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Heft 2 - Sauerländer Heimatbund e.V.

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Sauerländer <strong>Heimatbund</strong><br />

SAUERLAND<br />

Warstein 2, Kallenhardt 3, RiJthen 6<br />

und Belecke 8 Angriffe bzw. Raubereien<br />

vor den Stadtmauern eriebte.<br />

Davon waren zwei Ereignisse besonders<br />

furchtbar;<br />

Im Juli 1445 standen die Soester mit<br />

Reitern und FuBvolk vor der 1 km<br />

westlich Beleckes gelegenen Wasserburg<br />

Welschenbeck. Auf die Forderung<br />

nacln kampfloser Obergabe<br />

antworteten die Welschenbecker, „sie<br />

liadden en fast Hues, se woldent<br />

wagen". Nach heftigem Kampf, in<br />

dem die Soester 5 Tote und 20 Verwundete<br />

zu beklagen batten, unterlagen<br />

die Burginsassen der riesengroBen<br />

Obermaciit, sie wurden alle<br />

— auch die Kinder — erschlagen, die<br />

Gebaude ausgeplijndert und niedergebrannt.<br />

Im IVIarz 1447 zogen die<br />

vereinigten Soester und Lippstadter<br />

Heere an Ruttien vorbei nacti Kallenhardt,<br />

iJberlisteten die Wachter, so<br />

daB sie die Stadttore aufschlieBen<br />

konnten. Kallenhardt hatte 8 Tote<br />

und 52 Gefangene zu beklagen, die<br />

Hauser wurden geplundert, dann vollig<br />

zerstort und „De van Soyst plunderten<br />

de Stat, steken do de Stadt<br />

an und brannten se yn den Grunt".<br />

So Secretarius Bartholomaus van de<br />

Lake. Auf dem Rijckweg wurde das<br />

WasserschloB Kortlinghausen den<br />

Soestern kampflos uberlassen. Dadurch<br />

retteten die Bewohner ihr Leben,<br />

ihr Vieh und ihre Habe wurde<br />

geraubt, ihr steinernes SchloB „in den<br />

Grund gebrannt".<br />

,Hdgger ropp'<br />

Stammege un keernege Burssen<br />

woren diam „allen Fritz" bekanntlech<br />

siene laiwesten Saldoten.<br />

Besonders awwer, wann<br />

se recht lank woren. Dai sochte<br />

hai sie iut der ganzen wiehen<br />

Welt teheope un et wor jo en<br />

Wunder, wann do kainer van<br />

Bamel bi wiast wor, — un vari<br />

diJem sail niu de Rede sinn.<br />

DiJese lange Hamberend steiht<br />

eines Dages op Posten bieme<br />

alien Pulver-Teoern. Wiel et ne<br />

recht lange Waake was, harre<br />

sie eok ne recht lange Mettewourst<br />

instiaken, wo hai dann<br />

seo aff un tau mol rinnhoggte.<br />

KiJemmet do op emmol ne Biuern<br />

dohiar un stracks op sien Schiller-Huisken<br />

tau. lek well et<br />

foorts verrohen: dat was de „alle<br />

Fritz" selwer, dai bekanntlech<br />

aff un tau lank un twiass di§rt<br />

Land trock iimme nome Rechten<br />

te saihn. Unse Hamberend harre<br />

kaine Ahnunge un bait grade<br />

wier in siene „Selwgemaakere",<br />

(Selwer, selw, von: selbst) ass<br />

de „alle Fritz" langest r>e kam<br />

un frogere:<br />

„Wass isst Er denn hier auf der<br />

Wache?" VIell kulern dahde<br />

Hamberend nit geeren,undrumme<br />

saggte hai eok bleos: „Roh<br />

mol!" (Rate mal!) Dann draggte<br />

siek diJese Prohlerie aff:<br />

De alle Fritz: „Biutwurst?" Hamberend:<br />

„H6gger ropp!" De alle<br />

Fritz: „Cervelatwurst?" Hamberend:<br />

„H6gger ropp!" De alle<br />

Fritz: „Er wird doch nicht eine<br />

westfalische Mettwurst haben?"<br />

