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Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

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Es gibt zwar auch im tiermedizinischen Handeln Anteile von Sollen,<br />

bspw. was die Vermeidung von Leiden betrifft, aber die basale<br />

normative Struktur ist anders als bei Menschen, und nationale<br />

Gesetzgebungen können sich hier stark unterscheiden. Während<br />

etwa in der Schweiz der Begriff der «Würde der Kreatur» in der<br />

Verfassung verankert ist und in den Niederlanden der Begriff intrinsic<br />

value im Tierschutzgesetz vorkommt, existieren äquivalente<br />

Begriffe in deutschen Gesetzen nicht. In Frankreich gelten Tiere<br />

sogar als Sachen. Analytisch gilt: Je schwächer die Rechte von Tieren<br />

verankert sind, umso mehr hat der Charakter tiermedizinischer<br />

Maßnahmen mit dem Wollen des Tierhalters zu tun.<br />

Tierschutz ist selbstverständlich auch für die Tiermedizin relevant,<br />

wobei hier die Interpretationen offen und manchmal sehr<br />

unterschiedlich sind und es zu Überschneidungen mit unmittelbaren<br />

menschlichen Interessen kommt. So sind Impfungen und Seuchenbekämpfung<br />

einerseits Teil des Tierschutzes, wobei sich bspw.<br />

die deutsche Bundestierärztekammer gegen unnötige Tötungen bei<br />

der Seuchenbekämpfung ausgesprochen hat. Andererseits spielen<br />

aber auch menschliche Zwecke eine Rolle, so etwa die präventive<br />

Seuchenverhinderung zur Abwehr ökonomischer Nachteile.<br />

Die Unterscheidung Therapie versus «Enhancement» ist auch<br />

aus einem anderen Grund hier nicht einschlägig. Denn nicht in allen<br />

Fällen des «Enhancement» ist von gesunden Tieren zu sprechen<br />

(Kap. 2), auf die diese Methoden angewendet werden. Versuchstiere<br />

werden in einigen Fällen zuerst krank gemacht oder sogar krank<br />

hergestellt (als Krankheitsmodelle), um gewisse Enhancement-Mittel<br />

an ihnen zu testen (bspw. die so genannten «Krebsmäuse»).<br />

Dies führt auf einen weiteren Unterschied zum «Human Enhancement».<br />

Dieses wird mit einem Wollen der Menschen in Zusammenhang<br />

gebracht (s.o.), also einem Wollen auf der Ebene<br />

der Subjekte des Verbesserns, die gleichzeitig die Objekte sind.<br />

Im Bereich der Tiere sind jedoch, wie wir gesehen haben, die<br />

menschlichen Interessen der Maßstab. Man kann nicht sinnvoller<br />

Weise von einem «Wollen» aus der tierischen Perspektive sprechen,<br />

sondern das Wollen liegt im Fall des «Animal Enhancement»<br />

beim Menschen. Subjekt und Objekt des «Wollens» klaffen also<br />

auseinander. Ein informed consent, der das Wollen in Bezug auf<br />

die Verbesserung des Menschen legitimieren bzw. wenigstens die<br />

Legitimation erleichtern könnte, ist bei Tieren nicht herstellbar.<br />

Das «Enhancement» von Tieren ist also das Produkt menschlicher<br />

Entscheidungen. Es bleibt zu fragen, inwieweit und auf welche<br />

Weise dabei artspezifischen Eigenschaften von Tieren sowie ihren<br />

Bedürfnissen Rechnung getragen werden kann, bspw. wenn es um<br />

ein «Enhancement» zum Zweck der Verminderung von Stress und<br />

Schmerzen handelt (Kap. 2).<br />

Insgesamt verstehen wir unter einem «Animal Enhancement»<br />

oder einer «Verbesserung» von Tieren<br />

• Maßnahmen, die die Leistungsfähigkeit von Tieren gegenüber<br />

ihren üblichen Leistungen erhöhen sollen, wobei «Leistung»<br />

sich an den menschlichen Zwecken, sprich Nutzungsinteressen<br />

an den Tieren, bemessen lässt;<br />

• Maßnahmen, die es erlauben oder erleichtern, Tiere auf eine<br />

Weise zu nutzen, in der die Tiere keinen oder weniger schweren<br />

Belastungen ausgesetzt sind als ohne die Enhancement-Maßnahmen;<br />

• Maßnahmen, mit denen neue Eigenschaften von Tieren wie<br />

bspw. Krankheitsresistenz erzeugt werden, was über eine Verbesserung<br />

bereits bestehender Eigenschaften oder Leistungen<br />

hinausgeht und vielmehr eine qualitative Veränderung darstellt<br />

(vgl. analog für «Human Enhancement»: Jotterand 2008).<br />

Diese semantische Verständigung, die die menschlichen Nutzungs-<br />

und damit auch Verbesserungsinteressen an den Anfang einer<br />

Zweck/Mittel-Hierarchie stellt, legt es nahe, die Recherche nach<br />

den unterschiedlichen menschlichen Nutzungsinteressen an Tieren<br />

zu ordnen, was in Kapitel 2 daher erfolgt. Der Fokus der vorliegenden<br />

Untersuchung auf «Converging Technologies» bringt es dabei<br />

mit sich, dass nicht traditionelle Verbesserungen wie Zuchtverfahren<br />

oder Veränderungen von Haltungsbedingungen im Zentrum<br />

der Aufmerksamkeit stehen, sondern wissenschaftlich-technologische<br />

Verbesserungsmöglichkeiten in den NBIC-Feldern.<br />

1.4 Zum Verständnis der Converging Technologies<br />

Nach der Vorstellung der «Converging Technologies» (Roco und<br />

Bainbridge 2002), der so genannten «NBIC-Konvergenz» (nano,<br />

24 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie<br />

25

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