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Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

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Maschinen. Die bionische 160 Robotik nähert sich dem Tier mit der<br />

Faszination des Ingenieurs für effektive technische Lösungen und<br />

produziert selbst faszinierende Artefakte. In anderen Bereichen<br />

der Robotik hingegen erlebt die Mode menschenähnlicher Automaten<br />

eine beeindruckende Renaissance. 161 Von einigen zoomorphen<br />

und anthropomorphen Maschinen wird erwartet, dass<br />

sie den emotionalen Bedürfnissen kognitiv unterdurchschnittlich<br />

befähigter und generell hilfsbedürftiger Menschen (Kindern und<br />

Greisen) dienen. Doch selbst eine Maschine, die lernt, die Emotionen<br />

erkennen und simulieren kann, die mit dem Menschen «lebt»,<br />

wird wohl im Selbstverständnis des Menschen immer «nur» Maschine<br />

bleiben.<br />

Womöglich zeichnen sich aber derzeit in einem kleinen Teil des<br />

Feldes konvergierender Technologien radikalere Verschiebungen im<br />

Verhältnis der beiden für das menschliche Selbstverständnis zentralen<br />

Größen «Tier» und «Maschine» ab, nämlich bei den neuen Tier-<br />

Maschine-Hybridwesen (2.2.4).<br />

Zwar bleibt bei den Fernsteuerungstechnologien das Tier insofern<br />

Tier als sein Körper größtenteils nicht maschinell beeinflusst oder vom<br />

Menschen verändert wird. Trotz der weiten Verbreitung oder Ubiquität<br />

ferngesteuerter Maschinen in vielen Bereichen der Lebenswelt,<br />

die eine assoziative Gleichsetzung von Tieren mit Maschinen fördern<br />

mögen, bewahren Kontinuitätsthesen hier einen Rest von Plausibilität:<br />

Eine Linie von der Domestizierung über die Konditionierung bis<br />

hin zur Fernsteuerung mag sich begründet ziehen lassen.<br />

Was an den Cyborg-Tieren aber Irritationen und (ethische) Bedenken<br />

hervorrufen mag, ist der Umstand, dass es sich bei ihnen<br />

zum Teil um Säugetiere (Ratten) handelt, was die Aussicht auf<br />

ähnliche Anwendungen am Menschen eröffnet. Zudem ist im Fall<br />

der ferngesteuerten Insekten die Methode bemerkenswert, die<br />

Inkorporierung der Mikrosystemtechnik durch Ausnutzung der<br />

Metamorphose (Einbau im Larvenstudium) zu bewerkstelligen.<br />

Die bestehenden Methoden, das Ziel, die Energieversorgung der<br />

Bauteile durch das Insekt selbst leisten zu lassen, und auch die weiterreichenden<br />

Visionen in diesem Bereich (wie bspw. die gentechnische<br />

Fertigung von Bauteilen für «bio-elektronische Systeme»)<br />

160 Vgl. Oertel/<strong>Grunwald</strong> (2006) für einen Überblick zur Bionik.<br />

161 Vgl. zu der technik- und ideengeschichtlichen Tradition bspw. Tabbert (2004).<br />

könnten in Zukunft die Frage aufkommen lassen, ob es sich bei<br />

derart modifizierten Insekten überhaupt noch um Tiere handelt.<br />

Ohne auf diese Zukunftserwartungen – oder gar auf phantastisch<br />

anmutende Visionen eines künstlichen Insektenhirns – rekurrieren<br />

zu müssen, lässt sich aber bereits der aktuell erreichte Grad<br />

des Zusammenwachsens von Tier und Maschine als Anzeichen einer<br />

neuen Qualität deuten. Und die Roboter, die mittels tierischer<br />

Elemente wie Rattenneuronen gesteuert werden, weisen ebenfalls<br />

zumindest in Richtung einer faktischen Auflösung der Grenze von<br />

Maschine und Tier – auch wenn man hier wohl nicht, wie einer der<br />

führenden Forscher, von «halblebendigen Tieren» sprechen sollte.<br />

Über die Analyse sich auftuender Nutzungsoptionen dieser<br />

und anderer Tier-Technik-Schnittstellen hinaus wäre vielleicht in<br />

Betracht zu ziehen, dass wir es bei diesen – insbesondere wo es<br />

sich um Primaten oder andere Säugetiere handelt – auch mit Verschmelzungswünschen<br />

sowie mit korrespondierenden Ängsten zu<br />

tun haben könnten. Am Tier würde demnach erprobt, wozu sich<br />

der Mensch in seiner prometheischen Scham 162 getrieben fühlt –<br />

nämlich nicht nur seinen Körper als Maschine zu deuten, sondern in<br />

corpore Maschine zu werden oder mit dieser zumindest zu verwachsen.<br />

Verschobene Bedürfnisse nach einer Heilung des Bruchs mit<br />

dem Tier und nach einer Überwindung der Geist-Körper-Dichotomie<br />

suchten demnach Befriedigung mit technischen Mitteln. 163<br />

3.4.3 Transhumanistische Visionen eines Animal Enhancement<br />

Die Idee einer Verbesserung von Tieren wird auch von enthusiastischen<br />

Unterstützern eines radikalen «Human Enhancement»<br />

162 So bezeichnete Günther Anders (2002, S. 21-95) die Scham des Menschen vor der<br />

hohen Qualität der selbstgemachten Dinge und vor dem Umstand, geworden und nicht<br />

gemacht zu sein. Angesichts der computing machine bspw. fühle sich der Mensch –<br />

oder zumindest der technische Laie – «in seiner kreatürlichen Haut höchst ungemüt-<br />

lich: denn halb gruselt»s ihn; und halb ist er beschämt» (Anders 2002, S. 28).<br />

163 Vielleicht ließen sich diese Bedürfnisse durch ein neues Verhältnis zum Tier stillen,<br />

durch Besinnung auf das Gemeinsame. Robert Burns (1785) dichtete in der Rede an die<br />

ausgepflügte Feldmaus: «I’m truly sorry Man’s dominion / Has broken Nature’s social<br />

union An’ justifies that ill opinion Which makes thee startle At me / thy poor, earth-<br />

born companion, An« fellow-mortal».<br />

152 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie<br />

153

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