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Albrecht Einbock - bei Bombastus-Ges.de

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MANUSKRIPTE<br />

THESEN<br />

INFORMATIONEN<br />

HERAUSGEGEBEN VON DER<br />

DEUTSCHEN<br />

BOMBASTUS-GESELLSCHAFT<br />

Nr. 5 – 1 · 1994


INHALTSVERZEICHNIS HEFT 5<br />

EDITORIAL............................................................................................................................................................................1<br />

BEGRÜSSUNG ......................................................................................................................................................................3<br />

ANSPRACHE IM AUFTRAGE DES SÄCHSISCHEN STAATSMINISTERS FÜR SOZIALES, GESUNDHEIT<br />

UND FAMILIE, DR. HANS GEISLER..................................................................................................................................4<br />

BESINNUNG AUF PARACELSUS IM FORTSCHREITEN DER MEDIZIN.....................................................................5<br />

PARACELSISCHES GEDANKENGUT IM WERK JAKOB BÖHMES .............................................................................9<br />

PARACELSUS UND PARACELSISTEN IN SACHSEN...................................................................................................16<br />

EDITORIAL<br />

Das Paracelsus-Jahr 1993 ist vorüber. Mit zahlreichen Veranstaltungen ist <strong>de</strong>s Hohenheimers in Österreich und <strong>de</strong>r<br />

Schweiz gedacht wor<strong>de</strong>n, mit einer Ausstellung und einem Festakt in Dres<strong>de</strong>n. Die Freu<strong>de</strong> über die gelungenen<br />

Ehrungen zum 500. Paracelsus-Geburtstag weicht <strong>de</strong>n Herausfor<strong>de</strong>rungen neuer Aufgaben. Was bleibt? Wur<strong>de</strong> die<br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Persönlichkeit Paracelsus geehrt, um ein historisches Datum nicht zu übersehen? Wur<strong>de</strong> all <strong>de</strong>r sich über<br />

Monate erstrecken<strong>de</strong> Aufwand betrieben, um einer nationalen o<strong>de</strong>r gesellschaftlichen Pflicht zu genügen? Kann man<br />

das Paracelsus-Jahr nunmehr abhaken? Was bleibt? Die kleine Delegation <strong>de</strong>r BOMBASTUS-GESELLSCHAFT, die<br />

zur Internationalen Paracelsus-Ehrung nach Einsie<strong>de</strong>ln/ Schweiz eingela<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n war, erlebte in <strong>de</strong>r herrlichen<br />

Klosterkirche zu Einsie<strong>de</strong>ln zusammen mit rund eintausend Gästen aus verschie<strong>de</strong>nen Staaten Europas das festliche<br />

Spiel „Die Schöpfungswoche <strong>de</strong>s Theophrastus <strong>Bombastus</strong> Paracelsus“, sieben Gedichte für sieben Tage. Die Texte<br />

schrieb Silja Walter, Benediktinerin im Kloster Fahr <strong>bei</strong> Zürich, die Musik komponierte <strong>de</strong>r junge Theo Flury,<br />

Benediktiner in <strong>de</strong>r Abtei Einsie<strong>de</strong>ln. In einem kleinen Buch unter <strong>de</strong>m Titel „Und Himmel und Welt sind als Ganzes<br />

gedacht – Von Paracelsus inspiriert“ haben die <strong>bei</strong><strong>de</strong>n Benediktiner, <strong>bei</strong><strong>de</strong> künstlerisch tätig und verschie<strong>de</strong>nen<br />

Generationen angehörend, ihr Paracelsus-Erleben zum Ausdruck gebracht. „Nichts hält mich, laufen muß ich, durch<br />

nichts mich aufhalten lassen – umfassen <strong>de</strong>n Kosmos“ – so <strong>de</strong>r rastlose, suchen<strong>de</strong> Paracelsus im 2. Gedicht. „So bist<br />

du, Weltall, um mich, und so steh ich in dir, ich, Mensch“ (4. Gedicht) – Paracelsus die Wechselbeziehungen von<br />

Mikrokosmos und Makrokosmos beschreibend. Dann klingt das festliche Spiel aus mit <strong>de</strong>m Bekenntnis <strong>de</strong>s<br />

Paracelsus zum ewigen Leben, zur ewigen Entwicklung <strong>de</strong>r Persönlichkeit:<br />

„Dein Leben, <strong>de</strong>in Leben, o Gloria, Gott!<br />

Ich höre <strong>bei</strong>m Lauschen<br />

ein dauern<strong>de</strong>s Tauschen von Tod<br />

und Erstehn im silbernen Drehn <strong>de</strong>s Alls,<br />

das die Himmel umrauschen.<br />

0 Gloria, Gott!“<br />

Hier wur<strong>de</strong> Wesentliches <strong>de</strong>s Hohenheimers in erheben<strong>de</strong>r und erhabener Weise dargeboten. Hier bleibt ein<br />

nachhaltiger Eindruck nicht nur von einem künstlerischen Ereignis, son<strong>de</strong>rn auch von <strong>de</strong>r Vielschichtigkeit <strong>de</strong>r<br />

Menschen, die <strong>de</strong>n Hohenheimer zu verstehen versuchen, ihre Verehrung für ihn zum Ausdruck bringen, ihn mit<br />

seinem Credo <strong>de</strong>m Zeitgeist gegenüberstellen. 0 ja, das bleibt, selbst wenn die Behauptung <strong>de</strong>nkbar wäre, daß auch<br />

ein solches festliches Spiel nicht mehr war als ein „andächtiges Schwärmen“ anstelle „guten Han<strong>de</strong>lns“, um auf eine<br />

entsprechen<strong>de</strong> Passage in Lessings „Nathan“ anzuspielen. Was bleibt vom Paracelsus-Jahr 1993 - andächtiges<br />

Schwärmen o<strong>de</strong>r gutes Han<strong>de</strong>ln? Was ist „gut han<strong>de</strong>ln“ im Sinne <strong>de</strong>s Hohenheimers? Der Christ Paracelsus<br />

betrachtete seinen Arztberuf als göttlichen Auftrag und fasste die „Liebe als Grund <strong>de</strong>r Arznei“ auf. Man darf<br />

Paracelsus unterstellen, dass er mit dieser Liebe die Nächstenliebe meinte, das einzige göttliche Gebot und die<br />

Existenzgrundlage <strong>de</strong>r Schöpfung. Die Liebe Gottes wi<strong>de</strong>rspiegelte sich für <strong>de</strong>n Hohenheimer in <strong>de</strong>r Ordnung <strong>de</strong>r<br />

Natur, die Nächstenliebe ist <strong>de</strong>r Schlüssel für ein harmonisches Miteinan<strong>de</strong>r aller Menschen. Schon vor 500 Jahren<br />

war die Welt nicht mehr heil, beschrieb Paracelsus die Ursachen von „Krankheiten“ im seelischen, körperlichen und<br />

gesellschaftlichen Bereich als Verstöße gegen die göttliche Ordnung und gegen die Nächstenliebe. Allem Streben<br />

nach <strong>de</strong>m, was Menschen unter „Glück“ verstehen, setzte <strong>de</strong>r Hohenheimer seine Auffassung vom Glück entgegen:<br />

„Was ist das Glück an<strong>de</strong>res, als Ordnung zu halten nach <strong>de</strong>r Weisheit <strong>de</strong>r Natur? Und was ist Unglück, als <strong>de</strong>r<br />

Ordnung <strong>de</strong>r Natur zu wi<strong>de</strong>rstreben?“<br />

Der Mahner Paracelsus blieb bis jetzt weitgehend ungehört. Die zunehmen<strong>de</strong>n ethischen, religiösen und<br />

sittlich-moralischen Defizite <strong>de</strong>r Menschen haben zu einer solchen Inwelt-Verschmutzung geführt, dass eine<br />

entsprechen<strong>de</strong> Umwelt-Verschmutzung nicht ausbleiben konnte. Zwischen seelischen Befindlichkeiten <strong>de</strong>s Menschen<br />

und seinem Immunsystem existieren systematisch untersuchte, exakte Zusammenhänge; damit beschäftigt sich <strong>de</strong>r<br />

1


Wissenschaftsbereich Psychoneuroimmunologie. Aus diesen Erkenntnissen ist <strong>de</strong>r Schluss ableitbar, dass ein krankes,<br />

weil nicht harmonisches Seelenleben zu einem kranken, <strong>de</strong>fekten und zunehmend aus jeglicher Kontrolle geraten<strong>de</strong>n<br />

Immunsystem führt: Allergien, Verpilzungen, Krebs und Aids stehen am En<strong>de</strong> dieses Ausbruchs aus <strong>de</strong>r „Ordnung ...<br />

nach Weisheit <strong>de</strong>r Natur“.<br />

Menschen, die in sich keine Liebe tragen, können sie natürlich auch nicht aus sich herausstellen. So wer<strong>de</strong>n die<br />

gesellschaftlichen Disharmonien immer größer, immer zugespitzter, immer dramatischer - die Disharmonien zwischen<br />

arm und reich, Nord und Süd, zwischen <strong>de</strong>n Rassen und Nationalitäten, zwischen Gemäßigten und Fundamentalisten.<br />

Menschen, die ihresgleichen keine Liebe erweisen, haben erst recht keine Ehrfurcht vor <strong>de</strong>r Schöpfung, vor Pflanze<br />

und Tier, nicht einmal vor <strong>de</strong>r erhabenen Größe <strong>de</strong>s Alls, das inzwischen zum Müllplatz <strong>de</strong>r Raumfahrt wur<strong>de</strong>.<br />

Hun<strong>de</strong>rte von Tier- und Pflanzenarten starben und sterben noch aus, weil sie <strong>de</strong>m Menschen im Wege sind. Gott <strong>de</strong>r<br />

Herr erschuf sie <strong>de</strong>reinst und vertraute sie <strong>de</strong>m Menschen an - wie krank ist eigentlich <strong>de</strong>r Mensch, um mit einer so<br />

unverfrorenen Verantwortungslosigkeit das Gottesgeschenk Schöpfung so zu schän<strong>de</strong>n? Der Hohenheimer hat es<br />

vielmals wie<strong>de</strong>rholt: Alle Disharmonien, alle Krankheiten gehen auf eine einzige Disharmonie zurück, auf die<br />

Trennung von Gott. Das einzige Heilmittel für unsere kranke Welt ist die Liebe! Wenn diese Überzeugung <strong>de</strong>s<br />

Hohenheimers nicht nur in uns Wurzeln schlüge, son<strong>de</strong>rn auch Früchte hervorbrächte - wenn dies von <strong>de</strong>n Ehrungen<br />

<strong>de</strong>s Paracelsus-Jahres 1993 bliebe, dann hätten sie einen Sinn gehabt. Wir können <strong>de</strong>m Credo <strong>de</strong>s Hohenheimers<br />

<strong>de</strong>shalb so gewiss und zutiefst vertrauen, weil er es uns vorgelebt hat. Sein Leben war ein hartes, unruhiges,<br />

entbehrungsreiches, unangepasstes und unbequemes - aber Liebe spen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s! Die Quintessenz dieser seiner Existenz<br />

fasste Theophrastus <strong>Bombastus</strong> von Hohenheim, genannt Paracelsus, dann so zusammen:<br />

„Der Mensch soll nichts von sich aus unternehmen o<strong>de</strong>r dies und jenes tun,<br />

es sei <strong>de</strong>nn, er tue es im Geiste Gottes, auf daß er sich nicht eine Bür<strong>de</strong> aufla<strong>de</strong>,<br />

<strong>de</strong>r er nicht gewachsen ist.<br />

Denn wir sollen nicht nach unserem,<br />

son<strong>de</strong>rn nach Gottes Sinn han<strong>de</strong>ln und wan<strong>de</strong>ln.“<br />

Vorstand und Verwaltungsrat<br />

<strong>de</strong>r BOMBASTUS-GESELLSCHAFT e.V.<br />

Dres<strong>de</strong>n<br />

Wir freuen uns, mit <strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n Heft unseren Lesern die Begrüßungsansprachen und Vorträge anlässlich <strong>de</strong>s<br />

Festaktes zur Paracelsus-Ehrung am 17.11.1993 in Dres<strong>de</strong>n vorlegen zu können. Die Autoren haben dankenswerterweise<br />

ihrer Veröffentlichung zugestimmt.<br />

Die Begrüßung seitens <strong>de</strong>r BOMBASTUS-GESELLSCHAFT erfolgte durch <strong>de</strong>ren Vorsitzen<strong>de</strong>n, Herrn Dr. med.<br />

Wolfgang Klinger.<br />

Den Freistaat Sachsen repräsentierte Herr Dipl.-Med. <strong>Albrecht</strong> <strong>Einbock</strong>, Medizinaldirektor, Abteilungsleiter<br />

<strong>Ges</strong>undheitswesen im Sächsischen Staatsministerium für Soziales, <strong>Ges</strong>undheit und Familie.<br />

Die Festre<strong>de</strong>n hielten - in <strong>de</strong>r Reihenfolge ihres Vortrages:<br />

Frau Dr. med. habil. Ingrid Kästner, Dozentin für <strong>Ges</strong>chichte <strong>de</strong>r Medizin und Naturwissenschaften, Karl-Sudhoff--<br />

Institut <strong>de</strong>r Universität Leipzig<br />

Herr Prof. Dr. phil. habil. Ernst-Heinz Lemper, Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Oberlausitzischen <strong>Ges</strong>ellschaft <strong>de</strong>r Wissenschaften zu<br />

Görlitz<br />

Herr Prof. Dr. phil. habil. Siegfried Wollgast, Or<strong>de</strong>ntliches Mitglied <strong>de</strong>r Sächsischen Aka<strong>de</strong>mie <strong>de</strong>r Wissenschaften<br />

zu Leipzig<br />

Musikalisch umrahmt wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Festakt vom „broken consort“, Gruppe für die Interpretation „Alter Musik“ auf<br />

historischen Instrumenten, Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Dresdner Philharmonie. Sie spielten unter Leitung von Herrn Norbert<br />

Schuster Werke aus <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>s Paracelsus.<br />

2


Sehr geehrte Anwesen<strong>de</strong>,<br />

BEGRÜSSUNG<br />

im Namen <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s Verwaltungsrates <strong>de</strong>r <strong>Bombastus</strong>-<strong>Ges</strong>ellschaft e.V. Dres<strong>de</strong>n darf ich Sie sehr<br />

herzlich begrüßen und meiner Freu<strong>de</strong> Ausdruck geben, dass Sie so zahlreich unserer Einladung gefolgt sind, um mit<br />

uns gemeinsam <strong>de</strong>s 500. Geburtstages <strong>de</strong>s großen Theophrastus <strong>Bombastus</strong> von Hohenheim festlich zu ge<strong>de</strong>nken.<br />

Mein beson<strong>de</strong>rer Gruß gilt Herrn Medizinaldirektor Dr. <strong>Einbock</strong> als Vertreter <strong>de</strong>s Herrn Staatsministers Dr. Geisler<br />

vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales, <strong>Ges</strong>undheit und Familie und Herrn Dr. Deubel, <strong>de</strong>m Dezernenten<br />

für <strong>Ges</strong>undheit und Soziales in <strong>de</strong>r Stadtverwaltung Dres<strong>de</strong>n. Als Vortragen<strong>de</strong> freue ich mich, begrüßen zu können<br />

vom Karl-Sudhoff-Institut <strong>de</strong>r Universität Leipzig Frau Dozentin Dr. med. habil. Kästner; <strong>de</strong>n Präsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r<br />

Oberlausitzischen <strong>Ges</strong>ellschaft <strong>de</strong>r Wissenschaften Görlitz, Herrn Prof. Dr. phil. habil. Lemper und das or<strong>de</strong>ntliche<br />

Mitglied <strong>de</strong>r Sächsischen Aka<strong>de</strong>mie <strong>de</strong>r Wissenschaften Leipzig, Herrn Prof. Dr. phil. habil. Wollgast.<br />

Damit konnen wir drei Referenten gewinnen, die aus <strong>de</strong>m sächsisch-nie<strong>de</strong>rschlesischen Raum stammen; sind doch<br />

zwei namhafte Vertreter aus dieser Region - Jakob Böhme und Karl Sudhoff - eng mit <strong>de</strong>m Lebenswerk <strong>de</strong>s großen<br />

Paracelsus verbun<strong>de</strong>n. Ebenso begrüße ich die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s „broken consort“ <strong>de</strong>r Dresdner Philharmonie, die <strong>de</strong>r<br />

Veranstaltung <strong>de</strong>n musikalischen Rahmen geben wer<strong>de</strong>n, und zwei Schüler <strong>de</strong>s Kreuzschul-Gymnasiums Dres<strong>de</strong>n als<br />

Sprecher. Mein ganz beson<strong>de</strong>rer Dank aber gebührt allen Spen<strong>de</strong>rn und Sponsoren, die uns diesen Festakt<br />

ermöglichten. Die <strong>Bombastus</strong>-<strong>Ges</strong>ellschaft Dres<strong>de</strong>n, die erst seit zwei Jahren besteht, hat sich die Hauptaufgabe<br />

gestellt, die Menschen unserer Zeit über diesen großen Reformator zu informieren, um das in <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>sän<strong>de</strong>rn<br />

seit Jahrzehnten bestehen<strong>de</strong> Informations<strong>de</strong>fizit abtragen zu helfen. So haben wir im Landhaus <strong>de</strong>r Stadt<br />

Dres<strong>de</strong>n zu Ehren <strong>de</strong>s 500. Geburtstages <strong>de</strong>s Hohenheimers seit Mitte September eine Ausstellung installiert, die sich<br />

bereits eines regen Besuches erfreute, und führen <strong>de</strong>n heutigen Festakt durch. In diesem Jubiläumsjahr gab es in<br />

vielen Wirkungsorten <strong>de</strong>s Paracelsus Aktivitäten. Wir waren dazu eingela<strong>de</strong>n und nahmen als Gäste teil z. B. in<br />

Salzburg, Badgastein, Villach, am Kumpfmühler Symposium in Regensburg und vor 14 Tagen weilte eine Abordnung<br />

unserer <strong>Bombastus</strong>-<strong>Ges</strong>ellschaft zu einem Festakt im Geburtsort Einsie<strong>de</strong>ln/Schweiz. In diesen Kranz <strong>de</strong>r Veranstaltungen<br />

wollen wir uns einreihen. Paracelsus erhielt in seinem Leben die verschie<strong>de</strong>nsten Prädikate, doch in<br />

erster Linie war er Arzt. Er musste jedoch bald die Grenzen <strong>de</strong>r Medizin seiner Zeit erkennen und stellte <strong>de</strong>shalb<br />

lebenslang Beobachtungen und experimentelle Untersuchungen an, nicht nur im medizinischen Bereich, son<strong>de</strong>rn als<br />

wichtige Ergänzung auch auf <strong>de</strong>n Gebieten <strong>de</strong>r Pharmazie, Alchemie, Sozialethik und Esoterik, um nur einige zu<br />

nennen. Im Mittelpunkt seiner Betrachtungen stand <strong>de</strong>r Mensch in seiner Ganzheit, und aus seiner Erfahrung<br />

resultierte die Erkenntnis, dass die Nächstenliebe das beste Therapeutikum ist. Ohne auf weitere Details seines<br />

Wirkens einzugehen, sei nur an einen wichtigen Faktor erinnert, <strong>de</strong>r erst in unserer Zeit volle Resonanz fin<strong>de</strong>t: seine<br />

Feststellung <strong>de</strong>r Wechselbeziehung zwischen Mikro- und Makrokosmos. Paracelsus sah Krankheit nicht als Schuld,<br />

son<strong>de</strong>rn als Störung zwischen diesen <strong>bei</strong><strong>de</strong>n, die vielseitig ausgelöst wer<strong>de</strong>n kann; da<strong>bei</strong> spielen Sucht,<br />

Fehlernährung, fehlverar<strong>bei</strong>teter Stress, soziale Probleme - und <strong>bei</strong> diesen sicher die Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit - eine wesentliche<br />

Rolle. Durch diese „Störung <strong>de</strong>r Harmonie“ wird beson<strong>de</strong>rs die Immunitätslage <strong>de</strong>s Menschen nachteilig<br />

beeinflusst. Deshalb sollte ein Hauptanliegen <strong>de</strong>s Arztes sein, diese Störung aufzu<strong>de</strong>cken und gemeinsam mit <strong>de</strong>m<br />

Patienten zu beseitigen. Die Verordnungen von Heilmitteln, Bä<strong>de</strong>rn usw. sind wichtige therapeutische Maßnahmen,<br />

die jedoch erst voll wirksam wer<strong>de</strong>n können, wenn es gelingt, die gestörte Grundordnung wie<strong>de</strong>r herzustellen. Wegen<br />

dieser Erkenntnis wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Hohenheimer bereits im Mittelalter durch Nei<strong>de</strong>r angefein<strong>de</strong>t, da seine darauf beruhen<strong>de</strong>n<br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Behandlungserfolge von seinen Kollegen entwe<strong>de</strong>r nicht verstan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r diese nicht<br />

gewillt waren, mit ihren scholastisch erstarrten Behandlungsformen zu brechen. Auch in unserer Zeit wird noch nicht<br />

in allen Bereichen <strong>de</strong>r Medizin das positive Wirken <strong>de</strong>s Hohenheimers inhaltlich voll anerkannt. Die mo<strong>de</strong>rne<br />

Medizin bestätigt zwar die psychonervalen Einflüsse und <strong>de</strong>ren Wirkung, doch das Um<strong>de</strong>nken von <strong>de</strong>r<br />

symptomatischen Medizin auf die Ganzheitstherapie bedarf größerer Hinwendung zum Patienten. Ein Problem, das<br />

<strong>de</strong>rzeit immer mehr Raum in <strong>de</strong>r Diskussion einnimmt. Wie schon anfangs ausgeführt, ist unsere <strong>Bombastus</strong>-<br />

<strong>Ges</strong>ellschaft keine wissenschaftliche Vereinigung, son<strong>de</strong>rn ein Zusammenschluss von Interessierten, die versuchen,<br />

die Erkenntnisse <strong>de</strong>s Hohenheimers kennen zu lernen, zu verstehen und zu nutzen. Diesem Zwecke soll auch unsere<br />

heutige Festveranstaltung dienen, ebenso wie die Vorträge, die wir mehrmals jährlich gemeinsam mit <strong>de</strong>m<br />

Urania-Vortragszentrum Dres<strong>de</strong>n e.V. im Deutschen Hygiene-Museum veranstalten, und die Herausgabe unseres<br />

Periodikums „Manuskripte, Thesen, Informationen“. Wir ge<strong>de</strong>nken so in diesem Jahre aus Anlass <strong>de</strong>r 500.<br />

Wie<strong>de</strong>rkehr <strong>de</strong>s Geburtstages dankbar <strong>de</strong>s großen medizinischen Reformators Theophrastus <strong>Bombastus</strong> von<br />

Hohenheim, <strong>de</strong>r sich seit 1529 auch Paracelsus nannte. Ich wünsche unserer Veranstaltung einen guten Verlauf.<br />

3


<strong>Albrecht</strong> <strong>Einbock</strong><br />

ANSPRACHE IM AUFTRAGE DES SÄCHSISCHEN STAATSMINISTERS FÜR SOZIALES,<br />

GESUNDHEIT UND FAMILIE, DR. HANS GEISLER<br />

Hohe Festgesellschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren, durch das verdienstvolle Wirken <strong>de</strong>r <strong>Bombastus</strong>-<br />

<strong>Ges</strong>ellschaft e.V. Dres<strong>de</strong>n können wir heute hier <strong>de</strong>n 500. Geburtstag <strong>de</strong>s Theophrastus <strong>Bombastus</strong> von Hohenheim,<br />

genannt Paracelsus, mit einem Festakt in Sachsen würdig begehen. Dazu sind, wie ich hörte, Gäste aus ganz<br />

Deutschland, Österreich und <strong>de</strong>r Schweiz eingela<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n. Ich habe die Ehre, Ihnen allen hier im Saal die<br />

herzlichen Grüße <strong>de</strong>s Sächsischen Staatsministers für Soziales, <strong>Ges</strong>undheit und Familie, Dr. Hans Geisler, zu<br />

