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Wissenschaft für die Praxis - Sparkassen-Finanzgruppe eV

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WISSENSCHAFT VOR ORT<br />

Nachhaltigkeit, Strategien und<br />

Human Capital<br />

Im Forum 1 ging es um <strong>die</strong> aktuellen „Trends<br />

bei Socially Responsible Investments<br />

(SRI)“, wobei Prof. Dr. Henry Schäfer, Universität<br />

Stuttgart, eine umfassende Einführung in<br />

<strong>die</strong> Thematik gab und Ingmar Roth, stv. Mitglied<br />

des Vorstandes der Sparkasse Freiburg<br />

– Nördlicher Breisgau, über Umsetzungsbeispiele<br />

in der <strong>Sparkassen</strong>praxis referierte. Der<br />

Markt für nachhaltige Geldanlagen, so <strong>die</strong> Analyse<br />

von Schäfer, hat in den letzten Jahren<br />

zweistellige Zuwachsraten verzeichnet. Allerer<br />

zunächst auf <strong>die</strong> Funktion eines Banksystems<br />

ein. Die Evolution von Banksystemen beruht<br />

vor allem auf Maßnahmen des Gesetzgebers,<br />

institutionellen Ausgangsbedingungen<br />

und sozialen Konventionen und Normen. Anhand<br />

von Daten aus europäischen Ländern<br />

zeigte Gischer <strong>die</strong> Vielfalt der Systeme auf,<br />

insbesondere hinsichtlich der Ausstattung mit<br />

Zweigstellen und verschiedener Konzentrationsmaße.<br />

Empirisch zeigt sich in Europa eine<br />

Vielfalt von Bankstrukturen, deren Unterschiede<br />

von der geltenden Regulierungspraxis jedoch<br />

kaum erfasst würden. Gischer sprach sich<br />

in Anlehnung an Aristoteles dafür aus, „Gleiches<br />

gleich und Ungleiches ungleich“ zu behandeln.<br />

Wer <strong>die</strong> Vorteile von Artenvielfalt nutzen<br />

möchte, muss <strong>die</strong>se auch schützen. So<br />

sollte eine europäische Regulierung sich auf<br />

systemrelevante Banken beschränken, während<br />

alle anderen Kreditinstitute national beaufsichtigt<br />

werden könnten.<br />

Im Anschluss unternahm Prof. Dr. Isabel<br />

Schnabel, Universität Mainz, einen Ausflug in<br />

<strong>die</strong> Wirtschaftsgeschichte: „Finanzkrisen –<br />

gestern, heute und morgen?“ Schnabel stellte<br />

überblicksartig eine kurze Geschichte der Finanzkrisen<br />

und der Theorie der Finanzkrisen<br />

vor, um anhand <strong>die</strong>ser eine Einordnung der<br />

letzten Finanzkrise vornehmen zu können. Die<br />

Krisen der Vergangenheit waren häufig Schuldenkrisen<br />

nationaler Souveräne bzw. Spekulationsblasen<br />

auf bestimmten Märkten mit vergleichsweise<br />

milden Auswirkungen. Die erste<br />

schwere Finanzkrise war <strong>die</strong> Weltwirtschaftskrise<br />

der 1930er-Jahre, <strong>die</strong> geprägt war von<br />

einem völligen Versagen der Wirtschaftspolitik.<br />

Als Fazit zieht Schnabel, dass Finanzkrisen<br />

ein integraler Bestandteil des Wirtschafts- und<br />

Finanzsystems sind. Die Vorstellung, dass dauerhaft<br />

Krisen verhindert werden könnten, ist<br />

eine Illusion. Wichtig ist deswegen eine generelle<br />

Stärkung der Widerstandsfähigkeit des<br />

Bankensystems.<br />

Prof. Dr. Alexander Kempf, Universität zu<br />

Köln, befasste sich in seinen Ausführungen<br />

mit dem Thema „Der Einfluss von Emotionen<br />

auf Rendite- und Risikoschätzungen“. Kempf<br />

berichtete über <strong>die</strong> Ergebnisse seiner experimentellen<br />

Forschung. Dabei stellte er fest,<br />

dass <strong>die</strong> Experimentteilnehmer – anders als in<br />

der Theorie erwartet wird – bei einem hohen<br />

Risiko eine niedrige Rendite erwarten und bei<br />

einem niedrigen Risiko eine hohe Rendite erwarten.<br />

Positive Emotionen gegenüber den zu<br />

beurteilenden Unternehmen führten zu einer<br />

überhöhten Prognose der Rendite bei gleich-<br />

zeitiger Unterschätzung des Risikos. Besonders<br />

stark war <strong>die</strong> Beeinflussung, wenn <strong>die</strong> Anleger<br />

