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Bildband zur Wanderausstellung<br />

im Rahmen des 250. Jubiläums der Übersiedlung<br />

der Deutschen nach Russland<br />

Презентационный альбом к передвижной выставке<br />

в рамках празднования 250-летия<br />

переселения немцев в Россию


Deutsche in der<br />

russischen Geschichte<br />

Bildband zur Wanderausstellung im Rahmen des 250. Jubiläums<br />

der Übersiedlung der Deutschen nach Russland.<br />

Немцы<br />

в российской истории<br />

Презентационный альбом к передвижной выставке в рамках<br />

празднования 250-летия переселения немцев в Россию<br />

Band 1 / Том 1<br />

Москва<br />

2012


УДК 94(470):39(=112.2)(084)<br />

ББК 63.3(2Рос=Нем)я6<br />

Н50<br />

Н50<br />

Немцы в российской истории. = Deutsche in der russischen Geschichte:<br />

Презентационный альбом к передвижной выставке в рамках празднования<br />

250-летия переселения немцев в Россию. В 2-х томах. Т. 1 / Мин-во регионального<br />

развития РФ, МВД Германии; отв. ред. А. Айсфельд, научн. ред. О. Айсфельд. – М.:<br />

Изд-во «МСНК-пресс», 2012. – 352 с., ил.<br />

ISBN 978-5-98355-092-6<br />

Со времен Петра I в России появились две группы немцев – уроженцы различных германских<br />

государств и территорий, поступившие на российскую службу, и лифляндские и эстляндские немцы,<br />

жившие на присоединенных к Российской империи прибалтийских землях. Екатерина II, продолжившая<br />

политику Петра I по укреплению и модернизации государства и его экономики, манифестом от<br />

22 июля 1763 г. пригласила иностранцев к переселению в Россию на льготных для них условиях. На<br />

протяжении трех столетий эти немцы, ставшие российскими подданными, внесли заметный вклад в<br />

развитие экономики, науки и культуры страны. Немалый вклад сделали и немцы, служившие России<br />

по контракту, но вернувшиеся на свою родину. Российско-немецкие связи стали за эти столетия<br />

прочным связующим звеном европейской и мировой культуры и экономики. Альбом отражает многогранность<br />

этих связей и взаимовлияние. Первый том включает статьи и материалы, охватывающие<br />

XVIII и XIX вв. и содержит многочисленные, порой совершенно неожиданные иллюстрации и много<br />

сюжетов, которые уже давно стали «истинно российским» и, в то же время, европейским достоянием.<br />

Рассчитан как на специалистов, так и на широкий круг читателей, интересующихся российской<br />

историей и историей российских немцев.<br />

УДК 94(470):39(=112.2)(084)<br />

ББК 63.3(2Рос=Нем)я6<br />

D48<br />

Deutsche in der russischen Geschichte: Bildband zur Wanderausstellung im<br />

Rahmen des 250. Jubiläums der Übersiedlung der Deutschen nach Russland. In 2 Bd.<br />

Bd. 1 / Ministerium für regionale Entwicklung Russlands, Bundesministerium des<br />

Innern; Verantwortlicher Redakteur: A. Eisfeld; Wiss. Redaktion: O. Eisfeld. – M.:<br />

Verlag „IVDK-press“, 2012. – 352 S.<br />

ISBN 978-5-98355-092-6<br />

Seit Peter I. traten in Russland zwei Gruppen von Deutschen in Erscheinung: in verschiedenen deutschen<br />

Staaten und Territorien Geborene, die in russische Dienste traten, und liv- und estländische Deutsche, die in<br />

dem Russischen Reich angegliederten Provinzen lebten. Katharina II., welche die Politik Peter I. zur Stärkung<br />

und Modernisierung des Staates und seiner Wirtschaft fortsetzte, lud mit ihrem Manifest vom 22. Juli 1763<br />

Ausländer zur Einwanderung nach Russland zu günstigen für sie Bedingungen ein. Im Verlauf von drei<br />

Jahrhunderten haben diese Deutschen, die russische Untertanen wurden, einen bedeutenden Beitrag zur<br />

Entwicklung der Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur des Landes geleistet. Einen nicht geringen Beitrag<br />

leisteten auch jene Deutschen, die Russland per Vertrag dienten, aber in ihre Heimat zurückkehrten. Die<br />

russisch-deutschen Beziehungen wurden über diese Jahrhunderte zu einem festen Bindeglied der europäischen<br />

und Weltkultur und -wirtschaft. Der Bildband widerspiegelt die Vielseitigkeit und Wechselseitigkeit<br />

der Beziehungen. Der 1. Band hat Beiträge und Materialien aufgenommen, die dem 18. Und 19. Jahrhundert<br />

gewidmet sind. Er enthält zahlreiche, oft völlig unerwartete Illustrationen, aber auch viele Sujets, die schon<br />

längst zu „echt russischen“ und gleichzeitig zu europäischem Gemeingut wurden.<br />

Der Band ist sowohl für Fachleute, als auch für eine breite Leserschaft gedacht, die sich für die russische<br />

Geschichte und die Geschichte der Russlanddeutschen interessiert.<br />

Издание осуществлено при финансовой поддержке<br />

Министерства регионального развития Российской Федерации<br />

и Министерства внутренних дел Германии.<br />

ISBN 978-5-98355-092-6<br />

© Министерство регионального развития<br />

Российской Федерации, 2012<br />

© АОО «Международный союз<br />

немецкой культуры», 2012<br />

© Издательство ЗАО «МСНК-пресс», 2012


Немцы в российской истории 3<br />

Inhalt<br />

Содержание<br />

Einleitung ................................ 4<br />

Deutsche im Militär- und Staatsdienst<br />

des Russischen Reiches ................... 12<br />

Die Akademie der Wissenschaften –<br />

Entwicklung von Wissenschaft und<br />

wissenschaftlichen Beziehungen . ........ 30<br />

Die deutsche Kolonisierung<br />

im 18. Jahrhundert ....................... 65<br />

Die ausländische Kolonisierung<br />

im Süden Russlands im<br />

18. und 19. Jahrhundert . ................ 75<br />

Die Wolhyniendeutschen ................. 99<br />

Deutsche Kolonien<br />

im asiatischen Russland . ................. 113<br />

Russlanddeutsche Unternehmer<br />

in 19. Jahrhundert und zu Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts ..................... 130<br />

Der deutsche Faktor in<br />

der russischen Architektur ................ 165<br />

Deutsche im Verlagswesen Russlands .... 189<br />

Wechselwirkungen in der Literatur ....... 211<br />

Religion und Kirche . ..................... 221<br />

Deutsche unter russischer Flagge . ....... 263<br />

Deutsche in Politik und Gesellschaft<br />

Russlands in der Postreformperiode ...... 282<br />

Ethnografie ............................... 307<br />

Unsere Autoren .......................... 348<br />

Введение ................................ 4<br />

Немцы на военной и государственной<br />

службе Российской империи ............ 12<br />

Академия наук – развитие науки<br />

и научных связей ........................ 30<br />

Немецкая колонизация<br />

в XVIII в. ................................. 65<br />

Иностранная колонизация<br />

на юге России в XVIII–XIX вв. ............ 75<br />

Немцы Волыни .......................... 99<br />

Немецкие колонии<br />

в Азиатской России ...................... 113<br />

Предпринимательство<br />

российских немцев<br />

в XIX – начале ХХ в. ..................... 130<br />

Немецкий фактор<br />

в архитектуре России .................... 165<br />

Немцы в издательской жизни<br />

России ................................... 189<br />

Взаимопроникновение<br />

в литературе ............................. 211<br />

Религия и церковь ....................... 221<br />

Немцы под стягом России . ............. 263<br />

Немцы в политической<br />

и общественной жизни России<br />

в пореформенный период .............. 282<br />

Этнография . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307<br />

Наши авторы ............................ 348


4 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Einleitung<br />

Введение<br />

H. Martens (Moskau),<br />

A. Eisfeld (Göttingen)<br />

Г. Мартенс (Москва),<br />

А. Айсфельд (Гёттинген)<br />

Erste Kontakte zwischen Russen und Deutschen gab<br />

es schon im Mittelalter, als die Siedlungsräume<br />

von Ostslawen und germanischen Völkern nicht<br />

aneinander grenzten und die Überwindung der dazwischen<br />

liegenden Gebiete mit erheblichen Schwierigkeiten<br />

verbunden war. Dessen ungeachtet führte das beiderseitige<br />

Interesse zu zahlreichen, mehr oder weniger intensiven<br />

und dauerhaften Kontakten. Zu den bekanntesten frühen<br />

Episoden dieser jahrhundertelangen Geschichte gehört die<br />

militärische Konfrontation zwischen den Truppen des Livländischen<br />

Ordens und Groß-Nowgorods auf dem Eis des<br />

Peipussees im Jahre 1242. Kontakte ganz anderer Art zwischen<br />

der Rus und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher<br />

Nation gab es jedoch schon weit früher. Den Anfang<br />

machten Kaufleute, Diplomaten und Missionare.<br />

Im Jahre 959 weilte eine Gesandtschaft der Kiewer Fürstin<br />

Olga am Hofe des deutschen Königs Otto, des späteren Kaisers<br />

Otto I. der Grossen, in Quedlinburg. Die Fürstin hatte<br />

darum gebeten, zur Christianisierung ihrer Untertanen<br />

einen Bischof und Missionare nach Kiew zu entsenden. Für<br />

die Historiker gilt dieses Ereignis als der Beginn deutschrussischer<br />

Beziehungen, obwohl der Besuch selbst vermuten<br />

lässt, dass man in Kiew bereits über das damalige Deutschland<br />

und dessen Herrscher informiert war. Die Mission des<br />

Bischofs Adalbert von Magdeburg, den man 961 nach Kiew<br />

schickte, war jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Der Kiewer<br />

Fürst Wladimir ließ sich 988 von byzantinischen Priestern<br />

nach den Riten der Ostkirche taufen.<br />

Erfolgreicher gestalteten sich die dynastischen Beziehungen.<br />

Die Tochter des Kiewer Großfürsten Wsewolod, Eupraxia<br />

von Kiew oder Adelheid von Kiew, wie sie sich nach<br />

ihrer Konvertierung zum Katholizismus nannte, wurde die<br />

Gemahlin Heinrichs IV. und war von 1089 bis 1094/95 deutsche<br />

Königin und Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches<br />

Deutscher Nation. Dynastische Beziehungen zwischen<br />

deutschen Herrscherhäusern und Fürstengeschlechtern der<br />

Abb. 1 Илл. 1<br />

Первые контакты между русскими и немцами<br />

имели место в средневековье, когда ареалы<br />

проживания восточных славян и германских<br />

народов не соприкасались, а преодоление лежащих<br />

между ними пространств было сопряжено с немалыми<br />

трудностями. Тем не менее обоюдный интерес<br />

привел к многочисленным различным по интенсивности<br />

и продолжительности контактам. Одним<br />

из наиболее известных ранних сюжетов этой многовековой<br />

истории является вооруженное столкновение<br />

между войсками Ливонского ордена и Великого<br />

Новгорода на льду Чудского озера в 1242 г. Контакты<br />

между Русью и Священной Римской империей германской<br />

нации начались, однако, гораздо раньше и<br />

имели другую направленность. Начало было положено<br />

купцами, дипломатами и миссионерами.<br />

В 959 г. посольство киевской княгини Ольги находилось<br />

с визитом при дворе германского короля Оттона I<br />

Великого в Кведлинбурге. Княгиня желала прибытия<br />

в Киев епископа и миссионеров для христианизации<br />

своих подданных. Историки считают это событие<br />

точкой отсчета российско-немецких отношений, хотя<br />

сам визит позволяет предполагать, что в Киеве имелась<br />

информация о тогдашней Германии и ее правителе.<br />

Миссия епископа Адалберта Магдебургского, направленного<br />

в Киев в 961 г., осталась безуспешной. Киевский<br />

князь Владимир принял в 988 г. крещение по восточному<br />

обряду от византийских священников.<br />

Успешнее складывались династические связи. Дочь<br />

великого князя Киевского Всеволода, Евпраксия Киевская,<br />

после обращения в католичество – Адельгейда,<br />

став супругой Генриха IV, являлась с 1089 по 1094/95 г.<br />

германской королевой и императрицей Священной<br />

Римской империи германской нации. Династические<br />

связи правящих немецких династий с княжескими<br />

родами восточных славян в последующие столетия


Немцы в российской истории 5<br />

Ostslawen waren in den folgenden Jahrhunderten kein Einzelfall.<br />

Im Verlaufe der 300 Jahre während der Herrschaft<br />

des Hauses Romanow wurden sie zur Tradition. Besonders<br />

eng waren die Beziehungen zu den Häusern Württemberg,<br />

Hessen-Darmstadt, Braunschweig, Holstein und Preußen.<br />

Peter III. und Katharina II. bestiegen gar den russischen<br />

Thron. Kaiserin Katharina wird von Historikern und Publizisten<br />

oft als „deutsche Kaiserin auf dem russischen Thron“<br />

bezeichnet. Ihrer Herkunft nach war sie das sicherlich auch.<br />

Sophie Auguste Friederike war eine Prinzessin aus dem<br />

kleinen Herzogtum Anhalt-Zerbst. Nach ihrer Thronbesteigung<br />

wurde sie zur Alleinherrscherin Russlands und<br />

nahm die Interessen des russischen Thrones war. Es sollte<br />

noch mehr als ein Jahrhundert vergehen, bis Kategorien wie<br />

„Ergebenheit“ und „Dienst nach Vertrag“ von den Ideen<br />

des Nationalstaates und der Nation abgelöst wurden. In<br />

der vornationalen Periode waren vorherrschende Motive<br />

der Nutzen für die der Dynastie gehörenden Gebiete und<br />

der Treueschwur.<br />

Erste Nachrichten über das Auftauchen deutscher Kaufleute<br />

aus Bayern im Siedlungsgebiet der Ostslawen, insbesondere<br />

in Wolhynien, reichen bis in die zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts<br />

zurück. Zu Beginn des 11. Jahrhunderts begannen<br />

sich kleine Gruppen von Deutschen aus Wien, Regensburg,<br />

Mainz und Lübeck in Wladimir und Luzk niederzulassen,<br />

um sich dort ihren Handelsgeschäften zu widmen. Infolge<br />

ehelicher Verbindungen zwischen wolhynischen Fürsten<br />

und dem deutschen Adel sowie deren militärischer und diplomatischer<br />

Kontakte zu den unterschiedlichsten deutschen<br />

politischen Gruppierungen waren verschiedene namhafte<br />

deutsche Geschlechter und deutsche Militärs in Wolhynien<br />

präsent. Zur Zeit des Fürstentums Galizien-Wolhynien<br />

tauchten hier auch deutsche Handwerker auf. Chroniken<br />

belegen, dass es im 13. Jahrhundert in einigen Städten<br />

kleine Kolonien von Handwerkern und Kaufleuten gab. Im<br />

Abb. 2<br />

не были единичным явлением, а за 300 лет правления<br />

дома Романовых стали традиционными. Особо тесными<br />

они были с Вюрттембергом, Гессен-Дармштадтом,<br />

Брауншвейгом, Гольштинией и Пруссией, а на российский<br />

престол взошли Петр III и Екатерина II. Императрицу<br />

Екатерину историки и публицисты часто<br />

называют «немецкой императрицей на российском<br />

троне». По происхождению это, несомненно, так. София<br />

Августа Фридерика была принцессой небольшого<br />

герцогства Ангальт-Цербст. Взойдя на трон, она стала<br />

самодержицей российской и преследовала интересы<br />

российского трона. Пройдет еще более столетия<br />

до того времени, когда категории «подданство» и<br />

«служба по контракту» уступят место идее национального<br />

государства и национальности. В донациональный<br />

период истории преобладающими мотивами<br />

являлись польза для династии от освоения принадлежащих<br />

ей территорий и верность присяге.<br />

Самые ранние сведения о появлении в восточнославянском<br />

ареале, на Волыни, немецких купцов из Баварии<br />

относятся ко второй половине ІХ в. С начала<br />

ХІ в. небольшие группы немцев из Вены, Регенсбурга,<br />

Майнца, Любека стали оседать во Владимире и Луцке<br />

и вести здесь торговые дела. Следствием матримониальных<br />

союзов волынских князей с немецкой знатью<br />

и их военно-дипломатических контактов с разными<br />

немецкими политическими группами стало появление<br />

на Волыни представительниц некоторых знатных<br />

германских родов и немецких воинов. В период<br />

Галицко-Волынского княжества здесь появились<br />

немецкие ремесленники. Летописи свидетельствуют<br />

о существовании в ХІІІ в. в некоторых городах небольших<br />

ремесленно-купеческих колоний. На протяжении<br />

XIV – первой половины XVI вв. немцы присутствовали<br />

среди жителей волынских городов благодаря<br />

Илл. 2<br />

1. Епископ Адальберт Магдебургский (910–981).<br />

С гравюры В. Гофманна. 1830<br />

Bischof Adalbert von Magdeburg (910–981).<br />

Stich von W. Hoffmann. 1830<br />

1<br />

2. Карл Петр Ульрих Гольштейн-Готторпский<br />

(будущий Петр III) и София Августа<br />

Фридерика Ангальт-Цербст-Дорнбургская<br />

(будущая Екатерина II). Г. Х. Гроот. 1745.<br />

Государственный Русский музей, С.‐Петербург<br />

Karl Peter Ulrich von Hollstein-Gottorp<br />

(später: Peter III.) und Sophia Augusta<br />

Friederika von Anhalt-Zerbst-Dornburg<br />

(später: Katharina II.). G. Ch. Groot. 1745.<br />

Staatliches Russisches Museum, St. Petersburg<br />

2


6 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 3<br />

Abb. 4–6<br />

Abb. 7<br />

Abb. 8, 9<br />

14. Jahrhundert bis hin zur ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts<br />

erfreuten sich deutsche Bewohner in wolhynischen<br />

Städten als Händler, Bedienstete in den Schlössern, Erbauer<br />

von Befestigungs- und Wehranlagen sowie Waffenmeister<br />

verschiedener Privilegien und Vergünstigungen durch die<br />

litauischen Fürsten und polnischen Könige.<br />

Nach der Zersplitterung der Kiewer Rus verlor das ferne<br />

Kiew seine einstige Bedeutung als politisches und Handelszentrum.<br />

Allmählich gewann das Moskauer Fürstentum<br />

die Oberhand, zunächst als Großfürstentum, später auch<br />

als Zarenreich. Deutsche Kaufleute suchten und fanden<br />

Handelswege in den Osten Europas über die Ostsee und<br />

gründeten in russischen Städten ihre Handelskontore.<br />

Eine besondere Rolle in diesen Handelsgeschäften spielte<br />

Groß-Nowgorod. Die Hanse hatte hier über einen langen<br />

Zeitraum eine ständige Niederlassung, in der im 15. Jahrhundert<br />

bis zu 200 Kaufleute gleichzeitig tätig waren. Die<br />

Livländer, die in Konkurrenz zu den Kaufleuten der Hanse<br />

standen, wickelten ihre Handelsgeschäfte direkt mit den<br />

benachbarten Teilfürstentümern ab.<br />

Großfürst Iwan III. (1440–1505), der mehrere Teilfürstentümer<br />

unter der Vorherrschaft Moskaus vereinte, holte zur<br />

Festigung seines Staates ausländische Baumeister, Waffenschmiede,<br />

Gold- und Silberschmiedemeister, Drechsler,<br />

Schiffsbauer, Ärzte, Agronomen und andere Fachleute ins<br />

Land. 1492 bat er den sächsischen Kurfürsten, Bergbauspezialisten<br />

die Ausreise nach Moskau zu gestatten. Nach<br />

dem Anschluss von Groß-Nowgorod verlegte Iwan III. die<br />

Faktoreien der ausländischen Kaufleute nach Moskau. Daraus<br />

entstand die Deutsche Vorstadt. Wissenschaftlichen<br />

Berechnungen zufolge lebten in den 1660er Jahren in<br />

der Moskauer Deutschen Vorstadt etwa 1 200 Menschen,<br />

davon 1 000 Deutsche.<br />

Der Moskauer Großfürst Wassili III. schloss 1514 ein<br />

Bündnis mit Maximilian I., Kaiser des Heiligen Römischen<br />

Илл. 3<br />

Илл. 4–6<br />

Илл. 7<br />

Илл. 8, 9<br />

привилегиям и льготам, полученным от литовских<br />

князей и польских королей, занимаясь торговлей,<br />

несением замковой службы, принимая участие в возведении<br />

фортификационных и гражданских сооружений,<br />

работая мастерами-оружейниками.<br />

Находившийся на бóльшем удалении Киев после раздробления<br />

Киевской Руси со временем утратил свое<br />

былое значение политического и торгового центра.<br />

Первенство постепенно приобретало Московское княжество,<br />

ставшее сначала великим княжеством, а затем<br />

и царством. Немецкие купцы искали и находили торговые<br />

пути на восток Европы через Балтийское море,<br />

создавая в русских городах свои конторы. Великий<br />

Новгород играл в этой торговле особую роль. Здесь<br />

Ганзейский союз продолжительное время имел свое<br />

постоянное подворье, при котором в XV в. находилось<br />

до 200 купцов одновременно. Лифляндцы, конкурируя<br />

с ганзейскими купцами, вели торговлю со смежными<br />

удельными русскими княжествами напрямую.<br />

Великий князь Иван III (1440–1505), объединивший<br />

под началом Москвы ряд удельных княжеств, использовал<br />

для усиления своего государства иностранных<br />

строителей, оружейников, золотых и серебряных дел<br />

мастеров, токарей, кораблестроителей, медиков, агрономов<br />

и других специалистов. В 1492 г. он просил<br />

саксонского курфюрста о разрешении для мастеров<br />

горного дела на выезд в Москву. После присоединения<br />

Великого Новгорода Иван III перевел фактории иностранных<br />

купцов в Москву, где впоследствии возникла<br />

Немецкая слобода. По подсчетам исследователей,<br />

в 1660‐е гг. население московской Немецкой слободы<br />

состояло приблизительно из 1200 чел., в числе которых<br />

около 1 000 были немцы.<br />

Московский великий князь Василий III в 1514 г. заключил<br />

союз с императором Священной Римской империи<br />

3. Новгородцы, предлагающие пушнину<br />

и воск на продажу штральзундским<br />

купцам немецкого двора в Новгороде.<br />

Фрагмент резной панели деревянной<br />

скамьи в церкви св. Николая<br />

в Штральзунде (Германия).<br />

Ок. 1360–1370<br />

Nowgoroder bieten Pelze und Wachs<br />

zum Kauf Stralsunder Kaufleuten im<br />

Deutschen Hof zu Nowgorod an.<br />

Fragment eines Gestühls in der<br />

St. Nikolaikirche in Stralsund<br />

(Deutschland). Ca. 1360–1370<br />

3


4<br />

6<br />

4. Великий князь Московский Иван III (1440–1505).<br />

С немецкой гравюры XVI в.<br />

Moskauer Großfürst Iwan III. (1440–1505).<br />

Deutscher Holzschnitt 16. Jh.<br />

5. Печать Ивана III с изображением двуглавого орла. 1497<br />

Siegel Iwan III. mit dem Doppeladler. Urkunde.1497<br />

5<br />

6. Император Священной Римской<br />

империи Сигизмунд I (1378–1437)<br />

с атрибутами императорской и<br />

королевской власти. Гравюра из хроники<br />

У. фон Рихтенталя. 1536<br />

Kaiser des Heiligen Römischen Reiches<br />

Sigismund I. (1378–1437) mit Attributen<br />

der kaiserlichen und königlichen Macht.<br />

Holzschnitt aus der Chronik des<br />

U. von Richtental. 1536<br />

7<br />

7. Немецкая слобода в Москве.<br />

Рисунок из альбома имперского посла<br />

барона А. Мейерберга. 1661–1662<br />

Moskauer Deutsche Vorstadt.<br />

Zeichnung aus dem Album des kaiserlichen<br />

Gesandten Baron A. Meierberg. 1661–1662<br />

8. Великий князь Московский Василий III<br />

(1479–1533). С немецкой гравюры XVI в.<br />

Moskauer Großfürst Wasilij III. (1479–1533).<br />

Deutscher Holzschnitt. 16. Jh.<br />

9. Император Священной Римской империи<br />

Максимилиан I (1459–1519). А. Дюрер. 1519.<br />

Музей истории искусств, Вена<br />

Kaiser des Heiligen Römischen Reiches<br />

Maximilian I. (1459–1519). A. Dürer. 1519.<br />

Kunsthistorisches Museum, Wien<br />

8 9


8 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Reiches Deutscher Nation. In der Urkunde Maximilians<br />

