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Soziologische Vorüberlegungen zu einer europäischen Küstenwache

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die Ummeldung in ein ausländisches Register (vgl. VDR, 6.12.2001: 35). Die Staaten<br />

mit so genannter Billigflagge – <strong>zu</strong>meist aus der Dritten Welt – bieten aus Sicht vieler<br />

Reeder neben steuerlichen Vorteilen durch die Umgehung sozialrechtlicher Bestimmungen<br />

sowie weniger weit reichender Sicherheitsauflagen (vgl. Brockhaus multimedial)<br />

diverse Möglichkeiten <strong>zu</strong> Kosteneinsparungen. Eine weitere Facette bilden die<br />

heute weit verbreiteten, oft unübersichtlichen Formen der Schiffsfinanzierung, wobei<br />

oftmals Personen investieren, deren Interesse weniger der Schifffahrt als vielmehr<br />

ihrem steuerlichen Vorteil gilt (vgl. Slaby, In: Link et al., 2000: 84-101). Dennoch<br />

wäre es <strong>zu</strong> kurz gegriffen, das angestrebte Sicherheitskonzept nur gegen Schiffe wie<br />

die so genannten „Seelenverkäufer“ <strong>zu</strong> richten. Selbstverständlich gilt es, den gesamten<br />

Schiffsverkehr bis hin <strong>zu</strong>r Freizeitschifffahrt im Blick <strong>zu</strong> behalten; nur kann man<br />

bei unter Billigflagge fahrenden Schiffen ein erhöhtes Unfallrisiko annehmen.<br />

Weiterhin ist der Konkurrenzkampf der europäischen Seehäfen untereinander<br />

<strong>zu</strong> beachten. Vor diesem Hintergrund ist nicht <strong>zu</strong>letzt aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit<br />

ein gemeinschaftlicher Konsens jedem nationalen Alleingang vor<strong>zu</strong>ziehen.<br />

Man stelle sich kurz das folgende Szenario vor: Deutschland erließe strenge<br />

Sicherheitsauflagen mit allen Auswirkungen auf seine Seehäfen, während die Niederlande<br />

es bei weniger strengen Bestimmungen beließen. Damit wäre automatisch ein<br />

Standortvorteil des Europort in Rotterdam gegenüber dem Hamburger Hafen gegeben,<br />

da die verbesserten Sicherheitsstandards in Hamburg, sofern sie nicht nach dem<br />

Prinzip des No-special-Fee-System geregelt sind, für die anlaufenden Schiffe entsprechend<br />

höhere Kosten nach sich zögen. Weitere Beispiele ließen sich beliebig kreieren.<br />

Der primäre Konflikt reicht also bis in die Häfen. Auch diese Tatsache sollte im<br />

Zusammenhang mit den Aufgaben und Befugnissen <strong>einer</strong> europäischen Küstenwache<br />

Berücksichtigung finden.<br />

Im Sinne der Sicherheit auf See erscheint ein gemeinsames Handeln der verantwortlichen<br />

Organisationen nachdenkenswert, da sich Havarien bedingt durch die<br />

Allgegenwart des primären Konflikts jederzeit und überall – ohne Bindung an Orte<br />

oder Nationen – ereignen können. Da<strong>zu</strong> gilt es, die ökonomischen Interessen der<br />

einzelnen Standorte, hinter denen durchaus verständliche nationale Motive <strong>zu</strong> erkennen<br />

sind, <strong>zu</strong> überwinden, um einem eventuellen gesamteuropäischen Sicherheitskonzept<br />

die nötige Fundierung geben <strong>zu</strong> können. Das soll überleiten <strong>zu</strong> den konkreten<br />

Maßnahmen der EU.<br />

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