überbringen. Minister Geisler weiß um die Bemühungen <strong>de</strong>r <strong>Bombastus</strong>-<strong>Ges</strong>ellschaft Dres<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n seit fast 60 Jahren<br />

zunächst in Nazi-Deutschland in Vita und Werk fehlge<strong>de</strong>uteten und später in <strong>de</strong>r DDR nahezu bewusst vergessenen<br />

Paracelsus wie<strong>de</strong>r in die Gegenwart zu holen und damit sein Leben und seine auf uns gekommenen Schriften mit <strong>de</strong>m<br />

Zeitgeist unserer Epoche zu konfrontieren. In Fachvorträgen, gehalten von ausgewiesenen Paracelsus-Kennern, wird<br />

heute <strong>de</strong>s Paracelsus gedacht, seine Lebensleistung gewürdigt und vor allem über die Folgen und Auswirkungen<br />

seines Werkes reflektiert wer<strong>de</strong>n. Und dass dieses bis in unsere Zeit hineinwirkt, Fragen aufwirft, <strong>de</strong>n mo<strong>de</strong>rnen<br />

Medizinbetrieb provoziert, das ist zweifelsfrei erwiesen. „Ganzheitsmedizin“ ist solch ein provozieren<strong>de</strong>r Begriff. Die<br />

sich auf naturwissenschaftlicher Grundlage im 19. und 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt entwickeln<strong>de</strong> Medizin suggeriert <strong>de</strong>m mo<strong>de</strong>rnen<br />

Menschen, dass nahezu alles machbar und heilbar erscheint. Man <strong>de</strong>nke nur an die Möglichkeiten <strong>de</strong>r Gentechnik<br />

o<strong>de</strong>r an die <strong>de</strong>r Intensivmedizin. Aus dieser so ausgerichteten Medizin entwickelte sich folgerichtig eine<br />

Apparate-Medizin, die <strong>de</strong>n Medizinbetrieb heute weitestgehend dominiert. Eine Medizin aber, die sich auf das Erkennen<br />

<strong>de</strong>s rein Körperlichen und das Eingreifen in dieses Somatische reduziert, bleibt <strong>de</strong>m menschlichen Phänomen<br />

„Patient“ Antworten schuldig. Paracelsisches Denken hat hier mit seinem philosophischen System von Mikrokosmos<br />

und Makrokosmos auch nach fast 500 Jahren Antworten bereit, die uns Heutige vor Fehlentwicklungen <strong>de</strong>r Medizin<br />

warnen können. Übersetzt man diesen Gedanken <strong>de</strong>s Paracelsus in die Sprache <strong>de</strong>r Gegenwart, so heißt das, <strong>de</strong>n<br />

Menschen als eine sozio-psycho-somatische Einheit zu <strong>de</strong>finieren. Das ist eine unbestrittene medizinische<br />

Lehrmeinung seit Jahrzehnten. Ich hörte sie während meines Medizinstudiums aber nur aus <strong>de</strong>m Mun<strong>de</strong> meines<br />

verehrten Psychiatrieprofessors. Die Erkenntnis einer sozio-psycho-somatischen Einheit <strong>de</strong>s Menschen impliziert die<br />

For<strong>de</strong>rung nach einer Ganzheitsmedizin, nach einer ganzheitlichen Betrachtung <strong>de</strong>s Menschen. Der mo<strong>de</strong>rne<br />

Medizinbetrieb muss sich die Frage gefallen lassen, ob er mit seinen Angeboten einer Ganzheitsmedizin gerecht wird.<br />

Zweifel sind angebracht. Wohlgemerkt, ich re<strong>de</strong> hier nicht einer Fundamentalkritik <strong>de</strong>r Apparate-Medizin das Wort,<br />

son<strong>de</strong>rn es geht mir um das Maß <strong>de</strong>s Notwendigen <strong>bei</strong>m Ein- und Zuordnen <strong>de</strong>r Möglichkeiten <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen<br />

Apparate-Medizin in ein <strong>Ges</strong>amtkonzept zur Behandlung <strong>de</strong>s Menschen, wenn er <strong>de</strong>nn Patient gewor<strong>de</strong>n ist. Zunächst<br />

muss je<strong>de</strong>r Arzt für sich selbst entschei<strong>de</strong>n, wie er seinem Patienten begegnet und welche Mittel und Metho<strong>de</strong>n er in<br />

Diagnostik und Therapie einsetzt, um ganzheitsmedizinischen Ansprüchen gerecht zu wer<strong>de</strong>n. Aber auch <strong>de</strong>r Staat<br />

schafft durch gesundheitspolitische Regulierungen Rahmenbedingungen für ein menschliches und bezahlbares<br />

<strong>Ges</strong>undheitswesen. Hier sei mir einmal <strong>de</strong>r Sprung in die aktuelle <strong>de</strong>utsche und sächsische <strong>Ges</strong>undheitspolitik<br />

gestattet. Das <strong>Ges</strong>undheitsstrukturgesetz stellt die Weichen z. B. auch in Richtung einer Verbesserung <strong>de</strong>r<br />

hausärztlichen Betreuung. Dies gilt bun<strong>de</strong>sweit. Im Freistaat Sachsen wur<strong>de</strong> am 9. November 1993 von <strong>de</strong>r<br />

Sächsischen Staatsregierung <strong>de</strong>r Krankenhausplan für die Jahre 1994/95 verabschie<strong>de</strong>t. Er enthält erstmals Aussagen<br />

zur Entwicklung <strong>de</strong>r Psychosomatik im Bereich <strong>de</strong>r Akutkrankenhäuser, er weist psychosomatische Betten geson<strong>de</strong>rt<br />

aus, und er legt qualitative Maßstäbe für die Leitung dieser psychosomatischen Abteilungen fest. Auch das<br />

Fachgebiet Psychiatrie erfährt durch die Sächsische Staatsregierung eine beson<strong>de</strong>re Aufmerksamkeit. Mit <strong>de</strong>r<br />

Zustimmung zum ersten sächsischen Lan<strong>de</strong>spsychiatrieplan 1993 bringt die Staatsregierung die politische und moralische<br />

Priorität, die die Hilfe für psychisch kranke und behin<strong>de</strong>rte Menschen im Rahmen <strong>de</strong>r Sozial- und<br />

<strong>Ges</strong>undheitspolitik <strong>de</strong>s Freistaates Sachsen besitzt, zum Ausdruck. Mit <strong>de</strong>m ebenfalls am 9. November 1993 vom<br />

Sächsischen Kabinett zur öffentlichen Anhörung freigegebenen Entwurf eines <strong>Ges</strong>etzes zur Unterbringung und Hilfen<br />

für psychisch Kranke sollen die für eine gemein<strong>de</strong>nahe psychiatrische Versorgung erfor<strong>de</strong>rlichen gesetzlichen<br />

Rahmenbedingungen geschaffen wer<strong>de</strong>n. Abschließend lassen Sie mich nochmals zum personifizierten Thema dieses<br />

Festaktes, zu Paracelsus, zurückkehren. Die Sorge um die Tugend, die sittliche Moral <strong>de</strong>s Arztes, war ihm wichtigstes<br />

Anliegen. Er schreibt: „Dieweil wir alle Dinge aus Lieb sollen tun, aber aus Lieb geschieht nichts, son<strong>de</strong>rn allein von<br />

wegen <strong>de</strong>r... Bezahlung, aus <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r eigen Nutz folget, aus welchem falsch Arzt in die Arznei geboren wer<strong>de</strong>n, also<br />

daß sie das Geld suchen, nit erstatten das Gebot <strong>de</strong>r Lieb. Wo nun ein Ding in <strong>de</strong>n eigen Nutz gericht wird, da<br />

fälschen sich die Künst, auch das Werk. Denn Kunst und Werkschaft müssen aus <strong>de</strong>r Liebe entspringen, sonst ist<br />

nichts vollkommens da.“<br />

4


Es gereicht <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Ärzteschaft zur Ehre, dass sie alljährlich auf <strong>de</strong>m Deutschen Ärztetag die<br />

Paracelsus-Medaille an verdiente Ärzte verleiht.<br />

Ingrid Kästner, Leipzig<br />

BESINNUNG AUF PARACELSUS IM FORTSCHREITEN DER MEDIZIN<br />

Wenn wir in diesem Jahr, ein halbes Jahrtausend nach seiner Geburt, Theophrastus <strong>Bombastus</strong> von Hohenheim, <strong>de</strong>r<br />

sich Paracelsus nannte, würdigen wollen, so reihen sich unsere Bemühungen ein in eine Vielzahl von<br />

Veranstaltungen, Publikationen und Feiern, in <strong>de</strong>nen versucht wird, einer <strong>de</strong>r bemerkenswertesten <strong>Ges</strong>talten <strong>de</strong>r<br />

Wissenschaftsgeschichte gerecht zu wer<strong>de</strong>n. Doch ist dies überhaupt möglich? C. G. Jung schreibt: „Man kann ihm<br />

nicht gerecht wer<strong>de</strong>n: man kann ihn immer nur unter- o<strong>de</strong>r überschätzen, und darum ist man mit <strong>de</strong>r eigenen<br />

Bemühung, wenigstens einen Teil seines Wesens genügend zu erfassen, stets unzufrie<strong>de</strong>n.“ 1 Faszinierend und<br />

verwirrend, originell und wi<strong>de</strong>rsprüchlich ist das umfangreiche Schrifttum <strong>de</strong>s Paracelsus, welches trotz <strong>de</strong>r<br />

Bemühungen be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Fachgelehrter noch nicht vollständig vorgelegt wer<strong>de</strong>n konnte. Der Altmeister <strong>de</strong>r<br />

Paracelsus-Forschung, Karl Sudhoff, krönte sein Lebenswerk mit <strong>de</strong>r Herausgabe <strong>de</strong>r naturwissenschaftlichen und<br />

medizinischen Schriften <strong>de</strong>s Paracelsus 2 , und <strong>de</strong>r Marburger Religionshistoriker Kurt Goldammer ediert die<br />

theologischen und religionsphilosophischen Schriften <strong>de</strong>s Hohenheimers 3 . Dass nur weniges aus diesem gewaltigen<br />

medizinischen, naturphilosophischen und theologischen Werk zu Paracelsus' Lebzeiten gedruckt wur<strong>de</strong>, hängt mit<br />

<strong>de</strong>ssen unstetem Leben und wohl auch mit seiner „wun<strong>de</strong>rlichen Weis und zornigen Art“ zusammen, die ihm viele<br />

Wi<strong>de</strong>rsacher bescherte. Als Sohn eines Arztes in Einsie<strong>de</strong>ln (Kanton Schwyz) geboren, kam Theophrastus 1502, im<br />

Alter von 9 Jahren, nach Villach in Kärnten, wo <strong>de</strong>r Vater praktizierte und <strong>de</strong>r Sohn sowohl eine umfangreiche<br />

Bildung empfing als auch Anregungen zur Beschäftigung mit Pflanzen und Mineralien, mit <strong>de</strong>r Schei<strong>de</strong>kunst und <strong>de</strong>n<br />

Krankheiten <strong>de</strong>r Menschen. Als seine Lehrer nennt er neben <strong>de</strong>m Vater und mehreren Bischöfen „vil ept,..., und vil<br />

un<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren doctorn und <strong>de</strong>rgleichen, auch so ist eine große erfarnus beschehen und ein lange zeit her durch vil<br />

alchimisten die in solchen künsten gesucht haben, als nemlich <strong>de</strong>r e<strong>de</strong>l und fest Sigmund Füger von Schwaz mit<br />

sampt einer anzal seiner gehaltnen laboranten.“ 4<br />

Nach <strong>de</strong>m Studium <strong>de</strong>r Artes liberales in Wien geht Theophrastus zum Medizinstudium nach Ferrara, wo Herzog<br />

Alfonso und seine schöne Gemahlin Lukrezia Borgia glanzvoll Hof halten und an <strong>de</strong>r Universität, an <strong>de</strong>r berühmte<br />

Männer wie Kopernikus studiert haben, <strong>de</strong>r Geist <strong>de</strong>r Renaissance allmählich Raum gewinnt. Wahrscheinlich wird<br />

<strong>de</strong>r Hohenheimer hier 1516 zum „doctor bey<strong>de</strong>r arzneyen“ promoviert, doch er ist mit <strong>de</strong>m angeeigneten<br />

Bücherwissen unzufrie<strong>de</strong>n: „... das ist die theorica medica, das ist die liberei medicinae: nicht die bücher auf <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

staub liget und die die schaben fressen mögen, auch nit die bibliotheken, die mit ketten gebun<strong>de</strong>n ist, son<strong>de</strong>r die<br />

element in irem wesen seind die bücher, darumb gehört in die arznei ein guter verstant und ein augenscheinliche<br />

erfarenheit, so weiß <strong>de</strong>r arzt, was er ret, das also ist, nicht nach gedünken, noch wenen noch hören sagen, noch bücher<br />

lesen, son<strong>de</strong>r wissen und nit wenen ...“ 5 Um die „augenscheinliche Erfahrenheit“ zu erwerben, reist er durch ganz<br />

Europa, und so wie Luther <strong>de</strong>m Volk „aufs Maul schaut“, erweitert <strong>de</strong>r junge Arzt sein Wissen nicht nur an Hohen<br />

Schulen und in Spitälern, er besucht Bergwerke und Heilquellen, dient <strong>bei</strong>m dänischen Feldzug gegen die Schwe<strong>de</strong>n,<br />

und überall hat er „fleißig und ernpsig nachgefragt, erforschung gehapt, gewisser und erfarner warhaften künsten <strong>de</strong>r<br />

arznei, nicht alein <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n doctoren, son<strong>de</strong>rn auch <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n scherern, ba<strong>de</strong>rn, gelernten erzten, weibern,<br />

schwarzkünstlern so sich <strong>de</strong>s pflegen, <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n alchimisten, <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n klöstern, <strong>bei</strong> edlen und unedlen, <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n<br />

geschei<strong>de</strong>n und einfeltigen.“ 6 Was er <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n Ärzten und Apothekern sieht, ruft seine heftige Kritik hervor. Von <strong>de</strong>n<br />

Hohen Schulen behauptet er, dass dort „kein arzet gut wird, er fülle dan mit seiner mör<strong>de</strong>rei etliche kirchhöfe vol“ 7 ,<br />

und die Ar<strong>bei</strong>t <strong>de</strong>r Montpellierschen Apotheker nennt er „keine kunst, son<strong>de</strong>r su<strong>de</strong>lwerk“ 8 . 1524 versucht er sich in<br />

Salzburg nie<strong>de</strong>rzulassen, muss aber schon im folgen<strong>de</strong>n Jahr wegen angeblicher Parteinahme für die aufständischen<br />

Bauern und Bergknappen aus <strong>de</strong>r Stadt fliehen und gelangt schließlich nach Straßburg, wo er sich <strong>de</strong>n Ruf eines<br />

erfahrenen und erfolgreichen Arztes erwirbt. Nach einer glücklichen Heilung <strong>de</strong>s Baseler Verlegers Frobenius, über<br />

<strong>de</strong>n er auch <strong>de</strong>n berühmten Erasmus von Rotterdam kennen lernt, beruft ihn die Stadt Basel als Stadtarzt mit <strong>de</strong>m<br />

Recht, an <strong>de</strong>r Universität Vorlesungen zu halten. Doch selbstbewusst und von <strong>de</strong>r Richtigkeit seiner reformerischen<br />

Gedanken überzeugt, das überlieferte medizinische Wissen verwerfend und in Form eines zeitgenössischen<br />

medizinischen Kompendiums sogar symbolisch verbrennend, in <strong>de</strong>utscher Sprache seine Vorlesungen haltend und<br />

Missstän<strong>de</strong> im Baseler Apothekenwesen schonungslos auf<strong>de</strong>ckend, wird Hohenheim immer mehr zum Außenseiter,<br />

so dass er schließlich, da auch sein einflussreicher Gönner Frobenius gestorben ist, Basel <strong>bei</strong> Nacht und Nebel<br />

verlassen muss. Wie<strong>de</strong>r ist Theophrastus heimatlos, bis er in Colmar im Elsaß <strong>bei</strong> einem befreun<strong>de</strong>ten Arzt Aufnahme<br />

5


fin<strong>de</strong>t und einige bereits in Basel konzipierte Ar<strong>bei</strong>ten fertig stellen kann. Er schreibt an <strong>de</strong>r ersten großen<br />

Syphilisschrift und - wie viele seiner Zeitgenossen - versucht er sich auch in <strong>de</strong>r politischen Prognostikation. In dieser<br />

Zeit nennt er sich erstmals Paracelsus. Dieser Name, unter <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Arzt aus Einsie<strong>de</strong>in berühmt gewor<strong>de</strong>n ist, hat<br />

viele Deutungen erfahren, von <strong>de</strong>r Übersetzung „Über Celsus stehend“ über eine einfache Latinisierung im Sinne<br />

eines Humanistennamens bis zu <strong>de</strong>r Auffassung, es handle sich um einen in <strong>de</strong>r Colmarer Tafelrun<strong>de</strong> entstan<strong>de</strong>nen<br />

Rufnamen, <strong>de</strong>r die Verehrung seiner Schüler und Freun<strong>de</strong> zum Ausdruck bringen sollte „im Sinne eines<br />

außergewöhnlichen Geistes mit allgemeiner Anschauung wi<strong>de</strong>rsprechen<strong>de</strong>n Gedanken.“ 9 1529 kommt Paracelsus<br />

nach Nürnberg, sieht seine „Von <strong>de</strong>r französischen Krankheit drei Bücher“ 10 gedruckt, doch seine Angriffe gegen das<br />

in <strong>de</strong>r Syphilis-Therapie verwen<strong>de</strong>te, aus Südamerika stammen<strong>de</strong> Guajak-Holz machen ihm die Fugger zum Feind,<br />

für welche <strong>de</strong>r Han<strong>de</strong>l mit <strong>de</strong>m Holz ein einträgliches <strong>Ges</strong>chäft darstellt. Als er 1530 Nürnberg verlässt, erreicht ihn<br />

die Nachricht, dass auf Intervention <strong>de</strong>r Leipziger Medizinischen Fakultät, namentlich <strong>de</strong>s <strong>de</strong>n Fuggern<br />

nahestehen<strong>de</strong>n Dekans Heinrich Stromer von Auerbach, <strong>de</strong>r Nürnberger Rat ein Druckverbot für seine Werke<br />

ausgesprochen hat. In seiner ersten großen „Para“-Schrift, <strong>de</strong>m Paragranum, das in Beratzhausen <strong>bei</strong> Regensburg<br />

entsteht, will Paracelsus „<strong>de</strong>n Grund in die Arzneikunst einführen“, <strong>de</strong>n er von <strong>de</strong>r Philosophie, <strong>de</strong>r Astronomie und<br />

<strong>de</strong>r Alchemie herleitet und nicht zuletzt von <strong>de</strong>r vierten Säule ärztlichen Wirkens, <strong>de</strong>r virtus, <strong>de</strong>r ärztlichen Tugend<br />

und Redlichkeit. 11 Als Paracelsus 1531 seine Hoffnung getäuscht sieht, durch <strong>de</strong>n Schriftsteller, Arzt und Reformator<br />

Joachim von Watt, jetzt Bürgermeister in St. Gallen, geför<strong>de</strong>rt zu wer<strong>de</strong>n, und als sich in St. Gallen we<strong>de</strong>r für das<br />

Paragranum noch für sein „Opus Paramirum“, in <strong>de</strong>m er ausführlich seine Vorstellungen zur Entstehung von Krankheiten<br />

nie<strong>de</strong>rgelegt hat, ein Verleger fin<strong>de</strong>t, wen<strong>de</strong>t er enttäuscht und resigniert St. Gallen <strong>de</strong>n Rücken. Betroffen von<br />

<strong>de</strong>r „Ungunst“, die er überall erfährt, und vielleicht erstmals an seiner Berufung zweifelnd, beginnt er, sich<br />

zunehmend mit theologischen Fragen zu beschäftigen, die er mit sozialpolitischen und ethischen For<strong>de</strong>rungen mischt.<br />

Er lobt die Armut und lebt selbst als Arzt und Laienprediger unter <strong>de</strong>n armen Bauern und Waldar<strong>bei</strong>tern <strong>de</strong>s<br />

Appenzeller Lan<strong>de</strong>s. Wie<strong>de</strong>r treibt es ihn umher, und nach<strong>de</strong>m er 1535 die Schweiz verlassen hat, fin<strong>de</strong>n wir ihn im<br />

Allgäu, in Schwaben und Bayern. Die „Große Wundarznei“, die 1536 erscheint, wird ein beachtlicher Erfolg, <strong>de</strong>r<br />

auch über <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>s Verfassers hinaus anhält. Doch obgleich sich auch seine Prognosticationes gut verkaufen und<br />

er als Arzt gefragt ist, kann Paracelsus immer noch nicht sesshaft wer<strong>de</strong>n. Nach Kärnten, welches er „das an<strong>de</strong>r mein<br />

vaterlant" 12 nennt und wo 1534 <strong>de</strong>r Vater gestorben ist, kehrt Paracelsus 1538 zurück. Hier erhofft er sich <strong>de</strong>n Druck<br />

mehrerer Werke und endlich einen festen Wohnsitz. „So ich eins sizes bleibhaftig were und dieselbige constellation<br />

euch gleicher so lange zeit geübet, so wolt ich gestrakter einan<strong>de</strong>r nach gefaren sein, meinem seßhaftigen ort zu<br />

eren...“ 13<br />

Endlich bietet ihm 1540 <strong>de</strong>r Erzbischof von Salzburg, Fürst Ernst von Wittelsbach, eine Zuflucht. Und Paracelsus<br />

fühlt es, „... <strong>de</strong>r Schnee meines Elends ist zu End gangen. Was im Wachsen ist, ist aus. Die Zeit <strong>de</strong>s Sommers ist<br />

hin.“ 14<br />

Am 24. September 1541 geht <strong>de</strong>r Schnee seines Elends zu En<strong>de</strong>, er stirbt im 48. Lebensjahr, nach<strong>de</strong>m er in seinem<br />

Testament seine gesamte Habe <strong>de</strong>n „arm, elend, dürftig leut“ vererbt hatte. Was für ein Leben - unruhevoll und voller<br />

Entbehrungen und Rückschläge, doch auch voll Zuversicht und Visionen und <strong>de</strong>m Glauben an das höchstnötige<br />

„Erkennen im Licht <strong>de</strong>r Natur“. Und wenn Paracelsus auch gelegentlich die Arzneikunst eine ungewisse Kunst nennt,<br />

von <strong>de</strong>r er mehrmals abgelassen habe, so ist er doch immer wie<strong>de</strong>r zu ihr zurückgekehrt, <strong>de</strong>nn, so fragt er: „Was ist<br />

aber das <strong>de</strong>n medicum reut? nichts; dan er hat sein tag volbracht mit <strong>de</strong>n arcanis und hat in got und in <strong>de</strong>r natur gelebt<br />

als ein gewaltiger meister <strong>de</strong>s irdischen liechts.“ 15<br />

Durch die Jahrhun<strong>de</strong>rte haben Persönlichkeit und Werk <strong>de</strong>s Paracelsus sehr unterschiedliche Wertungen und<br />

Würdigungen erfahren. Diese wi<strong>de</strong>rspiegeln immer zugleich historische Sichten und das Wissenschaftsverständnis<br />

<strong>de</strong>r jeweiligen Zeit. Zu Lebzeiten mehr angefein<strong>de</strong>t als anerkannt, wo<strong>bei</strong> Ablehnung häufig <strong>de</strong>n unsteten<br />