an Wassili ist die Rede vom Beginn einer ewig währenden<br />

guten Freundschaft zwischen beider Staaten und Kindern,<br />

von einem Militärbündnis gegen gemeinsame Feinde<br />

und von freier Durchreise für Gesandte und Kaufleute.<br />

Maximilian nannte Wassili „Cäsar von Gottes Gnaden“,<br />

also Kaiser oder Imperator.<br />

Im 16. und 17. Jahrhundert stieg die Zahl der in russischen<br />

Diensten stehenden Deutschen auf mehrere Tausend an.<br />

In Archangelsk entstand zu Beginn des 17. Jahrhunderts<br />

ein neues Handelszentrum mit ausländischen Kaufleuten,<br />

das man später Deutsche Vorstadt nannte. Zur gleichen<br />

Zeit tauchen auch in der Deutschen Vorstadt in Pskow<br />

Kaufleute der Hanse auf.<br />

Unter Peter I. nahm Russland eine stürmische Entwicklung,<br />

die auf den wissenschaftlichen und beruflichen Kenntnissen<br />

und Fertigkeiten ausländischer Fachleute basierte. Bereits in<br />

jungen Jahren lernte Peter, der sich für das Leben und die<br />

Denkweise der Ausländer, darunter auch der Deutschen,<br />

in der Deutschen Vorstadt an der Jausa, einem Moskauer<br />

Flüsschen, interessierte, viel Nützliches für Russland kennen,<br />

widmete sich selbst modernen Wissenschaften und Gewerken,<br />

und regte auch seine Umgebung dazu an. Bekannt sind<br />

seine Auslandsreisen, auf denen er große Anstrengungen<br />

unternahm, um die für Russlands Entwicklung so dringend<br />

benötigten Gelehrten, Ingenieure, Ärzte, Militärs und Handwerksmeister<br />

zu gewinnen. Auch in St. Petersburg entstand<br />

eine Deutsche Vorstadt, in der sich hauptsächlich Offiziere,<br />

ausländische Gesandte, Höflinge, deutsche Handwerker und<br />

Kaufleute sowie Seeleute niederließen.<br />

Kaiserin Elisabeth I., die Peter auf dem russischen Thron<br />

folgte, setzte die von ihm begonnene Expansion in den<br />

Süden, zum Asowschen und Schwarzen Meer, erfolgreich<br />

fort. Um die eroberten Gebiete zu erschließen, begann<br />

sie verschiedene Gruppen von Ausländern zu holen.<br />

Abb. 10, 11 Илл. 10, 11<br />

германской нации Максимилианом I. В грамоте Максимилиана<br />

Василию говорится об установлении между<br />

государями и детьми их доброй дружбы навечно,<br />

о военном союзе против общих врагов, свободном<br />

проезде посланников и торговых людей. Василия<br />

Максимилиан именовал «божьей милостью цесарь»,<br />

т. е. император.<br />

В XVI–XVII вв. количество немцев на русской службе<br />

возросло до нескольких тысяч. В Архангельске<br />

с начала XVII в. развивается новый центр торговли<br />

с иностранными купцами, получивший впоследствии<br />

название Немецкой слободы. С этого же времени<br />

ганзейские купцы появляются в Немецкой слободе<br />

Пскова.<br />

При Петре I Россия вступила в эпоху бурного развития,<br />

в основу которого легли научные и профессиональные<br />

знания и навыки иностранных<br />

специалистов. Уже в юношеском возрасте Петр, познакомившийся<br />

в Немецкой слободе на Яузе с бытом<br />

и образом мышления иностранцев, в том числе<br />

немцев, увидел там много полезного для России и сам<br />

обучался новым наукам и ремеслам, сподвигая на это<br />

же свое окружение. Общеизвестны его зарубежные<br />

путешествия, во время которых он прикладывал<br />

немало усилий, чтобы заполучить необходимых для<br />

развития России ученых, инженеров, медиков, военных,<br />

мастеров различных профессий. В Санкт-<br />

Петербурге также появилась Немецкая слобода,<br />

где, как правило, селились офицеры, иностранные<br />

посланники, царские придворные, немецкие ремесленники<br />

и купцы, матросы.<br />

Преемница Петра на российском престоле, императрица<br />

Елизавета I успешно продолжала начатую им<br />

экспансию на юг, к Азовскому и Черному морям. Для<br />

освоения новоприобретенных территорий она начала<br />

10 11


Немцы в российской истории 9<br />

Diese ausländische Kolonisierung erreichte aber nur ein<br />

bescheidenes Ausmaß.<br />

Mit der Inthronisierung Katharinas II. erhielt die innen-<br />

und außenpolitische Entwicklung, wie schon unter<br />

Peter I., einen mächtigen Impuls. Sie verpflichtete nicht<br />

nur Ausländer per Vertrag zum Dienst für Russland,<br />

sondern setzte auch auf die damals in Europa populäre<br />

Theorie des Bevölkerungswachstums im eigenen Staat. Mit<br />

dem Manifest vom 4. Dezember 1762 lud sie Ausländer<br />

dazu ein, sich in Russland niederzulassen, und versuchte<br />

einst ins Ausland geflüchtete russische Untertanen in<br />

ihre Heimat zurück zu holen. Dieses Manifest wurde in<br />

mehreren europäischen Sprachen und sogar in Arabisch<br />

veröffentlicht. Einen Zustrom von Ausländern bewirkte<br />

es allerdings nicht.<br />

Das Manifest vom 22. Juli 1763, in dem allen Ausländern<br />

erlaubt wurde, nach Russland zu kommen und sich, ausgestattet<br />

mit bestimmten Privilegien, in einem Gouvernement<br />

ihrer Wahl niederzulassen, stieß in dem von den Folgen des<br />

Siebenjährigen Krieges (1756–1763) arg in Mitleidenschaft<br />

gezogenen Mitteleuropa, vor allem aber in den deutschen<br />

Ländern, auf großes Interesse. Die für alle Zeiten in Aussicht<br />

gestellten Freiheiten bei der Religionsausübung und<br />

die Befreiung vom Wehrdienst versprachen Frieden und<br />

Wohlstand, was Zehntausende dazu bewegte, sich auf den<br />

Weg nach Russland zu machen. Nach ihrer Ankunft auf<br />

russischem Boden und dem Treuegelöbnis gegenüber dem<br />

russischen Thron wurden sie russische Untertanen. In den<br />

folgenden 250 Jahren erlebte Russland die Napoleonischen<br />

Kriege, den Ersten und Zweiten Weltkrieg, wirtschaftlichen<br />

Aufschwung und Hungersnöte. Auch die Beziehungen zu<br />

Deutschland waren voller Widersprüche. So gab es dynastische<br />

Beziehungen zwischen den Monarchen und Militärbündnisse,<br />

aber auch Konfrontationen, die bis zu den beiden<br />

Weltkriegen und dem späteren Kalten Krieg führten.<br />

Abb. 12<br />

Abb. 13, 14<br />

привлекать различные группы иностранцев. Большого<br />

размаха эта иностранная колонизация, однако, не<br />

получила.<br />

С восхождением на престол Екатерины II внутриполитическое<br />

и внешнеполитическое развитие вновь, как и<br />

при Петре, получило мощный импульс. Она не только<br />

привлекла иностранцев на российскую службу по контракту,<br />

но и применила популярную в то время в Европе<br />

теорию приращения населения в своем государстве.<br />

Манифестом от 4 декабря 1762 г. она пригласила иностранцев<br />

к переселению в Россию, а бежавших ранее<br />

за границу российских подданных к возвращению<br />

в свое отечество. Этот манифест был опубликован<br />

на нескольких европейских языках, а также арабском,<br />

но притока иностранцев не вызвал.<br />

Манифест «О дозволении всем иностранцам, в Россию<br />

въезжающим, поселяться в которых губерниях<br />

они пожелают и о дарованных им правах» от 22 июля<br />

1763 г. вызвал большой интерес в пострадавшей в результате<br />

Семилетней войны (1756–1763) Центральной<br />

Европе, прежде всего в немецких государствах. Дарованные<br />

на вечные времена свобода вероисповедания<br />

и освобождение от военной службы сулили мир и<br />

благополучие, ради которых десятки тысяч людей<br />

разных сословий подались в Россию. После прибытия<br />

на российскую землю и принятия присяги на верность<br />

российскому престолу они становились российскими<br />

подданными. За прошедшие с тех пор два с половиной<br />

века Россия пережила наполеоновские войны, Первую<br />

и Вторую мировые войны, экономический подъем<br />

и трагедии голода. Взаимоотношения с Германией<br />

также были полны противоречий. Они включали как<br />

династические связи монархов и военные союзы, так<br />

и противостояние, вылившееся в две мировые войны<br />

и времена «холодной войны».<br />

Илл. 12<br />

Илл. 13, 14<br />

10. Имперский дипломат С. Герберштейн (1486–1566)<br />

в русском одеянии, пожалованном ему великим князем<br />

Василием III. С немецкой гравюры. 1526<br />

Kaiserlicher Gesandter S. Herberstein (1486–1566) in einem<br />

vom Großfürsten Wasilij III. geschenkten Gewand. Deutscher<br />

Holzschnitt. 1526<br />

11. Посольство Ивана IV Грозного в Регенсбурге в 1576 г.<br />

С гравюры XVI в.<br />

Gesandtschaft Iwans IV. Schrecklichen in Regensburg<br />

1576. Holzschnitt. 16. Jh.<br />

12. Императрица российская Екатeрина II (1729–1796).<br />

Ф.С. Рокотов. 1763. Государственная Третьяковская<br />

галерея, Москва<br />

Russische Kaiserin Katharina II. (1729–1796).<br />

F. S. Rokotow. 1763. Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau<br />

12


Немцы в российской истории 11<br />

Die Ausstellung „Deutsche in der russischen Geschichte“,<br />

die dem 250. Jahrestag der Einladung von Kolonisten durch<br />

Kaiserin Katharina II. gewidmet ist, hat sich zum Ziel gesetzt,<br />

die Geschichte der deutschen Bevölkerung in Russland,<br />

deren vielschichtigen und innovativen Beitrag zur Entwicklung<br />

des Landes, die tragischen Seiten der Geschichte des<br />

20. Jahrhunderts und die gegenwärtige Situation darzustellen.<br />

Die Ausstellung und der Bildband dazu umfassen einen<br />

Zeitraum von mehr als drei Jahrhunderten, beginnend mit<br />

der Epoche Peters I. Viel Platz wird den Geschehnissen im<br />

20. Jahrhundert eingeräumt, die vielen Zeitgenossen noch<br />

gut in Erinnerung sind und entscheidend zur Herausbildung<br />

der Identität der heute lebenden Generationen beigetragen<br />

haben. Die Wissenschaftler konnten noch nicht abschließend<br />

klären, ob die Russlanddeutschen ein Teil der Akkulturation<br />

und Assimilation unterliegenden Deutschen Kulturnation,<br />

ob sie eine nationale bzw. ethnische Gruppe, eine nationale<br />

Minderheit, eine Subethnie oder bereits eine eigene Ethnie<br />

verkörpern. Mehr als zwei Drittel von ihnen siedelten<br />

im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts nach Deutschland<br />

über, das sie selbst als „historische Heimat“ bezeichnen,<br />

und ein Drittel lebt in der Russischen Föderation und in<br />

den Ländern der GUS. Sie alle haben darüber hinaus noch<br />

ihre sogenannte „Kleine Heimat“, den Ort, an dem ihre<br />

Vorfahren lebten, wo sie selbst und ihre Kinder geboren<br />

wurden. Gutnachbarschaftliche Beziehungen zwischen der<br />

Russischen Föderation und Deutschland und die Unterstützung<br />

der Russlanddeutschen durch beide Staaten haben<br />

Bedingungen geschaffen, unter denen es möglich wurde,<br />

sich selbst zu verwirklichen, welche Wahl auch immer sie<br />

trafen. Viele sehen die Russlanddeutschen als Bindeglied,<br />

als eine Brücke der Freundschaft zwischen Russland und<br />

Deutschland.<br />

Выставка «Немцы в российской истории», посвященная<br />

250-летию приглашения колонистов<br />

императрицей Екатериной II, имеет целью показать<br />

историю немецкого населения России, его<br />

многогранный инновационный вклад в развитие<br />

страны, трагические стороны в период ХХ в. и<br />

положение на современном историческом этапе.<br />

Выставка и альбом к ней охватывают более трех<br />

столетий, начиная с эпохи Петра I. Много места<br />

уделено событиям ХХ в., которые еще свежи<br />

в памяти современников и оказали значительное<br />

влияние на формирование идентичности<br />

ныне живущих поколений. Ученые еще не смогли<br />

однозначно определить, являются ли российские<br />

немцы частью подверженной аккультурации и ассимиляции<br />

немецкой культурной нации (Deutsche<br />

Kulturnation) или национальной (этнической) группой,<br />

национальным меньшинством, субэтносом<br />

или уже сформировавшимся этносом. Более двух<br />

третей из них переселились в последней четверти<br />

ХХ в. в Германию, которую они называют своей<br />

исторической Родиной, а около трети проживают<br />

в Российской Федерации и странах СНГ. У<br />

них есть еще и так называемая малая родина,<br />

местность, в которой жили их предки, родились<br />

они сами и их дети. Добрососедские отношения<br />

между Российской Федерацией и Германией, поддержка<br />

обоими государствами российских немцев<br />

создали условия, при которых стало возможным<br />

реализовать себя, какой бы выбор они ни сделали.<br />

Многие из них видят российских немцев связующим<br />

звеном, мостом дружбы между Россией<br />

и Германией.<br />

13. Карта немецких колоний на Волге. А. Трипер. 1777.<br />

© Государственный исторический музей, Москва<br />

Karte der deutschen Kolonien an der Wolga. A. Triper. 1777.<br />

© Staatliches Historisches Museum, Moskau<br />

14. Эскиз медали в память приглашения иностранных колонистов<br />

в Россию. 1760-e гг. Российский государственный архив<br />

древних актов, Москва. Прорисовка Г. Вильмса<br />

Skizze einer Medaille zur Erinnerung an die Einladung<br />

ausländischer Kolonisten nach Russland. 1760er Jahre. Russisches<br />

Staatsarchiv Alter Akten, Moskau. Zeichnung von G. Willms<br />

14


12 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Deutsche im Militär- und<br />

Staatsdienst des Russischen Reiches<br />

Немцы на военной и государственной<br />

службе Российской империи<br />

S. Nelipowitsch (Moskau)<br />

С. Нелипович (Москва)<br />

Erstmals treten Deutsche im 16. Jahrhundert als<br />

Angehörige des Standes „bediensteter Ausländer“<br />

im Militärdienst des Russischen Staates in Erscheinung.<br />

So merkwürdig es klingen mag, waren doch die<br />

Konflikte der Moskauer Großfürsten mit Litauen und<br />

dem Livländischen Orden der Auslöser für die Anwerbung<br />

von Ausländern zum Militärdienst, da sich die eigenen<br />

Truppen für den aus damaliger Sicht modernen Krieg als<br />

zu schlecht ausgebildet erwiesen. Ähnlich war die Situation<br />

in jener Zeit auch im Königreich Polen, seit Ende<br />

des 16. Jahrhunderts Rzeczpospolita, wohin es ebenfalls<br />

Militärs aus deutschen Ländern zog. Damals tobten in<br />

den deutschen Fürstentümern Religionskriege, wodurch<br />

es dort eine Menge Berufssoldaten gab, die bereit waren,<br />

ihren Degen teuer zu verkaufen, sowie eine Vielzahl von<br />

Spezialisten, die ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten unter<br />

ruhigeren Verhältnissen einsetzen wollten. Im Großen<br />

und Ganzen konnte der Moskauer Staat solche stabilen<br />

Einkommen bieten, auch wenn man zu den Ausländern<br />

eine gewisse Distanz hielt und versuchte, ihnen den<br />

eigenen Glauben aufzudrängen. In den 150 Jahren, in<br />

denen Militärs hauptsächlich aus deutschen Ländern in<br />

der russischen Armee dienten, führten sie hier, vor allem<br />

während der Herrschaft der ersten Romanows, Elemente<br />

westeuropäischer Kriegskunst und Lebensart ein.<br />

Bis zur Regierungszeit Peters I. war diese Gruppe zahlenmäßig<br />

gar nicht so groß und hielt sich, bedingt durch den<br />

Alltag, die Besonderheiten des Dienstes und des Glaubens,<br />

abseits von der russischen Gesellschaft. Aber bereits zu<br />

Beginn des 19. Jahrhunderts waren die aus Deutschland<br />

stammenden Militärs und Teile des baltischen Adels, der<br />

schon seit Generationen im russischen Militärdienst stand,<br />

völlig in das russische Offiziers- und Beamtenkorps integriert,<br />

unterschieden sich kaum noch von diesen und lebten<br />

nach den Regeln des adeligen Standes. Das war eine Folge<br />

der Liberalisierung des höfischen und städtischen Lebens<br />

Немцы на военной службе Русского государства<br />

появляются в XVI в. как часть<br />

сословия «служилых иноземцев». Как ни<br />

странно это может показаться, побудительной причиной<br />

для приглашения на военную службу стали<br />

конфликты московских великих князей с Литвой<br />

и Ливонским орденом, в ряде которых проявилась<br />

неподготовленность московских поместных ратей<br />

к современной для той эпохи войне. Схожие процессы<br />

наблюдались в это время и в Польском королевстве<br />

(с конца ХVI в. – Речь Посполитая), куда<br />

также устремились выходцы из германских земель.<br />

Германские княжества в этот период были охвачены<br />

религиозными войнами, что дало массу профессиональных<br />

военных, готовых дорого продать<br />

свою шпагу, и большое количество специалистов,<br />

желавших использовать свои навыки и способности<br />

в более стабильной обстановке. Московское<br />

государство в целом могло обеспечить такой стабильный<br />

заработок, несмотря на определенное отчуждение<br />

и попытки навязать свою веру. На протяжении<br />

полутораста лет немецкие выходцы служили<br />

в основном в русском войске, постепенно привнося<br />

в него, особенно в царствование первых Романовых,<br />

элементы западноевропейского военного искусства<br />

и черты быта.<br />

Вплоть до царствования Петра I эта группа не являлась<br />

многочисленной и была обособлена от русского<br />

общества – бытом, особенностями службы, религией.<br />

Но уже к началу XIX в. выходцы из Германии и<br />

часть остзейского дворянства, поколениями находившегося<br />

на военной службе, полностью сливаются<br />

с российским офицерским и чиновным корпусом,<br />

не выделяются из него и живут по законам дворянского<br />

сосло вия. Это последствие либерализации<br />

дворянского и городского быта при Петре Великом


Немцы в российской истории 13<br />

unter Peter dem Großen sowie der Angleichung der Rechte<br />

von ausländischen und baltischen Offizieren an die Rechte<br />

russischer Offiziere unter der Zarin Anna Iwanowna.<br />

Mit der Bildung des Russischen Reiches in den ersten<br />

zwanzig Jahren des 18. Jahrhunderts unter Peter dem<br />

Großen, der sich an den fortschrittlichen Erkenntnissen<br />

Westeuropas orientierte, lud man militärische und zivile<br />

Spezialisten unterschiedlichster Fachbereiche ein, in russische<br />

Dienste zu treten. Auch qualitativ änderte sich die<br />

Zusammensetzung der in russischen Diensten stehenden<br />

Deutschen. Während unter den ersten Zaren in der russischen<br />

Armee neben Offizieren auch einfache Söldner<br />

aus westeuropäischen Ländern dienten, waren Anfang<br />

des 18. Jahrhunderts Ausländer nur noch in den Führungsebenen<br />

vertreten. Nach 1711 befehligten Offiziere<br />

aus Deutschland 20 von 50 Infanterieregimentern und 13<br />

von 34 Dragonerregimentern. Ohne Hilfe der deutschen<br />

Offiziere wäre der Sieg Russlands über Schweden im<br />

Nordischen Krieg kaum möglich gewesen.<br />

Nach der Eingliederung Livlands und Estlands ins Russische<br />

Reich war auch der dort ansässige deutsche Adel zum<br />

Militärdienst für die russischen Herrscher verpflichtet. Bereits<br />

in der „Admiralitätsordnung“ von 1716 hieß es, dass<br />

den in Russland geborenen Nachkommen von Ausländern<br />

„die gleiche Ehre wie russischen Staatsbürgern zu erweisen<br />

ist“. Trotzdem gab es bis zur Inthronisierung Anna Iwanownas<br />

noch gravierende Unterschiede bei der Besoldung<br />

beider Kategorien. So erhielt ein ausländischer Oberst das<br />

Dreifache und der Sohn eines Ausländers das Doppelte<br />

vom Sold eines Obersts „russischer Abstammung“.<br />

Von 1730 bis1734 wurden in der russischen Armee unter<br />

Führung des Präsidenten des Militärkollegiums, Generalfeldmarschall<br />

Burkhard Christoph von Münnich, die<br />

notwendigen Reformen durchgeführt. So war ab 1731<br />

die Besoldung für alle Offiziere, unabhängig von ihrer<br />

Abb. 15, 16<br />

Abb. 17<br />

и уравнения в правах офицеров иностранного и<br />

балтийского происхождения с русскими при Анне<br />

Иоанновне.<br />

С образованием Российской империи в первое двадцатилетие<br />

XVIII в. при Петре Великом, ориентировавшемся<br />

на передовой опыт Западной Европы,<br />

на русскую службу стали приглашать как военных,<br />

так и гражданских специалистов различных областей.<br />

Качественно меняется состав прибывающих на службу<br />

немцев. Если при первых царях в русском войске<br />

наряду с офицерами служили и рядовые наемники<br />

из стран Западной Европы, то к началу XVIII в. иностранцы<br />

представлены только командным составом.<br />

После 1711 г. выходцы из Германии командуют 20 пехотными<br />

полками из 50 и 13 драгунскими полками<br />

из 34. Без помощи немецких офицеров победа России<br />

над Швецией в Великой Северной войне вряд ли была<br />

бы возможна.<br />

После включения в состав империи Лифляндии и Эстляндии<br />

местное немецкое дворянство также оказалось<br />

обязанным военной службой российским государям.<br />

Уже в Адмиралтейском регламенте 1716 г. подчеркивалось,<br />

что потомки иноземцев, родившиеся в России,<br />

«яко россияне почтены имеют быть». Тем не менее<br />

вплоть до воцарения Анны Иоанновны жалованье<br />

этих категорий серьезно различалось. Так, полковникиноземец<br />

получал в три раза, а сын иностранного<br />

выходца в два раза больше, чем полковник «из природных<br />

россиян».<br />

В 1730–1734 гг. под руководством президента Военной<br />

коллегии генерал-фельдмаршала Б.К. фон Миниха<br />

(правильнее Мюнних) в русской армии были<br />

проведены необходимые реформы. В частности,<br />

с 1731 г. все офицеры независимо от происхождения<br />

были уравнены в жалованье, вместо беспорядочных<br />

Илл. 15, 16<br />

Илл. 17<br />

15 16<br />

15. Великое посольство Петра I в страны Западной Европы 1697–1698.<br />

С гравюр Маркуса. [1699]<br />

Grosse Gesandtschaft Peters I. nach Westeuropa 1697–1698.<br />

Radierungen von Markus. [1699]<br />

16. Второе издание принятого Петром I<br />

«Устава воинского …» на русском и немецком<br />

языках. Титульный лист. 1737<br />

Zweite Auflage des von Peter I. bestätigten<br />

„Kriegsreglement…“ in russischer und deutscher<br />

Sprache. Titelblatt. 1737


14 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 18<br />

Abb. 19, 20<br />

Abb. 21, 22<br />

Abstammung, gleich, und die chaotische Aushebung von<br />

Rekruten wurde durch ein Lossystem ersetzt, wobei Alleinernährer<br />

einer Familie vom Militärdienst frei gestellt waren.<br />

Diese Regelung galt mit einigen Änderungen bis zur Oktoberrevolution<br />

im Jahre 1917. Der Dienst für gemeine Soldaten<br />

wurde auf zehn Jahre begrenzt, es gab einen halbjährlichen<br />

Urlaub für Soldaten, und es wurde die erste militärische Lehranstalt<br />

in Russland, das Adelige Kadettenkorps der Infanterie<br />

gegründet, in dem der baltische Adel jährlich zu 25 % vertreten<br />

sein sollte. Darüber hinaus wurden Regimentsschulen<br />

eröffnet und Offiziersprüfungen eingeführt. Es entstanden<br />

erste Regimenter der schwere Kavallerie (Kürassiere) und<br />

der leichten Kavallerie (Husaren).<br />

Mit dem Namen Münnichs verbinden sich die ersten glorreichen<br />

Siege über die Franzosen bei der Festung Weichselmünde<br />

(1734), über das Osmanisches Reich bei Stawutschany (1739)<br />

oder bei der Eroberung Danzigs (1734). Später wird man<br />

die Regierungszeit der Zarin Anna Iwanowna als „deutsche<br />

Vorherrschaft“ abstempeln. Die Fakten sprechen aber eine<br />

andere Sprache. In der russischen Generalität kamen auf<br />

zehn Deutsche 68 Russen, also viel mehr, als beispielsweise<br />

während des Vaterländischen Krieges von 1812. Im zivilen<br />

Dienst waren unter den Beamten der ersten drei Ränge lediglich<br />

sieben Deutsche, aber 55 Russen.<br />

Die Regierungszeit Peters des Großen bot Deutschen nicht<br />

nur beim Militär, sondern auch im zivilen Bereich große<br />

Möglichkeiten. Für das Land, das durch seine Veränderungen<br />

im Konzert der europäischen Großmächte mitspielen durfte,<br />

war das diplomatische Parkett von herausragender Bedeutung.<br />

Neben der gängigen Praxis, zeitlich begrenzte oder ständige<br />

Aufträge an Ausländer in verschiedenen Ländern zu vergeben,<br />

entstand allmählich ein Korps ständiger Vertreter (Minister,<br />

Räte, Sekretäre) an den europäischen Höfen und an der<br />

Hohen Pforte, und es wurde ein Kollegium für auswärtige<br />

Angelegenheiten gegründet. Die herausragende Persönlichkeit<br />

Илл. 18<br />

Илл. 19, 20<br />

Илл. 21, 22<br />

рекрутских наборов введен набор по жребию<br />

с освобождением от службы единственных кормильцев<br />

семей (просуществовал с некоторыми<br />

изменениями вплоть до Октябрьской революции<br />

1917 г.). Служба рядовых солдат была ограничена<br />

10 годами, введены полугодовые отпуска для солдат,<br />

основано первое в России военно-учебное заведение<br />

– Шляхетский сухопутный кадетский корпус<br />

(ежегодно 25 % от набора должны были составлять<br />

остзейские дворяне), устроены полковые школы,<br />

экзамены на офицерский чин. Были образованы<br />

первые полки тяжелой кавалерии (кирасиры) и<br />

легкой кавалерии (гусары).<br />

С именем Миниха были связаны первые громкие победы<br />

над французами при Вейксельмюнде (1734), над<br />

Османской империей под Ставучанами (1739), взятие<br />

Данцига (1734). Впоследствии правление Анны<br />

Иоанновны назовут «немецким засильем», однако<br />

факты этому противоречат – среди российского<br />

генералитета на 10 немцев приходилось в то время<br />

68 русских – куда больше, чем, например, во время<br />

Отечественной войны 1812 г. На гражданской службе<br />

среди чиновников первых трех классов немцев<br />

было 7, а русских – 55.<br />

Эпоха Петра Великого открыла возможности выходцам<br />

из немецких земель не только для военной,<br />

но и для гражданской службы. Важнейшее значение<br />

для страны, введенной путем преобразований<br />

в «концерт» великих держав Европы, имело дипломатическое<br />

поприще. Наряду с временными или<br />

даже постоянными дипломатическими поручениями<br />

иностранцам создается штат постоянных представителей<br />

(министров, советников, секретарей) при европейских<br />

дворах и Оттоманской Порте, образуется<br />

Коллегия иностранных дел. Наиболее выдающимся<br />

18<br />

17. Фельдмаршал граф Б.-К. фон Миних (1683–1767).<br />

С гравюры Е. Чемесова. 1764<br />

Feldmarschall Graf B.-Ch. von Münnich (1683–1767).<br />

Radierung von E. Tschemesow. 1764<br />

17<br />

18. Шляхетский кадетский корпус на плане С.-Петербурга.<br />

Фрагмент плана. 1853<br />

Schlachta-Kadettenkorps auf dem Plan von St. Petersburg.<br />

Fragment des Stadtplans. 1853


19<br />

19. Сражение при Ставучанах (1739) между турецкой армией<br />

и российской, под командованием Миниха.<br />

Фрагмент плана битвы. [1840]<br />

Schlacht nahe Stawutschany (1739) zwischen der türkischen Armee<br />

und der russischen Armee unter dem Befehl von Münnichs.<br />

Fragment des Schlachtplans. [1840]<br />

20. Ладожский канал, завершенный в бытность Б. Миниха генералгубернатором<br />

Ингерманландии, Карелии и Финляндии.<br />

Картуш и фрагмент карты И. Е. Гриммеля. 1742<br />

Ladoga-Kanal, fertiggestellt in der Dienstzeit B. Münnichs als<br />

General-Gouverneur von Ingermanland, Karelien und Finnland.<br />

Kartusche und Fragment der Karte. J. E. Grimmel. 1742<br />

20<br />

21. Барон Иероним фон Мюнхгаузен (1720–1797),<br />

историческое лицо и литературный персонаж,<br />

15 лет состоял на военной службе в России.<br />

Портрет по фотографии утерянной картины<br />

Г. Брукнера (1752). 2007. Музей Мюнхгаузена,<br />

Боденвердер<br />

Hieronymus Baron von Münchhausen (1720–1797).<br />

Person und literarische Gestalt, stand 15 Jahre lang<br />

im russischen Kriegsdienst. Ölbild nach einem Foto<br />

des verschollenen Portraits von G. Bruckner (1752).<br />

2007. Münchhausen-Museum, Bodenwerder<br />

22. Мюнхгаузен верхом на ядре. Иллюстрация<br />

к «Приключениям Мюнхгаузена». С гравюры<br />

А. фон Вилле. Середина XIX в.<br />

Münchhausens Ritt auf der Kanonenkugel.<br />

Illustration zu „Münchhausens einzig wahre<br />

Erlebnisse …“. Nach einer Radierung<br />

von A. von Wille. Mitte des 19. Jh.<br />

22<br />

21


16 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 23<br />

Abb. 24<br />

Abb. 25–27<br />

unter den Deutschen im außenpolitischen Dienst Russlands in<br />

der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war zweifellos Heinrich<br />

