Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ... Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

01.11.2012 Aufrufe

Auch wenn Optimismus durchaus weitverbreitet ist (Scott 2007; Bollo 2007), bleibt aber festzuhalten, dass sich die Forschung hier ganz überwiegend noch in einer sehr frühen Phase befindet. 2.2.4. Militärische Nutzung, Spionage und Maschinensteuerung Der zu Beginn des Kapitels 2.2 bereits angesprochene Bedeutungsverlust von Zug- und Reittieren in industrialisierten Ländern betrifft weltweit auch den militärischen Bereich (vgl. zum Folgenden bspw. Pöppinghege 2009). Gleiches gilt für Kampftiere sowie für Brieftauben – und die im Zweiten Weltkrieg geplante und zum Teil erprobte Nutzung von Tieren (Fledermäusen und Hunden) als Träger von Explosionsstoffen oder zur Raketenlenkung (Tauben) hat keine Fortsetzung gefunden. Außer Pferden und Maultieren, die vor allem noch in gebirgigem und anderem schwierigen Terrain als Lasttiere sowie (vor allem auch von der Polizei) zur Kontrolle potenziell feindseliger Zivilistenansammlungen eingesetzt werden (Ertl 2005), haben einzig Hunde einiges von ihrer früheren militärischen Bedeutung behalten. Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts wurden Hunde in großer Zahl und systematisch militärisch eingesetzt, bspw. im Schutz- und Wachdienst, zur Minensuche, als Meldehunde, als Spürhunde zum Aufstöbern von Feinden und als Sanitätshunde zum Finden und Bergen Verletzter. Die Mehrzahl dieser Funktionen erfüllen sie auch noch in heutigen Armeen. Es gibt aber auch neue Entwicklungen: Neben der vor allem zivilen Nutzung bestimmter Rattenarten für die Landminen suche und einem US-Forschungsprojekt zur Nutzung von Bienen für denselben Zweck, ist hier vor allem das seit Anfang der 1960er Jahre bestehende Meeressäugerprojekt der US-Marine (US Navy Marine Mammal Program) zu nennen, das unter Tierschutzaspekten verschiedentlich kritisiert worden ist, jedoch auch von anderen Ländern für eigene Programme zum Vorbild genommen wurde. In dem bis in die 1990er Jahre geheimen US-Projekt wurden vor allem Delphine und Robben für verschiedene Zwecke trainiert und (bspw. in Vietnam und im Irak) auch eingesetzt. Die Aufgaben umfassen die Seeminensuche, die Bewachung von Häfen gegen feindliche Taucher und die Unterwasserbergung. Durch ihre natürlichen Fähigkeiten sind sie für diese Aufgaben besonders gut geeignet, zum Teil besser als moderne Technologien. Gerüchte über ihre Nutzung zu offensiven Zwecken sind unbestätigt und erscheinen unwahrscheinlich. Betrachtet man die Bedeutung von Tieren für das Militär umfassender, indem noch die bionische sowie die sich Tierversuchen bedienende Militärforschung einbezogen werden, erscheint das Bild komplexer. 84 Gerade bei einigen der in der Debatte über «Converging Technologies» meistdiskutierten technologischen Entwicklungen spielte Militärforschung bzw. von militärischen Einrichtungen finanzierte Forschung eine zentrale Rolle, u. a. bei den Arbeiten zu Hirn-Maschine-Schnittstellen (s. bspw. Nicolelis 2002). Überdies dienen Tiere und Tiereigenschaften, anscheinend mit zunehmender Tendenz, als Vorbilder oder Inspirationen für Entwicklungen in der Militärforschung. Von einigen avancierten Militärrobotern mit zoomorphen Zügen wird bspw. erwartet, dass sie in Zukunft die Rolle von Lasttieren in schwierigem Terrain übernehmen können. 85 Eine interessante Entwicklung, die auch für zivile Zwecke (bspw. bei Such- und Rettungseinsätzen) von Nutzen sein könnte, ist die bereits erwähnte Fernsteuerung von Tieren (2.1.8), wobei bisher mit Ratten, Haien, Vögeln (Tauben) und Insekten experimentiert wurde (vgl. dazu und zum Folgenden: Marshall 2008). Zumindest das Militär der USA, Chinas und Israels hat in den 2000er Jahren Interesse an dieser Art Forschung und Entwicklung gezeigt oder sie sogar gefördert. Neben der Suche von Explosivstoffen und Rettungseinsätzen liegt hier weiterer potenzieller Nutzen im Bereich der Aufklärung und Spionage. Größere Tiere wie Ratten, Tauben und Haie können mit Kameras ausgestattet werden, haben allerdings den Nachteil, durch ihre Größe selbst 84 Eine informative Website mit verschiedenen Videos zu neuen Entwicklungen bei Gehirn-Computer-Schnittstellen, in der auch auf verschiedene Projekte mit militäri- schem Hintergrund eingegangen wird, ist: http://cyborgdb.org/mckeever.htm. Weiter oben im Text wurde schon verschiedentlich auf Projekte hingewiesen, die im Kontext der Militärforschung stehen. 85 Siehe bspw. BigDog von der Firma Boston Dynamics, dessen Entwicklung von der bekannten, hochinnovativen Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) des US-Verteidigungsministerium finanziert wurde: http://www.bostondynamics.com. Zur Rolle der DARPA in Bezug auf die «Converging Technologies» vgl. bspw. Coenen 84 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie 85 (2008).

