Wissenschaft für die Praxis - Sparkassen-Finanzgruppe eV
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AUTOR<br />
AUS DER FORSCHUNG<br />
Univ.-Prof. Dr. Rudolf Juchelka<br />
ist Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsgeographie,<br />
Verkehr und Logistik im Institut für<br />
Geographie der Universität Duisburg-Essen.<br />
<strong>Sparkassen</strong>-Geschäftsstellen:<br />
Standortmuster, Netzplanungen und<br />
räumliche Optimierungspotenziale<br />
Eine Analyse aus wirtschaftsgeographischer Perspektive<br />
Fragestellungen der Standortstruktur<br />
und -planung in räumlich organisierten<br />
Systemen bilden traditionell einen<br />
zentralen Forschungsschwerpunkt<br />
wirtschaftsgeographischer Arbeiten. Die<br />
Standortplanung zu Angeboten von Finanz<strong>die</strong>nstleistungen<br />
ist einerseits wissenschaftliches<br />
Neuland, andererseits ein<br />
auf Übertragbarkeitspotenzialen allgemeiner<br />
Standortfragen aufbauendes Forschungsfeld.<br />
Gleichzeitig ergeben sich<br />
aber auch spezifische raumrelevante Besonderheiten<br />
aufgrund von notwendigen<br />
Servicestandards, gewachsenen Standortmustern<br />
sowie regionalen Versorgungsnotwendigkeiten.<br />
Marketingkampagnen der <strong>Sparkassen</strong>-<strong>Finanzgruppe</strong><br />
stellen regelmäßig <strong>die</strong> regionale Nähe<br />
der <strong>Sparkassen</strong> – und damit eine regionalwirtschaftlich<br />
bedeutsame Dimension – in den<br />
Mittelpunkt ihrer Botschaft. Gleichzeitig ist aus<br />
Sicht der Forschung – aber auch aus dem Bedürfnis<br />
der <strong>Praxis</strong> – ein Defizit bei der wissenschaftlichen<br />
Analyse des Geschäftsstellennetzes<br />
und der hinterlegten planerischen<br />
Begründungskonstellationen festzustellen.<br />
Die hier skizzierte Untersuchung 1 – sie basiert<br />
auf umfangreichen empirischen Erhebungen<br />
bei ausgewählten <strong>Sparkassen</strong>, wobei <strong>die</strong><br />
räumliche Spannbreite von sog. Flächen -<br />
spar kassen im ländlichen Raum bis hin zu<br />
Groß instituten in Metropolregionen reichte –<br />
möchte einen Beitrag zur Schließung <strong>die</strong>ser<br />
For schungslücke liefern. Im Mittelpunkt der<br />
wirtschaftsgeographisch ausgerichteten Untersuchung<br />
steht <strong>die</strong> Vorgehensweise der<br />
<strong>Sparkassen</strong> bei der Standortplanung ihres<br />
Geschäftsstellennetzes. Sie wurde mit freundlicher<br />
Unterstützung der <strong>Wissenschaft</strong>sförderung<br />
der <strong>Sparkassen</strong>-<strong>Finanzgruppe</strong> e. V. erstellt.<br />
1 Die inhaltliche Durchführung der Forschungsstu<strong>die</strong> lag in<br />
den Händen von Dipl.-Geographin Carina Pelz M.Sc.<br />
Rahmenbedingungen<br />
Verschiedene Rahmenbedingungen beeinflussten<br />
<strong>die</strong> Geschäftsstellennetzplanung:<br />
Zu den äußeren Rahmenbedingungen<br />
zählen der derzeit allgegenwärtige demografische<br />
Wandel mit entsprechender Überalterung<br />
der Bevölkerung sowie <strong>die</strong> Schrumpfung,<br />
<strong>die</strong> zunehmende Nachfrage nach<br />
Online-Dienstleistungen. Im Bereich innere<br />