Johann Friedrich Graf Ostermann, der vom Sekretär bis zum<br />

Kanzler und Großadmiral aufstieg.<br />

Er war es auch, der 1725 die Aufgaben der Außenpolitik des<br />

Russischen Reiches und die Perspektiven der Beziehungen zu<br />

den führenden Großmächten Europas formulierte. Sein Kurs<br />

auf ein Bündnis mit dem Kaiserreich Österreich ermöglichte die<br />

Festigung und Sicherung der neuen Grenzen Russlands, zwang<br />

die Nachbarn, die Eroberungen Peters I. anzuerkennen, bereitete<br />

der ständigen Angst vor dem Krim-Khanat ein Ende und<br />

ermöglichte wieder den Zugang zum Asowschen Meer. Dank<br />

der Bemühungen Ostermanns gab es einen 30 Jahre währenden<br />

Frieden in den Beziehungen zum Osmanischen Reich und<br />

festigten sich die Positionen der russischen Kaufleute in den<br />

Ländern des Orients. Russland etablierte sich als Schiedsrichter<br />

für Europa. Auch die beiden Söhne Ostermanns vertraten<br />

Russlands Interessen auf internationalem Parkett.<br />

Für die Entwicklung des Bergbaus engagierte Peter I. ebenfalls<br />

ausländische Fachleute. Dabei ging es um Bergbauingenieure<br />

und Techniker, die in erster Linie aus Sachsen kamen und<br />

auf Vertragsbasis arbeiteten. Zu den Ersten gehörte der<br />

sächsische Bergmeister Johann Friedrich Blüher, einer der<br />

Begründer des Bergbaus und Gründer des Bergkollegiums,<br />

dessen 30-jährige Tätigkeit eng mit dem Bau der ersten<br />

Bergwerke im Ural und der Erkundung von Erzlagerstätten<br />

in verschiedenen Regionen des Landes verbunden ist. Bekannt<br />

ist auch der Kupfergießmeister Johann Gottlieb Uhlig, der<br />

die Bergbauindustrie im Ural und in Sibirien aufbaute. Eine<br />

Sonderstellung unter den Bergleuten nimmt der aus Siegen<br />

stammende Georg Wilhelm de Hennin ein, den Peter I.<br />

1697 ins Land holte: ein begabter Ingenieur, Festungsbauer,<br />

Architekt und glänzender Organisator. Er gründete Jekaterinburg<br />

und mehr als ein Dutzend Bergbaubetriebe, brachte es<br />

bis zum russischen General und stand mehr als 50 Jahre in<br />

Илл. 23<br />

Илл. 24<br />

Илл. 25–27<br />

немцем на внешнеполитической службе России<br />

первой половины XVIII в., безусловно, является<br />

граф А. И. Остерман, прошедший путь от секретаря<br />

до канцлера и гросс-адмирала.<br />

Именно он в 1725 г. сформулировал задачи внешней<br />

политики Российской империи и перспективы развития<br />

отношений с ведущими державами Европы.<br />

Его курс на союз с Австрийской империей позволил<br />

укрепить и гарантировать новые границы России,<br />

заставить соседей признать петровские завоевания,<br />

покончить с постоянным страхом перед Крымским<br />

ханством, вернуть выход в Азовское море. Усилиями<br />

А. И. Остермана был обеспечен 30-летний мирный<br />

период отношений с Османской империей, укреплены<br />

позиции русского купечества в странах Востока.<br />

Россия стала арбитром Европы. Представляли интересы<br />

России на международной арене и оба сына<br />

А. И. Остермана.<br />

Для развития горного дела Петр I также привлек иностранных<br />

специалистов. Это были горные и технические<br />

мастера, прежде всего из Саксонии, работавшие<br />

на контрактной основе. В числе первых – саксонский<br />

мастер И. Ф. Блюэр, один из основателей горного<br />

дела, инициатор создания Берг-коллегии, чья 30-летняя<br />

деятельность связана со строительством первых<br />

горных заводов на Урале, поиском руд в различных<br />

регионах. Также известен медеплавильный мастер<br />

И. Улих – организатор горной отрасли на Урале<br />

и в Сибири. Особое место среди горных деятелей<br />

занимает уроженец Зигена В. И. де Геннин, приглашенный<br />

Петром I в 1697 г. Искусный инженер,<br />

фортификатор, архитектор, блестящий организатор,<br />

основатель Екатеринбурга и создатель более десятка<br />

горнопромышленных предприятий, он стал российским<br />

генералом и более 50 лет посвятил служению<br />

24<br />

24. Оттиск печати И. Ф. Блюэра<br />

(1674 – после 1731).<br />

Прорисовка В. Топоркова<br />

Abdruck des Siegels von<br />

J. F. Bluher (1674 – nach 1731).<br />

Zeichnung von V. Toporkow<br />

23 25<br />

23. Граф А. И. Остерман (1687–1747). Неизвестный художник.<br />

1730-е гг. © Государственный исторический музей, Москва<br />

Graf A. I. Ostermann (1687–1747). Unbekannter Maler.<br />

1730er Jahre. © Staatliches Historisches Museum, Moskau.<br />

25. Генерал В. де Геннин (1676–1750). Неизвестный художник.<br />

1740-е гг. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />

General W. de Hennin (1676–1750). Unbekannter Maler.<br />

1740er Jahre. Staatliche Eremitage, St. Petersburg


Немцы в российской истории 17<br />

russischen Diensten. Zu seinem Nachlass gehört das erste<br />

Handbuch Russlands für Bergbau und Metallurgie.<br />

In der Regierungszeit Anna Iwanownas, die sich ebenfalls<br />

auf die sächsischen Erfahrungen im Bergbau stützte, holte<br />

man auf die gleiche Weise Fachleute aus dem Ausland.<br />

Sie kamen über die Route Freiberg–Danzig–St. Petersburg.<br />

Dutzende Deutsche zogen an verschiedene Orte in<br />

ganz Russland. Unter ihnen auch Johann Christiani, der<br />

Begründer der Silberschmelze im Altai, der die Vorhaben<br />

des Erfinders I. I. Polsunow unterstützte und diesen beim<br />

Bau seiner „Feuermaschine“ tatkräftig unterstützte.<br />

Das Wissen der Ausländer, das man bei der Erkundung von<br />

Erzlagern, beim Bau staatseigener Bergwerke, beim Ausbau<br />

von Gruben, Bergwerken und Vorkommen sowie zur Verbesserung<br />

technischer Verfahren nutzte, ermöglichte den<br />

Aufbau der Kupfer- und Eisenproduktion und in der Folge<br />

die Modernisierung metallurgischer Betriebe und Gießereien.<br />

Eine Bedingung in den Verträgen mit Ausländern war,<br />

dass sie ihre russischen Schüler „nach bestem Wissen und<br />

Gewissen“ unterrichteten. Die Ausbildung verlief so erfolgreich,<br />

dass schon bald in der gesamten Bergbaubranche ausgebildete<br />

russische Fachkräfte zur Verfügung standen.<br />

Groß war auch der Anteil der Deutschen an der Entwicklung<br />

der Waffenproduktion und Münzprägung. Der Metallurge<br />

Johann Schlatter verfasste die ersten russischsprachigen Handbücher<br />

für die Gold- und Silbermetallurgie und entwickelte ein<br />

Verfahren zur Gewinnung von Gold aus goldhaltigem Silber,<br />

das von 1746 bis 1820 unverändert angewandt wurde.<br />

Zunehmend wurden auch ausländische Wissenschaftler<br />

eingeladen, in russische Dienste zu treten. Da im Russischen<br />

Reich alle wissenschaftlichen Einrichtungen staatliche<br />

Institutionen waren, gab es im 18. Jahrhundert das einmalige<br />

Phänomen von Wissenschaftlern im Staatsdienst. An<br />

der neueröffneten Akademie der Wissenschaften wirkten<br />

die deutsche Wissenschaftler Johann Christian Buxbaum,<br />

Abb. 28–33<br />

России. Его наследие – первое в России руководство<br />

по горному и металлургическому делу.<br />

В правление Анны Иоанновны, ориентировавшейся<br />

на саксонский горный опыт, усиленно практиковался<br />

тот же способ привлечения специалистов из-за<br />

границы. Их прибытие осуществлялось по маршруту<br />

Фрейберг–Данциг–Петербург. Десятки немцев<br />

отправились в различные уголки России. Среди них<br />

И. Христиани – основатель сереброплавильного дела<br />

на Алтае, поддерживавший начинания изобретателя<br />

И. И. Ползунова, которому оказал значительную<br />

помощь в строительстве «огненной машины».<br />

Знания приглашенных иностранцев, использовавшиеся<br />

для разведки руд, при строительстве казенных<br />

горных заводов, в обустройстве рудников, приисков<br />

и копей, для совершенствования технических<br />

приемов, позволили наладить медеплавильное дело,<br />

выплавку чугуна и выделку железа, а впоследствии<br />

модернизировать металлургическое и литейное производство.<br />

Одним из условий контрактов с иностранцами<br />

являлось обучение ими «по чистой совести»<br />

русских учеников, продвигавшееся настолько<br />

успешно, что довольно скоро во всех областях горнозаводского<br />

производства уже были подготовлены<br />

русские кадры.<br />

Велик вклад немцев в развитие оружейного и монетного<br />

дел. Металлург И. А. Шлаттер, ставший автором<br />

первых русскоязычных руководств по металлургии<br />

золота и серебра, разработал метод извлечения золота<br />

из золотистого серебра, который в неизменном<br />

виде использовался в течение 1746–1820 гг.<br />

Получило развитие и приглашение на российскую<br />

службу зарубежных ученых. Поскольку научные<br />

учреждения в Российской империи имели исключительно<br />

государственный статус, в XVIII в. во многом<br />

Илл. 28–33<br />

26. Екатеринбург. С гравюры Н. Я. Саблина. 1769<br />

Jekaterinburg. Nach einem Kupferstich von N. Ja. Sablin. 1769<br />

26


18 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Georg Bernhard Bilfinger, Johann und Samuel Gmelin, Peter<br />

Simon Pallas, Johann Gottlieb Georgi und August Ludwig<br />

von Schlözer. Zur zweiten Generation der im Staatsdienst<br />

stehenden Deutschen gehörten u. a. Johann Albrecht Euler<br />

und Gerhard Friedrich Müller.<br />

Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeichnete sich unter<br />

den Ausländern im Staatsdienst zunehmend die Tendenz ab,<br />

immer länger in russischen Diensten zu bleiben. Die Deutschen<br />

aus Deutschland, aus Kurland, das seit 1772 zum Russischen<br />

Reich gehörte, und aus dem Ermland wurden in die Körperschaften<br />

adeliger Staatsdiener aufgenommen. Dieser Vorgang<br />

fand in der Regierungszeit Katharinas II. und Pauls I. seinen<br />

Abschluss. Von den hohen Militärs aus jener Zeit sind u. a. die<br />

Generale Johann Michelsohn, Wilhelm Derfelden und Friedrich<br />

Graf von Anhalt bekannt, die sich während der Kriege Russlands<br />

gegen Schweden, das Osmanische Reich und die polnische<br />

Konföderation, während des Pugatschow-Aufstandes sowie auf<br />

Posten in der Verwaltung auszeichnen konnten.<br />

Viele der zu unterschiedlichen Zeiten eingestellten Bergbauspezialisten<br />

blieben auch nach dem Ablauf ihrer Verträge<br />

in Russland und wurden dessen Untertanen. So entstanden<br />

solche bekannten Bergbau-Dynastien wie die von A. Herrmann,<br />

A. A. Jossa, J. Schlatter oder W. Zimmermann, deren<br />

Angehörige über mehrere Generationen zum Wohle des<br />

Landes wirkten.<br />

Im Verlaufe von 100 Jahren stellten die ausländischen Staatsdiener<br />

aus Deutschland und dem Baltikum nicht nur einen<br />

gewichtigen Teil des russischen Adels, in dem sie fest verwurzelt<br />

waren, sondern nahmen auch spürbaren Einfluss<br />

auf die Entwicklung dieses Standes. Gerade zum Ende des<br />

18. Jahrhunderts gewannen die staatlichen Institutionen des<br />

Russischen Reiches und die städtischen Körperschaften zweifellos<br />

unter dem Einfluss der Deutschen ihre endgültige Form.<br />

Nicht mehr wegzudenken sind die Wappen des Adels und der<br />

Städte, die von einer Kommission unter Burkhard Christoph<br />

заметно уникальное явление – государственная<br />

служба ученых мужей. Во вновь открытой Академии<br />

наук трудились немецкие ученые И. К. Буксбаум,<br />

Г. Б. Бильфингер, Иоганн и Самуил Гмелины,<br />

П. С. Паллас, И. Г. Георги, А. Л. фон Шлёцер. Ко второму<br />

поколению служилых немцев принадлежали<br />

И. А. Эйлер, Г. Ф. Миллер и др.<br />

Со второй половины XVIII в. среди «служилых иноземцев»<br />

все более проявляется тенденция к длительному<br />

пребыванию на российской службе. Выходцы<br />

из германских земель, как и немцы Курляндии<br />

(с 1772 г. в составе Российской империи) и Эрмланда,<br />

вливаются в служилые корпорации русского дворянства.<br />

Этот процесс завершается во время правления<br />

Екатерины II и Павла I. Из военных деятелей<br />

этого времени известны генералы И. И. Михельсон,<br />

В. Х. Дерфельден, Ф. Е. Ангальт и др., отличившиеся<br />

как во время войн России против Швеции, Османской<br />

империи, польских конфедератов и восстания Е. Пугачева,<br />

так и на административных должностях.<br />

Многие из приглашенных в разное время горных<br />

специалистов и после окончания контрактов оставались<br />

в России, принимая ее подданство. А. Герман,<br />

А. А. Иосса, И. Шлаттер, В. Циммерман и др. стали<br />

родоначальниками известных горных династий,<br />

представители которых на протяжении поколений<br />

трудились на пользу страны.<br />

За 100 лет «служилые иноземцы» из Германии и<br />

Прибалтики не только составили значительную часть<br />

российского дворянства и укоренились в нем, но и<br />

наложили отпечаток на развитие этого сословия.<br />

Именно к концу XVIII в. безусловно под влиянием<br />

немецких выходцев приобретают законченный<br />

характер государственные учреждения Российской<br />

империи, городские корпорации. Неотъемлемой<br />

28<br />

29<br />

30<br />

31<br />

32<br />

33<br />

27. Титульный лист рукописи В. де Геннина. 1735<br />

Titelblatt der Handschrift von W. de Hennin. 1735<br />

27<br />

Оттиски печатей саксонских горных специалистов, работавших в России<br />

в XVIII в. Прорисовка В. Топоркова<br />

Abdrucke der Siegel sächsischer Bergleute, die im 18. Jh. in Russland<br />

arbeiteten. Zeichnung von V. Toporkow<br />

28. В. де Геннин / W. de Hennin<br />

29. С. Асман / S. Assmann<br />

30. К. Беме / K. Böhme<br />

31. И. Гейденрейх / J. Heidenreich<br />

32. И. Келлер / J. Keller<br />

33. И. Улих / J. Uhlich


Немцы в российской истории 19<br />

von Münnich ursprünglich für Regimentsfahnen entworfen<br />

wurden. Heute weiß kaum jemand mehr, dass das Wappen<br />

Moskaus mit dem Heiligen Georg, dem Drachentöter, ursprünglich<br />

die Fahne des 1. Moskauer Infanterieregiments<br />

zierte, während der Reiter, der die Stempel Moskaus und<br />

die Münzen bis Mitte des 18. Jahrhunderts schmückte, den<br />

Heiligen Märtyrer Theodor Stratilatus darstellt, der mit dem<br />

„Großen Herrscher“ assoziiert wurde.<br />

Nach deutschem Vorbild wurden die Fahnen von Kaiser<br />

Paul I. zur Reliquie erklärt. Bis dahin waren sie einfach<br />

Eigentum des jeweiligen Regiments. Im Denken des adeligen<br />

Standes vollzog sich eine radikale Wende: Man leistete den<br />

Dienst nicht, um Posten, Vergütungen oder Ländereien zu<br />

erhalten, sondern für das Heimatland. Die Treue galt nicht<br />

einem Herrscher, sondern dem Staat. Nicht von ungefähr<br />

antwortete gerade General Derfelden Suworow während<br />

eines Militärrates auf dem Schweizer Feldzug: „Wir sind<br />

Russen, wir kommen durch!“<br />

Ein Meilenstein, der die Integration der im russischen Staatsdienst<br />

stehenden Deutschen in den einheimischen Adel vollendete,<br />

waren die Napoleonischen Kriege, insbesondere der<br />

Vaterländische Krieg von 1812. Das Militärbündnis Russlands<br />

mit Preußen und Österreich und die Auflösung des Heiligen<br />

Römischen Reiches Deutscher Nation durch Napoleon führte<br />

viele deutsche Offiziere in den russischen Dienst, da sie mit<br />

Russland ihre Hoffnungen auf die Befreiung Deutschlands<br />

von der französischen Vorherrschaft verbanden. Dies war<br />

die letzte Welle, mit der noch einmal zahlreiche Emigranten,<br />

wie auch gefangen genommene Offiziere in den russischen<br />

Dienst kamen. Während des Krieges wurde eine deutsche<br />

Legion aufgestellt. Auf den Schlachtfeldern taten sich Generale<br />

wie Levin August von Bennigsen, Hans Karl von<br />

Diebitsch-Sabalkanski, Herzog Alexander von Württemberg<br />

und sein Sohn Prinz Eugen von Württemberg, Prinz Karl von<br />

Mecklenburg oder Karl Wilhelm Graf von Toll hervor.<br />

Abb. 34<br />

Abb. 35<br />

частью как дворянства, так и городов, становятся<br />

гербы, первоначально разработанные комиссией<br />

Б. К. фон Миниха для полковых знамен. Сейчас уже<br />

мало кто вспомнит о том, что герб Москвы – св. Георгий<br />

Победоносец – первоначально был изображен<br />

на знамени 1-го Московского пехотного полка. Всадник<br />

же на московских печатях и деньгах до середины<br />

XVIII в. изображал св. Феодора Стратилата и ассоциировался<br />

с «великим государем».<br />

Сами знамена, в соответствии с немецкой военной<br />

традицией, объявляются императором Павлом I реликвией<br />

(до этого считались полковым имуществом).<br />

Совершился поворот в сознании дворянского сословия:<br />

служба не за место, пожалование, поместье,<br />

а за отечество, верность не государю, но государству.<br />

Неслучайно именно генерал Дерфельден ответил<br />

А. В. Суворову на военном совете во время Швейцарского<br />

похода: «Мы русские – мы пройдем!».<br />

Определенным рубежом в завершении процесса вхождения<br />

немецких выходцев на государственной службе<br />

России в местное дворянство стали наполеоновские<br />

войны, и именно Отечественная война 1812 г. Военный<br />

союз России с Пруссией и Австрией, ликвидация<br />

Наполеоном Священной Римской империи<br />

германской нации привлекли на российскую службу<br />

многих немецких офицеров, которые связывали именно<br />

с Россией надежды на освобождение Германии<br />

от французского владычества. Это была последняя<br />

волна массового перехода на русскую службу как<br />

эмигрантов, так и попавших в плен офицеров. В ходе<br />

войны формируется Германский легион. На полях сражений<br />

отличились такие генералы, как Л. Л. Беннигсен,<br />

И. И. Дибич, герцог Александр Вюртембергский и<br />

его сын принц Евгений Вюртембергский, принц Карл<br />

Мекленбургский, К. Ф. фон Толь.<br />

Илл. 34<br />

Илл. 35<br />

34 35<br />

34. Граф Л.Л. Беннигсен (1745–1826). Дж. Доу. 1820.<br />

Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />

Graf L.L. Bennigsen (1745–1826). G. Dawe. 1820.<br />

Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />

35. Герцог А. Вюртембергский (1771–1833). Дж. Доу. 1823–1825.<br />

Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />

A. Herzog von Württemberg (1771–1833). G. Dawe. 1823–1825.<br />

Staatliche Eremitage, St. Petersburg


20 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 36<br />

Abb. 37<br />

Der Krieg gegen Napoleon brachte aber auch Feldherrn<br />

hervor, die bereits in Russland geboren wurden, wie etwa<br />

Pjotr Christianowitsch Graf zu Sayn-Wittgenstein (Sohn<br />

eines preußischen Offiziers, der in den russischen Dienst<br />

gewechselt war), Fürst Michail Bogdanowitsch Barclay de<br />

Tolly oder Fabian Wilhelmowitsch von der Osten-Sacken<br />

(Vertreter des baltischen Adels). Insgesamt dienten in der<br />

Kaiserlich-Russischen Armee während der Napoleonischen<br />

Kriege 129 Generale deutscher Abstammung (fast ein Viertel<br />

der gesamten Generalität). Bei den Stabs- und Oberoffizieren<br />

machte der Anteil an Deutschen fast zehn Prozent<br />

aus. Viele von ihnen bewiesen auf den Schlachtfeldern ihre<br />

Tapferkeit und fassten wichtige strategische Entschlüsse. So<br />

lange es den höchsten Militärischen Orden des Hl. Georg<br />

gab, wurden mit dem Georgskreuz Erster Klasse drei Russlanddeutsche<br />

(Barclay de Tolly, Bennigsen und Diebitsch)<br />

ausgezeichnet, mit dem Georgskreuz Zweiter Klasse 25<br />

Russlanddeutsche, das war jeder dritte Ausgezeichnete,<br />

und mit dem Georgskreuz 3. Klasse 200 Russlanddeutsche<br />

von insgesamt 543 Ordensträgern.<br />

Die Erfolge Napoleons im Krieg gegen Preußen von 1806<br />

machten den Bedarf an mehr Waffen von besserer Qualität<br />

deutlich. Nach wie vor kamen deutsche Fachleute auf<br />

Vertragsbasis in russischen Dienst. 1807 wurde mit dem<br />

Bau der Waffenfabrik in Ischewsk begonnen, die zusammen<br />

mit dem Werk in Wotkinsk zu den Kama-Werken<br />

gehörte. Waffenschmiedemeister wurden in Hannover,<br />

Sachsen, Lüttich und anderen Staaten angeworben. Die<br />

ersten Gruppen von Waffenschmieden kamen im Herbst<br />

1807 im Werk von Ischewsk an. Bis 1809 stieg ihre Zahl auf<br />

134 Personen. Ab den 1820er Jahren arbeiteten Deutsche<br />

dort als Meister, aber auch in der Werksverwaltung.<br />

Von 1814 bis 1816 wurde im Werk Slatoust eine Fabrik für die<br />

Herstellung blanker Waffen errichtet. Zwischen 1815 und 1818<br />

trafen dort Waffenschmiede und Fachleute für die Herstellung<br />

Илл. 36<br />

Илл. 37<br />

Война против Наполеона выдвинула и других полководцев,<br />

уже родившихся в России, как, например,<br />

П. Х. фон Витгенштейна (сын перешедшего на российскую<br />

службу прусского офицера), М. Б. Барклая<br />

де Толли, Ф. В. фон дер Остен-Сакена (представители<br />

остзейского дворянства). Всего в российской<br />

императорской армии в эпоху наполеоновских войн<br />

служили 129 генералов немецкого происхождения<br />

(почти четверть от генеральского корпуса). Среди<br />

штаб- и обер-офицеров немцев было до 10 %. Многие<br />

из них проявили храбрость на полях сражений,<br />

вырабатывали и принимали важные стратегические<br />

решения. За все время существования высшего военного<br />

ордена Святого великомученика и победоносца<br />

Георгия его знаками 1‐й степени были награждены<br />

3 российских немца (М. Б. Барклай де Толли, Л. Л. Беннигсен,<br />

И. И. Дибич), 2‐й степени – 25 (каждый третий<br />

из награжденных), 3‐й степени – 200 (из 543<br />

награжденных).<br />

Успехи Наполеона в войне против Пруссии в 1806 г.<br />

сделали очевидной потребность в увеличении выпуска<br />

оружия и его качественном улучшении. По-прежнему<br />

практиковалось приглашение немецких специалистов<br />

на российскую службу по контрактам. В 1807 г. начато<br />

строительство Ижевского оружейного завода, входившего<br />

вместе с Воткинским в Камские заводы. Вербовка<br />

оружейных дел мастеров проводилась в Ганновере,<br />

Саксонии, Люттихе и других государствах. Первые<br />

партии мастеров прибыли на Ижевский завод осенью<br />

1807 г., а до 1809 г. их число выросло до 134 чел.<br />

С 1820‐х гг. немцы были как среди мастеров, так и<br />

в администрации завода.<br />

В 1814–1816 гг. при Златоустовском заводе организована<br />

фабрика холодного оружия. В 1815–1818 гг. сюда<br />

прибыли оружейники и специалисты по производству<br />

36


Немцы в российской истории 21<br />

von Stahlklingen aus Solingen und Klingenthal ein, von denen<br />

es dort bald doppelt so viele wie Russen gab. Bekannt von<br />

den 115 deutschen Fachleuten ist der Name von W. Schaf,<br />

einem Meister für die Gravur blanker Waffen.<br />

Die Modernisierung im Bergbau basierte auf den Erfahrungen<br />

aus den Bergbaugebieten der deutschen Länder:<br />

Es wurden Bergbaubezirke gebildet, in denen ein Großteil<br />

der Bevölkerung für die Bergbaubetriebe arbeitete. Die<br />

Einführung deutscher Technik und moderner Technologien<br />

in der Eisen- und Stahlproduktion wurde von zahlreichen<br />

Verbesserungen und Neuentwicklungen begleitet.<br />

All das war von großer Bedeutung für die Entwicklung<br />

des Bergbauwesens in Russland.<br />

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begleiteten<br />

Deutschstämmige immer noch wichtige Posten in Staat<br />

und Armee des Russischen Reiches. Zunehmend wurden<br />

Militärs auf Posten in der Verwaltung, als Gouverneure<br />

und Generalgouverneure eingesetzt. So brachte es Paul<br />

Demetrius Graf Kotzebue, Sohn des russischen Konsuls in<br />

Königsberg, bis zum höchsten Generalsrang, war Teilnehmer<br />

der Kriege gegen Persien und das Osmanische Reich<br />

von 1826 bis 1829 und des Krimkrieges von 1853 bis 1854.<br />

Von 1862 bis 1874 war er Generalgouverneur von Neurussland<br />

und Befehlshaber der Truppen des Militärbezirks<br />

Odessa. Er setzte sich für die bauliche Gestaltung Odessas,<br />

die Eröffnung der Neurussischen Universität in Odessa<br />

(1865), die Installation einer Gasbeleuchtung für die Stadt<br />

(1866) und für die Verlegung von Wasserleitungen (1873)<br />

ein. Außerdem machte sich Kotzebue einen Namen, weil<br />

er die deutschen und bulgarischen Schwarzmeerkolonien<br />

förderte und sich für den Schutz ihrer Rechte und Interessen<br />

einsetzte. Von 1874 bis 1880 war er Generalgouverneur<br />

von Warschau sowie Befehlshaber der Truppen des<br />

Militärbezirks Warschau und leitete von 1881 bis 1884 die<br />

Kommission des Staatsrates zur Überprüfung des Systems<br />

Abb. 38<br />

стали для клинков из Золингена и Клингенталя, которых<br />

было здесь вдвое больше, чем русских. Среди<br />

115 немецких специалистов этого времени известна семья<br />

В. Шафа – мастера декора холодного оружия.<br />

Модернизация горного дела опиралась на опыт горнопромышленных<br />

областей германских государств –<br />

были созданы горные округа, в пределах которых<br />

значительная часть населения была занята на обслуживании<br />

горных предприятий. Внедрение немецкой<br />

техники и передовой технологии приготовления<br />

железа и стали сопровождалось многочисленными<br />

усовершенствованиями и новшествами. Все это имело<br />

большое значение для развития горнозаводского производства<br />

в России.<br />

В первой половине ХIХ в. немецкие представители<br />

продолжали занимать важные посты на военной и<br />

гражданской службе Российской империи. Получило<br />

развитие и назначение военных на административные<br />

должности – губернаторов и генерал-губернаторов.<br />

Сын российского консула в Кёнигсберге, П. Е. Коцебу<br />

дослужился до чина полного генерала, участвовал<br />

в войнах против Персии и Османской империи<br />

в 1826–1829 гг., Крымской войне 1853–1854 гг. В 1862–<br />

1874 гг. он был новороссийским генерал-губернатором<br />

и командующим войсками Одесского военного округа.<br />

Его усилиями проведены работы по благоустройству<br />

Одессы, открыт Новороссийский университет (1865),<br />

устроено газовое освещение города (1866), проведен<br />

водопровод (1873). Известен Коцебу и поддержкой<br />

развития причерноморских колоний немецких и болгарских<br />

поселенцев, защитой их прав и интересов.<br />

В 1874–1880 гг. он был варшавским генерал-губернатором<br />

и командующим войсками Варшавского военного<br />

округа, в 1881–1884 гг. председательствовал<br />

в комиссии Государственного совета для пересмотра<br />

Илл. 38<br />

36. Сражение при Клястицах (1812),<br />

в котором победу одержали<br />

русские войска под командованием<br />

П. Витгенштейна. П. фон Гесс. 1840-е гг.<br />

Государственный Эрмитаж, С.‐Петербург<br />

Schlacht bei Kljastizy (1812), in der die<br />

russischen Truppen unter dem Befehl von<br />

P. Wittgenstein siegten. P. von Hess.<br />

1840er Jahre. Staatliche Eremitage,<br />

St. Petersburg<br />

37. Большая Немецкая улица<br />

в Златоустовском заводе.<br />

Иностранные мастера на досуге.<br />

С акварели Ф. Чернявского. 1819.<br />

Краеведческий музей, Златоуст<br />

Grosse Deutsche Strasse an der<br />

Waffenschmiede in Slatoust.<br />

Ausländische Meister in der Freizeit. Nach<br />

einer Aquarell von F. Tschernjawskij. 1819.<br />

Heimatkundemuseum, Slatoust<br />

37


22 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 39<br />

Abb. 40<br />

Abb. 41<br />

Abb. 42<br />

der Militärverwaltung. Sein Bruder Otto von Kotzebue war<br />

Marineoffizier und wurde durch geografische Entdeckungen<br />

im Pazifikbecken bekannt. Auch der Marineminister Baron<br />

Ferdinand von Wrangel war ein bekannter Seefahrer und<br />

Geograph, der viele neue Territorien entdeckte.<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts gab es unter den Militärs auch<br />