Hamberend: „Ja doch, diu hiast<br />

et rohen!"<br />

De alle Fritz sail dann unsen<br />

Hamberend froget henn: „Nun<br />

rat Er aber auch mal, wen Er<br />

hier vor sich hat;" Hamberend:<br />

„Wat biste anders ase ne Biuern?"<br />

De alle Fritz: „H6gger<br />

ropp!" Hamberend: „S6ste ne<br />

Schaulmester sinn?" De alle<br />

Fritz: „H6gger ropp!" Hamberend:<br />

„Gliek siegste neo, Diu<br />

worst en Generol!" De alle Fritz:<br />

„Ne0 hogger ropp!" Hamberend:<br />

„JS, diu warst doch de<br />

„alle Fritz" nit selwer sinn?"<br />

De alle Fritz „Ja, Er hats erraten!"<br />

..DunnerwiSr" sail do unse Hamberend<br />

saggt henn, „dann matt<br />

iek jo eok presentaiern!"<br />

Dieses alles war den Beleckern in<br />

boser Erinnerung, als am Mittwoch<br />

vor Pfingsten 1448 — es war der<br />

7. Mai — die Soester nach RatsbeschluB<br />

mit Heeresmacht gen Belecke<br />

zogen. Der Bericht des Soester Stadtschreibers<br />

sagt, daB am Dienstag<br />

nach Exaudi die Soester um 11 Uhr<br />

in der Nacht sich mit Steigleitern (zum<br />

Ansetzen an die Stadtmauern) auf<br />

den Weg machten. In der Morgenfrijhe<br />

traten sie mit ijberlegener<br />

Macht zum Sturm an. Des Bartholomaus<br />

kurzer Bericht endet: „De von<br />

Belike worpen grausam mit Stenen<br />

tho den Stigeren (auf die Kletterer,<br />

Steiger), worpen so heftige hen af,<br />

dat de Sosteschen worden tho rugge<br />

gedrungen und erer vel gewundet,<br />

leten ock 2 Doden und togen do<br />

wedder in Soest".<br />

Eine authentische Aufzeichnung des<br />

Geschehens aus Belecker Sicht fehit,<br />

da bei dem Stadtbrand von 1805 alle<br />

Unterlagen vernichtet wurden. Allerdings<br />

hat man 1825 den verbrannten<br />

Bericht des Belecker Stadtschreibers<br />

uber den Belecker Sturmtag aus dem<br />

Gedachtnis niedergeschrieben. So<br />

heiBt es, daB den rund 100 Angreifern<br />

bei einer Einwohnerzahl von 400 bei<br />

weitem nicht die gleiche Anzahl wehrfahiger<br />

Manner entgegengestellt werden<br />

konnte. Der Wille zum Oberleben<br />

mobilisierte alle Krafte. Kinder und<br />

Frauen muBten helfen, Steine schleppen,<br />

Wasser kochen, Teer und Sand<br />

erhitzen und schlieBlich die Bienenkorbe<br />

holen, deren stechwijtige V6Iker<br />

den Beleckern den Sieg erringen<br />

halfen, einen Sieg, den man mit dem<br />

Tode des besten Mannes bezahlte.<br />

Die Belecker sind durch Jahrhunderte<br />

dem Vermachtnis ihrer Vorfahren,<br />

dieses Tages und des gefallenen Burgermeisters<br />

zu gedenken, treu geblieben.<br />

Auch nach der kommunalen<br />

Neuordnung, trotz Verlust der ortlichen<br />

Selbstverwaltung, hat dieser<br />

Tag seinen Sinn behalten. Er hilft,<br />

die kulturelle, historische Eigenstandigkeit<br />

zu bewahren, ohne Kirchturmspolitik<br />

betreiben zu wollen. Er<br />

halt die Erinnerung wach an einen<br />

Tag hochster Not, als es ums nackte<br />

Oberleben ging, und als Einigkeit und<br />

Mut der Burger die Heimatstadt vor<br />

dem Untergang bewahrte.<br />

SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />

© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>

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