21.06.2014 Aufrufe

Motorsport Magazin König der Formel 1 (Vorschau)

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EDITORIAL<br />

INSIDE<br />

INTERVIEWS IN DIESER AUSGABE:<br />

Magnussen: Seite 44<br />

Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />

Stephan: Oh, Mann, dieser Kimi ist echt<br />

klasse.<br />

Kerstin: Das sage ich schon lange! Was hat<br />

dich jetzt überzeugt?<br />

Stephan: Je<strong>der</strong> bejubelt Monaco als das<br />

Kronjuwel <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> 1, nur Kimi sagt:<br />

»Ich hasse es.«<br />

Kerstin: Das ist typisch Kimi. Aber so<br />

schlimm ist Monaco gar nicht. Man darf nur<br />

nicht vorhaben, irgendwann schlafen zu<br />

wollen...<br />

Stephan: Was meinst du mit schlafen???<br />

Das wird doch völlig überbewertet...<br />

Kerstin: Stimmt auch wie<strong>der</strong>. Genau so putzmunter<br />

sahen dann manche Journalisten am<br />

Freitagmorgen nach den ganzen Partys auch<br />

aus...<br />

Stephan: Wenn wir schon bei Kimi sind,<br />

hast du irgendwelche Gorillakostüme<br />

o<strong>der</strong> Plastikdelphine gesichtet?<br />

Kerstin: Lei<strong>der</strong> nicht, aber die fröhlich feiernden<br />

<strong>Formel</strong>-1-Fans in <strong>der</strong> Straße vor<br />

meinem Hotelzimmer hätten solche Utensilien<br />

sicher gut gebrauchen können...<br />

Stephan: Gut genug beleuchtet, um sie<br />

zu sehen, soll die Straße vor deinem Hotel<br />

ja gewesen sein.<br />

Kerstin: Ich bin seitdem ein riesiger Fan von<br />

blinkenden Neon-Reklameschriftzügen<br />

direkt gegenüber von meinem vorhanglosen<br />

Fenster. Wenn ich die Augen zumache, sehe<br />

ich es heute noch blinken...<br />

Stephan: Dann war das also eine Wohltat<br />

für deine Augen und deine Ohren.<br />

Kerstin: Und wie!<br />

Stephan: Aber grölende Fans und taghelle<br />

Nachtclubschil<strong>der</strong> klingen immer noch<br />

besser als dein kleiner Ausflug ins Horror-Kabinett<br />

in Malaysia.<br />

Kerstin: Ja, wenn ich schlaflos im Bett liege<br />

und nachts um drei minutenlang draußen<br />

Ketten (!) klirren höre, ist mir das nicht unbedingt<br />

ganz geheuer.<br />

Stephan: Aber die Kneipe an <strong>der</strong> Ecke war<br />

danach garantiert bombensicher<br />

verschlossen...<br />

Kerstin: Und eine Verwendung für die an <strong>der</strong><br />

Strecke seit diesem Jahr überflüssigen Ohrstöpsel<br />

habe ich damit nebenbei auch<br />

gefunden.<br />

Stephan: Hast du mir welche mitgebracht?<br />

Die Renovierungsarbeiten in<br />

unserem Bürogebäude machen mich<br />

wahnsinnig. Das übertrifft das Kreischen<br />

jedes V8-Motors!<br />

Kerstin: Vielleicht sollte Mercedes statt <strong>der</strong><br />

Tröte eine Schleifmaschine auf den Auspuff<br />

montieren.<br />

Stephan: Klaus, nimm den Arbeitern die<br />

Maschine doch bitte gleich mal ab...<br />

Paddy braucht die dringend. Aber was ist<br />

denn nun bei McLaren und unserem Anti-<br />

Monegassen Kimi los?<br />

Kerstin: An <strong>der</strong> Nuss beißen sich selbst die<br />

sogenannten Experten im Fahrerlager die<br />

Zähne aus. Ein Ex-<strong>Formel</strong>-1-Fahrer sagte<br />

mir: »Da stehe ich genauso wie <strong>der</strong> Ochs<br />

vorm Berg wie du.« Hilfreich, o<strong>der</strong>?<br />

Für diese Ausgabe stellten sich unter an<strong>der</strong>em McLaren-Rookie Kevin<br />

Magnussen und Ducati-Pilot Andrea Dovizioso unseren Fragen.<br />

EXKLUSIV IM INTERNET:<br />

Dovizioso: Seite 70<br />

Weitere exklusive Interviews & Kolumnen auf unserer Website:<br />

Interview Alain Prost: www.motorsport-magazin.com/goto/Prost<br />

Kolumne Augusto Farfus: www.motorsport-magazin.com/goto/AF03<br />

Interview Nico Hülkenberg: www.motorsport-magazin.com/goto/Hulk


❱<br />

IN DIESER<br />

AUSGABE<br />

FORMEL 1<br />

KÖNIG DER FORMEL 1: Hamilton vs. Rosberg . . 22<br />

MERCEDES: Geheimnis des Erfolgs. . . . . . . . . . . . . 30<br />

KIMI RÄIKKÖNEN: Heilsbringer ausgebremst. . . . . 34<br />

MCLAREN: Gut ist nicht gut genug. . . . . . . . . . . . . . 40<br />

INTERVIEW: Kevin Magnussen. . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

DANIEL RICCIARDO: Schnelle Grinsekatze . . . . . 46<br />

SEBASTIAN VETTEL: Der Chassis-Fluch . . . . . . . 50<br />

HISTORY: Jack Brabhams Spielzeuge . . . . . . . . . . . 54<br />

34<br />

Schwierige<br />

KIMI RÄIKKÖNEN: AUSGEBREMST!<br />

Rückkehr zu Ferrari für Ex-Champion Kimi Räikkönen.<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> begab sich auf Spurensuche: Was bremst<br />

den Iceman bei <strong>der</strong> Scu<strong>der</strong>ia aus?<br />

MOTORRAD<br />

HONDA: Glücklicher Marc Marquez . . . . . . . . . . . . . . .64<br />

INTERVIEW: Andrea Dovizioso . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

STEFAN BRADL: Am Scheideweg . . . . . . . . . . . . . 74<br />

HISTORY: Barry Sheenes Erben . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

VERLETZUNGEN: Phänomen Arm-Pump . . . . . . . 84<br />

TOP5: Reifenskandale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

MOTO2: Mika Kallio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />

MOTO3: KTM vs. Honda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />

INTERVIEW: Ronald Ten Kate. . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />

IDM: Dario Giuseppetti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100<br />

MOTORSPORT<br />

NÜRBURGRING: Die größte Party <strong>der</strong> Welt . . . . . 106<br />

ADAC MOTORSPORT: Splitter . . . . . . . . . . . . . . 110<br />

TECHNIK: Porsche 911 GT3 Cup . . . . . . . . . . . . . . 112<br />

SERVICE<br />

INSIDE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 04<br />

KOLUMNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

IMPRESSUM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO<br />

DER DOMINATOR DER MOTOGP<br />

Nur wenige Fahrer haben <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse des Motorradsports ihren<br />

Stempel so fest aufgedrückt wie <strong>der</strong>zeit Marc Marquez. Wird er <strong>der</strong><br />

neue Valentino Rossi - o<strong>der</strong> sogar noch besser?<br />

64<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 5


FORMEL 1<br />

INSIDE<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH & MIKE WIEDEL<br />

KAMPF<br />

UM DIE<br />

ZUKUNFT<br />

Marussia kämpft seit dem ersten Tag ums<br />

Überleben. Sportdirektor Graeme Lowdon<br />

zeigt im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> den Weg zu einer<br />

besseren <strong>Formel</strong> 1 auf.<br />

1. BUDGETOBERGRENZE<br />

»Es ist schwierig, Argumente zu finden, dass die<br />

Budgetobergrenze keine gute Sache für die <strong>Formel</strong><br />

1 wäre. Wir schauen uns alle großen Weltsportarten<br />

an, die <strong>der</strong>zeit im Wachstum sind. Sie<br />

haben alle eines gemeinsam: ein Werkzeug zur<br />

Kontrolle <strong>der</strong> Kosten und eine gerechte Verteilung<br />

<strong>der</strong> Einnahmen innerhalb des Sports.«<br />

2. WANDEL DER ZEIT<br />

»Vor 30 o<strong>der</strong> 40 Jahren wurde noch darüber diskutiert,<br />

ob man gewisse Sicherheitsstandards<br />

einführen sollte und ob das gut für den Sport wäre.<br />

Die Geschichte hat gezeigt, dass es das mit<br />

Sicherheit war. Die Geschichte wird auch zeigen,<br />

dass es eine verpasste Chance wäre, wenn unser<br />

Sport nun nicht an<strong>der</strong>en Sportarten folgt.«<br />

3. DENKT AN DIE FANS<br />

»Die <strong>Formel</strong> 1 benötigt jetzt strategisches Denken<br />

und kein kurzsichtiges Kalkül. Wir haben den<br />

besten Teamsport in <strong>der</strong> Welt und uns muss klar<br />

sein, dass die <strong>Formel</strong> 1 nicht uns gehört, wir fahren<br />

hier nur. Wir müssen an die Fans denken, denn<br />

wenn die Fans uns verlassen, gibt es unseren<br />

Sport auch nicht mehr.«<br />

MARUSSIA EROBERT MONACO<br />

Marussia hat es geschafft! 2010 stieg das Team in die <strong>Formel</strong> 1 ein. Während Einzelteile<br />

<strong>der</strong> HRTs längst versteigert wurden und Caterham an unschönen Nasen herumbastelt,<br />

gibt es bei Marussia etwas zu feiern: Punkte! Jules Bianchi holte in Monaco mit Platz<br />

9 die ersten Zähler <strong>der</strong> Teamgeschichte. Wichtiger als <strong>der</strong> Ruhm im Fürstentum dürfte<br />

aber das Geld sein, das Mr. E dafür springen lässt. Und noch ein Grund zum Feiern:<br />

Max Chilton fährt und fährt und fährt noch immer.<br />

DAUERLÄUFER MAX CHILTON<br />

MEIN ERFOLGSGEHEIMNIS<br />

»Ich bin in meiner Karriere schon immer gut darin gewesen,<br />

das Auto nach Hause zu bringen. Wenn man<br />

irgendeine verrückte Aktion versucht, steht das Ergebnis<br />

meistens vorher schon fest: jede Menge Schaden.<br />

Manchmal ist diese Herangehensweise vielleicht nicht<br />

die beste. Vielleicht hätte ein an<strong>der</strong>er Fahrer mit einem<br />

Manöver einen Platz gewonnen, aber langfristig zahlt<br />

sich mein Weg mehr aus. Das bedeutet ja nicht, dass<br />

ich nie überhole. Ich wäge das Risiko einfach sehr<br />

genau ab.«<br />

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KAMPF DER ZWERGE<br />

OSELLA<br />

SUPER AGURI<br />

Christian Danner<br />

im Osella FA1 in<br />

Monaco 1986<br />

EMBASSY HILL<br />

ZAKSPEED<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MARUSSIA<br />

IM VISIER: OSELLA - 5 PUNKTE<br />

Die Statistik älterer, relativ erfolgloser <strong>Formel</strong>-1-Teams liest sich meist etwas<br />

son<strong>der</strong>bar. In Zeiten, in denen die Qualifikation noch eine wahre Hürde darstellte,<br />

war die italienische Rennschmiede zwischen 1980 und 1990 bei 172 Grands Prix<br />

gemeldet, durfte aber nur 131 Mal starten. Mit Cosworth- und Alfa-Romeo-<br />

Aggregaten im Heck reichte es immerhin zweimal in elf Saisons für Punkte.<br />

ÜBERHOLT: EMBASSY HILL - 3 PUNKTE<br />

Die Geschichte des Rennstalls von Graham Hill ist tragisch: 1975 ging das<br />

Team zum ersten und einzigen Mal an den Start. Auch <strong>der</strong> spätere Weltmeister<br />

Alan Jones und <strong>der</strong> Deutsche Rolf Stommelen fuhren für Hill. Bei zehn Rennen<br />

holte <strong>der</strong> Neuling immerhin drei Punkte. Ein Flugzeugabsturz, bei dem Hill<br />

und weitere Teammitglie<strong>der</strong> starben, bedeutete das Ende.<br />

IM VISIER: SUPER AGURI - 4 PUNKTE<br />

Takuma Sato heißt <strong>der</strong> Held von Super Aguri. Das japanische Team des ehemaligen<br />

Rennfahrers Aguri Suzuki bestritt zwischen 2006 und 2008 39 Grands<br />

Prix. Alle vier WM-Punkte holte Sato 2008, mit Rang 9 bei den Konstrukteuren<br />

das erfolgreichste Jahr <strong>der</strong> Super-Aguri-Geschichte. 2014 gehen die Japaner<br />

wie<strong>der</strong> auf Punktejagd - allerdings in <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> E.<br />

ÜBERHOLT: ZAKSPEED - 2 PUNKTE<br />

Als Fahrer sammelte Aguri Suzuki bei Zakspeed <strong>Formel</strong>-1-Erfahrung. 16 Mal<br />

wollte er 1989 starten, scheiterte aber jedes Mal an <strong>der</strong> Vorqualifikation. Die<br />

restlichen Zakspeed-Jahre verliefen nicht ganz so erfolglos. Martin Brundle<br />

sammelte für das deutsche Team immerhin zwei Punkte. Christian Danner<br />

schrammte einige Male knapp daran vorbei.<br />

DAS ANDERE ENDE DER KONSTRUKTEURSWERTUNG<br />

Position Team Punkte<br />

53. Osella 5<br />

Larrousse 5<br />

55. Super Aguri 4<br />

56. Hill 3<br />

57. Theodore 2<br />

Zakspeed 2<br />

AGS 2<br />

Marussia 2<br />

61. Tecno 1<br />

Venturi 1<br />

Spyker 1<br />

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MOTORRAD<br />

INSIDE TEXT: MICHAEL HÖLLER, NICO PAPPELAU & MARIA POHLMANN<br />

Scott Redding<br />

stellten sich<br />

unseren 8 Fragen<br />

8<br />

FRAGEN AN<br />

SCOTT REDDING<br />

Silverstone o<strong>der</strong> Donington?<br />

Puh, da kann ich mich nicht<br />

entscheiden.<br />

Zweitakter o<strong>der</strong> Viertakter?<br />

Zum Rennfahren Viertakter, für<br />

den Spaß aber auf jeden Fall<br />

Zweitakter.<br />

Pizza o<strong>der</strong> Pasta?<br />

Pizza ist mir lieber, aber meistens<br />

muss ich zu Pasta greifen.<br />

[lacht und blickt auf seinen<br />

Bauch]<br />

Agostini o<strong>der</strong> Rossi?<br />

Agostini war vor meiner Zeit,<br />

Rossi ist hingegen die schillerndste<br />

Persönlichkeit <strong>der</strong><br />

aktuellen MotoGP.<br />

Blondinen o<strong>der</strong><br />

Dunkelhaarige?<br />

Das ist egal, bei Frauen kommt<br />

es mir auf an<strong>der</strong>e Dinge an.<br />

[grinst schelmisch]<br />

Party in <strong>der</strong> Disco o<strong>der</strong><br />

Relaxen auf <strong>der</strong> Couch?<br />

Während <strong>der</strong> Saison meistens<br />

die Couch, aber ich bin 21 und<br />

habe in meiner Freizeit auch jede<br />

Menge Unfug im Kopf.<br />

Dein Lieblingsfußballklub?<br />

Ich hasse Fußball.<br />

Ein perfekter Urlaub wäre...?<br />

Ich brauche warmes Wetter, ein<br />

Motocrossbike und ein paar<br />

Mädchen. Dann bin ich<br />

glücklich.<br />

RADAR-FALLE<br />

Andrea Iannone fuhr am Samstagmorgen in Mugello direkt in eine Geschwindigkeitsmessung,<br />

wurde aber we<strong>der</strong> gestoppt noch bestraft - im Gegenteil. Der Pramac-Ducati-Pilot<br />

stellte im dritten Freien Training zum Italien GP einen neuen Geschwindigkeitsrekord in <strong>der</strong><br />

MotoGP auf. ‚Maniac Joe‘ - wie sich Iannone selbst gerne nennt - raste mit 349,6 km/h über<br />

den Asphalt und übertraf damit Dani Pedrosas bisheriges Spitzentempo von 349,288 km/h.<br />

349,6 km/h<br />

8 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


ROSSI WIRD<br />

300<br />

Als überhaupt erst zweiter Fahrer nach Loris Capirossi<br />

(Katar 2010) erreichte Valentino Rossi einen<br />

bedeutenden Meilenstein in <strong>der</strong> Motorrad-WM:<br />

Der Fan-Liebling fuhr seinen 300. Grand Prix.<br />

Beson<strong>der</strong>s glücklich ist <strong>der</strong> »Doktor« darüber nicht.<br />

»Dass ich meinen 300. Grand Prix fahre, bedeutet,<br />

dass ich schon sehr alt bin«, sagte er in Mugello.<br />

Schließlich ist seit Rossis Debüt im malaysischen<br />

Shah Alam 1996 schon etwas Zeit vergangen.<br />

FOTOS: MILAGRO, BRIDGESTONE, ADRIVO/SUTTON<br />

Nicht nur Valentino Rossi huldigte Marco Simoncelli<br />

beim italienischen Grand Prix mit einer Aufschrift<br />

auf seiner Kombi. Der charismatische Pilot<br />

wurde am Freitag in Mugello posthum in die Hall<br />

of Fame aufgenommen und damit zur 21.<br />

MotoGP-Legende. Simoncelli, <strong>der</strong> 2011 in Malaysia<br />

bei einem tragischen Unfall ums Leben kam,<br />

teilt sich die Ruhmeshalle mit Legenden wie<br />

Giacomo Agostini, Daijiro Kato, Mick Doohan,<br />

Anton Mang, Carlo Ubbiali und Casey Stoner.<br />

#THISFORSIC58<br />

FRANZOSEN GEBEN GUMMI<br />

Ab 2016 tritt Bridgestone als alleiniger Reifenlieferant in <strong>der</strong> MotoGP<br />

zurück. Obwohl laut <strong>der</strong> Dorna mehrere Hersteller Interesse an einer Nachfolge<br />

angemeldet hatten, war letztlich Michelin <strong>der</strong> einzige Produzent,<br />

<strong>der</strong> ein ernsthaftes Angebot vorlegte. Der Zuschlag ging - ohne große<br />

Überraschung - an die Franzosen, die sich mit vermehrten Testfahrten<br />

2015 bereits auf die 1000ccm einstellen sollen, nachdem sie eine siebenjährige<br />

MotoGP-Pause eingelegt haben. Bonne chance!<br />

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Dontjes Bilanz 2013 im<br />

ADAC <strong>Formel</strong> Masters: 2<br />

Siege, 4 Podiums<br />

Coolster Name im<br />

ganzen Fahrerlager:<br />

Indy Dontje<br />

FRAGEN AN<br />

TEXT: ROBERT SEIWERT<br />

INDY DONTJE<br />

DER ATS FORMEL 3 CUP IST DAS ABITUR DES MOTORSPORTS. DAS MOTOR-<br />

SPORT-MAGAZIN WIRFT EINEN GENAUEN BLICK INS FAHRERLAGER UND PRÄ-<br />

SENTIERT HOFFNUNGSVOLLE TALENTE SOWIE SPANNENDE GESCHICHTEN.<br />

DIESMAL: ROOKIE INDY DONTJE.<br />

MSM: Indy, du startest dieses Jahr zum ersten Mal<br />

im ATS <strong>Formel</strong> 3 Cup. Was waren die größten<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen nach dem Aufstieg aus dem<br />

ADAC <strong>Formel</strong> Masters?<br />

INDY DONTJE: Das <strong>Formel</strong>-3-Auto hat wesentlich mehr<br />

Downforce als <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> ADAC, den ich in den vergangenen<br />

beiden Jahren gefahren bin. Bei Testfahrten<br />

mit dem <strong>Formel</strong> 3 haben wir deshalb sehr häufig simuliert,<br />

wie es ist, in <strong>der</strong> so genannten ‚Dirty Air‘ zu fahren<br />

- also direkt hinter einem an<strong>der</strong>en Auto. Wenn du sehr<br />

nah am Vor<strong>der</strong>mann dran bist, verlierst du viel Abtrieb.<br />

Das macht das Überholen zu einer ganz schön kniffligen<br />

Angelegenheit - eine Herausfor<strong>der</strong>ung, die ich<br />

aber sehr gerne annehme.<br />

Welches Ziel hast du dir für diese Saison gesetzt?<br />

Die Herausfor<strong>der</strong>ung ATS <strong>Formel</strong> 3 Cup darf man nicht<br />

unterschätzen, und man sollte auf keinen Fall zu früh<br />

zu viel wollen. Ich habe mir realistische Ziele in meiner<br />

ersten Saison gesteckt und bin froh, dass es bislang<br />

so erfolgreich lief. Dieses Jahr sind einige hungrige<br />

Rookies am Start, die ebenfalls alles für den Sieg geben.<br />

Ich hoffe, dass ich in <strong>der</strong> Rookie-Wertung um den<br />

Gesamtsieg kämpfen kann.<br />

Und wie soll es in Zukunft in deiner Karriere<br />

weitergehen?<br />

Ich kann mir gut vorstellen, später vom <strong>Formel</strong>- in den<br />

GT-Sport zu wechseln. Es ist aktuell sehr schwierig,<br />

den Sprung in die <strong>Formel</strong> 1 zu schaffen. Da mache ich<br />

mir überhaupt nichts vor und lasse meine Zukunft im<br />

<strong>Motorsport</strong> offen. GT-Autos finde ich sehr spannend,<br />

das wäre auf jeden Fall eine gute Alternative.<br />

Du bist auch abseits <strong>der</strong> Rennstrecke fleißig.<br />

Erzähle bitte etwas über dein aktuelles<br />

Kartprojekt.<br />

Gemeinsam mit meinem Bru<strong>der</strong> betreibe ich eine Kartbahn<br />

im nie<strong>der</strong>ländischen Lelystad. Das ist eine Outdoor-Strecke,<br />

die wir in den vergangenen Monaten<br />

immer weiter ausgebaut haben. Außerdem habe ich<br />

eine Gokart-Schule, in <strong>der</strong> ich 35 Jugendlichen das<br />

Kartfahren beibringe. Langweilig wird mir nie: Vier Tage<br />

in <strong>der</strong> Woche sitze ich im Vorlesungsraum <strong>der</strong> Uni und<br />

an den an<strong>der</strong>en drei Tagen kümmere ich mich um das<br />

Kart-Unternehmen - und natürlich das Rennfahren!<br />

Was hat es mit dem Projekt ‚Against Cancer‘ auf sich,<br />

mit dem du auch auf deinem <strong>Formel</strong>-3-Auto wirbst?<br />

Mein Vater hat diese Organisation gegründet, sie setzt<br />

sich für krebskranke Kin<strong>der</strong> ein. Da mache ich natürlich<br />

gerne mit - es ist ein gutes Gefühl, ein Lächeln in den<br />

Gesichtern dieser Kids zu sehen. ‚Against Cancer‘ kümmert<br />

sich um 50 Familien mit krebskranken Kin<strong>der</strong>n,<br />

die wir zu unseren Rennen und an<strong>der</strong>en Veranstaltungen<br />

einladen. Wir hoffen, dass sie auf diese Weise<br />

zumindest kurzzeitig den Krebs ‚vergessen‘ können.<br />

FOTOS: ATS FORMEL 3 CUP/ALEXANDER TRIENITZ<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com ist offizieller Medien-Partner des ATS <strong>Formel</strong> Cup.<br />

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KOLUMNE | MOTORRAD<br />

ORDINATION<br />

DR. ROSSI BLEIBT GEÖFFNET<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

ER IST EINFACH NICHT WEGZUDENKEN: WARUM VALENTINO ROSSI SO WICHTIG FÜR DIE MOTOGP IST.<br />

E<br />

r sagte es bei einem Pressetermin in<br />

Jerez ganz beiläufig: »Ich habe vor,<br />

noch zwei weitere Jahre bei Yamaha<br />

zu bleiben.« Unscheinbare Worte von großer Tragweite,<br />

denn sie wurden von niemand Geringerem<br />

als Valentino Rossi ausgesprochen. Viele Monate<br />

wurde über die Zukunft des Italieners spekuliert.<br />

Geht er? Bleibt er? O<strong>der</strong> wechselt er gar noch<br />

einmal das Team? Nun sollte klar sein: Mr. MotoGP<br />

bleibt seiner Rennserie mindestens bis Ende 2016<br />

erhalten. Denn wo ein Wille, da auch ein Weg -<br />

beson<strong>der</strong>s wenn es um die Liebesbeziehung<br />

zwischen Rossi und Yamaha geht.<br />

Wie wichtig er für die gesamte MotoGP ist,<br />

beweist er an jedem Rennwochenende aufs Neue.<br />

Rossis Racing-Gelb ist auf je<strong>der</strong> Tribüne, die nicht<br />

explizit Ducati- o<strong>der</strong> Marquez-Fans vorbehalten<br />

ist, die dominante Farbe, die Fanartikel-Stände<br />

führen zum größten Teil VR46-Produkte und die<br />

Menschentraube hinter Rossis Box ist nicht nur<br />

bei Rennen in Italien die mit Abstand größte. In<br />

Mugello kam es bei <strong>der</strong> »Track Invasion« während<br />

<strong>der</strong> Siegerehrung auf <strong>der</strong> Zielgeraden und in Teilen<br />

<strong>der</strong> Boxengasse zu Szenen, wie man sie sonst<br />

nur von Fußballspielen kennt. Sprechchöre, gelbe<br />

Rauchbomben und Fans, die in Ekstase und in<br />

Jubelposen auf Zäunen hängen. Valentino Rossi<br />

macht all das möglich und braucht dazu noch<br />

nicht einmal zu gewinnen. »So etwas habe ich<br />

noch nie gesehen. In <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> 1 kenne ich so<br />

eine Begeisterung nicht einmal nach Ferrari-<br />

Siegen in Monza«, sagte mir ein F1-Journalist,<br />

<strong>der</strong> dem MotoGP-Rennen in Mugello beiwohnte.<br />

Dass die Zuneigung seiner Anhänger zu Rossi<br />

schon beinahe Beziehungsstatus hat, zeigt auch<br />

<strong>der</strong> Umstand, dass sie ihm trotz mäßigen Erfolgen<br />

in den vergangenen Jahren eisern die Treue halten.<br />

Man darf nicht vergessen: in den letzten 48<br />

Monaten hat Rossi gerade einmal zwei Rennen<br />

gewonnen. 2014 ist <strong>der</strong> Dottore aber wie<strong>der</strong> dick<br />

im Geschäft. Mit neuem Crewchief und einem laut<br />

eigenen Angaben adaptierten Fahrstil ist er bei<br />

Yamaha wie<strong>der</strong> die Nummer eins, hat erneut ein<br />

Abo auf Podiumsplätze und steht nach Mugello<br />

sogar als erster Verfolger in <strong>der</strong> WM-Wertung von<br />

Überflieger Marc Marquez da. Und all das im Alter<br />

von 35 Jahren, in dem an<strong>der</strong>e Fahrer mit weit<br />

weniger Erfolgen auf dem Konto schon längst in<br />

Rente sind (kennen Sie Casey Stoner?). Das Glühen<br />

in den Augen und den Erfolgshunger hat Rossi<br />

auch nach 300 Rennen in <strong>der</strong> Weltmeisterschaft<br />

nicht verloren. »Ich weiß nicht, wo er nach all den<br />

Erfolgen seine Begeisterung hernimmt. Ich könnte<br />

mich mit 35 Jahren nicht mehr so motivieren«,<br />

gestand Bradley Smith unlängst.<br />

Rossi lebt den Motorradsport mit je<strong>der</strong> Faser<br />

seines Körpers, was sich auch daran äußert,<br />

dass er auf seiner Moto Ranch private Rennveranstaltungen<br />

organisiert, seit jeher Zaungast<br />

bei den Starts <strong>der</strong> kleinen Klassen ist und seit<br />

dieser Saison auch als Teameigentümer in <strong>der</strong><br />

Moto3 aktiv ist. Ein Leben ohne die MotoGP ist<br />

für den neunfachen Weltmeister wohl noch<br />

unvorstellbarer als für seine Fans. Die Ordination<br />

des Dr. Rossi bleibt nun also weitere Jahre<br />

geöffnet, was auch den Patienten MotoGP bei<br />

guter Gesundheit hält. Denn die Rennserie hat<br />

mit sinkenden Quoten zu kämpfen, was vor<br />

allem daran liegt, dass bei <strong>der</strong> Vergabe <strong>der</strong> TV-<br />

Rechte in den letzten Jahren vermehrt Bezahlsen<strong>der</strong><br />

zum Zug kamen. Ein Schicksal, dass<br />

auch den deutschen Markt 2015 ereilen könnte.<br />

So gesehen kann sich die MotoGP umso glücklicher<br />

schätzen, dass Rossis Mission noch lange<br />

nicht vorbei ist.<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

12 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


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Lorenzo und Rossi<br />

lieferten sich eine<br />

epische Rennschlacht<br />

TEXT: NICO PAPPELAU<br />

BARCELONA 2009:<br />

WO EIN WILLE IST...<br />

Valentino Rossi stand gewaltig unter Druck. Sein Teamkollege Jorge Lorenzo<br />

hatte zwei <strong>der</strong> ersten fünf Saisonrennen gewonnen, Rossi nur eines. Auch im<br />

Qualifying zum Großen Preis von Katalonien hatte Lorenzo die Nase um 0,013<br />

Sekunden vorne. Nach dem Start, den Lorenzo gewann, begannen er und<br />

Rossi sich vom Rest des Feldes abzusetzen. In Runde vier überholte Rossi<br />

Lorenzo zum ersten Mal. Ab diesem Moment entwickelte sich das Rennen<br />

zum Solo für Zwei. Immer wie<strong>der</strong> überholten sich die Yamaha-Piloten gegenseitig.<br />

Zwei Runden vor Ende des Rennens überholte Lorenzo Rossi am Ende<br />

<strong>der</strong> Zielgeraden. Der Italiener konterte jedoch, indem er blitzschnell das Knie<br />

einzog und sich außen an Lorenzo vorbeibremste. In <strong>der</strong> letzten Runde schlug<br />

Lorenzo erneut zu. Rossis Gegenschlag verpuffte wirkungslos. »Als Jorge mir<br />

in Kurve neun die Tür zuwarf, wusste ich, dass ich es in <strong>der</strong> letzten Kurve<br />

DENK-<br />

WÜRDIGE<br />

RENNEN<br />

versuchen musste«, so Rossi, <strong>der</strong> bei seinen Überlegungen einen Crash mit<br />

seinem Teamkollegen einkalkulierte. Vor <strong>der</strong> letzten Kurve zuckte <strong>der</strong> »Doktor«<br />

blitzartig aus Lorenzos Windschatten und stach in eine 35 cm große Lücke.<br />

Beim Bremsen spürte er, wie die Front <strong>der</strong> Yamaha M1 wegzurutschen begann.<br />

Doch <strong>der</strong> Reifen hielt <strong>der</strong> Belastung stand und Rossi fuhr 0,095 Sekunden vor<br />

Lorenzo über die Ziellinie. »Ich habe eine Woche lang von diesem Manöver<br />

geträumt«, gab Rossi später zu. Er und Lorenzo lieferten sich 2009 noch<br />

weitere Duelle, bevor <strong>der</strong> Italiener am Ende <strong>der</strong> Saison zum neunten Mal<br />

Weltmeister wurde.<br />

DATUM: 14. Juni 2009<br />

STRECKE:<br />

Circuit de Catalunya<br />

DISTANZ:<br />

25 Runden = 118,175 Kilometer<br />

STARTER: 19<br />

WETTER:<br />

Sonnig<br />

POLE POSITION:<br />

Jorge Lorenzo (1:41.974 Minuten)<br />

SCHNELLSTE RENNRUNDE: Casey Stoner (1:42.858 Minuten)<br />

FOTOS: YAMAHA<br />

Die beiden Yamaha-<br />

Asse schenkten sich<br />

keinen Millimeter<br />

Rossi freute sich am<br />

Ende über 25 Punkte<br />

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PRO & CONTRA<br />

SOLL ROMAIN GROSJEAN LOTUS VERLASSEN?<br />

Romain Grosjean<br />

durchlebt schwierige<br />

Zeiten bei Lotus<br />

Nach einem<br />

katastrophalen Start<br />

geht es aufwärts<br />

FOTOS: LOTUS<br />

+++ PRO +++<br />

+++ CONTRA +++<br />

Nichts wie weg - so und nicht an<strong>der</strong>s muss das Credo von Romain Grosjean<br />

lauten. Der Franzose ist aktuell eine gefragte Aktie auf dem Fahrermarkt und<br />

wie sagt ein Sprichwort so schön: Man muss das Eisen schmieden, so lange<br />

es heiß ist.<br />

Als schneller Fahrer galt Grosjean von Beginn an, 2013 hat er auch endgültig<br />

sein Image als Crash-Kid abgestreift. Eine Tatsache, die auch Lotus-Teambesitzer<br />

Gerard Lopez bewusst ist. »Wir sprechen hier von einem Fahrer, <strong>der</strong><br />

stark kritisiert wurde und <strong>der</strong> jetzt im Grunde bei jedem Team unterkommen<br />

könnte.«<br />

Zusätzliche Pluspunkte brachten dem Franzosen ein, dass er trotz des katastrophalen<br />

Saisonstarts kein böses Wort über sein Team verlor, stattdessen<br />

die Mannschaft stets zu motivieren versuchte. Doch auch wenn Grosjean<br />

nicht müde wird zu betonen, dass es bei Lotus schrittweise aufwärts geht,<br />

muss er jetzt an sich denken - schließlich wird er auch nicht jünger.<br />

Lotus fehlt es an den finanziellen Mitteln sowie - nach dem Abgang von<br />

Technikdirektor James Allison - an kreativen Köpfen, um ein gutes Auto zu<br />

bauen bzw. weiterzuentwickeln. Fakt ist: will Grosjean Weltmeister werden,<br />

muss er zu einem an<strong>der</strong>en Team wechseln.<br />

Wie wär‘s mit McLaren? Mit Neo-Renndirektor Eric Boullier versteht sich<br />

Grosjean bekanntlich blendend und dank dem Einstieg von Motorenhersteller<br />

Honda hat er mit McLaren sicherlich größere Chancen, 2015 um Siege mitzukämpfen<br />

als mit Lotus.<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

Kämpfen, Romain, kämpfen! Wer hätte es dem einstigen Crash-Kid <strong>der</strong><br />

<strong>Formel</strong> 1 zugetraut, dass er sich in den Tiefen <strong>der</strong> Lotus-Misere dieses<br />

Jahres als echte Kämpfernatur entpuppen würde?<br />

Seine Blicke sagten zu Saisonbeginn alles, aber nur die Augen verrieten<br />

den Frust und die bittere Enttäuschung. Kein böses Wort kam dem<br />

Schweizer mit französischer Rennlizenz über die Lippen. Das schweißte<br />

ihn und seine Truppe zusammen.<br />

Der stellvertretende Teamchef Fe<strong>der</strong>ico Gastaldi glaubt aus diesem Grund<br />

nicht an einen Weggang seines Starfahrers. Immerhin hat Lotus Grosjean<br />

in schweren Zeiten den Rücken gestärkt und ihm eine zweite und sogar<br />

dritte Chance in <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse gegeben. Das muss Grosjean nun<br />

zurückzahlen.<br />

Ja, Rennfahrer sind Egoisten. Sie müssen in <strong>der</strong> kurzen Zeit ihrer Karriere<br />

das Beste daraus machen. Aber schwierige Jahre sind bekanntlich wichtig<br />

für den Charakter. Auch Michael Schumacher musste bei Ferrari eine<br />

Dürreperiode durchstehen, bevor er reihenweise die Pokale abräumte.<br />

Der leichte Formaufschwung könnte Grosjean Hoffnung machen.<br />

Ohnehin scheint es für ihn kaum Alternativen zu geben. Die Cockpits bei<br />

Mercedes, Red Bull und auch Ferrari sind vorerst besetzt. Höchstens bei<br />

McLaren könnte eine kleine Chance auf Zuflucht bestehen, allerdings<br />

dürfte Ron Dennis eher auf Eigengewächse wie Magnussen und Vandoorne<br />

o<strong>der</strong> Weltstars wie Alonso setzen. Grosjean bleibt bei Lotus.<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

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KOLUMNE | FORMEL 1<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

ALTES GERÜCHT NEU ANGEHEIZT<br />

UM ADRIAN NEWEY RANKEN SICH SEIT JAHREN SPEKULATIONEN. DIESES MAL SOLL DER KAUZIGE BRITE IN MARANELLO ANDOCKEN.<br />

I<br />

rgendwann muss ich über meine Zukunft<br />

entscheiden.« Ein harmloser Satz, <strong>der</strong> in<br />

den Medien wie eine Bombe einschlug.<br />

Sofort überschlugen sich die Schlagzeilen - Newey<br />

sei bei Red Bull nicht mehr glücklich, ein lukratives<br />

Angebot von Ferrari liege bereits auf dessen Zeichentisch.<br />

Bei den Medienrunden von Christian Horner und<br />

Marco Mattiacci gab es kein an<strong>der</strong>es Thema mehr<br />

als Newey und seinen vermeintlichen Wechsel ins rote<br />

Lager. Dass Ferrari den studierten Raumfahrt-Ingenieur<br />

mit Kusshand nehmen würde, daran besteht kein<br />

Zweifel. In Spanien wiegelte <strong>der</strong> Neo-Ferrari-Teamchef<br />

die Gerüchte um einen Newey-Wechsel erst ab, um<br />

wenige Augenblicke später sie wie<strong>der</strong> neu anzuheizen,<br />

indem er erklärte, Luca di Montezemolo müsse sicherstellen,<br />

dass für Ferrari nur die besten Leute arbeiten.<br />

Und wer ist besser als Adrian Newey?<br />

Mit James Allison hat die Scu<strong>der</strong>ia zwar erst im Vorjahr<br />

einen neuen Technikdirektor an Bord geholt, doch mit<br />

einem Design-Kaliber wie Adrian Newey kann Allison<br />

nicht mithalten. Auch Fernando Alonso goss neues Öl<br />

ins Gerüchte-Feuer, als er die aktuell enttäuschende<br />

Performance des F14T auf zu wenig Kreativität im<br />

Team schob. Mangelnde Kreativität? Für den einen<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Journalisten war das eine unterschwellige<br />

For<strong>der</strong>ung nach Newey - denn kein Name steht<br />

in <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> 1 für mehr Kreativität als seiner, auch<br />

wenn <strong>der</strong> Brite ab und an über das Ziel hinausschießt.<br />

Mit seinem verschmitzten Lächeln wirkt Newey oftmals<br />

wie ein kleiner Schuljunge, <strong>der</strong> er in seinem Kopf<br />

gerade einen Streich ausheckt. Nur sind es in seinem<br />

Fall nicht irgendwelche kindischen Lausbuben-, son<strong>der</strong>n<br />

Geniestreiche, die einen Rennstall geradewegs<br />

zum nächsten WM-Titel führen können. Nicht ohne<br />

Grund gilt <strong>der</strong> 56-Jährige als bester Konstrukteur <strong>der</strong><br />

<strong>König</strong>sklasse. Die von ihm entworfenen Autos sind<br />

zumeist ein Garant für Erfolge - seit Beginn <strong>der</strong> 90er<br />

Jahre gewannen Neweys Boliden zehn Fahrer- und<br />

zehn Konstrukteurstitel sowie acht respektive sieben<br />

Vize-Weltmeistertitel.<br />

Wirklich neu sind die Gerüchte um Newey allerdings<br />

nicht. Immer wie<strong>der</strong> wurde er in den vergangenen<br />

Jahren mit an<strong>der</strong>en Rennställen in Verbindung<br />

gebracht, selbst ein Wechsel in den Segelsport zum<br />

legendären America‘s Cup wurde ihm angedichtet.<br />

Doch bis dato entpuppte sich jedes Gerücht als exakt<br />

das - ein Gerücht. Natürlich wäre ein Wechsel nach<br />

Maranello für Newey eine reizvolle Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

denn nach Williams, McLaren und Red Bull ist Ferrari<br />

eines <strong>der</strong> Top-Teams, das in seiner Vita noch fehlt. Der<br />

Reiz für einen Traditionsrennstall wie Ferrari zu arbeiten,<br />

darf - trotz <strong>der</strong> verpassten Titelchancen in den<br />

vergangenen Jahren - nicht unterschätzt werden. Aber<br />

genau bei <strong>der</strong> Performance wären wir bei dem entscheidenden<br />