herausragende Ingenieure. Der aus Hessen-Darmstadt gebürtige<br />

Karl Oppermann entwarf für die Westgrenze des<br />

Russischen Reiches ein System von Festungen, das von<br />

Wyborg bis Odessa reichte, womit er die Grundlage für<br />

die Weiterentwicklung des Festungsbaus in Russland legte.<br />

Die nach seinen Entwürfen errichteten Festungen Wyborg,<br />

Helsingfors, Dünamünde, Kowno, Grodno, Warschau, Modlin,<br />

Brest-Litowsk und Kiew-Petscherskij überstanden beide<br />

Weltkriege des 20. Jahrhunderts.<br />

Sein Schüler war der Held der Verteidigung von Sewastopol<br />

Eduard Iwanowitsch Totleben, der viele Jahre das Ingenieurbaudepartment<br />

im Kriegsministerium leitete. Unter<br />

seiner Führung wurden nach dem Krimkrieg die Festung<br />

von Kertsch errichtet und weitere Festungen ausgebaut.<br />

Zu Ruhm und Ehren gelangte er aber nicht nur durch die<br />

Verteidigung von Sewastopol 1853–1855, sondern auch im<br />

Russisch-Osmanischen Krieg 1877–1878 bei der Belagerung<br />

von Plewna während der Befreiung Bulgariens. Seine letzten<br />

Lebensjahre verbrachte er als Generalgouverneur von<br />

Odessa und danach von Wilna.<br />

Mit der Entwicklung der Eisenbahn in Russland verbindet<br />

sich der Name von Graf Pjotr Andrejewitsch Kleinmichel.<br />

Er war Teilnehmer der Schlacht bei Borodino, Adjutant der<br />

Kaiser Alexander I. und Nikolai I., Restaurator des Winterpalais<br />

(nach dem Brand von 1837) und wurde 1842 zum Chefverwalter<br />

für Verkehrswege und öffentliche Bauten bestellt,<br />

womit er Herzog Eugen von Württemberg auf diesem Posten<br />

ablöste. Das bedeutendste Projekt seines Lebens aber war<br />

Илл. 39<br />

Илл. 40<br />

Илл. 41<br />

Илл. 42<br />

системы военного управления. Его брат, О. Е. Коцебу<br />

– морской офицер, прославился географическими<br />

открытиями в бассейне Тихого океана. Как<br />

первооткрыватель многих земель, мореплаватель<br />

и географ прославился и морской министр барон<br />

Ф. П. фон Врангель.<br />

Среди военных середины ХIХ в. выдвинулись также<br />

видные специалисты инженерного дела. Трудами<br />

К. И. Оппермана, уроженца Гессен-Дармштадта, была<br />

разработана система крепостей на западной границе<br />

Российской империи от Выборга до Одессы, заложившая<br />

основы для дальнейшего развития русской<br />

фортификации. Крепости, созданные по его проектам<br />

(Выборгская, Гельсингфорсская, Дюнамюндская,<br />

Ковенская, Гродненская, Варшавская, Новогеоргиевская,<br />

Брест-Литовская, Киево-Печерская), пережили<br />

две мировые войны ХХ в.<br />

Его учеником был герой обороны Севастополя<br />

Э. И. Тотлебен, много лет руководивший Инженерным<br />

департаментом Военного министерства. Под<br />

его руководством после Крымской войны выстроена<br />

крепость Керчь, укреплены другие крепости. Прославился<br />

он не только при обороне Севастополя в 1853–<br />

1855 гг., но и в русско-турецкой войне 1877–1878 гг.<br />

за освобождение Болгарии – при осаде Плевны.<br />

Последние годы жизни он также занимал посты одесского,<br />

а затем виленского генерал-губернатора.<br />

С развитием железных дорог в России связано имя<br />

графа П. А. фон Клейнмихеля. Участник Бородинского<br />

сражения, адъютант императоров Александра I и<br />

Николая I, реставратор Зимнего дворца (после пожара<br />

1837 г.), в 1842 г. он был назначен главноуправляющим<br />

путями сообщения и публичными зданиями<br />

(сменил на посту герцога Евгения Вюртембергского).<br />

38<br />

39<br />

38. П. Е. Коцебу (1801–1884). С литографии. Середина XIX в.<br />

P. E. Kotzebue (1801–1884). Lithographie. Mitte des 19. Jh.<br />

39. Брестская крепость, выстроенная в 1842 г. по проекту<br />

К. И. Оппермана. Фото. 2010<br />

Festung Brest, erbaut 1842 nach einem Projekt<br />

von K. I. Oppermann. Foto. 2010


Немцы в российской истории 23<br />

der Bau der Eisenbahnstrecke zwischen St. Petersburg und<br />

Moskau (die Nikolajewskaja-Eisenbahn), die 1851 in Betrieb<br />

genommen wurde. Mit seiner Mitwirkung und Unterstützung<br />

begann der Bau von Drehbrücken über die Newa.<br />

Einen unschätzbaren Beitrag zur Entwicklung der Kartographie<br />

leistete Fjodor Fjodorowitsch Schubert, Leiter des<br />

Kartographie-Departments im Hauptstab. Unter seiner Führung<br />

und persönlichen Mitwirkung erstellten Offiziere des<br />

kartographischen Dienstes in der 1850er bis 1880er Jahren<br />

einen Satz topographischer Karten des Russischen Reiches.<br />

Genauigkeit und Detailtreue der Karten waren so hoch, dass<br />

die sogenannten Schubert-Karten als Grundlage für spätere<br />

geodätische Untersuchungen bis zum Übergang zu Luft- und<br />

Satellitenaufnahme Ende des 20. Jahrhundert dienten.<br />

Zur Zeit der großen Reformen Alexanders II. arbeiteten<br />

in zahlreichen Komitees und Behörden hervorragende Finanzfachleute<br />

und Juristen, dank derer viele Veränderungen<br />

ihre vollendete Form erhielten. Zu diesem Personenkreis<br />

gehörten etwa Iwan Kondratjewitsch Babst, Pjotr Fjodorowitsch<br />

Brock, Modest Andrejewitsch von Korff, Graf<br />

W. A. Adlerberg, Alexander Konstantinowitsch Giers, Graf<br />

K. von der Pahlen, Nikolaj Christianowitsch Bunge und<br />

Konstantin Karlowitsch Grot.<br />

Etwas anders sah es im 19. Jahrhundert mit der Rolle von<br />

Russlanddeutschen im diplomatischen Dienst aus. Auf dem<br />

höchsten Posten des Kanzlers (Außenministers) folgten<br />

sowohl die Beamten russischer Abstammung als auch die<br />

Beamten, die aus anderen Ländern stammten, hauptsächlich<br />

dem Kurs, den der Monarch und seine unmittelbare<br />

Umgebung vorgaben. Diese Tendenz, die sich erstmals<br />

unter Alexander I. und seinem „Zirkel junger Freunde“<br />

zeigte, setzte sich fort. Unter dem willensstarken Nikolai I.<br />

war es erst recht schwierig, eine andere Auffassung zur<br />

außenpolitischen Situation des Landes zu vertreten.<br />

Abb. 43<br />

Abb. 44<br />

Abb. 45<br />

Главным делом его жизни стало строительство железной<br />

дороги от Санкт-Петербурга до Москвы<br />

(Николаевской), движение по которой открылось<br />

в 1851 г. При его участии и содействии началось<br />

строительство разводных мостов через Неву.<br />

Неоценимый вклад в развитие картографии внес<br />

Ф. Ф. Шуберт, управляющий Картографическим департаментом<br />

Главного штаба. Под его руководством<br />

и при личном участии офицеры картографической<br />

службы в 1850–1880 гг. создали комплекс топографических<br />

карт Российской империи. Их точность<br />

и подробность были столь высоки, что так называемые<br />

карты Шуберта служили основой для<br />

последующих геодезических исследований вплоть<br />

до перехода к аэрокосмической спутниковой съемке<br />

в конце ХХ в.<br />

В период великих реформ Александра II в многочисленных<br />

комитетах и ведомствах трудились выдающиеся<br />

финансисты и юристы, благодаря которым<br />

многие преобразования получили законченный<br />

вид: И. К. Бабст, П. Ф. Брок, барон М. А. Корф, граф<br />

В. А. Адлерберг, А. К. Гирс, граф К. фон дер Пален,<br />

Н. Х. Бунге, К. К. Грот.<br />

Несколько иной была в ХIХ в. роль российских немцев<br />

на дипломатической службе. Занимая высший<br />

пост канцлера (министра иностранных дел), деятели<br />

русского происхождения и выходцы из других государств<br />

в большей мере следовали в фарватере курса,<br />

который формулировал монарх и его ближайшее<br />

окружение. Эта тенденция, проявившаяся впервые<br />

при Александре I («кружок молодых друзей»), продолжалась<br />

и в дальнейшем. При волевом Николае I<br />

было довольно сложно отстаивать иную точку зрения<br />

на внешнеполитическую ситуацию империи.<br />

Илл. 43<br />

Илл. 44<br />

Илл. 45<br />

40 41<br />

40. Генерал Э. И. Тотлебен (1818–1881).<br />

С гравюры Ю. Барановского по рисунку<br />

П. Ф. Бореля. Середина 1870-х гг.<br />

General E. I. Totleben (1818–1881).<br />

Radierung von Ju. Baranowskij nach einer<br />

Zeichnung von P. F. Borell. Mitte der 1870er Jahre<br />

41. Крымская война. Оборона Севастополя, одно из укреплений Малахова<br />

кургана. Фрагмент панорамы Ф. Рубо. 1901–1904. Музей-панорама «Оборона<br />

Севастополя 1854–1855 гг.», Севастополь<br />

Krimkrieg. Verteidigung von Sewastopol. Eine der Befestigungen auf dem Malachow-<br />

Hügel. Fragment des Panorama von F. Roudaud. 1901–1904. Panorama-Museum<br />

„Verteidigung von Sewastopol 1854–1955“, Sewastopol


42. Граф П. А. Клейнмихель (1793–1869).<br />

Ф. Крюгер. 1851. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />

Graf P. A. Kleinmichel (1793–1869).<br />

F. Krüger. 1851. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />

43. Встреча графом Клейнмихелем императорской семьи,<br />

прибывшей в Москву по С.‐Петербурго-Московской<br />

железной дороге 19 августа 1851 г. С литографии из Русского<br />

художественного листка В. Тимма. 1851<br />

Graf Kleinmichel empfängt die kaiserliche Familie, die<br />

am 19. August 1851 mit einem Zug der St. Petersburg-<br />

Moskauer Bahn in Moskau eintraf. Nach einer Lithographie aus<br />

„Russkij chudoschestwennyj listok“ von W. Timm. 1851<br />

44. Ф. Ф. фон Шуберт (1789–1865). С гравюры Э. Кенедея. 1838<br />

F. F. von Schubert (1789–1865). Radierung von E. Quenedey. 1838<br />

42<br />

45. Александр II с группой военных в готическом интерьере.<br />

С акварели М. Зичи. 1870-е гг. Государственный Эрмитаж,<br />

С.‐Петербург<br />

Alexander II. mit Offizieren in einem gotischen Interieur. Aquarell<br />

von M. Zichy. 1870er Jahre. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />

