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Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

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nicht automatisch zu einer Verbesserung im Sinne einer positiven<br />

Steigerung führt (Parens 1998; vgl. Wolbring 2009). Je nach Definition<br />

verändern sich der normative Charakter dieses Begriffs und<br />

damit auch die Kontur des entsprechenden Diskurses.<br />

Die Schwierigkeiten in der Übertragung des Enhancement-Begriffs<br />

im Sinne sowohl von «jenseits von Therapie» (PCB 2003) als<br />

auch von «besser als gut» ergeben sich aus einer einfachen, aber<br />

grundlegenden Tatsache: Der moralische und juristische Status<br />

von Tieren ist anders verfasst und geregelt als der Status von Menschen.<br />

Obwohl Tiere gegenwärtig in vielen Gesetzen keine Sache<br />

mehr sind 131 , dürfen Tiere von Menschen unterschiedlich genutzt<br />

werden – als Lebensmittel, als Kleidung, als Modelle oder Experimentierobjekte<br />

in der Forschung etc. (Kap. 2) –, und ihre Existenz<br />

steht vielfach in starker Abhängigkeit von menschlicher Nutzung.<br />

Dieser grundsätzliche Unterschied im moralischen Status und die<br />

sich daraus ergebenden Mensch/Tier-Verhältnisse stellen eine Hürde<br />

bei der Parallelbetrachtung der Verbesserung von Tieren und<br />

Menschen dar. Der Wert des Tieres ist von menschlichen Interessen<br />

abhängig, so dass auch das, was als Verbesserung verstanden<br />

wird, von solchen menschlichen Interessen abhängt.<br />

In Bezug auf pharmakologische oder chirurgische Interventionen<br />

beim «Human Enhancement» wird demgegenüber angenommen,<br />

dass diese von den Individuen, die sich «verbessern» lassen<br />

wollen, mehr oder weniger selbstbestimmt, d. h. ihren individuellen<br />

Interessen entsprechend veranlasst werden können (<strong>Grunwald</strong><br />

2008). 132 Im Unterschied zu gentechnischen Eingriffen in werdendes<br />

Leben besteht bei diesen Formen «technischer Verbesserung»<br />

des Menschen – die bspw. als Implantate in zustimmungsfähige<br />

Personen «eingebaut» werden könnten – die Möglichkeit der Herbeiführung<br />

eines informed consent, der auch die Information über<br />

mögliche Risiken und ihre Akzeptanz beinhalten würde. Ein solcher<br />

informed consent ist mit Tieren nicht herstellbar.<br />

131 Mehr zum Thema findet man auf der Website http://www.tierimrecht.org/.<br />

132 Allerdings ist dabei zu beachten, dass die Wünsche und Interessen, die zur Akzep-<br />

tanz von Verbesserungstechnologien führen können, keineswegs allein als Entschei-<br />

dungen von Individuen zu verstehen sind. Vielmehr besteht bei Individuen bspw. ein<br />

starker Druck, gesellschaftlichen Werten zu entsprechen sowie im Wettbewerb zu be-<br />

stehen (Sandel 2008; Wolbring 2009; vgl. auch <strong>Coenen</strong> et al. 2009).<br />

Damit von Verbesserung gesprochen werden kann, bedarf es eines<br />

Vergleichswerts sowie eines Ziels. Bei Tieren sind die Ziele der<br />

Verbesserung und somit auch die Vergleichsparameter, an denen<br />

eine Verbesserung bemessen wird, von der vorherigen Nutzung bestimmt.<br />

Es ist kein Zufall, dass der Begriff des «Enhancement» als<br />

Überschreitung der arttypischen Eigenschaften von Tieren in der<br />

heutigen Tiermedizin in keiner Weise mit positiven Effekten für<br />

die Tiere in Verbindung gebracht wird. Stattdessen gibt es vielfältige<br />

Bezüge, durch technologische Eingriffe die Produktivität des<br />

Tieres steigern zu können. Diese Eingriffe können gesundheitliche<br />

Probleme verursachen, so dass man nicht sagen können wird, dass<br />

dieser Typ von Eingriffen generell in einem vorgestellten Interesse<br />

der Tiere ist. Ausdruck dieser Fokussierung auf die Nutzung von<br />

Tieren ist auch, dass es in der Tiermedizin einen Mangel an Ressourcen<br />

für die Erforschung von Krankheiten für Tierarten gibt,<br />

hinsichtlich derer keine finanziellen Interessen bestehen. Rathbone<br />

und Brayden (2009) zeigen, dass die tiermedizinische Forschung<br />

dort weit fortgeschritten ist, wo kommerzielle Interessen im<br />

Spiel sind – und zwar vor allem im landwirtschaftlichen Kontext.<br />

Dagegen bestehen bei Wildtieren große Defizite, was besonders<br />

relevant in der Zootierhaltung wird (2.4.6). Menschliche Zielsetzungen<br />

dominieren den Umgang mit Tieren, und dies ist auch beim<br />

«Animal Enhancement» der Fall.<br />

Eingriffe zur Steigerung der Krankheitsresistenz oder eine gentechnische<br />

Veränderung zur Optimierung bestimmter kognitiver<br />

Fähigkeiten von Tieren könnten hier als Ausnahmen erscheinen.<br />

Die Schaffung von Krankheitsresistenz sollte prima facie doch<br />

in einem vorgestellten Interesse von Tieren liegen. Die Lage ist<br />

jedoch komplexer. Denn die Motivation, Krankheitsresistenz zu<br />

erzeugen, liegt in der Regel nicht darin, den Tieren Krankheiten<br />

zu ersparen, sondern die menschliche Nutzungsmöglichkeit zu<br />

verbessern. Dazu ein Beispiel aus der Landwirtschaft: Mastitis<br />

(Euterentzündung) unter Milchkühen ist neben Fruchtbarkeitsstörungen<br />

der häufigste Grund für vorzeitige Schlachtung. Die<br />

Verbreitung dieser Krankheit ist mit einem hohen ökonomischen<br />

Schaden verbunden. 133 Die Spitzenleistungen dieser Kühe basieren<br />

133 Vgl. dazu die informative Seite von Boehringer Ingelheim über akute Mastitis und ihre<br />

Kosten: http://www.tiergesundheitundmehr.de/aktuell/m_euterentzuendung_0306.html<br />

120 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie<br />

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