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Soziologische Vorüberlegungen zu einer europäischen Küstenwache

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und in der Ägäis – <strong>zu</strong> beobachten sind (vgl. IMO, 31.10.2001), denen sich die betroffenen<br />

Staaten oftmals unvorbereitet oder gar hilflos gegenüber sehen.<br />

Dem<strong>zu</strong>folge bilden gerade die Flüchtlingsschiffe ein Bindeglied zwischen<br />

dem eigentlichen Ziel <strong>einer</strong> europäischen Küstenwache nach Verbesserung der Sicherheit<br />

im Schiffsverkehr und den hier skizzierten Aufgaben. Insbesondere im Mittelmeerraum<br />

sind immer wieder mit Flüchtlingen (über-)besetzte Schiffe – wie der<br />

am 1. Januar 2001 vor Antalya untergegangene Frachter PATI (vgl. reuters, 2.1.2001)<br />

– in Havarien verwickelt, sodass dort mit der Rettung Schiffbrüchiger eine humanitäre<br />

Hilfe für Flüchtlinge einhergeht. Gleichzeitig sind die Dienststellen des Grenzschutzes<br />

sowie die für Einwanderung <strong>zu</strong>ständigen Behörden gefordert. Hin<strong>zu</strong><br />

kommt, dass die Migration in <strong>zu</strong>nehmendem Maße mit Menschenschmuggel verwoben<br />

ist. Von daher wird die eigentliche Tätigkeit der Küstenwache schnell <strong>zu</strong>m Politikum.<br />

Gebietet doch das Seerecht die Aufnahme von Schiffbrüchigen. Sind diese an<br />

Land angekommen, wird das jeweilige Asylrecht bzw. die entsprechende Gesetzgebung<br />

<strong>zu</strong>r Einwanderung wirksam, nach der den Schiffbrüchigen als illegale Einwanderer<br />

von Fall <strong>zu</strong> Fall die Abschiebung droht. 45 Gegenwärtig liegt die Vermutung<br />

nahe, dass eine Übernahme dieses Aufgabenfeldes in Italien, aber auch in Spanien<br />

oder Griechenland leicht Zustimmung fände. Bemerkenswert ist in diesem Kontext<br />

ein von der Europäischen Kommission ausgearbeiteter Vorschlag <strong>zu</strong>r Sicherung der<br />

Außengrenzen insbesondere gegen illegale Einwanderung mit dem langfristigen Ziel<br />

eines gemeinsamen europäischen Grenzschutzkorps (vgl. reuters, 13.6.2002).<br />

Eng verbunden mit dem Grenzschutz ist der Arbeitsbereich des Zolls. Ein<br />

wesentliches Feld des Zolls liegt in der Eindämmung illegaler Warentransporte aller<br />

Art. Da<strong>zu</strong> kommt die Kontrolle der Außengrenzen, beispielsweise nach Osteuropa,<br />

ebenso in Betracht wie die Überprüfung in den Häfen. Das besonders in Südostasien<br />

verbreitete Phänomen der modernen Piraterie 46 scheint in europäischen Gewässern<br />

45 Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die konservative italienische Regierung unter Ministerpräsident<br />

Silvio Berlusconi vor dem Hintergrund der steigenden Zahl von Flüchtlingen mit innenpolitischen<br />

Maßnahmen reagierte in der Hoffnung, den Strom von Migranten eindämmen <strong>zu</strong> können. Ob<br />

das angedrohte Abdrängen oder gar Zerstören von Schiffen, die dem Menschenschmuggel dienen,<br />

jedoch das Ziel erreicht bzw. <strong>zu</strong>m Küstenschutz beiträgt, kann bezweifelt werden. (vgl. ap, 29.3.2002)<br />

46 Der erste Halbjahresbericht 2002 des Internationalen Schifffahrtsbüros (IMB) in London weist auf<br />

eine Zunahme der „Überfälle auf Schiffe von 165 auf 171 und damit um 3,6 Prozent“ im Vergleich<br />

<strong>zu</strong>m Vorjahr hin. Besonders gefährdet seien die Malakkastraße, das südliche Rote Meer sowie die<br />

Gewässer Nigerias. „Am begehrtesten sind [...] normale Frachtschiffe, Massengutfrachter, Tanker mit<br />

Öl, chemischen oder anderen Produkten [...]. Die meisten Überfälle ereigneten sich auf offener See.“<br />

(vgl. AFP, 24.7.2002)<br />

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