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olympischer literatur-wettbewerb deutsch - englisch - französisch

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M<br />

Vom Rausch der medialen<br />

Geschwindigkeit<br />

an muss noch nicht alt und klapprig sein und seit,<br />

sagen wir, vier Jahrzehnten in diesem Beruf, um gerade<br />

in diesen Tagen unter dem Eindruck zu leiden, dem Tempo im<br />

Sport und im Sportjournalismus gedanklich und mitunter<br />

auch körperlich nicht mehr ganz gewachsen zu sein. Zum<br />

sportlichen Alltag, den normal zu nennen sich eigentlich<br />

verbietet, kamen in den ersten Monaten dieses Jahres als<br />

Sonderbelastungen große Berichterstattungsthemen wie<br />

Schmelings Abschied, der Hoyzer-Skandal mit all seinen<br />

Facetten oder die Finanzkrise von Borussia Dortmund, nicht<br />

zu vergessen kleinere oder größere Doping-Affären; Beckenbauer,<br />

Klinsmann und Co. gaben und geben ständig Gas. Alle<br />

scheinen ständig am ganz großen Rad zu drehen.<br />

Kaum war der eine Komplex abgearbeitet, tat sich schon die<br />

nächste Baustelle auf. Triumphen in der einen Sportart folgten<br />

Abstürze in der anderen. Und die Region Frankfurt/Rhein-<br />

Main wurde durch die Fußballkämpfe in Mainz, Offenbach<br />

und Frankfurt mehr in Atem gehalten als seit Jahren. Und<br />

über allem liegt die Flüchtigkeit, der Rausch der Geschwindigkeit,<br />

heute geschrieben, morgen gedruckt, und noch vor<br />

übermorgen vergessen, überholt vom Internet, von Fernsehen,<br />

Radio, Videotext. Puh!<br />

Da kam jüngst ein Abend gerade recht, an dem der Frankfurter<br />

Presseclub seinen 25. Gründungstag feierte und Eva<br />

Demski, freie Journalistin und Schriftstellerin, die Geburtstagsrede<br />

hielt. Sie formulierte Gedanken "über die Vergänglichkeit<br />

unseres Tuns". Am Anfang stand der Satz: "Ich finde<br />

den Beruf (des Journalisten) grässlich und ich liebe ihn. Ich<br />

habe ihn verlassen und halte mich mit einer Hand krampfhaft<br />

an ihm fest." Das Internet mit seinen Vor- und vor allem<br />

seinen Nachteilen nannte sie "fundamentale Veränderung<br />

unserer Berufswelt, längst ins Leben eingebaut", die vielleicht<br />

"im journalistischen Stammhirn noch nicht wirklich angekommen"<br />

sei.<br />

Der Beruf erinnere manche mit einem Mal an die Herstellung<br />

von Weißwürsten. "Die müssen bis Mittag verzehrt, verdaut<br />

und vergessen sein. Es ist nichts gegen sie einzuwenden, aber<br />

sie sowie die Tageszeitung, egal welche, scheinen plötzlich ein<br />

allzu flüchtiges Produkt."<br />

Das schmerze alle, die die Sprache liebten. "Journalisten sind<br />

auch Künstler, das lasse ich mir nicht ausreden, auch der<br />

testosterongesättigtste Sportreporter - grade bei denen sind<br />

die Poeten gar nicht so dünn gesät." Die Wirklichkeit in den<br />

Redaktionen umriss die Laudatorin sehr genau: "Um die<br />

Wahrheit geht's nicht immer, sondern um Politik verschiede-<br />

34 OF-K<br />

ner Art: Warum hatten wir das nicht vorher? Wäre das nicht<br />

unser Thema? Was heißt, Sie interessieren sich nicht für<br />

Genome? Mit dem X werden wir es uns grade jetzt nicht<br />

verderben! Und die jungen Ritter und Ritterinnen schütteln<br />

sich unter dem Gewitter der Tagesrealität und tappen im<br />

Nebel der so genannten Interessen herum und warten auf<br />

den neuen Tag. Die neue Story. Den göttlich brauchbaren<br />

Skandal, der ihnen direkt vor die Füße fällt. Und dass der<br />

Chefredakteur aufhört, sie auf dem Kieker zu haben. Und dass<br />

der Entlassungskelch an ihnen vorübergehen möge."<br />

Journalisten sind, das wissen wir doch alle, denkbar schlecht<br />

beleumundet - und dennoch sind die Medienseminare voll, ist<br />

die Zahl wartender Praktikanten und Hospitanten Legion,<br />

dürfte es an Nachwuchs wohl niemals mangeln. Nur was<br />

wollen die alle tun? Eva Demski: "Woran soll man sich denn<br />

halten außer an Sensationen. Das Karussell, auf das man sich<br />

heute setzt, hat kein links und kein rechts, es ist rund."<br />

Tröstlich für die Alten (Jahrgang 1961 und aufwärts) fügte sie<br />

hinzu: "Was immer am Anfang dieses Berufswunsches stand:<br />

der Welt die Wahrheit um die Ohren zu hauen, Robbie Williams<br />

aus der Nähe sehen zu können, dem Kapitalismus<br />

tierische Namen zu geben oder endlich zu allen Rockkonzerten<br />

oder Formel-1-Rennen eingeladen zu werden: Der Lust,<br />

dieser Lust, wird Ewigkeit nicht beschieden sein!"<br />

Und wir Zeitungsleute, werden wir alle bald Elektroniker im<br />

Schichtdienst sein, Nachrichterverwurster und Webmaster?<br />

Keineswegs, meint Eva Demski: "Die sterbliche Zeitung, das<br />

unsterbliche Buch - es wird sie weiter geben. Wie ehedem.<br />

Aus Papier. Mit gedruckten Buchstaben drin. Zum allmorgendlichen<br />

Aufregen und Vergessen, zum Entzücken, zum<br />

Ärgern, und zum samt Marmeladenbrot mit ins Bett nehmen.<br />

Schließlich hat die Sache mit dem Cybersex auch nicht hingehauen!<br />

Die alte Methode hat sich souverän behauptet. Man<br />

hat von der virtuellen Variante nie wieder gehört."<br />

Mit diesem Wissen gehen wir zu Bett - nein, nicht dafür!<br />

Erschöpft machen wir die Augen zu, schlafen traumlos.<br />

Sport? Erst morgen wieder.<br />

A<br />

Quoten-Zynismus<br />

Jörg Hahn<br />

uf den ersten Blick erscheint diese Vision ziemlich<br />

absurd: Deutsche Spitzensportverbände wählen sich in<br />

Zukunft in ihre Führungsgremien den TV-Wart, so wie sie sich<br />

die passenden Personen als Sport-oder Kassenwart ausgucken<br />

(schon klar: heutzutage sind das Vizepräsidenten Leistungssport<br />

und Finanzen). Auszug aus dem Anforderungsprofil:<br />

OF-KOMMENT<br />

OMMENTAR AR

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