Punkt angelegt, <strong>der</strong> gegen einen Wechsel<br />

Neweys spricht. In Maranello würde auf den Briten<br />

ein riesiger Berg an Arbeit warten, dessen Ergebnisse<br />

trotz seines Genies zwei bis drei Jahre brauchen würden.<br />

Die Frage ist: will sich Newey nach rund 30<br />

Jahren im <strong>Formel</strong>-1-Geschäft noch einmal solche<br />

Anstrengungen antun?<br />

Es gibt Insi<strong>der</strong>, die diese Frage mit Ja beantworten.<br />

Ich gehöre nicht dazu. Zum einen sieht Newey<br />

meiner Meinung nach seine Aufgabe bei Red Bull<br />

noch nicht als beendet an, immerhin drehen <strong>der</strong>zeit<br />

zwei silberne Boliden Kreise um seinen RB10. Zum<br />

an<strong>der</strong>en hat es Red Bull geschafft, dem kauzigen<br />

Briten genau jenes Umfeld hinzustellen, das er<br />

braucht. Bei Ferrari würde man wohl weniger damit<br />

klarkommen, dass Newey seine Ideen auf einem<br />

altmodischen Zeichenbrett nie<strong>der</strong>schreibt und<br />

diese dann von jüngeren Kollegen erst in den Computer<br />

übertragen werden müssen. In <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> 1<br />

sollte man zwar nie den Fehler begehen, etwas<br />

komplett auszuschließen - immerhin ist selbst Kimi<br />

Räikkönen zur Scu<strong>der</strong>ia zurückgekehrt - aber mein<br />

Geld würde ich nicht auf einen Newey-Wechsel<br />

setzen.<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

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MARK & KEITH SUTTON<br />

LIFE THROUGH A LENS<br />

Folge Mark Sutton bei<br />

twitter @suttonimages<br />

Ein Selfie von<br />

Fernando Alonso<br />

01<br />

01 SELFIE TIME<br />

Dieses Foto habe ich aus dem Pressezentrum aufgenommen. Es ist schön, mal eine<br />

an<strong>der</strong>e Perspektive zu haben – nicht nur Nahaufnahmen. Hier sieht man, wie viele Fans<br />

da waren. Fernando begann am einen Ende, Autogramme zu schreiben und Kimi am<br />

an<strong>der</strong>en. Als sie sich in <strong>der</strong> Mitte trafen, ging Kimi weg, weil alle nur nach Alonso schrien!<br />

Fernando blieb bis zum Ende und macht neuerdings auch immer einen Selfie mit den<br />

Fans. Er scheint keine Angst zu haben, dass ihn jemand anfassen könnte. Ich habe das<br />

Foto gesehen, das er gemacht hat, und es ist wirklich ein gutes Bild geworden!<br />

02 FEUERWEHRMANN SEB<br />

Hier sehen wir Sebastian nach seinem Defekt im 2. Training in Barcelona. Ich war in <strong>der</strong><br />

Boxengasse, als es passierte, sah es aber auf dem Bildschirm. Es war nicht weit weg,<br />

also rannte ich schnell los, bog rechts ab und er stand direkt auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Als<br />

ich ankam, war er schon aus dem Auto ausgestiegen und hatte einen Feuerlöscher in<br />

<strong>der</strong> Hand. Dann half er den Streckenposten, das Auto gerade zu halten, als es verladen<br />

wurde. Als er auf dem Abschleppwagen stand, hat er sich das Heck noch einmal genau<br />

mit dem Feuerlöscher angesehen. Eine schöne Serie an Bil<strong>der</strong>n!<br />

03 VATER & SOHN<br />

Es war großartig, dass Felipe seinen Sohn auf die Fahrerparade mitgenommen hat.<br />

Es scheint fast so, als ob er es für sein letztes Jahr halten würde und er alle Erinnerungen<br />

teilen möchte. Ich weiß jedoch nicht, wie lange sein Vertrag tatsächlich geht.<br />

Vielleicht ist es sein südamerikanisches Blut, denn auch Pastor bringt sein Baby oft<br />

mit ins Fahrerlager. Einmal habe ich ein Foto von ihm auf einem kleinen Golfwagen<br />

gemacht. Wir Europäer sind da an<strong>der</strong>s. Michael Schumacher hatte seine Kin<strong>der</strong> nie<br />

dabei. Fernando hat zumindest seine Freundin dabei, aber sie halten nicht Händchen.<br />

Deshalb ist es toll, zu sehen, wie Felipe seinen Sohn auf den Schultern durch den<br />

Paddock trägt und ihm die F1 zeigt.<br />

Selbst ist <strong>der</strong><br />

Weltmeister:<br />

Feuerwehrmann Seb<br />

Massa Junior &<br />

Senior auf <strong>der</strong><br />

Fahrerparade<br />

02 03


KOLUMNE | FORMEL 1<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

HITCHHIKER‘S GUIDE TO F1<br />

VON SUPERTRÖTEN & SUPERSPRÜNGEN<br />

ES GIBT SO VIEL ZU LERNEN. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN AUF ERKUNDUNGSREISE IN DEN WEITEN DES F1-PADDOCKS.<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MARUSSIA<br />

Zu viel Rambo?<br />

Pastor Maldonado<br />

hinter Gittern<br />

LEHRE NUMMER 1: Zurück in die Zukunft<br />

Die <strong>Formel</strong> 1 verläuft in Zyklen, heißt es. Anscheinend ist damit nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> Teams gemeint, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong>en Einfallsreichtum. Die F1 ist zu teuer! Klares<br />

ja. Wir brauchen ein Testverbot während <strong>der</strong> Saison! Ebenfalls ein..., Moment mal. Wurde das<br />

nicht gerade erst vor dieser Saison aufgehoben? Genau, jetzt wollen es die Teams wie<strong>der</strong><br />

rückgängig machen. Je<strong>der</strong> Cent zählt, so viel ist klar. Aber sind die vier zweitägigen Tests<br />

wirklich die Wurzel des Übels? Ich glaube mich zu erinnern, dass es die Schreie nach Kostensenkungen<br />

auch schon in den vergangenen Jahren gegeben hat - in <strong>der</strong> gleichen Lautstärke<br />

und Tonhöhe, die selbst bei Hunden zu blutenden Ohren führte. Was wohl ein gewisser Bewohner<br />

von Maranello davon hält? Die nächste halbstündige Wutrede gegen Simulatoren, die<br />

Aerodynamik und einfach alles, was außerhalb von Fiorano liegt, ist schon im Anmarsch...<br />

Vorsicht! Hier ist kein<br />

Red Bull erlaubt...<br />

LEHRE NUMMER 2: Kalter Krieg<br />

Frevel! Was haben wir uns nur dabei gedacht? Einfach so mit einem Wasserfläschchen von<br />

Red Bull in <strong>der</strong> Hand in die Mercedes-Hospitality zu spazieren. Verräter! Binnen Sekunden<br />

hatte die flinke Hospitality-Mitarbeiterin die Plastikflasche gegen eine neue ausgetauscht.<br />

»Wir haben nämlich auch das beste Wasser!« Da hilft selbst <strong>der</strong> unschuldigste Blick nichts<br />

mehr. Pirelli-Gate und Fuelflow-Gate haben ihre Spuren hinterlassen. In Zeiten <strong>der</strong> McLaren-<br />

Ferrari-Titelkämpfe zu Beginn des Jahrtausends kamen den Kontrahenten in ihren Pressemitteilungen<br />

noch nicht einmal mehr die Namen ihrer »Rivalen«/«Hauptgegner«/»des an<strong>der</strong>en<br />

Teams« über die Tastaturen. Jetzt gibt es ein neues Duell <strong>der</strong> Namenlosen. Was lernen wir<br />

daraus? Red Bull ist wohl doch mehr als nur ein Brausehersteller. Exakt, sie haben auch<br />

Wasser...<br />

Sound-Update:<br />

Lautere Mega-Tröte<br />

für den Silberpfeil<br />

Höher springt keiner:<br />

Super-Springer<br />

Max Chilton<br />

LEHRE NUMMER 3: Trörööö<br />

»Wroooom« So klingt Madonna di Campiglio. Nein, keine Angst. Es ist keine Lawine abgegangen.<br />

Das ist <strong>der</strong> Name des alljährlichen Sponsor-Events von Ferrari und Ducati. Aber irgendwie auch<br />

die Hoffnung aller Fans, die sich in <strong>der</strong> neuen <strong>Formel</strong> 1 viel mehr »Wrooooom« wünschen.<br />

Mercedes testete eine Lösung: einen Megaphon-Auspuff. Was das ist? Berechtigte Frage. So<br />

etwas Ähnliches wie eine Tröte, nur viel hässlicher. Möglicherweise weil es sich auf Kröte reimt.<br />

Die Aushilfs-Vuvuzela machte jedenfalls bestenfalls »wrooom« und wurde direkt wie<strong>der</strong> aussortiert.<br />

Aus rein optischen Gründen sicher kein Verlust. Neue Krawallmacher sind allerdings schon<br />

auf dem Weg. Unser Vorschlag: Setzt einen blau und rot gekleideten Elefanten auf den »Monkey<br />

Seat«. Gegen die Farben dürften die Silberpfeile, wie wir beim Wasserzwischenfall gelernt haben,<br />

zwar etwas einzuwenden haben, aber eins wäre sicher - ein geschmettertes: »Tröröööö!«<br />

LEHRE NUMMER 4: Kultfigur wi<strong>der</strong> Willen<br />

Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Nein, es ist Super Max! Kaum ein aktiver <strong>Formel</strong>-1-Fahrer,<br />

<strong>der</strong> noch nie einen WM-Punkt geholt hat, genießt solch einen Kultstatus wie Max Chilton.<br />

Selbst in unserer Redaktion ist Chilton eine lebende Legende. Un<strong>der</strong>dog, Mr. Zielankunft und<br />

eine Art Hochsprungweltmeister: Chilton ist <strong>der</strong> Traum <strong>der</strong> Social Media Fangemeinde. Nur<br />

wusste er es bislang nicht. Wir konfrontierten ihn im Interview mit seiner Rolle als Kultfigur.<br />

Seine Reaktion? Aus Überraschung sprang er (wenn auch nicht ganz so denkwürdig wie einst<br />

bei den Tests und in Malaysia, s. links) fast über den Tisch <strong>der</strong> Marussia-Hospitality:<br />

»Wirklich???« Wirklich!<br />

Max Chilton im Interview: www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com/goto/Chilton<br />

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SLIDESHOW | FORMEL1 | #37 | 2014<br />

❱ DAS<br />

COMEBACK<br />

DES JAHRES<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

FOTO: ADRIVO/SUTTON<br />

Zugegeben: Das Comeback <strong>der</strong> Silberpfeile ist beeindruckend. Aber<br />

mit <strong>der</strong> Rückkehr des Österreich GPs kann es nicht mithalten. Binnen<br />

weniger Stunden war das Rennen in Spielberg restlos ausverkauft.<br />

In Zeiten, in denen leere Tribünen in Korea und Bahrain zur Tagesordnung<br />

gehören, ist das eine willkommene Abwechslung. An <strong>der</strong><br />

<strong>Formel</strong>-1-Begeisterung <strong>der</strong> Alpenrepublik kann sich auch die Autofahrernation<br />

Deutschland etwas abschauen, wenn das Motodrom<br />

wie<strong>der</strong> einmal halbleer ist. Einen Schönheitsfehler gibt es in Spielberg<br />

dann aber doch: Niki Lauda Kurve klingt deutlich schöner als<br />

Pirelli Kurve. Die paar Schilling hätte Red Bull Boss Dietrich Mateschitz<br />

noch drauflegen sollen.<br />

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www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 21


DIE KÖNIGE<br />

DER FORMEL 1<br />

HAMILTON VS. ROSBERG<br />

SIEG AUF SIEG, STREIT UM STREIT. LEWIS HAMILTON UND NICO ROSBERG DOMINIEREN<br />

DIE FORMEL 1 - AUF DER STRECKE UND IN DEN SCHLAGZEILEN. ZWEI TOP-FAHRER MIT<br />

IDENTISCHEM MATERIAL, DOCH NUR EINER VON BEIDEN KANN WELTMEISTER WERDEN.<br />

DAS MOTORSPORT-MAGAZIN STELLT DIE KANDIDATEN AUF DEN WM-PRÜFSTAND.<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & STEPHAN HEUBLEIN<br />

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www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 23<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES


Lewis Hamilton lässt<br />

seiner emotionalen<br />

Seite gerne freien Lauf<br />

Nico Rosberg pflegt<br />

lange und intensive<br />

Gespräche mit<br />

seinen Ingenieuren<br />

TITELFAKTOR: CLEVERNESS<br />

Ein Sprichwort besagt: <strong>der</strong> Teufel liegt im Detail. Umso größer ist <strong>der</strong> Vorteil<br />

für jenen Piloten, <strong>der</strong> sich mit <strong>der</strong> Technik bis ins kleinste Detail auseinan<strong>der</strong>setzt<br />

- und das tut Nico Rosberg. Er saugt technisches Wissen in sich<br />

auf und versucht, eins mit seinem Auto zu werden. »Denn ich weiß: das<br />

kann einen kleinen, aber entscheidenden Unterschied ausmachen«, so<br />

Rosberg, <strong>der</strong> die Schwachstelle vieler Piloten kennt. »Mancher denkt beim<br />

Fahren überhaupt nicht mit.« In <strong>der</strong> Vergangenheit gehörte auch Teamkollege<br />

Lewis Hamilton in diese Kategorie. Der Brite verließ sich vorwiegend<br />

auf sein Talent, doch mit dem neuen Reglement setzte auch bei Hamilton<br />

ein Umdenken ein. »Lewis ist in diesem Jahr konzentrierter. Er scheint auch<br />

härter gearbeitet zu haben als früher«, sagt Johnny Herbert dem <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>. Hamilton habe verstanden, dass man mit reinem Speed und Talent<br />

allein keinen WM-Titel gewinnt. »Man muss das mit harter Arbeit kombinieren.<br />

Deshalb ist Nico so gut, wie er ist«, so Herbert. »Lewis hat das<br />

natürlich erkannt und macht jetzt das gleiche.«<br />

WM-CHECK: VORTEIL ROSBERG<br />

TITELFAKTOR: PSYCHOSPIELE<br />

Keines Blickes würdigte Hamilton seinen Teamkollegen nach dem Qualifying<br />

in Monaco. Hat Rosberg sein Auto absichtlich in Mirabeau geparkt<br />

o<strong>der</strong> nicht? Die Stewards befanden nein, <strong>der</strong> emotionale Brite sah es an<strong>der</strong>s.<br />

Für <strong>Motorsport</strong>chef Toto Wolff gehören solche Psychospielchen einfach<br />

dazu - so lange sie nicht das große Ganze gefährden. Wer die Vorbereitung<br />

des Teams durch falsche Angaben in den Briefings stört, läuft Gefahr, mehr<br />

als nur einen Rüffel zu erhalten. »Wenn man hier Spielchen spielt, ist das<br />

nicht för<strong>der</strong>lich für das Team. Da würden wir dazwischen gehen«, so Wolff.<br />

»Gleichzeitig gibt es wesentlich mehr Methoden, als den Teamkollegen nur<br />

mit dem Setup in die Irre zu führen.« Christian Danner ist davon überzeugt,<br />

dass sich Rosberg von solchen Dingen nicht zermürben lässt. »Er kennt<br />

Lewis ganz genau und weiß, mit wem er es zu tun hat«, glaubt Danner an<br />

das Selbstbewusstsein des Deutschen. »Aufgrund <strong>der</strong> Kapazität zwischen<br />

den Ohren steckt er das weg.«<br />

WM-CHECK: LEICHTER VORTEIL HAMILTON<br />

24 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TITELFAKTOR: TALENT<br />

»Lewis brillant? Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.« Diese Aussage<br />

von Sir Jackie Stewart überrascht. Immerhin sprechen wir hier von einem<br />

Fahrer, <strong>der</strong> diese Saison bereits vier Rennen in Folge gewonnen hat. Von<br />

einem Fahrer, <strong>der</strong> sämtliche Beobachter bereits in seinem Debütjahr mit<br />

seinem Speed in Erstaunen versetzte und einem Fahrer, <strong>der</strong> sich schon in<br />

seinem zweiten Jahr zum Champion krönte. Doch genau darin liegt für<br />

Stewart <strong>der</strong> sprichwörtliche Hund begraben. »Lewis ist unbestritten ein<br />

schneller Fahrer, aber er muss noch beweisen, dass er zu den ganz Großen<br />

zählt. Ich finde, es braucht mehr WM-Titel, um in <strong>der</strong> ersten Liga mitzuspielen«,<br />

so Stewart gegenüber dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Was das gottgegebene<br />

Talent angeht, sieht Heinz-Harald Frentzen den Briten allerdings<br />

ganz vorne. »Er ist ein schneller Hund. Für mich ist Lewis <strong>der</strong> schnellste<br />

Rennfahrer - er übertrumpft sogar Fernando Alonso«, erklärt <strong>der</strong> frühere<br />

<strong>Formel</strong>-1-Pilot. »Wir sprechen hier aber von Hemisphären, in denen die<br />

Luft sehr dünn ist.« Dass Hamilton die Fähigkeit besitzt, aus dem Auto noch<br />

das Extrabisschen herauszuquetschen, bewies er im Qualifying zum Großen<br />

Preis von Spanien. Auf seinem letzten Versuch in <strong>der</strong> allerletzten Minute des<br />

Qualifyings schnappte er seinem Teamkollegen die Pole Position weg - und<br />

später den Sieg. Trotzdem sieht <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>-Experte Christian Danner<br />

Rosberg und Hamilton fahrerisch auf einem Niveau. »Lewis ist ein Vollgastier,<br />

während Nico jemand ist, <strong>der</strong> mit einer unglaublichen Intelligenz und Akribie<br />

die Latte für sich selbst immer höher legt. Fahrerisch geben sich beide praktisch<br />

nichts.« Den Beweis erbrachte Rosberg mit seinem zweiten Sieg im Fürstentum<br />

von Monaco - auf einem <strong>der</strong> schwierigsten Kurse im Rennkalen<strong>der</strong>. Für Stewart<br />

steht fest: »Nico hat das Potenzial, besser zu sein als Lewis. Er geht sehr sanft<br />

mit dem Auto um, er überfährt es nicht und crasht damit nicht. Er geht auch<br />

sehr gut mit den Reifen um, fährt sie nicht zu Tode. Er ist ein unglaublich<br />

intelligenter Fahrer und langfristig wird er sich damit durchsetzen.« Eine Prognose,<br />

<strong>der</strong> sich Herbert noch nicht anschließen möchte: »Über die Saison<br />

hinweg ist noch nichts in Stein gemeißelt.«<br />

→<br />

WM-CHECK: LEICHTER VORTEIL HAMILTON<br />

Seriensieger:<br />

Die Silberpfeile eilen<br />

von Sieg zu Sieg<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 25


Perfektes Teamwork<br />

kann den WM-Titel<br />

entscheiden<br />

Nicht ohne meine<br />

Sonnenbrille:<br />

Lewis bleibt cool<br />

TITELFAKTOR: TEAM<br />

Die <strong>Formel</strong> 1 ist ein Mannschaftssport. So kommt es im WM-Zweikampf<br />

nicht ausschließlich auf die Fähigkeiten <strong>der</strong> beiden Titelkontrahenten an.<br />

»Es ist auch ein Wettkampf unter den Ingenieuren, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Box stattfindet«,<br />

betont Toto Wolff. Je<strong>der</strong> Fahrer hat seine Mannschaft, die sich gegenseitig<br />

zu Höchstleistungen antreibt. Jede Seite <strong>der</strong> Box will ihren Fahrer<br />

siegen sehen. Ob man sich mit seinem Renningenieur blind versteht o<strong>der</strong><br />

nicht, kann laut Frentzen den Titelkampf entscheiden. »Als ich für Jordan<br />

gefahren bin, haben wir aus Scheiße Pfefferkuchen gemacht«, erinnert er<br />

sich. »Das Auto war eine Sekunde langsamer als die Spitze, aber wir haben<br />

gemeinsam immer das Beste herausgeholt und Rennen gewonnen.« Bei<br />

<strong>der</strong> Rennstrategie entscheidet bei Mercedes ein klares Kriterium: »Der im<br />

Qualifying führende Mann hat Priorität bei <strong>der</strong> Reifenstrategie«, verrät<br />

Wolff. Das führte unter an<strong>der</strong>em in Monaco zu Verärgerung bei Hamilton,<br />

<strong>der</strong> gerne früher gestoppt hätte.<br />

WM-CHECK: UNENTSCHIEDEN<br />

TITELFAKTOR: UMFELD<br />

Tattoos, Ohrring, Turbofrisur - Lewis Hamilton pflegt sein Image als Rockstar<br />

<strong>der</strong> F1. Dazu kommt sein Liebeswirrwarr mit On-Off-Freundin und<br />

Pussycat Nicole Scherzinger sowie seine auf den sozialen Netzwerken breit<br />

zur Schau gestellte Liebe zu seinen Hunden Coco und Roscoe. Letzterer<br />

besitzt sogar seine eigene Akkreditierung für den F1-Paddock. Für diesen<br />

Lebensstil wurde Hamilton in <strong>der</strong> Vergangenheit oftmals kritisiert. 2014<br />

bleibt <strong>der</strong> Anhang deshalb brav zu Hause. »Entgegen dem, was in den<br />

Zeitungen steht, schreiben wir Lewis nicht vor, dass seine Hunde und seine<br />

Freundin zu Hause bleiben müssen. Lewis macht es so, wie er es für richtig<br />

hält«, betont Toto Wolff. Ein ganz an<strong>der</strong>es Umfeld pflegt Nico Rosberg.<br />

Seine Verlobte Vivian weicht ihm zwar seit über zehn Jahren nicht von <strong>der</strong><br />

Seite, dennoch ist Rosbergs Fokus ganz und gar auf die <strong>Formel</strong> 1 gerichtet.<br />

»Nico ordnet alles an<strong>der</strong>e unter. So funktioniert er am besten«, erklärt Wolff.<br />

»Unsere Fahrer sind ganz unterschiedliche Persönlichkeiten, die ein ganz<br />

verschiedenes Leben führen. Beides ist für den jeweiligen Fahrer richtig.«<br />

WM-CHECK: UNENTSCHIEDEN<br />

26 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TITELFAKTOR: EXPLOSIONSGEFAHR<br />

Bahrain, Spanien, Monaco: Schon mehrmals stand <strong>der</strong> Krieg <strong>der</strong> Sterne<br />

in dieser Saison vor einer Eskalation. »Die Intensität zwischen beiden<br />

Fahrern ist groß«, redet Toto Wolff nicht um den heißen Brei herum.<br />

»Man kann nicht erwarten, dass die beiden auf Kuschelkurs gehen, wenn<br />

sie wissen, dass sie das Werkzeug haben, um Weltmeister zu werden.«<br />

Die Spannungen zwischen Hamilton und Rosberg werden von Rennen<br />

zu Rennen ansteigen - und irgendwann vielleicht explodieren. Hamiltons<br />

verärgerte Funksprüche waren bisher nur ein kleiner Vorgeschmack<br />

darauf. Wolff möchte diese aber nicht überbewerten, wenn im Eifer des<br />

Gefechts um jeden Millimeter gekämpft wird. Wichtig ist dem Team,<br />

dass beide Fahrer ohne Kollision die Zielflagge sehen. »Manchmal sind<br />

sie ein bisschen wie Teenager, die prüfen, wie weit sie gehen können«,<br />

vergleicht Wolff. »Es liegt an uns, sicherzustellen, dass alles immer in<br />

einem korrekten Rahmen bleibt.« Umso mehr müssen Wolff, Paddy Lowe<br />

und Niki Lauda bei ihren regelmäßigen Meetings mit den Fahrern die<br />

Zügel anziehen. Bei den Rad-an-Rad-Duellen unter dem Nachthimmel<br />

von Sakhir waren beide Fahrer am absoluten Limit - ihrer selbst, ihrer<br />

Autos und des Erlaubten. »In Bahrain haben wir die Grenze genau getroffen<br />

- das war voll am Limit, aber immer mit dem gewissen Respekt«,<br />

erklärt Rosberg dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. »Jetzt wissen wir beide, was<br />

man sich erlauben kann.« Je öfter es zu solchen Zweikämpfen kommt,<br />

desto größer wird die Gefahr einer Kollision. Neben Rosbergs Sieg in<br />

Monaco zählt Hamiltons hart umkämpfter Triumph in Bahrain zu den<br />

bisherigen Schlüsselmomenten im WM-Kampf. »Nico hatte in Bahrain<br />

zehn Runden vor Schluss die frischeren Reifen, es war sein Rennen, er<br />

hatte den Vorteil. Aber er hat es nicht geschafft. Das war meiner Meinung<br />

nach ein wichtiger Moment für Lewis, <strong>der</strong> danach sagen konnte: Du<br />

hättest gewinnen müssen, aber ich habe dich geschlagen«, meint Herbert<br />

gegenüber dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. In Monaco schlug Rosberg zurück.<br />

Der psychologische Wert dieses Sieges zählte doppelt: Rosberg durchbrach<br />

Hamiltons Siegesserie und setzte ein Zeichen für den Rest <strong>der</strong><br />

Saison. Ein dreifacher Weltmeister wie Niki Lauda weiß genau, was in<br />

einer solchen Situation nötig ist: »Man muss ein Bastard sein, um in <strong>der</strong><br />

<strong>Formel</strong> 1 zu gewinnen.«<br />

→<br />

WM-CHECK: LEICHTER VORTEIL ROSBERG<br />

Nico Rosberg jagt<br />

seinen ersten<br />

WM-Titel<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 27


Zweikampf <strong>der</strong><br />

Silberpfeile<br />

28 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


SCHLAGABTAUSCH:<br />

HAMILTON VS. ROSBERG<br />

»Für die Medien wäre es toll, wenn bei uns im<br />

Team <strong>der</strong> Mega-Krieg entbrennen würde.«<br />

Nico Rosberg<br />

»Wir sind keine Freunde. Wir sind Kollegen.«<br />

Lewis Hamilton<br />

»Ich kenne alle seine Stärken und Schwächen.<br />

Ich weiß, wo ich ihn packen kann.«<br />

Nico Rosberg<br />

»Ich komme aus einer nicht gerade noblen<br />

Gegend in Stevenage und habe auf dem<br />

Sofa im Apartment meines Vaters geschlafen.<br />

Nico ist in Monaco mit Jets, Hotels und Booten<br />

aufgewachsen - <strong>der</strong> Hunger ist ein an<strong>der</strong>er.«<br />

Lewis Hamilton<br />

»Es wird schwer für ihn, mich<br />

mental zu brechen.«<br />

Nico Rosberg<br />

»Mir gefällt, wie Senna damit umgegangen<br />

ist, also werde ich mir davon eine<br />

Scheibe abschneiden.«<br />

Lewis Hamilton<br />

»Ich mag es einfach nicht, Zweiter zu werden.«<br />

Nico Rosberg<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 29


TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

DAS MERCEDES<br />

REZEPT<br />

EIN DOPPELSIEG JAGT DEN NÄCHSTEN. MERCEDES SCHEINT IN DER NEUEN FORMEL-1-ÄRA NAHEZU UNSCHLAGBAR ZU SEIN.<br />

DAS MOTORSPORT-MAGAZIN VERRÄT 15 GRÜNDE, WARUM DIE SILBERPFEILE DIE KÖNIGSKLASSE DOMINIEREN.<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES<br />

30 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Wie ein<br />

Rockstar: Lewis<br />

Hamilton steigt in<br />

seinen Super-<br />

Silberpfeil<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 31


1. Niki Lauda<br />

»Ich werde nicht ins Tagesgeschäft eingreifen.«<br />

Mit diesen Worten beschrieb Niki Lauda seine<br />

neue Rolle als Aufsichtsratschef bei Mercedes.<br />

Und tatsächlich: Lauda bestimmt kein Setup,<br />

Lauda entwickelt keine Autos. Er zeichnet aber<br />

sehr wohl für einige <strong>der</strong> wichtigsten Entscheidungen<br />

verantwortlich. »Niki redet nicht um den<br />

heißen Brei herum, er spricht mit jedem Klartext«,<br />

betont <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com-Experte Christian<br />

Danner. Der Österreicher kennt jeden in <strong>der</strong><br />

<strong>Formel</strong> 1. Sein Kontaktnetzwerk reicht weit über<br />

die Grenzen des Paddocks hinaus. So eiste er<br />

Lewis Hamilton von McLaren los und setzte damit<br />

ein wichtiges Zeichen: Mercedes besitzt die Strahlkraft,<br />

um einen <strong>der</strong> besten Fahrer <strong>der</strong> Welt<br />

anzulocken.<br />

2. Rosberg & Hamilton<br />

»Beide sind superstark«, sagt Heinz-Harald Frentzen.<br />

»In diesen Hemisphären ist die Luft sehr<br />

dünn.« Den Grund dafür sieht Toto Wolff in <strong>der</strong><br />

langjährigen Erfahrung bei<strong>der</strong> Fahrer von Kindestagen<br />

an. »Sie sind nicht nervös o<strong>der</strong> zweifeln<br />

an sich. Sie kennen ihre Fähigkeiten«, so Wolff.<br />

»Es ist wie Fahrrad fahren. Wenn wir aufsteigen,<br />

denken wir auch nicht mehr darüber nach, wie es<br />

funktioniert.« Diese Saison ist <strong>der</strong> beste Beweis<br />

dafür: Mit einem siegfähigen Auto steigen Hamilton<br />

und Rosberg ein und gewinnen, als wäre es<br />

das einfachste auf <strong>der</strong> Welt.<br />

Der Mercedes-<br />

Erfolg basiert auf<br />

15 Bausteinen. Wir<br />

erklären, was sie<br />

so schnell macht<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES<br />

3. Werksstatus<br />

Mercedes ist ein reines Werksteam. An<strong>der</strong>s als bei<br />

Ferrari befinden sich Chassis- und Motorenabteilung<br />

allerdings nicht unter einem Dach. Die<br />

Werke in Brackley und Brixworth trennen jedoch<br />

nur knapp 45 km. »Im Jahr 2006 arbeiteten wir<br />

gemeinsam mit McLaren am V8-Motor, jetzt<br />

arbeiten wir mit dem Team in Brackley zusammen«,<br />

verriet Mercedes-Motorenchef Andy<br />

Cowell bei einem Werksbesuch Anfang des vergangenen<br />

Jahres. Bei <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> neuen<br />

Motoren hat das Werksteam die Führungsrolle<br />

übernommen. Der Unterschied ist erheblich: Die<br />

Kundenteams erhalten nur jene Informationen,<br />

die für sie nötig sind - und das auch erst nach <strong>der</strong><br />

Vertragsunterschrift. Diese fand für 2014 recht<br />

spät statt. Demnach waren ihre Autos schon in<br />

einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium<br />

und die ersten wichtigen Entscheidungen bereits<br />

getroffen. Wie entscheidend <strong>der</strong> Unterschied zwischen<br />

Werks- und Kundenteam ist, zeigt das Beispiel<br />

Ferrari und Sauber. Teamchefin Monisha<br />

Kaltenborn verriet dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>: »Es<br />

ist schwierig. Man steht nicht in <strong>der</strong> ersten Reihe<br />

- man muss auf die Daten warten. Als Kundenteam<br />

hat man dadurch einen gewissen<br />

Nachteil.«<br />

4. KERS-Expertise<br />

In <strong>der</strong> Vergangenheit war es schwierig, ohne<br />

KERS schnell zu sein. In dieser Saison ist es<br />

nahezu unmöglich, ohne ERS schnell zu sein.<br />

Kein Wun<strong>der</strong>, dass <strong>der</strong> Klassenprimus des alten<br />

Systems auch beim neuen vorne liegt. Seit den<br />

ersten Entwicklungsschritten 2006 ist das KERS-<br />

Projekt in Brixworth beheimatet. Damals entschied<br />

sich Mercedes dazu, eine eigene Abteilung<br />

aufzubauen und das Know-how intern zu verwalten.<br />

Das führte zu kurzen Wegen und ausgebildeten<br />

Fachkräften im Haus. Der Lohn waren die<br />

besten KER-Systeme <strong>der</strong> ersten beiden Generationen.<br />

Die Fortschritte waren enorm: Das erste<br />

Entwicklungs-KERS wog 2007 mehr als 100 kg,<br />

Ende 2012 waren es nur noch 24 kg. Die Leistungsdichte<br />

wurde um das zwölffache gesteigert.<br />

Das angesammelte Fachwissen ist so groß, dass<br />

Mercedes sogar den Antrieb für den SLS AMG<br />

Electric Drive in Brixworth entwickeln ließ.<br />

5. Entwicklungszeit<br />

Der Grundstein für die Seriensiege wurde bereits<br />

im Jahr 2010 gelegt - noch bevor das Reglement<br />

für die Saison 2014 Mitte 2011 endgültig veröffentlicht<br />

wurde. Dabei flossen von Anfang an<br />

Ideen aus allen Abteilungen in die Konzepte mit<br />

ein. Im PR-Deutsch ist dabei gerne von einem<br />

»komplett integrierten Ansatz« die Rede. Dies war<br />

bei Mercedes wörtlich zu nehmen: Die Arbeit<br />

begann gleichzeitig an beiden Standorten auf<br />

einem leeren Bildschirm. Ein unfairer Vorteil war<br />

dies jedoch nicht, wie Danner anmerkt: »Mercedes<br />

hatte nicht mehr Zeit, um sich auf die Situation<br />

einzustellen. Alle wussten, ab wann das Reglement<br />

steht. Alle, die jetzt schimpfen, waren an <strong>der</strong> Entscheidungsfindung<br />

beteiligt; die Komplexität war<br />

allen bekannt. Die an<strong>der</strong>en haben es<br />

unterschätzt.«<br />

6. Power Unit<br />

»Mercedes hat den besten Motor«, sagt Allan<br />

McNish. Mit dieser Ansicht steht er im Paddock<br />

nicht alleine da. Leistung, Zuverlässigkeit, Effizienz:<br />

<strong>der</strong> neue Antriebsstrang ist <strong>der</strong> Wunsch eines jeden<br />

Teams. Schon bei den Wintertests erzielten die<br />

Mercedes-Teams mit knapp 18.000 Testkilometern<br />

die meisten aller Hersteller - davon konnten die<br />

bemitleidenswerten Renault-Teams nur träumen.<br />

Aber auch die Leistung hat es in sich: Red Bull<br />

beklagte in Malaysia einen Rückstand von 80 PS<br />

und 20 km/h auf <strong>der</strong> Geraden. Einer von vielen<br />

Vorteilen steckt im Layout: Turbo und Kompressor<br />

sind voneinan<strong>der</strong> getrennt und liegen an den jeweiligen<br />

Enden des Motorblocks. Das hilft sowohl bei<br />

<strong>der</strong> Kühlung als auch <strong>der</strong> Leistung.<br />

32 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Das WM-Duell<br />

kann kommen:<br />

Nico Rosberg ist<br />

bereit für den<br />

Kampf<br />

11. Ross Brawn<br />

Ross Brawn erlebt die Erfolge nicht mehr am<br />

Kommandostand. Doch <strong>der</strong> frühere Superstratege<br />

von Michael Schumacher brachte auch bei<br />

Mercedes viele wichtige Bausteine in Position. So<br />

verpflichtete er wertvolle Neuzugänge wie Bob<br />

Bell (<strong>der</strong> das Team im November wie<strong>der</strong> verlassen<br />

wird), Geoff Willis und seinen alten Weggefährten<br />

Aldo Costa. Letzterer war bei Ferrari in Ungnade<br />

gefallen und wurde wie Chris Dyer o<strong>der</strong> Stefano<br />

Domenicali eines <strong>der</strong> vielen Bauernopfer in Rot.<br />

Brawn benötigte nur einen Anruf, um ihn nach<br />

Brackley zu lotsen.<br />

Mercedes hat<br />

sich in vier Jahren<br />

an die Spitze <strong>der</strong><br />

<strong>Formel</strong> 1<br />

katapultiert<br />

12. Personal<br />

Oft wurde Mercedes für seine »fünf Technischen<br />

Direktoren« belächelt. In dieser Saison dürfte den<br />

Kritikern das Lachen vergangen sein. Das Team<br />

wurde aber nicht nur in <strong>der</strong> Spitze verstärkt, auch<br />

die zweite und dritte Reihe wurden aufgestockt. »Wir<br />

haben es geschafft, die richtigen Ingenieure zusammenzustecken<br />

und die richtige Organisation aufzubauen«,<br />

sagt Wolff. Noch gebe es einige Bereiche, in<br />

denen Nachholbedarf bestehe. Aber die nötigen<br />

Schritte und Verpflichtungen wurden bereits eingeleitet.<br />

»So langsam fügt sich eines ins an<strong>der</strong>e«, betont<br />

Wolff. »Das zeigt sich an den Ergebnissen.«<br />

7. Konzernressourcen<br />

Das Team ist bei Problemen nicht auf sich allein<br />

gestellt und kann je<strong>der</strong>zeit auf die Forschungsund<br />

Entwicklungsressourcen des Konzerns<br />

zurückgreifen. So geschehen zu Beginn dieses<br />

Jahres. »Wir hatten ein Kühlungsproblem, das wir<br />

nicht lösen konnten«, verrät Wolff. »Da wussten<br />

selbst unsere schlauesten Ingenieure keine<br />

Lösung. Unsere Kollegen in Stuttgart und Sindelfingen<br />

kannten das Problem jedoch aus <strong>der</strong> Serie<br />

und verschafften uns so einen echten<br />

Wettbewerbsvorteil.«<br />

8. Petronas<br />

Wenn ein in England beheimatetes Team eines<br />

deutschen Automobilherstellers in Malaysia<br />

von einem Heimrennen spricht, führt das<br />

schnell zu Stirnrunzeln und <strong>der</strong> Vermutung<br />

eines Marketinggags. Der malaysische Mineralölkonzern<br />

Petronas ist aber tatsächlich mehr<br />

als nur ein Geldgeber. Parallel zur Entwicklung<br />

von Auto und Motor trieben die Petronas-<br />

Techniker drei Jahre lang die Entwicklung des<br />

Benzins und <strong>der</strong> Schmiermittel voran. Eine <strong>der</strong><br />