43<br />

44<br />

46. К. фон Нессельроде (1780–1862).<br />

Ф. Крюгер. 1840–1850. Государственный<br />

Эрмитаж, С.-Петербург<br />

K. von Nesselrode (1780–1862). F. Krüger.<br />

1840–1850. Staatliche Eremitage,<br />

St. Petersburg<br />

47. Н. К. Гирс (1820–1895). С литографии. 1879<br />

N. K. Giers (1820–1895). Nach einer<br />

Lithographie. 1879<br />

45


Немцы в российской истории 25<br />

Der letzte „echte“ Ausländer in russischen Diensten war<br />

Karl Robert Graf von Nesselrode (russ.: Karl Wassiljewitsch<br />

Nesselrode), der 40 Jahre, von 1816 bis 1856, das russische<br />

Außenministerium führte. Dies war die Zeit der „Heiligen<br />

Allianz“, da auf dem Wiener Kongress nach dem Willen der<br />

Schöpfer des neuen europäischen Konzerts die Interessen<br />

zum Schutz allgemeiner zivilisatorischer Werte über den<br />

Interessen von Ländern und Monarchien stehen sollten.<br />

Als Verfechter dieser Ideen, die u. a. die Unverletzlichkeit<br />

der Grenzen und die Unantastbarkeit der Gesellschaftsordnung<br />

der europäischen Staaten beinhalteten, setzte sich<br />

Nesselrode gegen die Einmischung sowohl Russlands, als<br />

auch anderer Großmächte in die Befreiungsbewegung der<br />

Griechen ein und unterstütze unmittelbar die Niederschlagung<br />

der Revolution von 1848/49 in Ungarn. Sehr enttäuscht<br />

von der „Heiligen Allianz“ zeigten sich Nesselrode und<br />

andere Anhänger dieses politischen Systems während des<br />

Krimkrieges (Orientkrieges) 1853–1856, in dem Russland<br />

fast völlig isoliert war. Im Unterschied zu vielen anderen<br />

Amtsträgern, die einen Zusammenbruch von Illusionen und<br />

das Scheitern von Bemühungen erlebten, brachte Nesselrode<br />

den Mut auf, den 40-jährigen außenpolitischen Kurs des<br />

Reiches und seine eigene Handlungsweise als fehlerhaft<br />

anzuerkennen. In einer vor seinem Abschied verfassten<br />

„Notiz“ betonte der alte Diplomat, dass der Staat auf den<br />

Schutz fremder Interessen verzichten und sich auf die<br />

eigenen Vorteile in der internationalen Arena sowie auf<br />

die Entwicklung der produktiven und geistigen Kräfte des<br />

Volkes im eigenen Land konzentrieren sollte.<br />

Mit dem Namen von Nikolaj Karlowitsch de Giers, der ab<br />

1882 das russische Außenministerium leitete, zuvor ab 1875<br />

bereits stellvertretender Minister und Leiter der Asienabteilung<br />

war, ist die Entwicklung der außenpolitischen Ausrichtung<br />

des Russischen Reiches vom Dreikaiserbund 1881<br />

zum russisch-französischen Militärblock 1893 verbunden.<br />

Abb. 46<br />

Abb. 47<br />

Последний «чистый» иностранец на российской<br />

службе, граф К. В. Нессельроде, возглавлял<br />

Министерство иностранных дел России 40 лет<br />

(1816–1856). Это была эпоха Священного союза,<br />

когда, по идее основателей нового «европейского<br />

концерта» на Венском конгрессе, интересы защиты<br />

общих ценностей цивилизации должны были<br />

превалировать над интересами стран и монархов.<br />

Выступая выразителем этих идей, подразумевавших<br />

также незыблемость границ и общественного<br />

устройства европейских государств, Нессельроде<br />

возражал против вмешательства как России, так и<br />

других великих держав в освободительное движение<br />

греков, оказал прямое содействие подавлению<br />

революции 1848–1849 гг. в Венгрии. Разочарованием<br />

в Священном союзе стала для Нессельроде и для<br />

других сторонников этой политической системы<br />

Крымская (Восточная) война 1853–1856 гг. и почти<br />

полная изоляция России во время этого конфликта.<br />

В отличие от многих сановников, испытавших крах<br />

своих иллюзий и усилий, Нессельроде нашел в себе<br />

мужество признать ошибочным 40-летний внешнеполитический<br />

курс империи и свои собственные<br />

действия. В составленной перед отставкой записке<br />

старый дипломат подчеркивал, что государство<br />

должно отказаться от защиты чуждых интересов,<br />

сосредоточиться на собственных выгодах на международной<br />

арене и развитии производительных и<br />

духовных сил народа внутри страны.<br />

С именем Н. К. Гирса, возглавившего российское<br />

Министерство иностранных дел в 1882 г. (товарищем<br />

министра и главой Азиатского департамента<br />

был с 1875 г.), связана эволюция внешнеполитической<br />

ориентации Российской империи от «Союза<br />

трех императоров» 1881 г. к русско-французскому<br />

Илл. 46<br />

Илл. 47<br />

46<br />

47


26 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 48<br />

In dieser Zeit der Herrschaft Alexanders III. bestanden<br />

die Hauptaufgaben in der Sicherung einer Friedensperiode<br />

zur Entwicklung des Landes und der Garantie der Unverletzlichkeit<br />

der westlichen Grenzen nach dem Berliner<br />

Kongress von 1878/79. Wie sich Zeitgenossen erinnerten,<br />

gelang es Giers, seine Auffassung zur Außenpolitik des<br />

Landes gegenüber dem Kaiser durchzusetzen. Der Kaiser<br />

überhäufte ihn nicht mit Orden und mochte ihn auch nicht<br />

sonderlich, schätzte ihn aber für seine Weitsicht. Trotzdem<br />

betonte Giers nach 1887 wiederholt, wie ungünstig für<br />

Russland die Existenz des mächtigen Deutschen Reiches<br />

im Herzen Europas sei. Er neigte immer mehr zum Abschluss<br />

eines russisch–französischen Bündnisses als Gegengewicht<br />

zu dem Dreierbund Deutschland – Österreich-<br />

Ungarn – Italien. Nichtsdestotrotz widersetzte sich Giers<br />

bis Ende 1893 dem Druck aus dem Kriegsministerium,<br />

das, wie die französische Seite auch, auf den Abschluss<br />

eines Militärabkommens drängte. Bei der Unterzeichnung<br />

des von Alexander III. genehmigten Vertrages soll Giers<br />

ein Kreuz geschlagen und gesagt haben: „Ich habe den<br />

Herrgott gebeten, meine Hand zu stoppen, falls dieses<br />

Bündnis entgegen allen Voraussagen, entgegen meinem<br />

eigenen Verstand für Russland verhängnisvoll sein sollte“.<br />

Niemand stoppte die Hand von Giers, und das Russische<br />

Reich steuerte seinem Untergang entgegen.<br />

Auch Wladimir Nikolajewitsch Graf Lamsdorf, ein Mitstreiter<br />

von Giers und Direktor der Kanzlei des Außenministeriums,<br />

unternahm Ende des 19. Jahrhunderts viele<br />

Anstrengungen für eine Annäherung von Russland und<br />

Frankreich. 1900 wurde er Außenminister. Die Zeitgenossen<br />

lobten seine Klugheit, Bescheidenheit, Geduld<br />

und Loyalität. Viele Jahre hütete er das Geheimarchiv<br />

der russischen Diplomatie sowie sämtliche Chiffren und<br />

Schlüssel, aber keiner lebenden Seele wurde ohne kaiserliche<br />

Genehmigung der Zugriff gestattet. Als Chef der<br />

russischen Diplomatie steuerte Lamsdorf von 1900 bis<br />

1906 einen Kurs zur Pflege friedlicher Beziehungen mit<br />

Japan im Fernen Osten. Er trat für die Anerkennung der<br />

Rechte Japans an Korea ein und erwartete im Gegenzug die<br />

Anerkennung der Rechte Russlands an der Mandschurei.<br />

Als sich aber die sogenannte Besobrasow-Clique mit ihrem<br />

Kurs durchsetzen konnte, reichte er seinen Rücktritt ein,<br />

der von Nikolai II. aber nicht angenommen wurde. Nach<br />

Ausbruch des Russisch-Japanischen Krieges bemühte sich<br />

Lamsdorf um die Normalisierung der russisch-britischen<br />

Beziehungen. Im Bestreben, das europäische Gleichgewicht<br />

zu wahren, ergriff er 1905 Maßnahmen, um den Björkö-<br />

Vertrag zwischen den Kaisern Russlands und Deutschlands<br />

außer Kraft zu setzen. Mit seinem Namen sind auch<br />

weitgehende Garantien Russlands für die Balkanländer<br />

im Falle eines Konflikts mit der Türkei verbunden.<br />

Nach der Regierungszeit von Kaiserin Anna Iwanowna bekleideten<br />

erst Anfang des 20. Jahrhunderts Russlanddeutsche<br />

wieder das Amt des Regierungschefs. In erster Linie<br />

wäre hier Graf Sergej Juljewitsch Witte zu nennen. Nach<br />

dem Abschluss der Neurussischen Universität Odessa<br />

leitete er die Südwest-Eisenbahn und das Department für<br />

Eisenbahnwesen, wurde 1892 Minister für Verkehrswesen<br />

Илл. 48<br />

военному блоку 1893 г. В эти годы правления<br />

Александра III главными задачами были обеспечение<br />

мирного периода развития страны и гарантия<br />

незыблемости западных границ после Берлинского<br />

конгресса (1878–1879). Как вспоминали современники,<br />

Гирсу удавалось отстаивать перед императором<br />

свое видение внешней политики страны.<br />

Государь не одаривал его наградами и недолюбливал,<br />

но ценил за осторожность. После 1887 г.<br />

Гирс неоднократно подчеркивал невыгодность для<br />

России существования в центре Европы мощной<br />

Германской империи. Постепенно он склонялся<br />

к созданию русско-французского союза в качестве<br />

противовеса Тройственному союзу (Германия,<br />

Австро-Венгрия, Италия). Тем не менее вплоть<br />

до конца 1893 г. Н. К. Гирс сопротивлялся давлению<br />

представителей Военного министерства, настаивавших,<br />

как и французская сторона, на заключении<br />

военной конвенции. Подписывая конвенцию,<br />

одобренную Александром III, Гирс, как говорят,<br />

перекрестился и воскликнул: «Я просил Господа<br />

Бога остановить мою руку, если вопреки всем<br />

предположениям, вопреки моему разумению этот<br />

союз должен стать пагубным для России». Никто<br />

руку Гирса не остановил – Российская империя<br />

двинулась навстречу краху.<br />

Соратник Гирса – директор канцелярии Министерства<br />

иностранных дел В. Н. Ламздорф – также<br />

приложил немало усилий для сближения России и<br />

Франции в конце ХIХ в. В 1900 г. он стал министром<br />

иностранных дел. Современники подчеркивали его<br />

ум, скромность, терпение, лояльность. На протяжении<br />

многих лет он был хранителем секретного<br />

архива российской дипломатии, всех шифров и<br />

ключей к ним, ни одна живая душа не получила<br />

к ним доступа без высочайшего разрешения.<br />

Как глава российской дипломатии в 1900–1906 гг.,<br />

Ламздорф проводил курс на поддержание мирных<br />

отношений с Японией на Дальнем Востоке, выступал<br />

за признание ее прав на Корею в обмен<br />

на признание прав России на Маньчжурию. После<br />

победы курса так называемой безобразовской<br />

клики он пытался уйти в отставку, но Николай II<br />

ее не принял. После начала русско-японской войны<br />

В. Н. Ламздорф предпринял усилия по нормализации<br />

русско-английских отношений, в 1905 г. принял<br />

меры для фактической денонсации Бьёркского<br />

договора между императорами России и Германии,<br />

пытаясь поддержать «европейское равновесие».<br />

С его именем связаны и широкие гарантии балканским<br />

странам со стороны России в случае их<br />

конфликта с Турцией.<br />

После эпохи императрицы Анны Иоанновны российские<br />

немцы вновь занимали пост главы правительства<br />

только в начале ХХ в. Прежде всего<br />

речь идет о графе С. Ю. Витте. После окончания<br />

Новороссийского университета он руководил Юго-<br />

Западными железными дорогами, Департаментом


Немцы в российской истории 27<br />

und später Finanzminister. Seine Vorstellungen von der<br />

Wirtschaft fanden ihren Ausdruck im Bau eines weiten<br />

Eisenbahnnetzes in Russland (23 000 km). Unter seiner<br />

Leitung entstand das heutige Streckennetz der Eisenbahn.<br />

1894 wurde auf Anregung Wittes das Staatsmonopol für<br />

den Verkauf von Wodka eingeführt. Eine wichtige Errungenschaft<br />

war auch die Währungsreform von 1897, durch<br />

die der Rubel mit Gold abgesichert und Russland bis 1914<br />

eine stabile Währung beschert wurde. 1903 wurde Witte<br />

zum Vorsitzenden des Ministerkomitees ernannt und diente<br />

von 1905 bis 1906 als Vorsitzender des neu gegründeten<br />

Ministerrates. Allerdings sah er sich auf diesem Posten aus<br />

dem Umfeld Nikolajs II. mit der Weigerung konfrontiert,<br />

für das Land so dringend erforderliche soziale Umgestaltungen<br />

vorzunehmen und auf außenpolitische Abenteuer<br />

zu verzichten. Nach seinem Rücktritt wurden seine Ideen<br />

über den freien Austritt der Bauern aus den Gemeinden<br />

von Stolypin aufgegriffen.<br />

Mehr als 200 Jahre in staatlichen Diensten führten auch<br />

bei den Russlanddeutschen zu beträchtliche Veränderungen.<br />

Während unter Peter I. die Gruppen der im<br />

Staatsdienst stehenden Deutschen, Livländer und Kurländer<br />

noch deutlich als solche auszumachen waren,<br />

verschmolzen Anfang des 20. Jahrhunderts die beamteten<br />

Russlanddeutschen völlig mit dem russischen Adel und<br />

zum Teil mit den nichtadligen Intellektuellen (Rasnotschincy).<br />

Viele Familien aus dem Hochadel traten zum<br />

orthodoxen Glauben über. Nach mehreren Generationen<br />

war Deutsch nicht mehr die Muttersprache oder<br />

die Sprache, die man im Familienkreis pflegte. Auch<br />

im Königreich Polen integrierten sich deutsche Beamte<br />

entweder im russischen oder polnischen Adel. Diese<br />

Besonderheit der Beamtenschaft und vor allem des Offizierskorps<br />

kam in den Jahren des Ersten Weltkrieges<br />

(1914–1918) zum Tragen.<br />

Im August 1914 waren mehr als 20 % der russischen<br />

Generalität deutscher Abstammung. Unter den Spitzenrängen<br />

der Generäle waren Russlanddeutsche sogar mit<br />

31 % vertreten. Zu Kriegsbeginn kommandierten sie vier<br />

von insgesamt acht Armeen (Baron Paul Georg von Rennenkamp,<br />

Alexej Jermolajewitsch Ewert, Pawel Adamowitsch<br />

Plewe und Konstantin Petrowitsch van der Vliet)<br />

sowie elf von 38 Korps. An der Spitze der Baltischen und<br />

Schwarzmeerflotte standen die Vizeadmirale N. O. von Essen<br />

bzw. A. A. Eberhard. Die Generale und Offiziere der<br />

Kaiserlich-Russischen Armee zeichneten sich vielfach auf<br />

den Schlachtfeldern aus.<br />

Aber die lange Dauer des Krieges und schwere Niederlagen<br />

in mehreren Kriegsoperationen im Herbst 1914 führten<br />

dazu, dass die militärpolitische Führung des Russischen<br />

Reiches auf eine Nationalisierung des Konfliktes zusteuerte.<br />

„Der Deutsche“ wurde sowohl in der internationalen<br />

Arena als auch im eigenen Land zum historischen Feind<br />

des russischen Volkes erklärt. Die einsetzende antideutsche<br />

Kampagne griff auch auf das Offizierskorps über. Ungeachtet<br />

ihrer Verdienste wurde ein Teil der Generale deutscher<br />

Abstammung zwischen 1914 und 1917 entlassen,<br />

darunter die Armeebefehlshaber P. G. von Rennenkampff,<br />

Abb. 49<br />

железнодорожных дел, в 1892 г. стал министром<br />

путей сообщения, а затем министром финансов.<br />

Его экономические взгляды проявились в организации<br />

широкого железнодорожного строительства<br />

в России (23 тыс. км). Существующая сеть железных<br />

дорог страны сложилась именно под его<br />

руководством. В 1894 г. по инициативе Витте была<br />

введена государственная монополия на продажу<br />

водки. Важнейшим достижением стала денежная<br />

реформа 1897 г., вводившая золотое обеспечение<br />

рубля и давшая России устойчивую валюту<br />

до 1914 г. В 1903 г. Витте назначен председателем<br />

Комитета министров, а в 1905–1906 гг. служил<br />

председателем вновь созданного Совета министров.<br />

Однако на этих постах он столк нулся с нежеланием<br />

окружения Николая II проводить необходимые<br />

стране социальные преобразования и отказаться<br />

от внешнеполитических авантюр. После отставки<br />

его идеи свободного выхода крестьян из общины<br />

были использованы П. А. Столыпиным.<br />

Более чем 200-летний период государственной<br />

службы российских немцев привел к значительным<br />

изменениям среди них самих. Если в эпоху Петра I<br />

еще выделялись служилые корпорации немцев,<br />

лифляндцев, курляндцев, то к началу ХХ в. российские<br />

немцы, имеющие классные чины, практически<br />

слились с российским дворянством и отчасти<br />

с разночинцами. Большое число родовитых семей<br />

приняло православие; в семьях нескольких поколений<br />

немецкий язык перестал быть родным или<br />

домашним. В царстве Польском служилые немцы<br />

также прочно влились в корпорации российского<br />

либо польского дворянства. Эта особенность чиновного<br />

и особенно офицерского корпуса проявилась<br />

в годы Первой мировой войны (1914–1918).<br />

К августу 1914 г. более 20 % русского генералитета<br />

имело немецкое происхождение; среди полных генералов<br />

российские немцы составляли 31 %. В начале<br />

войны они командовали 4-мя армиями из 8 (барон<br />

П. К. фон Ренненкампф, А. Е. Эверт, П. А. Плеве,<br />

К. П. Фан-дер-Флит) и 11‐ю корпусами из 38. Балтийским<br />

и Черноморским флотами командовали<br />

соответственно вице-адмиралы Н. О. фон Эссен и<br />

А. А. Эбергард. Генералы и офицеры российской<br />

императорской армии неоднократно отличались<br />

на полях сражений.<br />

Однако затяжной характер войны и крупные поражения<br />

в нескольких операциях осенью 1914 г.<br />

привели к курсу военно-политического руководства<br />

Российской империи на «национализацию»<br />

конфликта. «Немец» был объявлен историческим<br />

врагом русского народа как на внешней арене, так<br />

и внутри страны. Начавшиеся антинемецкие кампании<br />

затронули и офицерский корпус. Несмотря<br />

на боевые заслуги, часть генералов немецкого происхождения<br />

в 1914–1917 гг. была отрешена от должностей<br />

(из командующих армиями – П. К. Ренненкампф,<br />

С. М. Шейдеман, В. Е. Флуг, Л. В. Леш).<br />

Илл. 49


28 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 50<br />

S. M. Scheidemann, W. E. Flug, L. W. Lesch. Einige Offiziere<br />

wurden gezwungen, ihre Namen in „russischer“<br />

klingende Varianten umzuwandeln. So wurde z. B. aus<br />

W. A. Irmann – Irmanow. Auch G. E. Berchmann war<br />

Verfolgungen und nationalistischem Druck ausgesetzt:<br />

Die Erfolge aus seinem Sieg bei Sarykamysch schrieb sich<br />

N. N. Judenitsch gut. Das Gleiche betraf auch A. E. Ewert,<br />

den Oberbefehlshaber der Armeen der Westfront.<br />

Im Frühjahr 1915 befahl der Imperator in einer geheimen<br />

Verordnung, Personen mit deutschen Namen aus<br />

den Stäben zu entfernen. Im Februar 1917 wurde vorgeschlagen,<br />

sie auch aus Kampfeinheiten zu entfernen. Es<br />

wurde verboten, Deutschstämmige in Fähnrichschulen<br />

oder andere militärische Lehranstalten aufzunehmen. Ab<br />

Herbst 1914 sollte die zaristische Zensur alle Briefe und<br />

Artikel „über die Lage, die Lebensbedingungen und Aktivitäten<br />

von Deutschen mit russischer und ausländischer<br />

Staatsbürgerschaft“ abfangen. Ende 1916 ging der Anteil<br />

der Generale deutscher Abstammung fast um die Hälfte<br />

zurück, „deutsche“ Offiziere und Generale wurden bei<br />

Auszeichnungen für Heldentaten übergangen.<br />

In dieser Zeit kam auch die volle Ergebenheit der Amtsträger<br />

gegenüber ihrem Staat zum Vorschein: Manche<br />

russlanddeutsche Militärs und Politiker beteiligten sich<br />

aktiv an antideutschen Kampagnen, wie z. B. der Oberbefehlshaber<br />

der Armeen der Nordfront P. A. Plewe bei<br />

der Deportation von Kolonien in Livland und bei der<br />

Schließung der Universität Dorpat oder der Befehlshaber<br />

der 2. Armee S. M. Scheidemann bei der Aussiedlung deutscher<br />

Bauern aus dem Gouvernement Warschau.<br />

Bezeichnend für eine Dienstlaufbahn jener Zeit war<br />

das Schicksal von Boris Stürmer. Als Sohn und Enkel<br />

deutschstämmiger Beamter wurde er bereits nach orthodoxem<br />

Ritus getauft und stellte in der Öffentlichkeit<br />

Илл. 50<br />

Некоторые офицеры были вынуждены сменить<br />

фамилию на более «русскую» – В. А. Ирман стал<br />

Ирмановым. Подверглись гонениям и националистическому<br />

давлению Г. Э. Берхман (плоды его победы<br />

под Сарыкамышем присвоил себе Н. Н. Юденич),<br />

главнокомандующий армиями Западного фронта<br />

А. Е. Эверт.<br />

Весной 1915 г. император отдал секретное распоряжение<br />

об удалении из штабов «лиц с немецкими фамилиями».<br />

В феврале 1917 г. предполагалось удалить<br />

их и из боевых частей. Был запрещен прием немцев<br />

в школы прапорщиков и военные училища. С осени<br />

1914 г. царская цензура должна была перехватывать<br />

все письма и статьи «по вопросу о положении, условиях<br />

проживания и деятельности немцев русского<br />

и иностранного подданства». К концу 1916 г. доля<br />

генералов немецкого происхождения сократилась<br />

почти вдвое; офицеров и генералов «из немцев»<br />

обходили при награждении за подвиги.<br />

В то же время сказалась полная привязанность<br />

сановников к государству: некоторые военные и<br />

политические деятели из российских немцев приняли<br />

деятельное участие в антинемецкой кампании<br />

(главнокомандующий армиями Северного фронта<br />

П. А. Плеве – в депортации колоний Лифляндии<br />

и закрытии Дерптского (Юрьевского) университета,<br />

командующий 2‐й армией С. М. Шейдеман –<br />

в выселении немецких крестьян из Варшавской<br />

губернии).<br />

Ярким примером служебной карьеры того времени<br />

стала судьба Б. В. Штюрмера. Сын и внук служилого<br />

российского немца, он был крещен уже<br />

по православному обряду и прилюдно подчеркивал<br />

свою «русскость». С 1905 г. он возглавлял<br />

49<br />

48. С. Ю. Витте (1849–1915) на посту министра<br />

финансов. С гелиогравюры. 1902<br />

Finanzminister S. Ju. Witte (1849–1915).<br />

Helioradierung. 1902<br />

49. Золотой рубль С. Витте.<br />

Goldener Rubel von S. Witte<br />

48


Немцы в российской истории 29<br />

stets sein russisches Wesen zur Schau. Ab 1905 stand er<br />

im Staatsrat an der Spitze einer äußerst rechten Gruppe<br />

von Bürokraten, die gegen jegliche Modernisierung der<br />

Selbstherrschaft eintraten. 1916 wurde Stürmer, der aktiv<br />

die antideutsche Hysterie am Hofe mittrug, Innen- und<br />

Außenminister, Oberbefehlshaber eines selbstständigen<br />

Gendarmeriekorps, Vorsitzender des Ministerrates und<br />

Vorsitzender der Sonderkommission für Staatsverteidigung.<br />

Aber gerade sein deutscher Name, den zu wechseln<br />

ihm untersagt worden war, lieferte letztendlich im<br />

November 1916 den Grund für seine Entlassung aus<br />

sämtlichen Ämtern.<br />

Die Russlanddeutschen, die in Russland durch den Wechsel<br />

in den militärischen oder Staatsdienst eine neue<br />

Heimat gefunden hatten, waren in der russischen Gesellschaft<br />

sehr bald kein Fremdkörper mehr. Ab Mitte des<br />

19. Jahrhunderts erhielt diese Gruppe von Staatsdienern<br />

keinen Zulauf mehr aus dem Ausland, auch nicht beim<br />

Anschluss neuer Territorien im Westen. Die Offiziere und<br />

Beamten deutscher Abstammung hatten sich praktisch im<br />

russischen Adel integriert und größtenteils ihre spezifische<br />

Art eingebüßt. Nur der baltische Adel behielt zum<br />

Teil noch aufgrund der Besonderheiten des Baltikums<br />

seine sprachlichen, religiösen und sonstigen kulturellen<br />

Besonderheiten bei, was in Regierungskreisen oft zu Gereiztheit<br />

führte. Dabei haben die in russischen Diensten<br />

stehenden Russlanddeutschen, die in allen Bereichen, in<br />

denen sie ihre Kenntnisse und Erfahrungen einbrachten<br />

und dafür viel Anerkennung fanden, dem Staat in<br />

schweren Zeiten stets die Treue gehalten, wesentlichen<br />

Einfluss auf die Entwicklung der Verwaltungsstrukturen<br />

des Reiches genommen und zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

ihr Schicksal voll und ganz mit dem Schicksal des<br />

Landes verbunden.<br />

в Государственном совете группу крайне правых<br />

бюрократов, выступавших против какой-либо<br />

модернизации самодержавия. Активно поддерживающий<br />

в придворных кругах антинемецкую<br />

истерию, Штюрмер в 1916 г. назначается одновременно<br />

министром внутренних дел, министром<br />

иностранных дел, главнокомандующим Отдельным<br />

корпусом жандармов, председателем Совета министров<br />

и Особого совещания по обороне государства.<br />

Однако именно немецкая фамилия (которую ему не<br />

позволили сменить) стала окончательной причиной<br />

его отставки со всех постов в ноябре 1916 г.<br />

Российские немцы, обретшие в России новое<br />

отечество в результате перехода на военную или<br />

гражданскую службу, довольно скоро перестали<br />

быть чужеродным телом в русском обществе.<br />

С середины ХIХ в. эта служилая корпорация уже<br />

не пополнялась из-за рубежа или в связи с присоединением<br />

новых территорий на западном направлении.<br />

Военные и гражданские деятели немецкого<br />

происхождения практически слились<br />

с российским дворянством, в большинстве своем<br />

утратив самобытность. Отчасти только балтийское<br />

дворянство, в силу особенностей Прибалтийского<br />

края, сохраняло языковые, религиозные и иные<br />

культурные отличия, нередко вызывая этим раздражение<br />

правящих кругов России. Тем не менее,<br />

оставив по себе добрую славу во всех отраслях, где<br />

прилагались их знания и опыт, пронеся верность<br />

государству через испытания времени, оказав существенное<br />

влияние на развитие управленческих<br />

структур империи, служилые российские немцы<br />

в начале ХХ в. полностью разделили свою судьбу<br />

с судьбой страны.<br />

50. Б. В. Штюрмер (1848–1917). Фото. 1913<br />

B. W. Stürmer (1848–1917). Foto. 1913<br />

50


30 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Die Akademie der Wissenschaften – Entwicklung von<br />

Wissenschaft und wissenschaftlichen Beziehungen<br />

Академия наук – развитие науки<br />

и научных связей<br />

I. Tscherkasjanowa (St. Petersburg) И. Черказьянова (Санкт-Петербург)<br />

Die Vorliebe Peters I. für die Wissenschaften zeigte<br />

sich bereits in jungen Jahren und hatte ganz praktische<br />

Gründe. Für die Einführung technischer<br />

Neuerungen wurden nicht nur Fachleute benötigte, es war<br />

auch erforderlich, die Bodenschätze rationell zu nutzen. Eine<br />

Voraussetzung dafür war wiederum die Untersuchung naher<br />

und weit entfernt liegender Gebiete, die Erkundung von<br />

Lagerstätten sowie die Förderung und Weiterverarbeitung<br />

von Bodenschätzen. Die Einladung ausländischer Fachleute<br />

war unter Peter I. sehr verbreitet. Jedoch beschränkte er sich<br />

nicht nur auf den Einsatz von Ausländern mit kurzfristigen<br />

Verträgen, sondern bemühte sich auch um die Gründung<br />

entsprechender Einrichtungen, die dazu dienen sollten,<br />

kontinuierliche und systematische Forschung zu betreiben,<br />

die Erfahrungen der Ausländer an russische Untertanen<br />

weiterzugeben und Russen in allen für die Modernisierung<br />

Russlands erforderlichen Fachbereichen auszubilden.<br />

Bei der Gründung und Entwicklung der Russischen Akademie<br />

der Wissenschaften (auch: Akademie der Wissenschaften<br />

und Künste, Petersburger Akademie oder Kaiserliche<br />

Akademie der Wissenschaften) wie auch bei der Entwicklung<br />

der russischen Wissenschaft im 18. und 19. Jahrhundert<br />

insgesamt spielten aus Deutschland und Russland stammende<br />

deutsche Wissenschaftler eine wichtige Rolle. Bereits<br />

bei der Planung der Akademie orientierte sich Peter I. an<br />

europäischen Erfahrungen. Über die kulturellen Wandlungen<br />

in Russland korrespondierte er mit dem deutschen<br />

Wissenschaftler Gottfried Wilhelm Leibnitz (1646–1716),<br />

dem Begründer und Präsidenten der Kurfürstlich-Brandenburgischen<br />

Sozietät der Wissenschaften in Berlin. Viele<br />

Empfehlungen des Philosophen hatten einen großen<br />

Einfluss auf die Reformen des Zaren. Am 28. Januar 1724<br />

unterzeichnete Peter I. den Erlass „Über die Gründung der<br />

Akademie und die für deren Unterhalt von den Städten<br />

Narwa, Dorpat, Pernow und Arensburg zu erhebenden<br />

Zoll- und Lizenzeinnahmen“. Die offizielle Eröffnung fand<br />

Abb. 51 Илл. 51<br />

Abb. 52<br />

Илл. 52<br />

Стремление Петра I к наукам проявилось уже<br />

в юном возрасте и имело прикладной характер.<br />

Для введения технических новшеств<br />

необходимы были не только специалисты, но и<br />

рациональное использование природных богатств.<br />

Предпосылками для этого, в свою очередь, были<br />

изучение дальних и ближних владений, разведка<br />

ископаемых, их добыча и использование. Приглашение<br />

иностранных специалистов в царствование<br />

Петра I стало распространенным явлением. Но он<br />

не ограничился трудом иноземцев, работавших<br />

по краткосрочным контрактам, а стремился создать<br />

учреждения, которые осуществляли бы последовательные<br />

и системные исследования с передачей опыта<br />

иностранцев российским подданным и обучение<br />

россиян необходимым для модернизации России<br />

специальностям.<br />

В создании и развитии Российской Академии наук<br />

(Академии наук и художеств, Петербургской, Императорской<br />

Академии наук), как и в целом в развитии<br />

российской науки XVIII–XIX вв., важную роль<br />

сыграли немецкие ученые, уроженцы Германии и<br />

России. Еще при разработке проекта академии Петр I<br />

обратился к европейскому опыту. Он вел переписку<br />

о культурных преобразованиях в России с немецким<br />

ученым Готфридом Вильгельмом Лейбницем (1646–<br />

1716), создателем и президентом научного общества<br />

в Берлине. Многие рекомендации философа оказали<br />

влияние на реформы царя. 28 января 1724 г. Петр I<br />

издал указ «Об учреждении Академии и о назначении<br />

для содержания оной доходов таможенных и лицентных,<br />

собираемых с городов Нарвы, Дерпта, Пернова<br />

и Аренсбурга». Ее официальное открытие состоялось<br />

27 декабря 1725 г. В тот же день прошло первое публичное<br />

собрание, на котором присутствовала дочь<br />

Петра I – герцогиня Гольштинская Анна.