geringe finanzielle Kenntnisse besaßen<br />

bzw. das Unternehmen gut zu kennen glauben.<br />

Der Einfluss der Emotionen führt nachweislich<br />

zu einer Verzerrung der Allokation, zu<br />

einer suboptimalen Diversifikation sowie in<br />

der Konsequenz zu einem suboptimalen Anlageerfolg.<br />

Zum Abschluss sprach der Biologe Patrick<br />

van Veen über „Ape Management: Vom Affen<br />

lernen“. Er stellte fest, dass Unternehmen regelmäßig<br />

mit zwischenmenschlichen Problemen<br />

konfrontiert werden: Kommunikation, <strong>die</strong><br />

nicht funktioniert, Änderungen, <strong>die</strong> fehlschlagen,<br />

Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit,<br />

ein hoher durch Stress verursachter Krankenstand.<br />

Eine der wichtigsten Ursachen – so van<br />

Veen – liegt in den sozialen Urverhaltensweisen.<br />

Dabei kommt dem „Lausen“ – der sozialen<br />

Kontaktpflege – eine ganz besondere Rolle<br />

zu. Während seines Vortrags schaffte er es immer<br />

wieder, Parallelen in den Verhaltensweisen<br />

von Affengruppen und Menschengruppen<br />

z.B. in Unternehmen herzustellen. Er analysierte,<br />

wie Menschen als soziale Gruppe erfolgreich<br />

ein Unternehmen führen können.<br />

Das Studium des Sozialverhaltens von Affen<br />

ermöglicht es, das Verhalten der Menschen<br />

besser zu verstehen und dadurch Probleme in<br />

Unternehmen von den Ursachen her anzugehen.<br />

Der Bonner Akademische Sommer erwies<br />

sich erneut als ideale Plattform für den Austausch<br />

zwischen <strong>Wissenschaft</strong> und <strong>Praxis</strong> und<br />

wird daher auch im nächsten Jahr wieder einen<br />

festen Platz im Terminkalender der <strong>Sparkassen</strong>-<strong>Finanzgruppe</strong><br />

haben.<br />

Foren beleuchten aktuelle<br />

Spezialthemen<br />

dings liegt der Anteil <strong>die</strong>ser Anlageformen am<br />

Gesamtvolumen der verwalteten Assets nach<br />

wie vor nur bei knapp einem Prozent, getrieben<br />

vor allem von den Bedarfen institutioneller<br />

Anleger wird sich das starke Wachstum jedoch<br />

fortsetzen. Neue Tendenzen auf dem<br />

Markt für nachhaltige Geldanlagen ergeben<br />

sich durch eine stärkere Zuwendung hin zu illiquideren<br />

Formen und alternativen Investments<br />

wie Rohstoffe, Forstwirtschaft, Mikrofinanz<br />

und Private Equity, wobei gezielt in<br />

bestimmte Anlagethemen investiert wird. An<br />

nachhaltigen Geldanlagen interessierten Portfolioverwaltern<br />

rät Schäfer, eine Nachhaltigkeits-Inventur<br />

ihrer Anlagen durchzuführen<br />

mit den Zielen, Anlagekonflikte und Diversifizierung<br />

zu prüfen sowie das Risiko-Exposure<br />

zu optimieren. Wie eine Sparkasse vor Ort<br />

Nachhaltigkeit in der Geldanlage umsetzt, erläuterte<br />

Ingmar Roth vor allem am Beispiel des<br />

Klima-Sparbriefs des eigenen Instituts. Dieser<br />

basiert auf der Philosophie eines nachhaltigen<br />

Handelns für <strong>die</strong> Region und <strong>die</strong> Menschen.<br />

Der Klima-Sparbrief beruht auf einer Kooperation<br />

mit dem örtlichen Energieversorger, bietet<br />

feste Zinsen und ist auch für Kleinanleger<br />

geeignet. Er <strong>die</strong>nt zur Refinanzierung von klimaschonender<br />

und regionaler Energieerzeugung<br />

und macht transparent, wofür <strong>die</strong> Einlagen<br />

verwendet werden. Darüber hinaus<br />

erläuterte Roth den Münster-<strong>Sparkassen</strong>brief,<br />

dessen Absatz mit einer Förderung des Münsterbauvereins<br />

verbunden wurde, sowie wei -<br />

tere regionale Initiativen der Sparkasse, <strong>die</strong><br />

verdeutlichten, wie eine Sparkasse vor Ort gestaltend<br />

tätig werden kann.<br />

Das Forum 2 „Strategieperspektiven im<br />

Regional Banking“ stellte <strong>die</strong> Bedeutung der<br />

potenzialorientierten Vertriebssteuerung für<br />

<strong>Sparkassen</strong> in den Vordergrund. Unter der Moderation<br />

von Prof. Dr. Dirk Neuhaus, Hochschule<br />

der <strong>Sparkassen</strong>-<strong>Finanzgruppe</strong>, referierten<br />

Hans-Joachim Schettler, Managing Director<br />

CONFIDUM AG, und Klaudius Komor, Referent<br />

Kompetenz-Center Markt/Vertrieb beim <strong>Sparkassen</strong>verband<br />

Westfalen-Lippe, eingangs<br />

über <strong>die</strong> Ausgangssituation im Privatkundengeschäft<br />

bei <strong>Sparkassen</strong>. Infolge des demografischen<br />

Wandels gibt es insgesamt negative<br />

Bevölkerungs- und Kundenveränderungen.<br />

Vor dem Hintergrund der optimalen Ausschöpfung<br />

der Ertragsmöglichkeiten stehen <strong>Sparkassen</strong><br />

im Regional Banking vor der Herausforderung<br />

einer differenzierten Ausrichtung des<br />

Produkt- und Leistungsangebots. Ein wesentliches<br />

Instrumentarium für den Vertrieb stellt<br />

10 <strong>Wissenschaft</strong> für <strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> – Mitteilungen 72

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