Errungenschaften ist ein Öl, das bei niedrigeren<br />

Temperaturen dünn ist und bei höheren dickflüssiger<br />

wird.<br />

9. Windkanal-Update<br />

So gut die Aerodynamiker auch sind, bis Mitte<br />

2012 waren sie gehandicapt: <strong>der</strong> Windkanal des<br />

Teams funktionierte nur mit 50-Prozent-Modellen.<br />

Eine Umrüstung auf 60-Prozent-Modelle war<br />

unumgänglich, um vor allem mit Blick auf die<br />

Reifen repräsentativere Werte zu erhalten. Die<br />

Umstellung for<strong>der</strong>te aber auch ein Opfer: sie legte<br />

den Windkanal für eine Zeit lahm und behin<strong>der</strong>te<br />

damit Fortschritte in <strong>der</strong> laufenden Saison.<br />

10. Rückschläge<br />

Nach vier Jahren mehr o<strong>der</strong> weniger großer Rückschläge<br />

ist Mercedes vom Gespött des Fahrerlagers<br />

zum Dominator aufgestiegen. »Was ihnen<br />

zugute kommt, ist sicherlich, dass sie in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

eines auf die Nüsse bekommen<br />

haben«, sagt Danner. Als Mercedes Ende 2009 das<br />

Weltmeisterteam Brawn GP übernahm, sah man<br />

darin das Teammodell <strong>der</strong> Zukunft: 400 Mitarbeiter<br />

sollten unter <strong>der</strong> geplanten Ressourcen-<br />

Beschränkung ausreichen - doch soweit kam es<br />

nie. »Sicherlich gab es eine schmerzhafte Zeit, die<br />

ich nicht noch einmal erleben möchte«, erinnert<br />

sich Daimler-Boss Dr. Dieter Zetsche. »Aber das<br />

Ergebnis ist nun viel wertvoller, als wenn wir von<br />

Anfang an alles gewonnen hätten.«<br />

13. Toto Wolff<br />

Die Verpflichtung von Wolff war ein weiteres<br />

Puzzleteil auf dem Weg zum Erfolg. Mit Brawn<br />

war zwar ein Teamchef vorhanden, doch war<br />

es Wolff, <strong>der</strong> den Vorstand davon überzeugte,<br />

dass Budget zu erhöhen - zuvor war dieses niedriger<br />

als jenes von Williams, bei denen Wolff<br />

vorher arbeitete. Mittlerweile soll das Budget<br />

200 Millionen Euro betragen und zu 80 Prozent<br />

aus den Einnahmen finanziert werden. Die<br />

Finanzspritze war auch nötig, da Honda allein<br />

vor dem Verkauf des Teams 200 Millionen investierte,<br />

um für die Saison 2009 aufzurüsten.<br />

Während <strong>der</strong> Titelsaison von Brawn GP floss<br />

dann aber gar kein Geld in die Weiterentwicklung<br />

des Autos.<br />

14. Eigenes Risiko<br />

Wolff trat bei Mercedes nicht nur die Nachfolge<br />

von Norbert Haug an. Er übernahm auch 30%<br />

<strong>der</strong> Anteile am <strong>Formel</strong>-1-Team. Wenn es nicht<br />

läuft, verliert er also bares Geld. »Als Mitgesellschafter<br />

habe ich somit einen an<strong>der</strong>en Antrieb,<br />

als wenn ich nur Manager wäre«, erklärt er das<br />

Prinzip.<br />

15. Selbstironie<br />

Bei allem Ernst könnte <strong>der</strong> Schlüssel zum Erfolg<br />

jedoch im Spaß liegen. »Wir lachen sehr viel über<br />

uns selbst«, verrät Wolff. »Wenn man merkt, dass<br />

einem das Ego davonläuft, ist Selbstironie ganz<br />

wichtig, um sich daran zu erinnern, dass das, was<br />

wir hier machen, die unwichtigste Wichtigkeit <strong>der</strong><br />

Welt ist.«<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 33


HEILSBRINGER<br />

AUSGEBREMST<br />

MACHTLOS GEGEN DIE KONKURRENZ VON MERCEDES<br />

UND RED BULL, VOM TEAMKOLLEGEN IN DEN SCHATTEN<br />

GESTELLT. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN VERRÄT, WAS<br />

FERRARI-HEILSBRINGER KIMI RÄIKKÖNEN BISLANG<br />

AUSBREMSTE.<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

34 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 35


»Und dann ist das<br />

Heck einfach<br />

weggeschmiert...«<br />

die Strecke gebracht haben, die funktioniert<br />

haben - am Freitagabend haben wir<br />

die Teile stets wie<strong>der</strong> abgenommen«, nahm<br />

Massa kein Blatt vor den Mund. Und da<br />

wären wir schon beim nächsten Punkt<br />

angekommen...<br />

R<br />

ed is Emotion - diese Plakatwerbung<br />

pflastert den Weg durch<br />

die Häuserschluchten von<br />

Monaco. Am Gesicht von Kimi Räikkönen<br />

lässt sich während <strong>der</strong> Pressekonferenz in<br />

Monaco nur eine Emotion ablesen: Langeweile.<br />

Der Finne hat die Kappe tief ins<br />

Gesicht gezogen, als ob er sich damit vor<br />

den Fragen <strong>der</strong> Journalisten verstecken<br />

könnte. Doch das Gegenteil ist <strong>der</strong> Fall. Die<br />

Journalisten schießen sich noch mehr auf<br />

den Iceman ein. Kein Wun<strong>der</strong> - seit seiner<br />

Rückkehr zu Ferrari wird Räikkönen mit<br />

Argusaugen beobachtet, immerhin erwarteten<br />

viele Experten, dass Räikkönen und<br />

Teamkollege Fernando Alonso den heißesten<br />

Zweikampf des Jahres hinlegen würden.<br />

Doch in den ersten Saisonrennen sah Räikkönen<br />

gegen Alonso blass aus und das lag<br />

nicht nur an seiner finnischen Herkunft.<br />

Waren die Erwartungen an den vermeintlichen<br />

Heilsbringer doch zu groß?<br />

URSACHE 1: DAS TEAM<br />

Ferrari und Kimi Räikkönen - diese Kombination<br />

passte in <strong>der</strong> Vergangenheit nicht<br />

wirklich zusammen. Dem Finnen schnürte<br />

das enge Korsett, in das er vom italienischen<br />

Traditionsrennstall hineingesteckt<br />

wurde, die Luft zum Atmen ab. Der Finne<br />

rebellierte auf seine Art, die Teamchef Stefano<br />

Domenicali zu <strong>der</strong> Aussage veranlasste,<br />

dass Räikkönen auf seinem eigenen<br />

Planeten lebe. 2014 kehrte das einstige<br />

schwarze Schaf nach Maranello zurück.<br />

Neo-Teamchef Marco Mattiacci kommt mit<br />

dem schweigsamen Finnen bisher gut<br />

zurecht. »Je<strong>der</strong> ist an<strong>der</strong>s, also muss man<br />

manchmal die Kommunikation o<strong>der</strong> die<br />

Art und Weise anpassen, wie man mit<br />

jemandem spricht. Ich sehe überhaupt kein<br />

Problem im Umgang mit Kimi. Ganz im<br />

Gegenteil: Es macht Spaß, mit ihm zu<br />

arbeiten«, betont Mattiacci. Dem Iceman<br />

soll <strong>der</strong> Spaß spätestens seit dem Spanien<br />

GP vergangen sein. Hinter den Kulissen<br />

heißt es, Räikkönen werfe Ferrari vor,<br />

Alonso zu bevorzugen. Tatsächlich beor<strong>der</strong>te<br />

das Team Alonso in Barcelona zuerst<br />

an die Box, obwohl Räikkönen zu diesem<br />

Zeitpunkt als Vierter vor seinem Teamkollegen<br />

lag. »Das ist nicht die übliche Herangehensweise«,<br />

bestätigt Martin Brundle.<br />

Das ungeschriebene Gesetz in <strong>der</strong> <strong>Formel</strong><br />

1 lautet, den besser platzierten Fahrer<br />

zuerst an <strong>der</strong> Box abzufertigen. Angesprochen<br />

auf die Gerüchte, gibt sich Räikkönen<br />

gewohnt kühl. »Ich hatte immer wie<strong>der</strong><br />

Probleme, die das Gesamtbild verzerren«,<br />

so <strong>der</strong> Finne. Einer, dem solchen Szene wie<br />

in Barcelona vertraut sind, ist Felipe Massa.<br />

Der Brasilianer musste sein Ferrari-Cockpit<br />

für Räikkönen räumen und scheint<br />

darüber gar nicht mehr so unglücklich zu<br />

sein. Zuletzt konnte er sich einen Seitenhieb<br />

in Richtung seines Ex-Arbeitgebers<br />

nicht verkneifen. Während bei Williams<br />

jedes Update auf Anhieb funktionieren<br />

würde, sei das bei Ferrari nie <strong>der</strong> Fall gewesen.<br />

»Ich kann mich an kein Rennen im<br />

letzten Jahr erinnern, bei dem wir Teile an<br />

URSACHE 2: DAS AUTO<br />

»Zu behaupten, dass das aktuelle Chassis<br />

im Vergleich zu den vergangenen Jahren<br />

eines <strong>der</strong> besseren ist, wäre mehr als höflich.<br />

Lei<strong>der</strong> ist es so, dass wir zu Red Bull<br />

o<strong>der</strong> Mercedes kein vergleichbar gutes<br />

Chassis gebaut haben«, räumte Technikdirektor<br />

James Allison ein. Hinzu kommt,<br />

dass sich das Auto mit dem neuen Brakeby-Wire-System<br />

instabil verhält, was speziell<br />

Kimi Räikkönen schwer zu schaffen<br />

macht. »Wenn man sich Kimis Aussagen<br />

im Funk anhört, merkt man, dass er seit<br />

seinem Comeback sehr sensibel auf die<br />

Servolenkung reagiert. Ich kenne die Kommentare<br />

fast aller Fahrer über das Brake-<br />

»ANSCHEINEND IST DAS<br />

BRAKE-BY-WIRE SEHR<br />

SCHWIERIG ZU ERFÜH-<br />

LEN, WENN DIE BALANCE<br />

NICHT STIMMT. DANN GIBT<br />

ES KEINE VERBINDUNG<br />

ZWISCHEN DEM FUSS DES<br />

FAHRERS UND DEM, WAS<br />

IM AUTO GESCHIEHT.«<br />

JOHNNY HERBERT<br />

Kimi Räikkönen muss<br />

sich erst an den<br />

Ferrari gewöhnen<br />

36 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


RÄIKKÖNEN & FERRARI:<br />

DIE ERFOLGE<br />

Sieg im ersten<br />

Rennen für Ferrari<br />

in Melbourne<br />

Weltmeister! Kimi<br />

feiert den<br />

WM-Titel 2007<br />

Räikkönen liebt<br />

es, die schnellste<br />

Runde zu fahren<br />

1. AUF FANGIOS SPUREN<br />

Australien GP 2007 - das erste Rennen <strong>der</strong> neuen Ferrari-Zeitrechnung.<br />

Kimi Räikkönen setzte bei seinem Debüt in Rot ein Ausrufezeichen:<br />

Nach <strong>der</strong> ersten Ferrari-Pole sicherte sich <strong>der</strong> Finne auch in<br />

beeindrucken<strong>der</strong> Manier den zehnten Sieg seiner Karriere - mit 7,2<br />

Sekunden Vorsprung auf den Zweitplatzieren Fernando Alonso.<br />

Räikkönen war damit <strong>der</strong> erste Ferrari-Pilot seit Nigel Mansell, <strong>der</strong><br />

bei seinem ersten Rennen für die Scu<strong>der</strong>ia auf dem Siegerpodest<br />

stand und <strong>der</strong> erste Fahrer seit Juan Manuel Fangio 1965, <strong>der</strong> das<br />

Rennen auch noch von Startplatz eins gewann.<br />

2. AUSSENSEITER SIEGT<br />

Wie übertrumpft man einen perfekten Einstand? Ganz einfach:<br />

man gewinnt in seinem ersten Jahr in einem neuen Team die Weltmeisterschaft.<br />

Mit Außenseiterchancen ging Räikkönen in das letzte<br />

Rennen <strong>der</strong> Saison in Brasilien. Bei einem Sieg des Finnen hätte<br />

seinen Gegnern Lewis Hamilton und Fernando Alonso ein fünfter<br />

bzw. zweiter Platz genügt, um die WM für sich zu entscheiden - doch<br />

keinem <strong>der</strong> beiden gelang das benötigte Resultat. Räikkönen krönte<br />

sich mit einem Punkt Vorsprung zum Champion.<br />

3. SCHNELLSTES LEBEWESEN<br />

»Das schnellste Lebewesen auf vier Rä<strong>der</strong>n« - so beschrieb Gerhard<br />

Berger einst Kimi Räikkönen. Wie schnell <strong>der</strong> Finne tatsächlich ist,<br />

zeigt die Statistik aus seiner zweiten Ferrari-Saison. In 18 Grands<br />

Prix fuhr Räikkönen nicht weniger als zehn Mal die schnellste Rennrunde.<br />

Bis heute führt er den Rekord <strong>der</strong> schnellsten Rennrunden<br />

innerhalb einer Saison gemeinsam mit Michael Schumacher an. Im<br />

Gegensatz zum siebenfachen Champion gelang Räikkönen dieses<br />

Kunststück sogar zwei Mal - schon 2005 fuhr er im McLaren zehn<br />

Mal die schnellste Rennrunde.<br />

Räikkönen zog im<br />

Duell mit Alonso<br />

bislang den Kürzeren<br />

Der Iceman<br />

lässt sich nicht<br />

unterkriegen<br />

by-Wire. Anscheinend ist es sehr schwierig<br />

zu erfühlen, wenn die Balance nicht<br />

stimmt. Dann gibt es keine Verbindung<br />

zwischen dem Fuß des Fahrers und dem,<br />

was im Auto geschieht«, verrät Johnny Herbert<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Für Marc<br />

Surer hat Räikkönen mit den gleichen Problemen<br />

wie sein Kumpel Sebastian Vettel<br />

zu kämpfen. »Sie zählen zu jenen Fahrern,<br />

die die Angewohnheit hatten, in die Kurve<br />

hinein zu bremsen. Genau diese Fahrer<br />

haben jetzt größere Probleme. Fahrer, die<br />

das Auto einfach so zusammengebremst<br />

und dann in die Kurve eingelenkt haben,<br />

haben weniger Probleme«, erklärt Surer<br />

die Problematik. Doch gegen die starke<br />

Konkurrenz von Mercedes, Red Bull o<strong>der</strong><br />

eben teamintern gegen Fernando Alonso<br />

kann Räikkönen nur bestehen, wenn das<br />

Gefühl im Auto zu 100 Prozent stimmt. →<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 37


Nicht schnell<br />

genug: <strong>der</strong> neue<br />

Ferrari F14T<br />

Abgesehen von <strong>der</strong> Traktion des Autos<br />

sowie dem Bremssystem machen dem<br />

Finnen auch die Pirelli-Reifen zu schaffen.<br />

»Für mich sind die Reifen dieses Jahr<br />

extrem tricky. Ich weiß nicht, ob es an mir<br />

o<strong>der</strong> dem Auto liegt, aber es ist für mich<br />

verdammt schwierig, das volle Potenzial<br />

aus den Reifen herauszuholen«, erklärt <strong>der</strong><br />

Finne. Für die Kritiker des Iceman haben<br />

längst dessen Schicksalsrennen bei Ferrari<br />

begonnen. »Das ist lächerlich«, meint hingegen<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>-Experte Christian<br />

Danner. »Kimi war mit dem Auto<br />

nicht ganz zufrieden, aber Ferrari hat das<br />

jetzt einigermaßen im Griff. Kimi darf man<br />

nie unterschätzen. Er hat etwas, was die<br />

an<strong>der</strong>en nicht haben - das kommt vielleicht<br />

im Qualifying nicht zum Tragen, aber definitiv<br />

im Rennen.«<br />

URSACHE 3: DER TEAMKOLLEGE<br />

Nach sechs Rennen hatte Fernando Alonso<br />

bereits drei Mal so viele Punkte wie Kimi<br />

Räikkönen auf seinem WM-Konto zu<br />

Buche stehen. Die explosive Ferrari-Fahrerpaarung<br />

von <strong>der</strong> zu Saisonbeginn sämtliche<br />

Schlagzeilen handelten, ist angesichts<br />

des lahmen Dienstwagens verpufft. We<strong>der</strong><br />

Alonso noch Räikkönen können ein Wörtchen<br />

um den Sieg mitreden, doch zumindest<br />

Alonso scheint die wi<strong>der</strong>spenstige rote<br />

Göttin ab und zu zähmen zu können. »Der<br />

Ferrari ist mit Sicherheit nicht einfach zu<br />

fahren und offensichtlich kommt Fernando<br />

mit einem schlechten Auto besser klar als<br />

Kimi«, sagt Marc Surer dem <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>. Im Verlauf <strong>der</strong> Saison rechnet er<br />

aber damit, dass Räikkönen seine Probleme<br />

mit dem F14T in den Griff bekommt und<br />

das Duell zwischen dem Ferrari-Duo an<br />

Hitze gewinnt. »Trotzdem sehe ich über<br />

die Saison hinweg Alonso vor Kimi. Er ist<br />

einfach sehr, sehr gut«, streute Surer dem<br />

Spanier Rosen. Für den Ex-Rennfahrer<br />

zählt Alonso zu den komplettesten Fahrern<br />

im Feld, was das Leben von Räikkönen<br />

nicht einfacher macht. Laut Johnny Herbert<br />

hat Räikkönen durchaus den Speed,<br />

um Alonso herauszufor<strong>der</strong>n, allerdings hat<br />

<strong>der</strong> Spanier eine entscheidende Trumpfkarte<br />

in <strong>der</strong> Hand - seine Konstanz. »Diese<br />

Konstanz bringt Fernando immer in die<br />

Position, doch noch einen Podestplatz<br />

herauszuholen, auch wenn das Auto dieses<br />

Ergebnis nicht hergibt. Das hat er im vorletzten<br />

Jahr schon gezeigt: er ist immer<br />

wie<strong>der</strong> mit einer fantastischen ersten<br />

Runde nach vorne geprescht. Fernando<br />

startet verdammt gut und so gleicht er<br />

seine schlechteren Startplätze aus. Das ist<br />

Fernandos Spezialität«, sagt Herbert dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. In seiner Zeit bei<br />

Lotus habe Räikkönen dieselbe Konstanz<br />

gegenüber seinem damaligen Teamkollegen<br />

Romain Grosjean an den Tag gelegt.<br />

»Wir haben es nur noch nicht bei Ferrari<br />

gesehen«, so Herbert. Ferrari-Technikdirektor<br />

James Allison plädiert dafür, dem<br />

38 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI<br />

RÄIKKÖNEN & FERRARI:<br />

DIE TIEFSCHLÄGE<br />

Bloß raus hier.<br />

Wenn Lewis Kimi<br />

zu nahe kommt...<br />

1. ROT HEISST STOPP<br />

»Das Wetter kann sich rasch än<strong>der</strong>n, manchmal funktionieren die Reifen nicht optimal,<br />

manchmal gibt es viele Safety-Car-Einsätze, o<strong>der</strong> manchmal fährt ein an<strong>der</strong>er Fahrer in<br />

dich rein, wenn du an <strong>der</strong> roten Ampel wartest.« Räikkönen hat den Großen Preis von<br />

Kanada 2008 nicht vergessen. Es kommt ja auch nicht alle Tage vor, dass <strong>der</strong> amtierende<br />

Vizeweltmeister dem amtierenden Weltmeister ins Heck kracht, während dieser an einer<br />

roten Ampel am Boxenausgang steht und darauf wartet, dass die Rennleitung die Ausfahrt<br />

freigibt. Für Räikkönen, <strong>der</strong> bis zu diesem Zeitpunkt auf Rang drei lag, war das Rennen<br />

damit unverschuldet zu Ende.<br />

2. SCHALL & RAUCH<br />

Rauchzeichen:<br />

Vorzeitiges Ende<br />

in Valencia 2008<br />

»Jetzt hol ich mir<br />

ein Eis...«<br />

»Es ist noch ein langer Weg zu gehen«, sagte sich Räikkönen nach dem Motorschaden in<br />

Valencia. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Doch die Realität sah an<strong>der</strong>s aus - nach dem<br />

Europa GP hatte er nicht nur 13 Punkte Rückstand auf WM-Spitzenreiter Hamilton, er war<br />

auch schon seit acht Rennen ohne Sieg. Das lag aber nicht nur an Räikkönens Leistungen,<br />

son<strong>der</strong>n auch an Ferrari. Ehe sich <strong>der</strong> WM-Traum des Iceman in Valencia spektakulär in Rauch<br />

auflöste, patzte sein Team beim zweiten Boxenstopp. Als er losfuhr, steckte immer noch <strong>der</strong><br />

Tankrüssel. Ein Mechaniker wurde dabei zu Boden gerissen und musste ins Krankenhaus.<br />

Finnen noch mehr Zeit zu geben. »Es<br />

stimmt, dass Kimi im Moment etwas langsamer<br />

ist als Fernando, aber diese Lücke<br />

wird kleiner. Es gilt, ihm einfach noch<br />

etwas Zeit zu geben.«<br />

URSACHE 4: DAS REGLEMENT<br />

Wie schnell sich die Dinge än<strong>der</strong>n können.<br />

2012 schwärmten Fans sowie Kritiker wie<br />

schnell und gut Kimi Räikkönen mit all den<br />

Neuerungen bei seinem Comeback im Vergleich<br />

zu Michael Schumacher zurechtkam.<br />

Zwei Jahre später beschert ihm ein an<strong>der</strong>es<br />

Reglement sehr viel mehr Ärger. »So gerne<br />

je<strong>der</strong> vom Iceman spricht, den nichts beeinträchtigt,<br />

so muss man jetzt eingestehen,<br />

dass ihn gewisse Dinge doch beeinträchtigen«,<br />

sagt Johnny Herbert dem <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>. Für Marc Surer liegt auf <strong>der</strong> Hand,<br />

warum <strong>der</strong> Finne 2012 weit weniger Probleme<br />

hatte als <strong>der</strong> siebenfache <strong>Formel</strong>-<br />

1-Champion. »Der Lotus hat direkt zu seinem<br />

Fahrstil gepasst. Aber jetzt haben wir<br />

eine völlig neue Technik und die scheint ihm<br />

weniger zu liegen«, betont Surer. Die neuen<br />

Turboautos erzeugen viel mehr Drehmoment<br />

als <strong>der</strong>en Vorgänger, verfügen aber<br />

über deutlich weniger Grip. Die Fahrer können<br />

daher nicht mehr so aggressiv mit den<br />

Autos umgehen wie es in den Jahren zuvor<br />

noch möglich gewesen ist. »Die Probleme<br />

von Kimi liegen sehr viel am neuen Reglement«,<br />

bestätigt Ferrari-Technikdirektor<br />

James Allison gegenüber dem <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>. Es sei allerdings unfair, davon zu<br />

sprechen, dass Räikkönen mehr leide als<br />

Alonso. »Es stimmt nicht, dass Kimi mit<br />

dem Ferrari mehr zu kämpfen hat als<br />

Fernando«, sagt Allison. »Beide geben ein<br />

ähnliches Feedback über das Auto ab. Ich<br />

denke, dass es generell für die Fahrer nicht<br />

einfach ist.«<br />

Zu langsam? Egal,<br />

Sonnenbrille auf<br />

und durch!<br />

3. EISMANN<br />

Eine Zechtour im Gorilla-Kostüm, ein Sturz kopfüber von einer Yacht - Kimi Räikkönen sorgte<br />

mit seinen Aktionen des Öfteren für Kopfschütteln. Doch gegen die Schlagzeilen, die nach<br />

dem Malaysia GP 2008 folgten, war alles an<strong>der</strong>e Kin<strong>der</strong>kram. Aufgrund <strong>der</strong> Regenfälle hatte<br />

die Rennleitung den Grand Prix nach 31 Runden abgebrochen. Während alle an<strong>der</strong>en Piloten<br />

brav in ihren Boliden sitzen blieben und abwarteten, ob das Rennen neu gestartet werden<br />

würde, schleckte Räikkönen in <strong>der</strong> Ferrari-Box gemütlich ein Eis. Für seine Kritiker, die ihm<br />

stets unprofessionelles Verhalten und Gleichgültigkeit vorwarfen, ein gefundenes Fressen.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 39


FOTOS: MCLAREN<br />

40 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


GUTIST NICHT TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

GUT<br />

GENUG<br />

NACH DEM AUSTRALIEN GP SCHIEN BEI MCLAREN DIE WENDE EINGELÄUTET, DOCH ES BLIEB<br />

BISLANG BEI EINEM ONE-HIT-WONDER. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN VERRÄT, WAS BEIM<br />

BRITISCHEN TRADITIONSRENNSTALL SCHIEF LÄUFT UND WELCH TIEFGREIFENDER SCHNITT<br />

NOTWENDIG IST, UM DIE PROBLEME ZU BEHEBEN.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 41


»JETZT STAGNIEREN SIE. SCHNELLER SIND SIE EINFACH NICHT, AUCH WENN<br />

MCLAREN EIGENTLICH VON DER KONSTRUKTION HER EIN TEAM IST,<br />

DAS WEITER VORNE SEIN MÜSSTE.« CHRISTIAN DANNER<br />

Der neue Chompfeil<br />

entspricht nicht <strong>der</strong><br />

McLaren-Vorstellung<br />

Kevin Magnussen:<br />

Starker Einstand,<br />

schwierige Zeit<br />

danach<br />

Die Jungs bei<br />

McLaren müssen<br />

alle anpacken<br />

D<br />

er Erfolg war lange Jahre McLarens‘<br />

ständiger Begleiter. Seit seinem<br />

ersten Grand Prix 1966 in<br />

Monaco gewann <strong>der</strong> britische Traditionsrennstall<br />

zwölf Fahrer- und acht Konstrukteurstitel.<br />

In 182 Rennen trank ein McLaren-Pilot<br />

den Siegerchampagner, 155 Mal stand ein<br />

McLaren auf <strong>der</strong> Pole Position. Doch nach Lewis<br />

Hamiltons Titeltriumph vor fünfeinhalb Jahren<br />

kam kein weiterer hinzu. Nach <strong>der</strong> Saison 2013<br />

war die Misere von McLaren nicht mehr schön<br />

zu reden. Der Rennstall beendete die Saison auf<br />

Rang fünf, 465 Punkte hinter dem Weltmeisterteam<br />

Red Bull - <strong>der</strong> einstige Titelkandidat war<br />

endgültig zur Lachnummer verkommen.<br />

Rückblick: 16. März 2014, Australien. Mit den<br />

Plätzen zwei und drei von Rookie Kevin Magnussen<br />

und Routinier Jenson Button gelang McLaren<br />

beim Auftakt im Albert Park eine kleine Sensation,<br />

bis dato blieb es jedoch das einzige ‚Wun<strong>der</strong>‘.<br />

»Der Saisonstart war Zufall, das kommt in Australien<br />

vor«, erklärt <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>-Experte<br />

Christian Danner. »Jetzt stagnieren sie. Schneller<br />

sind sie einfach nicht, auch wenn McLaren eigentlich<br />

von <strong>der</strong> Konstruktion her ein Team ist, das<br />

weiter vorne sein müsste.« Auf den ersten Blick<br />

hat McLaren tatsächlich alles, was es braucht, um<br />

erfolgreich zu sein. Doch wer in die Materie tiefer<br />

eintaucht, <strong>der</strong> erkennt schnell, dass die Misere<br />

nicht von irgendwoher kommt. Ein gutes Budget,<br />

eine gute Mannschaft und zwei gute Fahrer - doch<br />

gut ist nicht gut genug. Nach dem Seuchenjahr<br />

im Vorjahr teilte Managementdirektor Jonathan<br />

Neale Anfang des Jahres mit, dass McLaren 2014<br />

ein größeres Budget zur Verfügung stehen werde<br />

als in allen Jahren zuvor. So sollen die Aktionäre<br />

des Teams auf ihren Profit verzichtet haben, allerdings<br />

mit <strong>der</strong> Bedingung, dass es im Team vorwärts<br />

geht - eine Bedingung, die bisher unerfüllt<br />

blieb. Noch immer steht McLaren ohne<br />

Hauptsponsor da und auch ein angeblicher Sponsor<br />

aus China ist bisher nichts weiter als ein<br />

Gerücht. Hinter den Kulissen heißt es, dass Ron<br />

Dennis vom Vorstand eine Frist bis Jahresende<br />

gesetzt wurde. Bis dahin muss <strong>der</strong> verwöhnte<br />

Erfolgsmensch auch Erfolge vorweisen, ansonsten<br />

gilt seine Rückkehr als gescheitert.<br />

Am besten lockt man Sponsoren mit Erfolgen an.<br />

Mit dem aktuellen Auto sind diese allerdings<br />

kaum einzufahren. »Bei den Testfahrten sah<br />

McLaren sehr stark aus, aber in den Rennen konnten<br />

sie die Performance nicht auf die Strecke bringen.<br />

Ich bin überrascht, dass sie uns nicht mehr<br />

for<strong>der</strong>n können, schließlich haben sie die gleiche<br />

Power Unit. Stattdessen scheinen sie einen Schritt<br />

zurück gemacht zu haben«, gab Mercedes-<strong>Motorsport</strong>chef<br />

Toto Wolff zu Protokoll. Mit <strong>der</strong> Power<br />

Unit von Mercedes-Benz befindet sich tatsächlich<br />

das stärkste Paket im Heck des MP4-29, allerdings<br />

kommt <strong>der</strong> Motorenvorteil als Kundenteam weit<br />

weniger zum Tragen als in den guten alten Zeiten<br />

von McLaren-Mercedes. Damals war die Mannschaft<br />

aus Woking noch die Nummer 1 im Hause<br />

Mercedes, jetzt spielt das Werksteam die erste<br />

Geige. Fakt ist aber auch, dass das aktuelle Auto<br />

von McLaren einfach nicht gut genug ist. »Der<br />

Erfolg liegt nicht am Budget eines Teams, son<strong>der</strong>n<br />

an den Leuten und <strong>der</strong>en Fähigkeiten. Es geht um<br />

die Fertigkeiten des Teams, <strong>der</strong> Fahrer und wie es<br />

die Teamführung schafft, mit den bestehenden<br />

Ressourcen die nötigen Ergebnisse einzufahren«,<br />

sagt Red Bull-Teamchef Christian Horner.<br />

Adrian Newey, Paddy Lowe, Lewis Hamilton - sie<br />

42 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


McLaren ist in fast<br />

allen Belangen<br />

gut, aber eben<br />

nicht exzellent<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MCLAREN<br />

Jenson Button<br />

fährt auch um<br />

seine Zukunft<br />

Wie kommen wir<br />

da nur wie<strong>der</strong><br />

heraus?<br />

alle haben entwe<strong>der</strong> schon vor einigen Jahren o<strong>der</strong><br />

erst kürzlich McLaren in Richtung eines an<strong>der</strong>en<br />

Teams verlassen. »Es sieht nur so aus, als würde<br />

es bei Ferrari und McLaren Kontinuität geben«,<br />

erklärt Alain Prost. Der ehemalige McLaren-Pilot<br />

sieht gerade in den Abgängen wichtiger Personen<br />

wie Rory Byrne, Michael Schumacher und Adrian<br />

Newey den Absturz <strong>der</strong> traditionsschwangeren<br />

Rennställe wie McLaren und Ferrari begründet.<br />

Ihre Nachfolger waren zwar schnell gefunden,<br />

doch die Qualität <strong>der</strong>er darf im Hinblick auf die<br />

allerhöchsten Ansprüche durchaus in Frage<br />

gestellt werden. Sie sind sicher gut, aber sind sie<br />

sehr gut o<strong>der</strong> gar exzellent? Blickt man auf die<br />

Schwächen des aktuellen Autos, erwiesen sich die<br />

Fußstapfen von Paddy Lowe für Neo-Technikdirektor<br />

Tim Goss vielleicht als zu groß. Somit ist<br />

es kein Wun<strong>der</strong>, dass McLaren zuletzt alles versuchte,<br />

um Aerodynamiker Dan Fallows nicht<br />

wie<strong>der</strong> an Red Bull zu verlieren - doch <strong>der</strong> Kampf<br />

scheint aussichtslos. Zumindest im Fall von Peter<br />

Prodromou scheint alles geregelt zu sein. Der<br />

ehemalige Red-Bull-Chefaerodynamiker wird mit<br />

Anfang des nächsten Jahres seine Arbeit bei<br />

McLaren aufnehmen. Trotz <strong>der</strong> personellen Querelen<br />

im Hintergrund soll die Atmosphäre in<br />

Woking seit <strong>der</strong> Ankunft von Eric Boullier wie<strong>der</strong><br />

stimmen. »Die Atmosphäre hat sich definitiv<br />

geän<strong>der</strong>t«, bestätigt Jenson Button. »Das letzte<br />

Jahr war unglaublich schmerzhaft für uns. Es<br />

mussten Entscheidungen getroffen und Än<strong>der</strong>ungen<br />

vorgenommen werden. Das ist geschehen<br />

und die Reaktion, die das im Team ausgelöst hat,<br />

ist zu sehen. Alle im Team, Ingenieure und<br />

Mechaniker, sehen positiv in die Zukunft. Ich<br />

kann also nur sagen, dass ich froh über die Än<strong>der</strong>ungen<br />

bin und vor allem über jene, die Eric vorgenommen<br />

hat, seit er bei uns ist.«<br />

Seit Anfang des Jahres leitet <strong>der</strong> frühere Lotus-<br />

Teamchef die Geschicke des Teams, natürlich stets<br />

unter dem wachsamen Auge von Ron Dennis.<br />

»Als Team machen wir definitiv Fortschritte. Wir<br />

alle im Team fühlen uns wie eine große Familie«,<br />

betont Button. Für ihn steht fest: McLaren wird<br />

wie<strong>der</strong> Rennen gewinnen. Doch fraglich ist, ob<br />

er dann noch ein Teil des Teams sein wird, denn<br />

auch seine Personalie ist nicht unumstritten. Seine<br />

fahrerischen Qualitäten konnten den Weggang<br />

eines Fahrerkalibers wie Lewis Hamilton nicht<br />

kompensieren. Stattdessen scheint McLaren mit<br />

Button und Eigengewächs Kevin Magnussen nur<br />

mit eineinhalb Mann gegen die starken Fahrerpaarungen<br />

von Mercedes, Red Bull und Ferrari<br />

anzutreten. »Magnussen ist ein ordentlicher Kerl,<br />

aber er ist schwer einzuschätzen. Vielleicht ist er<br />

die absolute Zukunft und <strong>der</strong> Champion überhaupt.<br />

Aber ich weiß es nicht«, gibt Danner zu.<br />

Feststeht, gut ist in <strong>der</strong> aktuellen <strong>Formel</strong> 1 eben<br />

nicht gut genug - schon gar nicht, wenn McLaren<br />

die hohen Ansprüche von Ron Dennis erfüllen<br />

will. »Wir sind nicht hier, um Zweiter o<strong>der</strong> Dritter<br />

zu werden«, betonte er nach dem Überraschungsauftakt<br />

in Melbourne. »Wir sind erst zufrieden,<br />

wenn wir gewinnen. Und das werden wir.«<br />

Doch auch Dennis hat längst erkannt, dass seine<br />

Aussagen angesichts <strong>der</strong> Mercedes-Dominanz<br />

und <strong>der</strong> eigenen, enttäuschenden Performance<br />

lachhaft wirken und so schwenkte <strong>der</strong> Big-Boss<br />

seinen Blick zuletzt immer öfter in Richtung 2015.<br />

Dort wartet mit dem Einstieg von Honda <strong>der</strong> vermutlich<br />

letzte Rettungsanker des Teams. Ausgerechnet<br />

Dennis brachte zuletzt auch Fernando<br />

Alonso ins Spiel. Als Ablenkung von <strong>der</strong> Misere<br />

o<strong>der</strong> doch als einen ernstgemeinten Kandidaten?<br />

Christian Danner findet es so o<strong>der</strong> so interessant:<br />

»In letzter Instanz fragt man sich, was würde<br />

Alonso in so einem Auto erreichen? Wäre er in<br />

einem McLaren weiter vorne als im Ferrari? O<strong>der</strong><br />

wäre <strong>der</strong> McLaren dann so weit vorne wie jetzt<br />

<strong>der</strong> Ferrari mit Alonso?«<br />

Ein neuer Motorenpartner, ein neuer Top-Fahrer<br />

- damit würde McLaren nach Ansicht von Alain<br />

Prost sich in die richtige Richtung bewegen. Laut<br />

dem vierfachen Champion haben die alten Traditionsrennställe<br />

lang genug den Fehler begangenen,<br />

auf alten Wegen zu bleiben und sich Neuem<br />

gegenüber zu verschließen. »Als Red Bull kam,<br />

waren sie eine Marketingplattform, aber sie hatten<br />

einen Plan, eine Strategie und auch Mercedes<br />

hatte einen Plan. Das konnte man in den letzten<br />

zwei, drei Jahren deutlich sehen. McLaren hat<br />

auch einen Plan, aber <strong>der</strong> sieht wie in all den Jahren<br />

zuvor aus. Manchmal muss man Dinge allerdings<br />

an<strong>der</strong>s machen, einen Schnitt wagen«,<br />

betont Prost - und Boullier stimmt seinem Landsmann<br />

überaschen<strong>der</strong>weise zu. »Das ist genau das,<br />

was ich seit meinen Anfängen hier im Team<br />

versuche.«<br />

Der Zeitpunkt für besagten Schnitt wäre perfekt.<br />

Zudem hätte Boullier die besten Verbindungen,<br />

um einen weiteren starken Mann ins Boot zu<br />

holen, einen Fahrer mit Perspektive: Romain<br />

Grosjean. »Wer noch nicht gemerkt hat, dass<br />

Grosjean speziell ist, dem kann ich auch nicht<br />

mehr helfen«, sagt Danner. Für den <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>-Experten wäre <strong>der</strong> Franzose die perfekte<br />

Wahl für jedes Topteam. »Grosjean überzeugt<br />

mich mit seiner klaren Fokussierung, die er in<br />

diesen schwierigen Tagen bei Lotus zeigt, wie er<br />

das Team motiviert, nicht nur rummotzt, wie das<br />

<strong>der</strong> eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Fahrer in so einer Situation<br />

machen würde. Da sage ich: Hut ab. Ein großer<br />

Fahrer muss auch durch den Dreck gehen können«,<br />

so Danner. Mit Motorenpartner Honda und<br />

<strong>der</strong> Fahrerpaarung Alonso/Grosjean wären<br />

McLaren die Schlagzeilen sicher. Das könnte<br />

genau jener tiefgreifende Schnitt sein, den das<br />

Team braucht, um endgültig wie<strong>der</strong> in die Riege<br />

<strong>der</strong> erfolgreichen Traditionsrennställe<br />

aufzusteigen.<br />

→<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 43


Problemkind im<br />

Heck: Der RB10<br />

hat noch<br />

44 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

SICHER KEINE EINTAGSFLIEGE<br />

WAS FÜR EIN DEBÜT! PLATZ ZWEI BEIM FORMEL-1-DEBÜT. VERGLEICHE MIT LEWIS HAMILTON.<br />

KEVIN MAGNUSSEN WAR IN AUSTRALIEN DER VIEL UMJUBELTE HELD. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN<br />

TRAF DEN NEWCOMER, UM ÜBER DEN KOMETENHAFTEN AUFSTIEG UND DIE FLAUTE DANACH<br />

ZU SPRECHEN...<br />

MSM: Du bist bei deinem Debüt in Australien direkt aufs Podium gefahren.<br />

Wie schwierig war es für dich, danach weniger gute Ergebnisse<br />

einzufahren?<br />

KEVIN MAGNUSSEN: Es war ganz sicher keine Eintagsfliege. Ich werde<br />

garantiert wie<strong>der</strong> aufs Podium fahren. Wenn nicht in diesem Jahr, dann eben<br />

in <strong>der</strong> Zukunft. Aber ich werde es wie<strong>der</strong> schaffen. Man muss positiv denken<br />

und weiter kämpfen. Unsere Situation ist nun einmal so. Der Podestplatz<br />

war kein Schock für mich. Ich gehe in jedes Rennen mit <strong>der</strong> Erwartung, ein<br />

gutes Ergebnis einzufahren. Es war aber überraschend, dass es mir direkt in<br />

Melbourne gelungen ist. Derzeit denke ich aber nicht mehr an Australien.<br />

Nach diesem starken Auftakt herrschte ein riesiger Hype um dich. Viele<br />

Experten bezeichneten dich als den neuen Lewis Hamilton. Wie schwierig<br />

war es, mit all dieser Aufmerksamkeit umzugehen?<br />

Das Schwierigste ist <strong>der</strong> Umgang mit deinen eigenen Erwartungen. Mir war<br />

bereits in Melbourne klar, dass wir dieses Ergebnis nicht sofort würden<br />

wie<strong>der</strong>holen können. Dennoch war es schwierig zu akzeptieren, dass wir in<br />

Malaysia und Bahrain nicht die Pace hatten. Es hat einige Zeit gedauert, das<br />

einzusehen. Wir müssen einfach alles geben und weiter kämpfen, um wie<strong>der</strong><br />

zurück an die Spitze zu gelangen.<br />

Finnen haben eine lange und erfolgreiche Tradition in <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> 1. Auch<br />

