Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

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01.11.2012 Aufrufe

einschlägiges Können zum Beispiel eher an die Fähigkeit, DNA in das Genom eines Bakteriums zu integrieren. Dass genetisches Wissen auf einem Können beruht, bedeutet: Je mehr man wissen will, um so mehr muss man können» (Hucho et al. 2005, S. 136). Hier lässt sich einwenden, dass in der Humangenetik aufgrund ethisch bestimmter Grenzen das interventionistische Element eher marginal ist. Hinsichtlich des «Animal Enhancement» ist aber unzweifelhaft eine Interventionsorientierung der genetischen Wissensproduktion festzustellen. Die Überprüfung der Hypothese am Lebendigen erscheint als Regelfall. Wenn man zudem bedenkt, dass Tierversuche seit langer Zeit ein wichtiger Bestandteil der experimentellen Forschung sind, können Eingriffe in Tiere bzw. Tiermodelle tatsächlich als entscheidender Baustein des heutigen biologischen und biomedizinischen Ansatzes gelten. Über Tierversuche in der Forschung und die Behauptung ihrer Unentbehrlichkeit existiert eine lange Kontroverse, die heutzutage aufgrund der Entwicklungen von Alternativmethoden – vor allem im Bereich der In-vitro-Forschungen und der Bioinformatik (Computermodelle) – an Aktualität gewonnen hat (Gruber und Spielmann 1996; Gruber und Hartung 2004). Ein wichtiger Punkt dabei betrifft die unterschiedliche Einschätzung der Notwendigkeit der Forschung an lebendigen Modellen und der Möglichkeit der Vermeidung von In-vivo-Experimenten für die Erreichung der Ziele der toxikologischen und biomedizinischen Forschung. Modelle als heuristische Vorschläge zur Untersuchung einer Aufgabenstellung (Irrgang 2007) funktionieren unter der Voraussetzung, dass das Modell in einigen relevanten Hinsichten ähnlich zu dem Objekt bzw. Wesen ist, das es imitiert. Bereits in der Antike streiten zum Beispiel Empiriker und Dogmatiker über den Wert der aus untersuchten getöteten Lebewesen gewonnenen Erkenntnisse: Während Dogmatikern solche Erkenntnisse für besonders wertvoll hielten, sahen Empiriker die Ausstattung der Organe von lebenden und toten Organismen als derart verschieden an, dass ihnen «gewaltsame» Eingriffe als ungeeignete Methode erschienen (Maehle 1992) 137 . Im 18. Jahrhundert entwickelte sich dann eine 137 Zur Geschichte der Tierversuchsdebatte vgl. Bretschneider 1962; Schmiederbach 1993. wissenschaftstheoretische Kritik an Tiermodellen, die seit der Entwicklung der experimentellen Medizin die Diskussion stark prägt. Die grundsätzlichen Argumente aus jener Debatte finden sich auch noch in heutigen Diskussionen (Animal Procedures Committee 2003; Greek und Greek 2001; Jonas 1997; La Follette und Shanks 1995; Nuffield Council of Bioethics 2005): • Aufgrund der Speziesunterschiede sei die Übertragbarkeit der aus Tieren gewonnenen Ergebnisse auf den Menschen problematisch. • Damit verbunden sei das kaum lösbare Problem der Auswahl der geeigneten Tierart für ein besonderes Experiment. • Tierversuche in der Biomedizin beruhten zudem auf einer reduktionistischen Auffassung von Krankheiten, weil in Tiermodellen im besten Fall nur einige physiologisch ähnliche Phänomene dargestellt werden können. Dagegen begründen die Befürworter der Nutzung von Tiermodellen ihre Position hauptsächlich mit zwei Argumenten: Erstens seien Untersuchungen an lebenden Organismen wesentlicher Teil der biologischen und biomedizinischen Forschung aufgrund der Speziesähnlichkeiten, welche prinzipiell nicht vollständig durch Invitro-Untersuchungen ersetzt werden können; zweitens folge aus der Notwendigkeit der Untersuchungen in vivo, dass Tierexperimente nicht nur vertretbar sind, sondern sogar ethisch wünschenswert, weil damit Menschenversuche vermieden werden können (DFG 2004). In Bezug auf das Problem der Speziesunterschiede ist der empirische Wissensstand erheblich angewachsen und wird gegenwärtig durch biostatistische Verfahren weiter präzisiert (Ferrari 2008). Die Anwendung von Biotechnologien an Versuchstieren wird als Weg zur Verbesserung ihrer Effizienz für Versuchszwecke gesehen (2.1) und wurde zunächst auch mit dem Argument einer möglichen Reduktion der Gesamtzahl von Versuchstieren verteidigt (Gordon 1997). Außerdem ermöglicht Gentechnik Forschungen und Interventionen, die früher nicht machbar waren, wie Xenotransplantation oder Gene-Pharming. Wissenschaftstheoretisch ist hier interessant, dass erst die Gentechnik Fragen und Arbeitshypothesen mit sich bringt, die ausschließlich in transgenen Tiermodellen 128 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie 129

