01.11.2012 Aufrufe

Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

typischen Merkmale einer Gattung, deren Existenz in eine unbestimmt<br />

lange Zukunft hineinreicht, historisch relativ. Typische<br />

Merkmale des Menschen seien weder universal noch konstant<br />

noch spezifisch und könnten deshalb nicht als Basis für eine Gattungsethik<br />

gelten. Zweitens gehöre es zum Menschen, den jeweils<br />

erreichten Stand zu überschreiten. Wenn jedoch die «Natur des<br />

Menschen» darin bestehe, ständig das einmal Erreichte zu transzendieren,<br />

könne das Argument gegen «Enhancement», dass es<br />

sich gegen die Natur des Menschen richte, nicht aufrechterhalten<br />

werden. Drittens sei die Gleichsetzung des Wesens des Menschen<br />

mit «typischen» Merkmalen nicht wertfrei möglich, sondern beinhalte<br />

immer normative Wertungen. Die «Natur des Menschen»<br />

sei ein normatives Konzept, das Standards für Normalität und<br />

Angemessenheit setze und daher mit der Gefahr von Diskriminierungen<br />

verbunden ist.<br />

In diesem Zusammenhang wird auch der Begriff der Authentizität<br />

diskutiert, vor allem in Verbindung mit Interventionen in<br />

psychische und kognitive Fähigkeiten zur Steigerung des Wohlbefindens<br />

(Müller 2008; vgl. Krämer 2009; Galert 2009). Hier geht es<br />

um «authentisches» Leben, mögliche Gefahren einer Persönlichkeitsveränderung<br />

und ihre Implikationen. Aber auch dieser Begriff<br />

führt zu Problemen. Zum einen sind dies Probleme in phänomenologischer<br />

Hinsicht: Was sind die Kriterien für ein authentisches<br />

Leben? Ist die Vorstellung von Authentizität objektivierbar? Zum<br />

anderen kommt es zu normativen Schwierigkeiten: Kann man aus<br />

der Intuition, dass Menschen authentisch leben wollen, schließen,<br />

dass sie authentisch leben sollen? Elliott (2003) fordert bspw. eine<br />

«Ethik der Authentizität» in Bezug auf Neuro-Enhancement.<br />

Für den Umgang mit «Verbesserungen» im Bereich der Tiere<br />

können sowohl aus der Debatte um «Natürlichkeit» als auch um<br />

«Authentizität» Argumentationen übertragen werden. Die Forderung<br />

nach «Artgerechtigkeit» verweist auf der Basis empirischer<br />

Forschung auf eine angenommene «Natürlichkeit», die Tieren gemäß<br />

ihrer Art normativ zugesprochen wird. Zusätzlich aus dem<br />

für das «Human Enhancement» bekannten Schwierigkeiten eines<br />

naturalistischen Fehlschlusses (bspw. Clausen 2008a) kommt hier<br />

noch hinzu, dass die «Artgerechtheit» im Umgang mit Tieren nie<br />

durch die Tiere selbst artikuliert oder eingefordert werden kann,<br />

sondern dass stets Menschen dies advokatorisch für Tiere tun und<br />

dabei Interpretations- und Deutungsleistungen tierischen Verhaltens<br />

vornehmen müssen.<br />

Insgesamt zeigt sich in der Debatte um das «Human Enhancement»,<br />

dass Argumente, die mit Annahmen über bestimmte substantielle<br />

und «natürliche» Eigenschaften des Menschen operieren,<br />

in erhebliche Probleme geraten und keine «starken» Orientierungen<br />

liefern können. In Bezug auf Tiere ist es eine spannende Frage,<br />

inwieweit hier stärkere Orientierungen gegeben werden können,<br />

etwa durch Bezüge auf empirisch gestützte Befunde über Artgerechtigkeit,<br />

mit denen dann möglicherweise Verbesserungen oder<br />

gar Veränderungen gerechtfertigt werden könnten.<br />

1.3 Die Semantik des Animal Enhancement<br />

Die Recherche nach «Animal Enhancement» in der Biomedizin-<br />

Metadatenbank Pubmed ergibt eine lange Liste von Artikeln<br />

über Tierversuche in unterschiedlichen Gebieten. Dort ist es üblich,<br />

von einem «Enhancement» von Tieren in drei Richtungen<br />

zu sprechen:<br />

• erstens die Verbesserung der Tiermodelle, in dem Sinn, dass<br />

aussagekräftigere Tierversuche ermöglicht werden sollen;<br />

• zwe i t e n s eine Verbesserung der Leistungen der Tiere im Rahmen<br />

eines «genetic enhancement» als moderne Fortsetzung<br />

klassischer Züchtung;<br />

• drittens die Verbesserung der Haltungsbedingungen für Tiere<br />

im Labor.<br />

Dieser etablierte Sprachgebrauch ist zur Kenntnis zu nehmen; die<br />

sich darin zeigenden Anwendungsfelder sind jedoch im Rahmen<br />

der vorliegenden Studie nur begrenzt interessant, vor allem weil<br />

dort in der Regel die neueren Entwicklungen im Rahmen der<br />

«Converging Technologies» noch kaum eine Rolle spielen. Aus<br />

diesem Grund werden wir im Folgenden den Begriff des «Animal<br />

Enhancement» unabhängig von diesem etablierten Sprachgebrauch<br />

konzipieren und uns dabei auf Gemeinsamkeiten und<br />

Unterschie de in der Gegenüberstellung zum «Human Enhancement»<br />

beziehen (s.o.).<br />

20 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie<br />

21

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!