Dänemark hat einige sehr gute Rennfahrer hervorgebracht. Uns fehlen vielleicht<br />

die großen Erfolge in <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> 1, aber in Le Mans o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Sportwagenserien gibt es viele dänische Fahrer. Für mich war meine Nationalität<br />

kein Hin<strong>der</strong>nis.<br />

Liegt das daran, dass dir dein Vater geholfen hat?<br />

Nein, das hat mit ihm nichts zu tun. Ich war hier schon immer Teil eines sehr<br />

guten Teams und hatte wirklich gute Leute um mich herum. Außerdem habe<br />

ich stets an mich geglaubt.<br />

Wie groß ist das Interesse an <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> 1 in Dänemark?<br />

Mit einem dänischen Fahrer wird das Interesse natürlich stetig größer. Meine<br />

Landsleute wollen jetzt wissen, wie ich mich schlage. Aber die <strong>Formel</strong> 1 wurde<br />

bei uns schon immer im Fernsehen übertragen. Ich denke, die <strong>Formel</strong> 1 ist<br />

überall auf <strong>der</strong> Welt eine große Sache. Ich hatte selbst nie einen Lieblingsfahrer.<br />

Ich habe die <strong>Formel</strong> 1 schon immer mit den Augen eines Profis gesehen, ich<br />

habe sie nie als Fan verfolgt. Natürlich bin ich <strong>Formel</strong>-1-Fan, aber ich weiß, dass<br />

Rennfahrer Profisportler sind.<br />

Wie würdest du die aktuelle Situation bei McLaren beurteilen?<br />

Hinter uns liegt eine sehr schwierige Saison. Das Team hat im vergangenen<br />

Jahr bis zum Ende weiterentwickelt, um das Auto zu verbessern. Nun fehlt<br />

es unserem aktuellen Auto etwas an Abtrieb. Es ist aber ein gutes Auto. Wir<br />

brauchen nur mehr Downforce. Mir ist klar, dass das von außen schwer zu<br />

beurteilen ist, aber als Teil des Teams kann ich die Fortschritte spüren.<br />

Wie groß ist die Herausfor<strong>der</strong>ung für einen Rookie wie dich, bei einem<br />

Topteam wie McLaren einzusteigen?<br />

In meinen Augen ist es keine größere Herausfor<strong>der</strong>ung, für ein großes Team<br />

zu fahren. Normalerweise hast du bei einem <strong>der</strong> größeren Teams auch automatisch<br />

ein schnelleres Auto. Für mich ist es einfach klasse, bei McLaren zu<br />

fahren, weil ich das Team in- und auswendig kenne. Sie besitzen so viel<br />

Fachwissen und Erfahrung, viel mehr als ein kleines Team.<br />

Ich habe in Malaysia mit deinem Vater gesprochen und er sagte mir, dass<br />

McLaren für dich genau das richtige Team zu diesem Zeitpunkt in deiner<br />

Karriere sei...<br />

Absolut. Es ist definitiv das richtige Team. Ich bin mit <strong>der</strong> Mannschaft aufgewachsen<br />

und kenne die Leute hier. Wichtig ist, dass ich ihnen vertraue<br />

und umgekehrt auch sie mir. McLaren ist wirklich das beste Team für mich.<br />

Ist es für dänische Rennfahrer schwieriger, in die <strong>Formel</strong> 1 zu kommen, weil es<br />

dort nur sehr wenige erfolgreiche Piloten gegeben hat?<br />

Unser Land hat fünf Millionen Einwohner, ähnlich wie Finnland, aber die<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MCLAREN<br />

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SCHNELLE<br />

GRINSEKATZE<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & STEPHAN HEUBLEIN<br />

LACHEND ZUM ERFOLG: DANIEL RICCIARDO GELINGT DAS SCHIER UNDENKBARE -<br />

ER STELLT SEINEN ÜBERLEGEN GEGLAUBTEN TEAMKOLLEGEN SEBASTIAN VETTEL<br />

REGELMÄSSIG IN DEN SCHATTEN. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN VERRÄT, WELCHE<br />

GEHEIMWAFFEN DER MANN AUS DOWNUNDER NEBEN SEINEM ANSTECKENDEN<br />

LÄCHELN NOCH BESITZT.<br />

46 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 47<br />

FOTOS: RED BULL


2.<br />

September 2013. Ein dunkler, sternenloser<br />

Nachthimmel thront über Salzburg.<br />

Nur einige behelfsmäßig aufgebaute<br />

Scheinwerfer erhellen den Vorplatz des<br />

Hangar 7. Wie in einem Krimi bahnt sich ein<br />

schwarzer Infiniti gemächlich seinen Weg in Richtung<br />

Eingang. Hinter den getönten Scheiben versteckt<br />

sich <strong>der</strong> neue Teamkollege von Serienchampion<br />

Sebastian Vettel. Die hintere Tür schwingt auf<br />

und ein nur allzu bekanntes, entwaffnendes<br />

Lächeln kommt zum Vorschein. Das Australierwechsel-dich-Spielchen<br />

hat ein Ende: Daniel Ricciardo<br />

wird Nachfolger von Mark Webber bei Red<br />

Bull. Der Wechsel des Australiers vom kleinen<br />

Bru<strong>der</strong> Toro Rosso ins Weltmeisterteam von Red<br />

Bull Racing stellt für <strong>Formel</strong>-1-Insi<strong>der</strong> keine große<br />

Überraschung dar, die Vertragslaufzeit von nicht<br />

weniger als drei Jahren hingegen schon. Denn bis<br />

zu diesem Zeitpunkt war eine wichtige Frage noch<br />

unbeantwortet: Wie gut ist dieser Daniel Ricciardo<br />

wirklich?<br />

25. Mai 2014. Mit einem breiten Grinsen nimmt<br />

Ricciardo den Pokal für den dritten Platz von Fürst<br />

Albert von Monaco entgegen und überstrahlt mit<br />

seinem Lächeln selbst Sieger Nico Rosberg. Sebastian<br />

Vettel ist das Lachen hingegen längst vergangen,<br />

mal wie<strong>der</strong> ließ ihn die Technik im Stich<br />

und mal wie<strong>der</strong> stahl ihm sein neuer Teamkollege<br />

die Show. »Daniel hat mit seiner bisherigen Performance<br />

alle Kritiker Lügen gestraft«, erklärt<br />

Marc Surer dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Während<br />

Vettel mit seiner Suzie zu kämpfen hat, ist es Ricciardo,<br />

<strong>der</strong> beweist, dass Designgenie Adrian<br />

Newey ein durchaus schnelles Auto gebaut hat.<br />

»Der Red Bull ist hinter Mercedes das beste Auto<br />

- von dem her hat Newey wie erwartet wie<strong>der</strong> ein<br />

gutes Auto gebaut. Sicherlich haben sie eine<br />

Sekunde Rückstand auf Mercedes, aber den Rest<br />

des Feldes haben sie im Griff«, betont Surer.<br />

Immer für einen<br />

Spaß gut:<br />

Ricciardo hat sich<br />

nicht verän<strong>der</strong>t<br />

Ricciardo überzeugt<br />

auch im Rennen<br />

Gleich in seinem ersten Rennen für Red Bull, und<br />

unter dem Druck <strong>der</strong> heimischen Fans, beendete<br />

Ricciardo den Saisonauftakt in Australien auf<br />

Rang zwei. Nach dem Rennen kam dann die böse<br />

Überraschung: wegen eines irregulären Benzindurchflusses<br />

wurde Ricciardo disqualifiziert -<br />

daran konnte auch eine Berufung nichts än<strong>der</strong>n.<br />

Nach einem Ausfall in Malaysia drehte <strong>der</strong> Aussie<br />

in Bahrain und China <strong>der</strong>art auf, dass das Team<br />

Vierfach-Champion Vettel anwies, seinem schnelleren<br />

Teamkollegen Platz zu machen. Für Johnny<br />

Herbert ist Ricciardo die positive Überraschung<br />

des Jahres, nicht zuletzt, weil es dem 25-Jährigen<br />

gelungen ist, seine Schwächen, speziell im Renntrimm,<br />

auszumerzen. »In <strong>der</strong> Vergangenheit war<br />

Daniel im Qualifying gut, hatte aber immer etwas<br />

Schwierigkeiten im Rennen. In diesem Jahr ist er<br />

in beidem großartig«, schwärmt Herbert im<br />

Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Die<br />

nackten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache:<br />

in sechs Qualifyings war <strong>der</strong> Mann aus Perth fünf<br />

Mal schneller als <strong>der</strong> amtierende Weltmeister,<br />

ebenso oft kam er vor Vettel ins Ziel. Mit dem<br />

Podestplatz in Monaco ließ Ricciardo Vettel sogar<br />

in <strong>der</strong> Fahrerwertung hinter sich. »Daniel ist<br />

hochmotiviert und im Vergleich zu Sebastian<br />

weniger empfindlich, wenn das Auto nicht so gut<br />

ist. Für ihn ist dieses Jahr die große Chance und<br />

er macht das Beste daraus«, erklärt Surer und fügt<br />

scherzend hinzu: »Und ich gehe mal davon aus,<br />

dass das Auto immer noch besser liegt als ein<br />

Toro Rosso. Nein, im Ernst: Daniel hat eine tolle<br />

Einstellung. Das hilft ihm.«<br />

Dank dieser Einstellung hebt <strong>der</strong> 25-Jährige trotz<br />

<strong>der</strong> aktuellen Lobeshymnen auf seine Person<br />

nicht ab. Durch die starken Ergebnisse ist Ricciardos<br />

Selbstvertrauen gewachsen, doch in seiner<br />

Selbsteinschätzung ist <strong>der</strong> Australier immer noch<br />

realistisch. Während die Medien Vettels Nummer-1-Status<br />

bereits wackeln sehen, gibt sich<br />

Ricciardo gelassen. »Die Leute tun so, als sei die<br />

Saison schon zu Ende und ich hätte Sebastian<br />

geschlagen. Das ist aber nicht <strong>der</strong> Fall. Es ist für<br />

mich bisher gut gelaufen und das freut mich«,<br />

erläutert <strong>der</strong> Red-Bull-Pilot mit seinem typischen<br />

Grinsen im Gesicht. Dieses perfekte Zahnpasta-<br />

Lächeln ist in den vergangenen Monaten zum<br />

Markenzeichen des Australiers geworden. Während<br />

das Lächeln bei an<strong>der</strong>en Fahrern aufgesetzt<br />

wirkt, kauft man es Ricciardo zu 100 Prozent ab.<br />

»Ich habe schon viele Fahrer zu einem großen<br />

Team wechseln sehen und es hat ihren Charakter<br />

verän<strong>der</strong>t. Bei Daniel hat sich bisher nichts verän<strong>der</strong>t.<br />

Er lacht immer noch«, betont Johnny<br />

Herbert. Seine positive Grundhaltung erklärt <strong>der</strong><br />

Sonnyboy aus Perth damit, dass es weniger Stress<br />

bedeute, wenn man freundlich sei. Zudem habe<br />

ihn Big-Boss Dietrich Mateschitz geraten, sich<br />

Red Bull lag mit <strong>der</strong><br />

Verpflichtung von<br />

Daniel Ricciardo<br />

goldrichtig<br />

FOTOS: RED BULL, ADRIVO/SUTTON<br />

48 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


unter allen Umständen sein Lächeln zu bewahren.<br />

»Das kann man mögen o<strong>der</strong> eben nicht«, meint<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>-Experte Christian Danner.<br />

»Es gibt durchaus Leute, die sagen: ‚Haut dem<br />

Ricciardo endlich mal in die Fresse, damit er aufhört<br />

zu grinsen.‘ Doch alle Rennfahrer haben eine<br />

Vergleichsbasis - das Ergebnis respektive die Rundenzeiten.<br />

Da muss ich ganz ehrlich sagen:<br />

Chapeau!«<br />

»DAS KANN MAN MÖGEN ODER<br />

EBEN NICHT. ES GIBT DURCH-<br />

AUS LEUTE, DIE SAGEN: ‚HAUT<br />

DEM RICCIARDO ENDLICH<br />

MAL IN DIE FRESSE, DAMIT ER<br />

AUFHÖRT ZU GRINSEN.‘ DOCH<br />

ALLE RENNFAHRER HABEN EINE<br />

VERGLEICHSBASIS - DIE RUN-<br />

DENZEITEN. DA MUSS ICH GANZ<br />

EHRLICH SAGEN: CHAPEAU!«<br />

CHRISTIAN DANNER<br />

Experten beschädigt die starke Performance von<br />

Ricciardo weit weniger Vettels Image als jenes<br />

seines Vorgängers Mark Webber. »Die große<br />

Frage, die sich mir stellt, ist: ist Webber so eine<br />

Banane gewesen o<strong>der</strong> waren es die technischen<br />

Umstände, die dazu geführt haben?«, stellt Danner<br />

in den Raum. In seinen 215 <strong>Formel</strong>-1-Rennen<br />

holte Webber 42 Podestplätze und gewann neun<br />

Rennen, den letzten großen Schritt schaffte er<br />

aber nie. 2010, 2011 und 2013 reichte es in <strong>der</strong><br />

Weltmeisterschaft jeweils nur zu Platz drei. »Es<br />

zeichnet sich kristallklar ab, dass Webber mit dem<br />

angeblasenen Auspuff immer deutlich hinter Vettel<br />

lag«, erklärt Danner. Wann immer es diesen<br />

Vorteil nicht gab, seien Vettel und Webber gleichauf<br />

gewesen o<strong>der</strong> Webber sogar vor dem Deutschen.<br />

»Ich glaube schon, dass dieser angeblasene<br />

Diffusor fahrstiltechnisch etwas ist, was Sebastian<br />

perfektioniert hat und was er jetzt nicht mehr<br />

nutzen kann, speziell beim Bremsen.«<br />

Bei aller Disziplin und dem Ehrgeiz, es ganz noch<br />

oben zu schaffen, hat sich Ricciardo seine Leichtigkeit<br />

bewahrt. Für seine entspannte und lockere<br />

Art wird er im Fahrerlager von Kollegen und<br />

Journalisten gleich hoch geschätzt. Starallüren<br />

sind ihm nicht anzumerken. Im Gegenteil: Er hat<br />

nicht vergessen, wer schon in den vergangenen<br />

Jahren in Diensten des Talentschuppens Toro<br />

Rosso den längeren Weg ins Mittelfeld <strong>der</strong> Startaufstellung<br />

auf sich genommen hat. Laut Danner<br />

könne sich sogar Vettel von Ricciardos Außendarstellung<br />

noch eine Scheibe abschneiden. »Es<br />

tut mir weh, das zu sagen, aber Vettel hat sich in<br />

meinen Augen in seiner Außendarstellung nicht<br />

sehr glücklich benommen. Ich habe es für sehr<br />

unklug von ihm gehalten, als viermaliger Weltmeister<br />

permanent auf den eigenen Sport draufzuhauen«,<br />

kritisiert Danner Vettels Kritik an den<br />

neuen Regeln und dem in seinen Ohren zu dürftigen<br />

Sound. Angesichts <strong>der</strong> Tatsache, dass ihm<br />

sein jüngerer Teamkollege um die Ohren fährt,<br />

sei es vielleicht angebracht, den Reset-Knopf zu<br />

drücken. »Vettel muss sich sagen: Ich bin <strong>der</strong><br />

beste Fahrer <strong>der</strong> Welt und jetzt zeige ich das auch<br />

wie<strong>der</strong> im Auto. Ab sofort habe ich wie<strong>der</strong> Freude<br />

am Rennfahren - das haben nämlich alle an<strong>der</strong>en«,<br />

so Danner. »Im Gegensatz zu Sebastian<br />

leuchten <strong>der</strong>en Augen.«<br />

Ernsthafte Sorgen muss sich Vettel wegen <strong>der</strong><br />

leuchtenden Augen und des breiten Lächelns<br />

jedoch nicht machen. »Sebastian hat bislang keine<br />

runde Saison erlebt. Kann er zurückschlagen? Ich<br />

denke schon. Wir haben von ihm noch nicht alles<br />

gesehen«, meint Herbert. Nach Ansicht <strong>der</strong><br />

Daumen hoch statt<br />

Vettel-Finger:<br />

Ricciardo lief Vettel<br />

den Rang ab<br />

Ricciardo hat hingegen kein Problem, sich vom<br />

schwächeren Toro Rosso, <strong>der</strong> in diesem Bereich<br />

nie das Niveau seiner Red-Bull-Brü<strong>der</strong> erreichte,<br />

auf den neuen RB10 einzustellen. Er hat seinen<br />

Fahrstil nie so stark an den angeblasenen Unterboden<br />

angepasst, wie Vettel es in den vergangenen<br />

Jahren praktizierte und geradezu perfektionierte.<br />

Aber wie gut ist dieser Daniel Ricciardo nun<br />

wirklich? »Daniel hat noch keinen WM-Titel und<br />

keinen Grand Prix gewonnen«, betont Danner.<br />

»Aber so wie er sich präsentiert und dabei diese<br />

Leistung abruft, da kann man nur sagen: Hut ab!«<br />

Bis zum ersten WM-Titel eines Australiers seit Alan<br />

Jones ist es noch ein weiter Weg. Mit Daniel Ricciardo<br />

sitzt aber ein Fahrerkaliber im Red Bull, das<br />

dazu im Stande ist, zugleich einem vierfachen Weltmeister<br />

Feuer unter dem Hintern zu machen und<br />

dabei über das gesamte Gesicht zu lachen.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 49


FOTOS: RED BULL<br />

DER CHAS<br />

EIN CHASSIS IST IN DER MODERNEN FORMEL 1 WIE DAS ANDERE - ODER ETWA DOCH NICHT?<br />

OFT BRACHTE EIN CHASSIS-WECHSEL DIE WENDE. ABERGLAUBE, KOPFSACHE ODER FEINGE-<br />

FÜHL? DAS MOTORSPORT-MAGAZIN GEHT DEM PHÄNOMEN CHASSIS-TAUSCH AUF DEN GRUND.<br />

50 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TEXT: STEPHAN HEUBLEIN & KERSTIN HASENBICHLER<br />

SIS-FLUCH<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 51


FOTOS: RED BULL, MERCEDES, ADRIVO/SUTTON<br />

Neues Chassis,<br />

bessere Zeiten:<br />

Sebastian Vettels<br />

Suzie war verflucht<br />

S<br />

uzie ist verflucht. Sie ist hochwohlgeboren,<br />

hat das Feinste vom Feinen.<br />

Aber irgendetwas stimmt nicht mit<br />

ihr. Sie hat nicht so viel Power wie ihre<br />

namenlose Freundin aus dem nahegelegenen<br />

englischen Dorf Brackley und auch<br />

kein so aerodynamisch wohl geformtes Silberkleid.<br />

Dennoch ist sie zum Erfolg verdammt. Nur einmal<br />

schaffte sie es in den erlauchten Kreis, in dem ihre<br />

älteren Schwestern Jahre lang ein- und ausgingen,<br />

und selbst da, in <strong>der</strong> schwülen Hitze von Malaysia,<br />

war sie nur eine Ran<strong>der</strong>scheinung, nicht <strong>der</strong> strahlende<br />

Star im Rampenlicht.<br />

Die verfluchte Suzie war Sebastian Vettels erstes<br />

Auto in <strong>der</strong> neuen <strong>Formel</strong>-1-Ära. Die Spekulationen<br />

reichten von einem verzogenen Chassis<br />

bis zu einem Konstruktionsfehler. So richtig<br />

äußern wollte sich dazu niemand, und wenn,<br />

dann nur wi<strong>der</strong>sprüchlich, was die Situation<br />

noch mysteriöser erscheinen ließ. Erst in<br />

Monaco brachte Vettel Licht ins Dunkel: »Es war<br />

nichts verkehrt mit dem Chassis, aber bei <strong>der</strong><br />

Abstimmung des Autos gibt es gewisse Messwerkzeuge,<br />

die stimmten aber lei<strong>der</strong> nicht ganz<br />

überein.« Sprich: die Einstellwerkzeuge waren<br />

fehlerhaft und dadurch auch das Setup des<br />

Autos. Deshalb verän<strong>der</strong>te sich die Balance von<br />

Vettels Suzie in den Kurven und er wurde im<br />

Cockpit heftig hin und hergeworfen. Ein dritter<br />

Platz in Sepang blieb das beste Saisonergebnis<br />

für den verfluchten RB10.<br />

52 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Suzie brachte<br />

Sebastian Vettel<br />

kein Glück<br />

»NATÜRLICH SAGEN DIE TECH-<br />

NIKER, DASS ALLE CHASSIS<br />

GLEICH WÄREN. ABER ICH SAGE<br />

AUCH, DASS ICH JEDE RUNDE<br />

GLEICH FAHRE UND ES GIBT<br />

TROTZDEM KLEINE SCHWAN-<br />

KUNGEN - OBWOHL DIE DATEN<br />

AM ENDE ETWAS ANDERES<br />

SAGEN; KLEINE UNTERSCHIEDE<br />

GIBT ES IMMER.« TIMO GLOCK<br />

Für Vettel war <strong>der</strong> Chassis-Wechsel übrigens keine<br />

Premiere: Schon in seiner ersten WM-Saison 2010<br />

tauschte er nach einem eher schwachen Saisonstart<br />

ein Chassis. Nach sechs Rennen hatte »Luscious<br />

Liz« ihre Pflicht mehr schlecht als recht erfüllt. An<br />

ihre Stelle trat »Randy Mandy«, die Vettel zu seinem<br />

ersten WM-Titel verhelfen sollte. Bis zu ihrem<br />

Debüt in Istanbul sah es hingegen gar nicht gut aus:<br />

Mark Webber hatte im RB6 klar die Oberhand. In<br />

<strong>der</strong> Türkei läutete dann <strong>der</strong> berüchtigte Hornochsen-Crash<br />

die Wende ein. »Randy Mandy« fuhr<br />

also gleich beim ersten Einsatz ihre Krallen aus.<br />

»Manchmal wechselt ein Fahrer das Chassis aus<br />

Verzweiflung«, sagt <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>-Experte<br />

Christian Danner. Die Beispiele aus <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

sind zahlreich. Selbst Serienweltmeister<br />

Michael Schumacher wechselte zu Beginn <strong>der</strong> Saison<br />

2010 nach einem schwachen Rennen in Shanghai<br />

das Chassis seines Silberpfeils. Im Nachhinein<br />

soll eine Beschädigung festgestellt worden sein. Mit<br />

dem neuen Auto fuhr er in Barcelona auf Anhieb<br />

auf Platz vier.<br />

»Es ist auch ein bisschen eine Kopfsache«, gibt Ex-<br />

<strong>Formel</strong>-1-Pilot Markus Winkelhock gegenüber<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> zu. »Einige Fahrer haben<br />

einfach etwas mehr Selbstvertrauen, wenn sie ein<br />

an<strong>der</strong>es Chassis bekommen.« Für Adrian Sutil ist<br />

dieses Vertrauen ins Auto das A und O. »Wenn<br />

man das nicht hat, verliert man extrem viel Zeit«,<br />

verrät uns <strong>der</strong> Sauber-Pilot. Ihm selbst habe ein


Max Chilton sagt:<br />

Es gibt Chassis-<br />

Unterschiede<br />

Chassis-Wechsel jedoch noch nie etwas gebracht.<br />

»Es muss schon etwas Gravierendes kaputt sein,<br />

damit man einen großen Unterschied spürt«, so<br />

Sutil. Aus rein technischer Sicht betrachtet, sind<br />

die Chassis in <strong>der</strong> hochtechnisierten mo<strong>der</strong>nen<br />

<strong>Formel</strong> 1 tatsächlich alle identisch. »Wenn man<br />

nur die Schil<strong>der</strong> mit den Chassis-Nummern austauschen<br />

würde, hätte das sicher schon denselben<br />

Effekt«, sagte Willy Rampf vor einigen Jahren über<br />

die mentale Komponente eines Chassis-Tauschs.<br />

»Die Chassis werden alle genau vermessen. Sie<br />

unterscheiden sich nicht.«<br />

Christian Danner lächelt darüber. »Grundsätzlich<br />

erklärt dir je<strong>der</strong> Ingenieur, dass ein Chassis wie das<br />

an<strong>der</strong>e ist«, bestätigt er Rampfs Worte. »Grundsätzlich<br />

ist dem aber nicht so. Man spürt, auch<br />

wenn das technisch nicht erklärbar ist, von Chassis<br />

zu Chassis Unterschiede.« Seien sie auch noch so<br />

winzig. Wie so oft kommt es auf den ersten Eindruck<br />

an, <strong>der</strong> sich im Kopf des Fahrers festsetzt. Er<br />

muss einsteigen und sich wohl fühlen. »Natürlich<br />

sagen die Techniker, dass alle Chassis gleich wären«,<br />

sagt <strong>der</strong> frühere <strong>Formel</strong>-1- und heutige DTM-<br />

Fahrer Timo Glock. »Aber ich sage auch, dass ich<br />

jede Runde gleich fahre und es gibt trotzdem kleine<br />

Schwankungen - obwohl die Daten am Ende etwas<br />

an<strong>der</strong>es sagen; kleine Unterschiede gibt es immer.«<br />

Auch Winkelhock hat diese Erfahrung schon<br />

gemacht. Nach einem Totalschaden erhielt er einmal<br />

ein komplett baugleiches Chassis, aber es fühlte<br />

sich an<strong>der</strong>s an, war unterschiedlich zu fahren.<br />

Selbst mit dem gleichen Setup fühlte sich das Auto<br />

seines Teamkollegen ein bisschen an<strong>der</strong>s an. »Auf<br />

<strong>der</strong> Stoppuhr gab es meistens keine Unterschiede:<br />

die Autos haben sich unterschiedlich angefühlt,<br />

waren aber immer gleich schnell.« Also doch alles<br />

nur Hirngespinste und Aberglauben <strong>der</strong> Fahrer?<br />

»Wenn das Chassis intakt ist, sollte man nichts<br />

spüren«, meint Nico Hülkenberg im Gespräch mit<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. »Es ist ein bisschen eine<br />

Kopfsache.«<br />

Vielleicht ist es aber zu einem gewissen Teil auch<br />

eine Geldfrage. So bestätigt Marussia-Pilot Max<br />

Chilton auf Nachfrage des <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>s:<br />

»Es gibt definitiv Unterschiede zwischen den Chassis.<br />

Jedes ist handgefertigt und damit an<strong>der</strong>s. Unser<br />

drittes Auto ist vielleicht nicht so gut wie die beiden<br />

Einsatzautos.« T-Cars sind heutzutage verboten,<br />

aber jedes Team hat bei jedem Grand Prix ein<br />

Ersatzchassis dabei, um im Notfall ein neues Auto<br />

aufbauen zu können. Nach dem Spanien GP<br />

schickte Marussia die Einsatzchassis bereits auf die<br />

Reise, während Chilton und Bianchi an den beiden<br />

Testtagen nach dem Wochenende mit dem dritten<br />

Chassis testeten. »Ich denke, dass man das ein bisschen<br />

merken konnte«, verrät uns Chilton in Berufung<br />

auf sein Feingefühl als Rennfahrer. »Wenn<br />

man tief in den Daten gräbt und bestimmte<br />

Bereiche ansieht, kann man es möglicherweise<br />

auch dort entdecken, aber das ist schwierig.«<br />

In Danners Augen sind diese gefühlten Unterschiede<br />

auf keinen Fall nur Kopfsache. »Was ist ein<br />

Chassis?«, fragt er. »Es ist die Komponente des<br />

Fahrzeugs, an <strong>der</strong> die Pickup-Punkte für die Aufhängung<br />

angebracht sind, damit diese über den<br />

Radträger und die Reifen die Kräfte auf die Fahrbahn<br />

übertragen können.« Auf diesem Weg gibt<br />

es einigen Spielraum für Fehler. Ein Teil könnte<br />

nicht stark genug gefertigt worden sein. Vielleicht<br />

bricht es nicht direkt, aber es verbiegt sich o<strong>der</strong><br />

erbringt nicht jene Leistung, für die es im Gesamtkonzept<br />

des Autos vorgesehen ist. »So verlierst du<br />

tröpfchenweise Performance«, erklärt Danner. Das<br />

Fehlerpotential ist weitläufig: Möglicherweise<br />

wurde die Aufhängung nicht richtig angeschraubt<br />

o<strong>der</strong> ein Querlenker an<strong>der</strong>s laminiert. Hinzukommen<br />

die Belastungen <strong>der</strong> Rennwochenenden. Hin<br />

und wie<strong>der</strong> sind kleinere Reparaturen notwendig,<br />

jedes Chassis geht turnusgemäß zur Überarbeitung.<br />

»Mal ist ein Gewinde ausgeschlagen o<strong>der</strong> eine Ecke<br />

angehauen«, verrät <strong>der</strong> frühere BMW-<strong>Motorsport</strong>direktor<br />

Mario Theissen. »Das wird dann repariert,<br />

und das Chassis geht wie<strong>der</strong> in den normalen<br />

Kreislauf zurück.«<br />

Die kritischen Stellen sind jene, an denen Kräfte<br />

eingeleitet werden, an denen die Radaufhängung<br />

angebracht ist. »Es sind immer die Ecken, an denen<br />

die maximale Belastung herrscht, zum Beispiel wo<br />

<strong>der</strong> Motor angeflanscht ist«, sagt Danner, <strong>der</strong> in<br />

seiner aktiven <strong>Formel</strong>-1-Zeit sowohl mit Alu- als<br />

auch den neueren Karbon-Chassis fuhr. Bei den<br />

Alu-Chassis legte das Team eine maximale Laufleistung<br />

fest und tauschte es danach aus. »Mit dem<br />

Karbon-Chassis haben wir das auch gemacht, das<br />

war aber meiner Ansicht nach nicht nötig«, erinnert<br />

sich Danner. »Aber auch da macht man es, um<br />

auszuschließen, dass sich irgendetwas am System<br />

Chassis verän<strong>der</strong>t.« Egal wie hochentwickelt die<br />

<strong>Formel</strong>-1-Wissenschaft heutzutage auch sein mag,<br />

die Angst vor dem Chassis-Fluch hat sich tief in<br />

den Köpfen <strong>der</strong> Fahrer verankert. Suzies verwunschene<br />

Verwandte werden auch in Zukunft weiter<br />

gepeinigte Piloten heimsuchen.<br />

Wohin des<br />

Weges? Läuft es<br />

ohne Suzie<br />

besser?<br />

Auch Michael<br />

Schumacher<br />

tauschte einmal<br />

ein Chassis<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 53


TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

BLACK<br />

JACKS<br />

SPIELZEUGE<br />

SIR JACK BRABHAM VERSTARB AM 19. MAI IM ALTER VON 88 JAHREN.<br />

DER AUSTRALIER IST BIS HEUTE DER EINZIGE PILOT, DER IN SEINEM EIGENEN<br />

AUTO WELTMEISTER WURDE. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN BLICKT AUF<br />

ALLE DREI BRABHAM-BOLIDEN ZURÜCK, IN DENEN DER TEAMGRÜNDER<br />

SELBST GEWINNEN KONNTE.<br />

54 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

Sir Jack Brabham ist <strong>der</strong><br />

einzige Fahrer, <strong>der</strong> in<br />

seinem eigenen Auto<br />

Weltmeister wurde<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 55


56 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


BRABHAM<br />

BT19<br />

W<br />

ie so oft in <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> 1, stand auch 1966 wie<strong>der</strong> ein<br />

technologischer Umbruch an. Der maximale Hubraum<br />

wurde von 1,5 auf 3,0 Liter vergrößert, deshalb wurde auch gerne<br />

von <strong>der</strong> Dreiliterformel gesprochen wurde. Allerdings vergrößerten<br />

nicht alle Hersteller ihre Motoren, einige setzten weiter auf<br />

1,5-Liter, die jedoch mit einem Kompressor aufgeladen werden<br />

durften. Brabham gab bei <strong>der</strong> australischen Motorenschmiede<br />

Repco die Entwicklung eines 3-Liter-V8-Motors in Auftrag. Es<br />

sollte <strong>der</strong> einzige Motor in dieser Spezifikation sein. Zwar bauten<br />

Ferrari und Maserati ebenfalls 3-Liter-Motoren, die Italiener<br />

setzten aber auf 12-Zylin<strong>der</strong>.<br />

Auch wenn <strong>der</strong> Repco-Motor in jener Saison als <strong>der</strong> schwächste<br />

Motor galt, dem Leistungsdefizit standen zahlreiche Vorteile<br />

gegenüber: Im Gegensatz zu den V12-Aggregaten waren die Achtzylin<strong>der</strong><br />

deutlich leichter. Vier Zylin<strong>der</strong> weniger bedeuten gleichzeitig<br />

weniger bewegliche Teile, was sich nicht nur durch geringere<br />

Defektanfälligkeit auswirkt. Weil weniger Reibung entsteht, waren<br />

die Repco-Aggregate deutlich spritsparen<strong>der</strong> als jene <strong>der</strong> Konkurrenz.<br />

Der Vorteil war erheblich, die Brabham-Boliden konnten<br />

mit mehr als 50 Kilogramm-Spritballast-Vorteil in die Rennen<br />

gehen.<br />

Die kompakte Bauweise des V8 brachte außerdem Vorteile beim<br />

Chassis mit sich. Während Lotus schon 1962 den ersten Boliden<br />

mit Monocoque einführte, vertraute Brabham weiter auf einen<br />

konventionellen Gitterrohrrahmen. Der Rahmen war zwar noch<br />

auf einen 1,5-Liter-Motor ausgelegt, durch kleine Än<strong>der</strong>ungen am<br />

Heckrahmen konnte aber auch <strong>der</strong> größere V8 eingebaut<br />

werden.<br />

Schwachstelle war anfangs noch das Getriebe, das nicht auf die<br />

neuen, stärkeren Motoren ausgelegt war. Brabham musste deshalb<br />

am Start vorsichtig mit dem Drehmoment umgehen. Beim ersten<br />

Rennen schied Brabham noch mit einem Getriebeschaden aus,<br />

die nächsten Grands Prix sollten dann umso erfolgreicher werden.<br />

Nach einem vierten Platz in Belgien siegte Brabham viermal in<br />

Folge und sicherte sich schon drei Rennen vor Ende <strong>der</strong> Saison in<br />

Italien trotz eines Ausfalls die Weltmeisterschaft.<br />

TECHNISCHE DATEN:<br />

Motor: Repco 620, 2995 cmm, 90-Grad-V8-Mittelmotor, längseingebaut<br />

Gewicht: 518 Kg<br />

Chassis: Stahl Gitterrohrrahmen<br />

Getriebe: Manuelles 5-Gang-Getriebe von Hewland<br />

Reifen: Goodyear<br />

Benzin: Esso<br />

ERFOLGE:<br />

4 Siege<br />

Fahrertitel (1966)<br />

2 Konstrukteurstitel (1966 und 1967)<br />

3 Pole Positions<br />

1 Schnellste Rennrunde<br />

→<br />

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BRABHAM<br />

BT24<br />

B<br />

rabham ging 1967 gleich mit drei verschiedenen Chassis-Varianten<br />

an den Start. Der BT19 und <strong>der</strong> BT20, die beide schon im<br />

Jahr zuvor erstmals eingesetzt wurden, trugen ihren Teil zur<br />

erfolgreichen Saison des Brabham Teams bei. Jack Brabham selbst fuhr aber<br />

seine größten Erfolge in diesem Jahr mit dem BT24 ein.<br />

Wie seine Vorgänger wurde auch <strong>der</strong> BT24 von Ron Tauranac konstruiert.<br />

Ein Technologiedurchbruch war aber auch er nicht. Ganz im Gegenteil: wie<br />

schon im vorangegangenen Jahr setzte Brabham auf eher ausgereifte, fast<br />

schon alt anmutende Technik. Auch beim Motor blieb fast alles beim Alten.<br />

Repco überarbeitete das V8-Triebwerk, sodass es nun rund 330 PS und<br />

somit zwischen 20 und 30 PS mehr auf die Hinterrä<strong>der</strong> stemmte.<br />

Während <strong>der</strong> Saison zeichnete sich ein Titeldreikampf zwischen Denny Hulme,<br />

ebenfalls für Brabham am Start, Jack Brabham und Jim Clark ab. Clark musste<br />

jedoch zwei Rennen lang auf seinen neuen Boliden für 1967 warten, zuvor ging<br />

er mit den alten Lotus 33 und Lotus 43 an den Start und schied zweimal aus.<br />

Mit dem technisch überlegenen Lotus 49 holte er zwar die meisten Siege aller<br />

Piloten, sah aber bei drei weiteren Rennen die Zielflagge nicht.<br />

Einmal mehr sollte sich das Konzept von Brabham auszahlen: Durch die<br />

ausgereifte und zuverlässige Technik fuhren beim letzten Grand Prix in Mexiko<br />

nur noch Hulme und Brabham um den Titel - obwohl die beiden zusammen<br />

lediglich drei Siege feierten. Auch beim Showdown in Mexiko Stadt traten<br />

Brabham und Hulme mit gleichem Material an. Als Teamchef hätte Brabham<br />

dem Neuseelän<strong>der</strong> einfach unterlegendes Material zur Verfügung stellen<br />

können, um selbst den zweiten Fahrertitel in Folge einzufahren. Mit identischen<br />

Autos wurde Brabham Zweiter, Hulme Dritter.<br />

Die Weltmeisterschaft ging an Hulme. Bezeichnend ist <strong>der</strong> Rückstand <strong>der</strong><br />

beiden Brabhams auf Sieger Clark: Fast an<strong>der</strong>thalb Minuten nahm <strong>der</strong> Lotus<br />

den Brabhams ab. Fahrer- und Konstrukteurstitel zeigten aber, dass Brabhams<br />

Taktik mit alter Technik erfolgreicher war als jene von Lotus, mit mo<strong>der</strong>ner,<br />

aber unausgereifter Technik an den Start zu gehen.<br />

TECHNISCHE DATEN:<br />

Motor: Repco 740 2994 cmm, 90-Grad-V8-Mittelmotor, längseingebaut<br />

Gewicht: 517 kg<br />

Chassis: Stahl Gitterrohrrahmen<br />

Getriebe: Manuelles 5-Gang-Getriebe von Hewland<br />

Reifen: Goodyear<br />

Benzin: Esso<br />

ERFOLGE:<br />

3 Siege<br />

Fahrertitel (1967)<br />

Konstrukteurstitel (1967)<br />

1 Schnellste Rennrunde<br />

→<br />

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BRABHAM<br />

BT33<br />

19<br />

70 konnte Brabham nicht mehr konsequent auf Evolution<br />

statt Revolution setzen. Aus Sicherheitsgründen<br />

schrieb das Reglement um den Tank herum einen festen<br />

Aluminium-Teil im Chassis vor. Trotzdem wollte Designer Tauranac<br />

nicht gänzlich vom Gitterrohrrahmen abweichen. Aus diesem<br />

Grund entschied er sich für eine Hybridkonstruktion aus einem<br />

Aluminium-Bauteil und Stahl-Gitterrohrrahmen. Eine ähnliche<br />

Konstruktion fand sich auch im Ferrari 312B aus jener Saison<br />

wie<strong>der</strong>.<br />

Wie im Vorjahr setzte Brabham auf den 3-Liter-V8-Motor aus dem<br />

Hause Cosworth. Fast das gesamte <strong>Formel</strong>-1-Feld fuhr 1970 mit<br />

diesem Aggregat, das rund 430 Pferdestärken Richtung Getriebe<br />

schickte. Mit rund 168 Kilogramm war das Cosworth-Aggregat<br />

zwar rund 20 Kilogramm schwerer als <strong>der</strong> alte Repco-Motor, dafür<br />

aber deutlich stärker und zudem so konstruiert, dass er als voll<br />

tragendes Bauteil in das Chassis integriert werden konnte.<br />

Für Jack Brabham sollte es das letzte Auto seiner <strong>Formel</strong>-1-Karriere<br />

werden. Obwohl für Brabham <strong>der</strong> technologische Umbruch in diesem<br />

