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olympischer literatur-wettbewerb deutsch - englisch - französisch

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Klartext. "Da wird offen über die Präparate gesprochen, da<br />

will der Sportler wissen, was er nehmen kann und wieviel,<br />

was passieren kann, wie die Absetzzeiten sind. Man hat ja<br />

kaum was zu befürchten", sagt Körner. Ein Drogenhändler<br />

wird laut Betäubungsmittelgesetz hoch bestraft, ein Dopinghändler<br />

mit den Strafvorschriften des Arzneimittelgesetzes<br />

vergleichsweise großzügig behandelt. Das Amtsgericht Frankfurt<br />

verurteilte im Februar 2003 einen bereits vorbestraften<br />

Bodybuilder wegen Anabolika-Handels und -Schmuggels zu<br />

einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Er hatte<br />

knapp drei Millionen Pillen unter die Eisenstemmer gestreut.<br />

Körner könnte wohl eine lange Liste mit solchen Fahndungserfolgen<br />

präsentieren, wenn er dürfte, wie er wollte. Aber die<br />

Telefonüberwachung ist bei einem vermeintlichen Verstoß<br />

gegen das AMG nicht erlaubt. Was für den Oberstaatsanwalt<br />

bei den Abhöraktionen gegen die Rauschgiftmafia abfällt,<br />

darf häufig vor Gericht nicht verwendet werden, öffnet aber<br />

den Blick für das Ausmaß des Schwarzmarktes: "Es sind<br />

Riesenmengen im Umlauf. Produktions- und Vertriebsfirmen<br />

für Nahrungsergänzungsmittel, die absichtlich mit Anabolika<br />

verunreinigt werden, sind (im Ausland) aus dem Boden<br />

geschossen. Der illegale Straßenhandel und der Schmuggel<br />

von Dopingsubstanzen scheinen das Ausmaß des Rauschgifthandels<br />

erreicht zu haben."<br />

Auch Leistungssportler nutzen den Service um die Ecke. Die<br />

Profis unter den Dopern aber arbeiten diskreter. Ihre Mittelsmänner,<br />

etwa Pfleger im Radsport, besorgen den "Stoff" über<br />

gefälschte Rezepte oder persönliche Kontakte. Die reichen bis<br />

hin zur Primärquelle. Zwar entstehen in Osteuropa angeblich<br />

mehr und mehr eigene Laboratorien, in denen ehemals<br />

arbeitslose Chemiker die Mixturen herstellen - ganz nach<br />

dem Vorbild der kolumbianischen Drogenmafia. Aber vorerst<br />

noch bedienen sich Zwischenhändler weltweit offensichtlich<br />

direkt bei der Pharmaindustrie oder räumen, wie 1999 in<br />

Zypern, ganze Lager mit 4,5 Millionen Portionen Erythropoietin<br />

(EPO) leer. Nur so ist die Diskrepanz zwischen der Mengenproduktion<br />

und der Zahl der Patienten zu verstehen. Nach<br />

Angaben des italienischen Dopingenthüllers Alessandro<br />

Donati lag das Wachstumshormon HGH im Jahr 2000 in der<br />

Rangordnung der weltweit am meisten verbreiteten Substanzen<br />

auf Platz zwölf. In der Indikations-Liste fand sich HGH<br />

aber nur auf Position 150. Fragen wirft auch eine Statistik<br />

22<br />

aus Italien auf: Warum wurde 1998 eine EPO-Verkaufsmenge<br />

für 40.000 Patienten hergestellt, wenn es nur 3.000 registrierte<br />

Kranke gab? Eine Antwort hat die Firma BB Biotech<br />

gegeben. Sie schaltete kurz vor der Tour de France 2000 eine<br />

Zeitungsanzeige mit einem Bild dreier Radsportler und<br />

schrieb darunter: "Epo macht nicht nur in der Sportwelt<br />

Schlagzeilen …"<br />

Der vielschichtige Schwarzmarkt bietet nicht nur einen<br />

Zugang zu den bekannten Präparaten mit leistungssteigernden<br />

Nebenwirkungen. Längst haben die Profis einen Weg<br />

gefunden, klinische Apotheken anzuzapfen, Medikamente zu<br />

besorgen, die in Deutschland noch gar nicht zugelassen sind.<br />

Renner der EPO-Nachfolger sind Dynepo und das bislang<br />

nicht nachweisbare Cera, das schon im Radsport geschluckt<br />

wird, obwohl es noch in der dritten Phase der klinischen<br />

Studie steht. Zehn bis fünfundzwanzig Prozent des für die<br />

Forschung hergestellten Medikaments, behauptet ein Radsportexperte<br />

und Chemiker, gelangen von den klinischen<br />

Apotheken in den Leistungssport. Die Kosten sind überschaubar.<br />

Eine achtwöchige EPO-Kur mit 56.000 Einheiten (2000<br />

alle zwei Tage) kostet einen Radfahrer zur Vorbereitung auf<br />

eine schwere Rundfahrt zur Zeit etwa 1.200 Euro. Das ließe<br />

sich aus der Mannschaftskasse zahlen - falls die Teams noch<br />

Doping-Etats haben wie einst die Rennställe Once, TVM, MTB<br />

oder Festina. Geld für den Einkauf ist in jedem Fall noch<br />

ausreichend vorhanden. Nach einer Studie des belgischen<br />

Senates, die im März veröffentlicht wurde, liegt der Umsatz<br />

von Dopingmitteln weltweit bei etwa acht Milliarden Euro.<br />

Dabei scheint Deutschland als Umschlagplatz in Westeuropa<br />

unter den Dealern und Konsumenten beliebter als seine<br />

Nachbarn Belgien, Italien und Frankreich. Und so warnt der<br />

Staatsanwalt vor einem Paradies für Doper. Falls der Gesetzgeber<br />

die rechtlichen Weichen zur Bekämpfung der internationalen<br />

Verbreitung von Dopingmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln<br />

in nächster Zeit nicht neu stelle und neue<br />

Strafvorschriften gegen die Internetkriminalität formuliere,<br />

sagt Körner, "dann werden wir den Wildwuchs von verbotenen<br />

Substanzen im Sport nicht mehr eindämmen, sondern<br />

nur noch statistisch erfassen". Insofern stellen die Anti-<br />

Doping-Kämpfer in Deutschland auch eine Art Vertrauensfrage.<br />

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