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Heft 2 - Sauerländer Heimatbund e.V.

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Sauerländer <strong>Heimatbund</strong><br />

SAUERLAND<br />

stergebaude der Regierung in der<br />

SchloBstraBe die „Halbe preuBische<br />

Rute" in Eisen fest verankert, (1 Rute<br />

= 3,67.66 m). Ahnlich so auch in anderen<br />

Regierungsstadten (z. B. in<br />

DiJsseldorf im alten Rathaus).<br />

Bedeutender Wegbereiter fiir die<br />

Landvermessung war Nicolaus Emmerich,<br />

der 1810 als groSherzoglichhessischer<br />

Geograph und Adjunkt<br />

nach Arnsberg kam und 1816 vom<br />

preuBlschen Oberprasidenten von<br />

Vincke — der sich personlich von<br />

der Tijclntigkeit des begabten jungen<br />

IVIannes uberzeugte — beauftragt<br />

wurde, die Landesvermessung des<br />

neuen preuBisclien Regierungsbezirkes<br />

auszufijhren. Emmerich begann<br />

vorbereitend zunachst mit Lehrkursen,<br />

um geeignete junge Leute<br />

als notwendige IVIitarbeiter in die Geheimnisse<br />

der noch unbekannten<br />

Landvermessung einzuweihen, zog<br />

planend ein groBes Dreiecksnetz ijber<br />

die 140 Quadratmeilen des gesamten<br />

Bezirkes und war dann mit unermijdlichem<br />

FleiBe und mit gewissenhafter<br />

Genauigkeit jahrelang bei jeglicher<br />

Witterung dabei, Felder und Walder<br />

zu durchschreiten, Hohen zu vermessen<br />

und ein Grundkataster anzulegen.<br />

Aniage und Prazision der Ausfuhrungen<br />

seiner gesamten „Triangulation"<br />

(Dreiecksnetz-Gelandevermessung)<br />

wurden spater als „glanzendst" herausgestellt.<br />

Im Jahre 1828 entwarf er die Karte<br />

vom Regierungsbezirk Arnsberg; spater<br />

folgten weitere topographische<br />

Karten und Darstellungen geographischer<br />

Verhaltnisse. Am 12.12.1816<br />

heiratete er als „k6niglich-preuBischer<br />

Geograph" die Tochter Helena<br />

des reichen Wirtes und Cramers Joan<br />

Berndt Schliichter (aus Soest stammend)<br />

und seiner Frau Magdalena<br />

Lintener, Tochter des letzten Arnsberger<br />

Burggrafen Volmar Lintener.<br />

Nach segensreicher Tatigkeit — auch<br />

als umsichtiger Stadtverordneter —<br />

ausgezeichnet mit dem roten Adlerorden,<br />

der Huldigungsmedaille fiir<br />

Kunst und Wissenschaft, dem Kronenorden<br />

und anderen hohen Ehrungen,<br />

starb er 77jahrig als der „K6niglich<br />

preuBische Kataster-Direktor und<br />

Steuerrat Nikolaus Emmerich" zu<br />

Arnsberg, vor genau 110 Jahren, am<br />

14.8.1868.<br />

Auch das gehort zu den Schnadezugen: so mancher Hintern macht unsanft mit<br />

den Grenzsteinen Bekanntschaft. „Pohlasen" oder „Stutzasen" nennt man das im<br />

Sauerland.<br />

Durch die amtlichen Ausmessungen<br />

und Festlegungen der Grenzen verloren<br />

die Schnadezuge ihre Aufgabe.<br />

Sie erubrigten sich. Dennoch behielten<br />

manche Orte die beliebten „Limitenzuge"<br />

bei. Neheim allerdings nur<br />

bis 1830. Bei anderen dauerte Tradltionspflege<br />

und Wunsch „alljahrlich<br />

mit Pauken und Trompeten und<br />

Butters in die Berge zu ziehen" und<br />

zu schnaden, zu stutzasen und sich<br />

an guten Gaben zu laben, langer.<br />

Die PreuBen<br />

Aber am 3. Februar 1841 veroffent-<br />

Iichtedie„b6se" KoniglicheRegierung<br />

zu Arnsberg das Schnadeverbot des<br />

Ministeriums, weil „bei der vollendeten<br />

Katastrirung des Grund und Bodens,<br />

wobei eine Verdunkelung der<br />

Grenzen nicht leicht moglich (ist), die<br />

Veranstaltung der an einigen Orten<br />

noch ijblichen Grenz- und Schnadezuge<br />

keinen Nutzen mehr gewahrt,<br />

im Gegenteil zur Veriibung mehrerer<br />

groben Excesse Veranlassung gegeben"<br />

hatten.<br />

Das war ein Knall, der hinter die<br />

Schnadegeschichten einen dicken<br />

Punkt setzte. Die Briloner aber machten<br />

aus dem Punkt einen Gedankenstrich.<br />

Denn as wahrte nicht lange,<br />

da zogen sie — unbekCimmert um<br />

das Arnsberger Verbot — wieder mit<br />

Mann und Maus in die groBen<br />

Schneisen ihrer Walder, hoch zu RoB<br />

und zu FuB. Nun ist ihr Schnadegang<br />

rund 600 Jahre alt. Er ist weltberiihmt<br />

geworden und man tragt traditionelle<br />

westfalische Bauernkittel. Nach wie<br />

vor geht es hinaus — wie ehedem —<br />

„unter ruhrendem Spiel" mit viel<br />

heimatlichem Schnickschnack zum<br />

Schnaden, mit Stutzasen, erfrischender<br />

Labung und Erbsensuppe.<br />

Es lebe die Schnade<br />

Nach dem ersten Weltkrieg besannen<br />

sich auch andere Gemeinden des<br />

alten Brauches. Sie gingen hin und<br />

taten desgleichen. So auch die Regierungsstadt<br />

Arnsberg. Doch der<br />

seit 1950 „obrigkeitlich angesetzte"<br />

Schnadegang war nur fijr BiJrgermeister<br />

und Magistral samt ihren<br />

Frauen und Kindern.<br />

Damit aber auch die Burger am<br />

Brauchtum eines Schnadeganges<br />

Freude haben konnen, macht der<br />

SGV in Alt-Arnsberg in Gemeinsamkeit<br />

mit dem Arnsberger <strong>Heimatbund</strong><br />

und den BurgerschiJtzen seit einigen<br />

Jahren einen Extraschnadezug.<br />

So ist der beliebte „Limitengang"<br />

— samt Umtrunk und ImbiB — nicht<br />

mehr kleinzukriegen. Und mancherorts<br />

wurde schon vor der Neugliederung<br />

beschlossen, ihn beizubehalten<br />

„selbst dann, wenn die ZuschCisse<br />

gekijrzt wurden und man selber tiefer<br />

in die Tasche greifen mijsse."<br />

35<br />

© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />

SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong>

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