Lebenswan<strong>de</strong>l betraf <strong>bei</strong> Anerkennung <strong>de</strong>r ärztlichen Tätigkeit, galt Paracelsus schon um die Mitte <strong>de</strong>s 16.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts als ein Magus, ein Vertreter <strong>de</strong>r Schwarzen Magie, und im 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt wucherten Fälschungen<br />

seiner Schriften 16,17 , auf welche sich oft die Paracelsisten beriefen. Während die Aufklärung kaum Zugang zu Paracelsus<br />

fand - so hielt Hufeland ihn für einen unverschämten Scharlatan -, erlebte die Paracelsus-Verehrung in <strong>de</strong>r Zeit<br />

<strong>de</strong>r Romantik einen Höhepunkt, um mit <strong>de</strong>r raschen Entwicklung <strong>de</strong>r Naturwissenschaften und einer<br />

naturwissenschaftlich fundierten Medizin wie<strong>de</strong>r zu verblassen. Diese naturwissenschaftliche Medizin, auch Labor-<br />

o<strong>de</strong>r Krankenhausmedizin genannt, ist unzweifelhaft die Grundlage vieler Erfolge, die wir nicht missen möchten, von<br />

<strong>de</strong>r Röntgendiagnostik über die mo<strong>de</strong>rnen Operationsmetho<strong>de</strong>n bis zu <strong>de</strong>n Antibiotika und Psychopharmaka. Und<br />

doch ging mit <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n Reduzierung auf messbare Kausalzusammenhänge, auf das naturwissenschaftliche<br />

Experiment und das immer differenziertere Erkennen von Strukturen und Substrukturen Wichtiges verloren. Der<br />

Mensch, so musste man bald feststellen, ist weit mehr als die Summe physiologischer und biochemischer Prozesse,<br />

seine Krankheit nicht nur Verän<strong>de</strong>rung eines Organs o<strong>de</strong>r Störung nervaler Erregungsübertragung, so dass darauf<br />

gerichtete therapeutische Maßnahmen oft versagten. Die Wie<strong>de</strong>rent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r Psyche, das Erkennen <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung<br />

6


<strong>de</strong>s Unbewussten, stellten nur notwendige Reaktionen auf diese Erkenntnisse dar. Doch weit mehr war im 19.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt verlorengegangen. Der Arzt Curt Emmrich, bekannt unter seinem Schriftsteller-Pseudonym Peter Bamm,<br />

schreibt in <strong>de</strong>m Essay „Das Schnupftuch <strong>de</strong>s Paracelsus“ 18 , dass das noch im 17. und 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>utliche<br />

Bedürfnis, das Wesen <strong>de</strong>s Lebendigen zu erfassen, mit zunehmen<strong>de</strong>m biologischen Wissen abnahm, da die Hoffnung<br />

auf eine umfassen<strong>de</strong> Theorie <strong>de</strong>s Lebendigen immer geringer wur<strong>de</strong>. Selbst ein Nach<strong>de</strong>nken über solche Fragen<br />

wur<strong>de</strong> als nutzlos betrachtet, was sich auch in <strong>de</strong>r Ausbildung in <strong>de</strong>m Ersatz <strong>de</strong>s „tentamen philosophicum“ durch ein<br />

„tentamen physicum“, die bis heute übliche Prüfung in <strong>de</strong>n medizinisch-naturwissenschaftlichen Grundlagenfächern<br />

im Medizinstudium, ausdrückte. Zugleich verschwand das moralische Bedürfnis, Therapie nicht nur auf eine Summe<br />

von Einzelerfahrungen, son<strong>de</strong>rn auf eine zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong> Theorie stellen zu können. Und wenn es mit <strong>de</strong>m<br />

erwachen<strong>de</strong>n Interesse an <strong>de</strong>r Medizingeschichte (als ein „Bildungsanliegen zweiter Hand“, so Peter Bamm spöttisch)<br />

zur Gewohnheit wur<strong>de</strong>, wissenschaftliche Äußerungen mit einem Wort von Paracelsus einzuleiten, so suchte man <strong>bei</strong><br />

ihm doch nur solche Aussprüche, die man als Ahnungen mo<strong>de</strong>rner biologischer Kenntnisse interpretieren konnte, um<br />

darüber das Wichtigere zu vergessen, nämlich sein Bestreben, eine umfassen<strong>de</strong> Theorie alles Lebendigen als<br />

Grundlage für das ärztliche Han<strong>de</strong>ln zu geben. Auch gegenwärtig gilt Paracelsus für die Vertreter verschie<strong>de</strong>ner<br />

Fachgebiete - Ärzte, Pharmazeuten, Chemiker, Philosophen, Theologen - als einer <strong>de</strong>r ihren, als Vor<strong>de</strong>nker o<strong>de</strong>r<br />

Vorläufer. Selbst innerhalb <strong>de</strong>r Medizin reklamieren ihn verschie<strong>de</strong>ne Strömungen für sich, und immer wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n<br />

Paracelsischen Texten Passagen gesucht, welche eine Herleitung heutigen Wissens aus diesen Texten rechtfertigen<br />

sollen. Den Vertretern <strong>de</strong>r Naturheilkun<strong>de</strong>, einschließlich <strong>de</strong>r Anthroposophen und Anhänger <strong>de</strong>r Homöopathie, gilt<br />

Paracelsus als <strong>de</strong>r Naturarzt par excellence, obwohl <strong>de</strong>m vieles wi<strong>de</strong>rspricht - von <strong>de</strong>r Anwendung chemischer<br />

Heilmittel bis zu seinem ontologischen Krankheitsbegriff; zum an<strong>de</strong>ren wer<strong>de</strong>n seine genauen Krankheitsbeschreibungen,<br />

seine Prinzipien <strong>de</strong>r Wundbehandlung o<strong>de</strong>r die Verwendung chemischer Präparate in <strong>de</strong>r<br />

Therapie immer als Schritte auf <strong>de</strong>m Wege zur mo<strong>de</strong>rnen Medizin angegeben. 19 Man sieht in Paracelsus auch „<strong>de</strong>n<br />

eigentlichen Begrün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Chemiatrie und damit letzthin <strong>de</strong>r pharmazeutischen Chemie“ 20 ebenso wie „<strong>de</strong>r<br />

empirischen Psychologie und <strong>de</strong>r psychologischen Heilkun<strong>de</strong>“ 21 . Die Gefahr, Paracelsus alleine von <strong>de</strong>r Warte <strong>de</strong>s<br />

gegenwärtigen Kenntnisstan<strong>de</strong>s zu beurteilen, liegt auf <strong>de</strong>r Hand. Für <strong>de</strong>n Wissenschaftshistoriker be<strong>de</strong>utet es eine<br />

ständige Herausfor<strong>de</strong>rung, das gewaltige paracelsische Werk im Kontext seiner Entstehungszeit zu erforschen und es<br />

da<strong>bei</strong> nicht alleine aus <strong>de</strong>m Blickwinkel <strong>de</strong>s jeweiligen Spezialisten zu betrachten. In interdisziplinärer<br />

Zusammenar<strong>bei</strong>t hat man sich diesem Ziel genähert 22,23 , und durch genaues Quellenstudium erkennt man immer<br />

besser <strong>de</strong>n geistigen Hintergrund <strong>de</strong>s paracelsischen Konzeptes. Schipperges <strong>de</strong>monstrierte dies <strong>bei</strong>spielhaft an <strong>de</strong>r<br />

Entienlehre <strong>de</strong>s Paracelsus 24 . Doch sind dies nicht alleine Probleme <strong>de</strong>r Spezialisten? Sind Persönlichkeit und Werk<br />

<strong>de</strong>s Paracelsus auch über das rein wissenschaftliche Interesse hinaus für uns Heutige von Be<strong>de</strong>utung? Können wir <strong>bei</strong><br />

Paracelsus Antworten auf Fragen erwarten, die in einer so verän<strong>de</strong>rten Welt, aus einer scheinbar durch nichts<br />

aufzuhalten<strong>de</strong>n Wissenschaft entspringen? Die Fortschritte <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Medizin sind atemberaubend.<br />

Organtransplantationen, Manipulationen am menschlichen genetischen Material, Aufrechterhalten <strong>de</strong>r biologischen<br />

Körperfunktionen auf nahezu beliebige Zeit - all das ist schon nichts Sensationelles mehr. Selbst das Klonen von<br />

Menschen ist technisch möglich gewor<strong>de</strong>n. Doch zugleich wachsen die Be<strong>de</strong>nken, ob das Machbare auch immer vertretbar<br />

o<strong>de</strong>r wünschenswert ist. Ist es wirklich so, wie Bismarcks Leibarzt Schweninger behauptete, dass die<br />

Wissenschaft <strong>de</strong>s Arztes seine Humanität tötet? 25 Gewiss nur dann, wenn die Wissenschaft zum Selbstzweck wird,<br />

wenn Theorie und Praxis keine Einheit mehr bil<strong>de</strong>n. Je weiter die medizinische Wissenschaft in Grenzbereiche vordringt,<br />

um so größer sind die Anfor<strong>de</strong>rungen an <strong>de</strong>n Arzt, nicht nur als Experten, son<strong>de</strong>rn auch als Begleiter und<br />

Helfer in Krankheit und Not. 26 Doch während <strong>de</strong>r Patient im Arzt zuerst <strong>de</strong>n Berater, Führer und Freund, dann erst<br />

<strong>de</strong>n Gelehrten und das menschliche Vorbild erwartet, wünscht <strong>de</strong>r Arzt sich zunächst Erfolg als Therapeut, Manager<br />

und Wissenschaftler. 27 Um aber die Erwartungen <strong>de</strong>s Patienten erfüllen zu können, bedarf <strong>de</strong>r Arzt einer Ethik, die<br />

sich zwar nur im Umgang mit <strong>de</strong>n Kranken aneignen, jedoch auch in historischen Vorbil<strong>de</strong>rn messen lässt. Und im<br />

Hinblick auf seine ärztliche Ethik ist Paracelsus über alle Jahrhun<strong>de</strong>rte ein großartiges Vorbild geblieben. Lassen Sie<br />

uns daher auch unter <strong>de</strong>m Eindruck <strong>de</strong>r Fortschritte <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Medizin <strong>bei</strong> Paracelsus verharren und ihn nach<br />

seiner Auffassung von <strong>de</strong>r Stellung <strong>de</strong>r Medizin und <strong>de</strong>n Pflichten <strong>de</strong>s Arztes befragen! Betrachtet man in diesem<br />

Zusammenhang die paradigmatischen Defizite <strong>de</strong>r gegenwärtigen Medizin, so bleibt Paracelsus „eine Verlegenheit<br />

und eine Herausfor<strong>de</strong>rung“ 28 . Denn für Paracelsus gibt es keine Trennung innerhalb <strong>de</strong>r Medizin in Kunst und<br />

Wissenschaft, keine Trennung zwischen Theorie und Praxis. Umfassen<strong>de</strong>s Wissen und Verständnis <strong>de</strong>r Natur und <strong>de</strong>s<br />

Menschen verlangt er von <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r sich wirklich Arzt nennen darf, Denn „es mag einer wol ein doctor sein und kein<br />

arzet, mag auch wol ein arzet sein und kein doctor, als da geschicht <strong>de</strong>nen, die auf <strong>de</strong>r hochfart wachsen, und nicht<br />

auf <strong>de</strong>r kunst“. 29<br />

Welches aber ist <strong>de</strong>r wahre Grund <strong>de</strong>r Arznei, was sind die Grundlagen <strong>de</strong>r Heilkun<strong>de</strong>, welche ein wahrhaftiger Arzt<br />

erfassen muss? In <strong>de</strong>r Vorre<strong>de</strong> zum Buch Paragranum nennt er als Grundpfeiler seiner Medizin die „philosophei,<br />

astronomei und alchimei“, und er fragt: „.. welcher ist <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r da mag ein arzet sein on die drei? <strong>de</strong>r da nit sei ein<br />

7


philosophus, ein astronomus, ein alchimist?" 30 Nun entsprechen Philosophie, Astronomie und Alchimie in <strong>de</strong>s<br />

heutigen Wortes Be<strong>de</strong>utung nicht <strong>de</strong>m, was Paracelsus damit meint. Die „philosophei“ soll so gelehrt wer<strong>de</strong>n, „das in<br />

ir <strong>de</strong>r mensch ganz erschein und begegne und in ir fin<strong>de</strong> alle krankheiten und zufell, gesuntheit und trübsal, alle gli<strong>de</strong>r<br />

und glidmas, alle teil und gli<strong>de</strong>r teilung, so vil und am menschen und im menschen ist o<strong>de</strong>r sein mag, und so vil in <strong>de</strong>r<br />

natur sehen, wissen und erfaren, sovil vom ersten menschen bis zum letzten einfallen mag o<strong>de</strong>r eingefallen ist, also<br />

ganz und volkomen, das auch die augen, die oren, die stirn, <strong>de</strong>r atem in <strong>de</strong>r welt gefun<strong>de</strong>n wird, auch die beweglikeit,<br />

die dauen<strong>de</strong>n gli<strong>de</strong>r, die austreiben<strong>de</strong>n, die anziehen<strong>de</strong>n und alles, das do ist, und alles, so im leib not were zur hülf,<br />

zur gesuntheit, zun allen dingen, das dasselbig außen verstan<strong>de</strong>n werd, gelernt und erfun<strong>de</strong>n, außen probirt und<br />

gerecht gefun<strong>de</strong>n, auswendig durch das feur getriben und gereiniget, auswendig <strong>de</strong>n harn besehen, <strong>de</strong>n puls greifen,<br />

die colores <strong>de</strong>r physionomei geurteilet. und so das alles auswendig in dir erfaren ist, als dan so bistu in <strong>de</strong>n dingen<br />

erfaren, als dan so gehe in <strong>de</strong>n innern menschen und als dan, so du auswendig al schulrecht und fragstück erfaren<br />

hast, bewert, darnach besich <strong>de</strong>n seich, <strong>de</strong>n puls, darnach arznei innen und außen; das ist die philosophei, von <strong>de</strong>r ich<br />

dir sag.“ 31<br />

Die Philosophie <strong>de</strong>s Paracelsus ist also genaue Kenntnis <strong>de</strong>r gesamten äußeren Welt, Kenntnis <strong>de</strong>s menschlichen<br />

Körpers, <strong>de</strong>r menschlichen Natur, und ist mithin Anthropologie. Die Astronomie <strong>de</strong>s Paracelsus wie<strong>de</strong>rum ist keine<br />

Himmelskun<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn in umfassen<strong>de</strong>m Sinn die Lehre vom Eingebun<strong>de</strong>nsein <strong>de</strong>s Menschen als Mikrokosmos in<br />

<strong>de</strong>n Makrokosmos und seine Abhängigkeit von Raum und Zeit. Alles verän<strong>de</strong>rt sich mit <strong>de</strong>r Zeit, und auch die<br />

Ergebnisse ärztlichen Han<strong>de</strong>lns wer<strong>de</strong>n dadurch beeinflusst, „dan das geschieht, das oft ein arznei gift ist, oft arznei<br />

in einer krankheit, in einer stund, da das daromb, das <strong>de</strong>r himel hat die arznei inn, und er regirt sie.“ 32 Die Alchimie<br />

aber hat nichts mit <strong>de</strong>r Goldmacherkunst zu tun, son<strong>de</strong>rn ist Schei<strong>de</strong>kunst, durch die Unvollkommenes in Vollkommenes<br />

verwan<strong>de</strong>lt, Reines von <strong>de</strong>n Schlacken gelöst wird. „Nicht als die sagen, alchimia mache gold, mache<br />

silber; hie ist das fürnemen mach arcana und richte dieselbigen gegen <strong>de</strong>n krankheiten.“ 33 In seiner bildhaften Sprache<br />

beschreibt Paracelsus, wie die Alchimie das Verborgene zum Vorschein bringt: „So nun so vil ligt in <strong>de</strong>r alchimei,<br />

dieselbige hie in <strong>de</strong>r arznei so wol zu erkennen, ist die ursach <strong>de</strong>r großen verborgnen tugent, so in <strong>de</strong>n dingen ligt <strong>de</strong>r<br />

natur, die niemand offenbar sind, allein es mache sie dan die alchimei offenbar und brings herfür. sonst ist es gleich<br />

als einem, <strong>de</strong>r im winter einen baum sicht und kennet in aber nit und weiß nit, was in ime ist, so lang bis <strong>de</strong>r somer<br />

kompt und eröfnet einan<strong>de</strong>r nach, iezt die sprößlin, iezt das geblü, iezt die frucht und was dan in ime ist. also ligt nun<br />

die tugent in <strong>de</strong>n dingen verborgen <strong>de</strong>m menschen, und allein es sei dan, das <strong>de</strong>r mensch durch <strong>de</strong>n alchimisten<br />

dieselbigen innen wer<strong>de</strong>, wie durch <strong>de</strong>n somer, sonst ist es im unmüglich.“ 34<br />

Diesen drei Grundlagen ärztlichen Denkens und Han<strong>de</strong>lns fügt aber Paracelsus als vierte und letzte Säule, die jedoch<br />

untrennbar mit allen übrigen verbun<strong>de</strong>n ist, die „virtus“ hinzu, welche Tugend und Rechtschaffenheit, Liebe und<br />

Barmherzigkeit umfasst und die Voraussetzung für <strong>de</strong>n Dienst am Kranken ist. Denn wer nicht Barmherzigkeit und<br />

Liebe übt, <strong>de</strong>m verweigert Gott auch die Erkenntnis und die Fähigkeit zu heilen. „Dan die arznei und <strong>de</strong>r arzt seind<br />

allein darumb, das durch sie <strong>de</strong>r krank entpfintlich sehe und merk die liebe und barmherzikeit gottes. wo nun <strong>de</strong>r arzt<br />

in solcher lieb und barmherzikeit nicht geneigt ist, so wird er beraubt <strong>de</strong>s jenigen so im zu wissen zustehet.“ 35 Bei<br />

aller Not und allem Elend, welche <strong>de</strong>r Kranke lei<strong>de</strong>n muss und mit <strong>de</strong>nen sich <strong>de</strong>r Arzt täglich konfrontiert sieht,<br />

müsste es ein „steiniges herz sein, das sich nit bewegen laß in solcher krankheit hülf zu betrachten.“ 36<br />

Begeben wir uns also in die Welt <strong>de</strong>s Paracelsus, versuchen wir in sein System <strong>de</strong>r Naturbetrachtung und <strong>de</strong>r<br />

Medizin, das so verschie<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>m unsrigen ist, einzudringen und <strong>de</strong>nken wir über die Worte nach, mit <strong>de</strong>nen er<br />

1529 sein „Spitalbuch“ begonnen hat: „das höchst so wir arzt an uns haben ist die kunst, nachfolgent das <strong>de</strong>m gleich<br />

ist, ist die liebe, und <strong>de</strong>ren zweien ist die hofnung ir beschluß, so nun das höchst <strong>bei</strong> uns die kunst ist, so stet<br />

<strong>de</strong>rselbige teil in <strong>de</strong>nen hohen dingen, nemlich in <strong>de</strong>m gewalt von oben herab, nachfolgent in unser erfarenheit und<br />

zulezt in <strong>de</strong>r erfarnen anweisung. iedoch ligt das hauptstück in <strong>de</strong>r erfarenheit <strong>de</strong>r kunst; gleicherweis ists mit <strong>de</strong>r<br />

liebe, die auch in <strong>de</strong>nen hohen dingen begriffen wird, das ist, das wir disen gewalt aus <strong>de</strong>r liebe gottes empfahen, und<br />

zum an<strong>de</strong>rn das wirs in <strong>de</strong>rselbigen liebe wi<strong>de</strong>rumb austeilen, dan aus ime ist sie da, also durch uns sol sie gegen <strong>de</strong>m<br />

dürftigen gen. und zum driten das wir die selbige in solcher liebe brauchen, als trefs uns selbs an. <strong>de</strong>r höchste grund<br />

<strong>de</strong>r arznei ist die liebe.“ 37<br />

LITERATUR<br />

1 Jung, C. G.: Paracelsica. Zwei Vorlesungen über <strong>de</strong>n Arzt und Philosophen Theophrastus. Zürich und Leipzig<br />

1942, S. 9<br />

2 Theophrast von Hohenheim, genannt Paracelsus: Sämtliche Werke, 1. Abteilung - Medizinische,<br />

naturwissenschaftliche und philosophische Schriften. Hrsg. von K. Sudhoff. 14 B<strong>de</strong>. München und Berlin<br />

1922-1933. Registerband von M. Müller (redig. von R. Blaser). Einsie<strong>de</strong>ln 1960 (Nova Acta Paracelsica, Suppl.<br />

1960)<br />

8


3 Theophrast von Hohenheim, genannt Paracelsus: Sämtliche Werke, 2. Abteilung - Theologische und<br />

religionsphilosophische Schriften. Hrsg. von K. Goldammer. Wiesba<strong>de</strong>n 1955 ff.<br />

4 Vgl. Sudhoff, Bd. 10, S. 354<br />

5 Vgl. Sudhoff, Bd. 11, S. 34<br />

6 Vgl. Sudhoff, Bd. 10, S. 20<br />

7 Vgl. Sudhoff, Bd. 7, S. 291<br />

8 Vgl. Sudhoff, Bd. 11, S. 189<br />

9 Bittel, K.: Ist <strong>de</strong>r Beiname „Paracelsus“ am Oberrhein entstan<strong>de</strong>n? Z. f. d. <strong>Ges</strong>chichte d. Oberrheins, N. F. 56<br />

(1943) 668-670<br />

10 Vgl. Sudhoff, Bd. 7, S. 67 -182<br />

11 Vgl. Sudhoff, Bd. 8, S. 31-221<br />

12 Vgl. Sudhoff, Bd. 11, S. 4<br />

13 Vgl. Sudhoff, Bd. 11, S. 265<br />

14 Theophrast von Hohenheim, genannt Paracelsus: Sämtliche Werke - Theologische und religionsphilosophische<br />

Schriften, Bd. 1, Hrsg. von W. Matthießen. München 1923, S. 80<br />

15 Vgl. Sudhoff, Bd. 8, S. 321<br />

16 Sudhoff, K.: Versuch einer Kritik <strong>de</strong>r Echtheit <strong>de</strong>r Paracelsischen Schriften. 1. Teil: Bibliographia Paracelsica. 2.<br />

Teil: Paracelsus-Handschriften, Berlin 1894-1899<br />

17 Schipperges, H.: Die Entienlehre <strong>de</strong>s Paracelsus. Berlin; Hei<strong>de</strong>lberg; New York; London; Paris; Tokyo 1988<br />

(Veröff. aus d. Forschungsstelle für Theoretische Pathologie <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>lberger Aka<strong>de</strong>mie <strong>de</strong>r Wissenschaften). S.<br />

32-40<br />

18 Bamm, P.: Das Schnupftuch <strong>de</strong>s Paracelsus. In: Ders.: Ex ovo. Essays über die Medizin. Frankfurt am Main;<br />

Hamburg: 1961, S. 101-107<br />

19 Schott, H.: Paracelsus und die neuzeitliche Medizin. In: Paracelsus. Theophrast von Hohenheim. Naturforscher,<br />

Arzt, Theologe. Hrsg. von U. Fellmeth u. A. Kothe<strong>de</strong>r. Stuttgart 1993, S. 52-53<br />

20 Dilg, P.: Zur Arzneimittellehre <strong>de</strong>s Paracelsus. In: Paracelsus. Theophrast von Hohenheim. Naturforscher, Arzt,<br />

Theologe. Hrsg. von U. Fellmeth u. A. Kothe<strong>de</strong>r. Stuttgart 1993, S. 45-50<br />

21 Vgl. Jung [1], S. 177<br />

22 Paracelsus (1493-1541). „Keines an<strong>de</strong>rn Knecht ...". Hrsg. von H. Dopsch, K. Goldammer u. P. F. Kramml.<br />

Salzburg 1993<br />

23 Parerga Paracelsica. Paracelsus in Vergangenheit und Gegenwart. Hrsg. von J. Telle. Stuttgart 1991 Vgl.<br />

Schipperges [17] Schweninger, E.: Der Arzt. Dres<strong>de</strong>n 1906, 2. Aufl. 1926, S. 45<br />