Jahr größer war als für einige Konkurrenten, die zum Teil schon<br />

seit Jahren mit einem Voll-Monocoque fuhren, konnte Brabham<br />

gleich das erste Saisonrennen in Kyalami vor Denny Hulme gewinnen,<br />

<strong>der</strong> in dieser Saison für McLaren an den Start ging.<br />

Die weitere Saison sollte sich allerdings dramatisch an<strong>der</strong>s gestalten:<br />

insgesamt starten 1970 26 Mal Brabham-Boliden, dabei gab es elf<br />

technische Defekte. Bei 13 Rennen sah Jack Brabham lediglich siebenmal<br />

die Zielflagge. Fünfmal musste er den BT33 unverschuldet<br />

hauptsächlich wegen Motorproblemen abstellen. Wenn <strong>der</strong> Bolide<br />

lief, war Brabham aber - zumindest in <strong>der</strong> ersten Saisonhälfte -<br />

konkurrenzfähig. In Monaco verschenkte er einen Sieg durch einen<br />

Verbremser, wurde aber noch Zweiter, in Frankreich und Großbritannien<br />

reichte es ebenfalls für Podiumsplatzierungen. Trotz einer<br />

Nullnummer in <strong>der</strong> zweiten Saisonhälfte reichte es immerhin noch<br />

für Platz fünf in <strong>der</strong> Fahrerwertung und Platz vier bei den<br />

Konstrukteuren.<br />

TECHNISCHE DATEN:<br />

Motor: Ford Cosworth DFV, 90-Grad-V8-Mittelmotor<br />

Gewicht: 550 Kg<br />

Chassis: Hybrid-Konstruktion aus Monocoque und Rahmen<br />

Getriebe: Manuelles 5-Gang-Getriebe von Hewland<br />

Reifen: Goodyear<br />

Benzin: Esso<br />

ERFOLGE:<br />

1 Sieg<br />

1 Pole Position<br />

4 Schnellste Rennrunden<br />

6 Podiumsplatzierungen<br />

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SLIDESHOW | MOTORRAD | #37 | 2014<br />

❱ UNTER DEM<br />

ÜBERFLIEGER<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

Rekorde, Pole Positions, Siege, Punkte, Punkte und noch mehr Punkte<br />

- Marc Marquez ist einfach nicht zu stoppen. Das Schlimmste daran<br />

ist: <strong>der</strong> amtierende Weltmeister ist so sympathisch und bodenständig,<br />

dass man ihm nicht einmal übel nehmen kann, dass er für eine absolute<br />

Monotonie in <strong>der</strong> MotoGP sorgt. Was machen wir also? Wir konzentrieren<br />

uns auf das Feld dahinter - schließlich gibt es dort wenigstens<br />

noch richtig gute Duelle und spannende Entscheidungen. Selbst<br />

Valentino Rossi freute sich über seinen dritten Platz in Mugello fast<br />

so sehr wie über einen Sieg. Willkommen in <strong>der</strong> Ära Marquez. So<br />

sehen sie also aus, die neuen glorreichen Zeiten in <strong>der</strong><br />

<strong>König</strong>sklasse.<br />

FOTO: REPSOL<br />

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BECAUSE<br />

I‘M HAPPY<br />

DER NEUE MOTOGP-DOMINATOR MARC MARQUEZ EILT VON EINEM<br />

SIEG ZUM ANDEREN. UND DAS MIT EINER LEICHTIGKEIT, WIE SELTEN<br />

ZUVOR ERLEBT. HAT DER 21-JÄHRIGE DAS POTENZIAL ZUM NEUEN<br />

MR. MOTOGP AUFZUSTEIGEN?<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

Marc Marquez ist nicht zu stoppen.<br />

Auch sein zweites Jahr in <strong>der</strong><br />

MotoGP ist von Rekorden gepflastert.<br />

Knackte <strong>der</strong> 21-jährige Spanier 2013 in<br />

seiner ersten Saison einen Rookie- und Alters-<br />

Rekord nach dem an<strong>der</strong>en, so geht er nun als<br />

Seriensieger auf Bestmarken los, von denen manche<br />

dachten, sie könnten für die Ewigkeit<br />

gemacht sein. Selbst die Frage »Kann Marc Marquez<br />

alle Saisonrennen gewinnen?« wurde von<br />

dem einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Journalisten schon nach<br />

wenigen Rennen gestellt. Doch was ist das<br />

Erfolgsrezept des neuen Überfliegers, vor dem<br />

nun sogar Mick Doohan o<strong>der</strong> Valentino Rossi<br />

um so manchen Rekord zittern müssen?<br />

»Kennen Sie den Song ‚Because I‘m happy‘? Der<br />

passt perfekt auf Marc«, erklärt Hondas Teamchef<br />

Livio Suppo im Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />

»Er ist so jung, er ist so selbstbewusst<br />

- das ist einfach unglaublich. Sein ganzer<br />

Charakter ist einfach nur positiv«, gerät Marquez‘<br />

Boss beim Sprechen über sein bestes Pferd<br />

im Stall ins Schwärmen. Nach sechs <strong>der</strong> 18 Rennen<br />

steht <strong>der</strong> Weltmeister mit einer makellosen<br />

Bilanz von sechs Siegen und sechs Pole Positions<br />

sowie dem Punktemaximum und einem mehr<br />

als komfortablen Vorsprung in <strong>der</strong> WM-Wertung<br />

da. Mit diesem durchschlagenden Erfolg<br />

hatte selbst bei Honda niemand gerechnet. »Das<br />

ist weit mehr als wir erwartet hatten«, gesteht<br />

Suppo. Sechs o<strong>der</strong> mehr GP-Siege in Folge - das<br />

war zuvor in <strong>der</strong> Geschichte erst fünf Piloten<br />

gelungen: Giacomo Agostini, Mike Hailwood,<br />

John Surtees, Mick Doohan und Valentino<br />

Rossi. Rossis persönliche Rekordserie von sieben<br />

Erfolgen hintereinan<strong>der</strong> wackelt bereits und<br />

Doohans zehn Siege könnten noch im Sommer<br />

fallen. Die australische Honda-Legende muss<br />

zudem um seine Allzeit-Rekorde für die meisten<br />

Pole Positions in Folge, die meisten Poles in<br />

einer Saison und die meisten Saisonsiege →<br />

64 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 65<br />

FOTOS: MILAGRO


Kurvenwinkel bis<br />

zu 64 Grad sind<br />

möglich<br />

Muggelo war <strong>der</strong><br />

6. Saisonsieg von<br />

Marquez<br />

fürchten (je<strong>der</strong> dieser Rekorde steht <strong>der</strong>zeit bei<br />

zwölf). Selbstredend wackelt auch die Bestmarke<br />

für in einer Saison erzielte Punkte, die<br />

Jorge Lorenzo seit 2010 mit 383 Zählern hält.<br />

Marquez‘ Leistung in diesem Jahr ist umso<br />

erstaunlicher, da es für den Weltmeister im Winter<br />

eine Hiobsbotschaft gab, die viele schon<br />

wie<strong>der</strong> völlig vergessen haben. Beim Dirt-Track-<br />

Training brach sich <strong>der</strong> Spanier Mitte Februar<br />

das rechte Wadenbein und musste auf Testfahrten<br />

in Sepang und auf Phillip Island verzichten.<br />

Selbst sein Start beim Saisonauftakt in<br />

Katar, <strong>der</strong> nur etwas mehr als einen Monat nach<br />

Marquez‘ Unfall angesetzt war, wackelte. »Wenn<br />

du von einer Verletzung eines deiner Fahrer<br />

hörst, machst du dir immer Sorgen über die<br />

Konsequenzen«, schil<strong>der</strong>t Suppo seine damaligen<br />

Gefühle. »Das Positive ist, dass er sehr jung<br />

ist, da erholt sich <strong>der</strong> Körper schneller von solchen<br />

Verletzungen. Das Rennen in Katar war<br />

dennoch eine absolute Überraschung. Er kam<br />

dort nach fast zwei Monaten ohne Rennpraxis<br />

an. Zwischen November und März saß <strong>der</strong> Bursche<br />

gerade einmal drei Tage auf seinem Motorrad,<br />

während alle an<strong>der</strong>en Fahrer neun Testtage<br />

hatten. Vor allem das Selbstvertrauen war beeindruckend,<br />

denn du musst auf diesem Niveau<br />

immer an dich glauben und pushen. Das war<br />

echt beeindruckend.« Im ersten Training beim<br />

Auftakt noch Elfter, stand er nach etwas mehr<br />

als 24 Stunden bereits auf Pole Position und<br />

lachte weitere 24 Stunden später nach einem<br />

spektakulären Kampf gegen Valentino Rossi<br />

bei <strong>der</strong> Siegerehrung vom obersten Treppchen<br />

herunter. Vom Handicap <strong>der</strong> Nachwirkungen<br />

eines Beinbruchs o<strong>der</strong> von Testrückstand war<br />

keine Spur mehr. Seither legte <strong>der</strong> Weltmeister<br />

weiter zu und steigerte das fahrerische Niveau<br />

auf ein selbst für seine stärksten Kontrahenten<br />

fast unverträgliches Maß. Ist Marquez nach<br />

etwas mehr als 20 MotoGP-Rennen schon <strong>der</strong><br />

perfekte Fahrer? »Ich musste schon im Vorjahr<br />

immer antworten, dass es schwierig ist,<br />

überhaupt eine Schwachstelle auszumachen«,<br />

ZWISCHEN NOVEM-<br />

BER UND MÄRZ SASS<br />

DER BURSCHE GE-<br />

RADE EINMAL DREI<br />

TAGE AUF SEINEM<br />

MOTORRAD, WÄH-<br />

REND ALLE ANDEREN<br />

FAHRER NEUN TEST-<br />

TAGE HATTEN.<br />

66 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Livio Suppo ist<br />

stolz auf seinen<br />

Schützling<br />

Marquez<br />

stürmt von<br />

Pole zu Pole<br />

FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />

Je<strong>der</strong> Sieg<br />

zaubert ein<br />

Lächeln auf<br />

Marcs Gesicht<br />

DREI FRAGEN AN...<br />

HRC-TEAMCHEF<br />

LIVIO SUPPO<br />

MSM: Wie steht Honda zum Ausstieg von<br />

Bridgestone?<br />

LIVIO SUPPO: Das sind normale Vorgänge<br />

im Leben. Sie sind seit zwölf Jahren<br />

dabei und haben sechs davon als alleiniger<br />

Hersteller gearbeitet. Nichts hält ewig und<br />

früher o<strong>der</strong> später musste man damit<br />

rechnen. Wir waren mit ihrer Arbeit<br />

immer zufrieden, denn in sechs Jahren<br />

Bridgestone-Monopol gab es kaum Probleme.<br />

Die gleiche Reifenmischung im<br />

gleichen Rennen verhielt sich auch immer<br />

beinahe gleich. Das heißt, dass die Qualitätskontrolle<br />

immer sehr gut funktioniert<br />

hat<br />

Wie kommt Dani Pedrosa als Teamkollege<br />

mit <strong>der</strong> aktuellen Dominanz von Marc<br />

Marquez zurecht?<br />

Ob Sie es mir glauben o<strong>der</strong> nicht, er kommt<br />

sehr gut damit zurecht. Erstens, weil er<br />

auch sehr gute Ergebnisse einfährt und<br />

zweitens, weil sein Level sehr knapp an<br />

jenem von Marc dran ist. Die Strecken, auf<br />

denen er traditionell sehr stark ist, stehen<br />

erst jetzt auf dem Programm. Im Moment<br />

ist er sehr entspannt und die beiden kommen<br />

gut miteinan<strong>der</strong> aus. Sie respektieren<br />

sich und haben gemeinsam Spaß.<br />

Kühlt man schon den Siegersekt für die<br />

Weltmeister-Party im November ein?<br />

Es ist noch viel zu früh, um darüber wirklich<br />

ein Urteil fällen zu können. Die ersten<br />

Rennen waren stark von Fehlern von Jorge<br />

beeinflusst, mit ihm wird aber noch zu<br />

rechnen sein. Auch Valentino Rossi darf<br />

man nicht unterschätzen.<br />

gesteht Suppo in. Und tatsächlich fällt die<br />

Suche nach Schwächen schwer. »Ich will ihn<br />

ja nicht zu viel loben, aber mir fällt im<br />

Moment nichts ein.« Neben seinen Fähigkeiten<br />

als Fahrer zeigt seine lockere Art aber<br />

auch bei Fans und Medien ihre Wirkung.<br />

»Aktuell ist er sehr gut darin, auf die richtige<br />

Art und Weise zu kommunizieren. Das ist gut<br />

für den gesamten Sport. Am Ende des Tages<br />

fährt Honda hier ja, weil wir Motorrä<strong>der</strong> verkaufen<br />

wollen und nicht primär, um zu gewinnen,<br />

auch wenn wir natürlich erfolgshungrig<br />

sind und damit das Image unserer Marke<br />

steigern können«, führt Suppo aus. »Für dieses<br />

Vorhaben ist Marc das perfekte<br />

Testimonial.«<br />

Honda stellt Marquez allerdings auch<br />

perfektes Material zur Verfügung.<br />

Ein Umstand, auf den <strong>der</strong> im Vorjahr<br />

knapp unterlege Vizeweltmeister Jorge<br />

Lorenzo immer wie<strong>der</strong> hinwies. Suppo verteidigt<br />

Marquez vor solchen Aussagen: »Natürlich<br />

ist unsere Maschine im Moment sehr gut und<br />

das Level sehr hoch. Ich glaube aber, dass <strong>der</strong><br />

Unterschied zwischen Honda und Yamaha<br />

geringer ist, als das die aktuellen Resultate vermuten<br />

lassen. Zwischen Honda und Yamaha lief<br />

das schon immer so, auf einigen Strecken funktioniert<br />

unser Motorrad besser, auf an<strong>der</strong>en →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 67


Längst sind für<br />

Marquez eigene<br />

Fantribünen<br />

reserviert<br />

Strecken ihres. Im vergangenen Jahr in Assen<br />

war die Yamaha deutlich stärker. Hochgerechnet<br />

auf die gesamte Saison dürfte das Niveau<br />

<strong>der</strong> Motorrä<strong>der</strong> in etwa gleich sein.« So sei es<br />

am Ende doch <strong>der</strong> Fahrer, <strong>der</strong> den großen<br />

Unterschied ausmache. Schon Valentino Rossi<br />

musste sich in seinen Anfangsjahren in <strong>der</strong><br />

Motorrad-WM den Vorwurf gefallen lassen,<br />

er gewinne nur deshalb, weil er auf einer<br />

Honda sitze. »Das war mit ein Grund, wieso<br />

ich 2004 zu Yamaha gegangen bin«, erklärt<br />

Rossi noch heute. Dass er prompt sein erstes<br />

Rennen für den Erzrivalen gewann, im ersten<br />

Jahr seinen Honda-Titel in Yamaha-Farben<br />

verteidigte und drei weitere Gesamtsiege folgen<br />

ließ, machte Kritiker und Erzfeinde wie<br />

Max Biaggi rasch mundtot. Ein <strong>der</strong>artiges<br />

Kunststück wird Marquez vorerst nicht vollbringen<br />

müssen, denn Honda verlängerte<br />

Mitte Mai den Vertrag mit dem 21-Jährigen<br />

bis Ende <strong>der</strong> Saison 2016 und behielt die heißeste<br />

Aktie dieses Jahrzehnts damit in den<br />

eigenen Reihen. Für Marquez gibt es laut<br />

Suppo aber auch gar keinen Grund, um das<br />

Team zu wechseln: »Unser Bike hat einen<br />

bärenstarken Motor und beschleunigt sehr<br />

schnell. Unsere Ingenieure haben bei den<br />

Bremsen gute Arbeit erledigt, denn das war<br />

ein kleiner Schwachpunkt im Vorjahr. Unser<br />

Motorrad ist nun ausgezeichnet ausbalanciert<br />

und Marc kommt damit bestens zurecht.«<br />

Denn Honda hat eine wichtige Mission: seit<br />

Rossi 2003 konnte kein Fahrer aus den Reihen<br />

Voll fokussiert:<br />

Marquez im<br />

Rennmodus<br />

Seine Gegner sehen ihn<br />

meistens nur von hinten<br />

VALENTINO IST NOCH<br />

IMMER DIE GROSSE<br />

IKONE DES SPORTS.<br />

MARC HAT DEFINITIV<br />

DAS POTENZIAL, VIEL-<br />

LEICHT AUCH EINMAL<br />

ZU SO EINER IKONE<br />

ZU WERDEN.<br />

68 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Rossi fuhr zwei<br />

Jahre für Repsol<br />

Honda<br />

Alex Criville war <strong>der</strong><br />

erste spanische<br />

500cc-Champion<br />

20 JAHRE REPSOL<br />

HONDA. DIE PERFEKTE<br />

SPANISCH-JAPANISCHE<br />

PARTNERSCHAFT?<br />

Der japanische Hersteller Honda und <strong>der</strong> spanische<br />

Erdölkonzern Repsol feiern in dieser Saison<br />

das 20-jährige Jubiläum ihrer gemeinsamen<br />

Partnerschaft, die längst weit über ein reines<br />

Sponsoring hinausgeht. Das Jubiläumsjahr 2014<br />

könnte das erfolgreichste Jahr einer ohnehin von<br />

Triumphen und Titeln gepflasterten Zusammenarbeit<br />

werden. Was im Jahr 1995 unter Mick<br />

Doohan, <strong>der</strong> vier seiner fünf Weltmeisterschaften<br />

bei Honda in den orange-rot-schwarzen Farben<br />

Repsols holte, begann, bescherte auch Alex Criville<br />

(1999), Valentino Rossi (2002 und 2003),<br />

Nicky Hayden (2006), Casey Stoner (2011) und<br />

zuletzt Marc Marquez (2013) WM-Ehren. Rossi<br />

war 2001 <strong>der</strong> einzige Honda-Weltmeister dieser<br />

Zeit, <strong>der</strong> nicht für das Werksteam in den Farben<br />

von Repsol angetreten war.<br />

In die Ära <strong>der</strong> Kooperation zwischen Repsol und<br />

Honda wurden die Japaner zum erfolgreichsten<br />

Hersteller in <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse, überholten MV<br />

Agusta und distanzierten Yamaha. Marquez‘ Sieg<br />

in Mugello war <strong>der</strong> 130. eines Fahrers auf einer<br />

Repsol Honda im 281. gemeinsamen Rennen - das<br />

ergibt eine unglaubliche Siegquote von 46,2 Prozent.<br />

Unvergessen ist das Jahr 1997, als die drei<br />

Werksfahrer Mick Doohan, Alex Criville und Tadayuki<br />

Okada alle 15 Rennen gewannen.<br />

Längst ist die Partnerschaft nicht mehr nur auf<br />

das MotoGP-Team beschränkt. Repsol hat eigene<br />

Jugendför<strong>der</strong>ungsprogramme ins Rollen gebracht<br />

und ist maßgeblich daran beteiligt, dass <strong>der</strong> spanische<br />

Motorradsport <strong>der</strong>zeit ein nie da gewesenes<br />

Hoch erlebt und die jungen Talente förmlich<br />

nur so aus dem Boden sprießen. Nicht nur die<br />

beiden aktuellen MotoGP-Piloten Dani Pedrosa<br />

und Marc Marquez werden schon lange von Repsol<br />

unterstützt, mit Marcs Bru<strong>der</strong> Alex Marquez<br />

und dessen Teamkollegen Alex Rins, die in <strong>der</strong><br />

Moto3 im Team von Emilio Alzamora eine Honda<br />

pilotieren, stehen bereits die nächsten heißen<br />

Eisen in den nächsten Jahren ante portas.<br />

<strong>der</strong> Japaner seinen Titel verteidigen, Nicky<br />

Hayden nicht und Casey Stoner nicht. Vielleicht<br />

gerade deshalb hält man sich im japanischen<br />

Werksteam trotz Seriensiegen von<br />

Marquez mit vorzeitigen Jubelmeldungen<br />

noch zurück. »Auch wenn wir so einen guten<br />

Start hatten, heißt das noch lange nicht, dass<br />

die Weltmeisterschaft schon vorbei ist«,<br />

erklärt Suppo. »Wir wissen, dass Yamaha und<br />

Jorge sehr stark sind. Valentino hat sich im<br />

Vergleich zu letztem Jahr enorm verbessert,<br />

was man ihm in seinem Alter sehr hoch<br />

anrechnen muss. Das Niveau von Marc, Dani<br />

und Jorge ist superhoch. Aber Valentino hat<br />

es tatsächlich geschafft, noch einmal zuzulegen.<br />

Ich bin überzeugt, dass die Saison sehr<br />

interessant wird.«<br />

Rossi war in drei <strong>der</strong> ersten sechs<br />

Rennen <strong>der</strong> erste Verfolger von<br />

Marquez und hält nach Mugello<br />

Rang zwei in <strong>der</strong> WM-Wertung. Die beiden<br />

begnadeten Motorradfahrer verbindet aber<br />

nicht nur ihr enormes sportliches Talent, auch<br />

ihr Umgang mit Medien und Fans ähnelt sich.<br />

Während Top-Fahrer wie Casey Stoner, Dani<br />

Pedrosa o<strong>der</strong> Jorge Lorenzo immer ein distanziertes<br />

Verhältnis zu Journalisten und ihrer<br />

Anhängerschafft hatten, genießen Rossi und<br />

Marquez nicht nur das Bad in <strong>der</strong> Menge, son<strong>der</strong>n<br />

haben dabei auch immer ein Lächeln im<br />

Gesicht und einen flotten Spruch auf den Lippen.<br />

In den seltensten Fällen sieht man Mar-<br />

quez o<strong>der</strong> Rossi mit finsterer Mine - zumindest<br />

nicht, wenn TV-Kameras o<strong>der</strong> Fan-Augen auf<br />

sie gerichtet sind. In den unzähligen Pressekonferenzen<br />

mit Marquez und Rossi überkommt<br />

einen das Gefühl, dass hier allmählich<br />

<strong>der</strong> Prozess einer Amtsübergabe ins Rollen<br />

kommt. Beide Piloten ernten ihre Lacher nach<br />

markigen Aussagen, flüstern sich gegenseitig<br />

ins Ohr und pflegen öffentlich ein nahezu<br />

freundschaftliches Verhältnis. Keine Spur von<br />

Neid o<strong>der</strong> Missgunst, denn <strong>der</strong> eine hat bereits<br />

alles gewonnen und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ist auf dem<br />

besten Weg dazu. Noch ist Rossi <strong>der</strong> unumstrittene<br />

Liebling, wie auch Suppo weiß:<br />

»Valentino ist noch immer die große Ikone<br />

dieses Sports. Selbst im weit entfernten Argentinien<br />

war es unglaublich, wie die Zuseher<br />

abgegangen sind, als er in <strong>der</strong> ersten Runde<br />

jemanden überholt hat. Und genau so geht es<br />

auch auf je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Rennstrecke <strong>der</strong> Welt<br />

zu.« Die Szenen, die sich in Mugello abspielten,<br />

als tausende gelb gekleidete Fans die Zielgerade<br />

und Teile <strong>der</strong> Boxengasse enterten, um den<br />

dritten Platz ihres Idols mit Sprechchören wie<br />

einen Sieg zu feiern, unterstrichen Rossis Status<br />

einmal mehr. »Es wird schwierig, wenn<br />

nicht sogar unmöglich, ihn eines Tages in seiner<br />

Rolle als Mister MotoGP zu ersetzen. Er<br />

war <strong>der</strong> Allererste, <strong>der</strong> so einen Zuspruch <strong>der</strong><br />

Massen erfuhr und vielleicht gibt es so etwas<br />

nie wie<strong>der</strong>. Aber Marc hat definitiv das Potenzial,<br />

vielleicht auch einmal zu so einer Ikone<br />

zu werden.«<br />

FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />

Wer soll diesen<br />

Mann in den<br />

nächsten Jahren<br />

stoppen?<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 69


DIAGNOSE:<br />

DOCH NICHT<br />

UNHEILBAR<br />

DER ROTE PATIENT DUCATI ZEIGT NACH EINER LANGEN<br />

SCHOCKSTARRE ALLMÄHLICH WIEDER LEBENSZEICHEN.<br />

DAS MOTORSPORT-MAGAZIN SPRACH MIT THERAPEUT<br />

ANDREA DOVIZIOSO ÜBER DEN WEITEREN HEILUNGS-<br />

VERLAUF VON DUCATIS HERZSCHMERZEN UND DIE ERB-<br />

KRANKHEITEN DER DESMOSEDICI GP14.<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

70 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: MILAGRO<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 71


DERZEIT SIND WIR NICHT SCHNELL<br />

GENUG, UM UNS ERNSTHAFTE HOFF-<br />

NUNGEN MACHEN ZU KÖNNEN. ABER<br />

WIR HABEN JA SCHON ÜBERRASCHEND<br />

EIN PODIUM GEHOLT.<br />

MSM: Dovi, in Austin hast du es nach langer<br />

Wartezeit wie<strong>der</strong> auf das Podium geschafft. Du<br />

hattest davor 23 Rennen ohne Top-3-Ergebnis,<br />

Ducati musste sogar noch einen Grand Prix länger<br />

warten. Wie groß war die Erleichterung, als<br />

du auf dem Treppchen den Pokal entgegennehmen<br />

durftest?<br />

ANDREA DOVIZIOSO: Das Rennen war toll und<br />

es war schön, dieses Gefühl einer Siegerehrung<br />

wie<strong>der</strong> einmal erleben zu dürfen. Für Ducati und<br />

vor allem in unserer aktuellen Situation war dieses<br />

Resultat etwas ganz Beson<strong>der</strong>es. Alle bei Ducati<br />

arbeiten richtig hart und die Ingenieure hängen<br />

sich schon seit Jahren ordentlich rein. Dieser dritte<br />

Platz war enorm wichtig für all diese Leute. Lei<strong>der</strong><br />

entspricht das aber nicht den realistischen Kräfteverhältnissen,<br />

denn es ist offensichtlich, dass wir<br />

im Regelfall noch nicht schnell genug sind, um aus<br />

eigener Kraft um das Podium kämpfen zu<br />

können.<br />

Wie war dieses Erlebnis für dich persönlich?<br />

Ich war etwas krank, als ich in Austin ankam und<br />

die Strecke hat wirklich jedem alles abverlangt und<br />

alle Fahrer an die Grenzen getrieben. Es war wichtig,<br />

von Anfang bis Ende eine gute Pace zu halten<br />

und nie nachzulassen. Die letzten sechs Runden<br />

- puh - da war ich schon echt zerstört. Aber als ich<br />

im Ziel war, überkam mich endlich wie<strong>der</strong> dieses<br />

unbeschreibliche Gefühl. Mit einer Ducati auf das<br />

Podium zu fahren, das ist ein beson<strong>der</strong>es Gefühl.<br />

Ist die Strecke in Austin <strong>der</strong> Ducati so sehr entgegen<br />

gekommen o<strong>der</strong> konntest du deinen Fahrstil<br />

dort so gut ausspielen?<br />

Das war ein seltsames Rennen und wir hatten<br />

eigentlich nicht die Pace für einen Platz auf dem<br />

Podium. Aus eigener Kraft konnten wir bislang ja<br />

auch noch nicht besser als auf Rang fünf abschließen.<br />

So sieht die Realität lei<strong>der</strong> aus. Die Fahrer von<br />

Platz fünf bis elf hatten in Austin etwa das gleiche<br />

Tempo, innerhalb dieser Gruppe wäre jede Platzierung<br />

möglich gewesen. Einige Fahrer hatten<br />

allerdings ihr Limit am Vor<strong>der</strong>reifen schnell<br />

erreicht und einige haben Fehler gemacht. Ich<br />

konnte Andrea Iannone, Stefan Bradl und Valentino<br />

Rossi überholen und habe es so auf das<br />

Podium geschafft.<br />

Im Vorjahr hast du immer wie<strong>der</strong> das Motorrad<br />

kritisiert. Fühlt sich die Desmosedici nun bereits<br />

besser an als im vergangenen Jahr?<br />

Natürlich! Wenn wir das gleiche Motorrad wie im<br />

Vorjahr gehabt hätten, wären wir in Austin nie<br />

und nimmer auf das Podium gefahren. Wir sind<br />

aber noch nicht so schnell, wie wir das gerne hät-<br />

ENDE DER DURSTSTRECKE<br />

Andrea Doviziosos Podestplatz beim Texas GP in<br />

Austin beendete eine an<strong>der</strong>thalbjährige Durststrecke<br />

für Ducati. Zwischen Valentino Rossis 2. Platz in<br />

Misano am 16. September 2012 und Doviziosos 3.<br />

Rang in Austin am 13. April 2014 durfte nahm 24<br />

Rennen lang kein Ducati-Fahrer an einer Siegerehrung<br />

teil. Es war die längste Durststrecke, seit <strong>der</strong><br />

italienische Hersteller in <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse antritt.<br />

FOTOS: MILAGRO, DUCATI<br />

72 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


ten, um aus eigener Kraft um die Top-3-Plätze<br />

kämpfen zu können. Aber wir sind näher dran als<br />

im Vorjahr, deshalb können wir durch Kampfkraft<br />

einiges wettmachen. Deshalb ergeben sich hin und<br />

wie<strong>der</strong> auch solche Situationen wie in Austin.<br />

Wo siehst du im Moment die größte Problemzone<br />

des Motorrads?<br />

An <strong>der</strong> Problemzone hat sich nicht viel geän<strong>der</strong>t.<br />

Das Umlegen <strong>der</strong> Maschine ist nach wie vor <strong>der</strong><br />

Schlüsselfaktor, den wir nicht hinbekommen. Wir<br />

haben das Bike in an<strong>der</strong>en Bereichen verbessern<br />

können, etwa beim Bremsen und sogar beim<br />

Herausbeschleunigen aus den Kurven. Es braucht<br />

aber wohl noch einige Zeit, bis auch das mit dem<br />

Umlegen des Motorrads nach unseren Vorstellungen<br />

klappt.<br />

Gibt es irgendwelche Strecken, die <strong>der</strong> Ducati von<br />

<strong>der</strong> Charakteristik besser entgegen kommen? Wo<br />

ihr es ein wenig leichter haben könntet?<br />

Nein, und es ist auch schnell erklärt warum: Wir<br />

haben Probleme mit dem Umlegen des Motorrads<br />

und jede Strecke hat Kurven. Im Moment haben<br />

wir keine Chance, auf dem gleichen Niveau zu<br />

agieren wie unsere Konkurrenten - sowohl im<br />

fahrerischen als auch im technischen Bereich.<br />

Daher sind wir zu langsam und gehen in jedes<br />

einzelne Rennen mit einem gewissen Handicap.<br />

Während <strong>der</strong> Saison werden zwar neue Teile<br />

ankommen, aber vermutlich nichts wirklich Großartiges.<br />

Für große Än<strong>der</strong>ungen müssen wir uns<br />

wohl bis Valencia o<strong>der</strong> gar nächste Saison gedulden.<br />

Bis dahin müssen wir fokussiert bleiben und<br />

weiter pushen.<br />

Du machst dir also keine allzu großen Hoffnungen<br />

auf ein weiteres Podium in dieser<br />

Saison?<br />

Derzeit sind wir nicht schnell genug, um uns ernsthafte<br />

Hoffnungen machen zu können. Aber wir<br />

haben ja schon überraschend ein Podium geholt<br />

- und vor allem auf einer Strecke, auf <strong>der</strong> extrem<br />

schwierige Bedingungen herrschten. Alles ist möglich,<br />

daher besteht natürlich auch eine Chance,<br />

dass wir es in dieser Saison noch einmal<br />

schaffen.<br />

Wie sehr hilft es euch, dass ihr aufgrund einer<br />

Reglementän<strong>der</strong>ung mehr Sprit, mehr Motoren<br />

und den weicheren Reifen verwenden dürft?<br />

Wir haben uns für diese Option entschieden,<br />

damit wir das Bike weiterentwickeln können und<br />

nicht wegen irgendwelcher Vorteile in den Rennen.<br />

Den weichen Reifen kann man im Rennen<br />

ohnehin nicht verwenden, weil er die volle Distanz<br />

nicht durchhält. Wir können zwar etwas mehr<br />

Sprit einsetzen, aber wenn du mit unseren Ingenieuren<br />

sprichst, werden sie dir erklären, warum<br />

das keinen großen Unterschied macht. Der Grund,<br />

warum wir in diesem Jahr etwas schneller sind,<br />

ist, weil wir das Bike über den Winter verbessern<br />

konnten. Wir wollen entwickeln, uns geht es also<br />

nicht darum, schon dieses Jahr schneller zu sein.<br />

Unter den aktuellen Regeln können wir einfach<br />

mehr ausprobieren und den Motor während <strong>der</strong><br />

Saison öfter tauschen.<br />

Wie gefällt dir bislang die Arbeit mit deinem<br />

neuen Boss Gigi Dall‘Igna?<br />

Es macht mir sehr viel Spaß. Ich arbeite zum<br />

ersten Mal mit ihm zusammen, denn in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit war er als Aprilia-Chef in <strong>der</strong><br />

125cc- und <strong>der</strong> 250cc-Klasse immer bei meinen<br />

Konkurrenten [Dovizioso fuhr in den kleinen<br />

Klassen stets für Honda, d. Red.]. Ich hätte vorher<br />

nicht erwartet, dass wir uns so gut verstehen.<br />

Ich mag ihn als Menschen, aber mir gefällt auch<br />

seine Arbeitsweise, wie er mit uns redet, Dinge<br />

erklären kann und wie er Probleme während<br />

eines Rennwochenendes analysiert und angeht.<br />

Er ist ein Ingenieur, <strong>der</strong> wirklich noch an <strong>der</strong><br />

Strecke Dinge anpackt und sich nicht hinter<br />

einem Computer in <strong>der</strong> Fabrik versteckt. Es gibt<br />

nicht viele Ingenieure, die so viel Zeit an <strong>der</strong><br />

Strecke verbringen. Er bringt so viel Erfahrung<br />

mit, dass er jede Situation genau analysieren<br />

kann.<br />

Hat Dall‘Ignas Verpflichtung dem Team auch aus<br />

psychologischer Sicht geholfen?<br />

Sobald sich das Motorrad verbessert, läuft es im<br />

Team automatisch in allen an<strong>der</strong>en Bereichen auch<br />

besser. Die Art wie er mit allen Leuten umgeht, ist<br />

sehr gut und das hat positive Auswirkungen auf<br />

alle Bereiche.<br />

In den Kurven hat<br />

die Desmosedici<br />

noch immer<br />

Probleme<br />

Dovizioso hat bei<br />

Ducati noch<br />

immer Spaß<br />

Wie kommst du mit deinem neuen Teamkollegen<br />

Cal Crutchlow aus?<br />

Unsere Beziehung ist gut. Wir waren ja schon vor<br />

zwei Jahren bei Tech 3 gemeinsam in einem Team<br />

und ich habe keinerlei Probleme mit ihm. Er ist<br />

schnell und ich bin froh, einen <strong>der</strong>artigen Teamkollegen<br />

zu haben, denn dadurch pusht man sich<br />

gegenseitig immer weiter und weiter.<br />

Abschließend noch eine Frage zur italienischen<br />

Nachwuchsför<strong>der</strong>ung. Es gab ja in den vergangenen<br />

Jahren ein Problem, dass kaum Fahrer aus<br />

Italien in die WM nachrückten. Nun hat Valentino<br />

Rossi ein Moto3-Team gegründet, hinter dem<br />

ein überlegtes Konzept <strong>der</strong> Nachwuchsför<strong>der</strong>ung<br />

italienischer Piloten steckt. Ist das <strong>der</strong> richtige<br />

Weg, um Italiens Talenten wie<strong>der</strong> mehr Chancen<br />

zu bieten?<br />

Ich sehe diese Idee sehr positiv, kann aber über<br />

Details wenig sagen, weil ich nicht in das Projekt<br />

involviert bin. Es ist aber schön zu sehen, dass es<br />

ein italienisches Team gibt, das italienischen Fahrern<br />

<strong>der</strong>art große Möglichkeiten bietet. Die Jungs<br />

bekommen die beste Betreuung und die beste<br />

Vorbereitung auf die WM. Das alleine ist aber<br />

nicht die Lösung des italienischen Nachwuchsproblems.<br />

Wir brauchen in Italien auch eine starke<br />

Meisterschaft, um vielen jungen Piloten die<br />

Chance zu geben, sich untereinan<strong>der</strong> zu messen.<br />

Genau deshalb kommen ja seit Jahren so viele<br />

Talente aus Spanien: Weil die Meisterschaft dort<br />

sehr gut organisiert und hochkarätig besetzt ist.<br />

Dadurch wird <strong>der</strong> Prozentsatz an Piloten, die es<br />

in die WM schaffen, automatisch höher.<br />

Gigi Dall‘Igna ist<br />

Ducatis<br />

womöglich letzte<br />

Hoffnung


AM<br />

SCHEIDEWEG<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

STEFAN BRADL IST LÄNGST IN DER<br />

MOTOGP ANGEKOMMEN. 2014 KÖNNTE<br />

ZUM WICHTIGSTEN SOMMER SEINER<br />

KARRIERE WERDEN. DAS MOTOR-<br />

SPORT-MAGAZIN STELLT DEN EHE-<br />

MALIGEN MOTO2-CHAMPION<br />

AUF DEN PRÜFSTAND.<br />

Vergangenen Juli erlebte Stefan Bradl seinen<br />

bislang besten Monat in <strong>der</strong> MotoGP.<br />

Führungsrunden und Platz vier beim<br />

Heimrennen auf dem Sachsenring folgten<br />

eine Woche später die Pole Position und <strong>der</strong> erste<br />

Podiumsplatz in <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse in Laguna Seca.<br />

Seither ist viel passiert in <strong>der</strong> Karriere des Stefan<br />

Bradl. Erfolgserlebnisse wie konstante Top-5-Ergebnisse<br />

o<strong>der</strong> die Vertragsverlängerung mit dem LCR<br />

Honda Team wechselten sich mit bitteren Stürzen wie<br />

jenem in Katar, als Bradl führte, und einer Zwangspause<br />

nach einem Knöchelbruch in Sepang im vergangenen<br />

Oktober ab. In den Sommermonaten stehen<br />

Bradls Leistungen erneut auf dem Prüfstand, denn es<br />

geht um nicht weniger als eine neuerliche Verlängerung<br />

seines Kontrakts mit dem Team von Lucio Cecchinello<br />

und damit auch um den Verbleib auf einer<br />

konkurrenzfähigen Factory-Honda.<br />

»Natürlich waren einige Rennen dabei, wo das eine<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e mehr drin gewesen wäre, aber im Nachhinein<br />

ist immer leicht reden. Ich denke, dass →<br />

FOTOS: HONDA, MILAGRO


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 75


meine Leistungen im Großen und Ganzen in<br />

Ordnung waren«, zieht Bradl im Gespräch mit<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> eine zufriedene Bilanz.<br />

»Es ist für einen Nicht-Werksfahrer wie mich<br />

nicht so einfach, jedes Wochenende mit Podiumsplätzen<br />

spekulieren zu können. Unser großes<br />

Ziel ist es, am Ende des Jahres als bestes Satellitenteam<br />

dazustehen. Da wollen wir hin und das<br />

ist unsere Hauptaufgabe«, führt Bradl aus. In den<br />

vergangenen beiden Jahren verfehlten Bradl und<br />

LCR dieses Ziel, da Cal Crutchlow vom Tech3-<br />

Team und Alvaro Bautista von Gresini in <strong>der</strong><br />

Endabrechnung jeweils vor Bradl landeten. Dennoch<br />

hielt Honda am Deutschen fest, von dem<br />

HRC-Teamchef Livio Suppo nach wie vor überzeugt<br />

ist. »Er leistet gute Arbeit, ist immer vorne<br />

dabei und wir können stolz auf ihn sein. Ich<br />

würde ihn hin und wie<strong>der</strong> aber gerne etwas<br />

aggressiver sehen. Er soll noch mehr an sich und<br />

sein Können glauben. Ich denke, dass er das drauf<br />

hat«, erklärt <strong>der</strong> Italiener und fügt hinzu: »Man<br />

darf nie vergessen: Es ist etwas an<strong>der</strong>es, ob man<br />

diesen Level erreicht, wenn man aus Spanien<br />

o<strong>der</strong> Italien kommt, o<strong>der</strong> ob man sich aus<br />

Deutschland nach oben kämpfen musste.« Von<br />

einer zielstrebigen Frühför<strong>der</strong>ung wie etwa ein<br />

Marc Marquez konnte Bradl nämlich nur träumen,<br />

denn in <strong>der</strong> deutschen Rennsport-Szene<br />

ticken die Uhren an<strong>der</strong>s - zumeist langsamer und<br />

mit weniger Geld im Hintergrund. Dennoch<br />

konnte sich Bradl stets auf den vielleicht wichtigsten<br />

Mann in seinem Leben verlassen: Vater<br />

Helmut, <strong>der</strong> einst selbst 84 Mal in <strong>der</strong> Motorrad-<br />