Auch wenn Optimismus durchaus weitverbreitet ist (Scott 2007;<br />

Bollo 2007), bleibt aber festzuhalten, dass sich die Forschung hier<br />

ganz überwiegend noch in einer sehr frühen Phase befindet.<br />

2.2.4. Militärische Nutzung, Spionage und Maschinensteuerung<br />

Der zu Beginn des Kapitels 2.2 bereits angesprochene Bedeutungsverlust<br />

von Zug- und Reittieren in industrialisierten Ländern betrifft<br />

weltweit auch den militärischen Bereich (vgl. zum Folgenden<br />

bspw. Pöppinghege 2009). Gleiches gilt für Kampftiere sowie für<br />

Brieftauben – und die im Zweiten Weltkrieg geplante und zum<br />

Teil erprobte Nutzung von Tieren (Fledermäusen und Hunden) als<br />

Träger von Explosionsstoffen oder zur Raketenlenkung (Tauben)<br />

hat keine Fortsetzung gefunden. Außer Pferden und Maultieren,<br />

die vor allem noch in gebirgigem und anderem schwierigen Terrain<br />

als Lasttiere sowie (vor allem auch von der Polizei) zur Kontrolle<br />

potenziell feindseliger Zivilistenansammlungen eingesetzt werden<br />

(Ertl 2005), haben einzig Hunde einiges von ihrer früheren militärischen<br />

Bedeutung behalten. Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts<br />

wurden Hunde in großer Zahl und systematisch militärisch eingesetzt,<br />

bspw. im Schutz- und Wachdienst, zur Minensuche, als<br />

Meldehunde, als Spürhunde zum Aufstöbern von Feinden und als<br />

Sanitätshunde zum Finden und Bergen Verletzter. Die Mehrzahl<br />

dieser Funktionen erfüllen sie auch noch in heutigen Armeen.<br />

Es gibt aber auch neue Entwicklungen: Neben der vor allem<br />

zivilen Nutzung bestimmter Rattenarten für die Landminen suche<br />

und einem US-Forschungsprojekt zur Nutzung von Bienen für<br />

denselben Zweck, ist hier vor allem das seit Anfang der 1960er<br />

Jahre bestehende Meeressäugerprojekt der US-Marine (US Navy<br />

Marine Mammal Program) zu nennen, das unter Tierschutzaspekten<br />

verschiedentlich kritisiert worden ist, jedoch auch von anderen<br />

Ländern für eigene Programme zum Vorbild genommen wurde.<br />

In dem bis in die 1990er Jahre geheimen US-Projekt wurden vor<br />

allem Delphine und Robben für verschiedene Zwecke trainiert<br />

und (bspw. in Vietnam und im Irak) auch eingesetzt. Die Aufgaben<br />

umfassen die Seeminensuche, die Bewachung von Häfen<br />

gegen feindliche Taucher und die Unterwasserbergung. Durch ihre<br />

natürlichen Fähigkeiten sind sie für diese Aufgaben besonders gut<br />

geeignet, zum Teil besser als moderne Technologien. Gerüchte<br />

über ihre Nutzung zu offensiven Zwecken sind unbestätigt und<br />

erscheinen unwahrscheinlich.<br />

