstattungsstandards.<br />
Wiederzulassung von<br />
Ortsnamen in Briefanschriften und standesamtlichen<br />
Eintragungen usw. „Mit all<br />
diesen MaBnahmen soil die verlorengegangene<br />
Biirgernahe wieder gefordert<br />
werden".<br />
AbschlieBend unterstrich der Referent,<br />
daB die Kommunalreformen notwendig<br />
waren, well sich die Gemeindestrukturen<br />
in den letzten 100 Jahren nicht in gleichem<br />
MaBe verandert hatten wie die Gesellschaftsstrukturen.<br />
„Die kommunale<br />
Gebiets- und Funktionalreform war<br />
nichts anderes als der Versuch, die ortlichen<br />
Verwaltungen an die Gegebenheiten<br />
und Erfordernisse der Industriegesellschaft<br />
anzupassen. Das haben alle gewollt<br />
und es ist im wesentlichen gelungen.<br />
Aber, wir durfen nicht stehenbleiben!<br />
Die Idee der Selbstverwaltung muB<br />
weitergefijhrt werden!".<br />
Heinz Koerdt<br />
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