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Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

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(<strong>Ferrari</strong> 2008; Rehbinder et al. 2009). Deutlich wird, dass es sich<br />

hier um eine Optimierung des Tieres allein für menschliche Zwecke<br />

handelt. Kontrovers ist diese Technologie auch deshalb, weil<br />

die Abschätzung der Risiken und Folgen für die Umwelt komplex<br />

und schwierig ist (Rehbinder et al. 2009).<br />

2.1.5 Xenotransplantation von Organen und Geweben<br />

Die Idee der medizinischen Nutzung tierischen biologischen Materials<br />

(wie bspw. Blut, aber auch feste Organe) ist nichts Neues. So<br />

wurden bspw. seit Mitte des 17. Jahrhunderts erfolglose Versuche<br />

der Übertragung von Hunde- und Schafsblut auf den Menschen<br />

durchgeführt (Schicktanz 2002). Im 18. Jahrhundert versuchte<br />

man eine Schädelverletzung an einem Menschen mit einem<br />

Knochenstück eines Hundeschädels zu heilen, und am Ende des<br />

19. Jahrhunderts wurde die Bauchspeicheldrüse eines Schafs auf<br />

einen Menschen transplantiert, der allerdings nur drei Tage überlebte.<br />

Eine sehr geringe Überlebenszeit hatten auch ein Kind, das<br />

1905 eine Kaninchenniere erhielt, und ein Erwachsener, der 1918<br />

die Niere eines Affen empfing. Gleiches gilt für in den 1970er und<br />

1980er Jahren durchgeführte Nutzungen von Paviannieren für Dialysezwecke<br />

und die Transplantation eines Pavianherzens (Schicktanz<br />

2002). Mit der Entwicklung gentechnischer Verfahren nahm<br />

die Hoffnung auf eine erfolgreiche Xenotransplantation zu, die<br />

ersten Versuche wurden in den 1990er Jahren durchgeführt. Unter<br />

Xenotransplantation wird heute die Transplantation von Zellen,<br />

Geweben oder Organen aus einem gentechnisch veränderten Tier<br />

auf den Menschen verstanden (Nuffield Council of Bioethics 1996;<br />

Petermann und <strong>Sauter</strong> 1999; Hüsing et al. 2001) sowie die Transplantation<br />

von menschlichen Zellen, Geweben oder Organen, die<br />

mit lebenden Tierzellen, -geweben und -organen ex vivo Kontakt<br />

hatten (U. S. Department of Health and Human Services 1999a,<br />

1999b, 2003). Wesentliche Unterschiede bestehen zwischen der<br />

Xenotransplantation komplexer Organe – die noch sehr schwierig<br />

ist und weit entfernt von der Anwendung am Menschen erscheint –<br />

und der Transplantation von Zellen und Geweben (zelluläre Xenotransplantation),<br />

die weit fortgeschritten ist (Schneider und<br />

Seebach 2009). Das Schwein ist das am meisten verwendete Tier<br />

in diesem Gebiet – vor allem wegen seiner physiologischen Ähn-<br />

lichkeit mit dem Menschen (Cooper et al. 2007), aber auch aufgrund<br />

der Tatsache, dass Primaten aus ethischen Gründen als sog.<br />

«Source»-Tiere 51 ausgeschlossen wurden (Allan et al. 1989). 52 In<br />

der Grundlagenforschung werden auch viele Studien an Nagetieren<br />

durchgeführt, und in der präklinischen Phase werden unterschiedliche<br />

Tierarten (bspw. Hunde) sowohl als Empfänger als auch als<br />

«Source»-Tiere genutzt (Abalovich et al. 2009).<br />

Hauptprobleme der Xenotransplantation sind die Abstoßungsreaktion<br />

des fremden Materials tierischer Herkunft und das Infektionsrisiko<br />

– die Übertragung von Krankheitserregern – aufgrund<br />

der Speziesunterschiede. Hier sind sog. endogene Retroviren des<br />

Schweins (PERV) (porcine endogenous retrovirus) besonders<br />

gefährlich. Seit Beginn der 1990er Jahren ist nachgewiesen, dass<br />

PERV menschliche Zellen in vitro infizieren können. PERV-A 53<br />

können sich in menschlichen Zellen schnell vermehren. Ihre Pro-<br />

Viren – das sind vorläufige oder latente Formen eines Virus, die<br />

fähig sind, sich ins Genom einer Wirtszelle zu integrieren – können<br />

ins Genom somatischer Schweinezellen integriert werden, aber<br />

nicht in Keimbahnzellen (Prabha et al. 2008). Darüber hinaus sind<br />

Cytomegaloviren aus dem Schwein (CMV) 54 in vitro besonders<br />

gefährlich für menschliche Fibroblasten (Whittaker et al. 2008).<br />

Zur Bezeichnung der besonderen Infektionsrisiken in der Xenotransplantation<br />

aufgrund von Speziesunterschieden wurde in<br />

der Diskussion der Begriff «Xenozoonose» bzw. «Xenose» geprägt<br />

(Chapman und Fishman 1997).<br />

Eine der wichtigsten Ziele der heutigen Forschung besteht deshalb<br />

in der Überwindung dieser Probleme durch eine verbesserte<br />

Herstellung von Tieren, die sie besser kompatibel mit dem Men-<br />

51 Mit diesem Ausdruck werden Tiere bezeichnet, aus denen Organe, Gewebe oder Zel-<br />

le für die Xenotransplatation gewonnen werden.<br />

52 Schon in den 1990er Jahren haben einige Ethikkommissionen – wie der Nuffield<br />

Council of Bioethics (1998) und die im Auftrag des schweizerischen Wissenschaftsrats<br />

ausgefertigte Studie zur Technikfolgenabschätzung der Xenotransplantation (Hüsing et<br />

al. 1998) – ein Verbot für die Verwendung von Primaten vorgeschlagen.<br />

53 Es gibt drei unterschiedliche Subtypen von PERV: PERV-A, PERV-B und PERV-C.<br />

PERV-A und PERV-B können menschliche Zellen infizieren, PERV-C nur die Schweinezellen<br />

(Denner 2008).<br />

54 Cytomegaloviren sind Herpes-Viren, die epiteliale Zellen angreifen und vergrößern.<br />

54 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie<br />

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