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Wissenschaft für die Praxis - Sparkassen-Finanzgruppe eV

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18 HOCHSCHULE<br />

<strong>Wissenschaft</strong> für <strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> Mitteilungen 56<br />

Lars Hüning<br />

Bachelor- und Masterstu<strong>die</strong>ngänge in<br />

Deutschland – mehr als ein Etikettenwechsel<br />

Wenn der Bologna-Prozess Erfolg hat,<br />

wird man in Deutschland künftig<br />

anders stu<strong>die</strong>ren als heute<br />

Im 12. Jahrhundert wurden in Europa<br />

<strong>die</strong> ersten Universitäten gegründet,<br />

zunächst in Bologna, dann folgten<br />

Universitäten in Paris und Oxford. Es<br />

waren Institutionen, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong><br />

freie Gemeinschaft von Lehrenden<br />

und Lernenden geprägt waren und<br />

mit dem Anspruch antraten, <strong>die</strong><br />

Gesamtheit des bekannten Wissens<br />

zu vermitteln. Sie zogen Wissbegierige<br />

und Gelehrte aus ganz Europa an und<br />

waren im besten Sinne international.<br />

Damals gab es eine Art europäischen<br />

Hochschulraum, der sich allerdings<br />

auf wenige Zentren konzentrierte.<br />

Neun Jahrhunderte später gibt es<br />

in Europa eine Vielzahl von Hochschulen.<br />

Allein in Deutschland sind es 359,<br />

an denen 1,9 Millionen Stu<strong>die</strong>rende<br />

eingeschrieben sind. Was es jedoch<br />

nicht gibt, ist ein europäischer Hochschulraum.<br />

Ansonsten müsste er nicht<br />

geschaffen werden. Eben <strong>die</strong>s soll der<br />

so genannte Bologna-Prozess schaffen:<br />

Einen „neuen“ europäischen<br />

Hochschulraum bis zum Jahr 2010.<br />

Der Bologna-Prozess verändert das<br />

Stu<strong>die</strong>ren in Deutschland<br />

Am 19. Juni 1999 haben sich in Bologna<br />

29 europäische Bildungsminister<br />

getroffen und sechs Kernziele vereinbart,<br />

um <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>nstrukturen in<br />

Europa nicht gleich, aber vergleichbar<br />

und kompatibel zu machen und <strong>die</strong><br />

Mobilität von Stu<strong>die</strong>renden und <strong>Wissenschaft</strong>lern<br />

zu verbessern. Gleichzeitig<br />

vereinbarten <strong>die</strong> Politiker, sich alle<br />

zwei Jahre zu treffen, um Fortschritte<br />

zu sichten, den Prozess weiter zu<br />

forcieren und, wo notwendig, anzupassen.<br />

Die erste Nachfolgekonferenz<br />

war 2001 in Prag, wo <strong>die</strong> Kernziele<br />

erweitert wurden und vier weitere<br />

Staaten <strong>die</strong> Erklärung unterzeichneten.<br />

Die zweite Folgekonferenz fand<br />

im September 2003 in Berlin statt.<br />

Es ist kein Geheimnis, dass <strong>die</strong><br />

europäische Integration ihre Mitgliedstaaten<br />

verändert. Spätestens mit der<br />

Bologna-Erklärung von 1999 hat der<br />

europäische Integrationsprozess <strong>die</strong><br />

Hochschulen erreicht. Dies gilt im<br />

Hochschulbereich z. B. für Deutschland.<br />

Wenn der Bologna-Prozess Erfolg<br />

hat, wird man hierzulande anders<br />

stu<strong>die</strong>ren als heute. Denn wesentliche<br />

Elemente der vereinbarten Ziele der<br />

Bologna-Erklärung stehen im Widerspruch<br />

zur tra<strong>die</strong>rten Hochschulausbildung<br />

in Deutschland.<br />

Zwei Punkte spielen eine besondere<br />

Rolle: (1) Die Einführung eines<br />

Stu<strong>die</strong>nsystems, das sich nicht wie das<br />

deutsche bisher auf eine Phase beschränkt,<br />

sondern das zwei Hauptzyklen<br />

kennt, einen Undergraduate-<br />

Zyklus und einen Graduate-Zyklus.<br />

Kurz: Es geht um <strong>die</strong> Einführung von<br />

Bachelor- und Masterstu<strong>die</strong>ngängen<br />

(Ba/Ma). Darüber hinaus sollen (2) <strong>die</strong><br />

Leistungen im Studium nicht durch<br />

Scheine dokumentiert werden. Vielmehr<br />

sollen Leistungspunktsysteme<br />

entstehen. Beide Punkte sind mit der<br />

Gliederung des Studiums in Module<br />

verbunden.<br />

Strukturveränderungen durchzusetzen<br />

kostet Überzeugungskraft. Die<br />

wesentliche Frage, <strong>die</strong> berechtigterweise<br />

gestellt wird, ist: Was bringt das<br />

alles? Eine Antwort ist <strong>die</strong> gewünschte<br />

steigende Mobilität von Stu<strong>die</strong>renden<br />

innerhalb Europas. Stu<strong>die</strong>rende,<br />

<strong>die</strong> ins Ausland gehen, machen wichtige<br />

Erfahrungen, <strong>die</strong> sie persönlich<br />

weiterbringen. Sie sind aber auch Botschafter<br />

ihrer Hochschule. Die Kenntnisse<br />

und Fähigkeiten, <strong>die</strong> sie auf<br />

internationalem Parkett sammeln,<br />

sind zudem ein großer Bonus am<br />

Lars Hüning<br />

Arbeitsmarkt, denn Arbeitgeber sind<br />

an international erfahrenen Absolventen<br />

interessiert. Aber reicht das aus,<br />

um Diplom, Magister und Staatsexamen<br />

den Rücken zu kehren?<br />

Bachelor und Master aus nationaler<br />

Perspektive<br />

Es geht um mehr. In einem hochschulpolitischen<br />

Memorandum der Initiative<br />

D21 unter Federführung der DaimlerChrysler<br />

Service AG liest sich das so:<br />

„Wissen wird für <strong>die</strong> Zukunft unserer<br />

Gesellschaft eine noch entscheidendere<br />

Rolle spielen als bisher. Der verantwortliche<br />

Umgang mit Wissen und<br />

<strong>die</strong> Beherrschung von Schlüsselkompetenzen<br />

sind Voraussetzungen sowohl<br />

für <strong>die</strong> aktive Teilhabe der Menschen<br />

an der Wissensgesellschaft und<br />

ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt<br />

als auch für <strong>die</strong> Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Wirtschaft und ihrer Unternehmen.<br />

Damit fällt den Hochschulen<br />

eine noch wichtigere Aufgabe in der<br />

Schaffung und Vermittlung von Wissen<br />

zu – eine Aufgabe, der sie sich [...]<br />

zu stellen haben. In Bildung, Ausbildung<br />

und Weiterbildung sehen sich

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