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Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

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vorher getrennter Forschungs- und Entwicklungsbereiche durch<br />

deren Ausrichtung auf gemeinsame Ziele. Dieser Trend wird auch<br />

im Zusammenhang mit den sog. «konvergierenden Technologien»<br />

beobachtet und diskutiert (siehe Kap 1. und 3).<br />

Eines der ersten bekannten gentechnisch veränderten Tiere im<br />

Bereich des Gene-Pharming war das Schaf Tracy, dessen Milch<br />

das Protein Alpha-1-Antitrypsin (AAT-Gen) 42 enthielt (Carver<br />

1992; Tebbutt 2000). Die gentechnische Veränderung von Tieren,<br />

insbesondere deren «Vermenschlichung» (2.1.2), hat u. a. auch zur<br />

Herstellung von Maus- und Affenmodellen geführt, die rekombinante<br />

Proteine bzw. monoklonale Antikörper 43 produzieren können:<br />

Das erste monoklonale Antikörper-Medikament (Vectibix),<br />

das von der kalifornischen Firma Thousand Oaks mit Hilfe der<br />

sog. «XenoMouse» hergestellt wird, wurde von der US-amerikanischen<br />

Food and Drug Administration (FDA) im September 2006<br />

zur Vermarktung freigegeben (Scott 2007; vgl. <strong>Ferrari</strong> 2009a). 44<br />

In Europa ist ein erstes Medikament seit 2008 auf dem Markt,<br />

nachdem es von der European Medicines Agency (EMEA) 2006<br />

zur Vermarktung freigegeben worden war. 45 Es handelt sich um<br />

42 ATT dient bei Menschen als Hauptinhibitor der Elastase, eines Enzyms, das Amide<br />

und Ester spaltet und bei Menschen in zwei Formen existiert: Die eine wird von der<br />

Speicheldrüse produziert, die andere kommt in Granulozyten vor. ATT wird deshalb<br />

zur Heilung von Lungenfunktionsstörungen durch chronische Lungenschäden bei Pati-<br />

enten genutzt, die einen Defekt in einem bestimmten Gen aufweisen.<br />

43 Ein rekombinantes Protein ist ein Protein, das durch rekombinante DNA oder ein re-<br />

kombinantes Gen gewonnen wird – und zwar durch ein Molekül, das nicht in der Natur<br />

existiert, sondern im Labor neu zusammengestellt wird.<br />

44 Im Internet ist auch eine Liste der zugelassenen monoklonalen Antikörper zu finden:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Monoklonaler_Antikörper.<br />

45 Die Geschichte der Vermarktung von ATryn ® ist interessant: Im Februar 2006 lehn-<br />

te die EMEA seine Zulassung ab, weil die vom US-Pharmaunternehmen GTC vorge-<br />

brachten experimentellen Ergebnisse als unzureichend bewertet worden waren. GTC<br />

hatte das Medikament an 19 freiwilligen und informierten Patienten getestet, die unter<br />

einer erblichen Antithrombin-Insuffizienz litten (Schimdt C. 2006). Im Laufe der Studie<br />

traten einige Komplikationen auf und GTC konnte nur für fünf Patienten oder Patientinnen<br />

Ergebnisse erhalten. Dies wurde von der EMEA als unzureichend bewertet,<br />

weil zwölf Personen die vorgeschriebene Mindestanzahl sind. GTC legte Berufung mit<br />

der Begründung ein, dass die geringe Zahl von Patienten sich aus der Seltenheit der <br />

Antithrombin III, das gegen den Blutgerinnungsfaktor Thrombin<br />

aktiv ist und von transgenen Ziegen des US-Pharmaunternehmens<br />

GTC produziert worden ist. 46 Bislang konnte dieser Stoff nur aus<br />

gespendetem Blut gewonnen werden. Nun ist es gelungen, auch<br />

unterschiedliche medikamentöse Proteine bzw. Substanzen wie<br />

u. a. Gewebe-Plasminogen-Aktivator (tPA) 47 , Laktoferrin 48 und<br />

Erythropoietin 49 aus gentechnisch veränderten Nutztieren zu gewinnen.<br />

Sie befinden sich aber noch in der klinischen Prüfung<br />

(Redvan 2009; Houdebine 2009; Niemann und Kues 2007).<br />

Durch diese Techniken werden Tiere verändert und als Reservoirs<br />

für nützliche Substanzen betrachtet. Wie schon oben dargelegt<br />

wurde, sind die Methoden der gentechnischen Veränderungen<br />

mit einem großen Tierverbrauch sowie mit einer Erhöhung des<br />

Schadensrisikos für das einzelne Tier verbunden. Transgene Tiere,<br />

die ein zusätzliches Gen für Wachstumshormone oder Erythropoietin<br />

enthalten, zeigen unterschiedliche pathologische Erscheinungen<br />

(Carver 1992). Die ektopische Expression eines Proteins 50<br />

kann – wie das saure Protein der Mausmolke – bei transgenen<br />

Schafen eine erhöhte Mortalität verursachen. Die Proteine können<br />

auch von der Milch ins Blut übergehen, was zu lokalen Schädigungen<br />

der Milchdrüsen führen kann. Bis jetzt sind keine Langzeitstudien<br />

zum Wohlergehen dieser Tiere bekannt, und es ist überdies<br />

fragwürdig, ob die Haltung und Nutzung dieser Tiere artgerecht ist<br />

genetischen Krankheit (hereditary AT deficiency) ergäbe, gegen die das Medikament<br />

eingesetzt werden solle. Angesichts weniger tausend potenzieller Patienten sei die Su-<br />

che nach Probanden schwierig. GTC bat daher die EMEA um eine erneute Prüfung. Die<br />

EMEA befragte dann eine Gruppe von Experten zum Thema Blutgerinnung, die sich<br />

für die Berücksichtigung der Daten aller teilnehmenden Patienten aussprach, und kam<br />

dann schließlich zu einer positiven Entscheidung.<br />

46 Siehe http://www.transgenics.com/products/atryn.html.<br />

47 Der Gewebe-Plasminogen-Aktivator ist ein körpereigenes Protein, das eine wichtige<br />

Rolle bei der Auflösung von Blutgerinnseln spielt.<br />

48 Der bekannte Stier «Hermann» wurde zur Produktion des α-Laktoferrin der nieder-<br />

ländischen Firma Gene Pharming hergestellt (Krimpefort et al. 1991).<br />

49 Das Hormon Erythropoietin steuert die Erneuerung der roten Blutkörperchen und<br />

wird hauptsächlich in der Niere gebildet.<br />

50 Die ektopische Expression eines Proteins ist die phänotypische Expression eines<br />

Proteins an einem untypischen Ort im Genom.<br />

52 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie<br />

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