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Soziologische Vorüberlegungen zu einer europäischen Küstenwache

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6 Schlussbetrachtung:<br />

Die MARES – nur eine Utopie oder bald Realität?<br />

Schiffshavarien sind so alt wie die Schifffahrt selbst. Jedoch haben sich die<br />

mit <strong>einer</strong> Havarie verbundenen möglichen ökologischen Auswirkungen <strong>zu</strong>nehmend<br />

verändert; der Untergang eines 250.000-Tonnen-Tankers hat schon eine andere Dimension<br />

als der <strong>einer</strong> Hansekogge. Ökonomische Schäden bis hin <strong>zu</strong>m Totalverlust<br />

von Schiff und Ladung im Fall eines Untergangs sind allerdings in beiden Fällen <strong>zu</strong><br />

beklagen. Entscheidend ist jedoch der Wandel in der Wahrnehmung und Beurteilung<br />

von Schäden. Während für die Kaufleute der Hanse die Havarie des Schiffes oft den<br />

direkten Ruin nach sich zog, scheinen heute Versicherungen vieles ab<strong>zu</strong>federn. Hin<strong>zu</strong><br />

kommt der Aspekt der Haftpflichtversicherung, deren Umfang nicht nur in Relation<br />

<strong>zu</strong>r Versicherung vor eigenen Verlusten gering ausfällt, sondern auch im Hinblick<br />

auf die potenziellen Schäden an Dritten – der Umwelt oder der Küstenbewohner.<br />

Aber warum soll nun eine europäische Küstenwache eingerichtet werden, wo<br />

doch das nordfriesische Wattenmeer nicht betroffen ist, wenn im Bosporus ein<br />

Schiff havariert oder umgekehrt?<br />

So singulär jede Schiffshavarie (vordergründig) auch sein mag, so sind die <strong>zu</strong>grundeliegenden<br />

Mechanismen – wenn auch von Fall <strong>zu</strong> Fall in unterschiedlicher<br />

Ausprägung – stets die gleichen strukturellen Konflikte. Dem<strong>zu</strong>folge dürften sich<br />

punktuelle Lösungsansätze auf Dauer als nicht ausreichend erweisen. Vor allem deshalb<br />

ist der zentrale Ansatzpunkt des vorliegenden Konzepts die ökonomische Ebene.<br />

Unterliegen wir nach Norbert Elias doch alle wirtschaftlichen Zwängen (vgl. Elias,<br />

1997 Bd. 2: 339) und dem damit verbundenen Ziel, die eigenen Aufwendungen<br />

möglichst niedrig <strong>zu</strong> halten, sodass der Preis ein geeignetes Regulierungsinstrument<br />

<strong>zu</strong> sein scheint. Es darf sich für einen Reeder nicht rentieren, „Seelenverkäufer“ auf<br />

große Fahrt <strong>zu</strong>schicken. Es muss also den eindeutigen ökonomischen Anreiz geben,<br />

künftig vermehrt sichere Schiffe ein<strong>zu</strong>setzen bzw. in bestimmten Gewässern Lotsen<br />

in Anspruch <strong>zu</strong> nehmen. Jedoch ist jedes Sicherheitssystem nur so gut wie seine<br />

Kontrollen. Wo Sanktionen gegen Regelverstöße nicht wirksam umgesetzt werden<br />

(können), entstehen schnell Lücken. Dies erfordert ein einheitliches Überwachungssystem,<br />

das sowohl für die Kontrolle der Schiffe als auch für die Sicherheit der Seewege<br />

<strong>zu</strong>ständig ist. Denn Schiffe, die auf Grund von Sicherheitsmängeln keine Häfen<br />

mehr anlaufen dürfen, bringen ihrem Reeder keinen Profit – selbst wenn dieser etwa<br />

in Monrovia ansässig ist.<br />

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