26 Schipperges, H.: Was erwartet <strong>de</strong>r Patient vom Arzt von morgen? Schweiz. Rundschau Med. (Praxis) 82 (1993)<br />

639-645<br />

27 Engelhardt, D. von: Das Bild <strong>de</strong>s Arztes in <strong>de</strong>r Neuzeit. Zum 175. Jubiläum <strong>de</strong>s Ärztevereins zu Lübeck.<br />

Lübeckische Blätter 144 (1984) 349-352<br />

28 Hartmann, F.: Paracelsus und das Paradigma <strong>de</strong>r heutigen Medizin. Anstöße 2 (1982) 1-12<br />

29 Vgl. Sudhoff, Bd. 7, S. 372<br />

30 Vgl. Sudhoff, Bd. 8, S. 136 f.<br />

31 Vgl. Sudhoff, Bd. 8, S. 144 f.<br />

32 Vgl. Sudhoff, Bd. 8, S. 170<br />

33 Vgl. Sudhoff, Bd. 8, S. 185<br />

34 Vgl. Sudhoff, Bd. 8, S. 191<br />

35 Vgl. Sudhoff, Bd. 8, S. 264<br />

36 Vgl. Sudhoff, Bd. 8, S. 268<br />

37 Vgl. Sudhoff, Bd. 7, S. 369<br />

Ernst-Heinz Lemper<br />

PARACELSISCHES GEDANKENGUT IM WERK JAKOB BÖHMES<br />

„Mit welchem Spott habt ihr mich verhöhnt, ich sei <strong>de</strong>r Lutherus Medicorum ... Ich wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Luther sein Ding<br />

verantworten lassen und wer<strong>de</strong> das meine auch eben tun“. 1<br />

9


Mit diesen Worten - meine Damen und Herren - bestimmt Paracelsus in <strong>de</strong>r Vorre<strong>de</strong> seines Buches „Paragranum“<br />

seine Position als Reformator nicht nur <strong>de</strong>r Medizin im Zeitalter <strong>de</strong>r Reformation <strong>de</strong>r Kirche, <strong>de</strong>s Denkens und <strong>de</strong>r<br />

<strong>Ges</strong>ellschaft in Deutschland. Ausgehend von <strong>de</strong>r Selbstgesinnung und Selbstbestimmung <strong>de</strong>s Menschen in seinem<br />

Verhältnis zu Gott, Natur und Mitmenschheit ist das Gewissen in Glaube und Wissenschaft aus <strong>de</strong>r bisher<br />

ein<strong>de</strong>utigen religiös bestimmten Verankerung losgerissen und zu Entscheidungen gerufen. Die Berufung auf das<br />

Gewissen stellt die Ethik infolge <strong>de</strong>r Glaubensspaltung über das religiöse Bekenntnis und begleitet <strong>de</strong>n<br />

Wahrheitsanspruch von Glaube und Wissenschaft 2 zwischen Freiheit und Notwendigkeit. Das Bewusstsein <strong>de</strong>r<br />

Gefahr eines Wertverlustes an christlichem Selbstverständnis und an christlicher Tradition ließ die biblische<br />

Überlieferung unbezweifelt und führte die tradierten Gehalte zu einem theologischen Philosophieren, das Paracelsus<br />

als seine Lehrmetho<strong>de</strong> für sich ausdrücklich in Anspruch nahm. 3 Das Zeitalter <strong>de</strong>r Renaissance als Wie<strong>de</strong>rgeburt <strong>de</strong>s<br />

selbständig entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Individuums rief Fragen hervor, die in dieser Schärfe noch nie an <strong>de</strong>n einzelnen<br />

Gläubigen herangetreten waren und die Paracelsus und das ihm folgen<strong>de</strong> Jahrhun<strong>de</strong>rt stellten, betreffend etwa <strong>de</strong>s<br />

Einzelnen zu Christi Ruf zur neuen Wie<strong>de</strong>rgeburt, um in Selbsterkenntnis <strong>de</strong>n alten Adam, <strong>de</strong>n sündigen Menschen,<br />

abzustreifen 4 ; was ist gut und was ist böse, inwiefern lässt Gott <strong>bei</strong><strong>de</strong>s zu 5 ; wie erklärt sich das biblische Bild eines<br />

Schöpfergottes, eines Gottes <strong>de</strong>s Zornes und eines Gottes <strong>de</strong>r Liebe, dazu noch in Dreifaltigkeit 6 ; wie und aus was hat<br />

Gott die Welt geschaffen? 7 Fragen dieser Art gehen durch das theosophische Schrifttum von Paracelsus bis Jakob<br />

Böhme und noch lange und weit über diesen hinaus.<br />

Zwischen Paracelsus, geboren 1493, gestorben 1541, und Jakob Böhme, <strong>de</strong>m be<strong>de</strong>utendsten <strong>de</strong>utschen Theosophen,<br />

geboren 1575, gestorben 1624, liegen in allen vergleichbaren Lebensdaten ca. 80 Jahre, in <strong>de</strong>nen sich theologische<br />

Fragen zunehmend <strong>de</strong>r philosophisch-ethischen Beantwortung zuwandten. Der Brückenschlag von Paracelsus zu<br />

Böhme ist bestimmt von <strong>de</strong>r <strong>Ges</strong>chichte <strong>de</strong>s Paracelsismus im Raume Oberlausitz/Nie<strong>de</strong>rschlesien 8 mit <strong>de</strong>n<br />

Eckpunkten Hirschberg - Striegau - Liegnitz - Glogau - Sagan - Görlitz. Die generelle methodische Linie <strong>de</strong>s<br />

Philosophierens wird zwischen Paracelsus und Böhme durch die mystische und pantheistische, gnostisch wie<br />

neuplatonisch neugewertete Auffassung vom Gott in uns bestimmt, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Menschen befähigt, christlich zu <strong>de</strong>nken<br />

und zu han<strong>de</strong>ln, gerecht zu entschei<strong>de</strong>n, sein Gewissen zu aktivieren. 9 Veranlasst durch zunehmen<strong>de</strong> orthodoxe<br />

Verhärtung <strong>de</strong>r Glaubensinhalte in neue Dogmen wur<strong>de</strong> zwischen Reformation <strong>de</strong>r Kirche und <strong>de</strong>m Rationalismus<br />

Gott einerseits persönlich vom Gläubigen vereinnahmt und an<strong>de</strong>rerseits zu einer transzen<strong>de</strong>nten Größe. Drei Jahre<br />

nach <strong>de</strong>s Hohenheimers Tod wur<strong>de</strong> durch die Publikation <strong>de</strong>s copernicanischen Systems die Natur vom irdischen<br />

Weltbild ins Weltall erweitert. Was <strong>de</strong>m altgläubig gebliebenen ParaceIsus noch als eine stabile Er<strong>de</strong> im Kräftebild<br />

<strong>de</strong>r Sterne erschien, war für <strong>de</strong>n lutherisch erzogenen Böhme, Zeitgenosse von G. Bruno, G. Galilei und J. Kepler,<br />

eine dynamische Welt bewegen<strong>de</strong>r Kräfte gewor<strong>de</strong>n. Für Paracelsus war die Er<strong>de</strong> noch die auf <strong>de</strong>n Menschen<br />

bezogene Basis, über die sich <strong>de</strong>r gestirnte äußere Himmel wölbte, worüber <strong>de</strong>r innere als das Reich Gottes lokalisiert<br />

war." 10 Jakob Böhme befiel ein ihn melancholisch stimmen<strong>de</strong>r, krankmachen<strong>de</strong>r Jammer, als ihm die<br />

wissenschaftliche Naturerkenntnis seinen Got- teshimmel zusammenstürzen ließ, davon er „gar manchen harten Stoß“<br />

empfangen. 11 Sinnzeichen <strong>de</strong>r Transzen<strong>de</strong>nz Gottes sind von nun an die Sterne und die „Kräfte <strong>de</strong>r Natur“. Die<br />

Sterne, die um <strong>de</strong>n Polarstern kreisen, die Planeten mit Sonne und Mond dachte Paracelsus in einem unteren, die<br />

Kometen aber, die unversehens auftreten, in einem oberen Himmel. 12 Astronomie war für Paracelsus die<br />

Wissenschaft von <strong>de</strong>n Bewegungen <strong>de</strong>r Sterne, Ihren Konstellationen und Inklinationen.<br />

Deren Deutung überließ er <strong>de</strong>r Astrologie. Er verwarf einerseits <strong>de</strong>n Gedanken einer individuellen Schicksalslenkung<br />

durch das „<strong>Ges</strong>tirn“ betont an<strong>de</strong>rerseits aber <strong>de</strong>ssen einwirken<strong>de</strong> Kraft <strong>bei</strong> Geburt und Krankheit eines Menschen<br />

und rechnet Astronomie einschließlich Astrologie zu <strong>de</strong>n philosophischen Grundlagen <strong>de</strong>r Medizin. Paracelsus<br />

vertritt die Devise „Der weise Mann regiert über das <strong>Ges</strong>tirn“. 13 Böhme lässt die Sternkun<strong>de</strong> Sache <strong>de</strong>r Sternkundigen<br />

sein, bezieht aber <strong>de</strong>nnoch die Astrologie mit einer Planeten<strong>de</strong>utung schon 1612 in sein Erstwerk „Aurora o<strong>de</strong>r die<br />

Morgenröte im Aufgang“ mehr neben als in sein Welt- und Gottesbild ein, ebenso <strong>de</strong>n paracelsischen „si<strong>de</strong>rischen<br />

Leib“. 14 Für <strong>bei</strong><strong>de</strong> Denker sind die Sterne mit <strong>de</strong>m Menschenleben eng verbun<strong>de</strong>n, in erster Linie nachweisbar durch<br />

die Einwirkungen von Sonne und Mond. 15 Böhme folgt Paracelsus in <strong>de</strong>r Weltentstehungstheorie gemäß Genesis und<br />

Kabbala. Danach ist die ganze Natur durch Luzifers Eingriff in die göttliche Schöpfung bis hinaus zu <strong>de</strong>n Sternen<br />

infiziert, so dass vom <strong>Ges</strong>tirn wie von allen <strong>Ges</strong>chöpfen und Materialien Gutes wie Böses auf <strong>de</strong>n Menschen<br />

zukommt. Böhme bekennt, „viel hocher Meister Schriften gelesen“ zu haben 15a , worunter mit Sicherheit die <strong>de</strong>s<br />

Paracelsus zu verstehen sind. Was von Paracelsus direkt zu Böhme herüberkam, ist die Wirkungsgeschichte <strong>de</strong>r 1589<br />

bis 1591 von Johann Huser (1545 - ca. 1600) veranlassten Drucklegung <strong>de</strong>r Schriften <strong>de</strong>s Hohenheimers in Basel. Im<br />

Selbstverständnis eines Autors seiner Zeit zitiert Böhme nie wörtlich seine Quelle, belegt sie auch nicht durch einen<br />

Nachweis. Von Böhme übernommenes Gedankengut <strong>de</strong>s Paracelsus explizit nachzuweisen, be<strong>de</strong>utet eine Ar<strong>bei</strong>t, die<br />

hier nicht geleistet wer<strong>de</strong>n kann. Böhme selbst bezieht sich in seinem 8. Sendbrief an Paul Kaym in Liegnitz an zwei<br />

Stellen ausdrücklich auf "Theophrastus". 16 Dass seine ersten vertrauten kritischen Leser in Böhmes Texten<br />

paracelsische Terminologie erkannten, belegen die <strong>bei</strong><strong>de</strong>n Verzeichnisse, <strong>de</strong>ren eines von Johann Siegismund von<br />

10


"Schweinitz" (Schweinichen), 1589 -1664, und <strong>de</strong>ren an<strong>de</strong>res vom Liegnitzer Arzt Friedrich Krause zur „Erklärung<br />

unterschiedlicher, theils eigener, theils Paracelsischer Wörter“ <strong>de</strong>m <strong>Ges</strong>amtwerk Böhmes durch Johann Georg Gichtel<br />

ab 1682 <strong>bei</strong>gegeben wur<strong>de</strong>n. 17 Es ist für die nachreformatorische Lage in <strong>de</strong>r Heimat Jakob Böhmes, in <strong>de</strong>r<br />

Oberlausitz und im östlich angrenzen<strong>de</strong>n nie<strong>de</strong>rschlesischen Grenzgebiet, charakteristisch, dass sich die selbständigen<br />

Denker fast ausschließlich mit <strong>de</strong>n spekulativen Schriften <strong>de</strong>s Hohenheimers befassten, die Huser nicht<br />

veröffentlichte und die noch heute ihrer Publikation harren. 18 Jakob Böhme ist Endglied und Höhepunkt in <strong>de</strong>r Folge<br />

<strong>de</strong>r ost<strong>de</strong>utschen Paracelsisten. Was verursachte diese bemerkenswerte theosophische Paracelsus-Resonanz in <strong>de</strong>m<br />

genannten Gebiet? Im Unterschied zu allen an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>utschen Lan<strong>de</strong>n war die Reformation Luthers in <strong>de</strong>r<br />

Oberlausitz im Zuge einer <strong>de</strong>mokratischen Bewegung ab 1521 eingeführt und ohne lan<strong>de</strong>sherrliche Kontrolle o<strong>de</strong>r<br />

Genehmigung um Ostern 1525 durch Beschluss <strong>de</strong>r Stän<strong>de</strong>vertreter ohne Zustimmung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>sherrn als vollzogen<br />

bestätigt wor<strong>de</strong>n, um einer unkontrollierbaren Volkserhebung zuvorzukommen. 19 Der Mangel einer zentralen<br />

Kirchenverwaltung ermöglichte in <strong>de</strong>r Oberlausitz, die Reformation in höchst unterschiedlicher <strong>Ges</strong>talt, je nach<br />

<strong>Ges</strong>innung <strong>de</strong>r Kirchenpatrone, auszulegen. Als 1526 die Lan<strong>de</strong>sherrschaft in Böhmen mit Ober- und Nie<strong>de</strong>rlausitz<br />

und Schlesien an die Habsburger ging, musste die Bekenntnisfrage nach <strong>de</strong>r jeweiligen Verfassung dieser Gebiete<br />

anerkannt wer<strong>de</strong>n. Die somit gewährte Toleranz gestattete <strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n österreichischen Erblan<strong>de</strong>n vertriebenen<br />

Lutherischen in <strong>de</strong>r Lausitz Zuflucht. Die 1528 bereits in Schlesien untersagte Lehre <strong>de</strong>s Caspar Schwenckfeld (1489-<br />

1561), <strong>de</strong>r wie Paracelsus und Sebastian Franck (1499 bis 1542) die Kirchengebäu<strong>de</strong> als Steinhaufen erklärte und die<br />

Sakramente bezweifelte, beson<strong>de</strong>rs Luthers Abendmahlslehre, fand beson<strong>de</strong>rs in Görlitz Anhang, vor allem unter <strong>de</strong>n<br />

führen<strong>de</strong>n Familien. 1535 wur<strong>de</strong>n Bewohner <strong>de</strong>r Görlitzer Hei<strong>de</strong> als Täufer verdächtigt. Die nach Ausgleich mit <strong>de</strong>n<br />

Calvinisten streben<strong>de</strong> Reformationsauffassung Philipp Melanchthons (1497 bis 1560) hatte nicht zuletzt unter <strong>de</strong>n<br />

Humanisten und Geistlichen an <strong>de</strong>r Universität Wittenberg eine als Philippismus bezeichnete Mil<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />

orthodoxen Luthertums her<strong>bei</strong>geführt, die ab 1571 in Sachsen als Kryptocalvinismus verfolgt wur<strong>de</strong> und wie<strong>de</strong>r in<br />

<strong>de</strong>r Oberlausitz Zuflucht fand. Aus Böhmen suchten Anhänger <strong>de</strong>r Mährischen Brü<strong>de</strong>rgemeinen hier ebenfalls Asyl.<br />

Man darf unter <strong>de</strong>r Zuflucht aus <strong>de</strong>n angrenzen<strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn in die Oberlausitz keine Massenflucht verstehen. Eher<br />

war es ein Zuwan<strong>de</strong>rn von Trägern geistiger Berufe, nicht zuletzt von philippistischen und schwenckfeldischen<br />

Theologen, im beson<strong>de</strong>ren Maße veranlasst durch die 1565 vollzogene Gründung <strong>de</strong>s Görlitzer Gymnasiums.<br />

Zwischen <strong>de</strong>m Deutschen Bauernkrieg 1525/26 und <strong>de</strong>m Schmalkaldischen Krieg 1546/47, <strong>de</strong>r für die Städte <strong>de</strong>r<br />

Oberlausitz vernichtend en<strong>de</strong>te, war die Konfessionsfrage in Deutschland zum Politikum schwerwiegendster Art<br />

gewor<strong>de</strong>n. Der 1555 geschlossene Augsburger Religionsfrie<strong>de</strong>n hatte <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>sherrn die Entscheidung <strong>de</strong>s<br />

Bekenntnisses seiner Untertanen in die Hand gegeben, <strong>de</strong>n Calvinismus aber verboten. Damit hatte <strong>de</strong>r Gläubige<br />

aufgehört, ein eigenes Bekenntnis zu haben. Es wur<strong>de</strong> ihm diktiert. Allein in <strong>de</strong>n Lausitzen galt dies nicht.<br />

Von ganz beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung wur<strong>de</strong> hier <strong>de</strong>r Umstand, dass nach Erlöschen <strong>de</strong>s exemten Bistums Meißen <strong>de</strong>r<br />

Dom<strong>de</strong>chant von Bautzen, Johann Leisentritt (1527 bis 1586), ab 1560 apostolischer Administrator, die Geistlichen<br />

<strong>bei</strong><strong>de</strong>r in Deutschland gestatteter Bekenntnisse in ihre Ämter einsetzte. 20<br />

Schwenckfeldische Abendmahlsverweigerer in städtischen Ämtern, Philippisten auf <strong>de</strong>n Kathe<strong>de</strong>rn und Kanzeln - das<br />

war genau <strong>de</strong>r Zeitpunkt, zu <strong>de</strong>m sich die paracelsistische Bewegung in Nie<strong>de</strong>rschlesien und in <strong>de</strong>r Oberlausitz in<br />

Verbindung mit heterodoxer Mystik bemerkbar machte. Der Striegauer Stadtarzt Johannes Sculterus Montanus (1531-<br />

1604) ist in diesem Kreis <strong>de</strong>r erste führen<strong>de</strong> Paracelsist, später in Hirschberg. Er war Lehrer <strong>de</strong>s Paracelsus-Editors<br />

Johann Huser, einst Arzt in Glogau. In seiner berühmten Paracelsus Werkausgabe nennt Huser außer Montanus,<br />

seinen „geliebten Praeceptor“, <strong>de</strong>n Görlitzer Arzt Johann Hiller (gest. 1597), damals bereits in Ansbach tätig, <strong>de</strong>n<br />

Görlitzer Ratsherrn und Mathematiker Bartholomäus Scultetus (1540-1614) und <strong>de</strong>n Saganer Arzt Franz Kretschmeir<br />

alias Kretschmer (gest. nach 1603) als Besitzer <strong>de</strong>r Originalschriften. 21<br />

Bartholomäus Scultetus, 1567 von seinem Studium in Leipzig und Wittenberg in seine Heimatstadt Görlitz<br />

heimgekehrt, war während <strong>de</strong>s Studiums mit Tycho Brahe (1546 -1601), <strong>de</strong>m späteren Hofastronomen Rudolphs II .<br />

in Prag, und mit Valentin Weigel (1533 -1588), <strong>de</strong>m künftigen häretischen Pfarrer von Zschopau und Vor<strong>de</strong>nker<br />

Jakob Böhmes, bekannt gewor<strong>de</strong>n. In Görlitz gehörte <strong>de</strong>r Dichter und Historiograph Christoph Manlius (1546 -1575)<br />

zu <strong>de</strong>n frühen nichtmedizinischen 22 Paracelsisten.<br />

Leisentritt hatte schon 1567 in seinem katholischen <strong>Ges</strong>angbuch Paracelsusschriften empfohlen, was als<br />

häresieverdächtig einen schleunigen Neudruck zur Folge hatte. 23 Scultetus, bald Mittelpunkt <strong>de</strong>s Geisteslebens in <strong>de</strong>r<br />

Oberlausitz, widmete <strong>de</strong>m Johann Leisentritt 1571 sein „Prognostikon meteorographum perpetuum“ mit Auszügen<br />

aus Paracelsusschriften. 1568 hatte sich Scultetus in Verbindung mit seinem Schwager Abraham Behm(e) (gest.<br />

1599) und Franz Kretschmeir alias Kretschmer intensiv um die Herausgabe <strong>de</strong>r „Archidoxae“ <strong>de</strong>s Paracelsus bemüht,<br />

<strong>de</strong>ren Krakauer Ausgabe er 1569 erhielt. 1571 empfing er durch seinen Schulkollegen Kießling von Michael Toxites<br />

(1515-1581) aus Straßburg mehrere Paracelsusdrucke. Toxites' Sohn wur<strong>de</strong> in Görlitz von Scultetus auf sein Studium<br />

vorbereitet und sein Hausgast. 1575 ließ <strong>de</strong>r Görlitzer Gelehrte eine Neuausgabe einer Pestschrift <strong>de</strong>s Paracelsus <strong>bei</strong><br />

Peter Perna in Basel erscheinen. Die kaiserlich-landvogteiliche Aufsichtsbehör<strong>de</strong> sah sich in Anbetracht <strong>de</strong>r<br />

11


heterogenen Reformation in <strong>de</strong>r Oberlausitz veranlasst, streng auf die Wahrung <strong>de</strong>r Augsburgischen Konfession <strong>de</strong>r<br />

Lutherischen zu achten. Eine Konkordienformel kannte man hier nicht. Während <strong>de</strong>r Görlitzer Magistrat in<br />

Kirchenangelegenheiten nicht eingriff, sah er sich am 2. Oktober 1570 veranlasst, „das ganze collegium medicorum<br />

sectae Paracelsi“ mit <strong>de</strong>n Görlitzer Ärzten Johannes Hiller, Franz Kretschmeir, Abraham Behm(e) und Georg Roth<br />

und <strong>de</strong>n Wundarzt Martin Schmidt mit seinen <strong>Ges</strong>ellen zum Verhör auf das Rathaus zu beschei<strong>de</strong>n, wie Scultetus<br />

seinem Schreibkalen<strong>de</strong>r anvertraute 24 , wo sie nach ihrer „practic vnd Religion“ befragt wur<strong>de</strong>n. "Practica" ist nach<br />

Paracelsus die Prophezeiungslehre. 25 Grund <strong>de</strong>s Verhörs war die 1570 in Görlitz erschienene Schrift <strong>de</strong>s Zittauer<br />

Stadtarztes Bartholomäus Reußner „Erklärung und Wi<strong>de</strong>rlegung unerhörter Gotteslästerung und Lügen, welche<br />

Paracelsus in drei Büchern Philosophiae ad Athenienses hat wi<strong>de</strong>r Gott, sein Wort und löbliche Kunst <strong>de</strong>r Arzney<br />

ausgeschüttet“. 26 Wie das Verhör ausging, erfahren wir nicht. Einfluss auf Husers großes Werk hatte es nicht.<br />

In<strong>de</strong>ssen verzeichnet man in Görlitz seit <strong>de</strong>n 60er Jahren <strong>de</strong>s 16. Jahrhun<strong>de</strong>rts bis 1619 die Abfassung paracelsischer<br />

Schriften, von <strong>de</strong>nen bisher unbekannt ist, ob sie echte Vorlagen haben o<strong>de</strong>r Ansichten aus <strong>de</strong>m Paracelsistenkreis<br />

wi<strong>de</strong>rspiegeln. Die älteste nachgewiesene paracelsistische Handschrift aus Görlitz stammt von 1564, eine weitere von<br />

1567, eine dritte hier erhaltene ist <strong>de</strong>m Titel nach 1581 von Valentin Weigel, <strong>de</strong>m wichtigsten I<strong>de</strong>envermittler von<br />

