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Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

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einzustufen sind, ändert an der Legitimität des Ziels nichts.<br />

Angezeigt erscheint indes die Wissensbasis zu den Auswirkungen<br />

neuer Verfahren auf Tiere systematisch und holistisch zu<br />

verbreitern. Überdies müssen die erhofften Ergebnisse und<br />

die Realisierungsaussichten mit dem hinsichtlich des Wegs der<br />

Realisierung abzusehenden Bedarf an Tierversuchen und anderen<br />

Problemen abgewogen werden.<br />

6. Wie auch hinsichtlich der Visionen in den Debatten über «Human<br />

Enhancement» und «Converging Technologies» sollten<br />

Visionen (sowohl einer Verbesserung für das Tier als auch<br />

einer Verbesserung der menschlichen Nutzung des Tiers)<br />

mit Skepsis betrachtet und systematisch hinterfragt werden.<br />

Während allgemein das Bewusstsein für den problematischen<br />

Charakter des technikfuturistischen Überschwangs in Debatten<br />

über neue und emergierende Technologien wächst, besteht<br />

im Fall des «Animal Enhancement» die Gefahr, dass dieses<br />

Bewusstsein – vor allem wegen der Tradition der Tierzüchtung<br />

und der Subordination des Tiers – unterentwickelt bleibt. Dies<br />

könnte nicht nur forschungs-, technologie- und innovationspolitisch<br />

kontraproduktiv sein (auch mit Blick auf öffentliche<br />

Akzeptanzfragen), sondern auch speziell tierethisch problematisch<br />

– falls bspw. neue Entwicklungen gefördert werden,<br />

die dann im Endeffekt oder zumindest in einer langen Übergangsphase<br />

die Situation von Versuchs- und anderen Tieren<br />

verschlechtern.<br />

7. Eine neue Dimension in der tierethischen Beurteilung von<br />

Verfahren moderner Forschung ergibt sich womöglich aus<br />

den Wechselwirkungen zwischen «Human Enhancement»<br />

und «Animal Enhancement». Umstrittene Formen des «Human<br />

Enhancement», bei denen Nutzenerwägungen weniger<br />

eindeutige Ergebnisse zeitigen als therapeutische Verfahren,<br />

könnten tierethisch betrachtet andere Schutzregelungen für<br />

Versuchstiere nötig machen als die bisher für die biomedizinische<br />

Forschung geltenden. Hierbei könnten Ausschlusskriterien<br />

für Tierversuche, die in einigen Ländern bereits für<br />

gentechnische Veränderungen von Tieren definiert wurden,<br />

auch auf die Forschung und Entwicklung zu nichttherapeutischen<br />

Enhancement-Technologien Anwendung finden. Neben<br />

dem Problem, dass oft – wenn nicht meistens – konvergierende<br />

Technologien sowohl zu therapeutischen als auch zu nichttherapeutischen<br />

Zwecken eingesetzt werden können, ist hier zuvor<br />

allerdings noch zu klären, welche Handlungsspielräume<br />

(mit Blick bspw. auf Rechtsprechung und Kommentaren zu<br />

den bestehenden einschlägigen Bestimmungen) überhaupt<br />

bestehen.<br />

8. Auch wenn die Forschung dazu noch weitgehend visionärkonzeptioneller<br />

Natur ist, verdient eine durch konvergierende<br />

Technologien denkbar gewordene Einschränkung oder völlige<br />

Ausschaltung der Leidensfähigkeit von Tieren gesonderte<br />

Beachtung. Hier steht das Ziel, das von ihnen empfundene<br />

Leiden der Tiere zu vermindern oder zu beseitigen, gegen<br />

Konzepte einer Integrität und Würde des Tieres. Eine derartige<br />

Manipulation von Lebewesen könnte als illegitim eingeschätzt<br />

werden. Auf jeden Fall stellen sich hier komplexe<br />

Fragen, die über einzelne tierethische Probleme hinaus unser<br />

Verständnis des Tiers als Lebewesen betreffen.<br />

9. Im Kontext des Einsatzes der «Converging Technologies» für<br />

Zwecke des «Animal Enhancement» und des «Human Enhancement»<br />

stellen sich auch übergreifende philosophische Fragen<br />

von ethischer Bedeutung. Insofern es durch ein «Animal Enhancement»<br />

zu weiteren Technisierungsschüben in unserem<br />

Bild von und unserem Umgang mit Tieren kommt, vielleicht<br />

auch zur Erschaffung von Tier-Maschine-Mischwesen, dürfte<br />

dies auch Folgen für unsere Menschenbilder und für eine<br />

mögliche Technisierung des Menschen haben. Hier bei Bedarf<br />

steuernd einzugreifen, dürfte jedoch sehr schwierig werden.<br />

Die Weichenstellungen, die in Bezug auf die Trias Mensch-<br />

Tier-Technik in vielen Jahrhunderten westlicher Ideen- und<br />

Realgeschichte erfolgten, haben eine so grundlegende Bedeutung<br />

für unsere Gesellschaften und die in ihnen wirksamen<br />

Menschenbilder, dass größere Verschiebungen womöglich<br />

einer kulturellen Revolution gleichkommen würden.<br />

10. Im Umgang mit allen genannten Fragen ist immer zu beachten,<br />

dass Ethik nur part of the game ist. Wie in anderen Fällen<br />

neuer und emergierender wissenschaftlich-technologischer<br />

Entwicklungen geht es auch beim «Animal Enhancement»<br />

in vielerlei Hinsicht noch gar nicht um konkrete ethische Fragen,<br />

sondern darum, zu einer gesellschaftlichen, auch anth-<br />

164 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie<br />

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