51<br />

52<br />

51. Петр I (1672–1725).<br />

А. П. Антропов. 1770.<br />

Фрагмент. Государственный<br />

Русский музей, С.-Петербург<br />

Peter I. (1672–1725).<br />

A. P. Antropow. 1770.<br />

Fragment. Staatliches Russisches<br />

Museum, St. Petersburg<br />

52. Г. В. Лейбниц (1646–1716).<br />

Б.Х. Франкен. Около 1700.<br />

Музей герцога Антона Ульриха,<br />

Брауншвейг<br />

G. W. Leibniz (1646–1716).<br />

B. Ch. Francken. Ca. 1700.<br />

Herzog Anton Ulrich-Museum,<br />

Braunschweig<br />

53<br />

53. Фасады Академии наук.<br />

С гравюры Х. А. Вортмана.<br />

1741. Фрагмент<br />

Fassade der Akademie<br />

der Wissenschaften.<br />

Radierung von Ch. A. Wortmann.<br />

1741. Fragment<br />

54. Разрез здания библиотеки<br />

и Кунсткамеры.<br />

С гравюры Ф. Маттарнови.<br />

1741. Фрагмент<br />

Durchschnitt der Bibliothek<br />

und Kunstkammer.<br />

Radierung von Ph. Mattarnovy.<br />

1741. Fragment<br />

54


32 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 53, 54<br />

Abb. 55<br />

am 27. Dezember 1725 statt. Am gleichen Tag fand die erste<br />

öffentliche Sitzung statt, an der auch Anna Petrowna Herzogin<br />

von Holstein, die Tochter Peters I., teilnahm.<br />

Deutsche Mitglieder<br />

der Akademie der Wissenschaften<br />

des 18. Jahrhunderts<br />

Besonders spürbar war der Beitrag deutscher Wissenschaftler<br />

zur Entwicklung der Wissenschaften Russlands im 18. Jahrhundert,<br />

als sich noch keine einheimische akademische Elite<br />

entwickelt hatte. Für den ersten Mitgliederbestand der Akademie<br />

wurden im Laufe von 1725 13 Professoren, ab 1747 Akademiemitglieder,<br />

eingeladen, unter denen neun Deutsche waren.<br />

Im 18. Jahrhundert waren von 111 ordentlichen Mitgliedern<br />

der Akademie der Wissenschaften 67 Deutsche. Ein Teil von ihnen<br />

verließ Russland nach langjähriger Arbeit, während andere<br />

hier ihre zweite Heimat fanden. In den „Werken“ der Akademie<br />

von 1742 bis 1822 wurden 161 Arbeiten aus der Zoologie,<br />

Physiologie, Anatomie und Paläontologie, davon 97 Beiträge<br />

von deutschen Wissenschaftlern veröffentlich.<br />

Einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Akademie<br />

der Wissenschaften hatte der deutsche Philosoph, Mathematiker<br />

und Physiker Christian Wolff (1679–1754), der<br />

als Professor in Halle tätig war. Das Angebot, die Leitung<br />

der Russischen Akademie zu übernehmen, lehnte er ab,<br />

half jedoch im Weiteren als Vermittler und Berater bei der<br />

Gewinnung deutscher Wissenschaftler für die Akademie.<br />

1725 wurde er zum ersten Ehrenmitglied der Akademie der<br />

Wissenschaften gewählt. In Marburg studierten bei Wolff<br />

russische Studenten, und einer von ihnen war das spätere<br />

Akademiemitglied M. W. Lomonossow.<br />

Deutliche Spuren hinterließen in der Wissenschaft die deutschen<br />

Akademiemitglieder der ersten Generation. Gottlieb<br />

Siegfried Bayer (1694–1738) kam als bereits europaweit<br />

Илл. 53, 54<br />

Илл. 55<br />

Илл. 56, 57<br />

Немцы – члены Академии наук<br />

XVIII в.<br />

Особенно ощутим вклад немецких ученых в науку<br />

России в XVIII в., когда отечественная академическая<br />

элита еще не сформировалась. В первый состав<br />

академии в течение 1725 г. были приглашены 13 профессоров<br />

(с 1747 г. – академики), из них 9 были<br />

немецкими учеными. Из 111 действительных членов<br />

Академии наук XVIII в. 67 были немцами. Часть их<br />

покинула Россию после многих лет работы, другие<br />

же обрели здесь вторую родину. В «Трудах» академии<br />

в 1742–1822 гг. издана 161 работа по зоологии, физиологии,<br />

анатомии и палеонтологии. Из них на долю<br />

немецких ученых приходится 97 статей.<br />

Большое влияние на формирование Академии наук<br />

оказал немецкий философ, математик и физик, профессор<br />

в Галле Христиан Вольф (1679–1754). Он отказался<br />

от предложения возглавить российскую<br />

академию, но в дальнейшем выступал в качестве<br />

посредника и консультанта по подбору немецких<br />

ученых. Его избрали первым почетным членом Академии<br />

наук (1725). У Вольфа в Марбурге обучались<br />

российские студенты, среди которых был и будущий<br />

академик М.В. Ломоносов.<br />

Заметный след в науке оставили немецкие члены<br />

Академии наук первого состава. Готлиб Зигфрид<br />

Байер (1694–1738) поступил в академию уже будучи<br />

хорошо известным в Европе ученым, специалистом<br />

по восточным языкам, древней российской истории<br />

и античности. По оценке А. Л. Шлецера, это<br />

был один «из величайших гуманистов и историков<br />

своего столетия». Юрист Иоганн Симон Бекенштейн<br />

(1684–1742), приехавший из Кёнигсбергского университета,<br />

составил первое в России руководство<br />

по геральдике. Ботаник Иоганн Христиан Буксбаум<br />

56 57<br />

55


Немцы в российской истории 33<br />

renommierter Wissenschaftler zur Akademie. Er war Fachmann<br />

für orientalische Sprachen, altrussische Geschichte und<br />

Antike. Nach A. L. Schlözers Einschätzung war er „einer der<br />

größten Humanisten und Historiker seines Jahrhunderts“. Von<br />

dem Juristen Johann Simon Beckenstein (1684–1742), der von<br />

der Universität Königsberg kam, wurde die erste Anleitung<br />

Russlands über Heraldik verfasst. Der Botaniker Johann Christian<br />

Buxbaum (1693–1730) war Autor der ersten in Russland<br />

veröffentlichten botanischen Arbeit, die von ihm zusammengestellten<br />

Pflanzensammlungen bildeten den Grundstock für<br />

das Herbarium der Akademie der Wissenschaften.<br />

Aus dem Bereich der exakten und Naturwissenschaften sind<br />

besonders zu nennen: der Physiker, Mathematiker und Astronom<br />

G. W. Krafft (1701–1754), der Naturforscher und Chemiker<br />

I. G. Gmelin (1709–1755), der Anatom und Physiologe<br />

C. F. Wolf (vor 1734–1794) sowie der Chemiker und Physiker<br />

C. E. Hellert (1713–1795). Eine herausragende Persönlichkeit<br />

war der Mathematiker Leonhard Euler (1707–1783), der mit<br />

seinen ca. 900 Arbeiten auf dem Gebiet der mathematischen<br />

Analyse, der Zahlentheorie, der Theorie spezieller Funktionen<br />

und der Variationsrechnung ein riesiges wissenschaftliches<br />

Erbe hinterlassen hat. Die theoretischen Untersuchungen<br />

dieses Wissenschaftlers sind eng mit Problemen der Mechanik,<br />

der Physik, der Ballistik und des Schiffsbaus verknüpft.<br />

Euler war im 18. Jahrhundert in Vielem ein Vorreiter der<br />

physikalisch-mathematischen Wissenschaften und beeinflusste<br />

deren Entwicklung bis hinein ins 19. Jahrhundert.<br />

In der wissenschaftlich-organisatorischen Arbeit wird ebenfalls<br />

die Präsenz der Deutschen am Beispiel der Führung der Akademie<br />

der Wissenschaften sichtbar. Ihr erster Präsident war von<br />

1725 bis 1733 der Leibarzt Peters I., Laurentius Blumentrost<br />

(1692–1755), der aus einer angesehenen deutschen Moskauer<br />

Arztfamilie stammte. Fünf der ihm im Laufe der gesamten Zeit<br />

bis zur Revolution im Amt noch folgenden elf Präsidenten<br />

waren Deutsche: Herrmann Karl von Kayserling (1733–1734),<br />

Abb. 56, 57<br />

Abb. 58<br />

(1693–1730) стал автором первой ботанической работы,<br />

опубликованной в России, а собранные им<br />

коллекции растений положили начало гербарию<br />

Академии наук.<br />

В области естественных и точных наук выделяются<br />

физик, математик, астроном Г. В. Крафт (1701–1754),<br />

естествоиспытатель, химик И. Г. Гмелин (1709–1755),<br />

анатом, физиолог К. Ф. Вольф (до 1734–1794), химик,<br />

физик Х. Э. Геллерт (1713–1795). Выдающейся личностью<br />

является математик Леонард Эйлер (1707–1783),<br />

оставивший огромное научное наследие – около<br />

900 работ в области математического анализа, теории<br />

чисел, теории специальных функций, вариационного<br />

исчисления. Теоретические исследования ученого<br />

тесно увязаны с проблемами механики, физики,<br />

баллистики, кораблестроения. Деятельность Эйлера<br />

во многом предопределила развитие физикоматематических<br />

наук в XVIII в. и продолжала оказывать<br />

влияние в XIX в.<br />

В научно-организационной деятельности присутствие<br />

немцев ярко прослеживается на примере руководства<br />

Академией наук. Первым ее президентом<br />

(1725–1733) стал лейб-медик Петра I Лаврентий<br />

Лаврентьевич Блюментрост (1692–1755), происходивший<br />

из известной немецкой семьи московских<br />

врачей. За весь дореволюционный период из следующих<br />

за ним одиннадцати президентов пятеро<br />

были немецкого происхождения: Герман Карл фон<br />

Кейзерлинг (1733–1734), Иоганн Альбрехт фон Корф<br />

(1734–1740), Карл фон Бреверн (1740 –1741), Андрей<br />

Львович фон Николаи (Генрих Людвиг, 1798–1803),<br />

адмирал, граф Федор Петрович Литке (Фридрих<br />

Беньямин, 1864–1882).<br />

Первым директором академической библиотеки стал<br />

Иоганн Даниель Шумахер (1690–1761), старейший<br />

Илл. 58<br />

55. Х. фон Вольф (1679–1754). С гравюры И. Г. Вилле. XVIII в.<br />

Ch. Freiherr von Wolff (1679–1754). Kupferstich von J. G. Wille. 18 Jh.<br />

56, 57. Титульный лист и иллюстрация из сочинения И.С. Бекенштейна<br />

«Краткое введение в искусство геральдики», напечатанного<br />

в академической типографии. 1731<br />

Titelblatt und Illustration von J. S. Beckensteins „Kurtze Einleitung<br />

zur Wappen-Kunst“. Gedruckt in der Druckerei der Akademie. 1731<br />

58. Лейб-медик Л. Л. Блюментрост (1692–1755) – первый президент<br />

Академии наук. С литографии П. А. Андреева. 1837<br />

Leibarzt L. L. Blumentrost (1692–1755). Erster Präsident der Akademie<br />

der Wissenschaften. Lithographie von P. A. Andrejew. 1837<br />

58


59. Внутренний вид библиотеки.<br />

С гравюры Х. А. Вортмана по рисунку<br />

Дж. Бона. 1741<br />

Innenansicht der Bibliothek.<br />

Radierung von Ch. A. Wortmann nach<br />

einer Zeichnung von G. Bon. 1741<br />

59<br />

60. Внутренний вид Кунсткамеры.<br />

С гравюры А. Полякова. 1741. Фрагмент<br />

Innenansicht der Kunstkammer.<br />

Radierung von A. Poljakow. 1741. Fragment<br />

60<br />

61, 62.<br />

Титульные листы каталогов академических<br />

коллекций, напечатанных в академической<br />

типографии. 1745<br />

Titelblätter von Katalogen der Sammlungen der<br />

Akademie der Wissenschaften, gedruckt in der<br />

Druckerei der Akademie. 1745<br />

61 62


Немцы в российской истории 35<br />

Johann Albrecht von Korff (1734–1740), Karl von Brevern<br />

(1740–1741), Heinrich Ludwig von Nikolai (1798–1803) und<br />

Admiral Graf Friedrich Benjamin Lütke (1864–1882).<br />

Der erste Direktor der Akademiebibliothek war Johann Daniel<br />

Schumacher (1690–1761), dienstältester Mitarbeiter der<br />

Akademie der Wissenschaften. Seine Karriere in Russland<br />

begann er als Bibliothekar der Büchersammlung Peters I.<br />

und Kustos der zur Bibliothek gehörenden Kunstkammer.<br />

Nach der Eröffnung der Akademie waren Bibliothek und<br />

Kunstkammer deren erste Einrichtungen. Schumacher blieb<br />

bis 1761. Er wirkte bei der Organisation von Hilfseinrichtungen<br />

für die Akademie, wie der Druckerei, der Gravierwerkstatt,<br />

der Buchhandlung und der Buchbinderei mit.<br />

Direktoren des Botanischen Gartens der Akademie der Wissenschaften<br />

waren im 18. Jahrhundert hauptsächlich Wissenschaftler<br />

deutscher Abstammung, darunter: J. Amman von<br />

1735 bis 1741, J. G. Siegesbeck von 1741 bis 1746, J. G. Gmelin<br />

1747, J. C. Hebenstreit von 1749 bis 1751 und 1756 bis 1759,<br />

J. G. Kölreuter von 1759 bis 1761, S. G. Gmelin 1767, J. Gärtner<br />

von 1768 bis 1770 und C. F. Wolf von 1770 bis 1773.<br />

Die wissenschaftlichen Kontakte zwischen Russland und<br />

Deutschland gestalteten sich im 18. Jahrhundert in den für<br />

jene Zeit traditionellen Formen: Wissenschaftler wurden zur<br />

Mitarbeit nach Russland eingeladen, russische Studenten<br />

studierten an deutschen und anderen europäischen Universitäten,<br />

Wissenschaftler führten eine rege Korrespondenz,<br />

um ihre Erkenntnisse miteinander auszutauschen, was im<br />

Wesentlichen die heutigen wissenschaftlichen Konferenzen<br />

und wissenschaftlichen Publikationen ersetzte.<br />

Der gebürtige Schweizer Leonhard Euler war eine zentrale<br />

Figur in der Entwicklung der deutsch-russischen Wissenschaftsbeziehungen<br />

in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.<br />

Er wirkte bei der Auswahl und Berufung von Wissenschaftlern<br />

für Russland mit, und bei ihm in Berlin lebten<br />

und studierten russische Studenten. Einen unschätzbaren<br />

Abb. 59, 60<br />

Abb. 61, 62<br />

Abb. 63–66<br />

сотрудник Академии наук. Он начал карьеру в России<br />

в должности библиотекаря книжного собрания<br />

Петра I и хранителя Кабинета редкостей (Кунсткамеры),<br />

находившегося при библиотеке. После открытия<br />

академии Библиотека и Кунсткамера стали одними<br />

из первых ее учреждений. Директором библиотеки<br />

Шумахер оставался до 1761 г. Он способствовал организации<br />

вспомогательных учреждений при академии:<br />

типографии, гравировальной палаты, книжной<br />

лавки и переплетной мастерской.<br />

Директорами Ботанического сада Академии наук<br />

в XVIII в. были в основном ученые немецкого происхождения:<br />

И. Амман (1735–1741), И. Г. Сигезбек<br />

(1741–1746), И. Г. Гмелин (1747), И. Х. Гебенштрейт<br />

(1749–1751, 1756–1759), И. Г. Кельрейтер (1759–<br />

1761), С. Г. Гмелин (1767), И. Гертнер (1768–1770),<br />

К. Ф. Вольф (1770–1773).<br />

Научные контакты России и Германии в XVIII в. выражались<br />

в традиционных для того времени формах:<br />

ученых приглашали для работы в Россию, русские<br />

студенты получали образование в германских и<br />

других европейских университетах, между учеными<br />

шла оживленная научная переписка с изложением<br />

собственных достижений, во многом заменявшая<br />

современные научные конференции и публикации<br />

в научных изданиях.<br />

Л. Эйлер, уроженец Швейцарии, стал центральной<br />

фигурой в развитии русско-немецких научных связей<br />

во второй половине XVIII в. Он принимал участие<br />

в подборе и приглашении ученых для России,<br />

у него в Берлине жили и учились русские студенты.<br />

Неоценимый вклад в изучение истории России и развитие<br />

научных контактов немецких университетов<br />

с Россией внес профессор истории Петербургской<br />

Академии наук Август Людвиг Шлецер (1735–1809).<br />

Илл. 59, 60<br />

Илл. 61, 62<br />

Илл. 63–66<br />

Илл. 67<br />

63<br />

63. Аптекарский огород на Аптекарском острове.<br />

Фрагмент плана С.-Петербурга<br />

Й. Делисле. 1737<br />

Apothekengarten auf der Apothekerinsel.<br />

Fragment des Plans von St. Petersburg.<br />

J. N. Delisle (L‘Isle). 1737<br />

64. Ботанический сад на Васильевском острове – детище И. Аммана.<br />

С гравюры Ф. Маттарнови. 1739<br />

Botanischer Garten auf der Wasiljewskij-Insel – ein Werk von J. Amman.<br />

Radierung von Ph. Mattarnovy. 1739<br />

64


65<br />

65, 66.<br />

Титульный лист и иллюстрации из труда И. Аммана о дикорастущих<br />

растениях России, напечатанного в академической типографии. 1739<br />

Titelblatt und Illustrationen aus J. Ammans Werk über wildwachsende<br />

Pflanzen Russlands, gedruckt in der Druckerei der Akademie. 1739<br />

66<br />

67 68<br />

67. А. Л. фон Шлёцер (1735–1809). Неизвестный художник. 1779.<br />

Коллекция Гёттингенского университета, Гёттинген<br />

A. L. von Schlözer (1735–1809). Maler unbekannt. 1779. Sammlung<br />

der Universität Göttingen<br />

68. Г. А. фон Мюнхгаузен (1688–1770), первый куратор Гёттингенского<br />

университета. Неизвестный художник. XVIII в. Городской музей,<br />

Гёттинген<br />

G. A. Freiherr von Münchhausen (1688–1770), erster Kurator der<br />

Georg-August Universität Göttingen. Maler unbekannt. 18. Jh.<br />

Stadtmuseum, Göttingen


Немцы в российской истории 37<br />

Beitrag zur Erforschung der Geschichte Russlands und zur<br />

Entwicklung der wissenschaftlichen Kontakte deutscher<br />

Universitäten mit Russland leistete der Professor für Geschichte<br />

an der Petersburger Akademie der Wissenschaften<br />

August Ludwig von Schlözer (1735–1809). In St. Petersburg<br />

bereitete er in den 1760er Jahren die Drucklegung bedeutender<br />

historischer Quellen vor, darunter die Nikonsche<br />

Chronik, die „Russkaja Prawda“ in einer Fassung der Akademie<br />

und die Gesetzessammlung Iwans des Schrecklichen.<br />

Außerdem erarbeitete er zwischen von 1763 bis 1764 eine<br />

Grammatik der russischen Sprache. An der ersten kritischen<br />

Ausgabe der Nestorchronik arbeitete Schlözer von<br />

1802 bis 1809 in Göttingen. Diese Arbeit war die erste<br />

grundlegende quellenkundliche Untersuchung in der russischen<br />

Geschichtswissenschaft, die großen Einfluss auf die<br />

nachfolgende Generation russischer Historiker hatte.<br />

Dank Schlözer wurden im letzten Drittel des 18. Jahrhundert<br />

die Kontakte zwischen Russland und der damals<br />

besten Universität Europas in Göttingen angebahnt, an der<br />

es ebenfalls bereits Tendenzen zu einer Annäherung gab.<br />

Die Tätigkeit Schlözers in St. Petersburg fiel zeitlich mit<br />

der Absicht des Kurators der Universität Göttingen, Baron<br />

G. A. von Münchhausen zusammen, die Göttinger Universität<br />

zu einem Zentrum für das Studium russischer Geschichte<br />

und Literatur zu machen. Genau hier gab es 1762 das erste<br />

Semester mit Vorlesungen zur russischen Geschichte. Damit<br />

war das Aufspüren von Quellen zur russischen Geschichte,<br />

u. a. auch in deutschen Archiven, die Schlözer vornehmen<br />

sollte, nicht nur für die Petersburger Akademie, sondern<br />

auch für die Universität Göttingen von Interesse.<br />

Als Schlözer 1765 St. Petersburg vorübergehend verließ,<br />

nahm er vier russische Studenten zum Studium an der<br />

Universität Göttingen mit. Das war der Beginn ständiger<br />

Kontakte, die sich im folgenden Jahrhundert fortsetzten. Die<br />

Studenten, die in den Folgejahren nach Göttingen kamen,<br />

Abb. 67<br />

Abb. 68, 69<br />

В Петербурге в 1760‐е гг. он подготовил к публикации<br />

важнейшие исторические источники: Никоновскую<br />

летопись, «Русскую правду» по Академическому<br />

списку, Судебник Ивана Грозного, составил<br />

грамматику русского языка (1763–1764). Первое критическое<br />

издание «Повести временных лет» Шлецер<br />

осуществил в Гёттингене (1802–1809). Работа явилась<br />

первым фундаментальным источниковедческим<br />

исследованием в российской исторической науке,<br />

оказавшим огромное влияние на последующее поколение<br />

русских историков.<br />

Во многом благодаря Шлецеру в последней трети<br />

XVIII в. были налажены связи между Россией<br />

и лучшим в Европе того времени Гёттингенским<br />

университетом, где наметились встречные<br />

тенденции к сближению. Деятельность Шлецера<br />

в Петербурге совпала по времени с появлением<br />

у куратора Гёттингенского университета, барона<br />

Г. А. фон Мюнхгаузена намерения сделать свой<br />

университет центром изучения русской истории и<br />

литературы. Именно здесь впервые был прочитан<br />

курс лекций по русской истории (1762). Поэтому<br />

выявление источников по русской истории, которое<br />

должен был провести Шлецер, в том числе и в немецких<br />

архивах, представляло интерес не только для<br />

Петербургской академии, но и для Гёттингенского<br />

университета.<br />

Временно покинув Петербург (1765), Шлецер взял<br />

с собой четырех русских студентов для обучения<br />

в университете. С этого времени начинается период<br />

постоянных контактов, продолжавшихся и в следующем<br />

столетии. Студенты, приезжавшие в Гёттинген<br />

в последующие годы, по-прежнему находили в лице<br />

ученого надежного покровителя. Шлецер, некогда<br />

обвиненный Ломоносовым в «презрении» ко всему<br />

Илл. 68, 69<br />

69. Здание Гёттингенского университета и<br />

библиотеки. С гравюры Г. Х. Грапе. 1815<br />

Göttinger Universitäts- und Bibliotheksgebäude.<br />

Kupferstich von H. Chr. Grape. 1815<br />

69


71<br />

70. Процессия студенческих корпораций в Гёттингене<br />

по случаю 100-летия университета 17 cентября 1837 г.<br />

С литографии К. Роде. 1837<br />

Prozession der studentischen Korporationen in Göttingen anlässlich<br />

des 100jährigen Universitäts-Jubiläums am 17. September 1837.<br />

Nach einer Lithographie von C. Rohde. 1837<br />

70<br />

71. Академия наук и Кунсткамера. С гравюры Г. Качалова по рисунку<br />

М. Махаева. Фрагмент. 1761<br />

Akademie der Wissenschaften und Kunstkammer. Radierung von<br />

G. Katschalow nach einer Zeichnung von M. Machajew. Fragment. 1761<br />

72<br />

72. Карта академических путешествий в Российской империи в XVIII в.: Д. Мессершмидт, И. Гмелин, Г. Стеллер,<br />

П. Паллас, С. Гмелин, И. Гюльденштедт, И. Георги, И. Фальк, И. Лепехин, В. Зуев, Н. Рычков. [1785]<br />

Landkarte zur Übersicht der akademischen Reisen im Russischen Reich in 18 Jh.: D. Messerschmidt, J. Gmelin,<br />

G. Steller, P. Pallas, S. Gmelin, J. Güldenstädt, J. Georgi, J. Falck, I. Lepjochin, W. Sujew, N. Rytschkow. [1785]<br />

73<br />

73. Венерин башмачок. Рисунок из материалов экспедиции Д. Мессершмидта. С рисунка К. Шульмана. 1720.<br />

С.‐Петербургский филиал архива РАН, С.-Петербург<br />

Cypripedium macranthon. Sammlung der Expedition von D. Messerschidt. Zeichnung K. Schulmann. 1720.<br />

St. Petersburger Filiale des Archivs der Russischen Akademie der Wissenschaften, St. Petersburg


Немцы в российской истории 39<br />

fanden in dem Wissenschaftler stets einen zuverlässigen Betreuer.<br />

Schlözer, dem Lomonossow seinerzeit Verachtung für<br />

alles Russische vorgeworfen hatte, erwies sich in Wirklichkeit<br />

als glühender russischer Patriot, der sich um mehrere<br />

Generationen russischer Burschen kümmerte, die an der<br />

Universität studierten. Zu seinen Schülern gehörten spätere<br />

russische Akademiemitglieder, Universitätsprofessoren,<br />

Staatsmänner und Personen des öffentlichen Lebens.<br />

Schlözers Engagement führte 1804 zur Gründung der ersten<br />

universitären Wissenschaftsgesellschaft Russlands, der<br />

„Gesellschaft für Geschichte und russische Altertümer“.<br />

In einer seiner Reden schlug der Wissenschaftler vor, „die<br />

Regierungszeit Alexanders I. durch die Herausgabe einer<br />

vollständigen Sammlung aller erhalten gebliebenen alten<br />

Chroniken zu verewigen“. Die Idee stieß auf Zustimmung. Zu<br />

deren Umsetzung sollte eine wissenschaftliche Gesellschaft<br />

gegründet werden, mit deren Organisation die Moskauer<br />

Universität beauftragt wurde.<br />

Wissenschaftliche Expeditionen<br />

im 18. Jahrhundert<br />

Wissenschaftler deutscher Herkunft beteiligten sich aktiv<br />

an Expeditionen der Akademie, mit denen der Grundstein<br />

zur regelmäßigen Erforschung der gewaltigen russischen<br />

Gebiete gelegt wurde.<br />

Besonders reichhaltiges und unterschiedlichstes Material<br />

wurde von den Teilnehmern der Zweiten Kamtschatka-Expedition<br />

(der Großen Nordexpedition) zwischen 1733 und<br />

1743 gesammelt. Ihre Forschungsgruppen zogen entlang<br />

der arktischen Küste Sibiriens bis zur Küste Nordamerikas<br />

und Japans. Die Leistungen von G. F. Müller, J. G. Gmelin,<br />

G. W. Steller, J. E. Fischer und anderer Wissenschaftler<br />

bildeten den Auftakt für die wissenschaftliche Erforschung<br />

Sibiriens, seiner Geschichte und Natur.<br />

Gerhard Friedrich Müller, russ.: Fjodor Iwanowitsch (1705–<br />

1783), Historiker und seit 1725 ordentliches Mitglied der<br />

Akademie der Wissenschaften kam als 20-jähriger junger<br />

Mann aus Herford in Westfalen nach Russland. Während<br />

der Expedition leitete er eine Gruppe, untersuchte und<br />

beschrieb die Archive von mehr als 20 Städten und trug<br />

eine umfangreiche Sammlung von Dokumentenkopien zur<br />

russischen Geschichte zusammen. Das Hauptwerk seines<br />

Lebens war die mehrbändige „Geschichte Sibiriens“, die<br />

1750 erstmals in russischer Sprache unter dem Titel „Beschreibung<br />

des Sibirischen Reiches und aller darin erfolgten<br />

Dinge von Anbeginn“ erschien. Ursprünglich unterrichtete<br />

Müller am Gymnasium der Akademie, war Gehilfe des Bibliothekars<br />

der Akademie Johann Daniel Schumacher und<br />

wirkte bei der Einrichtung des Akademiearchivs und der Bibliothek<br />

mit. 1728 gründete er unter dem Titel „Monatliche<br />

historische, genealogische und geografische Notizen in den<br />

Nachrichten“, eine Monatsbeilage zu den „St. Petersburger<br />

Nachrichten“. Das war die erste russische populärwissenschaftliche<br />

und Literaturzeitschrift. 1732 wurde von ihm<br />

die erste russische historische Zeitschrift, die „Sammlung<br />

russischer Geschichte“ gegründet, in der erstmals, in deutscher<br />

Sprache, Auszüge aus der „Ersten russischen Chronik“<br />

veröffentlicht wurden.<br />

Abb. 70, 71<br />

Abb. 72, 73<br />

Abb. 74<br />

Abb. 75<br />

Abb. 76<br />

русскому, на деле оказался искренним русским патриотом,<br />

взяв на себя заботу о нескольких поколениях<br />

русских юношей, обучавшихся в университете.<br />

Его учениками были будущие российские академики,<br />

профессора университетов, общественные и государственные<br />

деятели.<br />

Активность Шлецера привела к возникновению<br />

первого в России университетского научного общества<br />

– Общества истории и древностей российских<br />

(1804). В одном из обращений ученый предлагал<br />

«увековечить царствование императора Александра<br />

I выпуском полного свода всех сохранившихся<br />

древних летописей». Идея была одобрена. Для<br />

ее осуществления планировалось создать научное<br />

общество, организация которого была доверена Московскому<br />

университету.<br />

Экспедиционная деятельность<br />

ученых в XVIII в.<br />

Ученые немецкого происхождения приняли деятельное<br />

участие в академических экспедициях, положивших<br />

начало регулярному изучению огромных<br />

российских пространств.<br />

Особенно богатый и разнообразный материал получен<br />

участниками Второй Камчатской (Великой<br />

Северной) экспедиции (1733–1743). Ее отряды<br />

были направлены вдоль арктического побережья<br />

Сибири, к берегам Северной Америки и Японии.<br />

Усилиями Г. Ф. Миллера, И. Г. Гмелина, Г. В. Стеллера,<br />

И. Э. Фишера и других ученых было положено<br />

начало научному изучению Сибири, ее истории и<br />

природы.<br />

Герхард Фридрих Миллер (Федор Иванович, 1705–<br />

1783), историк, действительный член Академии<br />

наук с 1725 г., прибыл в Россию 20-летним юношей<br />

из Герфорда (Вестфалия). Во время экспедиции, возглавляя<br />

отряд, он обследовал и описал архивы более<br />

20 городов, собрал огромную коллекцию копий<br />

документов по русской истории. Главным трудом<br />

его жизни стала многотомная «История Сибири»,<br />

впервые изданная на русском языке в 1750 г. под<br />

названием «Описание сибирского царства и всех<br />

происшедших в нем дел от начала». Первоначально<br />

Миллер преподавал в академической гимназии, был<br />

помощником академического библиотекаря Шумахера,<br />

участвовал в организации академического архива<br />

и библиотеки. В 1728 г. основал приложение<br />

к «Санкт-Петербургским ведомостям» – «Месячные<br />

исторические, генеалогические и географические<br />

примечания в Ведомостях», ставшее первым русским<br />

литературным и научно-популярным журналом.<br />

В 1732 г. он основал первый русский исторический<br />

журнал «Sammlung Russischer Geschichte» («Собрание<br />

русской истории»), где впервые (на немецком<br />

языке) были опубликованы отрывки из «Начальной<br />

русской летописи».<br />

Помощником Миллера во время экспедиции<br />

был академик Иоганн Георг Гмелин (1709–1755),<br />

Илл. 70, 71<br />

Илл. 72, 73<br />

Илл. 74<br />

Илл. 75<br />

Илл. 76<br />

Илл. 77


75<br />

76<br />

74. Г. Ф. Миллер (1705–1783). Э. В. Козлов.<br />

Конец ХХ в. С.‐Петербургский государственный<br />

университет, С.‐Петербург<br />

G. F. Müller (1705–1783). E. W. Koslow.<br />

Ende 20. Jh. St. Petersburger Staatsuniversität,<br />

St. Petersburg<br />

74<br />

75. Титульный лист сочинения Г. Миллера «Описание сибирского царства …»,<br />

напечатанного в академической типографии. 1750<br />

Titelblatt G. Müllers „Beschreibung des Sibirischen Zarenreiches…“,<br />

gedruckt in der Druckerei der Akademie 1750<br />

76. «Собрание русской истории», печатавшееся при Академии наук в 1732–1766 гг.<br />

„Sammlung russischer Geschichte“, veröffentlich von der Akademie 1732–1766<br />

78<br />

79<br />

80<br />

77. И. Г. Гмелин (1709–1755). С гравюры И. Я. Гайда.<br />

Середина XVIII в.<br />

J. G. Gmelin (1709–1755). Schabkunstblatt von J. Ja. Haid.<br />

Mitte 18. Jh.<br />

77<br />

78. Титульный лист труда И. Г. Гмелина «Путешествие по Сибири»,<br />

изданного в Гёттингене. 1752<br />

Titelblatt des Werkes J.G. Gmelins „Reise durch Sibirien“.<br />

Veröffentlicht in Göttingen. 1752<br />

79, 80.<br />

Страницы из труда И. Г. Гмелина «Флора Сибири». 1747<br />

Auszug aus J. G. Gmelins „Flora Sibirica“. 1747


Немцы в российской истории 41<br />

Müllers Mitarbeiter während der Expedition war Akademiemitglied<br />

Johann Georg Gmelin (1709–1755), geboren<br />

in Tübingen. Zwischen 1751 und 1755 veröffentlichte er in<br />

Göttingen sein vierbändiges Expeditionstagebuch „Reise durch<br />

Sibirien von dem Jahr 1733 bis 1743“. Darin hatte er auch<br />

Aufzeichnungen festgehalten, in denen er sich missbilligend<br />

über die Arbeit russischer Behörden in Sibirien äußerte, was<br />

die russische Regierung erregte. In der Akademie der Wissenschaften<br />

wurde beschlossen, die Ausführungen Gmelins zu<br />

dementieren. Den Text dazu sollten G. F. Müller und M. W. Lomonossow<br />

verfassen. Beide weigerten sich. Aus Gründen der<br />

Zensur wurden die Bücher nicht ins Russische übersetzt. Erst<br />

vor kurzem, im Jahre 2009, erschien in St. Petersburg eine<br />

Reprint-Ausgabe. Zwischen 1747 und 1769 gab die Akademie<br />

der Wissenschaften das Hauptwerk Gmelins „Flora Sibirica“<br />

heraus. Das vierbändige Werk beinhaltet 294 Abbildungen<br />

und 1 178 Beschreibungen von Pflanzenarten, von denen<br />

500 überhaupt zum ersten Mal beschrieben wurden.<br />

Auf der Liste der herausragenden Teilnehmer der Kamtschatka-Expedition<br />

steht auch der Name des aus Franken<br />

stam menden Naturforschers Georg Steller (1709–1746),<br />

der als Regimentsarzt nach Russland kam. Er schloss sich<br />

1737 in Sibirien der Expedition an. Zu seinen Verdiensten<br />

gehört die Erforschung Jakutiens, Kamtschatkas und<br />

Nordwestamerikas. Er verfasste als erster ein Werk über<br />

die Tierwelt Russlands unter dem Titel „De bestiis marinis“,<br />

und von ihm stammt auch die erste ethnographische<br />

Beschreibung der Alëuten. 1741 entdeckte er ein heute<br />

bereits ausgestorbenes Seesäugetier, das ihm zu Ehren den<br />

Namen Stellersche Seekuh erhielt.<br />

1767 setzte eine neue Welle wissenschaftlicher Expeditionen<br />

ein, die unter der Schirmherrschaft Katharinas II. organisiert<br />

wurden. Die Forschungsgruppen unter der Leitung von<br />

P. S. Pallas, S. G. Gmelin, J. G. Georgi, J. P. Falk, I. I. Lepjochin<br />

und J. A. Güldenstädt erforschten im Laufe von sieben<br />

Abb. 77<br />

Abb. 78<br />

Abb. 79, 80<br />

Abb. 81<br />

Abb. 82<br />

Abb. 83<br />

уроженец Тюбингена. В 1751–1755 гг. в Гёттингене<br />

он опубликовал в 4‐х томах свои экспедиционные<br />

дневники «Reise durch Sibirien von dem Jahr<br />

1733 bis 1743» («Путешествие по Сибири с 1733<br />

по 1743 гг.»). В них содержались записи c неодобрительными<br />

отзывами о деятельности российских<br />

властей в Сибири, что вызвало раздражение у российского<br />

правительства. Академия наук приняла<br />

решение выступить с опровержением Гмелина, написать<br />

которое было поручено Г. Ф. Миллеру и<br />

М. В. Ломоносову. Они отказались. По цензурным<br />

соображениям книги на русский язык не переводились.<br />

Лишь в 2009 г. в Петербурге вышло их<br />

репринтное издание. В 1747–1769 гг. Академия наук<br />

издала главный труд Гмелина «Флора Сибири».<br />

В 4-томное издание включены изображения 294 и<br />

описание 1 178 видов растений, из которых более<br />

500 были описаны впервые.<br />

В списке выдающихся участников Камчатской экспедиции<br />

стоит имя естествоиспытателя Георга Стеллера<br />

(1709–1746), уроженца Франконии, попавшего<br />

в Россию в качестве полкового врача. Он примкнул<br />

к экспедиции в 1737 г. уже в Сибири. В числе его<br />

заслуг изучение Якутии, Камчатки, Северо-Западной<br />

Америки. Он первым составил труд по фауне России<br />

«Морские животные», ему же принадлежит<br />

первое научное этнографическое описание алеутов.<br />

В 1741 г. им открыто ныне вымершее морское млекопитающее,<br />

получившее название в честь ученого –<br />

Стеллерова корова.<br />

С 1767 г. началась новая волна академических экспедиций,<br />

организованных под покровительством Екатерины<br />

II. Отряды под руководством П. С. Палласа,<br />

С. Г. Гмелина, И. Г. Георги, И. П. Фалька, И. И. Лепехина,<br />

И. А. Гильденштедта в течение 7 лет (1768–1774)<br />

Илл. 78<br />

Илл. 79, 80<br />

Илл. 81<br />

Илл. 82<br />

Илл. 83<br />

83<br />

81 82<br />

81. Титульный лист труда Г. Стеллера «Описание земли Камчатка»,<br />

изданного в Германии. 1774<br />

Titelblatt des Werkes G. Stellers „Beschreibung von dem Lande<br />

Kamtschatka“, herausgegeben in Deutschland. 1774<br />

82. Титульный лист сочинения Г. Стеллера «Описание странных морских<br />

животных», напечатанного в Галле. 1753<br />

Titelblatt des Werkes von G. Steller «Beschreibung von sonderbaren<br />

Meerthieren». Gedruckt in Halle. 1753<br />

83. Стеллерова корова. Фрагмент карты восточного побережья<br />

Камчатки. С рисунка С. Хитрова. 1744. Центральный военноморской<br />

архив, С.‐Петербург<br />

Stellersche Seekuh. Ausschnitt aus einer Karte der Ostküste von<br />

Kamtschatka. Nach einer Zeichnung von S. Chitrow. 1744. Zentrales<br />

Kriegsmarine-Archiv, St. Petersburg


42 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 84<br />

Abb. 85<br />

Abb. 86, 87<br />

Abb. 88<br />

Abb. 89–92<br />

Jahren, von 1768 bis 1774, solche gewaltigen Gebiete wie das<br />

Gouvernement Archangelsk, die Nordpolarmeerküste von<br />

der Dwina bis zum Ural, die Wolgaregion und die Gebiete<br />

hinter der Wolga, Baschkirien, den Südural, den Altai, das<br />

südliche Sibiren bis hinter den Baikalsee, die Kaspische Küste,<br />

den Nordkaukasus, Georgien, das Gebiet am Asowschen<br />

Meer, den Schwarzmeerraum und das Krim-Khanat. Eines<br />

der wichtigsten Ergebnisse dieses Großvorhabens war 1776<br />

die Herausgabe der neuen „Generalkarte Russlands“.<br />

Von großer Bedeutung für die russische Wissenschaft war<br />

das Wirken des Naturforschers Peter Simon Pallas (1741–<br />

1811), der 33 Jahre, von 1767 bis 1810, in Russland lebte<br />

und sich mit Botanik, Zoologie, Geologie, Geographie und<br />

anderen Wissensgebieten befasste. Die von ihm geleitete<br />

Expedition durchstreifte von 1768 bis 1774 das Gebiet am<br />

Unterlauf der Wolga, den Ural, Westsibirien, den Altai und<br />

Transbaikalien. Von 1793 bis 1794 setzte er seine Untersuchungen<br />

am Unterlauf der Wolga, im Nordkaukasus und<br />

auf der Krim fort. Der von Pallas verwandte Ansatz bei der<br />

Beschreibung von Tierarten (Lebensraum, genetische Variabilität,<br />

Wanderverhalten, Ernährung, Verhaltensweise) lässt<br />

in seinen Werken Anfänge der Biogeographie und Ökologie<br />

erkennen. Das Fazit seines Lebens bildete die fundamentale<br />

Arbeit „Zoographia Rosso Asiatica“, die 1811 zum Druck<br />

vorbereitet wurde, aufgrund von Schwierigkeiten bei der<br />

Herstellung der Abbildungen jedoch erst 20 Jahre später<br />

das Licht der Welt erblickte. Sie enthielt die Beschreibungen<br />

von über 900 Tierarten und blieb bis Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