einschlägiges Können zum Beispiel eher an die Fähigkeit, DNA<br />

in das Genom eines Bakteriums zu integrieren. Dass genetisches<br />

Wissen auf einem Können beruht, bedeutet: Je mehr man wissen<br />

will, um so mehr muss man können» (Hucho et al. 2005, S. 136).<br />

Hier lässt sich einwenden, dass in der Humangenetik aufgrund<br />

ethisch bestimmter Grenzen das interventionistische Element eher<br />

marginal ist. Hinsichtlich des «Animal Enhancement» ist aber unzweifelhaft<br />

eine Interventionsorientierung der genetischen Wissensproduktion<br />

festzustellen. Die Überprüfung der Hypothese am<br />

Lebendigen erscheint als Regelfall. Wenn man zudem bedenkt,<br />

dass Tierversuche seit langer Zeit ein wichtiger Bestandteil der<br />

experimentellen Forschung sind, können Eingriffe in Tiere bzw.<br />

Tiermodelle tatsächlich als entscheidender Baustein des heutigen<br />

biologischen und biomedizinischen Ansatzes gelten.<br />

Über Tierversuche in der Forschung und die Behauptung ihrer<br />

Unentbehrlichkeit existiert eine lange Kontroverse, die heutzutage<br />

aufgrund der Entwicklungen von Alternativmethoden – vor<br />

allem im Bereich der In-vitro-Forschungen und der Bioinformatik<br />

(Computermodelle) – an Aktualität gewonnen hat (Gruber und<br />

Spielmann 1996; Gruber und Hartung 2004). Ein wichtiger Punkt<br />

dabei betrifft die unterschiedliche Einschätzung der Notwendigkeit<br />

der Forschung an lebendigen Modellen und der Möglichkeit<br />

der Vermeidung von In-vivo-Experimenten für die Erreichung<br />

der Ziele der toxikologischen und biomedizinischen Forschung.<br />

Modelle als heuristische Vorschläge zur Untersuchung einer Aufgabenstellung<br />

(Irrgang 2007) funktionieren unter der Voraussetzung,<br />

dass das Modell in einigen relevanten Hinsichten ähnlich zu<br />

dem Objekt bzw. Wesen ist, das es imitiert. Bereits in der Antike<br />

streiten zum Beispiel Empiriker und Dogmatiker über den Wert<br />

der aus untersuchten getöteten Lebewesen gewonnenen Erkenntnisse:<br />

Während Dogmatikern solche Erkenntnisse für besonders<br />

wertvoll hielten, sahen Empiriker die Ausstattung der Organe von<br />

lebenden und toten Organismen als derart verschieden an, dass<br />

ihnen «gewaltsame» Eingriffe als ungeeignete Methode erschienen<br />

(Maehle 1992) 137 . Im 18. Jahrhundert entwickelte sich dann eine<br />

137 Zur Geschichte der Tierversuchsdebatte vgl. Bretschneider 1962; Schmiederbach<br />

1993.<br />

wissenschaftstheoretische Kritik an Tiermodellen, die seit der Entwicklung<br />

der experimentellen Medizin die Diskussion stark prägt.<br />

Die grundsätzlichen Argumente aus jener Debatte finden sich auch<br />

noch in heutigen Diskussionen (Animal Procedures Committee<br />

2003; Greek und Greek 2001; Jonas 1997; La Follette und Shanks<br />

1995; Nuffield Council of Bioethics 2005):<br />

• Aufgrund der Speziesunterschiede sei die Übertragbarkeit der<br />

aus Tieren gewonnenen Ergebnisse auf den Menschen problematisch.<br />

• Damit verbunden sei das kaum lösbare Problem der Auswahl<br />

der geeigneten Tierart für ein besonderes Experiment.<br />

• Tierversuche in der Biomedizin beruhten zudem auf einer reduktionistischen<br />

Auffassung von Krankheiten, weil in Tiermodellen<br />

im besten Fall nur einige physiologisch ähnliche<br />

Phänomene dargestellt werden können.<br />

Dagegen begründen die Befürworter der Nutzung von Tiermodellen<br />

ihre Position hauptsächlich mit zwei Argumenten: Erstens<br />

seien Untersuchungen an lebenden Organismen wesentlicher Teil<br />

der biologischen und biomedizinischen Forschung aufgrund der<br />

Speziesähnlichkeiten, welche prinzipiell nicht vollständig durch Invitro-Untersuchungen<br />

ersetzt werden können; zweitens folge aus<br />

der Notwendigkeit der Untersuchungen in vivo, dass Tierexperimente<br />

nicht nur vertretbar sind, sondern sogar ethisch wünschenswert,<br />

weil damit Menschenversuche vermieden werden können<br />

(DFG 2004). In Bezug auf das Problem der Speziesunterschiede<br />

ist der empirische Wissensstand erheblich angewachsen und wird<br />

gegenwärtig durch biostatistische Verfahren weiter präzisiert (<strong>Ferrari</strong><br />

2008).<br />

Die Anwendung von Biotechnologien an Versuchstieren wird als<br />

Weg zur Verbesserung ihrer Effizienz für Versuchszwecke gesehen<br />

(2.1) und wurde zunächst auch mit dem Argument einer möglichen<br />

Reduktion der Gesamtzahl von Versuchstieren verteidigt (Gordon<br />

1997). Außerdem ermöglicht Gentechnik Forschungen und<br />

Interventionen, die früher nicht machbar waren, wie Xenotransplantation<br />

oder Gene-Pharming. Wissenschaftstheoretisch ist hier<br />

interessant, dass erst die Gentechnik Fragen und Arbeitshypothesen<br />

mit sich bringt, die ausschließlich in transgenen Tiermodellen<br />

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