Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

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01.11.2012 Aufrufe

zu simulieren, oder sie wurden gleich als Krankheitsmodelle hergestellt. Zu nennen sind hier bspw. Rattenmodelle traumatischer Verletzungen des Rückenmarkes (Onifer et al. 2007; Darian-Smith 2007; Truin et al. 2009) sowie Lähmungen infolge von Schlaganfällen (Kleim et al. 2007; Pedrono et al. 2010), von Parkinson (Emborg 2007; Fuentes et al. 2009) oder von Chorea Huntington (Ramaswamy et al. 2007; Kraft et al. 2009). Von «Enhancement» kann in diesem Zusammenhang auch deshalb nur bedingt geredet werden, da es nicht um eine Verbesserung von Hirnfunktionen geht, sondern um eine neuartige, nur in gewisser Hinsicht verbesserte Kommunikation zwischen Säugetieren und Computertechnik. Hingewiesen sei schließlich noch darauf, dass eine geplante neurowissenschaftliche Verwendung von Makaken als Versuchstieren der erste Fall war, in dem aufgrund der in der Bundesverfassung der Schweiz verankerten Würde der Kreatur Forschungen nicht genehmigt wurden. Den Rhesusaffen sollten dabei Elektroden ins Gehirn eingeführt werden, um die Hirnströme bei der Erledigung bestimmter Aufgaben zu messen. Begründet wurde die Ablehnung u. a. damit, dass die Art der Durchführung, insbesondere der geplante Wasserentzug, die Würde dieser Tiere verletzen würde. Im Oktober 2009 bestätigte das Bundesgericht endgültig die Position der Gegner der Versuche. 2.1.9 Anti-Ageing Versuche zur Verlängerung der Lebensspanne werden schon sehr lange durchgeführt, solche mit einem modernen wissenschaftlichen Anspruch mindestens seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Hoffnungen auf ein längeres Leben und auf eine Verminderung als negativ empfundener Effekte des Alterns haben zudem so diverse Entwicklungen beflügelt wie die Zunahme sportlicher Aktivitäten unter Menschen fortgeschrittenen Alters, die Herausbildung eines Marktes für neue Nahrungsergänzungsmittel, die Popularisierung von Botox-Medikamenten als Antifaltenmittel oder den Aufschwung der kosmetischen Chirurgie. Derzeit lässt sich aber gerade auch wieder eine starke Faszination durch neue wissenschaftlich-technische Mittel feststellen, von denen die Realisierung des uralten Menschheitstraums eines «biblischen» Alters (bei gutem Gesundheitszustand) erhofft wird. Einer der vielversprechenden und -diskutierten Bereiche ist hier die Forschung zu Effekten einer Kalorienbeschränkung. Die Verwendung von Versuchstieren begann in diesem Bereich schon in den 1930er Jahren, vor allem mit den Arbeiten der Ernährungsforscher Clive McKay und Morris Ross (Conn 2006). MacKay zeigte damals, dass eine erhebliche Reduktion der Kalorienzufuhr (um bis zu 60 %) die Lebensspanne von Ratten erhöht. Sein Hauptinteresse galt der Krebsforschung. MacKays Ergebnisse fanden Aufmerksamkeit bei Altersforschern, die ab den 1970er Jahren Untersuchungen in dieser Richtung begannen. Neben Nagetieren kommen in diesem Forschungsbereich als Versuchstiere auch Primaten, Fadenwürmer, Fruchtfliegen, Hunde, Vögel und Fledermäuse zum Einsatz (Ottinger 2006; Conn 2006; Tapp und Siwak 2006). Solcherart Altersforschung hat in den letzten Jahren nicht nur wegen der visionären Hoffnungen an Bedeutung gewonnen, sondern auch aufgrund der Zunahme an Alterskrankheiten in industrialisierten Ländern (wie bspw. Alzheimer). Die extrem technophile Strömung der Transhumanisten, die auf ein umfassendes «Human Enhancement» und individuelle Unsterblichkeit hofft, zeigt starkes Interesse an Anti-Ageing- Forschung. Dabei argumentieren sie zum Teil ethisch auch dahingehend, dass diese Forschung lebensrettend sei (bspw. Harris 2007) – und sogar, dass bei unzureichender Förderung des Kampfes gegen die «Krankheit Altern» der Tod von Millionen heute lebender Menschen billigend in Kauf genommen werde. 71 Die Hoffnungen der Visionäre richten sich dabei auf eine Perfektionierung bestehender Biotechnologien und die Entwicklung neuer, vor al- 71 Eine besonders schillernde und kontroverse Figur ist hier Aubrey de Grey, Infor- matiker und Theoretiker im Feld der Gerontologie. Sehr öffentlichkeitswirksam und unterstützt von Mäzenen aus der Computerindustrie hat de Grey eine integrierte Strate- gie zur Bekämpfung des Alterns entwickelt (Strategies for Engineered Negligible Se- nescence, SENS), die innerhalb der Gerontologie zum Teil auf erhebliche Kritik stieß. Im Jahr 2005 schrieb die Zeitschrift «Technology Review» des Massachusetts Institute of Technology einen Geldpreis aus, der demjenigen zugesprochen werden sollte, der de Greys Ideen wissenschaftlich widerlegen kann. Keiner der drei eingereichten Wi- derlegungsversuche wurden von der Jury als überzeugend angesehen. Zu de Grey siehe bspw. die Website einer neuen Stiftung, die von ihm mitgegründet wurde: http://www.sens.org/node/414. 68 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie 69