das Hauptwerk über die Tierwelt Russlands.<br />

Akademiemitglied Johann Gottlieb Georgi (1729–1802),<br />

Teilnehmer der ersten Expedition Pallas’, erforschte und<br />

beschrieb die Natur am Baikalsee und veröffentlichte die<br />

erste in Russland verallgemeinernde ethnographische Arbeit<br />

unter dem Titel „Rußland, Beschreibung aller Nationen des<br />

russischen Reichs, ihrer Lebensart, Religionen, Gebräuche,<br />

Илл. 84<br />

Илл. 85<br />

Илл. 86, 87<br />

Илл. 88<br />

Илл. 89–92<br />

исследовали огромные территории: Архангельскую<br />

губернию, побережье Ледовитого океана от Двины<br />

до Урала, Поволжье и заволжские территории,<br />

Башкирию, Южный Урал, Алтай, Южную Сибирь<br />

до Забайкалья, Каспийское побережье, Северный<br />

Кавказ, Грузию, Приазовье, Причерноморье, Крымское<br />

ханство. Одним из важнейших результатов этого<br />

предприятия стало издание новой «Генеральной<br />

карты России» (1776).<br />

Значимой для российской науки стала деятельность<br />

естествоиспытателя Петра Симона Палласа<br />

(1741–1811), прожившего в России 33 года (1767–<br />

1810) и проявившего себя в ботанике, зоологии,<br />

геологии, географии и других областях научного<br />

знания. Возглавляемая им экспедиция (1768–1774)<br />

побывала в Нижнем Поволжье, на Урале, в Западной<br />

Сибири, на Алтае и в Забайкалье, в 1793–1794 гг.<br />

он также обследовал Нижнее Поволжье, Северный<br />

Кавказ и Крым. Примененный Палласом подход<br />

в описании видов животных (ареал, изменчивость,<br />

миграция, питание, поведение) позволяет усматривать<br />

в его трудах зарождение идей биогеографии и<br />

экологии. Итогом его жизни стала фундаментальная<br />

работа «Зоография» («Zoographia»), подготовленная<br />

в 1811 г., но из-за сложности изготовления иллюстраций<br />

изданная спустя 20 лет. Она содержала описание<br />

более 900 видов животных и до начала ХХ в. оставалась<br />

главным трудом о животных России.<br />

Участник первой экспедиции Палласа академик Иоганн<br />

Готлиб Георги (1729–1802) исследовал и описал<br />

природу озера Байкал и Забайкалья, издал первую<br />

в России обобщающую этнографическую работу<br />

«Описание всех в Российском государстве обитающих<br />

народов». В честь ученого названо завезенное<br />

из Мексики растение – георгин.<br />

84. П. С. Паллас (1741–1811).<br />

Я. Вебер. 1926. Краеведческий<br />

музей, Энгельс<br />

P. S. Pallas (1741–1811).<br />

Ja. Weber. 1926. Heimatkunde-<br />

Museum in Engels<br />

85. Титульный лист одного<br />

из сочинений П. С. Палласа<br />

о флоре России. 1784<br />

Titelblatt aus einem Werk<br />

von P. S. Pallas über die Flora<br />

Russlands. 1784<br />

85<br />

84


86<br />

87<br />

86. Титульный лист сочинения<br />

П. С. Палласа «Путешествие по разным<br />

провинциям Российской империи»,<br />

изданного при Академии наук. 1773<br />

Titelblatt des Werkes von P. S. Pallas<br />

„Reisen durch verschiedene Provinzen<br />

des Russischen Reiches“, herausgegeben<br />

von der Akademie. 1773<br />

87. Крымский верблюд. С гравюры<br />

Х. Г. Гейслера. 1793–1794<br />

Das zweibucklige krimsche Kamel.<br />

Radierung von Ch. G. Geissler.<br />

1793–1794<br />

89<br />

90<br />

91<br />

92<br />

88<br />

88. И. Г. Георги (1729–1802). С гравюры XVIII в.<br />

J. G. Georgi (1729–1802). Radierung. 18. Jh.<br />

Иллюстрации из книги Г. Георги «Описание всех в Российском государстве<br />

обитающих народов». С гравюр Х. Рота и Д. Шлеппера. 1776–1780<br />

Illustrationen aus dem Werk von G. Georgi „Beschreibung aller im Russischen Reich<br />

lebenden Völker“. Radierungen von Ch. Rot und D. Schlepper. 1776–1780<br />

89. Мордовка / Eine Morduanerin (Mordwinin)<br />

90. Мечерячка / Eine Metscheräkin<br />

91. Русский крестьянин / Ein russischer Bauer<br />

92. Мокшанка / Eine Mockschanka (Mokschanin)


44 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 93<br />

Abb. 94<br />

Wohnungen, Kleidungen und übrigen Merkwürdigkeiten“.<br />

Nach ihm wurde eine aus Mexiko eingeführte Pflanze, die in<br />

Deutschland als Dahlie bekannt ist, Georgine genannt.<br />

Eine Expedition nach Südrussland und Persien unternahm<br />

von 1769 bis 1773 der Naturforscher und Forschungsreisende,<br />

Dr. med. Samuel Gottlieb Gmelin (1745–1774), der<br />

1767 von der Akademie der Wissenschaften dazu eingeladen<br />

worden war. Im Ergebnis dieser Forschungsreise entstand<br />

sein Werk mit dem Titel „Reise durch Russland zur Untersuchung<br />

der drey Naturreiche“, das von der Akademie<br />

in drei Bänden in deutscher und danach vierbändig in<br />

russischer Sprache herausgegeben wurde und sich großer<br />

Bekanntheit erfreute. 1774 wurde die von Gmelin geführte<br />

Forschungsgruppe ausgeraubt, er selbst geriet bei Derbent<br />

in die Hände des Khans und starb an Erschöpfung.<br />

Das aus Riga stammende Akademiemitglied J. A. Güldenstädt<br />

(1745–1781), ein Biologe, unternahm im Auftrag<br />

der Akademie der Wissenschaften von 1768 bis 1775 im<br />

Rahmen der Expedition Gmelins eine Forschungsreise ins<br />

Gouvernement Astrachan und in den Kaukasus. Sein Expeditionstagebuch<br />

war die erste systematische Beschreibung<br />

der Pflanzen- und Tierwelt des Kaukasus.<br />

DEUTSCHE WISSENSCHAFTLER<br />

RUSSLANDS IM 19. JAHRHUNDERT<br />

Die Wissenschaft des 19. Jahrhunderts hat ebenfalls einer<br />

großen Zahl herausragender russischer Wissenschaftler<br />

deutscher Abstammung viel zu verdanken. Viele wichtige<br />

wissenschaftliche Entdeckungen sind Wissenschaftlern mit<br />

einem deutschen Namen zuzuordnen. So formulierte der<br />

Physiker Akademiemitglied Heinrich Friedrich Emil Lenz,<br />

(1804–1865) das Gesetz über die thermische Wirkung von<br />

elektrischem Stroms und leitete die Grundregel zur Bestimmung<br />

der Flussrichtung induzierter Ströme ab. Der aus<br />

Илл. 93<br />

Илл. 94<br />

Экспедицию на юг России и в Персию предпринял<br />

в 1769–1773 гг. натуралист-путешественник, доктор<br />

медицины Самуил Георг Гмелин (1745–1774), приглашенный<br />

для этой цели Академией наук (1767).<br />

Итогом путешествия стал труд под названием «Путешествие<br />

по России для исследования трех царств<br />

природы» («Reise durch Russland zur Untersuchung der<br />

drey Naturreiche»), изданный академией в 3‐х томах<br />

на немецком, а затем в 4‐х томах и на русском языке,<br />

и получивший широкую известность. В 1774 г. отряд,<br />

возглавляемый Гмелиным, был ограблен, а сам<br />

он в окрестностях Дербента попал в плен к хану, где<br />

умер от истощения.<br />

Академик Иоганн Антон Гильденштедт (1745–1781),<br />

уроженец Риги, биолог, по заданию Академии наук<br />

в 1768–1775 гг. совершил путешествие в составе<br />

экспедиции Гмелина в Астраханскую губернию и<br />

на Кавказ. Его экспедиционный дневник стал первым<br />

систематическим описанием кавказской флоры<br />

и фауны.<br />

Немецкие ученые России<br />

в XIX в.<br />

Наука XIX в. также во многом обязана плеяде<br />

выдающихся российских ученых немецкого происхождения.<br />

Многие важные научные открытия<br />

принадлежат носителям немецких имен. Физик,<br />

академик Эмилий Христианович Ленц (1804–1865)<br />

сформулировал закон теплового действия тока и<br />

вывел фундаментальное правило, определяющее направление<br />

индуцированных токов. Физик, электротехник<br />

Борис Семенович Якоби (Мориц Герман,<br />

1801–1874), уроженец Потсдама и выпускник Гёттингенского<br />

университета, в 1837 г. был приглашен<br />

93 94<br />

93. Титульный лист сочинения Гюльденштедта «Путешествие по России и в Кавказских горах», напечатанного при Академии наук. 1787<br />

Titelblatt des Werkes von Güldenstädt „Reisen durch Rußland und im Caucasischen Gebürge“. Veröffentlicht von der Akademie. 1787<br />

94. Новое здание Академии наук (1783–1789) и Кунсткамера. С гравюры Ф. Дюрфельдта. 1792<br />

Das neue Gebäude der Akademie der Wissenschaften (1783–1789) und die Kunstkammer. Radierung von F. Dürfeldt. 1792


Немцы в российской истории 45<br />

Potsdam gebürtige Physiker und Elektrotechniker Moritz<br />

Hermann Jacobi (1801–1874), Absolvent der Universität<br />

Göttingen, wurde 1837 nach St. Petersburg eingeladen. Seine<br />

Leistung waren die Erfindung der Galvanoplastik und die<br />

Entwicklung eines Fernschreibgerätes.<br />

Der Physiker, Chemiker, Mineraloge und Meteorologe Akademiemitglied<br />

Adolph Theodor Kupffer (1799–1865) nahm<br />

1821 erstmals eine genaue kristallographische Vermessung<br />

verschiedener Mineralien vor. 1829 führte er erstmals in<br />

Russlands eine Luftanalyse und im selben Jahr ebenfalls als<br />

Erster eine thermische Analyse von Metalllegierungen durch.<br />

1849 regte er den Bau eines physikalischen Hauptobservatoriums<br />

an und wurde dessen erster Direktor. Kupffer legte<br />

die Grundlagen für den russischen Wetterdienst und nahm<br />

während des Krimkrieges ein System zur telegrafischen Übermittlung<br />

von Wetterdaten in Betrieb. Von ihm stammte der<br />

Plan für die Einführung eines einheitlichen Maßsystems für<br />

das gesamte russische Territorium. Er leitete die Entwicklung<br />

eines wissenschaftlich fundierten Systems russischer Maße<br />

und schuf die ersten Eichmaße für Masse- Längeneinheiten:<br />

Platin-Pfund und Platin-Saschen als Eichmaße für Masse und<br />

Länge sowie Mustermaße für das Volumen in Form von Kübel<br />

und Scheffel. Die Ergebnisse seiner Arbeiten erhielten 1835<br />

per kaiserlichen Erlass Gesetzeskraft. Nach einem Entwurf<br />

Kupffers wurde auch ein Eichamt gegründet.<br />

Der Bau und die Eröffnung des Pulkowo-Observatoriums<br />

im Jahre 1839 sowie die ersten Jahrzehnte seines Bestehens<br />

sind mit dem Namen von Akademiemitglied Friedrich Georg<br />

Wilhelm Struve (1793–1864), einem Fachmann für Astronomie<br />

und Geodäsie, verbunden. Struve, der aus Altona in<br />

Deutschland stammte, absolvierte 1810 die Universität Dorpat<br />

und wurde 1832 zum ordentlichen Mitglied der Akademie<br />

der Wissenschaften gewählt. Von 1818 bis 1838 leitete Struve<br />

das Observatorium in Dorpat und von 1839 bis 1862 das Pulkowo-Observatorium.<br />

Nach seinen Vorgaben wurden für das<br />

neue Observatorium astronomische Geräte angefertigt, deren<br />

Bauweise von ihm wesentlich verbessert wurde. Dank der<br />

außerordentlichen Ergebnisse in der Grundlagenastrometrie,<br />

bei der Bestimmung der Koordinaten von Himmelskörpern,<br />

und bei der Zusammenstellung von Sternkatalogen erwarb<br />

sich das Pulkowo-Observatorium den Ruf als „Astronomie-<br />

Metropole der Welt“. Einen herausragenden Beitrag leistete<br />

der Wissenschaftler auf dem Gebiet der Geodäsie und praktischen<br />

Astronomie. Unter der Leitung Struves und des Militärgeodäten<br />

General K. I. Tenner wurde zwischen 1816 und 1855<br />

eines der weltweit bekanntesten Vorhaben, die Gradmessung<br />

des Meridianbogens von Hammerfest am Nordpolarmeer<br />

in Norwegen bis Staraja Nekrassowka in der Ukraine im<br />

Donau-Delta realisiert, womit eigentlich fast ein Vierzehntel<br />

des Erdumkreises vermessen wurde. Diese Messung wurde in<br />

wissenschaftlichen Kreisen als russischer Meridianbogen oder<br />

Struve-Bogen bekannt. Zweiter Direktor des Observatoriums<br />

wurde Struves Sohn, Akademiemitglied Otto Wilhelm Struve<br />

(1819–1905). Das Geschlecht der russischen Familie Struve<br />

geht auf einen deutschen Bauern namens Jakob Struve zurück.<br />

Viele Mitglieder dieser Familie haben sich einen Namen als<br />

Wissenschaftler gemacht. Die vom älteren Struve begonnene<br />

Bestimmung der exakten Sternenkoordinaten wurde später<br />

von seinem Sohn fortgesetzt.<br />

Abb. 95, 96<br />

Abb. 97<br />

Abb. 98<br />

Abb. 99<br />

Abb. 100<br />

Abb.<br />

101–103<br />

Abb. 104<br />

в Петербург. В числе его заслуг изобретение техники<br />

гальванопластики и буквопечатающего телеграфного<br />

аппарата.<br />

Академик Адольф Яковлевич Купфер (1799–1865),<br />

физик, химик, минералог и метеоролог, впервые<br />

произвел точные кристаллографические измерения<br />

различных минералов (1821) и первый в России<br />

анализ воздуха (1829), впервые ввел термический<br />

анализ металлических сплавов (1829), был инициатором<br />

строительства Главной физической обсерватории<br />

(1849) и ее первым директором. Купфер<br />

заложил основы российской службы погоды, введя<br />

в действие во время Крымской войны систему телеграфных<br />

сообщений о погоде. Он предложил план<br />

введения единой системы мер на всей территории<br />

России, руководил разработкой научно обоснованной<br />

системы российских мер и созданием первых<br />

эталонов единиц массы и длины – платиновых фунта<br />

и сажени, а также образцовых мер объема – ведра<br />

и четверика. Результаты его работ были узаконены<br />

императорским указом (1835). По проекту Купфера<br />

создана Палата мер и весов.<br />

Постройка и открытие в 1839 г. Пулковской астрономической<br />

обсерватории и первые десятилетия<br />

ее существования связаны с именем академика<br />

Василия Яковлевича Струве (Фридрих Георг Вильгельм,<br />

1793–1864), специалиста в области астрономии<br />

и геодезии. Родившийся в Альтоне (Германия),<br />

он окончил Дерптский университет (1810), в 1832 г.<br />

был избран в действительные члены Академии наук.<br />

В 1818–1838 гг. Струве возглавлял обсерваторию<br />

в Дерпте, а в 1839–1862 гг. – Пулковскую обсерваторию.<br />

По его указаниям для новой обсерватории<br />

были изготовлены астрономические инструменты,<br />

в конструкцию которых он внес много усовершенствований.<br />

Благодаря выдающимся результатам<br />

по фундаментальной астрометрии, определению<br />

координат небесных светил и составлению<br />

звездных каталогов, Пулковская обсерватория завоевала<br />

славу «астрономической столицы мира».<br />

Выдающийся вклад был сделан ученым в области<br />

геодезии и практической астрономии. Под руководством<br />

Струве и военного геодезиста генерала<br />

К. И. Теннера в 1816–1855 гг. была выполнена одна<br />

из самых известных в мире работ – проведено градусное<br />

измерение дуги меридиана, простирающейся<br />

от Северного Ледовитого океана (г. Гаммерфест,<br />

Норвегия) до устья Дуная (с. Старая Некрасовка,<br />

Украина), т. е. измерена почти 1/14 окружности<br />

земного шара. Измерение получило широкую научную<br />

известность под названием «русская дуга<br />

меридиана», «дуга Струве». Вторым директором<br />

обсерватории стал сын В. Струве академик Отто<br />

Вильгельм Струве (1819–1905). Российский род<br />

Струве берет начало от немецкого крестьянина<br />

Якоба Струве. Многие представители этого рода<br />

прославились в науке. При старшем Струве были<br />

начаты, а его сыном продолжены определения точных<br />

координат звезд.<br />

Илл. 95, 96<br />

Илл. 97<br />

Илл. 98<br />

Илл. 99<br />

Илл. 100<br />

Илл.<br />

101–103<br />

Илл. 104


96<br />

95. А. Я. Купфер (1799–1865). XIX в. Метеорологический<br />

музей Главной геофизической обсерватории<br />

им. А. Воейкова, С.‐Петербург<br />

A. Ja. Kupffer (1799–1865). 19. Jh. Meteorologisches<br />

Museum des geophysikalischen Hauptobservatoriums<br />

A. Wojejkow, St. Petersburg<br />

96. Титульный лист «Свода магнитных<br />

и метеорологических наблюдений за 1845 г.»,<br />

изданного под руководством А. Купфера. 1848<br />

Titelblatt des „Berichts über magnetische und<br />

meteorologische Beobachtungen im Jahre 1845“;<br />

veröffentlicht unter der Leitung von A. Kupffer. 1848<br />

95<br />

97<br />

97. Главная физическая обсерватория в С.-Петербурге,<br />

построенная в 1849 г. Фото. 2010<br />

Physikalisches Hauptobservatorium in St. Petersburg.<br />

Errichtet 1849. Foto. 2010<br />

98. В. Струве (1793–1864). С литографии А. Мюнстера. 1860-е гг.<br />

W. Struve (1793–1864). Nach einer Lithographie<br />

von A. Münster. 1860er Jahre<br />

98


100<br />

99<br />

99. Титульный лист сочинения В. Струве «Описание обсерватории Пулково»<br />

с ее изображением. 1845<br />

Titelblatt des Werkes von W. Struve „Beschreibung des Observatoriums Pulkowo“<br />

mit dessen Ansicht. 1845<br />

100. Большой вертикальный круг Пулковской обсерватории. Фото. 2010<br />

Grosser Vertikalkreis des Observatoriums Pulkowo. Foto. 2010<br />

101. Единственный пункт дуги Струве в России на о. Гогланд в Финском заливе. Фото. 2010<br />

Einziger Punkt des Struve-Bogens in Russland. Insel Hogland im Finnischen Meerbusen.<br />

Foto. 2010<br />

102. Один из 256 пунктов дуги Струве, охраняемых ЮНЕСКО (Беларусь). Фото. 2009<br />

Einer der von der UNESCO geschützten 256 Punkte des Struve-Bogens<br />

in Weißrussland. Foto. 2009<br />

101<br />

103<br />

102<br />

104<br />

103. Памятная серебряная<br />

монета «Дуга Струве»<br />

номиналом 20 руб.<br />

Беларусь. 2006<br />

Silberne Erinnerungsmünze<br />

„Struve-Bogen“,<br />

Wert 20 Rubel.<br />

Weißrussland. 2006<br />

104. О. Струве (1819–1905).<br />

И. Н. Крамской. 1886.<br />

Государственный Русский<br />

музей, С.‐Петербург<br />

O. Struve (1819–1905).<br />

I. N. Kramskoj. 1886.<br />

Staatliches Russisches<br />

Museum, St. Petersburg


48 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 105<br />

Abb. 106<br />

Abb.<br />

107, 108<br />

Abb. 109<br />

Abb. 110<br />

Abb.<br />

111, 112<br />

Der bedeutendste Biologe, der an der Akademie der Wissenschaften<br />

wirkte, war der Begründer der Embryologie Karl<br />

Ernst von Baer (1792–1876). Am bekanntesten wurden seine<br />

Untersuchungen zur Embryologie der Wirbeltiere. Er hat als<br />

erster die Eizelle und Chorda von Säugetieren, u. a. auch beim<br />

Menschen, beschrieben. Bei der Untersuchung der Keime von<br />

Vögeln, Kriechtieren, Amphibien, Fischen und Säugetieren<br />

entwickelte er eine Theorie der Keimblätter und formulierte<br />

die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten für die Entwicklung<br />

von Organismen. Die besonderen Verdienste des Akademikers<br />

liegen im Bereich der Anthropologie, so entwickelte<br />

er z. B. ein System zur Schädelmessung. Von Baer, der aus<br />

Estland stammte, absolvierte die Universität Dorpat und zog<br />

1834 nach Russland. 1837 war er Teilnehmer der Expedition<br />

nach Nowaja Semlja, und von 1853 bis 1856 nahm er an einer<br />

Expedition zum Kaspischen Meer teil. Wissenschaftliches<br />

Ergebnis der Forschungsreisen war eine geographische Beschreibung<br />

des Kaspischen Meeres und die Veröffentlichung<br />

einer Sonderreihe über die Geographie Russlands (Redakteur<br />

der „Materialien zur Erkenntnis des Russischen Reiches und<br />

der anliegenden Länder Asiens“ in 26 Bändern, 1839–1872).<br />

1862 kehrte er in die Heimat zurück.<br />

Akademiemitglied Johann Friedrich Brandt (1802–1879),<br />

Absolvent der Universität Berlin, baute 1832 das Zoologische<br />

Museum der Akademie der Wissenschaften auf und<br />

engagierte sich bis zu seinem Lebensende unermüdlich um<br />

die Verbesserung dieser Einrichtung. Ende der 1880er Jahre<br />

wurden die Absolventen der Universität Dorpat Leopold<br />

Peter Schrenk und Alexander Alexandrowitsch Strauch<br />

ordentliche Akademiemitglieder für Zoologie. Der Naturforscher<br />

und Ethnograph Leopold Peter Schrenk (1826–1894)<br />

leitete das Museum für Anthropologie und Ethnographie.<br />

Der Herpetologe Alexander Alexandrowitsch Strauch (1832–<br />

1893) war von 1879 bis 1890 Direktor des Zoologischen<br />

Museums, als der Nachfolger Brandts auf diesem Position.<br />

Strauchs wichtigstes wissenschaftliches Betätigungsfeld war<br />

die Systematik. Während seiner Amtszeit verwandelte sich<br />

das Museum in ein Forschungszentrum dieses Wissensgebietes.<br />

Auf Empfehlung Strauchs wurde der Oberkustos des<br />

Museums, Fjodor Dmitrijewitsch Pleske (1858–1932) zum<br />

korrespondierenden Mitglied der Akademie der Wissenschaften<br />

und 1893 zum außerordentlichen Akademiemitglied<br />

für Zoologie gewählt. Nach Strauchs Tod übernahm<br />

Pleske die Leitung des Museums (1890–1897). Er nutzte<br />

alle Möglichkeiten, auch seine Beziehungen in Regierungskreise,<br />

um das Museum in eine mustergültige Institution zu<br />

verwandeln. In seiner Amtszeit wurde das Museum offiziell<br />

zur „zentralen Institution des Reiches für die Gewinnung<br />

von Erkenntnissen aus der Tierwelt, hauptsächlich der<br />

russischen“ erklärt. Dank der Vermittlung seines Bruders,<br />

E. D. Pleske, der Direktor der Staatsbank war, wurden 1894<br />

für den Um- und Ausbau des Museums von der Staatskasse<br />

beträchtliche Mittel zur Verfügung gestellt.<br />

Auch in der Geschichte der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften<br />

stoßen wir auf zahlreiche Namen renommierter<br />

russlanddeutscher Wissenschaftler. Mit russischer Sprache<br />

und Literatur befassten sich die Akademiemitglieder Alexander<br />

Christophorowitsch Wostokow, dt.: Osteneck, (1781–<br />

1864) und Jakow Karlowitsch Grot (1812–1893). Grot legte<br />

Илл. 105<br />

Илл. 106<br />

Илл.<br />

107, 108<br />

Илл. 109<br />

Илл. 110<br />

Илл.<br />

111, 112<br />

Крупнейшим биологом, работавшим в Академии<br />

наук, был Карл Максимович Бэр (1792–1876), основатель<br />

эмбриологии. Наибольшую известность получили<br />

его исследования по эмбриологии позвоночных.<br />

Он впервые описал яйцеклетку и хорду<br />

у млекопитающих (в том числе у человека). Изучая<br />

развитие зародышей птиц, пресмыкающихся, земноводных,<br />

рыб и млекопитающих, он предложил<br />

теорию зародышевых листков и сформулировал<br />

основные закономерности развития организма.<br />

Особые заслуги ученого относятся к области антропологии,<br />

в частности, им создана система измерения<br />

черепов. Уроженец Эстляндии, Бэр окончил<br />

Дерптский университет и в 1834 г. переехал<br />

в Россию. Был участником экспедиций на Новую<br />

Землю (1837) и к Каспийскому морю (1853–1856).<br />

Научным результатом экспедиций стали географическое<br />

описание Каспия и специальная серия изданий<br />

по географии России (редактор «Материалов<br />

к познанию Российской империи и сопредельных<br />

стран Азии» в 26 томах, 1839–1872). В 1862 г. вернулся<br />

на родину.<br />

Академик Федор Федорович Брандт (Иоганн Фридрих,<br />

1802–1879), питомец Берлинского университета,<br />

был организатором Зоологического музея<br />

Академии наук (1832) и до конца жизни неустанно<br />

трудился над улучшением этого учреждения. В конце<br />

1880‐х гг. ординарными академиками по зоологии<br />

были воспитанники Дерптского университета<br />

Л. И. Шренк и А. А. Штраух. Леопольд Иванович<br />

Шренк (1826–1894), натуралист и этнограф, стоял<br />

во главе Музея по антропологии и этнографии.<br />

Герпетолог Александр Александрович Штраух<br />

(1832–1893) был директором Зоологического музея<br />

(1879–1890), сменив на этом посту Брандта.<br />

Основным направлением научной деятельности<br />

Штрауха была систематика, в годы его управления<br />

музей превратился в центр исследований в этой<br />

отрасли знания. По рекомендации Штрауха главный<br />

хранитель музея Федор Дмитриевич Плеске<br />

(1858–1932) был избран в члены-корреспонденты<br />

Академии наук, а в 1893 г. – экстраординарным академиком<br />

по зоологии. После смерти Штрауха Плеске<br />

возглавил музей (1890–1897). Он использовал все<br />

возможности, включая связи в правительственных<br />

кругах, для превращения музея в образцовый. При<br />

нем музей был официально объявлен «центральным<br />

учреждением в Империи для познания животного<br />

царства, преимущественно России». Благодаря<br />

помощи брата – Э. Д. Плеске, управляющего Госбанком,<br />

Государственное казначейство выделило<br />

значительные средства на строительные нужды<br />

музея (1894).<br />

Много ярких имен российско-немецких ученых<br />

находим в истории гуманитарных и общественных<br />

наук. Изучением русского языка и литературы занимались<br />

академики Александр Христофорович<br />

Востоков (Остенек, 1781–1864) и Яков Карлович<br />

Грот (1812–1893). Грот установил нормы русского


106<br />

107<br />

105. К. Э. фон Бэр (1792–1876). С гравюры. 1840<br />

K. E. von Baer (1792–1876). Radierung. 1840<br />

106. Иллюстрация из книги К. Бэра «Об истории развития животных»,<br />

напечатанной в Кёнигсберге. 1828<br />

Illustration aus K. Baers Buch «Über Entwicklungsgeschichte der<br />

Thiere», herausgegeben in Königsberg. 1828<br />

105<br />

107. Бронзовая медаль в честь К. Э. Бэра, выпущенная<br />

С.‐Петербургским монетным двором. И. И. Чукмасов. 1864<br />

Bronzemedaille zu Ehren von K. E. Baer, geprägt im<br />

St. Petersburger Münzhof. I. I. Tschukmasow. 1864<br />

108 109<br />

108. Скульптура К. Бэра в Зоологическом музее (С.‐Петербург). Фото. 2008<br />

K. Baer. Skulptur im Zoologischen Museum (St. Petersburg). Foto. 2008<br />

109. Экспонаты Зоологического музея. Фото. 2008<br />

Exponate im Zoologischen Museum. Foto. 2008


110. Титульный лист «Русской грамматики»<br />

А. Востокова. 1831<br />

Titelblatt der „Russischen Grammatik“<br />

von A. Wostokow. 1831<br />

110<br />

111 112<br />

111, 112<br />

Титульные листы публикаций Я. К. Грота о русской литературе и А. С. Пушкине. 1887, 1901<br />