WM startete und nach fünf Siegen im Jahr 1991<br />

sogar 250cc-Vizeweltmeister wurde. »Ich wäre<br />

ohne ihn nie soweit gekommen und er war eine<br />

<strong>der</strong> wichtigsten, wenn nicht sogar die wichtigste<br />

Person in meiner Karriere«, sagt Sohn Stefan<br />

über seinen Papa. »In den wichtigsten Momenten<br />

war er immer zur richtigen Zeit da und hat mir<br />

die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Tür geöffnet. Allerdings<br />

habe ich in den letzten drei bis vier Jahren mehr<br />

und mehr meine eigene Richtung eingeschlagen.«<br />

Als MotoGP-Fahrer wurden ab 2012 aber an<strong>der</strong>e<br />

Leute wichtiger. »Lucio ist <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> alles<br />

zusammenstellt und es ist wichtig, sich mit ihm<br />

gut zu verstehen, damit man zusammen die richtigen<br />

Leute für die gemeinsame Arbeit auswählen<br />

kann. Dann kommt natürlich auch noch <strong>der</strong><br />

Crewchief Cristophe Bourguignon, mit dem ich<br />

gemeinsam das Bestmögliche herauszuholen<br />

versuche. Ich komme mit beiden sehr gut aus<br />

und fühle mich im Team sehr wohl«, so Bradl.<br />

Mit den Erfolgen stieg freilich auch die öffentliche<br />

Aufmerksamkeit, die dem 24-Jährigen zuteil<br />

wurde. Nicht je<strong>der</strong> Rennfahrer konnte sich in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit damit anfreunden und Charaktere<br />

wie etwa Casey Stoner entschieden sich deshalb<br />

sogar für den Ruhestand statt den Medienrummel.<br />

Wie Bradl damit umgeht? »Die Leute wollen<br />

natürlich immer noch mehr und irgendwo muss<br />

Bitterer Moment: Bradl<br />

fliegt in Karar in<br />

Führung liegend ab<br />

IRGENDWO MUSS MAN AUCH<br />

GRENZEN ZIEHEN. WIR SOLLEN<br />

EINERSEITS UNSERE LEISTUNG<br />

AUF DER STRECKE BRINGEN, ABER<br />

WIR SOLLEN AUCH NAHE AM<br />

PUBLIKUM UND NAHE AN DEN PR-<br />

LEUTEN SEIN.<br />

man auch Grenzen ziehen. Wir sollen einerseits<br />

unsere Leistung auf <strong>der</strong> Strecke bringen, aber wir<br />

sollen auch nahe am Publikum und nahe an den<br />

PR-Leuten sein. Da muss man einfach die richtige<br />

Balance finden. Und wenn ich Mal keine Lust<br />

habe, ein Interview zu geben, dann gebe ich auch<br />

keines«, sagt Bradl, <strong>der</strong> die Abläufe eines stressigen<br />

MotoGP-Rennwochenendes aber mittlerweile<br />

verinnerlicht hat. »Mann muss mit seinem<br />

Team einfach einen guten Plan für Presse- und<br />

Sponsor-Aktivitäten aufstellen. Natürlich ist es<br />

stressig, aber ich kenne das Geschäft ja mittlerweile<br />

und wenn man alles vorher gut durchplant,<br />

dann ist es mit geringem Aufwand machbar. Auf<br />

den Job auf <strong>der</strong> Rennstrecke muss ich mich dann<br />

ohnehin selbst fokussieren, da kann mir dann<br />

niemand helfen.« Auch abseits <strong>der</strong> Strecke spielen<br />

Motorrä<strong>der</strong> eine wichtige Rolle in Bradls<br />

Leben. »Hin und wie<strong>der</strong> fahre ich auch privat auf<br />

<strong>der</strong> Straße, wenn das Wetter schön ist und ich<br />

einen Tag mal nichts zu tun habe. Darüber hinaus<br />

bin ich auch hin und wie<strong>der</strong> im Motocross unterwegs.<br />

Wir haben eine Strecke in unserer Nähe,<br />

die ich hin und wie<strong>der</strong> besuche. Motocross macht<br />

mir viel Spaß und wenn es mich mal wie<strong>der</strong> juckt,<br />

dann packe ich meine Maschine ein fahre dorthin.<br />

Das ist praktisch und gehört auch mal dazu<br />

- auch als Training«, führt Bradl aus. Doch auch<br />

im Privatleben muss man sich als MotoGP-Fahrer<br />

an gewisse Konventionen halten. »Während<br />

<strong>der</strong> Saison ist das natürlich schwierig wegen <strong>der</strong><br />

Verletzungsgefahr.« Schon allzu oft bekam die<br />

Karriere eines Piloten wegen eines unvorsichtigen<br />

Manövers bei einem Motocross- o<strong>der</strong> Dirt-<br />

Track-Ausflug samt einhergehen<strong>der</strong> Verletzung<br />

einen Knick. Kompetitive Anreize sucht Bradl<br />

bei seinen Ausflügen an die MX-Strecke aber<br />

ohnehin nicht: »Wir haben genug Stress und<br />

Konkurrenzkampf in <strong>der</strong> MotoGP, da brauche<br />

ich das privat nicht auch noch.«<br />

In den Sommermonaten wird es in <strong>der</strong><br />

Motorrad-WM immer beson<strong>der</strong>s stressig,<br />

wenn Teams, Hersteller und Fahrer hinter<br />

verschlossenen Türen über die Verträge für<br />

das kommende Jahr verhandeln. Während Journalisten<br />

und Paddock-Insi<strong>der</strong> diese Zeit für<br />

muntere Spekulationen nutzen, beteiligen sich<br />

die Fahrer in den seltensten Fällen an solchen<br />

Debatten. So auch Bradl nicht: »Ich fühle mich<br />

hier im LCR Team sehr wohl und über irgendetwas<br />

zu spekulieren, interessiert mich im Moment<br />

nicht. Ich will hier und jetzt meine Leistung bringen,<br />

alles an<strong>der</strong>e kommt dann von selbst.« Fakt<br />

ist allerdings, dass viele wichtige Verträge auslaufen<br />

und dank des Einstiegs von Suzuki zwei<br />

weitere attraktive Jobs als Werksfahrer geschaffen<br />

werden. Es könnte ein heißer Transfersommer<br />

in <strong>der</strong> MotoGP werden. Wie sieht Hondas Suppo<br />

Bradls Chancen in diesem Poker? »Stefan macht<br />

grundsätzlich einen vernünftigen Job. Lei<strong>der</strong><br />

sieht es so aus, als würde es ihm schwer fallen,<br />

76 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


den letzten alles entscheidenden Schritt zu<br />

machen.« Der Italiener räumt allerdings ein: »Er<br />

hat aber auch Pech. Historisch gesehen haben<br />

wir so viele gute Fahrer im Feld wie selten zuvor.<br />

In den goldenen Jahren von Mick Doohan o<strong>der</strong><br />

Valentino Rossi waren die beiden weit über all<br />

ihre Konkurrenten zu stellen, da konnte man<br />

zwar nicht siegen, aber es war leichter zweite o<strong>der</strong><br />

dritte Plätze zu holen. Aktuell gibt es mit Marc,<br />

Jorge, Dani und Vale allerdings vier Ausnahmekönner.<br />

Da brauchst du selbst als sehr guter Fahrer<br />

einfach das letzte Fünkchen Glück und Mut,<br />

damit du da mithalten kannst. Stefan wurde in<br />

eine schwierige Zeit hineingeboren.« Umso<br />

höher wäre es Bradl anzurechnen, wenn er sich<br />

in diesem Zeiten erneut behaupten könnte.<br />

Zumindest einen Titel kann ihm vorerst keiner<br />

wegnehmen: 2011 war er in <strong>der</strong> Moto2 <strong>der</strong> bislang<br />

letzte Fahrer, <strong>der</strong> sich in einem Duell um<br />

eine Weltmeisterschaft gegen Marc Marquez<br />

durchsetzen konnte. An diesem Umstand wird<br />

sich wohl so schnell nichts än<strong>der</strong>n.<br />

Hochkonzentriert:<br />

Bradl ist<br />

ein sensibler<br />

Fahrer<br />

Nur am Limit kann<br />

man mit den<br />

Besten mithalten<br />

FOTOS: MIALGRO, HONDA<br />

Nicht überall<br />

machen<br />

PR-Termine<br />

so viel Spaß<br />

wie in Austin<br />

Bradl auf <strong>der</strong><br />

Jagd nach<br />

Iannone<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 77


TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

BARRY<br />

SHEENES<br />

ERBEN<br />

FOTOS: MILAGRO, ADRIVO/SUTTON<br />

DIE EINST SO STOLZE MOTORRADNATION GROSSBRITANNIEN<br />

WAR EINIGE JAHRZEHNTE NUR NOCH EIN SCHATTEN IHRER<br />

SELBST. MIT BRADLEY SMITH UND SCOTT REDDING FINDEN<br />

SICH NUN ABER WIEDER ZWEI JUNGE PILOTEN IN DER MOTOGP.<br />

DOCH HABEN SIE DAS POTENZIAL, DER TRADITION IHRES<br />

LANDES IN DER MOTOGP WIEDER LEBEN EINZUHAUCHEN?


Scott Redding<br />

fand sich in<br />

<strong>der</strong> MotoGP<br />

schnell<br />

zurecht<br />

Bradley Smith<br />

bestreitet<br />

seine zweite<br />

Saison in <strong>der</strong><br />

<strong>König</strong>sklasse<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 79


V<br />

or 40 Jahren feierte ein 23-jähriger<br />

Brite mit langen Haaren, <strong>der</strong> gerne<br />

in <strong>der</strong> Startaufstellung noch rasch<br />

eine Zigarette qualmte, in Clermont-Ferrand<br />

sein Debüt in <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse<br />

<strong>der</strong> Motorrad-WM: Barry Sheene. Was die<br />

erfolgsverwöhnten britischen Fans damals noch<br />

nicht wussten: Sheene sollte <strong>der</strong> letzte große<br />

Motorrad-Star aus dem <strong>König</strong>sreich werden. Auf<br />

sein Konto geht nicht nur <strong>der</strong> bis heute letzte<br />

WM-Titel (1977), son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> letzte Sieg<br />

in <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse (1981) eines Briten. Zunächst<br />

die goldene Generation <strong>der</strong> US-Amerikaner, später<br />

die Italiener und zuletzt die Spanier lösten die<br />

einst so erfolgreiche Motorrad-Nation an <strong>der</strong><br />

Spitze ab. Satte 135 Rennen und 17 500cc-Weltmeisterschaften<br />

hatten britische Piloten gewonnen,<br />

doch seit über 30 Jahren herrscht Flaute.<br />

2010 war <strong>der</strong> Tiefpunkt erreicht, als es in <strong>der</strong><br />

<strong>König</strong>sklasse in den 18 Rennen des Jahres nicht<br />

einmal einen einzigen Wildcard-Start eines britischen<br />

Piloten gab. Doch die Talsohle hat die<br />

britische Motorradnation hinter sich. Superbike-<br />

Quereinsteiger Cal Crutchlow machte den<br />

Anfang, seither schafften es mit Bradley Smith<br />

(23) und Scott Redding (21) zwei vielversprechende<br />

Talente aus den unteren Klassen in die<br />

MotoGP. »Langsam geht es wie<strong>der</strong> bergauf«,<br />

erklärte Smith im Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>. »Man hat schon in den letzten Jahren,<br />

als Cal den einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Teilerfolg eingefahren<br />

hat, einen leichten Anstieg bei den TV-<br />

Quoten bemerkt. Dadurch kam unser Sport in<br />

<strong>der</strong> BBC und den großen nationalen Zeitungen<br />

wie<strong>der</strong> etwas prominenter vor. Diese Entwicklung<br />

lässt sich in den letzten vier Jahren deutlich<br />

erkennen«, so Smith. »Ich sehe eine wachsende<br />

Aufmerksamkeit für unseren Sport. Wir haben<br />

endlich wie<strong>der</strong> mehr Fahrer, daher wird das auch<br />

in <strong>der</strong> Öffentlichkeit ein immer größeres Thema«,<br />

pflichtet ihm sein Landsmann Redding bei. Allerdings<br />

habe man es als Motorradfahrer in den<br />

britischen Medien nicht leicht, denn längst dominieren<br />

<strong>König</strong> Fußball und die Berichterstattung<br />

rund um die millionenschweren Klubs <strong>der</strong> Premier<br />

League in Zeitungen und Fernsehen. »Weil<br />

wir so lange keinen Weltmeister mehr hatten,<br />

denken manche Leute und viele <strong>der</strong> großen Zeitungen<br />

vielleicht, dass unser Sport nicht so wichtig<br />

ist. Aber auch mit einem WM-Titel wären wir<br />

noch immer um so viel kleiner als Fußball. Denn<br />

selbst die <strong>Formel</strong> 1 schafft es - obwohl wir dort<br />

mit Jenson Button und Lewis Hamilton in den<br />

letzten Jahren Weltmeister hatten - kaum einmal<br />

auf eine Titelseite«, ärgert sich Smith. Hinzu<br />

kommt noch ein weiteres Problem, denn die<br />

MotoGP-Piloten sind nicht einmal die Herren<br />

im eigenen Haus bzw. in ihrem eigenen Sport. In<br />

<strong>der</strong> Superbike-WM stellt Großbritannien mit<br />

Weltmeister Tom Sykes, Jonathan Rea, Chaz<br />

Davies, Leon Haslam und Alex Lowes gleich fünf<br />

Redding<br />

träumt von<br />

einer Factory<br />

Honda<br />

2010 WAR DER TIEFPUNKT ERREICHT, ALS ES IN DER KÖNIGS-<br />

KLASSE IN DEN 18 RENNEN NICHT EINMAL EINEN EINZIGEN<br />

WILDCARD-START EINES BRITISCHEN PILOTEN GAB.<br />

<strong>der</strong> Top-Fahrer mit Podiumspotenzial. »In <strong>der</strong><br />

Superbike-WM gewinnt fast jedes Wochenende<br />

ein britischer Fahrer. Natürlich gehen die Fans<br />

dort dann mehr ab«, beklagt Smith. Redding<br />

sieht ein an<strong>der</strong>es Problem: »Ich denke nicht, dass<br />

<strong>der</strong> normale Fan von seiner Couch aus einen<br />

großen Unterschied zwischen WSBK und<br />

MotoGP erkennt.« Bedroht fühlt er sich von <strong>der</strong><br />

britischen WSBK-Armada aber nicht. »Es ist<br />

keine Rivalität, weil wir uns auf unterschiedlichem<br />

Level bewegen. Manche MotoGP-Fahrer<br />

- wie früher Simoncelli - haben gezeigt, dass man<br />

als Gaststarter schon am ersten Rennwochenende<br />

ein Podium erreichen kann«, so Redding, <strong>der</strong><br />

noch nie mit einem Wechsel zu den Superbikes<br />

liebäugelte.<br />

Seit seinem 15. Lebensjahr fährt <strong>der</strong> Mann aus<br />

Gloucestershire im WM-Zirkus. Seit damals<br />

hängt <strong>der</strong> Name Barry Sheene wie ein Damoklesschwert<br />

über ihm, wie über allen jungen britischen<br />

Piloten in <strong>der</strong> WM. »Je<strong>der</strong> kennt diesen<br />

Namen. Er war so etwas wie <strong>der</strong> Valentino Rossi<br />

<strong>der</strong> damaligen Zeit und als Brite wirst du ständig<br />

mit ihm verglichen«, sagt Redding. Der 21-Jährige<br />

weiß, wovon er spricht, denn auf seinem Weg<br />

in die <strong>König</strong>sklasse konnte er bereits einige<br />

Rekorde aufstellen, womit aber auch die Hoffnungen<br />

von Fans und Journalisten stiegen. Er<br />

war <strong>der</strong> jüngste Fahrer, <strong>der</strong> die Marken von 50<br />

und 100 Starts in <strong>der</strong> WM erreichte. Im Debütjahr<br />

2008 gewann er im Alter von nur 15 Jahren<br />

und 170 Tagen sein erstes 125cc-Rennen und<br />

Redding hat<br />

schon einen<br />

Top-10-Platz<br />

auf dem Konto<br />

Die englische<br />

Flagge prangt<br />

von Smiths<br />

Helm<br />

damit als jüngster Pilot <strong>der</strong> Geschichte einen<br />

WM-Lauf. Diesen Rekord konnte nicht einmal<br />

<strong>der</strong> gleichaltrige Marc Marquez knacken und es<br />

könnte ein Rekord für die Ewigkeit sein, denn<br />

mittlerweile wurde das Mindestalter für einen<br />

Start in <strong>der</strong> WM auf 16 Jahre hinaufgesetzt. Dass<br />

Redding diesen Sieg auch noch ausgerechnet vor<br />

heimischem Publikum in Donington einfuhr,<br />

machte die Euphorie um ihn nur noch größer.<br />

»Die britischen Fans sind bei den Heimrennen<br />

nahezu ekstatisch und ich liebe es, in Großbritannien<br />

zu fahren, weil dort immer so tolle Stimmung<br />

herrscht. Die Fans geben für ihre Fahrer<br />

auf jeden Fall alles«, sieht Redding großes Fanpotenzial,<br />

das er schon oft entfesseln konnte.<br />

Auch 2009 und 2012 stand er bei seinem Heimrennen<br />

auf dem Podium, im Vorjahr gelang ihm<br />

beim Moto2-Rennen in Silverstone sogar ein<br />

weiterer Heimsieg. »Ich fühle mich auf heimischem<br />

Boden einfach schneller - das ist merkwürdig«,<br />

erklärte Redding. Als »God Save the<br />

Queen« für ihn erklang, <strong>der</strong> Union Jack gehisst<br />

wurde und tausende Fans ihm zujubelten und<br />

mitsangen, fühlte sich Redding wie im Olymp.<br />

38 Punkte Vorsprung bei nur noch sechs ausständigen<br />

Rennen gaben Hoffnung, dass es zum<br />

ersten Titel seit den Siebzigerjahren reichen<br />

könnte. Wenn schon nicht in <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse,<br />

dann zumindest in <strong>der</strong> Moto2. Doch das schwere<br />

Erbe des Barry Sheene wurde zu einer zu großen<br />

Last für Redding. In den letzten Rennen stürzte<br />

er mehrfach, zog sich auf Phillip Island einen<br />

Bruch im Handgelenk zu und holte in den letzten<br />

80 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


drei Saisonrennen nur noch einen einzigen Zähler.<br />

Statt <strong>der</strong> Stunde des Triumphes folgte ein<br />

schwerer Gang durch das Tal <strong>der</strong> Tränen.<br />

Doch Redding ist darüber hinweg und hat - endlich<br />

in <strong>der</strong> MotoGP angekommen - schon wie<strong>der</strong><br />

hohe Ziele. »Ich hoffe natürlich eines Tages auf<br />

ein Werksmotorrad. Ich will gute Resultate und<br />

Fortschritte erzielen. Dann sollte das alles von<br />

alleine kommen«, sagte <strong>der</strong> Rookie, <strong>der</strong> 2014 auf<br />

einem Production Racer von Honda fährt. Für<br />

Smith geht es in dessen zweitem MotoGP-Jahr<br />

bereits um mehr. Vor allem, da <strong>der</strong> 23-Jährige<br />

bei Tech 3 Yamaha auf ebenbürtigem Material<br />

wie Jorge Lorenzo und Valentino Rossi sitzt. In<br />

den ersten Saisonrennen zeigte seine Formkurve<br />

bereits nach oben, doch durch eigene Fehler<br />

machte er sich das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e gute Ergebnis<br />

zunichte. »Ich hoffe, dass ich aus diesen Schwachstellen<br />

schnell lernen kann«, sagte Smith. Die<br />

Aufstiege von Smith und Redding gehen britischen<br />

Motorradfans wie<strong>der</strong> Hoffnung, doch<br />

dass Karrieren nicht immer nur bergauf führen<br />

müssen, zeigt ein weiteres Beispiel - jenes von<br />

Cal Crutchlow. Der 28-Jährige stand im Vorjahr<br />

als Teamkollege von Smith viermal auf<br />

dem Podium. Seit seinem Wechsel zu Ducati<br />

fährt er dem Feld allerdings hinterher, muss<br />

sich mit Verletzungen und vor allem einem<br />

zickigen Motorrad herumärgern. Von Podestplätzen<br />

darf Crutchlow <strong>der</strong>zeit nicht einmal<br />

träumen. Dem Aufschwung im britischen<br />

MotoGP-Lager soll das aber keinen Abbruch<br />

tun. Redding etwa bleibt optimistisch: »Jetzt<br />

brauchen wir wie<strong>der</strong> einen britischen Fahrer,<br />

<strong>der</strong> an diese Leistungen herankommt und vielleicht<br />

irgendwann auch wie<strong>der</strong> einmal eine<br />

Weltmeisterschaft gewinnt.« Smith hat auch<br />

noch einen Wunsch: »Ich hoffe, dass wir eines<br />

Tages so viel Aufmerksamkeit bekommen, wie<br />

die Fahrer in Spanien.« Das zu erreichen, liegt<br />

an Redding und Smith. Doch die Latte liegt<br />

hoch, denn im kommenden Jahrzehnt wird die<br />

beiden <strong>der</strong> Name Marc Marquez wohl genauso<br />

oft begleiten wie das <strong>der</strong> Name Barry Sheene<br />

in den vergangenen Jahren tat.<br />

→<br />

Redding kam<br />

als Moto2-Vize<br />

in die<br />

<strong>König</strong>sklasse<br />

FOTOS: MIALGRO<br />

Bradley Smith:<br />

Seit 2010 sieglos<br />

in <strong>der</strong> WM


Surtees ist <strong>der</strong><br />

einzige<br />

Weltmeister auf<br />

zwei und vier<br />

Rä<strong>der</strong>n<br />

TRADITION VERPFLICHTET:<br />

DIE BRITISCHEN CHAMPIONS<br />

JOHN SURTEES<br />

Mitte <strong>der</strong> 50er Jahre machte ein frecher 20-Jähriger in <strong>der</strong><br />

WM auf sich aufmerksam. John Surtees startete ab 1956<br />

einen Siegeszug in <strong>der</strong> 500cc-Kategorie, <strong>der</strong> lange seinesgleichen<br />

suchen sollte. Bis Ende 1960 gewann er 22 von<br />

29 Rennen und krönte sich in diesen fünf Jahren viermal<br />

zum Champion. Zum Drüberstreuen dominierte er in<br />

dieser Zeit auf MV Agusta auch in <strong>der</strong> 350cc-Klasse, wo<br />

er 15 weitere Siege plus drei WM-Titel abräumte. Ab 1961<br />

kehrte er den Motorrä<strong>der</strong>n den Rücken und versuchte sich<br />

in <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> 1, wo er 1964 ebenfalls Weltmeister wurde.<br />

Surtees ist bis heute <strong>der</strong> einzige Rennfahrer, <strong>der</strong> sowohl<br />

auf zwei als auf vier Rä<strong>der</strong>n Weltmeisterschaften gewann.<br />

82 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


LESLIE GRAHAM<br />

Leslie Graham krönte sich 1949 zum ersten Weltmeister<br />

<strong>der</strong> 500cc-Klasse und legte damit den<br />

Grundstein zur britischen Motorrad-Tradition<br />

in <strong>der</strong> WM. Bis Ende 1952 gewann er insgesamt<br />

sechs Rennen in <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse und wurde<br />

einmal Vizeweltmeister. In die Saison 1953 ging<br />

er auf seiner MV Agusta als Favorit, als er beim<br />

Auftaktrennen auf <strong>der</strong> Isle of Man in einer Hochgeschwindigkeits-Passage<br />

die Kontrolle über sein<br />

Motorrad verlor und diesen Fehler im Alter von<br />

41 Jahren mit dem Leben bezahlte.<br />

GEOFF DUKE<br />

Sieg im ersten Rennen in <strong>der</strong> 500cc-Klasse. Was<br />

we<strong>der</strong> Giacomo Agostini, noch Valentino Rossi<br />

o<strong>der</strong> Marc Marquez vergönnt war, schaffte Duke<br />

1950. Seine Karriere war von Rekorden gepflastert:<br />

Er holte 22 Siege in <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse und<br />

krönte sich zwischen 1951 und 1955 vier Mal<br />

zum Champion bei den 500er-Bikes. 1956 wurde<br />

er von <strong>der</strong> FIM für ein halbes Jahr gesperrt, nachdem<br />

er einen Fahrerstreik unterstützt hatte, dessen<br />

Ziel ein höheres Startgeld für die Piloten war.<br />

Duke gilt zudem als Erfin<strong>der</strong> <strong>der</strong> einteiligen<br />

Le<strong>der</strong>kombi, wie sie im Motorradsport längst<br />

gang und gäbe ist. Mit 91 Jahren ist er <strong>der</strong> älteste<br />

noch lebende Motorradweltmeister.<br />

BARRY SHEENE<br />

Es war Barry Sheene, <strong>der</strong> Giacomo Agostini in<br />

den Ruhestand verabschiedete. 1975 besiegte <strong>der</strong><br />

britische Rookie den Altmeister in zwei von drei<br />

Rennen, 1976 holte Sheene mit einer fast perfekten<br />

Bilanz von fünf Siegen und einem zweiten<br />

Platz bei sechs Starts seinen ersten Titel, den er<br />

1977 verteidigen konnte. Als Suzuki-Werkspilot<br />

holte er bis Ende 1979 insgesamt 18 Siege, doch<br />

mit seinem Wechsel zu Yamaha ließen auch seine<br />

Leistungen nach. Sheene sollte bis zu seinem<br />

Rücktritt 1984 nur noch ein einziges Rennen<br />

gewinnen: Am 16. August 1981 im schwedischen<br />

An<strong>der</strong>storp. Es war bis heute <strong>der</strong> letzte Sieg eines<br />

britischen Piloten in <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse.<br />

Barry Sheene<br />

war <strong>der</strong> letzte<br />

britische<br />

Champion<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

MIKE HAILWOOD<br />

Wo er fuhr, hatten die Gegner in den 60er Jahren<br />

in <strong>der</strong> Regel nichts zu lachen. Nachdem Surtees<br />

in die F1 abgezogen war, übernahm Mike Hailwood<br />

seinen Part als Dominator. Zwischen 1958<br />

und 1967 gewann er insgesamt 76 Rennen, 37<br />

davon in <strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse. Der Brite trat teilweise<br />

in bis zu vier Klassen gleichzeitig an und feierte<br />

etwa auf <strong>der</strong> Isle of Man, in Brünn und in Assen<br />

drei Siege an ein und demselben Rennwochenende.<br />

Zwischen 1962 und 1965 wurde er viermal<br />

hintereinan<strong>der</strong> Weltmeister. Erst Giacomo Agostini<br />

konnte Hailwood 1966 in die Schranken<br />

weisen und ihn ein Jahr später im Alter von nur<br />

27 Jahren in Rennrente schicken. Der Brite versuchte<br />

sich später in 50 F1-Rennen, bei denen<br />

ihm aber die Erfolge von Surtees verwehrt<br />

blieben.<br />

PHIL READ<br />

Was unter Hailwood begonnen hatte, endete mit<br />

Phil Read: die Agostini-Ära. Zwischen 1966 und<br />

1972 hatte es wegen des dominanten Italieners<br />

auf seiner noch dominanteren MV Agusta nichts<br />

zu gewinnen gegeben. 1973 heuerte <strong>der</strong> italienische<br />

Hersteller den Briten als Teamkollegen<br />

Agostinis an und Read lief ihm rasch den Rang<br />

ab. In allen 23 Rennen als Werksfahrer von MV<br />

Agusta stand Read zwischen 1973 und 1975 auf<br />

dem Podest (11 Siege) und sorgte für die letzten<br />

beiden Titel sowie den vorletzten Sieg <strong>der</strong><br />

Mythosmarke. 1976 bestritt er noch drei Rennen<br />

für Suzuki, ehe er seine Karriere beendete.<br />

Mike Hailwood<br />

blieb ein<br />

Erfolg in <strong>der</strong><br />

F1 versagt<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 83


VOLKSKRANKHEIT:<br />

FOTO: MILAGRO<br />

ARM-<br />

PUMP<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

SPEZIELL IN DER MOTOGP HÖRT MAN IMMER WIEDER VOM CHRONISCHEN<br />

BELASTUNGS-KOMPARTMENT-SYNDROM. ABER WOHER KOMMT ES, WAS KANN<br />

EIN FAHRER DAGEGEN TUN UND WARUM KEHRT ES ZURÜCK? DAS MOTORSPORT-<br />

MAGAZIN ERKLÄRT DIE GESUNDHEITSFAKTEN.<br />

FOTOS: MIALGRO<br />

84 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


S<br />

chmerzen, Krämpfe, Taubheit, <strong>der</strong> Fahrer kann seine<br />

Maschine nicht mehr kontrollieren. »Der Druck beim Bremsen<br />

ist unglaublich«, erklärte es Cal Crutchlow. »Dieses Problem<br />

zerstörte mein Rennen«, beschwerte sich Stefan Bradl<br />

darüber. Casey Stoner beschrieb es 2010: »Die schnellen Wechsel sind das<br />

größte Problem, beim Bremsen war es dann nicht mehr so schlimm, aber<br />

aus den Kurven heraus hatte ich einfach nicht genug Kraft beim Umlegen.<br />

Man kann das schwer erklären, es ist als ob man etwas extrem straff um<br />

den Arm wickelt, sodass man ihn nicht wie gewohnt belasten kann.«<br />

Je<strong>der</strong> kennt es, je<strong>der</strong> hasst es: das chronische Belastungs-Kompartment-Syndrom,<br />

besser bekannt als Arm-Pump. Ein weit verbreitetes Phänomen im<br />

Motorradsport und durch die schweren Maschinen beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> MotoGP<br />

ein Problem. Stoner, Crutchlow, Bradl, Toni Elias, Chris Vermeulen, John<br />

Hopkins Nicky Hayden, Dani Pedrosa und viele weitere Fahrer mussten sich<br />

bereits damit herumplagen. Während Stoner eine Operation ablehnte, legte<br />

sich Bradl sogar schon mehrfach unters Messer.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 85


Dani Pedrosa<br />

macht sein<br />

Arm <strong>der</strong>zeit<br />

Probleme<br />

OFT WIRD DER BLUTFLUSS IN<br />

DEN VENEN UNTERBROCHEN,<br />

DAS BLUT IN DEN ARTERIEN<br />

FLIESST ABER WEITER DURCH<br />

DIE FASZIEN.<br />

WAS IST ARM-PUMP?<br />

Arm-Pump ist ein Kompartment-Syndrom, das<br />

durch eine Überbeanspruchung herbeigeführt<br />

und zur Verletzung wird. Damit bildet es im<br />

Motorradrennsport eine Ausnahme, schließlich<br />

sind die meisten Verletzungen traumatischer<br />

Natur. Eine komplexe Koordination von Händen<br />

und Handgelenken ruft das Syndrom beim<br />

Motorradfahren hervor: wenn ein Fahrer mit seiner<br />

Hand am Lenker zugreift, ziehen sich die<br />

Muskelgruppen unter- und oberhalb des Unterarms<br />

zusammen. Für einen stärkeren Griff wird<br />

das Handgelenk automatisch verlängert. Diese<br />

Anspannung führt zu steigendem Druck im Muskelgewebe.<br />

Dadurch kann das Blut nur schwer<br />

zirkulieren. Dazu kommt auf dem Motorrad <strong>der</strong><br />

Griff ans Gas, an Kupplung o<strong>der</strong> Bremse, wodurch<br />

die Muskelkontraktion verstärkt wird.<br />

Oft wird das Syndrom auf technisch anspruchsvollen<br />

Kursen, auf denen häufig beschleunigt und<br />

abgebremst wird, verstärkt, da auf Hochgeschwindigkeitsabschnitte<br />

viele enge Kurven folgen und<br />

die Hand damit kaum zur Ruhe kommt. In den<br />

kurzen Beschleunigungsphasen hat <strong>der</strong> Unterarm<br />

kaum Zeit, sich zu entspannen. Ergonomie spielt<br />

dabei eine sehr große Rolle, die Positionen von<br />

Lenker und Hebeln sind entscheidend. Auch <strong>der</strong><br />

Druck auf Kupplung und Bremse ist wichtig: bei<br />

Karbon-Scheibenbremsen ist die benötigte<br />

Bremskraft beispielsweise geringer.<br />

Um die Muskeln befinden sich Faszien, weiße<br />

dünne Knorpel, die jeden Muskelstrang umfassen,<br />

wie die Haut um eine Bockwurst. Die Faszien<br />

sorgen dafür, dass die Muskeln fest sitzen. Sie sind<br />

extrem stark, aber nicht sehr elastisch. Da sie<br />

kaum dehnbar sind, können sie schon bei den<br />

kleinsten Schwellungen Druck verursachen.<br />

Wenn die Muskeln beim Gas geben und Bremsen<br />

auf dem Motorrad anschwellen, üben sie Druck<br />

auf die Faszien aus, die sie umfassen. Diese sind<br />

nicht dehnbar und deshalb wird <strong>der</strong> Unterarm<br />

hart wie Stein. Wenn <strong>der</strong> Druck dann weiter<br />

ansteigt, können auch Blutgefäße kollabieren,<br />

wodurch <strong>der</strong> Blutfluss gestoppt wird.<br />

Kleine Venen kollabieren dabei schon bei geringerem<br />

Druck als größere Arterien. Oft wird <strong>der</strong><br />

Blutfluss in den Venen unterbrochen, das Blut in<br />

den Arterien fließt aber weiter durch die Faszien,<br />

kann aber durch die Venen nicht mehr transportiert<br />

werden. Der Druck wird erneut stärker.<br />

Wenn <strong>der</strong> Druck so weit steigt, dass er stärker ist,<br />

als <strong>der</strong> Druck in den Arterien, dann kommt es zu<br />

einer schmerzhaften Durchblutungsnot im Muskel.<br />

Sobald die Fahrer vom Motorrad steigen, lässt<br />

<strong>der</strong> Druck langsam nach und die Symptome<br />

verschwinden.<br />

WIE ÄUSSERT SICH DIE<br />

VERLETZUNG?<br />

Die Schmerzen <strong>der</strong> Fahrer hängen von <strong>der</strong> Stärke<br />

<strong>der</strong> Verletzung ab. Sie spüren eine starke Spannung<br />

im Unterarm, eine Schwellung und Schmerzen<br />

beim Bewegen <strong>der</strong> Muskulatur. Wenn die<br />

Muskeln im unteren Teil des Unterarms in Mitleidenschaft<br />

gezogen wurden, führt das Syndrom<br />

zu verän<strong>der</strong>ten Empfindungen auf <strong>der</strong> Handfläche,<br />

aber auch am Zeige-, Mittel- und Ringfin<strong>der</strong><br />

- genau die Finger, die viele Fahrer zum Kuppeln<br />

o<strong>der</strong> Bremsen nutzen. Der kleine Finger funktioniert<br />

hingegen oft tadellos, da <strong>der</strong> Nerv, <strong>der</strong> vom<br />

Unterarm in den kleinen Finger führt, meist weniger<br />

stark betroffen ist als die mittleren Nerven.<br />

Der Daumen und die an<strong>der</strong>en Finger werden<br />

meist in einer leicht geknickten Position gehalten.<br />

Das Beugen und Strecken des Ellenbogens ist oft<br />

schmerzhaft, allerdings noch weniger schlimm<br />

als das Bewegen von Fingern o<strong>der</strong> Handgelenk.<br />

Sind die Muskeln im oberen Teil des Unterarms<br />

betroffen, sind die Empfindungen in Fingern und<br />

<strong>der</strong> Hand meist normal, weil <strong>der</strong> betroffene Nerv<br />

(Nervus Interosseus Posterior) keine sensorischen<br />

Komponenten besitzt. Dafür werden Daumen,<br />

Finger und Handgelenk oft taub, wenn diese ausgestreckt<br />

werden. Hand und Handgelenk werden<br />

grundsätzlich meist ausgestreckt. Das Einknicken<br />

<strong>der</strong> Finger führt dann zu unerträglichen Schmerzen.<br />

»Im rechten Unterarm entstehen so etwas<br />

wie Krämpfe. Die Beweglichkeit <strong>der</strong> Hand und<br />

<strong>der</strong> Finger wird dann plötzlich eingeschränkt.<br />

Fingerbewegung und Handbewegung sind dann<br />

nicht mehr so schnell, es geht auch teilweise das<br />

Gefühl dafür verloren, ob die Vor<strong>der</strong>radbremse<br />

schon maximal gezogen ist o<strong>der</strong> wie schnell ich<br />

sie gerade loslasse. Es entsteht auch ein Gefühl<br />

<strong>der</strong> Taubheit«, beschreibt Bradl.<br />

FOTOS: MIALGRO<br />

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WIE KANN ARM-PUMP<br />

BEHANDELT WERDEN?<br />

Oft versuchen die Piloten sich zunächst mit Physiotherapie<br />

zu behelfen. Dabei wird <strong>der</strong> Unterarm<br />

so massiert, dass sich die Faszien dehnen können.<br />

Ziel ist es, Muskel und Faszie in Einklang zu bringen.<br />

Beide Komponenten sollen harmonieren.<br />

Mittels Faszientechniken werden diese gedehnt,<br />

weich massiert, teilweise erwärmt und für eine<br />

gute Durchblutung gesorgt.<br />

Hilft diese Behandlung nicht, muss eine Operation<br />

her. Der Eingriff ist für die meisten Orthopäden<br />

ein Klacks und dient zur Entlastung <strong>der</strong><br />

Faszien im Unterarm. Der Arzt schneidet die<br />

Muskel-Faszie auf und entfernt einen Streifen<br />

davon. Damit wird <strong>der</strong> Knorpel-Raum geöffnet.<br />

Somit kann sich <strong>der</strong> Muskel im Unterarm ausdehnen.<br />

Meist bestimmt <strong>der</strong> Fahrstil <strong>der</strong> Piloten,<br />

welche Faszien genau betroffen sind. Die Operation<br />

kann ambulant vorgenommen werden, einen<br />

Gips müssen die Patienten nicht tragen.<br />

das wird schon helfen. Es ist besser ein Triathlet<br />

zu sein, als ein Bodybuil<strong>der</strong>. Die Muskeln eines<br />

Triathleten kann man über einen längeren Zeitraum<br />

strapazieren. Ich werde alles versuchen,<br />

um eine Operation zu vermeiden, ich glaube<br />

nicht, dass sie auch nur irgendeinen Nutzen hat.<br />

Wie viele Leute hatten schon eine OP und dann<br />

wie<strong>der</strong> eine? Es hilft nur für einen kurzen Zeitraum,<br />

dann müssen sie wie<strong>der</strong> hin.«<br />

Die Ursache ist oft <strong>der</strong> Fahrer selbst. Neben einem<br />

umgestellten Training und Physiotherapiesitzungen<br />

stellen betroffene Piloten oft einfach ihren<br />

Fahrstil um und versuchen, sich weniger am Lenker<br />

festzukrallen. Allerdings kann das Syndrom<br />

nach einer Operation aus unterschiedlichen<br />

Gründen auch an an<strong>der</strong>en Stellen wie<strong>der</strong> auftreten.<br />

