Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ... Arianna Ferrari Christopher Coenen Armin Grunwald Arnold Sauter ...

01.11.2012 Aufrufe

vielfach zunächst ohne Rücksicht auf mögliche gegenläufige Effekte verstanden. Ein etwas genauerer Blick zeigt, dass das Verbessern eine Tätigkeit darstellt, durch die ein Gegenstandsbereich in einer bestimmten Richtung verändert wird. Es gibt Akteure (Subjekte) des Verbesserns, die etwas (das Objekt der Verbesserung) nach Maßgabe von Kriterien verbessern. Diese dreistellige Rekonstruktion «jemand verbessert etwas unter einem Kriterium» dürfte die minimale semantisch sinnvolle Rekonstruktion des Wortes «verbessern» darstellen. Ein Kriterium besteht in der Kombination aus einem messbaren Parameter (bspw. einer Leistungsgröße) und der Angabe, in welcher Richtung die Veränderung des Parameterwerts als Verbesserung bewertet wird. Viele ethische Konflikte um mögliche Verbesserungen, betreffen sie nun Mensch oder Tier, entzünden sich gerade an den Kriterien für Verbesserung, und dies in mindestens drei Richtungen. Erstens kann etwas, das von bestimmten Akteuren oder Gruppen als Verbesserung angestrebt oder willkommen geheißen wird, bereits aufgrund der Kriterien für Verbesserungen als ethisch problematisch angesehen werden. Die Kriterien, um eine Veränderung als Verbesserung zu bezeichnen, sind normativ und bewertend, können daher umstritten sein, und sind dies häufig auch. Dass es sinnvoll ist, Automobile in Richtung immer höherer Leistung und Beschleunigung zu verbessern, dürfte nicht allgemein auf Zustimmung stoßen. Zweitens haben Verbesserungen im Zusammenhang mit den verwendeten Kriterien eine soziale Dimension, indem gefragt werden kann, für wen eine Verbesserung nach Maßstab bestimmter Kriterien wirklich eine Verbesserung ist. Ein Beispiel ist die Debatte um gentechnisch veränderte Pflanzen in der Nahrungsmittelproduktion, in der die Verbesserungen, bspw. Herbizidresistenz und dadurch ermöglichte höhere Effizienz in der Herstellung, vor allem den Erzeugern und der Lebensmittelindustrie zugute kommen würden, nicht aber den Verbrauchern, bei denen jedoch mögliche unerwünschte Folgen für die Gesundheit landen würden. Etwas, das von manchen als Verbesserung empfunden wird, kann von anderen als Verschlechterung wahrgenommen werden, woran sich Debatten um Verteilungsfragen in Bezug auf Nutzen und Risiken des wissenschaftlich-technischen Fortschritts anschließen (Gethmann 2000). Drittens kann eine Verbesserung relativ zu einem Kriterium eine Verschlechterung in Bezug auf ein anderes Kriterium sein. Aus der technischen Entwicklung ist dies vielfach bekannt: die Verbesserung eines Automobils unter Aspekten der Sportlichkeit kann auf Kosten der Umwelt ver träglichkeit gehen, eine Verbesserung unter Kostenaspekten kann die Anforderungen an Sicherheit gefährden. Zielkonflikte sind in technischen Verbesserungen oder auch in politischen Entscheidungen an der Tagesordnung: Verbesserungen sind häufig mit Verschlechterungen verbunden, sodass komplexe Abwägungen erforderlich werden, um eine Entscheidung zu treffen. 1 Im Tierbereich ist leicht vorstellbar, dass manche Verbesserungen tierischer Leistungsmerkmale, die unter bestimmten Nutzungszwecken als gewünscht oder sinnvoll erscheinen, unter ethischen Kriterien des Tierschutzes problematisch sind (Kap. 3). Die Frage nach den Kriterien für Verbesserungen ist daher zentral für jede sorgfältige Analyse von Verbesserungsoptionen. Damit umfasst das «Verbessern» unverzichtbar drei semantische Dimensionen (Grunwald 2008): 1. einen Ausgangspunkt des Verbesserns: eine Verbesserung lässt sich nur als Verbesserung plausibel machen, wenn der Ausgangspunkt angegeben wird, relativ zu dem es sich um eine Verbesserung handelt; 2. ein Kriterium des Verbesserns: es muss ein normatives Kriterium angegeben werden, relativ zu dem verbessert wird. Ein Kriterium besteht aus der Angabe eines Parameters (quantitativ oder qualitativ) und der Richtung der Veränderung des Parameters, welche als Verbesserung angesehen wird; 3. ein Maß des Verbesserns: wie kann die Größe einer Verbesserung gemessen werden? Dies ist vor allem von Bedeutung in Abwägungsprozessen, wenn der Verbesserung an einer Stelle eine Verschlechterung an anderer Stelle gegenüber steht und eine Gesamtbilanzierung erforderlich ist. 1 Dies ist auch aus der Tierzucht bekannt. So sind bspw. Hochleistungskühe oft anfäl- liger gegenüber Krankheiten und weniger robust gegenüber Umwelteinflüssen (vgl. das in Kap. 2 erwähnte Mastitis-Problem). 12 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie 13