zu simulieren, oder sie wurden gleich als Krankheitsmodelle hergestellt.<br />

Zu nennen sind hier bspw. Rattenmodelle traumatischer<br />

Verletzungen des Rückenmarkes (Onifer et al. 2007; Darian-Smith<br />

2007; Truin et al. 2009) sowie Lähmungen infolge von Schlaganfällen<br />

(Kleim et al. 2007; Pedrono et al. 2010), von Parkinson<br />

(Emborg 2007; Fuentes et al. 2009) oder von Chorea Huntington<br />

(Ramaswamy et al. 2007; Kraft et al. 2009). Von «Enhancement»<br />

kann in diesem Zusammenhang auch deshalb nur bedingt geredet<br />

werden, da es nicht um eine Verbesserung von Hirnfunktionen geht,<br />

sondern um eine neuartige, nur in gewisser Hinsicht verbesserte<br />

Kommunikation zwischen Säugetieren und Computertechnik.<br />

Hingewiesen sei schließlich noch darauf, dass eine geplante neurowissenschaftliche<br />

Verwendung von Makaken als Versuchstieren<br />

der erste Fall war, in dem aufgrund der in der Bundesverfassung<br />

der Schweiz verankerten Würde der Kreatur Forschungen nicht<br />

genehmigt wurden. Den Rhesusaffen sollten dabei Elektroden ins<br />

Gehirn eingeführt werden, um die Hirnströme bei der Erledigung<br />

bestimmter Aufgaben zu messen. Begründet wurde die Ablehnung<br />

u. a. damit, dass die Art der Durchführung, insbesondere der geplante<br />

Wasserentzug, die Würde dieser Tiere verletzen würde. Im<br />

Oktober 2009 bestätigte das Bundesgericht endgültig die Position<br />

der Gegner der Versuche.<br />

2.1.9 Anti-Ageing<br />

Versuche zur Verlängerung der Lebensspanne werden schon sehr<br />

lange durchgeführt, solche mit einem modernen wissenschaftlichen<br />

Anspruch mindestens seit Anfang des 20. Jahrhunderts.<br />

Hoffnungen auf ein längeres Leben und auf eine Verminderung<br />

als negativ empfundener Effekte des Alterns haben zudem so<br />

diverse Entwicklungen beflügelt wie die Zunahme sportlicher<br />

Aktivitäten unter Menschen fortgeschrittenen Alters, die Herausbildung<br />

eines Marktes für neue Nahrungsergänzungsmittel, die<br />

Popularisierung von Botox-Medikamenten als Antifaltenmittel<br />

oder den Aufschwung der kosmetischen Chirurgie. Derzeit lässt<br />

sich aber gerade auch wieder eine starke Faszination durch neue<br />

wissenschaftlich-technische Mittel feststellen, von denen die Realisierung<br />

des uralten Menschheitstraums eines «biblischen» Alters<br />

(bei gutem Gesundheitszustand) erhofft wird.<br />

Einer der vielversprechenden und -diskutierten Bereiche ist hier<br />

die Forschung zu Effekten einer Kalorienbeschränkung. Die Verwendung<br />

von Versuchstieren begann in diesem Bereich schon in<br />

