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Soziologische Vorüberlegungen zu einer europäischen Küstenwache

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sprache vermuten. Dass sich die bei derart gemischten Besat<strong>zu</strong>ngen ohnehin schon<br />

schwierige Kommunikation besonders hemmend auf Krisensituationen – hier Havarien<br />

– auswirkt, liegt auf der Hand. 28 Einher mit den jeweiligen Nationalitäten gehen<br />

natürlich auch unterschiedliche Ausbildungsniveaus. Da es sich bei einem modernen<br />

Schiff um ein komplexes technisches Gerät handelt, können schon geringe Defizite<br />

in der Ausbildung <strong>zu</strong> Problemen führen. Unter normalen Umständen mögen derlei<br />

Mängel noch <strong>zu</strong> kompensieren sein, unter Havariebedingungen können sie jedoch<br />

sehr schnell <strong>zu</strong> <strong>einer</strong> Verschärfung der Situation führen, und zwar unabhängig vom<br />

Ausbildungsstand der Seeleute.<br />

Heut<strong>zu</strong>tage gilt menschliches Versagen mit 80% als die mit Abstand häufigste<br />

Unfallursache in der Schifffahrt (vgl. Kommission der EU, 6.4.2001: 8). Hinsichtlich<br />

des Ausbildungsniveaus der Schiffsbesat<strong>zu</strong>ngen sowie deren Bezahlung sind als Optimum<br />

internationale Mindeststandards an<strong>zu</strong>streben, anhand derer auch Kontrollen<br />

der Besat<strong>zu</strong>ngen durchführbar sind. 29 Dahingehende Regelungen, die sich an den<br />

Normen der Luftfahrt orientieren könnten, wären in der IMO aus<strong>zu</strong>handeln. Überdies<br />

dürften solche Standards im Sinne der internationalen Gewerkschaft der Seeleute<br />

(ILO) sein, was die über die Sicherheit hinausgehende soziale Komponente offenbart.<br />

Natürlich bietet auch eine noch so gute Ausbildung keine vollständige Garantie<br />

dafür, dass so Havarien vermeiden sind, da sich menschliches Versagen mit keinem<br />

Sicherheitskonzept ausschließen lässt; eine Verringerung dieser Gefahrenquelle sollte<br />

indes erreicht werden. Ebenso wenig wird das vorsätzliche Versenken eines Schiffes<br />

<strong>zu</strong> dem Zweck des Versicherungsbetruges gänzlich <strong>zu</strong> vermeiden sein. Denn kein<br />

Gesetz wird hundertprozentig befolgt.<br />

Ein entscheidendes Instrument <strong>zu</strong>r Durchset<strong>zu</strong>ng von mehr Sicherheit im<br />

Schiffsverkehr besteht in <strong>einer</strong> Meldepflicht für jedes Schiff, das die Hoheitsgewässer<br />

der EU durchfahren will, sowie in <strong>einer</strong> umfassenden Überwachung mittels AIS. Zu<br />

den meldepflichtigen Daten gehören Angaben <strong>zu</strong> dem jeweiligen Schiff selbst – u.a.<br />

Tonnage, Alter, Heimathafen, Reeder, Registrierung – sowie <strong>zu</strong>r Ladung. Die übermittelten<br />

Informationen werden – nach dem Prinzip von EQUASIS – mit den bei<br />

28 Kommunikationsschwierigkeiten waren nach Auffassung des Seeamtes Kiel auch während der<br />

Beinahe-Havarie der LUCKY FORTUNE relevant. (vgl. SDN, 1999)<br />

29 Umfassende Ausführungen <strong>zu</strong> diesem Thema sind in der Mitteilung der EU-Kommission über die<br />

Ausbildung und Einstellung von Seeleuten vom 6. April 2001 <strong>zu</strong> finden; von <strong>einer</strong> ausführlichen und<br />

wiederholenden Darstellung wird hier also abgesehen. Zu klären bliebe, inwieweit Freizeitkapitäne<br />

einbezogen werden sollten.<br />

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