vielfach zunächst ohne Rücksicht auf mögliche gegenläufige Effekte<br />

verstanden.<br />

Ein etwas genauerer Blick zeigt, dass das Verbessern eine Tätigkeit<br />

darstellt, durch die ein Gegenstandsbereich in einer bestimmten<br />

Richtung verändert wird. Es gibt Akteure (Subjekte)<br />

des Verbesserns, die etwas (das Objekt der Verbesserung) nach<br />

Maßgabe von Kriterien verbessern. Diese dreistellige Rekonstruktion<br />

«jemand verbessert etwas unter einem Kriterium» dürfte die<br />

minimale semantisch sinnvolle Rekonstruktion des Wortes «verbessern»<br />

darstellen. Ein Kriterium besteht in der Kombination<br />

aus einem messbaren Parameter (bspw. einer Leistungsgröße) und<br />

der Angabe, in welcher Richtung die Veränderung des Parameterwerts<br />

als Verbesserung bewertet wird. Viele ethische Konflikte<br />

um mögliche Verbesserungen, betreffen sie nun Mensch oder Tier,<br />

entzünden sich gerade an den Kriterien für Verbesserung, und dies<br />

in mindestens drei Richtungen.<br />

Erstens kann etwas, das von bestimmten Akteuren oder Gruppen<br />

als Verbesserung angestrebt oder willkommen geheißen wird,<br />

bereits aufgrund der Kriterien für Verbesserungen als ethisch problematisch<br />

angesehen werden. Die Kriterien, um eine Veränderung<br />

als Verbesserung zu bezeichnen, sind normativ und bewertend,<br />

können daher umstritten sein, und sind dies häufig auch. Dass es<br />

sinnvoll ist, Automobile in Richtung immer höherer Leistung und<br />

Beschleunigung zu verbessern, dürfte nicht allgemein auf Zustimmung<br />

stoßen.<br />

Zweitens haben Verbesserungen im Zusammenhang mit den<br />

verwendeten Kriterien eine soziale Dimension, indem gefragt werden<br />

kann, für wen eine Verbesserung nach Maßstab bestimmter<br />

Kriterien wirklich eine Verbesserung ist. Ein Beispiel ist die Debatte<br />

um gentechnisch veränderte Pflanzen in der Nahrungsmittelproduktion,<br />

in der die Verbesserungen, bspw. Herbizidresistenz<br />

und dadurch ermöglichte höhere Effizienz in der Herstellung, vor<br />

allem den Erzeugern und der Lebensmittelindustrie zugute kommen<br />

würden, nicht aber den Verbrauchern, bei denen jedoch mögliche<br />

unerwünschte Folgen für die Gesundheit landen würden. Etwas, das<br />

von manchen als Verbesserung empfunden wird, kann von anderen<br />

als Verschlechterung wahrgenommen werden, woran sich Debatten<br />

um Verteilungsfragen in Bezug auf Nutzen und Risiken des wissenschaftlich-technischen<br />

Fortschritts anschließen (Gethmann 2000).<br />

Drittens kann eine Verbesserung relativ zu einem Kriterium eine<br />

Verschlechterung in Bezug auf ein anderes Kriterium sein. Aus<br />

der technischen Entwicklung ist dies vielfach bekannt: die Verbesserung<br />

eines Automobils unter Aspekten der Sportlichkeit kann<br />

auf Kosten der Umwelt ver träglichkeit gehen, eine Verbesserung<br />

unter Kostenaspekten kann die Anforderungen an Sicherheit<br />

gefährden. Zielkonflikte sind in technischen Verbesserungen<br />

oder auch in politischen Entscheidungen an der Tagesordnung:<br />

Verbesserungen sind häufig mit Verschlechterungen verbunden,<br />

sodass komplexe Abwägungen erforderlich werden, um eine Entscheidung<br />

zu treffen. 1 Im Tierbereich ist leicht vorstellbar, dass<br />

manche Verbesserungen tierischer Leistungsmerkmale, die unter<br />

bestimmten Nutzungszwecken als gewünscht oder sinnvoll<br />

erscheinen, unter ethischen Kriterien des Tierschutzes problematisch<br />

sind (Kap. 3).<br />

Die Frage nach den Kriterien für Verbesserungen ist daher<br />

zentral für jede sorgfältige Analyse von Verbesserungsoptionen.<br />

Damit umfasst das «Verbessern» unverzichtbar drei semantische<br />

Dimensionen (<strong>Grunwald</strong> 2008):<br />

1. einen Ausgangspunkt des Verbesserns: eine Verbesserung lässt<br />

sich nur als Verbesserung plausibel machen, wenn der Ausgangspunkt<br />

angegeben wird, relativ zu dem es sich um eine Verbesserung<br />

handelt;<br />

2. ein Kriterium des Verbesserns: es muss ein normatives Kriterium<br />

angegeben werden, relativ zu dem verbessert wird. Ein<br />

Kriterium besteht aus der Angabe eines Parameters (quantitativ<br />

oder qualitativ) und der Richtung der Veränderung des Parameters,<br />

welche als Verbesserung angesehen wird;<br />

3. ein Maß des Verbesserns: wie kann die Größe einer Verbesserung<br />

gemessen werden? Dies ist vor allem von Bedeutung in<br />

Abwägungsprozessen, wenn der Verbesserung an einer Stelle<br />

eine Verschlechterung an anderer Stelle gegenüber steht und<br />

eine Gesamtbilanzierung erforderlich ist.<br />

1 Dies ist auch aus der Tierzucht bekannt. So sind bspw. Hochleistungskühe oft anfäl-<br />

liger gegenüber Krankheiten und weniger robust gegenüber Umwelteinflüssen (vgl. das<br />

in Kap. 2 erwähnte Mastitis-Problem).<br />

12 Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie Animal Enhancement | Beiträge zur Ethik und Biotechnologie<br />

13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!