(Banken-spezifische) Rahmenbedingungen<br />
sind zu nennen: Wirtschaftlichkeitserfordernisse<br />
versus „Allgemeinwohl und Versorgungsauftrag“,<br />
durch geführte bzw. anstehende<br />
Fusionen (bei <strong>Sparkassen</strong> und wie auch<br />
bei anderen Marktteilnehmern), neue Marktzuschnitte,<br />
Direktbanken, das Online-Banking<br />
sowie der Markteintritt ausländischer Banken.<br />
Rückgang der Geschäftsstellen<br />
Die Entwicklung des Geschäftsstellennetzes<br />
der <strong>Sparkassen</strong> ist durch einen Rückgang<br />
der Geschäftsstellenzahlen und eine zunehmende<br />
Konzentrationstendenz gekennzeichnet.<br />
Nur in Einzelfällen fanden in den letzten<br />
Jahren noch Ausweitungen im Geschäftsstellennetz<br />
statt. Standortschließungen, -zusammenlegungen<br />
und -verlagerungen bzw.<br />
<strong>die</strong> Absicht, <strong>die</strong>se Prozesse in naher Zukunft<br />
anzustoßen, sind hingegen häufig vorzufinden.<br />
Viele <strong>Sparkassen</strong> haben begonnen, ihre<br />
Geschäftsstellen vor dem Hintergrund einer<br />
immer stärker werdenden betriebswirtschaftlichen<br />
Orientierung zu überprüfen und an <strong>die</strong><br />
aktuellen und künftigen Rahmenbedingungen<br />
anzupassen.<br />
Vor allem betriebswirtschaftliche und<br />
stand ortspezifische Gründe führen zur Schließung<br />
von Geschäftsstellen. Zu den am häufigsten<br />
genannten Gründen gehören:<br />
• Wirtschaftlichkeit einer Geschäftsstelle /<br />
Kostengesichtspunkte / Rentabilität<br />
• Räumliche Nähe zu einer anderen Geschäftsstelle<br />
/ zu hohe Geschäftsstellendichte<br />
/ überproportionales Geschäftsstellennetz<br />
Prof. Dr. Rudolf Juchelka<br />
• Kundenpotenzial fehlt / Kunden wandern<br />
ab / zu wenige Kunden pro Geschäftsstelle<br />
in der Betreuung / zu kleiner Kundenbestand<br />
Veränderungen im Geschäftsstellennetz<br />
werden in der Öffentlichkeit zwar wahrgenommen,<br />
Konsequenzen für <strong>die</strong> <strong>Sparkassen</strong> sind<br />
meist jedoch gering. Probleme und Reaktionen<br />
aus der Öffentlichkeit ergeben sich insbesondere<br />
dann, wenn <strong>die</strong> Schließung einer Geschäftsstelle<br />
gleichzeitig den Rückzug aus der<br />
Fläche bedeutet. Generell haben <strong>die</strong> wenigsten<br />
<strong>Sparkassen</strong> eine nennenswerte Anzahl von<br />
Kunden durch Schließungen verloren. Die häufigste<br />
„Begleiterscheinung“ einer Geschäftsstellenschließung<br />
ist <strong>die</strong> negative Reaktion in<br />
der lokalen Presse. Zu „geräuschlosen“ Veränderungen<br />
kam es dann, wenn der Entschluss<br />
der <strong>Sparkassen</strong> durch <strong>die</strong> politischen Vertreter<br />
mitgetragen wurde und <strong>die</strong>s in der Öffentlichkeit<br />
auch entsprechend behandelt wurde.<br />
Alternative Geschäftsmodelle<br />
Alternative Geschäftsmodelle nehmen insgesamt<br />
an Bedeutung zu. Viele <strong>Sparkassen</strong>-<br />
Institute verfügen über Teilöffnungskonzepte,<br />
<strong>Wissenschaft</strong> für <strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> – Mitteilungen 72 13