Eine ideale Behandlungsmöglichkeit für<br />

jeden Fahrer scheint es nicht zu geben. Mit Physiotherapie<br />

kann viel erreicht werden. Die endgültige<br />

Entscheidung trifft aber <strong>der</strong> behandelnde<br />

Arzt o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fahrer selbst.<br />

Stefan Bradl<br />

hatte 2014<br />

bereits eine<br />

Arm-Operation<br />

Der Eingriff an sich dauert lediglich 10 bis 15<br />

Minuten. Der Einschnitt in die Faszie ist nur etwa<br />

zwei Zentimeter groß, <strong>der</strong> Schnitt im Unterarm<br />

hat oft nur eine Länge von drei bis vier Zentimetern<br />

und wird nach dem Eingriff vernäht. Normalerweise<br />

kann ein Pilot nach zwei Wochen<br />

wie<strong>der</strong> mit seinem Training beginnen und nach<br />

vier Wochen wie<strong>der</strong> fahren. Wie Pedrosa und<br />

Bradl bewiesen haben, ist eine Rückkehr schon<br />

nach neun Tagen möglich. Scott Redding fuhr<br />

2012 nach nur fünf Tagen in <strong>der</strong> Moto2 wie<strong>der</strong><br />

aufs Podest.<br />

Auch Cal<br />

Crutchlow<br />

musste bereits<br />

unters Messer<br />

Pedrosa ist ein<br />

Dauerpatient<br />

WARUM TRETEN HÄUFIG SPÄTER<br />

WIEDER PROBLEME AUF?<br />

Während <strong>der</strong> Operation o<strong>der</strong> auch danach kann<br />

<strong>der</strong> Muskel an <strong>der</strong> Schnittstelle teilweise herausquillen<br />

und dann verkleben. Hin und wie<strong>der</strong><br />

verklebt auch das Blut und die Wunde an <strong>der</strong><br />

Faszie vernarbt. Wenn das passiert, hat <strong>der</strong> Muskel<br />

erneut keine Chance, sich innerhalb <strong>der</strong> Faszie<br />

zu bewegen und <strong>der</strong> Fahrer bekommt erneut<br />

starke Schmerzen. Allerdings ist <strong>der</strong> Heilungsverlauf<br />

unterschiedlich, da je<strong>der</strong> Mensch eine<br />

verschieden starke Narbenbildung hat.<br />

FOTO: MILAGRO<br />

Die Verklebung des Muskels kann zwar leicht<br />

behoben werden, resultiert aber häufig später in<br />

einer weiteren Operation. Das Risiko, dass die<br />

Schmerzen im Unterarm nach einem Eingriff<br />

zur Behandlung des chronischen Belastungs-<br />

Kompartment-Syndroms wie<strong>der</strong> eintreten, ist<br />

enorm hoch. Aus diesem Grund war auch Stoner<br />

nie ein Fan des Eingriffs: »Wir müssen einfach<br />

das Training än<strong>der</strong>n. Damit bauen wir die Muskeln<br />

an<strong>der</strong>s auf, sodass alles trainiert wird und<br />

Bradl wurde in<br />

Jerez von<br />

Problemen<br />

gehemmt<br />

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Max Biaggis<br />

Klappe gehörte<br />

zu den ganz<br />

großen im<br />

Paddock<br />

TOP<br />

REIFEN DEBAKEL<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

EINE ÄRA NÄHERT SICH DEM ENDE: BRIDGESTONE VERABSCHIEDET SICH NACH 14<br />

ERFOLGSJAHREN AUS DER KÖNIGSKLASSE. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN SAGT ADIEU<br />

UND WIRFT EINEN BLICK AUF DIE KRITISCHSTEN MOMENTE DER LETZTEN JAHRE.<br />

5. INDY, OH INDY<br />

Eine <strong>der</strong> Geburtsstätten des <strong>Motorsport</strong>s hatte es für<br />

die MotoGP immer wie<strong>der</strong> in sich: Meist lag alles -<br />

aber auch wirklich alles - am Asphalt. War <strong>der</strong> okay,<br />

mussten die Reifen dran glauben. Das Indy-Rennwochenende<br />

2012 hatte es in sich. Hector Barbera eröffnete<br />

die Sturzserie im ersten Freien Training. Noch<br />

nicht ungewöhnlich? Abwarten. Denn Casey Stoner,<br />

Nicky Hayden und Ben Spies folgten im Qualifying.<br />

Selbst Valentino Rossi konnte sich zwei Mal nur knapp<br />

retten. Fast alle Fahrer flogen per Highsi<strong>der</strong> ab und<br />

kamen lei<strong>der</strong> nur selten verletzungsfrei davon. Die<br />

Beschwerden fielen dementsprechend zahlreich aus.<br />

»Mit dem weichen Reifen hatte ich weniger Grip«, so<br />

Alvaro Bautista. Auch Jorge Lorenzo beklagte die<br />

weiche Mischung, die ab Rennmitte stark abbaute.<br />

Spies beobachtete seinen Kontrahenten: »Ich erkannte,<br />

dass Dani viel mehr Hinterreifen verbrauchte als ich.«<br />

Auch Rossi stellte fest: »Nach drei Runden begann <strong>der</strong><br />

Hinterreifen zu rutschen, ich wollte an den Fahrern<br />

vor mir dranbleiben, doch das Vor<strong>der</strong>rad klappte zwei<br />

Mal fast ein und ich gab auf.«<br />

88 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: MILAGRO, BRIDGESTONE<br />

4. VON ZERSTÜCKELTEN HINTERREIFEN<br />

Etwas dicker kam es allerdings einige Wochen zuvor. Spies und Rossi brachen in Assen<br />

2012 ganze Gummi-Teile aus den Reifen. Die Reifen hatten sich überhitzt, beide Fahrer<br />

waren stinksauer. Zu dieser Zeit gab es aber noch einen gewissen Stoner, <strong>der</strong> nur selten<br />

ein Blatt vor den Mund nahm: »Die Technologie wird immer besser und wir werden<br />

langsamer. Es ist schwieriger für uns, Rundenrekorde zu fahren. Sie werden nie zugeben,<br />

dass mit den Reifen etwas nicht stimmt. Das ist das größte Problem, es ist enttäuschend.«<br />

Rossi musste seinen Reifen während des Rennens sogar wechseln. »Es war<br />

unmöglich, weiterzufahren. Ich wäre nicht bis ins Ziel gekommen«, hielt er fest. Zumindest<br />

gab sich Bridgestone nach dem Vorfall größte Mühe, das Problem aus <strong>der</strong> Welt<br />

zu schaffen und checkte alle Pneus durch. Heraus kam, dass es sich nicht um einen<br />

Werksfehler handelte. Lediglich Überhitzung führte zum Desaster. Na wenn das mal<br />

nicht beruhigend ist.<br />

3. BRIDGESTONE-MEETINGS IN JEREZ<br />

Wir blicken zurück nach Jerez 2013: An besagtem ereignisreichen Rennwochenende, an<br />

dem die Streckentemperaturen zwischen 20 und 50 Grad schwankten, ist die Sturzliste<br />

so lang, dass ein Aufzählen fast den Rahmen sprengt. Dani Pedrosa, Marc Marquez,<br />

Valentino Rossi, Cal Crutchlow, Stefan Bradl, Lukas Pesek, Randy de Puniet, Yonny Hernandez<br />

und Andrea Iannone mussten dran glauben. Und wer war schuld? Natürlich, die<br />

Reifen. »Man hat ja gesehen, wie viele Stürze es gab. Das Wochenende war für Bridgestone<br />

sicherlich nicht leicht, aber für diese beson<strong>der</strong>e Situation sind die Reifen einfach falsch«,<br />

beklagte Andrea Dovizioso, <strong>der</strong> mehr als zwei Reifen zur Auswahl for<strong>der</strong>te. Crutchlow<br />

war das Thema schon leid: »In je<strong>der</strong> Sitzung <strong>der</strong> Sicherheitskommission geht es nur<br />

darum, das sind reine Bridgestone-Meetings.« Der Brite war überzeugt, dass alle Fahrer<br />

ihr Bestes geben, um Informationen zu liefern. »Aber wir haben nicht genügend Reifen«,<br />

beschwerte er sich. Aber wer sagt denn, dass viel wirklich viel hilft?<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 89


FOTOS: MILAGRO, BRIDGESTONE<br />

2. EIN DEFEKTER HINTERREIFEN<br />

Nachdem Jorge Lorenzo in Jerez nicht zum Reifen-Opfer wurde, griff <strong>der</strong> bösartige<br />

Gummi in Le Mans an. »Beim Bremsen ging es los, denn ich hatte in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong><br />

Kurve kein Vertrauen zum Hinterreifen. Beim Beschleunigen war es ähnlich, denn<br />

das Hinterrad hat so extrem durchgedreht, dass ich fast eine halbe Sekunde im<br />

Vergleich auf die an<strong>der</strong>en verloren habe.« Mit Platz sieben das bis dato schlechteste<br />

MotoGP-Ergebnis des zweifachen Weltmeisters - abgesehen von Ausfällen. Bridgestone<br />

wurde einmal mehr beschuldigt, die falschen Teile geliefert zu haben. Lorenzo<br />

90 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

fand für seine <strong>der</strong>art ungewohnt schlechte Leistung nur eine Erklärung: Bridgestone<br />

hatte ihm einen defekten Reifen geliefert. Alles böser Wille o<strong>der</strong> wollten die Japaner<br />

nur für etwas Abwechslung sorgen? Nichts <strong>der</strong>gleichen. Denn später stellte sich<br />

heraus, dass <strong>der</strong> Reifen tadellos war. »Jorges Rennreifen wurde durch seinen Ingenieur<br />

gründlich untersucht und für einwandfrei funktionstüchtig befunden. Darüber hinaus<br />

habe ich den Reifen selbst untersucht«, sagte Shinji Aoki, Leiter <strong>der</strong> Abteilung Reifen-<br />

Entwicklung. Chefsache also. Und eine Menge heiße Luft.<br />

FOTOS: HONDA


1. DIE KATASTROPHE AUF DER INSEL<br />

Die Sorgen rund um das schwarze Gold gipfelten im<br />

Rennen auf Phillip Island 2013. Zugegeben - mit dem<br />

neuen Asphalt hatte <strong>der</strong> Reifenhersteller einfach nicht<br />

gerechnet und Tests waren zuvor nicht geplant. Also<br />

erlebte die MotoGP-Welt eines <strong>der</strong> skurrilsten Rennen<br />

<strong>der</strong> Geschichte. Der Sicherheit halber entschied sich<br />

die Rennleitung für Boxenstopps zur Rennmitte. Der<br />

drei Millionen Euro teure Asphalt fraß die Reifen förmlich<br />

auf. Nicht nur <strong>der</strong> viel bessere Grip, son<strong>der</strong>n auch<br />

viel höhere Reifentemperaturen führten zum Desaster.<br />

Pirelli hatte schon beim Superbike-Lauf zu Beginn des<br />

Jahres Probleme. Warum die Japaner mit keiner Silbe<br />

daran dachten, dass es auch in <strong>der</strong> MotoGP auf dem<br />

neuen Asphalt zu diversen Unstimmigkeiten kommen<br />

könnte, versteht bis heute niemand. »Lächerlich« und<br />

»verwirrend« waren die Begriffe, die am 16. Rennwochenende<br />

<strong>der</strong> Saison am häufigsten fielen. Als<br />

Zuschauer und begeisterter Fan muss man Bridgestone<br />

aber danken. Schließlich gab es schon lange<br />

nicht mehr so viel Spannung in einem so kurzen Rennen<br />

<strong>der</strong> <strong>König</strong>sklasse.<br />

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Kallio bleibt auch bei<br />

heißesten Versuchungen<br />

cool<br />

FOTOS: MILAGRO, KTM<br />

92 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

DER ZWEITE FRÜHLING<br />

MIKA KALLIO GEHÖRT SEIT ÜBER 200 RENNEN ZUM INVENTAR DER MOTORRAD-WM. VOR EINEM JAHR<br />

FAND ER ZURÜCK AUF DIE SIEGERSTRASSE UND DARF 2014 SOGAR WIEDER EINEN TITEL INS VISIER<br />

NEHMEN. BEKOMMT ER NÄCHSTE SAISON GAR EINE ZWEITE CHANCE IN DER MOTOGP?<br />

FOTOS: MIALGRO<br />

»200 - das ist doch nur eine Zahl!« So<br />

bescheiden gibt sich Mika Kallio, als das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> ihm zum Jubiläumsstart<br />

in <strong>der</strong> Motorrad-WM gratulieren will.<br />

Als 20. Fahrer in <strong>der</strong> Geschichte und als<br />

erster skandinavischer Pilot hatte Kallio beim<br />

Argentinien GP die Marke von 200 Starts<br />

geknackt. Aus dem aktuellen Fahrerfeld<br />

haben nur Valentino Rossi, Alex de Angelis,<br />

Dani Pedrosa und Anthony West mehr Rennen<br />

auf dem Buckel. »Aber diese Zahl bedeutet<br />

zumindest, dass ich in meiner Karriere<br />

einiges richtig gemacht und dadurch immer<br />

wie<strong>der</strong> einen Platz in guten Teams bekommen<br />

habe«, räumt Kallio ein. Seit 2002 ist<br />

<strong>der</strong> Finne fester Bestandteil des WM-Zirkus<br />

und fuhr bereits in vier verschiedenen Klassen<br />

Motorrä<strong>der</strong> von fünf unterschiedlichen<br />

Herstellern. »Wenn ich mich für ein<br />

bestimmtes Motorrad entscheiden müsste,<br />

dann wäre es <strong>der</strong> 250cc-Zweitakter. Das war<br />

ein unglaublich leichtes Motorrad mit viel<br />

Kraft«, gerät Kallio ins Schwärmen über die<br />

guten alten Zeiten.<br />

Damals (2007 und 2008) duellierte sich <strong>der</strong><br />

Finne als KTM-Werkspilot in <strong>der</strong> Viertelliterklasse<br />

mit Fahrern wie Jorge Lorenzo,<br />

Andrea Dovizioso, Marco Simoncelli und<br />

Alvaro Bautista auf den Spitzenpositionen.<br />

Fünf Siege und zehn Podiumsplätze binnen<br />

zwei Jahren sowie Rang drei in <strong>der</strong> WM-<br />

Endabrechnung 2008 führten ihn schließlich<br />

in die MotoGP, wo seine bis dahin gut verlaufene<br />

Karriere (Kallio wurde unter an<strong>der</strong>em<br />

zweimal 125cc-Vizeweltmeister) zum<br />

ersten Mal ins Stocken geriet. Mit einer<br />

Ducati hatte er sich im Pramac Team aber<br />

auch nicht unbedingt das einfachste Arbeitsgerät<br />

ausgesucht. »Die Desmosedici GP9 war<br />

zu diesem Zeitpunkt wahrlich nicht das beste<br />

Motorrad, aber wir schafften es einige Male<br />

in die Top-10. Das erste Jahr war ich für<br />

einen Rookie gar nicht so schlecht. Die<br />

zweite Saison war allerdings ein echtes Desaster.<br />

Ich hatte eine Schulterverletzung und<br />

konnte nicht so fahren, wie ich das gewohnt<br />

war. Auch die Entwicklung des Bikes ging in<br />

eine komplett an<strong>der</strong>e Richtung, als ich mir<br />

das gewünscht hätte«, blickt Kallio wehmütig<br />

auf seine beiden MotoGP-Jahre zurück. 2011<br />

erfolgte <strong>der</strong> bittere Schritt zurück in die<br />

zweithöchste Klasse, die mittlerweile mit<br />

600cc-Viertaktern und Honda-Einheitsmotoren<br />

unter dem Titel Moto2 ausgefahren<br />

wurde. Für Kallio ein radikaler Umbruch.<br />

»Mein Selbstvertrauen war am Anfang nicht<br />

gerade hoch«, gesteht er heute. Ein Motorradfahrer<br />

ohne Vertrauen in sein Können<br />

und seine Maschine ist kein schneller Motorradfahrer.<br />

So dauerte es rund zweieinhalb<br />

Jahre, bis Kallio in <strong>der</strong> Moto2 gewinnen<br />

konnte - im Vorjahr in Brünn. Der erste Sieg<br />

nach über fünf Jahren und 83 Rennen beflügelte<br />

den Kampfgeist des mittlerweile<br />

31-Jährigen.<br />

»In dieser Saison fühle ich mich wie<strong>der</strong> richtig<br />

gut«, sagt <strong>der</strong> Finne, <strong>der</strong> 2014 ein gewaltiges<br />

Wörtchen um die WM mitredet. In<br />

Jerez und Le Mans siegte er zweimal in Folge<br />

und rückte damit seinem Teamkollegen Tito<br />

Rabat in <strong>der</strong> Gesamtwertung auf den Pelz.<br />

»Tito ist verdammt schnell und strotzt vor<br />

Selbstvertrauen. Wir haben keine Probleme<br />

miteinan<strong>der</strong>, aber <strong>der</strong> Teamkollege ist natürlich<br />

<strong>der</strong> Erste, den du besiegen musst. Wir<br />

sind natürlich nicht die besten Freunde und<br />

auf <strong>der</strong> Strecke will je<strong>der</strong> <strong>der</strong> Schnellere<br />

sein«, lässt Kallio seinen Killerinstinkt, <strong>der</strong><br />

ihm bislang 15 Siege einbrachte, durchblitzen.<br />

Nicht nur im Erfolgsfall darf sich <strong>der</strong><br />

Finne für nächstes Jahr vielleicht wie<strong>der</strong><br />

Gedanken über die MotoGP machen. Marc<br />

van <strong>der</strong> Straten, ein belgischer Bierbaron, für<br />

dessen Team Kallio seit zweieinhalb Jahren<br />

fährt, hat schon länger Interesse daran, sein<br />

WM-Engagement von den unteren zwei<br />

Klassen auf die <strong>König</strong>sklasse zu erweitern.<br />

Für 2015 könnte er einen neuen Anlauf nehmen.<br />

»Ich würde schon gerne wie<strong>der</strong> in die<br />

MotoGP aufsteigen. Sollte sich das Marc VDS<br />

Team zu diesem Schritt entschließen, wäre<br />

das natürlich auch für mich eine gute Gelegenheit<br />

», gesteht Kallio. Am Geld sollte es<br />

bei van <strong>der</strong> Straten nicht scheitern, doch<br />

Kallio sieht ein an<strong>der</strong>es Problem: »Ohne Bike<br />

mit Top-10-Potenzial gibt es für mich keinen<br />

Grund, es dort noch einmal zu versuchen.<br />

Da bleibe ich lieber hier in <strong>der</strong> Moto2 und<br />

duelliere mich mit den stärksten Jungs um<br />

Siege.«<br />

DIESE ZAHL BEDEUTET<br />

ZUMINDEST, DASS ICH IN<br />

MEINER KARRIERE EINIGES<br />

RICHTIG GEMACHT HABE UND<br />

DADURCH IMMER WIEDER<br />

EINEN PLATZ IN GUTEN TEAMS<br />

BEKOMMEN HABE.<br />

Kallio lacht<br />

wie<strong>der</strong> häufiger<br />

vom Treppchen<br />

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KTM<br />

VS.<br />

TEXT:<br />

MICHAEL<br />

HÖLLER<br />

HONDA<br />

NEUE BESTE FEINDE<br />

IN DER MOTO3 TOBT EIN KAMPF DER HERSTELLER. KTM KONNTE HONDA AUF DEM FALSCHEN FUSS ERWISCHEN UND<br />

FÄHRT SEIT BEINAHE ZWEI JAHREN SIEG UM SIEG EIN. DAMIT WECKTEN DIE ÖSTERREICHER ABER DEN KAMPFGEIST<br />

DES JAPANISCHEN GROSSKONZERNS.<br />

Efren Vazquez<br />

fährt eine Honda<br />

beim Racing<br />

Team Germany<br />

Isaac Vinales trug<br />

seine KTM in Le<br />

Mans erstmals<br />

auf das Podium<br />

Mugello, 15. Juli 2012. Maverick<br />

Vinales gewinnt vor Romano<br />

Fenati, Honda feiert einen Doppelsieg<br />

und jubelt über den siebten<br />

Sieg im neunten Rennen <strong>der</strong> eben erst eingeführten<br />

Moto3-Klasse. Was damals noch keiner<br />

wusste: Es sollte <strong>der</strong> letzte Sieg einer Honda in<br />

dieser Klasse auf Jahre sein. Zeitsprung -<br />

Mugello, 1. Juni 2014. Romano Fenati siegt und<br />

erzielt damit den 27. Sieg in Folge für eine reinrassige<br />

KTM in <strong>der</strong> Moto3. »Wenn wir diese<br />

Zahl so sehen, dann macht uns das natürlich<br />

extrem stolz. Vor allem, da wir ja nie mit dem<br />

Glauben in diese Klasse eingestiegen sind, dass<br />

wir je so dominieren könnten«, erklärt KTM-<br />

Sportchef Pit Beirer im Gespräch mit dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. »Wir haben von Beginn<br />

an normale Rennsportentwicklung betrieben.<br />

Im letzten Jahr haben wir einen klaren Schritt<br />

nach vorne gemacht, <strong>der</strong> für Honda vielleicht<br />

einen Tick zu groß war.« So blieb <strong>der</strong> japanische<br />

Motorrad-Gigant 2013 in <strong>der</strong> kleinsten Klasse<br />

<strong>der</strong> WM ohne einen einzigen Podiumsplatz.<br />

So sehr die sportlichen Erfolge ausblieben, so<br />

wenig hielt man mit Kritik am neuen Rivalen<br />

hinter dem Berg. »Die Moto3 wurde ins Leben<br />

gerufen, um gegenüber <strong>der</strong> alten 125cc-WM<br />

billigeren Rennsport für die Teams zu ermöglichen.<br />

Daher haben wir ein Motorrad aufgebaut,<br />

das kostengünstig und trotzdem konkurrenzfähig<br />

war. Doch unser Konkurrent hat dann<br />

etwas mehr Aufwand in dieses Projekt gesteckt«,<br />

kritisiert HRC-Teamchef Livio Suppo im<br />

Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Eine<br />

Kritik, die Beirer nicht auf KTM sitzen lassen<br />

will: »Das entspricht nicht <strong>der</strong> Realität, denn<br />

das Reglement hat die Kosten für die Teams von<br />

Anfang an limitiert. Ein Motor darf für 12.000<br />

Euro an die Teams verrechnet werden, ein erstklassiges<br />

KTM-Werksmotorrad gibt es um<br />

100.000 Euro. Dass wir selbst auch etwas in die<br />

Entwicklung investieren, ist nicht verboten.<br />

Honda macht in <strong>der</strong> MotoGP nichts an<strong>der</strong>es.<br />

Wir als Hersteller bekommen hier in <strong>der</strong> WM<br />

eine Bühne, auf <strong>der</strong> wir uns in jedem Rennen<br />

vor 100.000 Zusehern präsentieren dürfen. Da<br />

gehört ein gewisses Investment einfach dazu.«<br />

Im Winter schlug Honda ohnehin zurück. »Wir<br />

hatten nur zwei Optionen«, erklärt Suppo. »Entwe<strong>der</strong><br />

wir hätten gesagt, dass uns die Moto3<br />

94 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


nicht mehr interessiert. O<strong>der</strong>, wenn KTM spielen<br />

will, dann spielen wir eben mit ihnen. Wir<br />

haben uns für Letzteres entschieden«, meint <strong>der</strong><br />

Italiener mit einem Augenzwinkern. Honda<br />

bemühte sich nicht nur mit einem massiven<br />

Entwicklungsschub, son<strong>der</strong>n spielte auch seine<br />

Karten im Paddock perfekt aus. So warb man<br />

den spanischen Monlau-Rennstall von Emilio<br />

Alzamora samt <strong>der</strong>en Top-Piloten Alex Rins<br />

und Alex Marquez von KTM ab und installierte<br />

dort eine Art Honda-Werksteam. »Dass Monlau<br />

übergelaufen ist, nachdem wir ihnen unsere<br />

ganzen Geheimnisse offengelegt hatten,<br />

schmerzte natürlich sehr«, sagt Beirer. Im<br />

Gegenzug zogen die Österreicher mit Valentino<br />

Rossi und seinem neuen Rennstall einen prominenten<br />

Ersatz an Land. Zudem angelte sich<br />

KTM mit Jack Miller den im Vorjahr bestplatzierten<br />

Honda-Piloten <strong>der</strong> WM-Wertung für<br />

die Werksmannschaft. Prompt siegten Miller<br />

und <strong>der</strong> für das Rossi-Team startende Fenati in<br />

den ersten sechs Saisonrennen des neuen Jahres<br />

je drei Mal. »Mit Nakamoto (HRC-Vizepräsident)<br />

scherze ich oft, dass das die Rache <strong>der</strong><br />

letztjährigen Honda-Fahrer Miller und Fenati<br />

ist. Vielleicht wollen sie nicht, dass eine Honda<br />

gewinnt und haben deshalb das Fünkchen<br />

Extramotivation«, so Suppo.<br />

DASS MONLAU ÜBERGELAUFEN IST,<br />

NACHDEM WIR IHNEN UNSERE GANZEN<br />

GEHEIMNISSE OFFENGELEGT HATTEN,<br />

SCHMERZTE NATÜRLICH SEHR.<br />

Rivalität zwischen KTM und Honda jedenfalls<br />

zuträglich. Die Spitzengruppen sind dank <strong>der</strong><br />

Bemühungen <strong>der</strong> beiden Hersteller größer denn<br />

je, die Fahrer motivierter denn je und <strong>der</strong> neue<br />

Weltmeister wird im November in Valencia eine<br />

<strong>der</strong> umkämpftesten Trophäen <strong>der</strong> Geschichte<br />

stemmen. »Jetzt herrscht wie<strong>der</strong> Normalzustand.<br />

Honda hat die Klasse und die Aktivitäten<br />

von KTM anfänglich vielleicht etwas unterschätzt«,<br />

sagt Beirer. Angesprochen auf die<br />

aktuelle Stimmung zwischen den beiden Marken<br />

meint Suppo nur: »Beziehungen zwischen<br />

Herstellern sind immer wettbewerbsorientiert.«<br />

Den Fans kann das nur recht sein.<br />

Jack Miller ist die<br />

Trumpfkarte von<br />

KTM<br />

Honda schnappte<br />

sich das Talent<br />

Alex Rins<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

Für die Spannung in den Rennen ist die neue


Jonathan Rea stieg zum<br />

Seriensieger auf<br />

FOTOS: HONDA<br />

96 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TEXT: MARIA POHLMANN<br />

POLE POSITION, DOPPELSIEG UND WM-FÜHRUNG: JONATHAN REA UND DEM PATA HONDA WORLD<br />

SUPERBIKE TEAM GELANG IN DIESER SAISON ENDLICH DER DURCHBRUCH. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN<br />

SPRACH MIT TEAMCHEF RONALD TEN KATE ÜBER DIE ERFOLGE.


Leon Haslam ist<br />

das Sorgenkind bei<br />

Pata Honda<br />

MSM: Wie hast du dich nach dem erfolgreichen<br />

Rennwochenende in Imola gefühlt?<br />

RONALD TEN KATE: Es fühlte sich wirklich<br />

großartig an. Ich war echt glücklich, schließlich<br />

ist Gewinnen das Wichtigste in unserem<br />

Geschäft, aber ich war gleichzeitig auch sehr,<br />

sehr stolz. Imola bedeutete für uns einen Durchbruch.<br />

Wir hatten in den letzten Jahren dort<br />

nicht wirklich tolle Ergebnisse. Es hat das komplette<br />

Team - und damit meine ich alle, inklusive<br />

<strong>der</strong> Fahrer - viel Anstrengung und harte Arbeit<br />

gekostet, diese Wende zu schaffen. In Imola war<br />

es schlichtweg ein wun<strong>der</strong>volles Gefühl, zu<br />

sehen, dass sich all unsere Arbeit, die wir investiert<br />

haben, schließlich ausgezahlt hat.<br />

Bist du stolz auf Jonathan Rea?<br />

Ich bin stolz auf alle unsere Fahrer. Zu Johnny<br />

haben wir natürlich schon eine sehr lange Beziehung.<br />

Er fährt seit 2008 für uns und ist seitdem<br />

mit uns gewachsen. Er begann als Jungspund in<br />

<strong>der</strong> Supersport-WM mit uns und ist jetzt ein<br />

Mann und Vater. Wir haben ihn aufwachsen<br />

sehen. Wenn man solange zusammenarbeitet,<br />

entwickelt man natürlich ein beson<strong>der</strong>es Verhältnis.<br />

Er war immer loyal - nicht nur gegenüber<br />

dem Team, son<strong>der</strong>n auch gegenüber Honda. Er<br />

hatte Chancen, zu an<strong>der</strong>en Teams zu wechseln<br />

und sogar die Meisterschaft zu wechseln, aber<br />

er blieb uns gegenüber loyal, da er an unser Programm<br />

glaubte. Ihn gewinnen zu sehen, war<br />

etwas Beson<strong>der</strong>es. Ich wäre genauso glücklich,<br />

einen meiner an<strong>der</strong>en Fahrer siegen zu sehen,<br />

UNSER GESCHÄFT VON TEN<br />

KATE TUNING UND RACING PRO-<br />

DUCTS STEHT IN ZUSAMMEN-<br />

HANG MIT PRODUCTION-BIKES,<br />

WONACH UNSERE ZUKUNFT<br />

IM FAHRERLAGER DER WORLD<br />

SUPERBIKE SEIN WIRD. WIR<br />

KÖNNTEN IN ALLEN KLASSEN<br />

VERTRETEN SEIN.<br />

aber Johnny hat natürlich einen speziellen Platz<br />

durch diese lange Beziehung, die uns<br />

verbindet.<br />

Ihr hattet in den vergangenen Jahren einige Probleme<br />

mit <strong>der</strong> Elektronik. Wie konntet ihr das<br />

lösen?<br />

Wir haben das Elektronik-Programm in diesem<br />

Jahr zusammen mit Cosworth komplett selbst<br />

in die Hand genommen. Ein Programm, das<br />

schon Mitte <strong>der</strong> letzten Saison begann, als deutlich<br />

wurde, dass die gewünschten Ergebnisse<br />

2013 nicht kamen. Direkt nach Jonathans Verletzung<br />

auf dem Nürburgring begannen wir, das<br />

neue Paket zu entwickeln und setzten uns für<br />

2014 neue Ziele, denn es musste etwas Großes<br />

passieren. Wir haben jetzt nicht nur das Rideby-Wire-Kit<br />

angepasst, son<strong>der</strong>n auch die duale<br />

Motoreinheit, was man deutlich an den Bikes<br />

hört. Das war ein großer Durchbruch. Ich weiß,<br />

dass Massimo Neri in <strong>der</strong> Öffentlichkeit viel<br />

Aufmerksamkeit geschenkt wird, aber es ist eine<br />

Team-Leistung. Bei uns arbeiten vier Leute dauerhaft<br />

an <strong>der</strong> Elektronik, dazu kommen Ingenieure<br />

von Cosworth. Es ist also keine Einzelmission,<br />

aber natürlich war Massimo eine große<br />

Helfe, um die Entwicklung voranzutreiben, da<br />

er mit dem System, das wir jetzt haben, zuvor<br />

schon gearbeitet hat.<br />

Wie habt ihr es geschafft, die CBR wie<strong>der</strong> zu<br />

einem siegfähigen Motorrad zu machen?<br />

Wir haben immer an das Potential <strong>der</strong> Maschine<br />

geglaubt. Die Fireblade hat eine sehr starke Basis,<br />

aber im letzten Jahr war klar, dass uns etwas bei<br />

<strong>der</strong> Elektronik fehlt, also brauchten wir ein neues<br />

Elektronik-Paket. Den Motor konnten wir auf<br />

dem Niveau des Vorjahres halten, während die<br />

an<strong>der</strong>en Hersteller ihre Aggregate aufgrund <strong>der</strong><br />

Motorbeschränkung in diesem Jahr scheinbar<br />

etwas abrüsten mussten und urplötzlich ist die<br />

CBR eine siegfähige Maschine.<br />

Was denkst du über die Regelän<strong>der</strong>ungen für<br />

die Saison 2015?<br />

98 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Ehrlich gesagt, denke ich, dass je<strong>der</strong> Hersteller<br />

mit den aktuellen Regeln sehr konkurrenzfähig<br />

sein kann. Wir können sehen, dass Kawasaki,<br />

Ducati, Aprilia, Honda und Suzuki gewinnen<br />

können. Einige neue Hersteller wie Bimota o<strong>der</strong><br />

EBR haben momentan noch Probleme, aber sie<br />

müssen einfach noch mehr lernen. Die Regelän<strong>der</strong>ungen<br />

sind deshalb sehr schwierig, denn wir<br />

müssen die natürliche Balance halten, die wir<br />

jetzt haben. Aktuell sind die Neuerungen aber<br />

noch nicht so klar. Viele Leute denken, dass wir<br />

im nächsten Jahr nur noch EVO-Bikes haben<br />

werden. Das wird definitiv nicht passieren: Es<br />

wird nicht nur World Superbike-Maschinen<br />

geben, aber auch nicht nur EVO-Motorrä<strong>der</strong>. Es<br />

wird sich irgendwo dazwischen einpendeln.<br />

Bevor diese Regeln aber noch nicht komplett von<br />

<strong>der</strong> FIM und <strong>der</strong> Dorna verabschiedet wurden,<br />

kann ich nicht ins Detail gehen. Ich hoffe, dass<br />

die Regelän<strong>der</strong>ungen den Einstieg für neue<br />

Teams günstiger machen. Ich mache mir nur<br />

Sorgen über die Balance aller Hersteller.<br />

Wie könnt ihr als Nicht-Werksteam so gut sein?<br />

Bekommt ihr Unterstützung von Honda aus<br />

Japan?<br />

Nein, die Basis unserer Firma ist ein Autohaus.<br />

Einen weiteren Teil stellt unsere Tuning-Firma<br />

von Rennprodukten dar und <strong>der</strong> dritte Teil ist<br />

das Rennteam selbst. Diese Kombination liefert<br />

uns viel Fachkenntnis und Wissen, das vom<br />

Team genutzt wird. Unser Team hat schon immer<br />

so gearbeitet: Wir bekamen nie direkt Teile geliefert,<br />

son<strong>der</strong>n haben alte Teile vorbereitet, entwickelt<br />

und selbst hergestellt. So fahren wir seit<br />

1994 Rennen, also schon 20 Jahre lang. Wir<br />

haben es nie an<strong>der</strong>s gemacht. Manchmal sind<br />

wir sogar etwas stolz darauf, kein Werksteam zu<br />

sein, denn wir sind verantwortlich für das Bike<br />

- auch in Zeiten, in denen es nicht so gut läuft.<br />

In Zeiten, in denen es richtig gut läuft, ist man<br />

darum natürlich doppelt so stolz, denn wir<br />

machen alles selbst. Die Unterstützung vom<br />

Werk in Japan ist nicht so groß. Momentan existiert<br />

sie fast gar nicht. Alles wird von Honda<br />

Motor Europe angetrieben. Teile aus Japan kommen<br />

nur sehr selten zu uns, natürlich herrscht<br />

dadurch auch nur ein geringer Informationsaustausch.<br />

Manchmal bekommen wir Informationen<br />

über Dinge, die wir gerade entwickeln. Am<br />

Ende wird aber alles in Nieuwleusen in Holland<br />

entwickelt.<br />

Michael van <strong>der</strong> Mark hat 2014 enorm stark<br />

begonnen. Wie denkst du über ihn? Was muss<br />

er noch lernen?<br />

Michael ist in <strong>der</strong> Tat in seiner zweiten Saison in<br />

<strong>der</strong> World Supersport sehr stark. Wir haben ehrlich<br />

gesagt von ihm erwartet, dieses Jahr einen<br />

Schritt zu machen, denn das ist, was junge Fahrer<br />

in ihrem zweiten Jahr normalerweise tun. Sie<br />

FOTOS: HONDA<br />

Dank Ronald Ten Kates Team, Leon Haslam und Jonathan<br />

Rea hat Honda in <strong>der</strong> Hersteller-Wertung einen großen<br />

Sprung nach vorne gemacht.<br />

sind dann aber noch immer nicht auf ihrem<br />

höchsten Leistungsniveau. Wir halten viel von<br />

ihm und hoffen, dass er dieses Jahr mit uns um<br />

den Titel kämpfen kann. Ich denke, er kann noch<br />

mehr lernen. Bei einem jungen Fahrer wie ihm<br />

gibt es immer viele Bereiche, in denen er noch<br />

dazulernen kann. Er ist dazu auch durchaus in<br />

<strong>der</strong> Lage. Eine seiner Schwächen ist im Moment<br />

das Qualifying. Er zeigt zwar auch in <strong>der</strong> Qualifikation<br />

ein starkes Renntempo, aber auf nur<br />

einer Runde richtig schnell zu sein, ist für ihn<br />

nicht so leicht. Während an<strong>der</strong>e Fahrer einen<br />

frischen Reifen aufziehen und direkt 0,4 o<strong>der</strong> 0,5<br />

Sekunden schneller fahren, scheint das für<br />

Michael aktuell fast unmöglich. Manchmal sind<br />

seine Qualifying-Ergebnisse nicht so gut und er<br />

startet nur aus <strong>der</strong> zweiten o<strong>der</strong> gar dritten<br />

Reihe. Aber im Rennen kommt er immer nach<br />

vorne, weil er ein wahrer Racer ist. In diesem<br />

Bereich muss er noch lernen und es gibt noch<br />

viel mehr Dinge, bei denen er noch Erfahrungen<br />

sammeln muss: zum Beispiel ein Bike einzustellen<br />

und zu verstehen, worin er seine Energie<br />

investieren soll. Er kann sehr aufgeregt sein,<br />

wenn zu viel Verkehr auf <strong>der</strong> Strecke herrscht<br />

o<strong>der</strong> Leute ihm folgen, dann ist er immer ziemlich<br />

verärgert und steckt damit Energie in unnötige<br />

Dinge. Aber das ist ein Lernprozess für ihn.<br />

Besteht für ihn die Chance, im nächsten Jahr in<br />

die WSBK aufzusteigen?<br />

Ich glaube nicht, dass er die ganze Zeit in <strong>der</strong><br />

World Supersport fahren wird, worauf auch seine<br />

Körpergröße hinweist, weil er ziemlich groß ist.<br />

Letztes Jahr in Suzuka hat er Potential auf <strong>der</strong><br />

großen Maschine gezeigt und überraschte viele<br />

Leute, weil er so schnell war. Natürlich wollen<br />

wir ihn auf World-Superbike-Niveau sehen. Ob<br />

das nächstes Jahr passiert, kann ich nicht bestätigen.<br />

Ich würde ihn eines Tages aber natürlich<br />

gerne in <strong>der</strong> World Superbike für uns antreten<br />

sehen.<br />

Wie siehst du die Zukunft deines Teams?<br />

Unser Geschäft von Ten Kate Tuning und Racing<br />

Products steht in Zusammenhang mit Production-Bikes,<br />

wonach unsere Zukunft im Fahrerlager<br />

<strong>der</strong> World Superbike sein wird. Wir<br />

könnten in allen Klassen, also World Superbike,<br />

World Supersport und vielleicht den Stock-<br />

Kategorien, vertreten sein. Ich habe es immer<br />

sehr genossen, mit jungen Fahrern zu arbeiten,<br />

wie wir es jetzt mit Michael machen. Er war erst<br />

zwei Jahre in unserem Junior Team, stieg dann<br />

in die World Supersport auf und wird in Zukunft<br />

vielleicht in <strong>der</strong> World Superbike für uns fahren.<br />

Das würde ich gerne sehen. Ständig fragen uns<br />

Leute, warum wir nicht in <strong>der</strong> MotoGP sind. Das<br />

ist kein Ziel, das wir erreichen müssen o<strong>der</strong> wollen.<br />

Unsere Zukunft wird immer mit Production-Race-Bikes<br />

zu tun haben.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 99


Dario Giuseppetti<br />

hat sich zurück<br />

gekämpft<br />

FOTOS: PEGGY REICHL<br />

Freude am<br />

Fahren:<br />

Giuseppetti<br />

kann wie<strong>der</strong><br />

lachen<br />

100 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


DIE AKTE<br />

GIUSEPPETTI<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

NACH ÜBER EINEM JAHR SASS DARIO GIUSEPPETTI IM APRIL ZUM ERSTEN MAL WIEDER AUF EINEM<br />

MOTORRAD. IM MOTORSPORT-MAGAZIN BERICHTET ER EXKLUSIV, WIE ES ZU SEINEM FURCHTBAREN<br />

UNFALL IN ALMERIA 2013 KOMMEN KONNTE.<br />

A<br />

ngenehme spanische Frühlingstemperaturen, Sonnenschein,<br />

eine leichte Brise, eine über vier Kilometer lange<br />

Rennstrecke mit acht Rechts- und fünf Linkskurven,<br />

ein gutes Gefühl, gute Grundeinstellungen, verschiedenste<br />

Reifen, ein ordentliches Tempo, eine neue persönliche Bestzeit<br />

auf Standard-Reifen: alles hätte perfekt sein können - o<strong>der</strong> zumindest<br />

in Ordnung. Wäre da nicht Testtag fünf in Almeria gewesen...<br />

»Das Letzte, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich dachte, jetzt<br />

musst du abspringen. Ob ich das geschafft habe o<strong>der</strong> nicht, kann<br />

ich nicht sagen. Dann bin ich erst wie<strong>der</strong> im Krankenhaus aufgewacht<br />

und habe gedacht, mich hat ein Bus überfahren.«<br />

Für Dario Giuseppetti hatte sich zwischen 2012 und 2013 viel<br />

geän<strong>der</strong>t: Mit neuen Mechanikern und einem neuen Bike fuhr<br />

er im Februar 2013 zum ersten Vorsaisontest nach Spanien. Das<br />

Team war gerade von <strong>der</strong> Ducati 1098 auf die Panigale umgestiegen.<br />