Betrachtet man die Bedeutung von Tieren für das Militär umfassender,<br />

indem noch die bionische sowie die sich Tierversuchen<br />

bedienende Militärforschung einbezogen werden, erscheint das<br />

Bild komplexer. 84 Gerade bei einigen der in der Debatte über<br />

«Converging Technologies» meistdiskutierten technologischen<br />

Entwicklungen spielte Militärforschung bzw. von militärischen<br />

Einrichtungen finanzierte Forschung eine zentrale Rolle, u. a. bei<br />

den Arbeiten zu Hirn-Maschine-Schnittstellen (s. bspw. Nicolelis<br />

2002). Überdies dienen Tiere und Tiereigenschaften, anscheinend<br />

mit zunehmender Tendenz, als Vorbilder oder Inspirationen für<br />

Entwicklungen in der Militärforschung. Von einigen avancierten<br />

Militärrobotern mit zoomorphen Zügen wird bspw. erwartet, dass<br />

sie in Zukunft die Rolle von Lasttieren in schwierigem Terrain<br />

übernehmen können. 85<br />

Eine interessante Entwicklung, die auch für zivile Zwecke<br />

(bspw. bei Such- und Rettungseinsätzen) von Nutzen sein könnte,<br />

ist die bereits erwähnte Fernsteuerung von Tieren (2.1.8), wobei<br />

bisher mit Ratten, Haien, Vögeln (Tauben) und Insekten experimentiert<br />

wurde (vgl. dazu und zum Folgenden: Marshall 2008).<br />

Zumindest das Militär der USA, Chinas und Israels hat in den<br />

2000er Jahren Interesse an dieser Art Forschung und Entwicklung<br />

gezeigt oder sie sogar gefördert. Neben der Suche von Explosivstoffen<br />

und Rettungseinsätzen liegt hier weiterer potenzieller<br />

Nutzen im Bereich der Aufklärung und Spionage. Größere Tiere<br />

wie Ratten, Tauben und Haie können mit Kameras ausgestattet<br />

werden, haben allerdings den Nachteil, durch ihre Größe selbst<br />

84 Eine informative Website mit verschiedenen Videos zu neuen Entwicklungen bei<br />

Gehirn-Computer-Schnittstellen, in der auch auf verschiedene Projekte mit militäri-<br />

schem Hintergrund eingegangen wird, ist: http://cyborgdb.org/mckeever.htm. Weiter<br />

oben im Text wurde schon verschiedentlich auf Projekte hingewiesen, die im Kontext<br />

der Militärforschung stehen.<br />

85 Siehe bspw. BigDog von der Firma Boston Dynamics, dessen Entwicklung von der<br />

bekannten, hochinnovativen Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA)<br />

des US-Verteidigungsministerium finanziert wurde: http://www.bostondynamics.com.<br />

Zur Rolle der DARPA in Bezug auf die «Converging Technologies» vgl. bspw. <strong>Coenen</strong><br />

84 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie<br />

85<br />

(2008).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!