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Wissenschaft für die Praxis - Sparkassen-Finanzgruppe eV

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VERANSTALTUNGEN<br />

stelle im Zeichen des demografischen Wandels<br />

eine Renaissance erleben wird, hielten <strong>die</strong><br />

beiden Historikerinnen für unwahrscheinlich.<br />

Sie ist zwar ein flexibel einsetzbares Instrument,<br />

um <strong>die</strong> flächendeckende Versorgung im<br />

Geschäftsgebiet einer Sparkasse sicherzustellen.<br />

Dieser Stärke stehen aber hohe Anschaffungs-<br />

und Einsatzkosten gegenüber. Zudem<br />

lassen sich mit fahrbaren Zweigstellen nur begrenzt<br />

Beratungs<strong>die</strong>nstleistungen anbieten.<br />

Selbstbe<strong>die</strong>nung und mobile Berater scheinen<br />

deshalb bessere Alternativen zu sein.<br />

Die Interdependenzen zwischen Technik<br />

und Vertrieb erläuterte danach Prof. Dr. Paul<br />

Thomes. Er attestierte den <strong>Sparkassen</strong>, dass<br />

sie früh eine „Technikkultur“ entwickelt hätten,<br />

denn <strong>die</strong> Abwicklung des für sie typischen<br />

Massengeschäfts sei nur durch Einsatz von<br />

Technik zu bewältigen gewesen. Nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg führte <strong>die</strong> auf einem EDVtechnischen<br />

Entwicklungssprung (Lochkartentechnik)<br />

beruhende flächendeckende Ein f ührung<br />

der bargeldlosen Lohnzahlung <strong>die</strong><br />

Kundenbeziehungen qualitativ und quantitativ<br />

in neue Dimensionen. In den 1970er-Jahren<br />

begann <strong>die</strong> Automatisierung von einfachen<br />

zeitintensiven Geschäftsvorgängen in Form<br />

von Auszugsdruckern und Geldautomaten, <strong>die</strong><br />

in der Folge zum Electronic Banking führte.<br />

Thomes betonte, dass das Ziel, Personalkapazitäten<br />

für Beratung und Vertrieb freizustellen,<br />

stets ein zentrales Motiv für <strong>die</strong> Umsetzung<br />

technischer Innovationen war. Allerdings<br />

zwang und zwingt <strong>die</strong> Technisierung <strong>die</strong> <strong>Sparkassen</strong><br />

auch zu einer permanenten Gratwanderung<br />

zwischen Kostenersparnis einerseits<br />

und dem Erhalt der Kundennähe andererseits.<br />

Dr. des. Rebecca Belvederesi-Kochs (Aachen)<br />

knüpfte inhaltlich an <strong>die</strong> Ausführung<br />

ihres Vorredners an. Sie stellte dar, wie <strong>die</strong><br />

<strong>Sparkassen</strong> parallel zur Automatisierung von<br />

Routinearbeiten in den 1970er-Jahren eine<br />

vertriebsorientierte Personalentwicklung einführten.<br />

Auslöser hierfür war nicht zuletzt <strong>die</strong><br />

verschärfte Konkurrenz im Mengengeschäft<br />

als traditioneller Domäne der <strong>Sparkassen</strong>.<br />

Durch qualifizierte und serviceorientierte Mitarbeiter<br />

wollten <strong>die</strong>se ihre führende Position<br />

verteidigen. Dass <strong>die</strong> <strong>Sparkassen</strong> dabei auf <strong>die</strong><br />

damals modernsten pädagogischen Konzepte<br />

und technischen Mittel setzten, demonstrierte<br />

Belvederesi-Kochs am Beispiel der AV-<br />

(= Audio-Visuellen-)Trainings. Dies waren von<br />

der Deutschen <strong>Sparkassen</strong>akademie zentral<br />

entwickelte Weiterbildungsseminare, bei denen<br />

Video-Trainingsfilmen und Rollenspielen<br />

große Bedeutung zukam. Sie wurden für<br />

dezen trale Schulungen bei den <strong>Sparkassen</strong><br />

ein gesetzt und trugen dazu bei, <strong>die</strong> neue Vertriebs<br />

orientierung flächendeckend zu verbreiten.<br />

Zum Abschluss präsentierte Prof. Dr. Rudolf<br />

Juchelka (Universität Duisburg-Essen) Überlegungen<br />

zu den „Optimierungsmöglichkeiten<br />

des Geschäftsstellennetzes der <strong>Sparkassen</strong><br />

nach wirtschaftsgeographischen Aspekten“.<br />

Im Rahmen einer empirischen Stu<strong>die</strong> (s. dazu<br />

den ausführlichen Bericht in der Rubrik „Aus<br />

der Forschung“) wurde an seinem Lehrstuhl<br />

untersucht, unter welchen Maßgaben und mit<br />

welchen Methoden und Instrumenten <strong>Sparkassen</strong><br />

den Um-, Aus- oder Abbau ihres Zweigstellennetzes<br />

gestalten. Ein wichtiges Er gebnis<br />

war, dass <strong>die</strong> Institute zwar <strong>die</strong> Notwendigkeit<br />

einer strukturierten Auseinandersetzung mit<br />

dem Thema Geschäftsstellennetzplanung erkennen.<br />

In anderen Wirtschaftszweigen (z.B.<br />

dem Einzelhandel) gängige professionelle<br />

„Tools“ wie Geo-Informations-Systeme und<br />

Kundenfrequenzanalysen nutzen sie aber bis-<br />

lang nur selten. Bestandteil des Projekts war<br />

daher auch <strong>die</strong> Entwicklung einer „Toolbox“ zur<br />

multidimensionalen Bewertung von Geschäftsstellen,<br />

mit deren Hilfe sich ein Mehr an Objektivität<br />

und Transparenz bei Standort ent scheidungen<br />

herstellen lässt.<br />

Ist der Vertrieb bei Banken und <strong>Sparkassen</strong><br />

auf dem Weg „Zurück in <strong>die</strong> Zukunft?“. Die Antwort<br />

auf <strong>die</strong> Leitfrage des Workshops fiel notwendigerweise<br />

differenziert aus:<br />

• Einerseits hat seit dem 19. Jahrhundert ein<br />

grund legender Wandel stattgefunden: Die<br />

Vertriebsintensität, <strong>die</strong> Marktintegration,<br />

<strong>die</strong> Technisierung und <strong>die</strong> Produktdiversifizierung<br />

haben zugenommen und zugleich<br />

hat <strong>die</strong> Intensität der „Face-to-face“-Kontakte<br />

zwischen Kunde und Kreditinstitut<br />

abgenommen.<br />

• Andererseits führen <strong>die</strong> Möglichkeiten des<br />

„Cyberbanking“ im Social Web möglicherweise<br />

zu einer Renaissance des „Beziehungs-Banking“,<br />

das ganz am Anfang des<br />

Bankgeschäftes stand.<br />

Dr. Thorsten Wehber<br />

<strong>Wissenschaft</strong> für <strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> – Mitteilungen 72 23

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