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Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

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2.1.6 Zelluläre Xenotransplantation und neurowissenschaftliche<br />

Forschung<br />

Die Xenotransplantation hat von Anfang an erhebliche ethische<br />

Diskussionen ausgelöst. Neben individuellen und gesellschaftlichen<br />

Sicherheits- und Risikoaspekten, die noch einer angemessenen<br />

Regulierung bedürfen (Tallacchini 2009), sind Fragen nach<br />

der Vertretbarkeit der Herstellung und Haltung solcher Tiere aufgetaucht<br />

(<strong>Ferrari</strong> 2008; Schicktanz 2002). Darüber hinaus werden<br />

der Kontakt und die gemeinsame Entwicklung von tierischen und<br />

menschlichen Zellen auch unter den Stichworten «Chimäre» oder<br />

«Hybridismus» diskutiert, wobei insbesondere die Möglichkeit der<br />

Veränderung wesentlicher menschlicher Eigenschaften sowie die<br />

Entwicklung neuer Lebewesen, die den Unterschied zwischen<br />

Menschen und Tieren subtiler machen, als ethische Probleme betrachtet<br />

werden (3.3).<br />

Poncelet und seine Gruppe (2009) charakterisieren Schweinezellen<br />

als die am besten geeigneten xenogenen Zellen für den<br />

Menschen. Eine Überlebenszeit von bis zu sechs Monaten wurde<br />

in unterschiedlichen Experimenten bei zwei verschiedenen Primatenarten<br />

dokumentiert (Gianello und Dufrane 2007). Anfang<br />

2009 wurde ein Protokoll für eine klinische Studie mit acht Patienten<br />

mit Diabetes Typus I (Diabetes mellitus), bei der es um<br />

die Nutzung von Bauchspeicheldrüse-Inselzellen aus Schweinen<br />

geht, in Neuseeland genehmigt. Kurz darauf begann eine ähnliche<br />

klinische Studie in Russland (LTC 2009a, 2009b). Im Oktober<br />

desselben Jahres wurden diese Zellen erfolgreich einer 47jährigen<br />

Patientin mit Typus-1 Diabetes transplantiert (U.S. National<br />

Institutes of Health 2009).<br />

Ein besonders sensibler Bereich betrifft den Transfer oder das<br />

Mischen von tierischen und menschlichen Zellen des neurologischen<br />

Systems, insbesondere des Gehirns. Die ersten klinische<br />

Studien zur zellulären Xenotransplantation wurden mit Blick auf<br />

Parkinson-Patienten durchgeführt (Fink et al. 2000), und noch<br />

heute beziehen sich die größten Versprechen dieser Forschung auf<br />

die Behandlung neurodegenerativer Krankheiten. Deshalb werden<br />

im Folgenden die Ergebnisse aus der zellulären Xenotransplantation<br />

zusammen mit Entwicklungen der neurowissenschaftlichen<br />

Forschung diskutiert.<br />

Die zelluläre Xenotransplantation erscheint besonders vielversprechend<br />

für das zentrale Nervensystem und für nichtvaskularisiertes<br />

Gewebe, für das keine oder eine geringe Immunosuppression erforderlich<br />

ist. Embryonale Stammzellen haben zwar eine wichtige<br />

Funktion für das Verständnis der Fähigkeiten der Organe bzw.<br />

der Organentstehung, werden aber immer weniger in klinischen<br />

Anwendungen verwendet. Dort werden hingegen zunehmend postembryonale<br />

Stammzellen genutzt, insbesondere auch in der sog.<br />

Insel-Xenotransplantation (Poncelet et al. 2009). Eine erfolgreiche<br />

Methode besteht in der Enkapsulation der Zellen, um sie vor dem<br />

Immunsystem zu schützen.<br />

Ein Großteil der Forschung konzentriert sich auf die Anwendung<br />

von Stammzellen für die Behandlung solcher neurodegenerativer<br />

Krankheiten und Verletzungen, die – wie bspw. Ischämie,<br />

Parkinson und Knochenmarkverletzungen (Ebert et al. 2008; Lu<br />

et al. 2003; Park et al. 2006) – nur einen neuronalen Subtyp in<br />

einer bestimmten Gehirnregion betreffen. Von Bedeutung ist darüber<br />

hinaus die mit unterschiedlichen Symptomen einhergehende<br />

Alzheimer-Krankheit, bei der verschiedene neuronale Subtypen in<br />

unterschiedlichen Gehirnregionen betroffen sind (Otto et al. 2003;<br />

Billings et al. 2005). Aufgrund des Problems, dass bei Alzheimer-<br />

Tiermodellen die transgenen Mäuse nur einige der Krankheitssymptome<br />

zeigen (Blurton-Jones et al. 2009), ist es schwierig, in Bezug<br />

auf diese Krankheit die Transplantation neuronaler Stammzellen<br />

aus gentechnisch veränderten Tieren auf den Menschen zu überprüfen.<br />

Dennoch werden diese Mausmodelle verwendet (Blurton-<br />

Jones et al. 2009; Eriksen und Janus 2007; Sugaya et al. 2006).<br />

Im Jahr 2001 hatten Ourednik und seine Gruppe über die<br />

Transplantation von neuronalen Stammzellen aus menschlichen<br />

Föten in das Gehirn von Primatenföten berichtet. Solche Stammzellen<br />

verbreiteten sich in deren Gehirn und differenzierten sich<br />

in unterschiedliche neuronale Zelltypen. Im Jahr darauf beobachteten<br />

Englund und seine Gruppe (2002) bei der Transplantation<br />

von neuronalen Vorlauferzellen aus Gehirnen menschlicher Embryonen<br />

in Rattengehirne ähnliche Ausdifferenzierungsprozesse<br />

und eine Migration der menschlichen Zelle. Umfangreiche Diskussionen<br />

lösten dann die Experimente an der Universität Stanford<br />

in den USA aus, bei der menschliche neuronale Stammzellen in<br />

Mäuse- und Affengehirnen implantiert wurden. Es wurde gezeigt,<br />

58 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie<br />

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