»Da war ein Hilfsmechaniker dabei, <strong>der</strong> bis dahin nichts<br />

mit Rennmotorrä<strong>der</strong>n zu tun hatte«, erinnert er sich. »Er hatte<br />

die Aufgabe, sich um den vor<strong>der</strong>en Teil des Motorrads zu kümmern,<br />

sprich Bremse, Reifen, etc.«<br />

Nach vier positiven Testtagen und einem erfolgreichen Vormittag<br />

entschied Giuseppetti, mit dem Test von zehn Prototyp-Reifen zu<br />

beginnen. »Die Vor<strong>der</strong>radfelgen von <strong>der</strong> 1098 kann man auch auf<br />

<strong>der</strong> Panigale verwenden. Dazu gehört aber ein spezielles Umbau-<br />

Kit. Die Fassung <strong>der</strong> Felge <strong>der</strong> 1098 ist etwas schmaler. Demnach<br />

passt das mit <strong>der</strong> Steckachse zwar rein, aber man muss größere<br />

Distanzbuchsen verwenden«, erklärt er. »Dieser Junge, <strong>der</strong> die Rä<strong>der</strong><br />

eingebaut hat, wusste - wie im Nachhinein herauskam - aber noch<br />

nicht einmal, dass es überhaupt zwei verschiedene Felgen gibt und<br />

niemand hat ihn darüber informiert, dass man darauf achten muss.<br />

Er bekam sie hingestellt und gesagt: ‚Die Rä<strong>der</strong> müssen rein.‘ Er hat<br />

das Rad eingebaut und alles festgezogen, da passiert noch nichts.<br />

Aber man hat immer etwa drei bis fünf Millimeter Spiel.«<br />

Durch die Richtungswechsel bei hoher Geschwindigkeit bewegte sich<br />

das Rad um Millimeter auf <strong>der</strong> Achse, wodurch die Bremsscheiben<br />

auf <strong>der</strong> Felge nach und nach die Bremsbacken auseinan<strong>der</strong>drückten.<br />

Bremsbacken und Kolben saßen nicht mehr fest an <strong>der</strong> Bremsscheibe.<br />

»Ich bin in die dritte Kurve eingebogen, hatte plötzlich keinen Bremsdruck,<br />

war da aber noch recht langsam unterwegs und konnte das<br />

gerade noch so retten. Daraufhin habe ich nachgepumpt und dachte<br />

erst, dass sich vielleicht irgendetwas bewegt hat o<strong>der</strong> die Bremse nicht<br />

richtig gedrückt worden war und dann bin ich in die nächste Kombination<br />

rein, wollte bremsen und bremse wie<strong>der</strong> ins Leere«, beschreibt<br />

Giuseppetti, <strong>der</strong> daraufhin in die Boxengasse einbog.<br />

Beim Team beklagte er sich über die Bremsen. »Es hieß, dass Luft in<br />

<strong>der</strong> Bremse ist, obwohl alle Anzeichen signalisiert haben, dass keine<br />

Luft in <strong>der</strong> Bremse sein konnte, son<strong>der</strong>n es ein gravierendes Problem<br />

mit <strong>der</strong> Bremse gab. Sie haben die Bremse entlüftet und da kaum Luft<br />

drin war, hätte eigentlich klar sein müssen, dass das nicht das Problem<br />

war und normalerweise hätten die Alarmglocken dann schon läuten<br />

müssen, schließlich waren die unterschiedlichen Rä<strong>der</strong> auch nicht<br />

gekennzeichnet. Ich wurde trotzdem wie<strong>der</strong> rausgeschickt.« Im<br />

Testrhythmus kam <strong>der</strong> Berliner nicht auf die Idee, weiter nachzuhaken<br />

und vertraute seiner Crew.<br />

»Wie<strong>der</strong> dasselbe Spiel: Ich fuhr aus <strong>der</strong> Box raus, spürte den Bremsdruck<br />

und dachte jetzt ist alles okay. Als ich dann die Linkskurve<br />

anbremsen wollte, habe ich die Bremse durchgezogen, aber es setzte<br />

keine Verzögerung ein. Bei einem Tempo von 170 km/h hatte ich keine<br />

Zeit mehr. Ich bin mit hoher Geschwindigkeit ins Kiesbett gefahren.<br />

Die Auslaufzone ist dort sehr, sehr kurz, was heißt, dass die Reifenstapel<br />

und die Leitplanke sehr früh kommen...«<br />

Nach dem Einschlag kam Giuseppetti erst im Krankenhaus wie<strong>der</strong> zu<br />

sich. »Die Erstversorgung war sehr gut, obwohl alles ein bisschen<br />

schwierig war, denn durch eine sehr starke Schwellung im Rückenmark,<br />

konnten die Ärzte am Anfang kaum etwas erkennen.« Nach einer<br />

Woche mit einem großen Bluterguss, starken Schmerzen, kaum Gefühl<br />

in den Beinen und ohne jegliche Bewegung wurde <strong>der</strong> Ducati-Pilot<br />

nach Cartagena verlegt. »Dort hat sich mein Freund Manuel Hernandez<br />

um alles Weitere gekümmert. Mein Team ist nach dem Unfall ins Kran-<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 101


kenhaus gekommen und hat sich kurz informiert. Der Teamchef ist<br />

dann weitergezogen, am Abend noch nach Hause geflogen und seitdem<br />

habe ich ihn nicht mehr gesehen.«<br />

Der Teamchef wollte sich auf Nachfrage des <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>s zu<br />

den Aussagen seines Ex-Fahrers nicht äußern. Giuseppetti lag damals<br />

drei Wochen lang im Gips-Bett. »Darin ist man komplett fest und kann<br />

auch keine seitlichen Bewegungen machen. Letztlich bestand die ganze<br />

Kurierphase aus liegen, liegen und noch mehr liegen. Nach zweieinhalb<br />

Wochen haben sie mich zum ersten Mal richtig aufgesetzt. Dann kannst<br />

du mal zwei, drei Schritte gehen, dann legen sie dich wie<strong>der</strong> hin. Ich<br />

habe immer Hilfe benötigt, weil ich wie ein Käfer war, <strong>der</strong> auf dem<br />

Rücken lag.« Fünf Wochen später durfte <strong>der</strong> Berliner wie<strong>der</strong> nach<br />

Hause fliegen. »Ich lag fast fünf Monate nur herum und habe nach und<br />

nach versucht, die Beine wie<strong>der</strong> zu bewegen. Der Weg bis zur ersten<br />

Reha-Maßnahme war hart.«<br />

G<br />

iuseppetti war in dieser Zeit auf Hilfe an<strong>der</strong>er angewiesen.<br />

»Lediglich mit den Leuten <strong>der</strong> alten Crew stand<br />

ich noch in Kontakt. In den ersten drei Monaten war<br />

ich nicht einmal in <strong>der</strong> Lage, alleine auf die Toilette zu<br />

gehen o<strong>der</strong> mich zu waschen. Ich war mit einem Korsett die ganze Zeit<br />

fixiert.« Erst Mitte Oktober 2013 konnte er die erste Rehabilitation<br />

beginnen. »Dort habe ich größere Fortschritte gemacht. Da wurde<br />

mehr in die Tiefenmuskulatur und an <strong>der</strong> Balance gearbeitet, weil du<br />

ja in dem halben Jahr, in dem du dich überhaupt nicht bewegt hast,<br />

schon viel verloren hast«, sagt Giuseppetti, dem in dieser Zeit verschiedene<br />

Sportärzte attestierten, dass er 2013 und wohl auch darüber hinaus<br />

nicht mehr Motorradfahren könne.<br />

»Die Reha-Maßnahmen haben mir sehr geholfen. Lei<strong>der</strong> ist es nach<br />

wie vor aber noch so, dass ich in gewissen Situationen immer noch<br />

Schmerzen habe«, gibt er zu. »Einen richtigen Superbike-Einsatz<br />

schiebe ich lei<strong>der</strong> immer noch weiter und weiter hinaus, bis ich wirklich<br />

sagen kann, dass ich mich wohlfühle und es noch einmal versuchen<br />

kann. Viel besser wird es wahrscheinlich nicht mehr werden. Ich muss<br />

morgens viel Gymnastik machen, damit ich mir überhaupt alleine die<br />

Socken anziehen kann. Abends habe ich noch ein bisschen Schmerzen,<br />

aber im Großen und Ganzen ist es im Vergleich zu dem, was vorher<br />

war, sehr gut.«<br />

Im April 2014 saß Giuseppetti beim Einführungslehrgang des ADAC<br />

Junior Cup powered by KTM als Instruktor zum ersten Mal wie<strong>der</strong><br />

auf einem Motorrad. »Ich arbeite auch bei den Hafeneger Renntrainings<br />

vereinzelt übers Jahr mit. Das Hauptaugenmerk liegt in diesem Jahr<br />

aber auf <strong>der</strong> spanischen Meisterschaft. Dort arbeite ich mit Hernandez<br />

im Team H43 zusammen, kümmere mich um die ganze Teamorganisation<br />

und bin mit ihm zusammen Crewchief. Ansonsten bin ich - wenn<br />

es sich zeitlich einrichten lässt - auch bei <strong>der</strong> IDM bei meinem Team<br />

3C Racing, um das Team zu vertreten und helfe natürlich so weit es<br />

geht Max Neukirchner und Xavi Fores.«<br />

Als wären alle gesundheitlichen Schäden nicht schon genug, steckt er<br />

auch etwa eineinhalb Jahre nach dem Unfall noch in finanziellen<br />

DAS LETZTE, WORAN ICH MICH ERINNERN KANN, IST,<br />

DASS ICH DACHTE, JETZT MUSST DU ABSPRINGEN.<br />

OB ICH DAS GESCHAFFT HABE ODER NICHT, KANN ICH<br />

NICHT SAGEN. DANN BIN ICH ERST WIEDER IM<br />

KRANKENHAUS AUFGEWACHT.<br />

Schwierigkeiten. »Anfangs gab es eine ganz klare Vereinbarung: Ich<br />

sollte einen neuen Vertrag bekommen, den ich schon lange vor dem<br />

ersten Test unterschrieben haben sollte.« Doch <strong>der</strong> Vertrag wurde nie<br />

vorgelegt. » Durch diesen Vertrag kann ich normalerweise meine Sportversicherungen<br />

abschließen, die ich bis dahin nicht abschließen<br />

konnte.« Dennoch flog <strong>der</strong> Berliner zum Test nach Spanien. »Letzten<br />

Endes wollte ich immer Rennen fahren und das war auch <strong>der</strong> Grund,<br />

warum ich mir das alles über die Jahre angetan habe. Da bin ich aber<br />

auf <strong>der</strong> Strecke geblieben, weil nichts abgewickelt war, keine Übernahme<br />

und damit auch keine gültige Versicherung, die in dem Fall<br />

hätte greifen können.«<br />

Allein in Spanien blieb Giuseppetti auf fast 15.000 Euro Krankenhausrechnungen<br />

sitzen, die vor Ort entrichtet werden musste. »Meine<br />

Familie hat das weitestgehend übernommen. Hernandez hat mir das<br />

Geld vor Ort vorgestreckt. Durch die Hilfe meines Sponsors 3C Carbon,<br />

beson<strong>der</strong>s Geschäftsführer Karsten Jerschke, und meinen damaligen<br />

Sponsor Technogym - allen voran Winfried Reicht - konnte ich Einiges<br />

abdecken. Ich habe aus dem letzten Jahr noch immer über das Doppelte<br />

offen, weil ich mir viel Geld leihen musste, das ich nicht hatte. Ich<br />

versuche jetzt auf allen möglichen Ebenen das Geld wie<strong>der</strong> reinzuholen<br />

und es den Leuten zurückzuzahlen. Ich bin jetzt ein armer Schlucker,<br />

war aber auch vorher nicht reich«, erklärt er offen.<br />

Heute ärgert sich Giuseppetti über sein blindes Vertrauen. »Über die<br />

Jahre wurde viel Geld durch mich verdient, das Team hatte durch mich<br />

extrem gute Publicity und feierte mit wenig Einsatz gute Erfolge. Als<br />

ich dann wirklich auf Hilfe angewiesen war, hat sich <strong>der</strong>jenige dann<br />

nicht mehr verpflichtet gefühlt, von sich aus Hilfe anzubieten. Das war<br />

nicht nur geschäftlich, son<strong>der</strong>n vor allem menschlich eine riesige Enttäuschung.«<br />

Der 29-Jährige sagt, er habe sich nichts vorzuwerfen. »Ich<br />

habe alles richtig gemacht, immer 110 o<strong>der</strong> 120 Prozent auf dem<br />

Motorrad gegeben, das oft in einem extrem schlechten Zustand und<br />

schlecht vorbereitet war.«<br />

Giuseppetti ärgert<br />

sich über so<br />

manchen<br />

Wegbegleiter aus<br />

<strong>der</strong> Vergangenheit<br />

FOTOS: PEGGY REICHL<br />

102 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Ein Bild aus<br />

besseren Tagen:<br />

Giuseppetti im<br />

Renntempo<br />

Giuseppetti gab<br />

als Instruktor im<br />

ADAC Junior Cup<br />

sein Comeback<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 103


SLIDESHOW | MOTORSPORT | #37 | 2014<br />

❱ KLINGT GUT,<br />

AUCH OHNE LÄRM<br />

ROBERT SEIWERT<br />

FOTO: MICHELIN<br />

Ohren spitzen, die <strong>Formel</strong> E kommt! Auf leisen Sohlen, und doch mit<br />

Knalleffekt. Mit Stadtrennen-Konzept und mehr o<strong>der</strong> weniger bekannten<br />

Fahrern hat sich die Öko-Serie vor <strong>der</strong> Premiere in diesem Jahr Gehör<br />

verschafft. Die Idee klingt gut, aber am Ende entscheidet <strong>der</strong> Zuschauer.<br />

<strong>Motorsport</strong> als Familienereignis? Kein Sound? Autowechsel im Rennen?<br />

Zusatzboost via Twitter? So etwas gab es noch nie in <strong>der</strong> Rennsportgeschichte.<br />

Zweifel sind angebracht, aber ein weiser Mann sagte mal dazu:<br />

»Warum muss man immer Vergleiche zur <strong>Formel</strong> 1 ziehen?« Dieser Mann<br />

heißt Alain Prost. Der muss es als Professor und Vierfach-Weltmeister ja<br />

wissen - also geben wir <strong>der</strong> <strong>Formel</strong> E eine faire Chance.<br />

104 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 105


Schubert greift mit zwei<br />

BMW Z4 GT3 auf <strong>der</strong><br />

Nordschleife an<br />

DAS 24-STUNDEN-RENNEN AUF DEM NÜRBURGRING: VOLLGAS-FEIER AUF DER GEFÄHRLICHSTEN<br />

RENNSTRECKE DER WELT. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN BEGIBT SICH AUF SPURENSUCHE BEIM<br />

SCHMALEN GRAT ZWISCHEN PARTYSTIMMUNG UND PROFESSIONALITÄT.<br />

DIE EXTREMSTE<br />

TEXT: ROBERT SEIWERT<br />

106 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: SX CONSULTING GROUP<br />

PARTY DER WELT<br />

Die legendärste<br />

Rennstrecke <strong>der</strong> Welt:<br />

Die Nordschleife<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 107


Die BMW-Profis<br />

mittendrin bei <strong>der</strong><br />

Vollgas-Party<br />

Der Z4 ist <strong>der</strong><br />

Nachfolger des<br />

erfolgreichen M3<br />

FOTOS: SX CONSULTING GROUP<br />

BMW feierte 2010<br />

den letzten<br />

Gesamtsieg beim<br />

24h-Rennen<br />

108 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Als ob man einen torkelnden Riesen im Vollrausch losgeschickt<br />

hätte, um die Strecke festzulegen.˝ Treffen<strong>der</strong> hätte es ein<br />

britischer Journalist nicht ausdrücken können, als er seine<br />

Beobachtungen nach dem Eröffnungsrennen <strong>der</strong> Nordschleife<br />

am 18. Juni 1927 zu Papier brachte. Das betrunkene Ungetüm hat<br />

gute Arbeit geleistet, knapp 90 Jahre später ist <strong>der</strong> Nürburgring noch<br />

immer Faszination pur. Highlight des Jahres: das legendäre 24-Stunden-<br />

Rennen. Vollgas-Rausch. Adrenalin-Überdosis. Party zweimal rund um<br />

die Uhr - Zeit zum Schlafen bleibt nicht. »Viele Leute vergleichen dieses<br />

Wachbleiben während des 24-Stunden-Rennens mit einem Diskobesuch.<br />

Das ist auch nicht so weit davon entfernt, aber: Wenn <strong>der</strong> Diskobesuch<br />

früh morgens endet, geht es bei uns weiter«, verrät Stefan Wendl, <strong>der</strong><br />

Teammanager des BMW Sports Trophy Team Schubert, dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />

Spaßveranstaltung 24 Stunden? Fehlanzeige, diese Zeiten sind längst Geschichte.<br />

Wenn in <strong>der</strong> Diskothek die Lichter ausgehen, regiert die Lichthupe in <strong>der</strong> Grünen<br />

Hölle. Während sich die Feiermeute gemächlich in <strong>der</strong> Schlange zur Jackenausgabe<br />

einreiht, schlängeln sich die schnellen<br />

GT3-Boliden durch den dichten Verkehr des<br />

24-Stunden-Rennens. Es geht um viel. Seit die<br />

großen Werke das Potenzial des Rennens mitten<br />

in <strong>der</strong> beschaulichen Eifel erkannt haben,<br />

wird nichts mehr dem Zufall überlassen. Sieg<br />

statt Spaß - so lautet das Motto <strong>der</strong> Vollgas-<br />

Feier. Das werksunterstützte BMW-Team<br />

Schubert rückt mit einer Entourage von<br />

»ICH FINDE ES NICHT SCHLIMM, 24<br />

STUNDEN AM STÜCK NICHT RICHTIG ZU<br />

SCHLAFEN. EIN PAAR RUHEPHASEN<br />

MÜSSEN ABER SCHON SEIN. FERNSEH-<br />

SCHAUEN ODER SO, UM EINFACH DEN<br />

KÖRPER RUNTERZUFAHREN.«<br />

30 Ingenieuren und Mechanikern für<br />

seine beiden BMW Z4 GT3-Boliden an.<br />

Kein Einlass für Amateure, wie auch die<br />

Fahrerbesetzung <strong>der</strong> Truppe aus Oschersleben zeigt. Von Claudia Hürtgen bis<br />

hin zum früheren DTM-Champion Martin Tomczyk bedient sich Schubert<br />

vom Feinsten, was <strong>der</strong> BMW-Werkska<strong>der</strong> zu bieten hat.<br />

»Wir hatten bisher immer super Fahrer und auch dieses Mal bin ich wie<strong>der</strong><br />

sehr zufrieden mit unserer Auswahl«, sagt Wendl. »Die Werksunterstützung<br />

bringt zudem Planungssicherheit sowie finanzielle Unterstützung und technisches<br />

Know-how.« Die Piloten wissen, worum es geht. Um Prestige und<br />

viel Geld. Das altbekannte ‚Prädikat Nordschleife‘ hat in den vergangenen<br />

Jahren ein neues Level erreicht. »Die 24 Stunden am Ring sind dieses Jahr<br />

mein größtes und wichtigstes Rennen«, weiß Dirk Werner. »Die 24 Stunden<br />

sind schon das Highlight <strong>der</strong> Saison und da willst du natürlich ständig 100<br />

Prozent geben«, sagt auch die erfahrene Renn-Lady Hürtgen, die 1997 ihr<br />

erstes 24-Stunden-Rennen in Le Mans bestritt.<br />

Bestand die Vorbereitung auf den Eifel-Klassiker früher aus Currywurst und<br />

Bier, ist Fitness inzwischen das A und O des wohl härtesten Rennens <strong>der</strong> Welt.<br />

Extraschichten für den Erfolg - ein gutes Abschneiden am Nürburgring kann<br />

auch <strong>der</strong> eigenen Karriere einen zusätzlichen Push verleihen. »Da bist du<br />

noch mal eine Spur motivierter und gehst vielleicht noch eine Runde mehr<br />

laufen«, sagt Schubert <strong>Motorsport</strong>-Pilot Jens Klingmann dem <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> vor seinem vierten Start beim 24h-Rennen. »Kann ja nicht schaden.<br />

Man darf sich mit <strong>der</strong> ganzen Geschichte aber auch nicht verrückt machen.«<br />

Die 24 Stunden sind sowieso schon verrückt genug. Anspannung am Kommandostand,<br />

Adrenalin im Cockpit. Der Wald- und Wiesenmarathon ist<br />

nicht irgendein Rennen. Er ist das Rennen des Jahres. Ausnahmezustand auf<br />

und abseits <strong>der</strong> Strecke - und dann gehen auch noch die Lichter aus. »In <strong>der</strong><br />

Nacht habe ich immer das Gefühl, als ob ich über die Nordschleife fliegen<br />

würde«, so Klingmann. »Die Rundenzeiten bleiben zwar gleich, aber du hast<br />

viel weniger Orientierungspunkte und dadurch fühlt sich subjektiv alles viel<br />

schneller an. Da denkst du, dass du in je<strong>der</strong> Runde einen neuen Rundenrekord<br />

aufstellst!« 24-Stunden-Rennen sind keine Seltenheit mehr, rund um den<br />

Globus sind Veranstalter und Fans auf den Geschmack gekommen. Doch <strong>der</strong><br />

Nürburgring zählt weiter zu den exklusivsten Clubs und kann es sich leisten,<br />

auf alten Charme zu setzen. »Gerade auf <strong>der</strong> Nordschleife ist es schwierig,<br />

nachts zu fahren«, erklärt Werner die Ring-Beson<strong>der</strong>heit. »Es ist ziemlich<br />

dunkel im Vergleich zu an<strong>der</strong>en Strecken, die eine sehr gute Ausleuchtung<br />

haben.«<br />

Als ob es nicht schon reichen würde, dass <strong>der</strong> Nürburgring mit seinen rund<br />

80 Kurven zu den gefährlichsten Rennstrecken <strong>der</strong> Welt gehört, ist die Nacht<br />

ein zusätzlicher Risiko-Faktor. »Da kann es immer heikel werden«, sagt<br />

Werner. »Da passiert meist eine ganze Menge, wenn die Fahrer müde sind<br />

und die Konzentration etwas nachlässt.« Entsprechend gehen die Profis heutzutage<br />

mit <strong>der</strong> Situation um. In alten Zeiten war <strong>der</strong> eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Fahrer<br />

während des Rennens bei den Fans auf dem Campingplatz anzutreffen; Schnitzel<br />

und ein bisschen Plau<strong>der</strong>n als Ablenkung vom Hochgeschwindigkeits-<br />

Spektakel. Inzwischen sind die Hotels an <strong>der</strong> Strecke <strong>der</strong> favorisierte Rückzugsort.<br />

»Ich finde es nicht schlimm, 24 Stunden am Stück nicht richtig zu<br />

schlafen«, so Klingmann. »Ein paar Ruhephasen<br />

müssen aber schon sein. Fernsehschauen o<strong>der</strong><br />

so, um einfach den Körper runterzufahren und<br />

ein bisschen abzuschalten.«<br />

‚The Party never stops‘ gilt jedoch auch am Nürburgring.<br />

Die Fahrer müssen immer wie<strong>der</strong> den engen<br />

Spagat zwischen Ruhephase und totaler Konzentration<br />

schaffen. »Runterkommen ist wichtig bei diesem<br />

langen Rennen, gleichzeitig musst du aber schauen,<br />

dass du 100-prozentig wach und fokussiert bist, wenn<br />

du selbst wie<strong>der</strong> ins Cockpit steigst«, erklärt Hürtgen<br />

die Herausfor<strong>der</strong>ung. Was brutal klingt, ist für einen Großteil des Teams schon<br />

fast ein Luxusproblem. Führungsetage, Ingenieure und Mechaniker wären<br />

bei einer guten Party die absoluten Feierbiester. »Schlaf gibt es für mich überhaupt<br />

nicht«, sagt Wendl. »Das gilt aber nicht nur für mich als Teammanager,<br />

son<strong>der</strong>n für den gesamten Kommandostand und die für die Autos zuständigen<br />

Mitarbeiter. 80 Prozent <strong>der</strong> Crew kommen überhaupt nicht zum Schlafen,<br />

weil die Anspannung so groß ist. Grundsätzlich gibt es aber genug zu tun,<br />

um wach zu bleiben.«<br />

Ein Gefühl, dass die Fahrer am Ring bestens kennen. Trotz all <strong>der</strong> Professionalität<br />

wird am Nürburgring dann doch nicht so ganz genau hingeschaut,<br />

wer die Tür zum Fahrerlager betritt. Dresscode ist Nebensache: Neben den<br />

Profi-Rennfahrern stehen traditionell auch Amateure und selbst Prominente<br />

aus dem Showbusiness auf <strong>der</strong> Gästeliste. In den angesagten Clubs gern gesehen,<br />

zählen Möchtegern-Promipiloten auf <strong>der</strong> Rennstrecke nicht unbedingt<br />

zu den beliebtesten Tanzpartnern. Spaßgesellschaft auf <strong>der</strong> einen Seite, Profitum<br />

auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en: Diese ziemlich einzigartige Kombination hat in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit nicht selten zu einem Handgemenge mit Vollkontakt auf <strong>der</strong><br />

Asphalttanzfläche geführt. »Das macht den Reiz aus und ist einfach <strong>der</strong> Charakter<br />

des Rennens. Aber: Je mehr schnelle Autos mitfahren, desto kritischer<br />

wird es«, sagt Werner. »In letzter Zeit gab es lei<strong>der</strong> relativ viele Unfälle. Da ist<br />

die Vernunft <strong>der</strong> Fahrer gefragt. Unser BMW Z4 GT3 ist in den Kurven so<br />

viel schneller als beispielsweise ein Zwei-Liter-Tourenwagen. Da bist du so<br />

schnell dran, dass du dich schon sehr früh darauf einstellen musst.«<br />

Trotz des immensen Erfolgsdrucks wissen die Profis: Am Ende kommt es auf<br />

das Miteinan<strong>der</strong> im rund 700 Piloten starken Starterfeld an. Eine Tradition,<br />

die sich das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring in all den Jahren bewahrt<br />

hat. Der Sieg ist das Ziel, Ankommen aber auch eine Kunst. »Vorbei ist es<br />

erst, wenn die Zielflagge gefallen ist«, sagt Hürtgen. »Aber wenn du deinen<br />

letzten Turn absolviert hast, fällt schon eine gewisse Last ab.« Schließlich muss<br />

auch die beste Party <strong>der</strong> Welt irgendwann ein Ende haben.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 109


Tim Georgi stieg<br />

aus dem ADAC<br />

Mini Bike Cup in<br />

den ADAC Junior<br />

Cup auf<br />

TALENT - TIM GEORGI<br />

IMMER IN BEWEGUNG<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

ADAC JUNIOR CUP ROOKIE TIM GEORGI WOLLTE NACH SEINEN ERSTEN FAHRVERSUCHEN GAR NICHT<br />

WIEDER VOM MOTORRAD ABSTEIGEN. DER 14-JÄHRIGE WEISS GENAU, WO SEIN WEG HINGEHEN SOLL<br />

UND SPRACH MIT DEM MOTORSPORT-MAGAZIN ÜBER ERFOLGE UND ZIELE.<br />

DIE ANFÄNGE:<br />

Mein Vater war früher Rennfahrer. Er fuhr Classic<br />

Superbike. Ich war bei den Rennen immer dabei und<br />

wollte dann auch Motorradrennfahrer werden. Dann<br />

habe ich ein Pocket Bike bekommen und damit ging<br />

alles los. Damals war ich vier Jahre alt. Wir sind auf<br />

dem Parkplatz einfach so hin und her gefahren. Das<br />

war ein toller Moment. Als ich dann ein bisschen<br />

Gefühl hatte, sind wir auf einer kleinen Kart-Bahn<br />

gefahren, wo ich mich immer weiterentwickelt habe.<br />

Das hat mir so viel Spaß gemacht, ich wollte am liebsten<br />

gar nicht wie<strong>der</strong> vom Motorrad absteigen.<br />

DIE ERFOLGE:<br />

Die letzten vier Jahre bin ich im ADAC Mini Bike Cup<br />

gefahren, zwei Jahre in <strong>der</strong> Nachwuchsklasse, zwei<br />

Jahre in <strong>der</strong> Einsteigerklasse. Mein größter Erfolg war<br />

das letzte Rennen 2013 in Wackersdorf, das ich<br />

gewinnen konnte. In <strong>der</strong> Gesamtwertung wurde ich<br />

Dritter. Nach dem ersten Rennen im ADAC Junior Cup<br />

war natürlich <strong>der</strong> Auftakt auf dem Lausitzring mein<br />

absolutes Highlight. Es hat Spaß gemacht und ich<br />

hatte von Anfang an ein gutes Gefühl. Auf <strong>der</strong> einen<br />

Seite war ich nach dem vierten Platz ein bisschen<br />

enttäuscht, nicht aufs Podest gefahren zu sein, auf<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite war ich aber auch überglücklich,<br />

dass es so gut gelaufen ist.<br />

DAS ZIEL:<br />

Langfristig gesehen würde ich gerne eines Tages in<br />

<strong>der</strong> MotoGP o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Superbike-WM fahren. Am Ende<br />

dieser Saison muss ich aber erst einmal einen guten<br />

Platz im Junior Cup einfahren. Dann werden wir<br />

sehen, wohin wir aufsteigen können. Vielleicht kann<br />

ich über die spanische Meisterschaft in die Moto3-<br />

WM kommen und dann geht es vielleicht weiter. Aber<br />

ich habe guten Beistand: 2010 habe ich Dario Giuseppetti<br />

kennengelernt. Wir verstehen uns super. Er<br />

hat natürlich viel Erfahrung und gibt mir viele hilfreiche<br />

Tipps.<br />

DIE AUSBILDUNG:<br />

Ich gehe momentan in die achte Klasse auf <strong>der</strong><br />

Sekundarschule. Das läuft gut. Meine Lieblingsfächer<br />

sind Sport und Geografie. Darin war ich schon immer<br />

gut, es scheint mir einfach zu liegen und deshalb<br />

macht es natürlich auch Spaß. In meiner Schule<br />

bekomme ich viel Unterstützung. Zum Beispiel gibt<br />

es keine Probleme, wenn ich freitags nicht erscheine,<br />

weil am Wochenende ein Rennen ansteht. Weil ich<br />

ab und an fehle, heißt das aber nicht, dass ich ein<br />

schlechter Schüler bin.<br />

DIE HOBBIES:<br />

Ich bin viel skaten. Wir haben hier in Berlin einige<br />

Skaterbahnen. Außerdem fahre ich Dirt-Bike - also<br />

mit dem Fahrrad. Nicht weit von mir ist ein Dirt-Bike-<br />

Park, da treffe ich nachmittags oft meine Freunde.<br />

Ich mache jeden Tag Sport. Wenn ich mal kein Rennwochenende<br />

habe, versuche ich, auf dem Motorrad<br />

zu trainieren. Nur etwa 15 Kilometer von uns entfernt<br />

ist eine Motocross-Strecke, dort fahre ich so oft ich<br />

kann. Fußball spiele ich auch hin und wie<strong>der</strong>. Ich habe<br />

immer etwas zu tun.<br />

Georgi ist<br />

För<strong>der</strong>kandidat<br />

<strong>der</strong> ADAC<br />

Stiftung Sport<br />

110 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


DER<br />

STAR-MAGNET<br />

Die »Liga <strong>der</strong> Supersportwagen« wird zur »Champions<br />

League«: Auf dem Lausitzring drückte niemand<br />

an<strong>der</strong>es als Rallye-Weltmeister und Superstar<br />

Sebastien Ogier dem ADAC GT Masters mit<br />

zwei starken Auftritten seinen Stempel auf. Und<br />

auch <strong>der</strong> ehemalige <strong>Formel</strong>-1-Pilot Jaime Alguersuari<br />

begeistert in dieser Saison die <strong>Motorsport</strong>fans<br />

an den Strecken. Nach seinem Debüt hat <strong>der</strong> Spanier<br />

Blut geleckt und tritt in einem Flügeltürer-<br />

Mercedes von ROWE Racing an.<br />

M. Winkelhock, S.<br />

Ogier, A. Kaiser,<br />

H.-H. Frentzen &<br />

J. Alguersuari<br />

Die ADAC Rallye<br />

Deutschland live<br />

erleben<br />

MotoGP auf dem<br />

Sachsenring<br />

FOTOS: ADAC MOTORSPORT, MILAGRO<br />

Die ADAC MX Academy<br />

legte 2013 einen<br />

fulminanten Start hin<br />

SUPER-SPRINT-SPECIAL AUF DER<br />

PANZERPLATTE<br />

Aus spektakulär wir noch spektakulärer: Die Arena Panzerplatte<br />

- legendäre Wertungsprüfung <strong>der</strong> ADAC Rallye<br />

Deutschland - wird 2014 um eine rund drei Kilometer lange<br />

Sprint-Prüfung erweitert! Für die Fans bietet sich so eine<br />

weitere Chance, die Ausnahmefahrer Sebastien Ogier,<br />

Robert Kubica, Jari-Matti Latvala und Thierry Neuville am<br />

absoluten Limit zu bestaunen. Dabei ist von den Zuschauerbereichen<br />

nahezu die gesamte Strecke einsehbar.<br />

MOTORRADSPORT<br />

DELUXE: MOTOGP AUF<br />

DEM SACHSENRING<br />

Der Countdown läuft! Vom 11. bis 13. Juli geben die Superstars des<br />

Motorradsports auf dem legendären Sachsenring die alljährliche Kostprobe<br />

ihres außergewöhnlichen Könnens: Überflieger Marc Marquez, Altmeister<br />

Valentino Rossi, Doppelweltmeister Jorge Lorenzo, Lokalmatador Stefan<br />

Bradl und Vierfachsieger Dani Pedrosa in Action - ein Muss für wahre<br />

Motorrad-Fans! Auch die Piloten des ADAC Junior Cup powered by KTM<br />

wollen sich vor den Augen ihrer großen Idole und <strong>der</strong> 200.000 Fans beim<br />

Saisonhighlight beweisen!<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 111


PORSCHE 911 GT3 CUP<br />

OPTISCHER<br />

HINGUCKER<br />

TEXT: ANNIKA KLÄSENER<br />

ZAWOTEC RACING TRITT MIT DEM PORSCHE 911 GT3 CUP (TYP 991) IM PORSCHE CARRERA CUP AN. DAS<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN WIRFT EINEN BLICK UNTER DIE HAUBE DES 171.600 EURO TEUREN SUPERSPORTWAGENS.<br />

112 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


MOTOR: Im Heck sorgt ein Sechszylin<strong>der</strong>-<br />

Aluminium-Boxermotor für Antrieb. Bei 7.500<br />

Umdrehungen pro Minute setzt er maximal 460<br />

PS frei. Er verfügt über eine Wasserkühlung mit<br />

Thermomanagement für Motor und Getriebe<br />

sowie ein elektronisches Motormanagement von<br />

Bosch. Mittels sequentieller Multi-Point-Kraftstoffeinspritzung<br />

gelangt das Benzin - Superplus<br />

bleifrei mit mindestens 98 Oktan - in die<br />

Verbrennungsräume.<br />

KRAFTÜBERTRAGUNG: Das sequentielle<br />

Sechsgang-Klauengetriebe wird ab 2014 mit<br />

pneumatischen Schaltwippen am Lenkrad<br />

bedient. Es verfügt über eine Drei-Scheiben-<br />

Sintermetall Rennsportkupplung, ein mechanisches<br />

Sperrdifferenzial und eine interne<br />

Druck-Ölschmierung mit aktiver<br />

Ölkühlung.<br />

KAROSSERIE:<br />

Die Leichtbaukarosserie<br />

in Aluminium-Stahl-Verbundbauweise<br />

verfügt über<br />

einen eingeschweißten Überrollkäfig, <strong>der</strong> nach<br />

FIA Homologationsvorschriften zertifiziert<br />

wurde. Im Vergleich zur Serie sind die Kotflügel<br />

breiter, die hinteren Radhäuser größer sowie<br />

Bug- und Heckverkleidung modifiziert. Türen,<br />

Heckdeckel und -flügel bestehen aus kohlenstofffaserverstärktem<br />

Kunststoff. Die Scheiben<br />

sind aus einem Kunststoff gefertigt, <strong>der</strong> auch für<br />

Flugzeugfenster verwendet wird.<br />

FAHRWERK: Die MacPherson-Fe<strong>der</strong>beine an<br />

<strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>achse sind in Höhe, Sturz und Spur<br />

einstellbar, ebenso wie die Mehrlenker-Hinterachse.<br />

Die Rennsport-Stoßdämpfer sind dagegen<br />

nicht verstellbar. Die Schmiedelenker sind Steifigkeitsoptimiert,<br />

zweischnittig angebunden und<br />

verfügen über Hochleistungsgelenklager. Weitere<br />

Merkmale des Fahrwerks sind geschmiedete<br />

Stützlager und ein beidseitig verstellbarer<br />

Schwertstabilisator<br />

BREMSEN: Der Porsche 911 GT3 Cup (Typ<br />

991) verfügt über zwei getrennte Bremskreise<br />

für Vor<strong>der</strong>- und Hinterachse, die vom Fahrer<br />

über ein Waagebalkensystem reguliert werden<br />

können. An <strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>achse spannen Sechskolben-Aluminium-Monobloc-Rennbremssättel<br />

die Rennbremsbeläge auf mehrteilige, innenbelüftete<br />

und geschlitzte Stahlbremsscheiben mit<br />

einem Durchmesser von 380 Millimetern. An<br />

<strong>der</strong> Hinterachse wirken Vierkolben-<br />

Aluminium-Monobloc-Rennbremssättel.<br />

ELEKTRIK: Cosworth liefert sowohl das Farb-<br />

Display als auch das Bordnetzsteuergerät. Die<br />

Lichtanlage besteht aus Bi-Xenon-Hauptscheinwerfern,<br />

einem LED-Tagfahrlicht und Rückleuchten<br />

sowie Regenlicht in LED-Technik. Die<br />

12-Volt-Batterie ist auslaufsicher im Beifahrerfußraum<br />

untergebracht.<br />

i<br />

ZaWotec Racing wurde im Jahr 2010 neugegründet.<br />

Seitdem gewann das Team den<br />

Meistertitel in <strong>der</strong> Gruppe N <strong>der</strong> BMW 325<br />

Challenge, den KTM X-Bow Battle und den<br />

Porsche Alpenpokal. 2013 stieg ZaWotec,<br />

das auf zehn Jahre <strong>Motorsport</strong>-Erfahrung<br />

zurückblicken kann, in den Porsche Carrera<br />

Cup ein und war im Premierenjahr gleich<br />

das beste Rookie-Team.<br />

FOTOS: TEAM ZAWOTEC<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 113


IMPRESSUM<br />

Verlag & Redaktion<br />

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MOTORSPORT-MAGAZIN #38 ERSCHEINT<br />

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