2,6 MB - RWGV
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HINTERGRUND & ANALYSE<br />
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werdende Herausforderungen. Für die Verbände bedeutet<br />
diese Entwicklung zum einen ein Absinken der Anzahl<br />
der Beitragszahler, zum anderen wachsen mit dem Trend<br />
zu immer größeren und komplexeren Genossenschaften<br />
auch die Anforderungen der Mitglieder an die Prüfung,<br />
die Beratung und die Betreuung durch ihren Verband.<br />
Auch die Zunahme der Bandbreiten der Betriebsgrößen<br />
von kleinen Mitgliedsgenossenschaften bis hin zu<br />
„Milliarden-Instituten“ stellt eine Herausforderung für<br />
Genossenschaftsverbände dar. Ein Verband muss für<br />
seine Mitglieder passgenaue, das heißt individuelle, mandantenbezogene<br />
Dienstleistungen anbieten, also ein breites<br />
Leistungsspektrum vorhalten. Erfolgreicher Dienstleister<br />
kann er aber nur sein, wenn er wettbewerbsfähig<br />
ist. Dies setzt Effizienz und eine adäquate Größe voraus.<br />
Daraus ergeben sich auch Konsequenzen für die<br />
Finanzierung der Verbände: Verbandsleistungen sollten<br />
sich selbst tragen. Individualleistungen sollten nicht<br />
mehr über allgemeine Umlagen finanziert werden.<br />
Auch die Zunahme der bankaufsichtsrechtlichen Bestimmungen<br />
stellen die Verbände und die Mitgliedsinstitute<br />
vor große Herausforderungen. Von besonderer Relevanz<br />
sind aktuell Basel II, die IAS und die MaRisk. Darüber<br />
hinaus führen die von internationaler Seite geforderten<br />
Regelungen zur Reformierung der Wirtschaftsprüfung,<br />
die die Themen „Unabhängigkeit der Prüfung“ wie auch<br />
„Trennung zwischen Prüfung und Beratung“ neu aufgreifen,<br />
zu immer größeren Anforderungen an die Verbände.<br />
Lösungsansatz: Die Balanced Scorecard (BSC) als ein<br />
zweckmäßiges Steuerungssystem für einen genossenschaftlichen<br />
Regionalverband<br />
Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich für einen<br />
genossenschaftlichen Regionalverband zunehmend die<br />
Notwendigkeit, eine geeignete Zukunftsstrategie zu formulieren.<br />
Die Neupositionierung des Verbandes hin zu<br />
einem wettbewerbsfähigen Dienstleistungsunternehmen<br />
verlangt eine entsprechende unternehmerische Ausrichtung<br />
im Hinblick auf Umfang, Qualität und Preis der<br />
angebotenen Leistungen. Gleichzeitig gilt es, eine ebenso<br />
kostensparende wie auch leistungsfähige Organisationsstruktur<br />
zu schaffen. Ein solch komplexer Veränderungsprozess<br />
verlangt sinnvollerweise den Einsatz eines<br />
geeigneten Managementinstrumentes, das ganzheitlich<br />
ausgerichtet ist und die Verbandsführung speziell in der<br />
Umsetzungsphase dieses „Change“ wirksam unterstützt.<br />
Zielsetzung und Struktur der BSC<br />
Die BSC ist dafür ein geeignetes Verfahren. Sie ist durch<br />
ihre Eigenschaften insbesondere prädestiniert, Unternehmen<br />
und Organisationen bei der Konkretisierung,<br />
Umsetzung und organisatorischen Verankerung ihrer<br />
Vision und Strategie zu unterstützen.<br />
Die Idee der BSC geht auf die Arbeiten der beiden<br />
Amerikaner Robert S. Kaplan und David P. Norton Anfang<br />
der Neunzigerjahre zurück. Vor dem Hintergrund<br />
zunehmender Kritik an einseitigen, lediglich auf finanzielle<br />
Kennzahlen beschränkten Ausrichtung US-amerikanischer<br />
Managementsysteme entwickelten sie ein Konzept,<br />
das die gesamte Wertschöpfung eines Unternehmens<br />
in den Fokus rückt.<br />
Nach dem Grundkonzept erfolgt eine Leistungsmessung,<br />
ausgewogen nach vier Perspektiven: Die finanzielle Perspektive<br />
wird durch eine Kunden-, eine interne Prozessund<br />
eine Lern- und Entwicklungsperspektive (Mitarbeiterperspektive)<br />
ergänzt. Frühindikatoren beziehungsweise<br />
Leistungstreiber treten an die Seite von Ergebniskennzahlen.<br />
Das Konzept der BSC geht von der Annahme aus, dass die<br />
Existenz eines Unternehmens nur dann langfristig gesichert<br />
ist, wenn es in allen Perspektiven erfolgreich ist. Ist<br />
ein Unternehmen in einer Perspektive schwach, so hat<br />
dies Auswirkungen auf die anderen Perspektiven.<br />
Um die ganze Tragweite des Konzepts der BSC auf Dauer<br />
in einem Unternehmen zur Entfaltung zu bringen, sollte<br />
die Vorgehensweise zur Implementierung einer durchdachten<br />
und systematischen Struktur folgen, die wie<br />
folgt skizziert wird.<br />
Den organisatorischen Rahmen schaffen<br />
In dieser Phase geht es um die Festlegung der konzeptionellen<br />
und organisatorischen Voraussetzungen zur<br />
erfolgreichen Implementierung der BSC. Hierzu zählen<br />
im Wesentlichen die Bestimmung des Umfangs der<br />
Einführung der BSC im Verband, die Festlegung der<br />
Projektorganisation und die Berücksichtigung erfolgskritischer<br />
Faktoren.<br />
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit<br />
den strukturellen Besonderheiten eines Verbandes als<br />
mitgliedschaftliche Organisation bei der Entwicklung<br />
einer BSC angemessen Rechnung getragen werden muss.<br />
Um der mitgliedschaftlichen Struktur eines Verbandes<br />
besonders Rechnung zu tragen, sollte eine Modifikation<br />
vom Grundkonzept dahingehend erfolgen, dass eine<br />
Mitgliederperspektive definiert wird, die als Fokus für die<br />
übrigen Perspektiven dient.<br />
Da ein Genossenschaftsverband im Zuge seiner Interessenvertretungsfunktion<br />
auch ein Produzent von Kollektivgütern<br />
ist, macht eine weitere Abweichung vom<br />
Standardaufbau Sinn. Sie berücksichtigt eine fünfte Perspektive,<br />
welche die Beziehung des Verbandes zu den externen<br />
Stakeholdern in den Vordergrund rückt (externe<br />
Stakeholder-Perspektive).<br />
Was die beiden Perspektiven „Prozesse“ und „Mitarbeiter“<br />
betrifft, finden sich enge Parallelen zum BSC-Aufbau<br />
von Profit-Unternehmen. Auch und gerade der Verband<br />
muss sich mit Fragen der Effizienz der Leistungserstellung<br />
auseinandersetzen. Darüber hinaus sind leistungsorientierte<br />
und unternehmerisch denkende Mitarbeiter<br />
Erfolgsfaktoren des Verbandes.<br />
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GB 2/2006<br />
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