Paracelsus zu Böhme, kopiert wor<strong>de</strong>n. 27 Weigel hatte sich an Abraham Behm in Görlitz gewen<strong>de</strong>t und am 29. Mai<br />

1579 brieflich Antwort erhalten . 28 Die Korrespon<strong>de</strong>nz befasste sich mit paracelsisch-theosophischen Fragen,<br />

beson<strong>de</strong>rs zu einem Problem <strong>de</strong>r paracelsischen Theodizee: Was für Wasser war es, über <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Geist Gottes<br />

schwebte, als er Himmel und Er<strong>de</strong> schuf und es finster aus <strong>de</strong>r Tiefe war. 29 Wasser spielt ja noch zweimal in <strong>de</strong>r<br />

Mosaischen Genesis eine entstehungsgeschichtliche Rolle, nämlich als Wasser über und unter <strong>de</strong>m Firmament und<br />

<strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Scheidung von Land und Meer. 30 Solchen Fragen, die die Bibel aufwarf, aber nicht beantwortete, gingen die<br />

theosophischen Paracelsisten nach, auch Böhme. Er bil<strong>de</strong>te sich in einer paracelsisch geformten Geisteswelt. Nach<br />

Paracelsus schuf Gott <strong>de</strong>n Menschen aus <strong>de</strong>m Limbus <strong>de</strong>r ganzen Welt, <strong>de</strong>m Lehm, <strong>de</strong>r „Er<strong>de</strong> vom Acker“ <strong>de</strong>r<br />

Lutherübersetzung, so dass <strong>de</strong>r Mensch ein Mikrokosmos aus <strong>de</strong>m Makrokosmos wur<strong>de</strong>. Er schuf ihn nach seinem<br />

Bil<strong>de</strong>, in<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>m Adam seinen göttlichen Atem einblies. Das Materielle dieser Schöpfungsinterpretation lag <strong>de</strong>m<br />

Arzt näher als <strong>de</strong>m pantheistischen I<strong>de</strong>alisten Böhme. Bei diesem wird die Welt in Gottes Sechstagewerk als<br />

paradiesische Schöpfung, gleichsam als I<strong>de</strong>enwelt, aus Gottes Willen hervorgerufen. Materiell wur<strong>de</strong> sie durch <strong>de</strong>n<br />

Eingriff Luzifers und <strong>de</strong>n Abfall eines Teiles <strong>de</strong>r Engel, wodurch Adam zu Fall kam. Dieser Akt freien Willens, <strong>de</strong>r<br />

Willkür, <strong>de</strong>n auch Paracelsus als Gegenspiel zum freien Schöpferwillen Gottes kannte, wird <strong>bei</strong> Böhme Kennzeichen<br />

<strong>de</strong>s Abfalls Adams von Gottes Befehl, Ruf zur Selbstverantwortlichkeit <strong>de</strong>s Menschen. Da <strong>de</strong>r Mensch von Gott <strong>de</strong>n<br />

freien Willen erhalten hat, steht er seit <strong>de</strong>r Schöpfung in <strong>de</strong>r ständigen Entscheidung zwischen gut und böse, zwischen<br />

Gottes Liebe und Zorn.<br />

Böhme kennt drei Prinzipien, nämlich das Negative, das Positive und die materielle Erscheinung von <strong>bei</strong><strong>de</strong>n in allem<br />

Irdischen, in <strong>de</strong>r Natur, in <strong>de</strong>r sich alles <strong>bei</strong>ßt und zankt. Seine „Drei Prinzipien göttlichen Wesens“ bezog Böhme<br />

bald auf die heilige Dreieinigkeit, bald auf die von Paracelsus gelehrten drei „Prinzipien“, nämlich Sal (Salz), Sulphur<br />

(Schwefel) und Mercurius (Quecksilber) 30a , mit <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Hohenheimer geistige <strong>Ges</strong>taltungsprinzipien<br />

be<strong>de</strong>utungsschwer befrachtete: das Feste, das Brennen<strong>de</strong> und das Bewegliche. Böhme verschmilzt diese<br />

paracelsischen Prinzipien mit seinen sieben Qualitäten, in <strong>de</strong>ren Mitte das Feuer als das brennen<strong>de</strong> wie das<br />

leuchten<strong>de</strong>, das ver<strong>de</strong>rbliche wie das hilfreiche Element steht. Unter <strong>de</strong>n uranfänglichen Elementen Luft, Er<strong>de</strong> und<br />

Wasser ist nach Paracelsus alles aus <strong>de</strong>m Wasser hervorgegangen, das Feuer aber erst durch Luzifer auf die Welt<br />

gelangt. Man erkennt unschwer die Prometheussage. Böhme sieht im Blitz das Naturfeuer, das einerseits zün<strong>de</strong>t und<br />

vernichtet, an<strong>de</strong>rerseits leuchtet und als Gedankenblitz <strong>de</strong>n Geist erleuchtet. Paracelsus lehrt das Forschen im Licht<br />

<strong>de</strong>r Natur, d. h. mit Vernunft, was aber nur Erkenntnis bringt, wenn man es in Richtung auf das Licht <strong>de</strong>r Ewigkeit,<br />

<strong>de</strong>s göttlichen Lichtes o<strong>de</strong>r - wie Weigel sagt - <strong>de</strong>s Lichtes <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> befolgt. 31 Neben <strong>de</strong>n positiven<br />

Erkenntnisvorgang stellt Paracelsus <strong>de</strong>n gegenläufigen, da das Licht <strong>de</strong>r Natur (Vernunft) auch zur Betrachtung,<br />

Planung und Forschung im Bereich <strong>de</strong>s Abwegigen leuchten kann. Verstand und Vernunft wer<strong>de</strong>n <strong>bei</strong> Paracelsus wie<br />

<strong>bei</strong> Böhme oft unserem Wortgebrauch entgegengesetzt verwen<strong>de</strong>t. Verstand meint das Verstehen <strong>de</strong>s göttlichen<br />

Befehls? 32 Vernunft wird auch <strong>bei</strong> böser Absicht genutzt und schließt Irrtum ein. Dem Wortbefehl Gottes haben <strong>bei</strong><strong>de</strong><br />

Denker größte Beachtung geschenkt, <strong>de</strong>m "Fiat" - es wer<strong>de</strong> - <strong>de</strong>r Vulgata. 33 Böhme vermeinte, aus <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Sprache die Ursprache Adams rekonstruieren zu können und gelangte zu einer abenteuerlichen Wortalchemie. So<br />

etwa teilt er die paracelsische Kategorie »Sulphur« in die zwei Silben „Sul“ und „Phur“ und meint damit die<br />

Zwiespältigkeit <strong>de</strong>s feurigen Stoffes zwischen Leuchten und Brennen zu erklären. 34 „Sal“ als Salzgeist betrachtet er<br />

als Substanz <strong>de</strong>r ver<strong>de</strong>rbten Natur und <strong>de</strong>s leiblichen Menschen. Ja, er nennt <strong>de</strong>n Menschen "Salniter" o<strong>de</strong>r „Salitter“,<br />

d. h. zusammengesetzt aus Kalium- o<strong>de</strong>r Natriumnitrat. Aber auch das ist paracelsisch, nennt doch <strong>de</strong>r Hohenheimer<br />

„salnitrisches“ Leben das fleischliche, viehische o<strong>de</strong>r teuflische. 35 Paracelsischem bleibt Böhme auch verhaftet in <strong>de</strong>r<br />

Anwendung <strong>de</strong>s viel<strong>de</strong>utigen Begriffes „Geist“. Schon <strong>bei</strong> Paracelsus konnte damit das sich Verflüchtigen<strong>de</strong> einer<br />

Substanz gemeint sein. Erhalten haben sich im Sprachgebrauch Begriffe wie Salmiakgeist, Weingeist und Spiritus.<br />

12


Gemeint sein konnte aber auch <strong>de</strong>r heilige Geist, <strong>de</strong>n Böhme als <strong>de</strong>n ihn lenken<strong>de</strong>n Geist nennt, <strong>de</strong>r seine Gedanken<br />

formuliert und die Fe<strong>de</strong>r führt. 35a<br />

Alchemie ist seit Paracelsus das schöpferische Ingangsetzen <strong>de</strong>r Naturkräfte, die Entschleierung ihrer Geheimnisse.<br />

Zur Alchemie hatte Böhme zweifellos Zugang, etwa in <strong>de</strong>r Ratsapotheke o<strong>de</strong>r <strong>bei</strong> befreun<strong>de</strong>ten Ärzten und<br />

Gutsherren. In Görlitz wur<strong>de</strong> bereits um 1500 chemische Erzanalysen angestellt. 36 Böhmes Begriffe sind vielfach die<br />

<strong>de</strong>r alchemistischen Praxis. Auch <strong>bei</strong> ihm gibt es die positive Materie Iliaster, die negative Cagaster und die wässerige<br />

Substanz Aquaster, Samen und Matrix zu allem, was eine Entwicklung durchläuft, ebenso die treiben<strong>de</strong> Kraft <strong>de</strong>r<br />

Archei und die formen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Vulcani, sowie die Prima Materia und eine Quinta Essentia, alles jedoch in einer<br />

gedanklichen Überhöhung. 37 Vieles in Böhmes alchemistisch verschlüsselten Aussagen erfährt erst durch<br />

Nachschlagen <strong>bei</strong> Paracelsus Sinn, wie schon Hermann Adolph Fechner 1857/58 bemerkte. Da <strong>de</strong>r Mensch ein<br />

Mikrokosmos aus <strong>de</strong>m Makrokosmos ist, fin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Arzt nach Paracelsus in <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> und im Himmel nichts, was<br />

nicht auch im Menschen zu fin<strong>de</strong>n ist. 38 Bei Böhme erhielt die ganz materialistisch gemeinte Äußerung ihre<br />

Vergeistigung, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Mensch in erste Linie als Gefäß Gottes aufgefasst wird, Träger <strong>de</strong>s göttlichen Funkens, was<br />

auch schon <strong>bei</strong> Paracelsus eine gewichtige Rolle in <strong>de</strong>r Wahrheitsfindung spielte, <strong>bei</strong> Böhme aber <strong>de</strong>r<br />

alchemistisch-materiellen und experimentellen Grundlage entbehrt. Paracelsus setzt <strong>de</strong>n unterschiedlichen<br />

Krankheiten die unterschiedlichsten Gegenmittel, <strong>de</strong>m Gift das Gegengift aus <strong>de</strong>r Pflanzen- und Mineralwelt<br />

entgegen. Diese natürliche Dialektik erhebt Böhme zur philosophischen Metho<strong>de</strong>, in<strong>de</strong>m er lehrt, dass das „Ja“ erst<br />

Sinn durch sein Gegenteil im „Nein“ erhält, und <strong>de</strong>r Geist Gottes durch das Teuflische. Aber auch die paarweise<br />

Begriffsbildung, die Paracelsus für das Materielle und das Nichtmaterielle einsetzt, kennt Böhme, in<strong>de</strong>m er etwa <strong>de</strong>m<br />

Geist Gottes <strong>de</strong>n Leib Gottes, nämlich die Natur zur Seite stellt. Natur ist für Böhme aber auch als Lebensraum <strong>de</strong>r<br />

Bereich <strong>de</strong>s Tötens und Getötetwer<strong>de</strong>ns um <strong>de</strong>r Nahrung und Arterhaltung willen. Bei<strong>de</strong>n Denkern war Gott <strong>de</strong>r<br />

größte Magier, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Schöpfung, <strong>de</strong>m Mysterium magnum, aus nichts etwas machte. „Nichts“ <strong>de</strong>utet Böhme als<br />

<strong>de</strong>n Willen nach etwas. Von Paracelsus führt die Gedankenbrücke herüber zu Böhme in <strong>de</strong>r Auffassung, dass die<br />

Welt von ihrer göttlichen Schöpfung an als eine Coinci<strong>de</strong>ntia oppositorum - ein Zusammenfluss <strong>de</strong>r Gegensätze -<br />

angelegt sei, wie Nicolaus Cusanus schon im 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt erkannt hatte. Als Arzt stand Paracelsus <strong>de</strong>m Kranken<br />

gegenüber und bemerkte, dass krankheitsbedingtes Lei<strong>de</strong>n nicht allein das Weh <strong>de</strong>s Körpers ist, son<strong>de</strong>rn die Seele<br />

lei<strong>de</strong>t, auch, dass <strong>de</strong>r Arzt nur helfen kann, wenn <strong>de</strong>r Patient mit seinem Willen an <strong>de</strong>r Heilung beteiligt ist. 39<br />

Paracelsus trennt daher nach alter philosophischer Einsicht <strong>de</strong>n äußeren vom inneren Menschen. Seit <strong>de</strong>r Antike gilt<br />

das Innere <strong>de</strong>m Leib gegenüber als das Höhere und das Innere als Formgeber <strong>de</strong>s Äußeren, als <strong>de</strong>ssen Signatur, worin<br />

Böhme Paracelsus folgt. 40 Das Innere <strong>de</strong>s Menschen ist für Paracelsus weitgehend eine Einheit, die er je nach<br />

Aussageabsicht als empfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Seele und erkennen<strong>de</strong>n und unterschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Intellekt differenziert. Der freie Wille<br />

kann sich nach seiner Meinung auf das Innere wie auf das Äußere einstellen. 41 Auch Böhme kennt die Ganzheit <strong>de</strong>s<br />

„Gemütes“ durchdrungen von <strong>de</strong>r göttlichen Mitgift <strong>de</strong>s freien Willens, <strong>de</strong>r ständig in <strong>de</strong>r Entscheidung <strong>de</strong>s<br />

Gewissens steht. Mehr als für Paracelsus ist Böhmes Welt- und Menschenbild von <strong>de</strong>r Dynamik <strong>de</strong>s freien Willens<br />

durchströmt im Kampf <strong>de</strong>r Gegensätze. Paracelsus sieht nach Herkunft, Erhaltung und Ziel <strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>s Menschen<br />

durch sein Leben in drei Verhältnissen: <strong>de</strong>s Körpers zur Er<strong>de</strong>, <strong>de</strong>s Geistes zu <strong>de</strong>n Sternen und <strong>de</strong>r Seele zu Gott. 42 Wir<br />

können Böhmes Worte als eine Laudatio in einem verspäteten Nekrolog auf <strong>de</strong>n Philosophen Paracelsus werten, da er<br />

ausführt: „... so haben wir die Kun<strong>de</strong> und Wissenschaft, daß wir in uns haben die vernünftige Seele, welche in Gottes<br />

Liebe ist und unsterblich, ... so sie von ihrem Gegensatz nicht überwun<strong>de</strong>n wird, son<strong>de</strong>rn kämpfet wi<strong>de</strong>r ihren<br />

Feind". 43<br />

ANMERKUNGEN<br />

Sigelverzeichnis<br />

NLM = Neues Lausitzisches Magazin, hrsg. von <strong>de</strong>r Oberlausitzischen <strong>Ges</strong>ellschaft <strong>de</strong>r Wissenschaften, B<strong>de</strong>. 1 bis<br />

117, Görlitz 1823 bis 1941<br />

JBSS = Jacob Böhme, Sämtliche Schriften. Faksimile-Neudruck <strong>de</strong>r Ausgabe von 1730 in elf Bän<strong>de</strong>n, neu<br />

herausgegeben von Will-Erich Peuckert, Stuttgart 1955-1961<br />

PSW = Paracelsus, Sämtliche Werke. Nach <strong>de</strong>r 10bändigen Huserschen <strong>Ges</strong>amtausgabe (1589-1591) zum<br />

erstenmal in neuzeitliches Deutsch übersetzt ... von Dr. Bernhard Aschner. 4 B<strong>de</strong>. Jena 1926-1932.<br />

Fotomechanischer Nachdruck, Anger-Verlag Eick 1993<br />

1 Paracelsus, 1. Buch Paragranum, Vorre<strong>de</strong>. PSW I, S. 340<br />

2 Paracelsus, Einführung in die Einleitung <strong>de</strong>s ganzen zweiten Buches über die große Astronomie, 1. Kapitel.<br />

PSW IV, S. 645. - Jacob Böhme, 40. Sendbrief 9. JBSS 9. Bd. XXI S. 39 f.<br />

13


3 Paracelsus, Buch <strong>de</strong>r Philosophie <strong>de</strong>s himmlischen Firmamentes, 2. Kap. PSW IV, S. 427. - Vgl. Paracelsus,<br />

Buch Azoth, 2. Kap. „Der philosophische Theologe“. PSW IV, S. 846. - J. Böhme, Aurora 9, 8. JBSS 1. Bd., S.<br />

105<br />

4 Paracelsus, Philosophia Sagax, 2. Buch, 1. Kap. PSW IV, S. 639. - Valentin Weigel, Gnoti seauton, in:<br />

Valentin Weigel, Ausgewählte Werke, hg. u. eingel. von Siegfried Wollgast, Berlin 1977, S. 165 - 259. - Drei<br />

Prinzipien göttlichen Wesens, Vorre<strong>de</strong>. JBSS 2. Bd., S. 3-8<br />

5 Paracelsus, Philosophia Sagax, 1. Buch, Vorre<strong>de</strong> u. 3. Kap.; 2. Buch, 3. Kap.; 4. Buch, Vorre<strong>de</strong>. PSW IV, S.<br />

409, 448, 669, 729 ff.<br />

6 J. Böhme, Mysterium Magnum, 4. Kap. JBSS 7. Bd., S. 17 ff. Siehe auch 11. Bd., 3. Register, Stichworte<br />

Liebe, Zorn, Gott<br />

7 JBSS 11. Bd., 3. Register, Stichworte Natur, Schöpfung, Welt. - Paracelsus, Phil. Sag., 2. Buch, 1. Kap. PSW<br />

IV, S. 634 f.<br />

8 Joachim Telle, Johann Huser in seinen Briefen. Zum schlesischen Paracelsismus im 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt, in:<br />

Parerga Paracelsica, Paracelsus in Vergangenheit und Gegenwart, hrsg. v. J. Telle, Stuttgart 1991, S. 159 -<br />

246. - Ernst Heinz Lemper, Görlitz und <strong>de</strong>r Paracelsismus, in: Deutsche Zischt. f. Philosophie 18 (1970), S. 347<br />

bis 3 60. - Ders., Jakob Böhme, Leben und Werk, Berlin 1976, S. 42 - 45 u. 120-125<br />

9 Paracelsus, Prophezeiung zukünftiger Ereignisse. PSW IV, S. 1115<br />

10 Paracelsus, Phil. Sag. 2. Buch, Vorre<strong>de</strong>. PSW IV, S. 624 - 631<br />

11 J. Böhme, Aurora 3, 11; 19, 3 - 5, 9 -11, 23-31. JBSS 1. Bd., S. 41, 265, 266, 268 f. Zur Heliozentrik Aurora<br />

25, 61. JBSS 1. Bd., S 376 f.<br />

12 Paracelsus, Phil. Sag., 1. Buch, Vorre<strong>de</strong>. PSW IV, S. 406 - 409. Ders.: Auslegung <strong>de</strong>s Kometen, <strong>de</strong>r 1531 ...<br />

erschienen ist. PSW IV, S. 1095 ff. - Ders.: Auslegung <strong>de</strong>s Kometen und seines Schweifes, <strong>de</strong>r ... erschienen<br />

ist im Jahr XXXII. PSW IV, S. 1111 ff.<br />

13 Paracelsus, Höllische Philosophie, 2. Teil Nigromantia. PSW IV, S. 767 u. 777 f.<br />

14 W.-E. Peuckert, Einleitung zu JBSS, 2. Bd., S. 11 - 22. - Ders., Das Leben Jacob Böhmes in JBSS 10. Bd., S.<br />

70 - 78. - J. Böhme, Aurora 2, 16; 2,14; 2, 33; 18, 124; 22, 4 -14 sowie die Kapitel 24 bis 26. Für diese<br />

teilweise ganz paracelsischen Teile charakteristisch ist <strong>de</strong>r Appell Böhmes an die Ärzte Aurora 26, 41. JBSS 1.<br />

Bd., S. 32 f., 36, 263, 321 f., 354 ff. u. 391. Bezeichnend Drei Prinzipien 8, 45 und 14, 26. JBSS 2. Bd., S. 86 u.<br />

175<br />

15 Paracelsus, De Lunicis. PSW IV, S. 1 - 24. Ders.: Krankheiten vom <strong>Ges</strong>tirn, Sieben Bücher <strong>de</strong>r Archidoxis<br />

Magica. PSW IV, S. 901. J. Böhme, Aurora 22, 11-15 u. Drei Prinzipien 8, 24. JBSS 1. Bd., S. 322, 2. Bd., S.<br />

80. Siehe auch 11. Bd., 3. Register, Stichwort Sterne, S.344-346<br />

15a J. Böhme, Aurora 10, 27. JBSS 1. Bd., S. 119<br />

16 J. Böhme, Von letzten Zeiten, 1. Teil (= 8. Sendbrief), 68 u. 79. JBSS 5. Bd., S. 417 u. 420<br />

17 J, Böhme, Clavis specialis. JBSS 9. Bd., XX, S. 110-120<br />

18 Karl Sudhoff, Versuch einer Kritik <strong>de</strong>r Echtheit <strong>de</strong>r Paracelsischen Schriften, I. Teil Berlin 1894, II. Teil Berlin<br />

1898/99, erbringt <strong>de</strong>n Nachweis <strong>de</strong>r in Nie<strong>de</strong>rschlesien und Oberlausitz, beson<strong>de</strong>rs in Görlitz, entstan<strong>de</strong>nen<br />

Manuskripte. - Auf die Unvollständigkeit Husers und das Schicksal <strong>de</strong>r ab 1594 aus <strong>de</strong>r kurpfälzischen<br />

Bibliothek Neuburg a. d. Donau verschwun<strong>de</strong>nen Paracelsus-Schriften wur<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>rholt hingewiesen, u. a.<br />

durch Siegfried Wollgast, Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung 1550 bis 1650,<br />

Berlin 1988, S. 663<br />

19 Alfred Zobel, Untersuchungen über die Anfänge <strong>de</strong>r Reformation in Görlitz und <strong>de</strong>r Preußischen Oberlausitz,<br />

in: NLM 101. Bd., 1925, S. 133 -188 u. 102. Bd., 1926, S 126-251<br />

20. W. Gerblich, Johann Leisentritt und die Administratur <strong>de</strong>s Bistums Meißen in <strong>de</strong>n Lausitzen, in: NLM 107.<br />

Nd., 1933, S. 1-78. - Siegfried Seifert, Johann Leisentritt 1527-1586 zum vierhun<strong>de</strong>rtsten To<strong>de</strong>stag. Leipzig, St.<br />

Benno-Verlag, 1987<br />

21. Telles wie Anm. 8, S. 204 f., 206, 209 f., 212 bis 214, 216-219, 224-228<br />

22. Martin Reuther, Der Görlitzer Bürgermeister, Mathematiker, Astronom und Kartograph Bartholomäus<br />

Scultetus (1540-1614) und seine Zeit, in: Wissenschaftl. Ztschr. d. Techn. Hochschule Dres<strong>de</strong>n 5,1955/56, Heft<br />

6, S. 1133 -1161. - Ernst Koch, Moskowiter in <strong>de</strong>r Oberlausitz und Bartholomäus Scultetus, in: NLM 83. Bd.,<br />

1907, S. 1-90; 84. Bd., 1908, S. 41-109; 86. Bd., 1910, S. 1-80. Zusammenstellung <strong>de</strong>r Paracelsus betr. Notizen<br />

nach Koch <strong>bei</strong> Lemper wie Anm. 8, S. 353-356. Vgl. Telle wie Anm. 8<br />

23. Katharina Biegger, Paracelsische Teologica im katholischen <strong>Ges</strong>angbuch Johann Leisentritts von 1567, in:<br />

Parerga Paracelsica, Stuttgart 1991, S. 105-116<br />

24. E. Koch wie Anm. 22, in: NLM 83,1907, S. 75, Fußnote 2. - Lemper, wie Anm. 8, S. 355<br />

25 PSW IV, S. 1071<br />

14


26 K. Sudhoff wie Anm. 18, 1, S. 104 bemerkt dazu seine Vermutung, „daß <strong>bei</strong><strong>de</strong> (bekannt gewor<strong>de</strong>nen)<br />