den 1930er Jahren, vor allem mit den Arbeiten der Ernährungsforscher<br />

Clive McKay und Morris Ross (Conn 2006). MacKay zeigte<br />

damals, dass eine erhebliche Reduktion der Kalorienzufuhr (um<br />

bis zu 60 %) die Lebensspanne von Ratten erhöht. Sein Hauptinteresse<br />

galt der Krebsforschung. MacKays Ergebnisse fanden<br />

Aufmerksamkeit bei Altersforschern, die ab den 1970er Jahren<br />

Untersuchungen in dieser Richtung begannen. Neben Nagetieren<br />

kommen in diesem Forschungsbereich als Versuchstiere auch Primaten,<br />

Fadenwürmer, Fruchtfliegen, Hunde, Vögel und Fledermäuse<br />

zum Einsatz (Ottinger 2006; Conn 2006; Tapp und Siwak<br />

2006). Solcherart Altersforschung hat in den letzten Jahren nicht<br />

nur wegen der visionären Hoffnungen an Bedeutung gewonnen,<br />

sondern auch aufgrund der Zunahme an Alterskrankheiten in industrialisierten<br />

Ländern (wie bspw. Alzheimer).<br />

Die extrem technophile Strömung der Transhumanisten, die<br />

auf ein umfassendes «Human Enhancement» und individuelle<br />

Unsterblichkeit hofft, zeigt starkes Interesse an Anti-Ageing-<br />

Forschung. Dabei argumentieren sie zum Teil ethisch auch dahingehend,<br />

dass diese Forschung lebensrettend sei (bspw. Harris<br />

2007) – und sogar, dass bei unzureichender Förderung des Kampfes<br />

gegen die «Krankheit Altern» der Tod von Millionen heute lebender<br />

Menschen billigend in Kauf genommen werde. 71 Die Hoffnungen<br />

der Visionäre richten sich dabei auf eine Perfektionierung<br />

bestehender Biotechnologien und die Entwicklung neuer, vor al-<br />

71 Eine besonders schillernde und kontroverse Figur ist hier Aubrey de Grey, Infor-<br />

matiker und Theoretiker im Feld der Gerontologie. Sehr öffentlichkeitswirksam und<br />

unterstützt von Mäzenen aus der Computerindustrie hat de Grey eine integrierte Strate-<br />

gie zur Bekämpfung des Alterns entwickelt (Strategies for Engineered Negligible Se-<br />

nescence, SENS), die innerhalb der Gerontologie zum Teil auf erhebliche Kritik stieß.<br />

Im Jahr 2005 schrieb die Zeitschrift «Technology Review» des Massachusetts Institute<br />

of Technology einen Geldpreis aus, der demjenigen zugesprochen werden sollte, der<br />

de Greys Ideen wissenschaftlich widerlegen kann. Keiner der drei eingereichten Wi-<br />

derlegungsversuche wurden von der Jury als überzeugend angesehen. Zu de Grey siehe<br />

bspw. die Website einer neuen Stiftung, die von ihm mitgegründet wurde:<br />

http://www.sens.org/node/414.<br />

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