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olympischer literatur-wettbewerb deutsch - englisch - französisch

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Gestalt eines Torhüters namens Turek, einen späteren "Fußball-Gott"<br />

leibhaftig zu erleben gab. Hier passt eine im März<br />

1947 veröffentlichte Formulierung des Frankfurter Journalisten<br />

Richard Kirn: "Noch leben wir in Wüsten. Zu den Oasen<br />

gehört der Sport." Doch verpflichtet die Redlichkeit zu einer<br />

nüchternen Betrachtungsweise. Tatsächlich waren der Probleme<br />

und Schwierigkeiten nach dem Ende des Krieges mehr als<br />

genug. Groß war bereits die Hypothek der vorausgegangenen<br />

"tausend Jahre", die letztlich zum Glück nur zwölf umfasst<br />

hatten.<br />

Auch der Sport, namentlich seine Organisationen und Organisatoren<br />

waren auf breiter Front diskreditiert. Schließlich<br />

waren diese nicht nur "gleichgeschaltet" worden, sondern<br />

vielfach in vorauseilendem Gehorsam mit wehenden Fahnen<br />

ins nationalsozialistische Lager übergelaufen. Turn-"Führer"<br />

Edmund Neuendorff hatte die Seinen gar als dritte Säule der<br />

neuen "Bewegung" neben Stahlhelm und SA anzudienen<br />

versucht und bereitwillig eine Vorreiterrolle bei der - noch gar<br />

nicht offiziell verordneten - Arisierung seiner Sportart<br />

gespielt. Wahrhaft kein rühmliches Kapitel der <strong>deutsch</strong>en<br />

Sportgeschichte, deren Nachwirkungen selbst die heute<br />

Verantwortlichen bisweilen noch zu spüren bekommen.<br />

Verständlich, dass die neuen Machthaber in Deutschland den<br />

alten mit größter Skepsis begegneten. Anderseits sahen sie<br />

sich mit dem Dilemma konfrontiert, dass sie auf das Know<br />

How der Betreffenden nur schwerlich verzichten konnten,<br />

zumal, logischerweise, politisch nicht oder nur gering belastete<br />

Personen mit entsprechender Erfahrung Seltenheitswert<br />

hatten. Dass man sich diesbezüglich bisweilen in einer Grauzone<br />

bewegte, mag das Beispiel Carl Diems belegen, der -<br />

darüber streiten sich Experten bis heute - unter den Nazis<br />

eher gelitten oder eher profitiert, sich jedenfalls profiliert<br />

hatte, und sich auch unter den neuen politischen Vorzeichen<br />

bald wieder unentbehrlich machte. Seiner Initiative war etwa<br />

die Gründung der Deutschen Sporthochschule zu danken, die<br />

im November 1947 ihren zunächst bescheidenen Betrieb in<br />

den Räumlichkeiten des oben erwähnten Müngersdorfer<br />

Stadions in Köln aufnahm. Eine von vielen Voraussetzungen<br />

war die Genehmigung der zuständigen Militärbehörden.<br />

Behördliches Plazet war im Übrigen<br />

für alle sportlichen Aktivitäten<br />

vonnöten, sofern sie über spontanes,<br />

gleichsam unorthodoxes Bewegen<br />

und Wettkämpfen hinausgehen<br />

sollten. Dies betraf die Wieder- oder<br />

Neugründung von Vereinen, die<br />

Durchführung von Veranstaltungen<br />

und erst recht die Schaffung regionaler<br />

und nationaler Strukturen, die<br />

ebenso strengen Auflagen unterlag,<br />

wie die Durchführung entsprechen-<br />

der Veranstaltungen. Hierbei wurde allerdings sehr bald schon<br />

eine höchst unterschiedliche Haltung und Handhabung bei<br />

den vier Besatzungsmächten erkennbar, wobei die Richtlinien<br />

in der sowjetisch-besetzten Zone die weitaus rigidesten<br />

waren.<br />

Einigkeit herrschte aber allerorten dahingehend, dass man<br />

einer erneuten Indienstnahme des Sports für Nationalismus,<br />

Rassismus und Militarismus einen klaren Riegel vorschieben<br />

müsse. In diesem Sinne erließ der Alliierte Kontrollrat zwecks<br />

"Beschränkung und Entmilitarisierung des Sportwesens in<br />

Deutschland" mit Wirkung vom 17. Dezember 1945 die<br />

"Direktive 23", mit der etwa Fallschirmspringen, Segelfliegen<br />

oder Fechten explizit verboten wurden. Im Übrigen wurde<br />

verfügt, dass jede ins Leben zu rufende Organisation auf die<br />

lokale Ebene, nämlich das Niveau eines Kreises beschränkt<br />

bleiben musste. Aus dem hier artikulierten Misstrauen resultiert<br />

die Tatsache, dass die Gründung der Dachorganisationen,<br />

etwa des NOKs für Deutschland oder des Deutschen Sportbundes,<br />

bis 1949 bzw. 1950 auf sich warten ließ, auch wenn<br />

dafür noch manch andere Gründe den Ausschlag gaben.<br />

Fürs Erste ging es vielen ohnehin allein darum, sich wieder<br />

einmal (frei) bewegen und mit anderen messen zu können.<br />

Dabei hatten sie weniger das große Ganze im Blick, als die<br />

Regeneration der Keimzellen vor Ort. So richtete sich ihr<br />

Augenmerk auf den Verein, dem - typisch <strong>deutsch</strong> (?) - mit<br />

großem Herzblut zu alter neuer Blüte verholfen werden<br />

sollte. In Köln zum Beispiel waren bis Ende des letzten Kriegsbzw.<br />

ersten Nachkriegsjahres bereits wieder 100 Einträge im<br />

Vereinsregister vorgenommen worden.<br />

Zu danken war dies dem Engagement der Männer und Frauen,<br />

die in schwierigen Zeiten eben nicht auf höhere Weisung<br />

und Aktivitäten der Obrigkeit warteten, sondern selbst die<br />

Initiative ergriffen. Sie bauten den Sport "von unten" auf,<br />

verliehen ihm einen neuen, demokratischen Geist und legten<br />

damit das Fundament für eine beeindruckende Aufbauleistung.<br />

Wenn wir nun, sechzig Jahre nach Kriegsende, wenn auch<br />

unter gänzlich anderen Voraussetzungen und Vorgaben<br />

wieder nach neuen<br />

Wegen im <strong>deutsch</strong>en<br />

Sport suchen, darf man<br />

sich durchaus zurück<br />

erinnern. Eine Orientierung<br />

für konkretes Handeln<br />

sollte man dabei<br />

nicht erwarten, vielleicht<br />

aber einen Motivationsschub.<br />

OF<br />

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