Exemplare im Besitz eines Görlitzer Arztes um 1567 gewesen sind“. Der Originaltitel <strong>de</strong>s 1564 in Köln<br />

erschienenen Buches lautet „Des Hocherfarnen vnd Hochgelehrten Herrn Theophrasti Paracelsi von<br />

Hohenheim <strong>bei</strong><strong>de</strong>r Arzney Doctoris PHILOSOPHIAE ad Athenienses drey Bücher ...“ - Lemper, wie Anm. 8,<br />

S. 354, Fußnote 39<br />

27 Wollgast wie Anm. 18. S. 664. - W.-E. Peuckert, Das Leben Jacob Böhmes, in: JBSS 10. Bd., S . 70 - 72<br />

28 Wollgast wie Anm. 18, S. 513<br />

29 Genesis 1, 1-2<br />

30 Genesis 1, 6 - 7 u. 9-10<br />

30a J. Böhme, Sendbrief 22, 5 u. Drei Prinzipien 1, 6 -15. JBSS 9. Bd., XXI, S. 86 u. 2. Bd., S. 10-13<br />

31 Paracelsus, Phil. Sag., 1. Buch, 1. Kap. PSW IV, S. 424 f. – J. Böhme, 47. Sendbrief, Tab. 1, N 16. Der am 11.<br />

November 1623 datierte Brief Böhmes richtet sich an Dr. med. Gottfried Freu<strong>de</strong>nhammer und Johann (Jacob)<br />

Huser, Münzmeister in Glogau, einen jüngeren Verwandten <strong>de</strong>s Paracelsus-Editors. JBSS 9. Bd., XXI. S. 183 -<br />

204, hier bes. S. 196 u. 201. Der Brief ist ein gänzlich paracelsistisches Produkt, in <strong>de</strong>r für Böhme typischen<br />

i<strong>de</strong>alistisch stilisierten Um<strong>de</strong>utung aller materiellen Begriffe. – Hermann Adolph Fechner, Jakob Böhme, Sein<br />

Leben und seine Schriften mit Benutzung <strong>de</strong>r handschriftlichen Quellen dargestellt, in: NLM 33, 1857, S. 313 -<br />

446 u. 34, 1858, S. 27-138; hier 34. Bd. 1858, S. 69 f. - Adolf Harleß, Jakob Böhme und die Alchymisten,<br />

Berlin 1870, S. 19 ff. - Lemper, Jakob Böhme wie Anm. 8, S. 123<br />

32 Paracelsus, Phil. Sag., 2. Buch, 1. Kap. u. 4. Buch, 3. Kap. PSW IV, S. 642 u. 737 f. – J. Böhme, De Signatura<br />

Rerum 8, 3 f. u. 13, 8. JBSS 6. Bd., XIV, S. 79 f. u. 179; <strong>de</strong>rs. My- sterium Magnum 11, 25. JBSS 7. Bd., S.<br />

71; <strong>de</strong>rs. Clavis 116. JBSS 9. Bd., XX, S. 105. - Siehe auch Stichworte Vernunft und Verstand, JBSS 11. Bd.,<br />

3. Register, S. 374 f. u 375 f. - Licht <strong>de</strong>r Natur <strong>bei</strong> Böhme in Drei Prinzipien 16, 22 - 25. JBSS 2. Bd., S. 224 f.<br />

und Mysterium Magnum 12, 19. JBSS 7. Bd., S.78<br />

33 Paracelsus, Phil. Sag. Die himmlische o<strong>de</strong>r überirdische Astronomie, 5. Kap. PSW IV, S. 684 f. und Buch<br />

Azoth. Kap. Vom Manna. PSW IV, S. 888. - J. Böhme, Myst. Magn. 3, 8. JBSS 7. Bd., S. 13. - Ders., Aurora 7,<br />

45. JBSS 1. Bd., S. 80 f. - Ders., Sign. Rer. 14, 14. JBSS 6. Bd., XIV, S. 197 f. - Siehe auch Stichwort Fiat.<br />

JBSS 11. Bd., 3. Register, S. 184<br />

34 J. Böhme, Vom dreifachen Leben <strong>de</strong>s Menschen 2, 19 u. 2, 40 - 44. JBSS 3. Bd., 111, S. 22 u. 26 f.<br />

35 Lawrence M. Principe and Andrew Weeks, Jacob Behme's Devine Subitanea Salitter ..., in: British Journal of<br />

History of Science 22, 1989, S. 52-61. - Andrew Weeks, Boehme. An Intellectual Biography, New York 1991,<br />

S. 65-67<br />

35a J. Böhme, 2. Sendbrief 10. JBSS 9. Bd., XXI, S. 8<br />

36 Telles wie Anm. 8, S. 175, 206, 212 f.<br />

37 Zur Quinta Essentia J. Böhme 47. Sendbrief wie Anm. 31 und 39. Sendbrief 29 . JBSS 9. Bd., XXI, S. 137. -<br />

W.-E. Peuckert, Das Leben Jacob Böhmes in: JBSS 10. Bd., S. 217 ff.<br />

38 Paracelsus, Buch Paragranum, 1. Grund <strong>de</strong>r Arznei. PSW 1, S. 354. - Moritz Carriere, Die philosophische<br />

Weltanschauung <strong>de</strong>r Reformationszeit 1, 2, Leipzig 1887, S. 118. - J. Böhme, Vom dreifachen Leben 6, 49.<br />

JBSS 3. Bd., III, S.117<br />

39 Paracelsus, Erklärung <strong>de</strong>r ganzen Astronomie, Beweis für die ungewissen Künste. PSW TV, S. 748 f.<br />

40 Paracelsus, Phil. Sagax, 2. Buch, 1., 3. und 5. Kap. PSW IV, S. 636 f., 660 f., 685<br />

41 Paracelsus, Phil. Sagax, 2. Buch, 1. Kap. PSW TV, S. 631 f. u. 634<br />

42 J. Böhme, Drei Prinzipien göttlichen Wesens, Vorre<strong>de</strong> 12. JBSS 2. Bd., S. 5<br />

15


Siegfried Wollgast<br />

PARACELSUS UND PARACELSISTEN IN SACHSEN<br />

Es ist, gera<strong>de</strong> auch angesichts <strong>de</strong>r überzeugen<strong>de</strong>n Worte meiner Vorredner, peinlich o<strong>de</strong>r betrübsam: aber Paracelsus<br />

ist, so überhaupt, selbst nur einmal in Sachsen gewesen! Seine hiesige Schülerschaft hingegen, und hier<strong>bei</strong> ist es<br />

betrüblich, dass dies zu wenig bekannt ist o<strong>de</strong>r betont wird, ist sehr zahlreich und braucht <strong>de</strong>n Vergleich mit an<strong>de</strong>ren<br />

<strong>de</strong>utschen Landschaften nicht zu scheuen. Da<strong>bei</strong> hat nicht primär das medizinisch-alchemistische Gedankengut<br />

Paracelsi Aufmerksamkeit erregt, son<strong>de</strong>rn seine Theologie. Nach Karl Sudhoff ist Paracelsus während seiner von<br />

1516-1524 währen<strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>rzeit 1520 auch in Leipzig gewesen. 1 Hier wirkte Dr. Heinrich Stromer aus Auerbach in<br />

<strong>de</strong>r Oberpfalz (1482-1542). Seit 1524 war er Dekan <strong>de</strong>r medizinischen Fakultät. Er hat <strong>de</strong>ren Ruf auf ein be<strong>de</strong>utend<br />

höheres Niveau gehoben. Paracelsus hat davn nicht Kenntnis genommen, er bezeichnete die Professoren dieser<br />

Fakultät 1530 bzw. 1531 neben <strong>de</strong>nen von Tübingen, Hei<strong>de</strong>lberg, Wien und Ingolstadt als „holzdoctores." 2 Und er<br />

schreibt weiter zu ihnen: „euch hat Leipzig, Tübingen, Wien, Ingolstat beschaffen, also seint ir auch, wie <strong>de</strong>r schöffer<br />

<strong>de</strong>r euch da geschaffen hat ...“ 3<br />

Stromer selbst war schon in <strong>de</strong>n zwanziger Jahren in Leipzig recht einflussreich und stand nahe davor, Bürgermeister<br />

dieser Stadt zu wer<strong>de</strong>n. Schon damals nannte man ihn Dr. Auerbach; „Auerbachs Keller“, bis heute existierend,<br />

wur<strong>de</strong> von ihm begrün<strong>de</strong>t, er gab ihm <strong>de</strong>n Namen. 4 Ob Paracelsus mit Dr. Auerbach schon 1520 in Verkehr trat,<br />

wissen wir nicht. Wohl aber wissen wir um Weiterungen. Paracelsus hatte sich in Nürnberg, wo er ab 1529 lebte, mit<br />

<strong>de</strong>r Syphilis beschäftigt. Frucht dieser Beschäftigung sind die „Drei Bücher von <strong>de</strong>r französischen Krankheit“.<br />

Anfang 1530 verließ Paracelsus Nürnberg. Stromer von Auerbach hatte sich als Dekan <strong>de</strong>r Leipziger Medizinischen<br />

Fakultät im Februar 1530 an <strong>de</strong>n Rat <strong>de</strong>r Stadt Nürnberg gewandt, um zu versuchen, Paracelsus' Buch „Von <strong>de</strong>n<br />

französischen Krankheiten“ 5 zumin<strong>de</strong>st im Erscheinen zu verzögern. Paracelsus schreibt dagegen: „es kompt ein alten<br />

hunt hart an, sol er bennig wer<strong>de</strong>n. das klagt einer, <strong>de</strong>r ist in Meißen in einer stat, do ist ein hoheschul in und er ist<br />

burgermeister doselbs <strong>de</strong>r sich hoch beklagt, das sein betrug sol an tag komen. ich wolt nur gern sehen sein gemeine,<br />

was für leut werent, do dieser geukelman burgermeister ist. es muß nemlich <strong>de</strong>r leist wie <strong>de</strong>r schuch sein. dan ie muß<br />

es mich verwun<strong>de</strong>rn, das ein solcher bean (Grünschnabel - S. W.) und vagans (Schüler - S. W.) und hypocrita<br />

(Kritteler - S. W.) <strong>de</strong>r arznei zu solchen eren komt: villeicht seind nicht geschikt leut do. seinds dan alle blint so ist<br />

<strong>de</strong>r gockelman an ein recht ort komen.“ 6 Übrigens hatte Stromer auch Paracelsus En<strong>de</strong> Februar 1530 von seiner<br />

Eingabe gegen ihn Kenntnis gegeben. Paracelsi Protest vom 1. März 1530 ist uns noch als „Copei“ in vollem<br />

Wortlaut erhalten. Er wen<strong>de</strong>t sich darin gegen „die unerfahrenheit etlicher arzt“, gegen das „anbringen etlicher von<br />

Leipzig, villeicht nicht on scheltwort“. 7 Auch Hohenheims Scheltwort, das ihm selbst im Ärger damals entfahren ist,<br />

ist uns erhalten: „Pfu (pfui) dich, du stinken<strong>de</strong>r Bachant (Schwätzer) aus Meißen, sauber Dich ein mal und gang in<br />

das Bad!“ 8 Es half ihm freilich nichts. Sein Protestbrief wur<strong>de</strong> im Nürnberger Rat verlesen, wie in <strong>de</strong>n Ratsverlässen<br />

von 1529/30 steht. 9 Eine Antwort sollte danach nicht erteilt wer<strong>de</strong>n: Es blieb <strong>bei</strong>m Druckverbot. Sollte Stromer im<br />

Namen <strong>de</strong>r Fakultät nach Nürnberg geschrieben haben - siehe „das Anbringen etlicher von Leipzig“? Es lässt sich<br />

aber aus seinem, im Original erhaltenen Dekanatsbuche nicht ersehen, ob er seine Fakultät von <strong>de</strong>r Sache informiert<br />

hat. Wahrscheinlich hat er wohl allein, von sich aus, <strong>de</strong>n Schritt in Nürnberg getan! 10<br />

Doch zurück zu Paracelsus' Aufenthalt in Leipzig - nach Sudhoff! Lange hat sich Hohenheim - 1520 o<strong>de</strong>r kurz danach<br />

nicht in Leipzig aufgehalten. Es verlangte ihn, <strong>de</strong>r nach sicherer Belehrung durch eigene Schau begierig war, <strong>de</strong>n<br />

„brennen<strong>de</strong>n Berg“, <strong>de</strong>n „Kolberg in Meißen“, kennen zu lernen, von <strong>de</strong>m man allenthalben sprach. Er strebte also,<br />

wohl über Altenburg nach <strong>de</strong>r alten Kohlenstadt Zwickau, wo damals Thomas Müntzer seine oppositionellen<br />

Predigten in <strong>de</strong>r Katharinenkirche hielt. Von hier aus begab sich Paracelsus wohl im Tal <strong>de</strong>r Mul<strong>de</strong> weiter nach<br />

Sü<strong>de</strong>n auf Cainsdorf zu. Aus Interesse für die Thermalquellen hatte er sich stets für Wärmevorgänge in und auf <strong>de</strong>r<br />

Er<strong>de</strong> interessiert. Wie für <strong>de</strong>n Ätna auf Sizilien, von <strong>de</strong>m er immer wie<strong>de</strong>r spricht, so hatte er auch Kun<strong>de</strong> von einem<br />

Berge im Meißnischen festgehalten, <strong>de</strong>r seit langer Zeit brennen sollte. Darum wird auch in seinen handschriftlichen<br />

Notizen, wo vom Feuer aus <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> die Re<strong>de</strong> ist, <strong>de</strong>r „Kolberg“ genannt! 11 Nun wollte er sich selbst von diesem<br />

Naturphänomen überzeugen. Schon seit Jahrzehnten sprach man von <strong>de</strong>m „Planitzer Erdbran<strong>de</strong>“ südlich Zwickau, wo<br />

um 1476 zwischen Cainsdorf und Oberplanitz an <strong>de</strong>r Mul<strong>de</strong>, angeblich durch einen Büchsenschuss in die Grube <strong>bei</strong><br />

<strong>de</strong>r Verfolgung eines Fuchses, <strong>de</strong>r Kohlenflöz entzün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n, seit 1505 wie<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs heftig ins Feuer geraten<br />

war und allen Löschversuchen hartnäckig wi<strong>de</strong>rstand. Paracelsus überzeugte sich selbst, wie er schreibt, dass dieser<br />

Kolberg wie an<strong>de</strong>re Berge „ie und ie gebrunnen habent on ablöschlich von wasser. und das corpus in <strong>de</strong>m das für<br />

brent, sind sin eigen stein und <strong>de</strong>s bergs er<strong>de</strong>n ouch. so nun got ein sölichs wun<strong>de</strong>rbarlichs für ut er<strong>de</strong>n macht us stein<br />

... so bewisent aber die brünnen<strong>de</strong>n stein, das die magnalia gottes wun<strong>de</strong>rbarlich sind; <strong>de</strong>r stein brennend macht,<br />

wermet ouch das wasser.“ 12 Hohenheim spricht auch von „metalla ... in Meißen“ 13 womit Sachsen gemeint ist. Er ist<br />

16


dann weiter die Mul<strong>de</strong> aufwärts nach Schneeberg geritten, von <strong>de</strong>m er spricht 14 , wo arm gewor<strong>de</strong>ne Silbergruben<br />

durch Wismut und Kobalt Ersatz boten, die <strong>de</strong>n bergkundigen Hohenheim beson<strong>de</strong>rs anzogen und beschäftigten.<br />

Ebenso interessierte er sich für das Zink, <strong>de</strong>m er zuerst als Metall Bürgerrecht in <strong>de</strong>r Wissenschaft verschaffte.<br />

Paracelsus ist offenbar auch weiter östlich in Annaberg gewesen, kennt auch das Land <strong>de</strong>r Vögte von Plauen als<br />

„Voigtland“ und besuchte das „Sauer Wasser im Moos <strong>bei</strong> Eger“, das nun seit langem als <strong>de</strong>r Kurort Franzensbad<br />

bekannt ist. Auch das nahe Joachimsthal hat Hohenheim offenbar besucht, ebenso wohl mehrmals das damals noch<br />

kaum beachtete Teplitz. Die Heilwirkung <strong>de</strong>r Teplitzer Wässer schätzt er 1538 <strong>bei</strong> „tartarischen“, also gichtigen<br />

Stoffwechselstörungen, recht hoch: Unter allen natürlichen, selbstwarmen Bä<strong>de</strong>rn „ist das bad Pfeffers am besten und<br />

Töplitz in Böhem nahet <strong>bei</strong> Grauppen gegen Brixen zu“. 15<br />

Wenn Hohenheim von <strong>de</strong>m „hohen Meißnischen Birg“ spricht, so spiegelt sich darin <strong>de</strong>r Eindruck wi<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>n er im<br />

nördlichen Böhmen vom Egertale aus empfing, zu <strong>de</strong>m das Erzgebirge ja ziemlich steil abfällt. Im „Meißnischen“<br />

hatte Hohenheim auch sonst die Augen offen und spricht nicht nur von Metallen und Bä<strong>de</strong>rn alldort, son<strong>de</strong>rn hat auch<br />

bemerkt, dass die „Misnenses“ Pfeffer essen wie die Böhmen. 16<br />

Wie steht es nun um die Schülerschaft <strong>de</strong>s Paracelsus in Sachsen? Er selbst sagt 1528, aus Sachsen seien ihm nur<br />

wenige Schüler zugewachsen. 17 In <strong>de</strong>r Forschungsliteratur ist man diesem Urteil gefolgt. Nur: es trifft nicht zu! Der<br />

langjährige Lan<strong>de</strong>svater Sachsens, Kurfürst August (1526-53-1586) war z. B. <strong>de</strong>n Paracelsisten durchaus gewogen.<br />

War er doch stets begierig, Neues aus <strong>de</strong>r Medizin und Chemie zu erfahren, da<strong>bei</strong> stets in <strong>de</strong>r Hoffnung, dass es ihm<br />

praktischen Nutzen bringen könne. So hat er nachgewiesenermaßen zwei Paracelsisten nachhaltig geför<strong>de</strong>rt: 1. Georg<br />

Forberger genannt Sa<strong>de</strong>r aus Mittweida in Sachsen, 2. Christoph Büttner (Pithopoeius) aus Annaberg-Buchholz.<br />

Forschungen zu <strong>bei</strong><strong>de</strong>n verdanken wir ausschließlich Rudolf Zaunick. Über <strong>de</strong>n Bildungsgang <strong>de</strong>s Pithopoeius 18 ist<br />

nichts bekannt. Dieser Paracelsusschüler edierte 1563 in Königsberg „Von podagrischen Kranckheiten, als Zipperlein<br />

o<strong>de</strong>r Gicht, vnnd ihren Speciebus. Zwey Bücher. Des hochgelehrten Herrn Theophrasti Paracelsi von Hohenheym,<br />

Bey<strong>de</strong>r Artzney Doctor.“ Pithopoeius hielt sich min<strong>de</strong>stens von April 1568 bis März 1569 in Annaberg auf. Danach<br />

wur<strong>de</strong> er von Kurfürst August als paracelsischer Pharmazeut in <strong>de</strong>n Dienst genommen, nach erfolgreicher Promotion<br />

zum Dr. med. als Leibarzt. Er erbat im Sommer 1580 Urlaub vom Dresdner Hof und ging wie<strong>de</strong>r nach Königsberg,<br />

bis 1583 lebte er als medicus ordinarius in Danzig. Kurfürst August verwandte sich für ihn Anfang 1582 <strong>bei</strong>m<br />

polnischen König. Mehr wissen wir über Büttner lei<strong>de</strong>r nicht. Georg Forberger war Spross einer in Mittweida/Sa. seit<br />

<strong>de</strong>r zweiten Hälfte <strong>de</strong>s 15. Jahrhun<strong>de</strong>rts ansässigen ratsfähigen Familie. Sein Geburtsjahr ist uns nicht bekannt.<br />

je<strong>de</strong>nfalls kam er am 16. Dezember 1556 auf die Grimmaer Lan<strong>de</strong>sschule als Inhaber <strong>de</strong>r einen von zwei Mittweida<br />

zustehen<strong>de</strong>n Freistellen. Für die Aufnahme <strong>de</strong>r Schüler war ein Min<strong>de</strong>stalter von 13 -14 Jahren vorgesehen. Demnach<br />

dürfte G. Forberger etwa 1543 geboren wor<strong>de</strong>n sein. 19 Er weilte an <strong>de</strong>r Grimmaer Schule bis zum Jahre 1562 - also<br />

die vorgeschriebenen sechs Jahre. Am 13. Oktober 1562 wur<strong>de</strong> er in Wittenberg immatrikuliert und am 20. August<br />

1566 zum Magister artium promoviert. Offenbar hatte er danach ein Schulamt. Spätestens 1569 fin<strong>de</strong>t er sich in<br />

Basel. An <strong>de</strong>r Universität ließ er sich erst im Rektoratsjahr 1573/74 immatrikulieren. Offenbar hat er sich in Basel<br />

vornehmlich autodidaktisch mit Medizin befasst. So ar<strong>bei</strong>tete er für <strong>de</strong>n aus Lucca stammen<strong>de</strong>n Baseler Verleger<br />

Peter Perna (vor 1522 bis 1582) als Übersetzer ins Deutsche. Da<strong>bei</strong> vertiefte er sich vor allem in das Druck- und<br />

Schriftwerk <strong>de</strong>s Paracelsus. Der fanatische Paracelsusanhänger Adam von Bo<strong>de</strong>nstein (1528-1577) war ihm da<strong>bei</strong><br />

Anreger und Berater. Forberger gab <strong>bei</strong> Perna von Paracelsus ein Sammelwerk heraus, das zur Herbstmesse 1570<br />

erschien und folgen<strong>de</strong> Paracelsische Ar<strong>bei</strong>ten enthielt: „Opus Paramirum“, „Modus Pharmacandi“, „Liber<br />

Xenodochii“, „De Balneis liber unus“, „De Thermarum Favariae“. Zur Herbstmesse 1573 brachte Perna ein neues<br />

Paracelsus-Übersetzungswerk heraus diesmal unter Forbergers Namen. Dieser widmete die Schrift seinem<br />

Lan<strong>de</strong>sherrn Kurfürst August von Sachsen. Das Werk enthielt „De Natura Rerum“ und „De naturis hominis libri<br />

duo“. Im Winter 1573/74 machte sich Forberger, <strong>de</strong>r bisher bloß als Paracelsus-Übersetzer gewirkt hatte, an die<br />

Edition von Paracelsus' „Sechstem Buch in <strong>de</strong>r Arznei von <strong>de</strong>n tartarischen o<strong>de</strong>r Steinkrankheiten samt <strong>de</strong>ren<br />

Heilung“. 20 Angeblich hat er <strong>bei</strong> Johannes Montanus in Striegau eine vorgeblich autographe Handschrift dafür<br />

abgeschrieben. Wir wissen jedoch nicht, wann Forberger <strong>bei</strong> Montanus weilte. Im Sommer 1574 kehrt G. Forberg<br />

nach Sachsen heim. Er sucht, vom Kurfürsten ein Stipendium für Italien o. a. zu erwirken. Gleichzeitig lässt er sich an<br />

<strong>de</strong>r Leipziger Universität für das Wintersemester 1574/75 inskribieren. Kurfürst August will für Forberger ein<br />

Stipendium bezahlen, er soll <strong>bei</strong> ihm als Übersetzer wirken. Die Ernennung erfolgt am 20.1.1575. Forberger übersetzt<br />

in <strong>de</strong>n nächsten zwei bis drei Jahren u. a. alchemistische Schriften von Denys Zacaire und Bernardus Trevirensis. 21<br />

En<strong>de</strong> 1577 ist Forberger in Sachsen nicht mehr nachweisbar. In Basel erschein während <strong>de</strong>s Winters 1578/79 die in P.<br />

