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Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

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wie den Transhumanisten begrüßt. Dabei werden spezifische<br />

Visionen entwickelt. In einer Konferenz im Jahr 2006 wurde bspw.<br />

die Vision erläutert, Menschenaffen mit vor allem gentechnischen<br />

Mitteln in der Hinsicht zu «verbessern», dass sie sprechen können<br />

(Núñez-Mujica 2006). Dieser Eingriff sei im Interesse der Menschenaffen,<br />

weil sie uns dann sagen könnten, wie wir sie besser<br />

schützen sollten. S. Chan (2009) argumentiert – analog zu den<br />

Auffassungen ihres Lehrers John Harris zum «Human Enhancement»<br />

–, dass bei einem «Animal Enhancement», das als im<br />

Interesse des Tieres liegend interpretiert wird, eine moralische<br />

Verpflichtung zur «Verbesserung» entstehe. In ihrem Artikel argumentiert<br />

sie allerdings mit zwei unterschiedlichen Definitionen von<br />

«Enhancement»: Zunächst verwendet sie diesen Begriff in einem<br />

neutralen Sinn, indem sie die Kontinuität der Ziele technologischer<br />

Interventionen zur Verbesserung von Tieren betont, und definiert<br />

«Animal Enhancement» als Veränderung, die zu einer Steigerung<br />

einer Fähigkeit oder zu einer neuen Eigenschaft des Tieres führt.<br />

Im Laufe des Artikels verschiebt sich diese wertneutrale Definition<br />

zu einer bewertenden Definition von «Enhancement», bei der<br />

eine Verbesserung (wieder Harris folgend) per definitionem als<br />

gut für das betroffene Individuum angesehen wird. Die moralische<br />

Verpflichtung zum «Animal Enhancement» folgt dann für<br />

S. Chan aus der Anerkennung von Tieren als Träger von zu respektierenden<br />

Interessen. Diese Argumentation bleibt damit auf einer<br />

sehr allgemeinen und abstrakten Ebene, die weder die Realität<br />

der heutigen Praxis berücksichtigt noch den konkreten Kontext<br />

der Verbesserung problematisiert. Auch verschiedene Führungsfiguren<br />

des organisierten Transhumanismus (bspw. Bostrom und<br />

Sandberg 2009) kommen immer wieder auf die Idee zu sprechen,<br />

Menschenaffen durch cognitive enhancement auf das intellektuelle<br />

Niveau von Menschen zu bringen.<br />

Diese Visionen erfahren verständlicherweise Kritik. Für Twine<br />

(2007) bspw. baut der Gedanke, dass Tiere Technologien für ein<br />

erfülltes Leben bzw. für eine Verbesserung ihres Lebens brauchen,<br />

auf einer Anthropomorphisierung auf, in der die in Anthropologie<br />

und Technikphilosophie oft analysierte Technikangewiesenheit<br />

des Menschen auf Tiere übertragen wird. Derart allgemeine Argumente<br />

zeigten zudem ein geringes Interesse an der Komplexität<br />

tierischen Lebens und übersähen, dass Tiere im Einflussbereich<br />

des Menschen vor allem dessen Interessen dienten. Auch fehle in<br />

dieser Perspektive die Aufmerksamkeit für viele Faktoren tierischen<br />

Wohlbefindens. Aus diesen Gründen schlägt er vor, statt<br />

«Enhancement» den neutraleren Begriff der Veränderung zu verwenden,<br />

der dann je nach dem Kontext und den Konsequenzen für<br />

die Tiere in unterschiedlicher Weise präzisiert werden kann.<br />

Erinnert sei schließlich auch noch einmal daran, dass die Forschung<br />

im Bereich von «Human Enhancement» auf Tierversuche<br />

angewiesen ist (2.1), sodass Ziele und Mittel dieser Forschung mit<br />

der experimentellen Nutzung und Tötung von Tieren verbunden<br />

sind. Fast immer werden mit Tiermodellen erzielte Ergebnisse von<br />

Befürwortern des «Human Enhancement» ohne Erwähnung tierethischer<br />

Aspekte zitiert. Auch die Frage, ob solche Forschungen<br />

nicht auch mit Alternativmethoden, d. h. mit weniger oder keinen<br />

Tierversuchen durchgeführt werden könnten, wird von Enhancement-Befürwortern<br />

nicht thematisiert.<br />

3.4.4 Technomorphe Beschreibung von Tieren<br />

Die konvergierenden Technologien haben, insbesondere an der<br />

Schnittstelle von Technik und Leben, zu einer zunehmend technischen,<br />

zumindest technomorphen Beschreibung von Elementen<br />

des Lebens auf verschiedenen Ebenen geführt. So besteht ein Charakteristikum<br />

der Nanobiotechnologie in der Ausweitung der klassischen<br />

Maschinensprache auf den Bereich des Lebendigen. Das<br />

Lebendige wird zusehends technomorph beschrieben, verbunden<br />

mit einer Änderung im Selbstverständnis der Biologie:<br />

«Although it can be argued that synthetic biology is nothing more<br />

than a logical extension of the reductionist approach that dominated<br />

biology during the second half of the twentieth century, the use of<br />

engineering language, and the practical approach of creating standardised<br />

cells and components like in an electrical circuitry suggests<br />

a paradigm shift. Biology is no longer considered ‹nature at work›,<br />

but becomes an engineering discipline» (De Vriend 2006, S. 26).<br />

Beispiele für derartige Sprachregelungen sind das Hämoglobin<br />

als Fahrzeug, die Adenosin-Triphosphat-Synthase als Generator,<br />

Nukleosome als digitale Datenspeicher, Polymerase als Kopier-<br />

154 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie<br />

155

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