2,6 MB - RWGV
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DAS THEMA<br />
><br />
wesentlichen Risiken einer Bank<br />
stellt. Unsere bisherigen Mindestanforderungen,<br />
also die MaK, die MaH<br />
und die MaIR, haben wir in den<br />
MaRisk aufgehen lassen. Redundanzen<br />
und Schnittstellenprobleme<br />
haben wir bei der Gelegenheit bereinigt,<br />
und die zehn Jahre alten MaH<br />
haben wir entrümpelt – mit anderen<br />
Worten: Wir haben dereguliert.<br />
Beim Grunddesign der MaRisk<br />
haben wir uns vor allem von zwei<br />
Prinzipien leiten lassen: Das neue<br />
Regelwerk sollte praxistauglich und<br />
flexibel sein. Flexibel in zweierlei<br />
Hinsicht: einmal getreu dem<br />
Grundsatz der doppelten Proportionalität.<br />
Der besagt – ich wiederhole<br />
es gern –, dass wir kleineren Banken<br />
und Sparkassen nicht mit den komplexen<br />
Anforderungen zu Leibe<br />
rücken dürfen, die für große<br />
Institute gelten, und dass wir auch<br />
unser Aufsichtshandeln entsprechend<br />
dosieren müssen. Außerdem<br />
wollen wir den Instituten ermöglichen,<br />
ihre internen Prozesse und<br />
Verfahren laufend den Entwicklungen<br />
auf den Finanzmärkten anzupassen.<br />
Mit detaillierten starren Regeln<br />
könnten wir das nicht.<br />
Kern der MaRisk sind die Anforderungen<br />
des Brüsseler ICAAP. Danach<br />
– ich erlaube mir eine weitere kleine<br />
Wiederholung – sollen Institute Strategien<br />
und Verfahren einführen, die<br />
für ausreichendes „internes Kapital“<br />
sorgen, das alle wesentlichen Risiken<br />
abdeckt. Falls Sie nun wissen möchten,<br />
was denn unter „internem<br />
Kapital“ zu verstehen sei – tja, diese<br />
Frage müssen Sie selbst beantworten.<br />
Brüssel ist die Antwort bewusst<br />
schuldig geblieben. Unser Anspruch<br />
ist allerdings eindeutig der, dass das<br />
„interne Kapital“ seiner vorrangigen<br />
Funktion als zentrale interne Steuerungsgröße<br />
gerecht werden muss.<br />
Einer Steuerungsgröße, die Teil einer<br />
Prozesskette ist, zu der auch die<br />
Strategien und die Verfahren gehören,<br />
mit denen Banken ihre Risiken<br />
identifizieren, beurteilen, steuern,<br />
überwachen und kommunizieren<br />
sollen.<br />
Es geht uns also vor allem um ein<br />
<strong>RWGV</strong>-Vorstand Moritz Krawinkel (l.) und Friedel Fleck (r.) freuten sich über<br />
die klaren Worte Jochen Sanios.<br />
Risikotragfähigkeitskonzept, wie Sie<br />
es in ähnlicher Form schon aus den<br />
MaK und den MaH kennen. Zweck<br />
dieses Konzeptes ist es, feststellen zu<br />
können, ob eine Bank erhebliche<br />
Verluste verkraften könnte, ohne zu<br />
kollabieren und ohne dass diese<br />
Verluste schwerwiegende Folgen für<br />
ihre Geschäftsaktivitäten nach sich<br />
ziehen. Dazu stellt man das Risikodeckungspotenzial<br />
einer Bank, also<br />
ihr „internes Kapital“, den wesentlichen<br />
Risiken gegenüber. Reicht das<br />
Risikodeckungspotenzial aus, um die<br />
wesentlichen Risiken abzudecken,<br />
ist die Bank in der Lage, ihre Risiken<br />
zu tragen. Das Risikodeckungspotenzial<br />
können die Institute mit<br />
unterschiedlich anspruchsvollen Methoden<br />
ermitteln. Zur Wahl stehen<br />
unter anderem das Barwertkonzept,<br />
GuV- oder bilanzorientierte Methoden,<br />
aber auch Mischformen. Es<br />
besteht also Methodenfreiheit. Uns<br />
war und ist durchaus bewusst, dass<br />
sich manche Risiken nicht messen<br />
lassen. Wir haben daher in die<br />
MaRisk Öffnungsklauseln eingebaut,<br />
die es ermöglichen, bestimmte Risikoarten,<br />
also etwa Reputationsrisiken<br />
oder Rechtsrisiken, vom Risikotragfähigkeitskonzept<br />
auszunehmen.<br />
Die MaRisk sind ein prinzipienbasiertes<br />
Regelwerk. Auf detaillierte<br />
und komplexe Handlungsanweisungen<br />
haben wir bewusst verzichtet<br />
– was allerdings nicht heißt, dass Sie<br />
und wir uns den Dingen mit<br />
Nonchalance und Lässigkeit widmen<br />
können. Für beide Seiten – Banken<br />
und Aufseher – bedeutet eine prinzipienbasierte<br />
Aufsicht ein Mehr an<br />
Entscheidungsfreiheit und ein Mehr<br />
an Verantwortung. Die Banken müssen<br />
nun beweisen, dass sie dieser<br />
Herausforderung gerecht werden.<br />
Das müssen wir Aufseher allerdings<br />
auch. Früher fiel es uns nicht<br />
schwer, schnell ein Urteil über eine<br />
Bank zu fällen: Es ging um ausreichende<br />
Solvenz und darum, zu prüfen,<br />
ob die Banken die Vorschriften<br />
des Kreditwesengesetzes einhielten.<br />
Nun müssen wir Antworten finden<br />
auf weitaus kompliziertere, aber<br />
auch spannendere Fragen, Fragen<br />
wie: Ist das Risikomanagement angemessen?<br />
Sind die Annahmen, die<br />
dem Risikotragfähigkeitskonzept zugrunde<br />
liegen, plausibel? Sind die<br />
internen Kontrollverfahren angesichts<br />
der Strategien, die ein Institut<br />
gewählt hat, angemessen?<br />
Diese Fragen kann kein bankaufsichtliches<br />
Regelwerk beantworten –<br />
und sei es noch so komplex. Wenn<br />
wir wissen wollen, was aufsichtlich<br />
angemessenes Handeln ausmacht,<br />
Handeln, das sich an den tatsächlichen<br />
Risiken einer Bank ausrichtet,<br />
dann müssen wir beim Geschäft dieser<br />
Bank ansetzen – und, darauf aufbauend,<br />
bei ihrem Risikoprofil. Die<br />
betriebswirtschaftliche Ratio, das<br />
angemessene Verhältnis zwischen<br />
Risiko und Ertrag, zwischen Risiko<br />
und Risikodeckungspotenzial, ge-<br />
><br />
8 GB 2/2006