Pernas Offizin gedruckte „Kleine Wundartzney Theophrasti von Hohenheim“ 22 , offenbar Forbergers letzte<br />

Paracelsus-Edition. „Mit <strong>de</strong>m Jahre 1579 tritt Forberger von <strong>de</strong>r literarischen Bühne auf ein Vierteljahrhun<strong>de</strong>rt<br />

zurück. Über sein weiteres Leben lässt sich vorläufig nur noch wenig berichten.“ 23 Hat er weiter in Basel gelebt?<br />

Je<strong>de</strong>nfalls weilt er im Juni 1589 in Erbschaftsangelegenheiten in Mittweida. Sein Medizinstudium hat er nie rite<br />

been<strong>de</strong>t. In Mitweida hat er wohl auch nie gelebt. War er nach 1580 Lehrer an einer mittel<strong>de</strong>utsche Lateinschule?<br />

17


Forbergers Name taucht 1604 im Paracelsistenkreis um <strong>de</strong>n Frankenhausener Ratskämmerer und Pfannenherrn<br />

Johann Thöl<strong>de</strong> nochmals auf. Wann und wo er gestorben ist, wissen wir nicht. Thöl<strong>de</strong> nun war mit einem weiteren<br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n sächsischen Paracelsisten verschwägert: mit Joachim Tanckius. 24 Auch dieser ist in <strong>de</strong>r<br />

Paracelsusforschung nicht seiner Be<strong>de</strong>utung gemäß gewürdigt wor<strong>de</strong>n. Erst in jüngerer Zeit erhoben sich Stimmen,<br />

die überhaupt nach einer Untersuchung von Leben und Werk Tanckes verlangten; Joachim Telle hat z. B. auf Tancke<br />

als einen <strong>de</strong>r ersten Vertreter <strong>de</strong>r Alchemia medica in einer <strong>de</strong>utschen Universität verwiesen. 25 Tancke wur<strong>de</strong> am 9.<br />

Dezember 1557 in Perleberg (Mark Bran<strong>de</strong>nburg) geboren. Im Sommer 1582 schrieb er sich an <strong>de</strong>r Universität<br />

Leipzig ein. Er durchlief die Artistenfakultät und studierte spätestens seit 1586 auch Medizin. 1589 wur<strong>de</strong> er<br />

Professor <strong>de</strong>r Poesie. Ebenso erhielt er im gleichen Jahr <strong>de</strong>n Titel eines poetus laureatus. 1592 nach Erlangung <strong>de</strong>s<br />

Baccalaureatus (1589) und Ablegung <strong>de</strong>r Lizentiatsprüfung (1591) wur<strong>de</strong> Tancke zum Dr. medicinae promoviert, am<br />

31.12.1594 zum Professor für Chirurgie und Anatomie in Leipzig ernannt. Diese Professur hatte Tancke bis in sein<br />

Lebensen<strong>de</strong> inne. 1593 wie 1599 war er Rektor an <strong>de</strong>r Leipziger Universität. <strong>Ges</strong>chrieben hat Tancke viel. Die<br />

Preisgedichte und Widmungsvorre<strong>de</strong>n, überhaupt seine Gelegenheitsdichtungen, geben z. B. manchen Hinweis auf<br />

seine exponierte Stellung in <strong>de</strong>r respublica literaria Leipzigs um 1600, wie auch auf sein personelles Umfeld. So hat<br />

er z. B. auch Johannes Kepler gekannt. In <strong>de</strong>r Paulinerkirche fand <strong>de</strong>r am 17. November 1609 verstorbene Joachim<br />

Tancke seine letzte Ruhestatt. Schon seine Gelegenheitsdichtung preist auch die Alchemie. Tancke hat auch<br />

astronomisch gear<strong>bei</strong>tet, gera<strong>de</strong> diese seine Leistungen schätzte Kepler. Aber Anfang <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts erschließt<br />

er sich die Alchemie, da<strong>bei</strong> ihre medizinisch-therapeutische mehr <strong>de</strong>nn ihre metallurgisch-transmutarische Seite<br />

berücksichtigend. Seit 1604 publizierte er alchemistische Schriften. Da<strong>bei</strong> entwickelte er einen „kämpferischen<br />

Paracelsismus“. 26 Er vertritt Hohenheims Drei-Prinzipien-Lehre, setzt sich mit <strong>de</strong>r Schulmedizin auseinan<strong>de</strong>r und<br />

beklagt sich über die Außenseiterstellung <strong>de</strong>r Chemiatrie. Paracelsisten <strong>de</strong>r Zeit haben ihn hoch geschätzt. In <strong>de</strong>r Tat:<br />

Tanckes alchemistisches Werk fußte fast ausschließlich auf paracelsischen und pseudoparacelsischen Quellen! In <strong>de</strong>r<br />

Medizin erscheint <strong>bei</strong> Tancke Paracelsus „als eine Galen ebenbürtige Autorität“. 27 In einem Brief von 1604<br />

bezeichnete sich Tancke als „Hermetica vel Theophrastica Medicina <strong>de</strong>fensor ... acerrimus et in<strong>de</strong>fatigandus“. 28 Er<br />

lässt sich durchaus mit Johannes Hartmann in Marburg in eine Reihe stellen, <strong>de</strong>r 1609 <strong>de</strong>n ersten Lehrstuhl für<br />

Chemiatrie erhielt. 29 Paracelsus ist arm gestorben, sein wissenschaftlicher Rang war, vorsichtig ausgedrückt,<br />

umstritten. Seinen Schülern ging es zunächst ähnlich. Dennoch verzichteten sie, offenbar aus Überzeugung, auf eine<br />

glänzen<strong>de</strong> Karriere, statt ihren Paracelsismus preiszugeben. Pithopoeius und Forberger stehen m. E. dafür als<br />

Beispiel, mit Tanckius hatten sich die Verhältnisse bereits geän<strong>de</strong>rt. Denn noch dreißig Jahre nach <strong>de</strong>m To<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Paracelsus bezeichnet ihn <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>lberger Professor Thomas Erastus als „eine Bestie, einen Genossen <strong>de</strong>s Satans<br />

(socius diaboli), ein grunzen<strong>de</strong>s Schwein, und seine Schüler schlechtweg ein eingebil<strong>de</strong>tes Eselspack (indocti<br />

asini).“ 30<br />

Nicht hoch genug veranschlagen lässt sich die Wirkung <strong>de</strong>s Paracelsus in <strong>de</strong>r frühneuzeitlichen<br />

Frömmigkeitsgeschichte. Er hinterließ hier Spuren, sei es als ein verdammter „Ketzer“, sei es als ein kultisch<br />

verehrter „Zeuge“ und „Prophet Gottes“. Das trifft weniger auf <strong>de</strong>n katholischen Bereich als das protestantische<br />

Lager zu, und hier hauptsächlich auf alchemo-religiöse Oppositionsbewegungen, etwa auf Anhänger <strong>de</strong>r<br />

Rosenkreuzer u. a. heterodoxer Dissi<strong>de</strong>nten. Diese grün<strong>de</strong>ten ihre auf Reform von Religion, Staat und Wissenschaft<br />

drängen<strong>de</strong>n und oftmals chiliastisch beflügelten Hoffnungen auf einen Sieg <strong>de</strong>r alchemoparacelsischen Naturkun<strong>de</strong><br />

und Theosophie über orthodoxe Kirchenlehre, aristotelisch-humanistische „Schulphilosophie“ und galenische<br />

Medizin. Und diese Gruppierungen sind von <strong>de</strong>r amtskirchlichen Orthodoxie <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts ob ihres<br />

„hermetisch-platonischen Christentums“, ihres religiösen „Fanatismus“ und ihrer „Alchemisterei“ verworfen wor<strong>de</strong>n.<br />

Eine umfassen<strong>de</strong> <strong>Ges</strong>chichte <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Paracelsismus ist längst überfällig. Grundzüge und Bedingungen,<br />

Stationen und Ausmaße <strong>de</strong>s frühneuzeitlichen Paracelsismus bedürfen weiterer Aufklärung. Und hier ist auch<br />

Sachsen zu be<strong>de</strong>nken, vor allem V. Weigel und seine Schule. In <strong>de</strong>r spätgotischen Pfarrkirche St. Marien zu Zschopau<br />

fällt <strong>de</strong>m Betrachter eine schlichte Erzgussplatte auf, links neben <strong>de</strong>m Altar in die Wand eingelassen. Es han<strong>de</strong>lt sich<br />

um die 1888 angebrachte Nachbildung <strong>de</strong>s Epitaphiums von Valentin Weigel, 1533 zu Großenhain geboren, <strong>de</strong>r hier<br />

von 1567 bis zu seinem To<strong>de</strong> 1588 als Pfarrer gewirkt hat. Den Kirchenbehör<strong>de</strong>n war er bekannt als braver<br />

Amtsverwalter, <strong>de</strong>r selten Anlass zu Klagen und Verdächtigungen gab. Aber nach Weigels Tod wur<strong>de</strong> sein Nachlass<br />

bekannt und publiziert, <strong>de</strong>r diesen Mann in <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>r lutherischen Orthodoxie als übelsten Häretiker erscheinen<br />

ließ. In <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts war Weigels Name in aller Mun<strong>de</strong>. Er wur<strong>de</strong> bewun<strong>de</strong>rnd von <strong>de</strong>nen<br />

ausgesprochen, die auf die „große Reformation“ hofften, die aus <strong>de</strong>n politischen, sozialen und geistigen Miseren ihrer<br />

Zeit nach Auswegen suchten. Schau<strong>de</strong>rnd wur<strong>de</strong> er von <strong>de</strong>nen ausgesprochen, die über <strong>de</strong>n Bestand <strong>de</strong>r<br />

gesellschaftlichen Verhältnisse zu wachen und die herrschen<strong>de</strong>, diese Verhältnisse stabilisieren<strong>de</strong> Weltsicht zu<br />

verteidigen hatten. Weigel und die Weigelianer - das war über Jahrzehnte für die lutherische Orthodoxie und z. T.<br />

auch für die Staatsgewalten - <strong>de</strong>r Inbegriff <strong>de</strong>s Erzketzerischen, verfolgt mit einer polemischen Schärfe und einem<br />

18


Hass, mit <strong>de</strong>m vor kaum mehr als hun<strong>de</strong>rt Jahren die katholische Kirche Luther und seine Anhänger verfolgt hatte, ja,<br />

jetzt noch verfolgte.<br />

Es ist hier nicht unsere Aufgabe, Valentin Weigels Theologie und damit seine Weltsicht zu analysieren. Lediglich sei<br />

betont, dass Paracelsus zu seinen wichtigsten Quellen gehört. Paracelsus war sein Leben lang Katholik, aber ein<br />

offener, kein Vertreter <strong>de</strong>s Integralismus mit all seinen Auswucherungen. Paracelsus war, um einen Gedanken <strong>de</strong>s<br />

österreichischen Philosophen und Historikers Friedrich Heer zu nutzen, ein Vertreter <strong>de</strong>r „dritten Kraft“, <strong>de</strong>r schon in<br />

seiner Zeit <strong>de</strong>n erbitterten Kampf <strong>de</strong>r <strong>bei</strong><strong>de</strong>n christlichen Hauptkonfessionen – <strong>de</strong>r Calvinismus war ja erst im<br />

Entstehen – ablehnte, mit seinem Toleranz<strong>de</strong>nken <strong>de</strong>r Aufklärung voranschritt.<br />

Valentin Weigel beruft sich in seinen zahlreichen Werken mehrfach auf Paracelsus. Darüber hinaus sind seine<br />

Grundgedanken weitgehend von Paracelsischem Gedankengut gespeist bzw. geprägt. So stellt er fest, alle natürlichen<br />

und übernatürlichen Güter seien zuvor im Menschen. „Aber <strong>de</strong>nnoch bekommt sie keiner, er bete <strong>de</strong>nn darum, suche<br />

und klopfe an. Wir sind auch nicht gleich begabet von unserem Schöpfer und hat einer soviel als <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re. Daß wir<br />

aber so ungleich in <strong>de</strong>mselbigen erscheinen auf Er<strong>de</strong>n, ist die Ursache (davon) daß wir Gott nicht gleich lieben und<br />

unseren Nächsten und nicht zugleich beten, suchen und anklopfen. Von diesem gleichen Erbteil in einem je<strong>de</strong>n<br />

Menschen zeuget die Schrift allenthalben und Paracelsus in seinem Büchlein '<strong>de</strong> fundamento sapientiae'. Dasselbe lies<br />

mit Fleiß.“ 31 Bei Paracelsus begegnen wir immer wie<strong>de</strong>r zwei Begriffen: <strong>de</strong>n Elementen und <strong>de</strong>n drei Prinzipien. Er<br />

kennt – natürlich – die vier mittelalterlichen Elemente Feuer, Wasser, Luft und Er<strong>de</strong>. „Feuer“ ist aber für ihn mehr als<br />

irdisches, sichtbares Feuer, es ist <strong>de</strong>r „Himmel“ und <strong>de</strong>r Sternenort jenseits <strong>de</strong>r Luft. Nach alten Kosmographien - N.<br />

Copernicus war ja Paracelsus unbekannt - kreist jenseits <strong>de</strong>r Sphäre Luft <strong>de</strong>r Feuerhimmel o<strong>de</strong>r das Empyreum. Auch<br />

die an<strong>de</strong>ren paracelsischen Elemente sind nicht ohne weiteres <strong>de</strong>m Inhalt <strong>de</strong>r von uns gebrauchten Begriffe Luft,<br />

Wasser, Er<strong>de</strong> gleichzusetzen. Wasser und Er<strong>de</strong> sind zugleich auch die nie<strong>de</strong>ren Elemente. In <strong>de</strong>n vier Elementen sind<br />

auch die poetischen <strong>Ges</strong>talten <strong>de</strong>r Volksmythologie zu Hause - im Wasser wohnen die Nymphen o<strong>de</strong>r Undinen, in <strong>de</strong>r<br />

Luft die Sylphen o<strong>de</strong>r Waldleute, in <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> die Pygmäen, die Gnomen und Kobol<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Bergleute, und im Feuer die<br />

Feuergeister, die Salaman<strong>de</strong>r. Vor Gott seien diese Wesen <strong>de</strong>n Tieren gleich und nicht <strong>de</strong>n Menschen, also ohne<br />

Aussicht auf Auferstehung und Jüngstes Gericht. Weigel hat diese „Geisterlehre“ <strong>de</strong>s Paracelsus beson<strong>de</strong>rs<br />

geschätzt. Mehrfach zitiert er Paracelsus' „De nymphis, sylphis, pygmaeis et salamandris“, in <strong>de</strong>m dieser seine<br />

Auffassung von <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n vier Elementen wirken<strong>de</strong>n Kobol<strong>de</strong>n zusammenfassend darlegt. Dem Menschen spricht<br />

<strong>de</strong>r Hohenheimer eine beson<strong>de</strong>re Stellung in <strong>de</strong>r Natur zu: <strong>de</strong>r limbus, aus <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Mensch erschaffen wur<strong>de</strong>, sei ein<br />

Auszug aus <strong>de</strong>n vier Elementen, <strong>de</strong>r Mensch ist ihre Quintessenz, die kleine Welt, in <strong>de</strong>r alles ist, was in <strong>de</strong>r großen<br />

Welt ist, Mikrokosmos im Makrokosmos. Die Matrix, die Gebärmutter <strong>de</strong>r Frau, ist noch einmal kleine Welt in <strong>de</strong>r<br />

großen, die <strong>de</strong>r Mensch als Mann und Frau darstellt - Mikrokosmos im Makrokosmos. Damit nimmt <strong>de</strong>r Hohenheimer<br />

einen Denkansatz auf, <strong>de</strong>r bis in vorsokratische Zeiten zurückverfolgbar ist und vor allem im Neuplatonismus<br />

weitergeführt wur<strong>de</strong>. Er fin<strong>de</strong>t sich auch <strong>bei</strong> Weigel ausgeprägt. In seinem „Ort <strong>de</strong>r Welt“ wie<strong>de</strong>rholt V. Weigel diese<br />

paracelsischen Gedanken. 32 Er wie<strong>de</strong>rholt auch <strong>de</strong>n Paracelsischen Zentralbegriff „Licht <strong>de</strong>r Natur“ und wertet ihn in<br />

seinen unterschiedlichen Be<strong>de</strong>utungen. 33 Zu ihnen gehört auch: Der Mensch verfügt über das „Licht <strong>de</strong>r Natur“, die<br />

Vernunft. Was er durch die Sinne über die Natur erfährt, soll er im Licht <strong>de</strong>r Vernunft erleuchten, um so die<br />

Geheimnisse <strong>de</strong>r Natur hinter <strong>de</strong>m Sichtbaren zu erkennen. Dadurch offenbart sich die Natur selbst. Erkenntnis ist für<br />

<strong>de</strong>n Hohenheimer Selbstoffenbarung <strong>de</strong>r Natur im Menschen, <strong>de</strong>r sich in ihrem Lichte hält. Die darauf gegrün<strong>de</strong>te<br />

Medizin war für Paracelsus <strong>de</strong>r Gipfel menschlichen Erkenntnisstrebens. Die Einheit von Mikro- und Makrokosmos<br />

spielt <strong>bei</strong> Paracelsus wie <strong>bei</strong> V. Weigel gleichermaßen eine große Rolle. Gleiches gilt für die Zusammensetzung <strong>de</strong>s<br />

Menschen aus Fleisch und Geist. Mikrokosmos und Makrokosmos sind eins, nicht nur <strong>de</strong>r Substanz nach, son<strong>de</strong>rn -<br />

was für Paracelsus wichtiger ist - ihrem Lauf nach. 34 Diese und die folgen<strong>de</strong>n Gedanken referiert V. Weigel im<br />

paracelsischen Sinne in seinem „Gnothi seauton“ Teil I. 35 „Religion“ heißt für Paracelsus ein Leben aus <strong>de</strong>m ewigen<br />

Licht. So bezeichnet es Paracelsus als die Religion <strong>de</strong>s Arztes, <strong>de</strong>n göttlichen Grund <strong>de</strong>r Medizin und das, was in ihr<br />

göttlich ist, zu begreifen. Die „Religion“ <strong>de</strong>s philosophus a<strong>de</strong>ptus ist die Gabalia und be<strong>de</strong>utet Erkenntnis durch das<br />

ewige Licht, nicht aus <strong>de</strong>r irdischen Weisheit. Gabalia versteht so Paracelsus als weiße Magie. Das fin<strong>de</strong>t sich<br />

zumin<strong>de</strong>st sinngemäß <strong>bei</strong> V. Weigel wie<strong>de</strong>r. 36 Er sagt: „Also ist <strong>de</strong>r Mensch geordnet, <strong>bei</strong><strong>de</strong>s: vor <strong>de</strong>m Fall und nach<br />

<strong>de</strong>m Fall, in Leib, Geist und Seele. Den sichtbaren greiflichen Leib hat er von <strong>de</strong>n Elementen und von allen leiblichen<br />

<strong>Ges</strong>chöpfen. Den Geist hat er von <strong>de</strong>m Firmament <strong>de</strong>s <strong>Ges</strong>tirnes. Die Seele ist ihm gekommen aus <strong>de</strong>m spiraculum<br />

vitae.“ 37 Das nun ist ganz paracelsisch, <strong>de</strong>ssen „Astronomia magna“ entlehnt. 38 Dieses Buch hat Weigel offenbar<br />

beson<strong>de</strong>rs geschätzt. Danach hat <strong>de</strong>r Mensch einen elementischen und einen si<strong>de</strong>rischen Leib. Ersterer ist sichtbar<br />

und besteht aus <strong>de</strong>n <strong>bei</strong><strong>de</strong>n unteren Elementen, aus Er<strong>de</strong> und Wasser. Der aus <strong>de</strong>n <strong>bei</strong><strong>de</strong>n oberen Elementen, aus Luft<br />

und Feuer bestehen<strong>de</strong> si<strong>de</strong>rische, nichtsubstantielle Leib führt zum si<strong>de</strong>rischen Geist. 39 Weigel folgt auch Paracelsus<br />

in <strong>de</strong>ssen Lehre von <strong>de</strong>r quinta essentia, aus <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Mensch geschaffen, <strong>de</strong>r Lehre vom limbus. 40 Paracelsus lehrt: die<br />

Gaben liegen in <strong>de</strong>n einzelnen Menschen, wie in <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> alle Kräuter, Gewächse usw. liegen, und müssen erst<br />

herausgezogen und -getrieben wer<strong>de</strong>n. Der sie heraustreiben<strong>de</strong> Beweger (Motor) ist das Firmament. Wie in <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong><br />

19


die elementische, so liegt in uns die geistige Geburt, die wie<strong>de</strong>rum erst vom Firmament herausgetrieben wer<strong>de</strong>n muss.<br />

Diese Kraft <strong>de</strong>s Firmamentes bezeichnet Paracelsus als inclinatio, <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r er zwei Arten unterschei<strong>de</strong>t: eine aus <strong>de</strong>m<br />

Ewigen, die im Menschen das erweckt, was ewig und heilig ist; die an<strong>de</strong>re aus <strong>de</strong>m Firmament, aus <strong>de</strong>r Natur, die<br />

seinen Geist erweckt. Auch diesen Grundgedanken fin<strong>de</strong>n wir <strong>bei</strong> Valentin Weiger! 41 Der Begriff <strong>de</strong>r Nativität spielt<br />

<strong>bei</strong> Paracelsus eine große Rolle. Auch er fin<strong>de</strong>t sich <strong>bei</strong> Valentin Weigel - im paracelsischen Sinne. 42 Ebenfalls im 1.<br />

Buch von „Gnothi seauton ... „ fin<strong>de</strong>t sich zentral ein paracelsischer Gedankengang: Paracelsus unterschei<strong>de</strong>t drei<br />

philosophische Bezirke: <strong>de</strong>m elementischen Leib gehört die philosophia communis zu, die sich mit Irdischem,<br />

Einfachem und Alltäglichem beschäftigt. Hier behan<strong>de</strong>lt Paracelsus - im Sinne <strong>de</strong>s Neuplatonismus - das, was wir als<br />

Naturgeschichte im weitesten Sinne zu betrachten pflegen und was sich aus dieser Naturgeschichte (bzw.<br />

Naturwissenschaft und -philosophie) als Folgerung ergibt. Die philosophia a<strong>de</strong>pta o<strong>de</strong>r philosophia sagax (die<br />

„erkennen<strong>de</strong>“ o<strong>de</strong>r „scharfsinnige“ Philosophie) betreibt die Dinge <strong>de</strong>s irdischen Geistes. Sie sucht die tieferen, <strong>de</strong>m<br />

alltäglichen Denken nicht zugänglichen Bezirke, ist aber ebenfalls eine natürliche Philosophie. Neben diesen <strong>bei</strong><strong>de</strong>n<br />

natürlichen Philosophien gibt es noch die Philosophie im ewigen Licht, die die Dinge Gottes und <strong>de</strong>r Seele treibt. 43 In<br />

seinem Traktat „Vom Ort <strong>de</strong>r Welt“ übernimmt V. Weigel seinen Vergleich <strong>de</strong>r Welt als aus Dotter und Eiklar<br />

bestehend von Paracelsus. 44 Der Hohenheimer stellt sich die Welt vor wie ein Vogelei, als Weltenei, in <strong>de</strong>ssen Mitte<br />

sich die Er<strong>de</strong> befin<strong>de</strong>t, umgeben von <strong>de</strong>r Luft wie das Eidotter vom Eiweiß und umgeben vom Firmament wie das Ei<br />

von <strong>de</strong>r Schale. Ebenso beruft sich V. Weigel auf Paracelsi Schriften „De Mineralibus“ (etwa 1526) und „Von <strong>de</strong>n<br />

natürlichen Bä<strong>de</strong>rn“ (etwa 1525-1526). 45 Weigel setzt auch <strong>de</strong>r aristotelischen die paracelsische Auffassung entgegen.<br />

