Wissenschaft für die Praxis - Sparkassen-Finanzgruppe eV
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20 HOCHSCHULE<br />
<strong>Wissenschaft</strong> für <strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> Mitteilungen 56<br />
schen Schule und Beruf an Hochschulen<br />
qualifiziert, passt nicht besonders<br />
gut zu einer Arbeitswelt, <strong>die</strong> nicht nur<br />
hoch spezialisiert, sondern auch hoch<br />
technisiert ist, in der Berufsfelder entstehen<br />
und verschwinden und Wissensbestände<br />
sich relativ schnell überholen.<br />
Die Möglichkeit, sich in einem<br />
Masterstu<strong>die</strong>ngang auf Hochschulniveau<br />
weiter zu qualifizieren, sich fachlich<br />
zu vertiefen und zu spezialisieren<br />
oder seine Kenntnisse interdisziplinär<br />
zu erweitern, entspricht den Anforderungen<br />
des lebenslangen Lernens<br />
erheblich besser als ein Einmalstudium<br />
fürs Leben.<br />
Das Bachelor/Master-System zwingt<br />
weit weniger dazu, Entweder-oder-<br />
Entscheidungen zu treffen und lässt in<br />
erheblichem Umfang Sowohl-als-auch-<br />
Optionen zu. Der Bachelorabschluss<br />
ermöglicht es, in den Beruf zu gehen<br />
oder ein Masterstudium im In- oder<br />
Ausland anzuschließen. Wer sich für<br />
den Beruf entscheidet, kann den<br />
Master später machen, u. U. auch<br />
berufsbegleitend. Sollte sich aus der<br />
individuellen beruflichen Entwicklung<br />
<strong>die</strong> Notwendigkeit ergeben, sich auf<br />
einen weiteren Karriereschritt durch<br />
eine zusätzliche Qualifikation vorzubereiten,<br />
bietet das Master-Studium<br />
dazu ideale Möglichkeiten. Der bekannte<br />
US-amerikanische Master of<br />
Business Administration (MBA) hatte<br />
ursprünglich eben <strong>die</strong>se Funktion. Er<br />
wurde für Bachelorabsolventen konzipiert,<br />
<strong>die</strong> nach erster Berufstätigkeit<br />
eine Führungsposition übernehmen<br />
und sich darauf gezielt vorbereiten<br />
wollen.<br />
Vorteile der Modularisierung und<br />
des European Credit Transfer System<br />
(ECTS)<br />
Voraussetzung für <strong>die</strong> Einführung von<br />
Bachelor- und Masterstu<strong>die</strong>ngängen<br />
und von Leistungspunktsystemen, wie<br />
<strong>die</strong> Bologna-Erklärung sie vorsieht, ist<br />
<strong>die</strong> Modularisierung. Sie zielt auf <strong>die</strong><br />
sinnvolle Strukturierung des Stu<strong>die</strong>npensums<br />
in begrenzte, abgeschlossene<br />
Einheiten. Ein Modul ist ein Zusammenhang<br />
von mehreren Lehrveranstaltungen<br />
und kann aus Vorlesungen,<br />
Seminaren und Übungen bestehen,<br />
<strong>die</strong> sich sinnvoll ergänzen und insgesamt<br />
Kompetenzen und Wissen vermitteln,<br />
<strong>die</strong> zum Erreichen des Qualifikationsziels<br />
notwendig sind. Jedes<br />
Modul hat also eine spezifische Funktion<br />
innerhalb des Studiums und steht<br />
in einem engen Zusammenhang zur<br />
angestrebten Berufsqualifikation. Manche<br />
Module werden verpflichtend,<br />
andere als Wahl-Pflicht oder Wahl-<br />
Modul angeboten werden.<br />
Die Gegner der Modularisierung<br />
befürchten eine starke Verschulung<br />
des Studiums. Die Modularisierung<br />
bietet aber große Vorteile. Stu<strong>die</strong>ren<br />
wird planbarer. Es ist schon zu Stu<strong>die</strong>nbeginn<br />
klar, was in welcher Zeit<br />
erarbeitet werden soll und welche<br />
Kompetenzen dadurch erworben werden.<br />
Auf <strong>die</strong>se Weise können u. U. auch<br />
<strong>die</strong>jenigen für ein Studium gewonnen<br />
werden, denen es bisher zu unstrukturiert<br />
und unübersichtlich war. Die<br />
Befürchtung vieler Interessenten, sich<br />
auf ein Spiel einzulassen, bei dem<br />
nicht ausreichend klar ist, worin<br />
genau es besteht und was am Ende<br />
dabei herauskommt, kann überwunden<br />
werden. Auch ist zu erwarten,<br />
dass potenzielle Arbeitgeber eher<br />
bereit sind, einen Stu<strong>die</strong>renden zu fördern<br />
oder früh zu rekrutieren, wenn<br />
ihnen Verlauf und Inhalt der Ausbildung<br />
transparent gemacht werden<br />
und <strong>die</strong> „Laufzeit“ klar ist.<br />
Hinsichtlich der stärkeren Vernetzung<br />
von beruflicher und akademischer<br />
Ausbildung bietet <strong>die</strong> Modularisierung<br />
ein weiteres Plus: Die in der<br />
beruflichen Weiterbildung erworbenen<br />
Qualifikationen können ins Studium<br />
eingebracht werden. Das funktioniert<br />
nicht immer oder unbegrenzt,<br />
aber wenn jemand z. B. eine Banklehre<br />
gemacht, eine Zeit lang gearbeitet<br />
und sich beruflich weitergebildet hat,<br />
kann er – je nach Politik der Hochschule<br />
– bestimmte erworbene Qualifikationen<br />
anrechnen lassen. So ist z. B.<br />
denkbar, dass er im Bereich Rechnungswesen<br />
oder anderen „handwerklichen“<br />
Gebieten nicht bei Null<br />
starten muss. Je weiter das Ba/Ma-<br />
System sich durchsetzt, desto sinnvoller<br />
wird es, berufliche Weiterbildungsangebote<br />
kompatibel mit modularisierten<br />
Stu<strong>die</strong>ngängen zu gestalten.<br />
Es ist daher zu erwarten, dass entsprechende<br />
Konzepte zunehmend entstehen<br />
werden.<br />
Der Deutsche <strong>Sparkassen</strong>- und<br />
Giroverband ruft in der Publikation<br />
„Positionen 2002“ daher <strong>die</strong> Bildungsträger<br />
auf, „ihre Bildungsleistungen<br />
und Bildungswege besser zu verknüpfen,<br />
um Kenntnisse und Kompetenzen,<br />
<strong>die</strong> auf unterschiedlichen Lernwegen<br />
erworben wurden, gegenseitig anerkennungsfähig<br />
zu machen“. Kompetenzen,<br />
<strong>die</strong> in Beruf und Weiterbildung<br />
erworben wurden, sind explizit<br />
eingeschlossen. Diese Verknüpfung<br />
trage dazu bei, doppelte Bildungsarbeit<br />
zu vermeiden, Studenten von<br />
überflüssigen Prüfungen zu entlasten,<br />
Stu<strong>die</strong>nzeiten zu verkürzen und <strong>die</strong><br />
Effizienz des Bildungssystems insgesamt<br />
zu erhöhen. 5<br />
Zwei Beispiele können das Potenzial<br />
verdeutlichen. Die Universität<br />
Oldenburg bietet im Rahmen des Pro-<br />
5 Deutscher <strong>Sparkassen</strong>- und Giroverband: Positionen<br />
2002. Wirtschaft, Gesellschaft, Politik. S.53.