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Heft 3 - Sauerländer Heimatbund e.V.

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Sauerländer <strong>Heimatbund</strong><br />

SAUERLAND<br />

Schwester Ferreria<br />

60 Jahre Franziskanerin<br />

79<br />

Auf ein frohes Wiedersehen in einem<br />

friedlichen freien Deutschland ohne Diktator,<br />

SS und KZ!<br />

Auch wenn Kayser die Chancen nutzte,<br />

durch das NKFD das Gewissen der Deutschen<br />

aufrijtteln zu konnen, so begegnete<br />

er der Organisation insgesamt kritiscii.<br />

Zwar war er ein im Grunde unpolitischer<br />

iVIensch, vie! mehr am religiosen Aspekt<br />

seines Tuns interessiertals an politischen<br />

Debatten, aber das Spannungsveriialtnis<br />

zu den das Nationalkomitee bestimmenden<br />

ortiiodoxen Kommunisten blieb konstant.<br />

Er konnte aucin niciit Qberseiien,<br />

da6 es bei den russisciien Pianen fur<br />

Deutschland um die Durchsetzung einer<br />

stramm kommunistischen Linie ging und<br />

da6 die Mitarbeit der Deutsciien fur die<br />

Sowjets um so uninteressanter wurde,je<br />

meiir sicii das Kriegsglijck zu itiren Gunsten<br />

wendete. Nacii Jalta geiiorte er zu<br />

denjenigen, die eine Auflosung des Bundes<br />

Deutsciier Offiziere vorschlugen.<br />

Docii als er im Dezember 1945 aus der Gefangensciiaft<br />

entlassen wurde, war ihm<br />

fijr die Deutschen im Westen der Stempel<br />

aufgedrijckt: Mitglied des Nationalkomitees.<br />

Wie ilin Jaiire voriier seine nationale<br />

Argumentation und die Aktivitat im Freiwiliigen<br />

Arbeitsdienst scheinbar in die<br />

Nahe der Nationaisoziaiisten gerijckt iiatte,<br />

so belastete ihn nun das Odium des<br />

Paktierens mit dem Kommunismus, ein<br />

gerade in der Zeit des Kalten Krieges unverzeiiiiiciier<br />

iVIakel. Bei der Obersciiau<br />

iiber seinen Lebensweg urteilt der alte<br />

Geistliche mit gelassener Seibsteinschatzung:<br />

„Der Weg des Christen ist der<br />

schmale Gipfelpfad. Es mag sein, daB ich<br />

sowohl nach rechts wie nach links einige<br />

Schritte gestolpert bin." insgesamt aber<br />

bewertet er seine Rolle im Nationalkomitee<br />

angesichts der Hoffnungen, die er<br />

anfangs mit seinem Wirken in diesem<br />

Gremium verbunden hatte: „Wir waren<br />

keine betrogenen Betruger - aber vielleicht<br />

enttauschte Enttauscher!"<br />

Der Anstaltsgeistliche<br />

Wenn ein Funfzigjahriger nach den<br />

Schrecknissen und Belastungen dieses<br />

gewaltigen Krieges heimkehrt, sollte<br />

man meinen, er sehne sich nach einem<br />

ruhigen Hafen - in den Kategorien des<br />

Geistiichen gedacht: nach einer moglichst<br />

bequemen Pfarre. Nicht so Pastor Kayser.<br />

Nach einigen Monaten im Suchdienst,<br />

nach kurzer Pfarrvikartatigkeit in Dort-<br />

Sie gehort seit 60 Jahren dem Olper Orden der Franziskanerinnen von der ewigen Anbetung an<br />

und ist seit 42 Jahren im Franziskus-Haus in Elspe. dort wo alte Menschen ihren Lebensabend<br />

verbringen, tatig. Der 86jahrigen Schwester Ferreria (geb. Theresia Groblinghoff), die wahrend<br />

der Kriegsjahre als Stationsschwester Verwundete ohne Riicksicht auf ihre eigene Gesundheit<br />

Tag und Nacht betreute und danach viele Jahre in der Kranken- und Altenpflege tatig war, wurde<br />

jetzt das Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik<br />

Deutschland verliehen. Landrat Hanspeter Klein wurdigte die unermiidliche Arbeit der in<br />

Westendorf bei Warstein geborenen Schwester, die sich bester Gesundheit erfreut Unser Bild<br />

zeigt (von links) Schwester Oberin Melitia. Landrat Klein, Schwester Ferreria, Pastor Nebeling<br />

und Burgermeister Soemer (Lennestadt). Foto: Jochen Krause<br />

mund-Kirchhorde schlieBlich 1949 als<br />

Pfarrer in das Dorf Bosseborn im Kreis<br />

Hoxter versetzt, hielt es ihn dort nicht. Er<br />

suchte wieder einen Brennpunkt, nun<br />

aber in einem ganz anderen, dem psychischen<br />

Bereich. Schon fruher hatte er sich<br />

mit den Arbeiten des bekannten Schweizer<br />

Psychiaters Binswanger beschaftigt,<br />

seine Anstalten besucht und mit vielen<br />

namhaften Psychotherapeuten korrespondiert.<br />

So bewarb er sich 1954 um die<br />

Stellung als Anstaltsgeistlicher in Eickelborn<br />

bei Lippstadt In dieser groBen westfalischen<br />

Klinik fur Psychiatric - sie hatte<br />

damals fast 2000 Betten - werden u.a.<br />

die besonderen Opfer der bundesdeutschen<br />

Nachkriegsgesellschaft gesammelt<br />

und betreut: die Sucht- und Drogenabhangigen.<br />

Als Anstaltsgeistlicher wirkte<br />

Kayser hier bis weit iiber die Pensionierungsgrenze.<br />

Seine besondere Aktivitat<br />

gait einer Sozial-psychiatrischen Hilfsgemeinschaft,<br />

die. Ideen C.G. Jungs aufnehmend,<br />

in Eickelborn begriindet wurde<br />

und als deren Vorsitzender er lange Zeit<br />

amtierte. Die Erfahrungen im Umgang<br />

mit den Suchtkranken und den psychisch<br />

kranken Rechtsbrechern. die als doppelt<br />

stigmatisiert, namlich psychisch krank<br />

und kriminell eine auBerste soziale Randgruppe<br />

unserer Gesellschaft bilden,<br />

nennt Kayser: mein zweites Stalingrad.<br />

Auch heute noch hat er eine Wohnung<br />

auf dem Gelande der Krankenanstalten.<br />

Von hier aus fuhrt er eine riesige Korrespondenz<br />

mit alien, die im Laufe seines<br />

bewegten Lebens seine Bahn kreuzten,<br />

von hier aus gibt der unermiidliche Leser<br />

seine Anregungen zur Lekture welter. Ein<br />

von ihm oft zitiertes Gedicht von Boris<br />

Pasternak, wie eigens fur ihn verfaBt,<br />

charakterisiert seine Haltung treffender<br />

als umfangreiche Studien zur Person:<br />

Dein Weg wird auf lebendigen Fahrten<br />

Einst andern Stuf-um Stufe War.<br />

Doch selber darfst du nie bewerten.<br />

Was Sieg, was Niederlage war.<br />

Und keinen Deut von dem aufgeben.<br />

Was der Person gehoren muB -<br />

Lebendig bleiben, nichts als leben,<br />

Nichts als lebendig. bis zum SchluS.<br />

In diesem Sinne kommen auch herzliche<br />

Geburtstagsgliickwiinsche aus dem<br />

Sauerland.<br />

SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />

© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>

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