Danach ist das Firmament ein Element und bringt Früchte, wie z. B. Schnee, Hagel usw. 46 Gleich Paracelsus<br />

unterschei<strong>de</strong>t Weigel von <strong>de</strong>r Philosophie eine philosophia a<strong>de</strong>pta coelestis. Diese hat zwei Themen: <strong>de</strong>n Himmel und<br />

das Paradies sowie das Göttliche im irdischen elementischen Sein. 47 Von <strong>de</strong>r damals herrschen<strong>de</strong>n christlichen<br />

Auffassung bzw. „Philosophie“ ist diese Theorie <strong>de</strong>r zwei Philosophien weit entfernt. Ebenso bezieht sich V. Weigel<br />

positiv auf Paracelsus' Ar<strong>bei</strong>ten zur Imagination. 48 Und fast wörtlich zitiert Weigel Paracelsus auch im folgen<strong>de</strong>n: „Es<br />

saget <strong>de</strong>r Theophrastus Paracelsus in seinem Büchlein von <strong>de</strong>n Fundamenten <strong>de</strong>r Weisheit also: die Weisheit ist<br />

genug <strong>bei</strong> allen Menschen, <strong>de</strong>nn sie haben alle Weisheit und keiner kann sprechen, er habe mehr als <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re.“ Es<br />

folgen Beispiele und Begründungen - ebenfalls nach Paracelsus. 49 Ich habe nur einige Ar<strong>bei</strong>ten Weigels angeführt.<br />

Zweifelhaft ist nach neueren Forschungen, ob sie alle von Weigel bzw. seinem Schüler und Mitar<strong>bei</strong>ter B.<br />

Bie<strong>de</strong>rmann bzw. seinem Kantor Chr. Weickart stammen. 50 Viele <strong>de</strong>r Ar<strong>bei</strong>ten Weigels habe ich hier nicht behan<strong>de</strong>lt,<br />

so seine Predigten. Von Weigel stammt wohl auch eine Abschrift <strong>de</strong>r „Epistola Theophrasti Paracelsi ad Lutherum,<br />

Philippum et Pomeranum“ von 1581. 51 Je<strong>de</strong>nfalls sehe ich mich zu folgen<strong>de</strong>m zusammenfassen<strong>de</strong>n Urteil berechtigt:<br />

Weigel hat sich in je<strong>de</strong>r Perio<strong>de</strong> seines Schaffens mit Paracelsus beschäftigt und viele seiner I<strong>de</strong>en nachvollzogen. So<br />

<strong>de</strong>ssen Spekulation über das himmlische Fleisch Christi. Er stand stets auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n seiner Kirche, aber er suchte<br />

sie zu bessern und zu verinnerlichen. Gleich Paracelsus schrieb er von, glaubte er an eine Generalreform <strong>de</strong>r<br />

kirchlichen, staatlichen und pädagogischen Gegebenheiten - im Sinne <strong>de</strong>s Chiliasmus bzw. <strong>de</strong>r Eschatologie. Weigels<br />

literarischer Hauptgegner Johannes Schelhammer schreibt z. B.: Weigel habe „aller Schwermer ketzerey / son<strong>de</strong>rheit<br />

aber <strong>de</strong>s Paracelsi Bombasts / und Thomas Müntzers <strong>de</strong>s Auffrührers ungegrün<strong>de</strong>te närrische Opiniones und<br />

Paradoxa erwischet / zusammen gelesen / und eine newe theologiam wi<strong>de</strong>r alle Gottes Wort / und wi<strong>de</strong>r alle unsere<br />

Glaubens Articel herfür bracht.“ 52 Für Schelhammer ist Weigel auch ein „Homo obscurorum virorum ... <strong>de</strong>r auff<br />

seinem Enthusiastischen Winckel gelegen / Bombastische Feygen gekocht und eingenommen / und ihm (Paracelsus S.<br />

W.) sein unreife tolle Tollogiam abgeborget / aus seinen Büchern fast von Wort zu Wort abgeschrieben ...“ 53 Ähnlich<br />

äußert sich Nicolaus Hunnius. Nach ihm übernimmt Weigel von Paracelsus folgen<strong>de</strong> seiner Hauptlehren: 1. Die<br />

„Papierin Bücher“ seien nicht das Mittel, aus <strong>de</strong>nen etwas gelernt wer<strong>de</strong>n könne; 2. Von Predigten sei nichts zu<br />

halten; 3. Die Aka<strong>de</strong>mien und hohen Schulen verachte er; 4. „Hebt er das Liecht <strong>de</strong>r Natur sehr hoch / unnd macht es<br />

zum Lehrmeister auch in <strong>de</strong>r Lehr von <strong>de</strong>r Menschen Seeligkeit“; 5. „Suchet seine Lehre aus <strong>de</strong>m Liecht <strong>de</strong>r Natur /<br />

in welchem alle Wissenschaft soll zufin<strong>de</strong>n sein“; 6. Da<strong>bei</strong> aus himmlischer Offenbarung, ohne Unterricht <strong>de</strong>r<br />

Menschen; 7. „Dichtet an <strong>de</strong>n Menschen zween Leib / <strong>de</strong> inwendige / und auswendige.“ 54 Alles wird mit<br />

umfänglichen Zitaten aus Paracelsus belegt.<br />

Waren es etwa lediglich vom Hass getriebene Zeitgenossen, die diese Verbindung zwischen <strong>de</strong>m Sachsen Valentin<br />

Weigel und <strong>de</strong>m weitgewan<strong>de</strong>rten Paracelsus herstellten? Keineswegs! 1786 erschien zu Wien ein “Catalogus<br />

Manuscriptorum Chemico-Alchemico-Magico-Cabalistico-Medico-Physico-Curiosorum”. Darin ist auch enthalten<br />

„Der Prophet Daniel durch Theophrastum ausgelegt“. Dieses Manuskript ist nach Sudhoff in Valentin Weigels<br />

Handschrift. 55 Sudhoff hat in vielen österreichischen, schweizer, nie<strong>de</strong>rländischen, dänischen, englischen und<br />

<strong>de</strong>utschen Bibliotheken sowie Archiven Paracelsus-Materialien ent<strong>de</strong>ckt. Dies auch, was uns nahe liegt, in Schlesien<br />

und <strong>de</strong>m oberlausitzischen Görlitz! Nicht hingegen in Sachsen! Dennoch war Sachsen von Paracelsi Schriften<br />

angetan. Man beschäftigt sich auch hier mit ihm. Ich habe außer V. Weigel drei namentliche Beispiele genannt. In<br />

einer En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts in Wolfenbüttel aufbewahrten Handschrift, wohl um 1570 entstan<strong>de</strong>n, fin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r<br />

20


Hinweis „gehort Abraham kirning von Leipzick aus (?) schicken?“ 56 Wer war Abraham Kirning? Sudhoff fand auch<br />

in Gotha ein Manuskript von 311 Blatt, von verschie<strong>de</strong>ner Hand um 1600 geschrieben, das meiste erst Anfang <strong>de</strong>s 17.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts. 57 Hier sind theologische Schriften <strong>de</strong>s Paracelsus und Weigels zusammengefasst. Ähnliches fand sich<br />

dank Sudhoffs Nachforschungen in <strong>de</strong>r Universitätsbibliothek Greifswald 58 und in <strong>de</strong>r Ständischen Lan<strong>de</strong>sbibliothek<br />

Kessel. 59 Übrigens stand <strong>de</strong>r Arzt und paracelsische Fachschriftsteller Oswald Croll (um 1560-1608) mit Valentin<br />

Weigels Söhnen Joachim und Nathanael Weigel in Annaberg 1597 im Briefverkehr. 60 Seit <strong>de</strong>m großen Sudhoff ist die<br />

Paracelsusforschung weitergegangen. Kurt Goldammer, <strong>de</strong>r 1916, wie er selbst schreibt, „zufällig in Berlin“<br />

Geborene 61 , sie<strong>de</strong>lte 1920 mit seinen Eltern nach Dres<strong>de</strong>n über. Hier inaugurierte er seit 1941 die<br />

Paracelsusforschung auf einem an<strong>de</strong>ren Gebiet als Karl Sudhoff. Er gab die 2. Abteilung <strong>de</strong>r Paracelsuswerke heraus,<br />

die „Theologischen und religionsphilosophischen Schriften“. 62 Diese Ausgabe ist noch nicht abgeschlossen, hat aber<br />

bereits ungeheuer viel neue Erkenntnisse gebracht. Darauf vermag ich hier aus Zeitgrün<strong>de</strong>n nicht einzugehen.<br />

Abschließend sei lediglich Kurt Goldammer zitiert: „Mehr als bisher üblich (wegen fehlen<strong>de</strong>r Kenntnis <strong>de</strong>r<br />

Terminologie und <strong>de</strong>r Vorstellungswelt <strong>de</strong>s Paracelsus) ist die Tatsache zu berücksichtigen, daß die ‚Spirltualisten’<br />

und ‚Theosophen’ <strong>de</strong>s späten 16. und frühen 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts durch ihn (Paracelsus - S. W.) inspiriert wur<strong>de</strong>n.“ 63<br />

Goldammer nennt hier zwei Namen: Valentin Weigel und Jacob Böhme. Und, das möchte ich hinzufügen, die<br />

Paracelsuspflege in Sachsen en<strong>de</strong>t ja keineswegs mit <strong>de</strong>m frühen 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Seien wir uns <strong>de</strong>ssen bewusst.<br />

Fassen wir das als Verpflichtung, gera<strong>de</strong> auch diesen Aspekt paracelsischer Wirkung stärker, bzw. überhaupt in<br />

unserer Paracelsus-Erbepflege zu nutzen!<br />

ANMERKUNGEN<br />

1 Vgl. K. Sudhoff: Paracelsus im heutigen Sachsen, d. i. im Meißnischen, im Erzgebirge und <strong>de</strong>m nördlichen<br />

Böhmen, in: Glückauf. Zeitschrift <strong>de</strong>s Erzgebirgsvereins, Schwarzenberg (Sa) 53 (1933) S. 30 f.<br />

2 Paracelsus: Vorre<strong>de</strong> und erste zwei Bücher <strong>de</strong>s Paragranum. In: Theophrast von Hohenheim gen. Paracelsus:<br />

Sämtliche Werke, 1. Abt., hrsg. von K. Sudhoff, Bd. 8, München 1924, S. 49.<br />

3 Paracelsus: Die drei (vier) Bücher <strong>de</strong>s Opus Paramirum. In: Theophrast von Hohenheim gen. Paracelsus:<br />

Sämtliche Werke, 1. Abt., hrsg. von K. Sudhoff, Ed. 9, München-Planegg 1925, S. 229.<br />

4 Vgl. G. Wustmann: Der Wirt von Auerbachs Keller. Dr. Heinrich Stromer von Auerbach 1482-1542, Leipzig<br />

1902; 0. Clemen: Zur Lebensgeschichte Heinrich Stromers von Auerbach, in: Neues Archiv für Sächsische<br />

<strong>Ges</strong>chichte und Altertumskun<strong>de</strong>, Dres<strong>de</strong>n 24 (1903) S. 100-110.<br />

5 Paracelsus: Von <strong>de</strong>r französischen Krankheit. Drei Bücher Para. In: Theophrast von Hohenheim gen.<br />

Paracelsus: Sämtliche Werke, 1. Abt., hrsg. von K. Sudhoff und W. Matthießen, München 1923, S. 67-181.<br />

6 Paracelsus: Von <strong>de</strong>n Podagrischen Krankheiten und was von ihnen anhängig. In: Theophrast von Hohenheim<br />

gen. Paracelsus: Sämtliche Werke, 1. Abt. Bd. 1, hrsg. von K. Sudhoff, München-Berlin 1929, S. 369.<br />

7 Paracelsus: Ein Sendschreiben Hohenheims an <strong>de</strong>n Rat <strong>de</strong>r Stadt Nürnberg vom 1. März 1530 aus Berezhausen.<br />

In: Theophrast von Hohenheim gen. Paracelsus: Sämtliche Werke, Abt. 1, Bd. 8 (wie Anm. 2) S. 129.<br />

8 K. Sudhoff. Paracelsus im heutigen Sachsen (wie Anm. 1) S. 30.<br />

9 Zum ff. vgl. ebenda.<br />

10 Vgl. K. Sudhoff: Paracelsus. Ein <strong>de</strong>utsches Lebensbild aus <strong>de</strong>n Tagen <strong>de</strong>r Renaissance, Leipzig 1936, S. 75<br />

-78.<br />

11 Paracelsus: Autographische Zettel und Entwürfe zu „De Gradibus“. In: Theophrast von Hohenheim gen.<br />

Paracelsus: Sämtliche Werke, Abt.1, Bd. 4, hrsg. von K. Sudhoff, München-Berlin 1931, S. 81.<br />

12 Paracelsus: Von <strong>de</strong>s Ba<strong>de</strong>s Pfäfers Tugen<strong>de</strong>n, Kräften und Wirkung ... August 1535. In: Theophrast von<br />

Hohenheim gen. Paracelsus: Sämtliche Werke, 1. Abt., Bd. 9, (wie Anm. 3) S. 644f.<br />

13 Paracelsus: Elf Tractat von Ursprung, Ursachen, Zeichen und Kur einzelner Krankheiten. In: Theophrast von<br />

Hohenheim gen. Paracelsus: Abt. 1, Bd. 1 (wie Anm. 6) S. 136.<br />

14 Paracelsus: Entwürfe, Notizen und Ausar<strong>bei</strong>tungen zur Bertheonea von Hohenheims eigener Hand. In:<br />

Theophrast von Hohenheim gen. Paracelsus: Sämtliche Werke, Abt. 1, Bd. 6, hrsg. von K. Sudhoff und W.<br />

Matthießen, München 1922, S. 177.<br />

15 Paracelsus: Das Buch von <strong>de</strong>n tartarischen Krankheiten, in: Theophrast von Hohenheim gen. Paracelsus:<br />

Sämtliche Werke, Abt. 1, Bd. 11, hrsg. von K. Sudhoff, München-Berlin 1928, S.104.<br />

16 Paracelsus: Nachschrift aus <strong>de</strong>r Vorlesung über tartarische Krankheiten (2 Bücher), in: Theophrast von<br />

Hohenheim gen. Paracelsus: Sämtliche Werke, Abt. 1, Bd. 5, hrsg. von K. Sudhoff, München -Berlin 1931, S.<br />

15.<br />

17 Paracelsus: Entwürfe, Notizen und Ausar<strong>bei</strong>tungen zur Bertheonea von Hohenheims eigener Hand, in:<br />

Theophrast von Hohenheim gen. Paracelsus: Sämtliche Werke, Abt. 1, Bd. 6, (wie Anm. 14) S. 177.<br />

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18 R. Zaunick: Altpreußische Biographie, hrsg. von Chr. Krollmann (†), fortgesetzt von K. Forstreuter und F.<br />

Gause, Bd. II, Marburg-Lahn 1967, S. 503.<br />

19 R. Zaunick: Der sächsische Paracelsist Georg Forberger. Mit bibliographischen Beiträgen zu Paracelsus,<br />

Alexan<strong>de</strong>r von Suchten, Denys Zacaire, Bernardus Trevirensis, Paolo Giovio, Francesco Guicciardini und<br />

Natale Conti. Aus d. Nachlass hrsg. von H.-H. Eulner und K. Goldammer, Wiesba<strong>de</strong>n 1977, S. 3.<br />

20 Ebenda, S. 8.<br />

21 Ebenda, S. 14, S. 16f., S. 20-23.<br />

22 Ebenda, S. 24.<br />

23 Ebenda, S . 27.<br />

24 U. Benzenhöfer: Joachim Tancke (1557-1609). Leben und Werk eines Leipziger Paracelsisten. In: Salzburger<br />

Beiträge zur Paracelsusforschung, Wien 25 (1987) S. 9-81.<br />

25 Vgl. J. Telle: Zur spätmittelalterlichen und früh neuzeitlichen Alchemia medica unter beson<strong>de</strong>rer<br />

Berücksichtigung von Joachim Tanck. In: Humanismus und Medizin, hrsg. von R. Schmitz und G. Keil,<br />

Weinheim 1984, S.139-157.<br />

26 U. Benzhöfer: Joachim Tancke (1557-1609) (wie Anm. 24) S. 22.<br />

27 Ebenda, S. 3 5.<br />

28 Zit. ebenda, S. 37.<br />

29 Ebenda, S. 38.<br />

30 H. Schipperges: Kosmos Anthropos. Entwürfe zu einer Philosophie <strong>de</strong>s Leibes, Stuttgart 1981, S. 35; Vgl. zum<br />

ff.: J. Telle: Johann Huser und <strong>de</strong>r Paracelsismus im 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt. In: Paracelsus, hrsg. von H. Dopsch,<br />

Salzburg 1993, S.341-352.<br />

31 V. Weigel: Das andre Büchlein <strong>de</strong>r Erkenntnis seiner selbst. Labitur & coelo divinum – gnothi seauton, in: V.<br />

Weigel: Ausgewählte Werke, hrsg. und eingeleitet von S. Wollgast, Berlin 1977, S. 240; Vgl.: Paracelsus: liber<br />

<strong>de</strong> fundamento scientiarum sapientaeque. In: Theophrast von Hohenheim gen. Paracelsus: Sämtliche Werke, 1.<br />

Abt., Bd. 13, hrsg. von K. Sudhoff, München 1931, S. 287-334.<br />

32 V. Weigel: Ein nützliches Traktätlein vom Ort <strong>de</strong>r Welt, in: (wie Anm. 31) S. 289.<br />

33 Ebenda, S. 289f. Vgl.: Paracelsus: Die Geheimnisse. Ein Lesebuch aus seinen Schriften, hrsg. von W.-E.<br />

Peuckert, Leipzig 1941, (Neuaufl. München 1990), S. 135, 171f., 174, 204f., 211f., 217-220, 237f., 274, 291,<br />

400; B. Sartorius von Waltershausen: Paracelsus am Eingang <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Bildungsgeschichte, Leipzig 1935,<br />

S. 93 ff.<br />

34 Paracelsus. Das Buch Paragranum. In: Theophrast von Hohenheim gen. Paracelsus: Sämtliche Werke, 1. Abt.,<br />

Bd. 8, (wie Anm. 2), S.180.<br />

35 V. Weigel: Gnothi seauton - nosce te ipsum, in: (wie Anm. 31), S. 172-207.<br />

36 Vgl. Paracelsus (wie Anm. 33) S. 413 ff.<br />

37 V. Weigel: Gnothi seauton - nosce te ipsum (wie Anm. 31) S. 174.<br />

38 Vgl. Paracelsus: Astronomia magna o<strong>de</strong>r die ganze philosophia sagax <strong>de</strong>r großen und kleinen Welt. In:<br />

Theophrast von Hohenheim gen. Paracelsus: Sämtliche Werke, 1. Abt., Bd. 12, hrsg. von K. Sudhoff,<br />

München-Berlin 1929, S.22.<br />

39 Ebenda, S. 137f., 56f., 220. Vgl. V. Weigel: Gnothi seauton - nosce te ipsum (wie Anm. 31) S. 176-178.<br />

40 Ebenda, S. 33f. Vgl. V. Weigel: Gnothi seauton - nosce te ipsum (wie Anm. 31) S. 181-183.<br />

41 Ebenda, S. 225 f. Vgl. V. Weigel: Gnothi seauton - nosce te ipsum (wie Anm. 31) S. 183-185.<br />

42 Ebenda, S. 150f. Vgl. V. Weigel: Gnothi seauton - nosce te ipsum (wie Anm. 31) S. 201-203.<br />

43 Ebenda, S. 97f., S. 300. Vgl. V. Weigel: Gnothi seauton - nosce te ipsum (wie Anm. 31) S. 211f.<br />

44 V. Weigel: Vom Ort <strong>de</strong>r Welt (wie Anm. 31) S. 265; Vgl.: Paracelsus: Philosophia <strong>de</strong> generationibus et<br />

fructibus quatuor elementorum, in: Philosophia generationibus, Sämtliche Werke, 1. Abt., Bd. 13 (wie Anm.<br />

31) S. 15 f.<br />

45 V. Weigel: Vom Ort <strong>de</strong>r Welt (wie Anm. 31) S.307.<br />

46 V. Weigel: Der gül<strong>de</strong>ne Griff (wie Anm. 31) S. 369-371; vgl. Paracelsus: Sämtliche Werke, Bd. 13, (wie Anm.<br />

3 1) S. 142 f.<br />

47 V. Weigel: Der gül<strong>de</strong>ne Griff (wie Anm. 31) S. 3 78 ff., vgl. Paracelsus, Astronomia magna (wie Anm. 38) S.<br />

395ff.<br />

48 Ebenda, S. 384 f. Paracelsus: Liber <strong>de</strong> Imaginibus. In: Theophrast von Hohenheim gen. Paracelsus: Sämtliche<br />

Werke, 1. Abt., Bd. 13, (wie Anm. 31) S. 359-386; <strong>de</strong>rs., Fragmentum libri De Virtute imaginativa, ebd., Bd.<br />

14, S. 309-319.<br />

49 Ebenda, S. 413 f.; vgl. Paracelsus: De fundamento Scientiarum sapientaeque, drei Tractate, in. Theophrast von<br />

Hohenheim gen. Paracelsus. Sämtliche Werke, Abt. 1, Bd. 13 (wie Anm. 31) S.294.<br />

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50 H. Pfefferl: Valentin Weigel und Paracelsus. In: Paracelsus und sein dämonengläubiges Jahrhun<strong>de</strong>rt, Wien<br />

1988, S. 77- 95 (= Salzburger Beiträge zur Paracelsusforschung, F. 26); <strong>de</strong>rs.: Die Überlieferung <strong>de</strong>r Schriften<br />

Valentin Weigels (Teildruck), Phil. Diss. Marburg/Lahn 1991.<br />

51 Vgl. S. Wollgast: Valentin Weigel in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Philosophiegeschichte (wie Anm. 31) S. 45 f.<br />

52 J. Schelhammer: Wi<strong>de</strong>rlegung <strong>de</strong>r vermeynten Postill Valentini Weigelii ..., Leipzig 1721, S. 7.<br />

53 Ebenda, S. 40f.<br />

54 N. Hunnius: Christliche Betrachtung <strong>de</strong>r Newen Paracelsischen vnd Weigelianischen Theology..., Wittenberg<br />

1621, S. 7, vgl. S. 10, 31, 41, 43, 45.<br />

55 K. Sudhoff: Versuch einer Kritik <strong>de</strong>r Echtheit <strong>de</strong>r Paracelsischen Schriften, Theil II: Paracelsisehe<br />

Handschriften, Berlin 1898, S. 24.<br />

56 Ebenda, S. 117.<br />

57 Vgl. ebenda, S. 573-580.<br />

58 Vgl. ebenda, S. 586-590.<br />

59 Vgl. ebenda, S. 747-764.<br />

60 Vgl. J. Telle: Johann Huser in seinen Briefen. Zum schlesischen Paracelsismus <strong>de</strong>s 16. Jahrhun<strong>de</strong>rts, in:<br />

Parerga Paracelsica. Paracelsus in Vergangenheit und Gegenwart, hrsg. von J. Telle, Stuttgart 1991, S. 205.<br />

61 K. Goldammer: Rückblicke, Einblicke und Ausblicke. Einiges aus meinem Leben, in: Paracelsus - Werk und<br />

Wirkung. Festgabe für Kurt Goldammer zum 60. Geburtstag, hrsg. von S. Domandl, Wien 1975, S. 363.<br />

62 Vgl. Theophrast von Hohenheim genannt Paracelsus: Sämtliche Werke. 2. Abt.: Theologische und<br />

religionsphilosophische Schriften, hrsg. von K. Goldammer, Bd. 2, Stuttgart 1965; Bd. 3, Stuttgart 1986; Bd. 4,<br />

Stuttgart 1955; Bd. 5, Stuttgart 1957; Bd. 6, Stuttgart 1959; Bd. 7, Stuttgart 1961.<br />

63 K. Goldammer: Aufgaben <strong>de</strong>r Paracelsusforschung, in: Parerga Paracelsica (wie Anm. 60) S.17.<br />

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