Sektion Bern - SAC Sektion Bern und Subsektion Schwarzenburg
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Die Gletschergeschichte der Alpen kann man in drei<br />
Perioden ganz ungleicher Dauer gliedern. Alle drei<br />
lassen sich im Triftgebiet in eindrücklicher Art erleben<br />
<strong>und</strong> nachvollziehen:<br />
– Eine grossräumige Vergletscherung der gesamten<br />
Alpen innerhalb der letzten ein bis zwei Millionen<br />
Jahre, der man den treffenden Namen Eiszeit gegeben<br />
hat.<br />
– Die Zeitspanne zwischen der Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
<strong>und</strong> der Gegenwart: Das ist die Periode, in der<br />
die Gletscher erforscht, kartiert, beschrieben <strong>und</strong><br />
zugänglich gemacht worden sind, nicht zuletzt<br />
durch die Tätigkeit des <strong>SAC</strong>.<br />
– Die Zukunft, die bis zum völligen Verschwinden der<br />
Gletscher in den Alpen wohl keine h<strong>und</strong>ert Jahre<br />
umfassen wird.<br />
Vergangenheit: Die Eiszeiten<br />
Eine globale Abkühlung führte vor ein bis zwei Millionen<br />
Jahren zu einer ausgedehnten Vergletscherung<br />
der Alpen. In diesem Zeitraum schufen die Eismassen<br />
<strong>und</strong> ihre Schmelzwasserflüsse aus dem Gebirgskörper,<br />
seine geologischen Schwachstellen ausnützend,<br />
das heutige Talnetz. Durch die Eiserosion entstanden<br />
trogförmige Täler <strong>und</strong> Mulden, durch die Arbeit der<br />
Gletscherflüsse tiefe, schmale Schluchten. Noch vor<br />
r<strong>und</strong> 20000 Jahren, zur Zeit der letzten grossen Vereisung,<br />
welche die Wissenschaftler mit dem Kürzel LGM<br />
– Last Glacial Maximum – belegen, erfüllte ein fast zusammenhängendes<br />
Netz von Eisströmen die Alpentäler<br />
bis unter die höchsten Gipfel. Nur ein Netz von Graten<br />
ragte aus dem Eispanzer hervor. In der Trift lagen<br />
zu dieser Zeit über der Windegghütte etwa 300 Meter<br />
Eis, über der Triftalp (Underi Trift) 700 <strong>und</strong> über dem<br />
unteren Gadmertal <strong>und</strong> Innertkirchen 1200 bis 1300<br />
Meter.<br />
Mehrfach stiess der vereinigte Aaregletscher bis ins<br />
Mittelland vor. Auf seinem Weg schürfte er die Becken<br />
von Brienzer- <strong>und</strong> Thunersee <strong>und</strong> das Aaretal zwischen<br />
Thun <strong>und</strong> <strong>Bern</strong> aus. Ein Teilarm floss über den<br />
Brünig nach Luzern. Im Raum <strong>Bern</strong> (im LGM von 400<br />
Metern Eis überdeckt) vereinigte er sich mit dem Rhonegletscher.<br />
Anschauliche Zeugen für diese Vorstösse sind die<br />
Findlingsblöcke. In Kleinwabern zum Beispiel, wo ich<br />
gelegentlich für eine Tour einkaufe, liegen auf kleinem<br />
Raum drei Blöcke, die sehr wohl aus dem Triftgebiet<br />
stammen könnten: ein Aaregranit, ein Erstfelder<br />
Gneis <strong>und</strong> ein Innertkirchner Kristallinblock.<br />
Vor 12000 bis 10 000 Jahren zogen sich die Gletscher<br />
als Folge einer grossräumigen Klimaerwärmung rasch<br />
bis in die Alpentäler zurück, auf einen Stand, den sie<br />
bis in die Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts nie mehr überschritten.<br />
Ein anschauliches Beispiel für dieses markante Gletscherstadium<br />
findet sich bei der Windegghütte: R<strong>und</strong><br />
20 Meter unter der Hütte liegen die Moränen von<br />
1850. Sie zeigen über einer dünnen Humusdecke eine<br />
magere Pioniervegetation, <strong>und</strong> die Blöcke (durchwegs<br />
Material aus der oberen Trift) tragen nur spärlichen<br />
Flechtenbewuchs. Im Gegensatz dazu besteht die Umgebung<br />
der Hütte aus dicht mit Alpenrosen <strong>und</strong> Legföhren<br />
bewachsener Moräne, deren Alter die Glaziologen<br />
mit der Kohlenstoff-14-Methode auf 6000 bis 8000<br />
Jahre datiert haben. Über diese «blumenreichen Rasenhänge<br />
… dicht am Gletscher» hatte sich schon Gottlieb<br />
Studer gew<strong>und</strong>ert. Der anstehende Gneis in der Umgebung<br />
der Hütte ist flächendeckend mit Jahrtausende<br />
alten Flechten überzogen.<br />
Gegenwart: Der rasante Rückzug des Gletschers<br />
Der oben beschriebene Stand des Triftgletschers entspricht<br />
ungefähr der Situation, wie sie Gottlieb Studer<br />
1839 angetroffen <strong>und</strong> beschrieben hat <strong>und</strong> wie sie auf<br />
Der Gletscher kollabiert: In der Zunge bilden<br />
sich dolinenartige Einsturzlöcher. Aufnahme vom Standort<br />
Telltiblatti vom 27. August 2001.