Titelblätter von Publikationen Ja.K. Grots über die russische Literatur und A. S. Puschkin. 1887, 1901<br />

113<br />

113. П. И. Кеппен (1793–1864).<br />

Светопечать С. В. Кульженко (Киев).<br />

1890-е гг.<br />

P. I. Köppen (1793–1864).<br />

Lichtdruck S. W. Kulschenko (Kiew).<br />

1890er Jahre<br />

114. Письмо П. Кеппена меннониту<br />

И. Корнису в колонию Орлов.<br />

1846. Государственный архив<br />

Одесской области, Одесса<br />

Brief P. Köppens an den Mennoniten<br />

J. Cornies in der Kolonie Ohrloff. 1846.<br />

Staatliches Gebietsarchiv Odessa<br />

114


Немцы в российской истории 51<br />

die Regeln der russischen Rechtschreibung fest, die bis zur<br />

Rechtschreibreform von 1918 Bestand hatten. 1885 verfasste<br />

er außerdem das Lehrbuch „Die Russische Rechtschreibung“,<br />

das 22 Auflagen erlebte. „Nestor der europäischer Sanskrit-<br />

Forschung“ nannte man Otto von Böthlingk (1815–1904),<br />

der 1842 an die Akademie der Wissenschaften eingeladen<br />

wurde und dessen Name mit seinen beiden Sanskrit-<br />

Wörterbüchern untrennbar verbunden ist. Sehr produktiv<br />

war auch die Tätigkeit eines anderen Wissenschaftlers, des<br />

ordentlichen Mitglieds der Akademie der Wissenschaften<br />

Johann August Nauck (1822–1892), der 1859 auf Einladung<br />

aus Deutschland kam. Er galt unter Zeitgenossen als Spitzenkapazität<br />

für Altphilologe und Griechisch.<br />

Akademiemitglied Pjotr Iwanowitsch Köppen, Statistiker,<br />

Ethnograph und Bibliograph (1793–1864) erforschte von<br />

1829 bis 1834 die Krim und die Steppengebiete zwischen<br />

Dnestr und Wolga und sammelte große Mengen an geographischem<br />

und ethnographischem Material. Köppen organisierte<br />

die systematische Erfassung statistischer Daten über die<br />

nationale Zusammensetzung der Bevölkerung des Reiches<br />

und gab auf dieser Grundlage 1851 die erste „Ethnographische<br />

Karte europäischen Russlands“ heraus. Er war Mitbegründer<br />

der „Gesellschaft der Liebhaber russischer Literatur“<br />

und der „Russischen geographischen Gesellschaft“.<br />

Zu den Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften,<br />

die in den Geisteswissenschaften zu Ansehen gelangten,<br />

gehören der Forscher für altrussische Geschichte und Spezialist<br />

für Byzantologie Ernst Eduard Kunik (1814–1899),<br />

der Iranist Carl Gustav Salemann (1849–1916) sowie der<br />

Baltendeutsche Arabist Viktor Romanowitsch Rosen (1849–<br />

1908). Der gebürtige Berliner, Orientalist und Spezialist für<br />

türkische Sprachen, Ethnograph, Archäologe und Pädagoge<br />

Friedrich Wilhelm Radloff (1837–1918) war einer der<br />

Vorreiter für vergleichenden historische Untersuchungen<br />

der Turksprachen und türkischen Völker. Als er 1858 in<br />

Russland eintraf, begann er seine wissenschaftliche und<br />

pädagogische Tätigkeit in Barnaul im Altai, wo er die<br />

Turksprachen, die Folklore und Ethnographie der Bewohner<br />

dieser Region erforschte. Nach seiner Wahl zum ordentlichen<br />

Akademiemitglied im Jahre 1884 leitete er bis 1890<br />

das Asien-Museum und danach bis zu seinem Tode 1894<br />

das Museum für Anthropologie und Ethnographie.<br />

Abb.<br />

113, 114<br />

правописания, сохранявшиеся до орфографической<br />

реформы 1918 г., составил учебник «Русское<br />

правописание» (1885), выдержавший 22 издания.<br />

«Нестором европейских санскритологов» называли<br />

академика Оттона Николаевича фон Бётлингка<br />

(1815–1904), приглашенного в Академию наук<br />

в 1842 г., чье имя неразрывно связано с созданием<br />

двух санскритских словарей. Плодотворной была<br />

деятельность и другого, приглашенного в 1859 г.<br />

из Германии ученого, действительного члена Академии<br />

наук Августа Карловича Наука (1822–1892).<br />

Он занимал одно из первых мест среди современных<br />

ему филологов-классиков и знатоков греческого<br />

языка.<br />

Академик Петр Иванович Кеппен (1793–1864), статистик,<br />

этнограф и библиограф, исследовал Крым<br />

и степные пространства между Днестром и Волгой<br />

(1829–1834), собрал большой географический<br />

и этнографический материал. Кеппен организовал<br />

систематический сбор статистических данных о национальном<br />

составе населения империи и на их<br />

основании создал первую «Этнографическую карту<br />

Европейской России» (1851). Он стал одним из основателей<br />

Общества любителей российской словесности<br />

и Русского географического общества.<br />

Среди членов Академии наук, прославившихся в области<br />

гуманитарных наук, – исследователь древней<br />

русской истории и специалист в области византиноведения<br />

Арист Аристович Куник (1814–1899), иранист<br />

Карл Германович Залеман (1849–1916), арабист,<br />

потомок прибалтийских немцев Виктор Романович<br />

Розен (1849–1908). Василий Васильевич Радлов (Фридрих<br />

Вильгельм, 1837–1918), востоковед-тюрколог,<br />

этнограф, археолог и педагог, уроженец Берлина,<br />

был одним из пионеров сравнительно-исторического<br />

изучения тюркских языков и народов. Прибыв<br />

в Россию в 1858 г., он начал научно-педагогическую<br />

деятельность на Алтае (Барнаул), где изучал тюркские<br />

языки, фольклор и этнографию жителей этого<br />

региона. После избрания ординарным академиком<br />

(1884) возглавил Азиатский музей (до 1890), затем<br />

Музей антропологии и этнографии (1894), оставаясь<br />

на посту до кончины.<br />

Илл.<br />

113, 114<br />

Wissenschaftliche Expeditionen<br />

im 19. Jahrhundert<br />

Die wissenschaftlichen Expeditionen und Forschungsreisen<br />

im 19. Jahrhundert waren eine logische Fortsetzung<br />

der Arbeit der Wissenschaftler im 18. Jahrhundert. Die<br />

erste russische Weltumseglung von 1803 bis 1806 stand<br />

unter dem Kommando von Adam Johann von Krusenstern<br />

(1770–1846) und J. F. Lisjanskij. Die Beschreibung der Forschungsreise<br />

und die Ergebnisse der ozeanologischen und<br />

ethnographischen Untersuchungen hielt Krusenstern in<br />

dem dreibändigen Werk „Reise um die Welt in den Jahren<br />

1803, 1804, 1805 und 1806 auf den Schiffen ‚Nadeshda‘ und<br />

‚Newa‘“, erschienen 1809 bis 1812 fest.<br />

Russische geographische Entdeckungen dieser Zeit sind<br />

eng mit dem Namen des aus Estland stammenden<br />

Abb.<br />

115, 116<br />

Abb.<br />

117, 118<br />

Экспедиционная деятельность<br />

ученых в XIX в.<br />

Экспедиции и путешествия ученых в XIX в. стали<br />

логическим продолжением работ их предшественников<br />

XVIII в. Первая русская кругосветная экспедиция<br />

(1803–1806) состоялась под началом И. Ф. Крузенштерна<br />

(1770–1846) и Ю. Ф. Лисянского. Описание<br />

путешествия и результаты океанологических и этнографических<br />

исследований Крузенштерн изложил<br />

в 3-томном труде «Путешествие вокруг света в 1803,<br />

1804, 1805 и 1806 годах на кораблях „Надежда“ и<br />

„Нева“» (1809–1812).<br />

Русские географические открытия этого периода<br />

связаны в значительной степени с именем<br />

Илл.<br />

115, 116<br />

Илл.<br />

117, 118


115<br />

115. И. Ф. Крузенштерн (1770–1846). С гравюры XIX в.<br />

I. F. Krusenstern (1770–1846). Radierung. 19. Jh.<br />

116. Экслибрис И. Ф. Крузенштерна «Spe Fretus»<br />

(«Доверяющий надежде»)<br />

Exlibris I. F. Krusensterns „Spe Fretus“<br />

(„Der Hoffnung vertrauend“)<br />

117. Шлюп «Нева». М. Р. Майерс. ХХ в.<br />

Schluppe „Newa“. M. R. Myers. 20. Jh.<br />

117<br />

116<br />

118. Петропавловск, где в 1805 г. побывала экспедиция И. Крузенштерна. С гравюры А. Г. Ухтомского по рисунку В. Г. Тилезиуса. 1813<br />

Petropawlowsk, das 1805 von der Expedition von I. Krusenstern aufgesucht wurde. Kupferstich von A. G. Uchtomskij nach einer Zeichnung von W. G. Tilesius. 1813<br />

118


Немцы в российской истории 53<br />

Akademiemitglieds Alexander Theodor Middendorff<br />

(1815–1894), des Begründers einer Reihe wissenschaftlicher<br />

Disziplinen wie der Frostbodenkunde und Zoogeographie,<br />

verbunden. 1850 wurde er zum ordentlichen Akademiemitglied<br />

gewählt, und von 1855 bis 1857 war er ständiger<br />

Sekretär der Akademie. Middendorff war Teilnehmer der<br />

Expedition von K. Baer zur Kola-Halbinsel. Im Auftrag<br />

der Akademie der Wissenschaften unternahm er 1842 bis<br />

1844 eine Forschungsreise nach Sibirien, auf der er auf<br />

dem Jenissej von Krasnojarsk bis zur Taimyr-Mündung<br />

und anschließend von Krasnojarsk über Jakutsk bis zu den<br />

Schantar-Inseln zog. 1870 begleitete er den Großfürsten Alexej<br />

Alexandrowitsch auf dessen Reise über das Weiße Meer<br />

nach Nowaja Semlja, bei der er wichtige Beobachtungen<br />

zum Golfstrom östlich des Nordkaps (Norwegen) anstellte.<br />

Die Erkenntnisse Middendorffs in der Barentssee bestätigten<br />

die Annahme Petermanns über das Vorhandensein<br />

im Norden einer warmen Strömung, die von Middendorff<br />

Nordkap-Strömung genannt wurde. Dies war eine wichtige<br />

Erkenntnis im Bereich der Hydrographie der Nordmeere.<br />

Ihm zu Ehren wurden eine Bucht an der Taimyr-Halbinsel<br />

und ein Kap auf der Insel Nowaja Semlja genannt.<br />

Der Seemann und Geograph Fjodor Petrowitsch Litke, der<br />

1864 zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften<br />

gewählt wurde, wurde im fortgeschrittenen Alter in den<br />

Grafenstand erhoben, in erster Linie für seine wissenschaftlichen<br />

Verdienste um Russland. Litke war früh verwaist<br />

und konnte es mit eigener Kraft ohne jegliche Protektion<br />

sehr weit bringen und der Nachwelt gutes Gedenken hinterlassen.<br />

Die Teilnahme an der Weltumseglungsexpedition<br />

von W. M. Golownin auf der Schluppe „Kamtschatka“<br />

(1817–1819) war für ihn eine gute Lehre. Wie Litke selbst<br />

schrieb, hat er sich während dieser Expedition zum Seemann<br />

der Golownin-Schule entwickelt. 1821–1824 übernahm er<br />

die Führung einer Expedition für die Untersuchung der<br />

Küste der Nowaja Semlja, des Ostteils der Barentssee und<br />

des Weißen Meeres. Dies war die erste wissenschaftliche<br />

Erforschung des Archipels Nowaja Semlja und anliegender<br />

Gewässer und Küsten des europäischen Russlands.<br />

1826–1829 leitete er die Weltumseglungsexpedition auf der<br />

Schluppe „Senjawin“ und erstellte eine Beschreibung der<br />

Westküste des Beringmeeres, der Pribylow-, Bonin-Inseln<br />

und der Karolinen, wo von ihm 12 Inseln entdeckt wurden.<br />

Die Expedition brachte umfangreichen Stoff in der Ozeanographie,<br />

Ethnographie, Zoologie und Botanik zusammen.<br />

Ferner stammt von Litke die Idee des ersten Aufzeichnungsgeräts<br />

(Mareograph, 1839), einer Vorrichtung für die<br />

Messung und Erfassung von Meeresspiegelschwankungen,<br />

mit dem die Niedrigwasserzeiten und Überflutungen festgehalten<br />

werden können. Die Mareografen wurden an der<br />

Küste des Nordpolarmeeres und des Pazifischen Ozeans<br />

(1841) aufgestellt. Litke war ein führender Begründer der<br />

Russischen Geographie-Gesellschaft, die von ihm lange Jahre<br />

(1845–1850, 1857–1872) geleitet wurde.<br />

Abb. 119<br />

Abb. 120<br />

Abb.<br />

121–123<br />

академика Александра Федоровича Миддендорфа<br />

(1815–1894), уроженца Эстляндии, основоположника<br />

ряда научных дисциплин, например,<br />

мерзлотоведения и зоогеографии. В 1850 г. избран<br />

ординарным академиком, в 1855–1857 гг. –<br />

непременный секретарь академии. Миддендорф<br />

участвовал в экспедиции К. Бэра на Кольский<br />

полуостров. По поручению Академии наук совершил<br />

путешествие в Сибирь (1842–1844), пройдя<br />

по Енисею от Красноярска до устья р. Таймыр,<br />

а затем из Красноярска через Якутск до Шантарских<br />

островов. В 1870 г. он сопровождал великого<br />

князя Алексея Александровича в путешествии<br />

по Белому морю и на Новую Землю, во время<br />

которого сделал важные наблюдения относительно<br />

Гольфстрима к востоку от мыса Нордкап (Норвегия).<br />

Наблюдения Миддендорфа в Баренцевом<br />

море подтвердили гипотезу Петермана о наличии<br />

на севере теплого течения, которое Миддендорф<br />

назвал «Нордкапским». Это было крупное открытие<br />

в области гидрографии северных морей. Именем<br />

Миддендорфа названы залив на полуострове<br />

Таймыр и мыс на острове Новая Земля.<br />

Мореплаватель и географ Федор Петрович Литке,<br />

ставший в 1864 г. президентом Академии наук,<br />

получил графский титул в зрелом возрасте, прежде<br />

всего, за научные заслуги перед Россией. Рано<br />

осиротевший, Литке сумел собственными силами,<br />

без всякой протекции пробить дорогу в жизни<br />

и оставил потомкам добрую память о себе. Участие<br />

в кругосветном плавании В. М. Головнина<br />

на шлюпе «Камчатка» (1817–1819) стало основным<br />

временем учения. Как писал Литке, он стал<br />

за время плавания моряком школы Головнина.<br />

В 1821–1824 гг. он возглавил экспедицию по исследованию<br />

побережья Новой Земли, восточной<br />

части Баренцева и Белого морей. Это было первое<br />

научное обследование архипелага Новая Земля и<br />

ближайших вод и побережий Европейской России.<br />

В 1826–1829 гг. руководил кругосветной экспедицией<br />

на шлюпе «Сенявин», описал западное<br />

побережье Берингова моря, островá Прибылова,<br />

островá Бонин и Каролинский архипелаг, открыв<br />

в нем 12 островов. Экспедиция собрала обширный<br />

материал по океанографии, этнографии, зоологии,<br />

ботанике. Литке принадлежит идея первого записывающего<br />

«приливомера» (мареографа, 1839),<br />

прибора для измерения и регистрации колебаний<br />

уровня моря, фиксирующего отливы и наводнения.<br />

Мареографы были установлены на берегах Северного<br />

Ледовитого и Тихого океанов (1841). Литке<br />

был главным организатором Русского географического<br />

общества, которым руководил многие годы<br />

(1845–1850, 1857–1872).<br />

Илл. 119<br />

Илл. 120<br />

Илл.<br />

121–123


119<br />

119. Вице-адмирал Ф. П. Литке (1797–1882). С. К. Зарянко.<br />

Центральный военно-морской музей, С.-Петербург. 1854<br />

Vizeadmiral F. P. Litke (1797–1882). S. K. Sarjanko. Zentrales<br />

Kriegsmarine-Museum, St. Petersburg. 1854<br />

120. Мареограф в Кронштадте. Фото. 2008<br />

Mareograph in Kronstadt. Foto. 2008<br />

121. Золотая медаль имени Ф. П. Литке, учрежденная<br />

Русским географическим обществом в 1873 г.<br />

и присуждавшаяся русским ученым за труды<br />

по физической географии и иностранным –<br />

за физико-географическое изучение России<br />

Goldene F. P. Litke-Medaille der Russischen<br />

geografischen Gesellschaft, die 1873<br />

zur Auszeichnung von russischen<br />

Wissenschaftlern für Forschungen in<br />

physikalischer Geografie und von Ausländern<br />

für die physikalisch-geografische Erforschung<br />

Russlands gestiftet wurde<br />

121<br />

120<br />

122<br />

122. Почтовая марка, выпущенная к 100-летию<br />

Географического общества СССР, с изображением<br />

Ф. Литке. 1947<br />

Briefmarke zum 100. Gründungstag der Geografischen<br />

Gesellschaft der UdSSR mit der Darstellung<br />

von F. Litke. 1947<br />

123. Ледорез «III Интернационал», переименованный<br />

в 1920-е гг. в «Ф. Литке». Фото. Архангельск, 1935<br />

Eisbrecher „III. Internationale“, in den 1920er Jahren<br />

umgetauft in „F. Litke“. Foto. Archangelsk, 1935<br />

123


Немцы в российской истории 55<br />

„Russische“ Periode in<br />

der Geschichte der Akademie<br />

der Wissenschaften und<br />

die Rolle deutschstämmiger<br />

Akademiker bei der Entwicklung<br />

der Wissenschaft in der 2. Hälfte<br />

des 19. Jh. – Anfang des 20. Jh.<br />

Von den Forschern der Wissenschaftsgeschichte werden<br />

in der Geschichte der Akademie der Wissenschaften zwei<br />

Perioden herausgegliedert, nämlich die „ausländische“ bis in<br />

die 1840er Jahre hinein, wo ihre meisten Mitglieder (ca. 3/4)<br />

Ausländer waren, und die „russische“ nach 1850, als vorwiegend<br />

Russen zu Akademiemitgliedern gewählt wurden.<br />

Darin kam der damalige Zustand der russischen Gesellschaft<br />

zur Geltung, die vor der Wahl des weiteren Entwicklungsweges<br />

stand: Entweder sollten europäische Erfahrungen<br />

übernommen werden oder man sollte auf die Erkenntnisse<br />

Europas verzichten und seine Eigenart pflegen.<br />

1889 wurde zum Präsidenten der Akademie der Großfürst<br />

Konstantin Konstantinowitsch gewählt, der mit der aktiver Politik<br />

der „Russifizierung“ der Akademie begann. Zu jener Zeit<br />

ist das Prestige der „deutschen“ Akademie, wie man sie giftig<br />

nannte und die sich mehr der „reinen“ Wissenschaft zuwandte,<br />

drastisch gesunken. Der Präsident hoffte, diese Situation durch<br />

die Berufung begabter russischer Akademiker verbessern<br />

zu können. Gegen Ende 1889 wurde eine Evaluierung des<br />

Pulkowo-Observatoriums durchgeführt, wo unter Leitung von<br />

O. W. Struwe nahezu ausschließlich Deutsche arbeiteten. Die<br />

Arbeit des Observatoriums wurde negativ bewertet, wonach<br />

Struwe jun. seinen Abschied einreichte, aus der Akademie<br />

ausschied und Russland verließ. Kompliziert verliefen 1890<br />

die Wahlen eines Adjunkten für Zoologie. Dabei wurden von<br />

„deutscher“ und von „russischer“ Partei jeweils F. D. Pleske<br />

und A. O. Kowalewskij nominiert, wobei beide Kandidaten<br />

berufen wurden. Die Positionen der „deutschen“ Partei sind<br />

nach den Abschied des Hauptsekretärs K. S. Weseloskij (1890)<br />

bedeutend schwächer geworden.<br />

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert erlangte die<br />

„russische“ Partei endgültig die Oberhand, so dass „Deutsche“<br />

sehr wenig Chancen hatten, zu ordentlichen Akademiemitglieder<br />

gewählt zu werden. Jedoch wurden Wissenschaftler<br />

deutscher Abstammung oder deutsche Untertanen ohne<br />

weiteres zu Ehren- und korrespondierenden Mitgliedern<br />

der Akademie gewählt, die auf den Lauf der Dinge in der<br />

Akademie keinen Einfluss nahmen. 1913 wurden zu korrespondierenden<br />

Mitgliedern der Akademie deutsche Wissenschaftler<br />

wie der Geologe C. W. F. von Branca (1844–1928),<br />

der Astronom H. von Seeliger (1849–1924), der Physiker<br />

M. K. E. L Planck (1858–1947), der Chemiker C. O. V. Engler<br />

(1842–1925) gewählt, der Chemiker H. E. Fischer (1852–<br />

1919) wurde Ehrenmitglied der Akademie.<br />

«Русский» период<br />

в истории Академии наук<br />

и роль немецких ученых<br />

в развитии науки<br />

во второй половине XIX –<br />

начале ХХ в.<br />

Исследователи истории науки выделяют два периода<br />

в существовании академии: «иностранный» –<br />

до 1840‐х гг., когда большинство ее членов (около<br />

¾) были иностранцами, и «русский» – после<br />

1850 г., когда вновь избираемые члены оказывались<br />

в подавляющем большинстве русскими. В этом отразилось<br />

состояние российского общества, оказавшегося<br />

перед выбором дальнейших путей развития<br />

страны: либо перенимать европейский опыт, либо<br />

отказываться от достижений Европы и сохранять<br />

самобытность.<br />

В 1889 г. президентом академии стал великий князь<br />

Константин Константинович, начавший активную<br />

политику «обрусения» академии. К тому времени<br />

престиж ушедшей в «чистую» науку «немецкой академии»,<br />

как ее язвительно называли, значительно<br />

снизился. Исправить положение президент надеялся<br />

путем привлечения в нее талантливых русских<br />

ученых. В конце 1889 г. проведено обследование<br />

Пулковской астрономической обсерватории, где под<br />

руководством О. В. Струве работали фактически<br />

одни немцы. Работа обсерватории получила отрицательный<br />

отзыв, после чего Струве-младший<br />

подал в отставку, выбыл из состава академии и<br />

покинул Россию. Сложно проходили выборы<br />

адъюнкта по зоологии в 1890 г. От «немецкой» и<br />

«русской» партий были выдвинуты Ф. Д. Плеске и<br />

А. О. Ковалевский соответственно, но прошли обе<br />

кандидатуры. Позиции «немецкой» партии сильно<br />

ослабели с отставкой непременного секретаря<br />

К. С. Веселовского (1890).<br />

На рубеже XIX–XX вв. окончательно восторжествовала<br />

«русская» партия, и «немцы» имели<br />

уже мало шансов попасть в действительные<br />

члены академии. Однако почетными членами и<br />

членами-корреспондентами, которые не влияли<br />

на ход дел в самой академии, по-прежнему без<br />

препятствий становились ученые немецкого происхождения<br />

или подданные Германии. В 1913 г.<br />

в члены-корреспонденты избраны ученые Германии:<br />

геолог В. К. Ф. фон Бранка (1844–1928),<br />

астроном Г. фон Зеелигер (1849–1924), физик<br />

М. К. Э. Л. Планк (1858–1947), химик К. О. В. Энглер<br />

(1842–1925), почетным членом стал химик<br />

Э. Фишер (1852–1919).


56 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Wendepunkte in der Geschichte<br />

Russlands und deutsch-russische<br />

wissenschaftliche Beziehungen<br />

im 20. JAHRHUNDERT<br />

Der Erste Weltkrieg leitete scharfe Veränderungen in der<br />

Entwicklung der Akademie der Wissenschaften ein, indem<br />

er die internationalen Beziehungen der Wissenschaftler für<br />

lange Zeit unterbrach. Die mit dem Ausbruch des Krieges<br />

entstandenen deutschfeindlichen Stimmungen waren auch<br />

in der Akademie zu spüren. Das 1888–1911 herausgegebene<br />

vielbändige „Wörterbuch türkischer Dialekte“ des<br />

Akademiemitglieds W. W. Radlow wurde als „Schmähung<br />

der Staatssprache in der russischen Akademie der Wissenschaften“<br />

abgestempelt. Von der Presse und seitens einiger<br />

politischer, Staats- und militärischer Funktionsträger wurde<br />

der Akademie die Präsenz zahlreicher deutscher Namen in<br />

der Liste der Ehren- und korrespondierenden Mitglieder<br />

vorgeworfen, sie wurde der „lakaienhaften Dienlichkeit<br />

gegenüber Deutschen“ bezichtigt und bekam sogar angekreidet,<br />

dass die Akademie vor dem Krieg Aufträge über<br />

die Errichtung eines neuen Gebäudes für die Akademiebibliothek<br />

an deutsche Unternehmen vergab (was sich<br />

eigentlich durch die Hoffnung auf größere Zuverlässigkeit<br />

deutscher Unternehmen sowie dadurch erklärte, dass manche<br />

Leistungen von russischen Firmen gar nicht angeboten<br />

wurden). Ferner gab es Vorwürfe, dass immer noch Werke<br />

in deutscher Sprache gedruckt wurden.<br />

Am 31. Oktober 1914 wurde vom Ministerrat die Verordnung<br />

„Über Ausschluss von Staatsbürgern der mit Russland im<br />

Krieg stehenden Länder aus Verbänden, Gesellschaften und<br />

sonstigen ähnlichen privaten, öffentlichen und Regierungsinstitutionen<br />

und Behörden“ erlassen, unter die ca. 60 ausländische<br />

Ehren- und korrespondierende Akademiemitglieder<br />

fielen. Jedoch wurde die Verordnung von der Führung der<br />

Akademie längere Zeit ignoriert. Vom Vize-Präsidenten der<br />

Akademie P. W. Nikitin und einer Gruppe russischer Akademiemitglieder<br />

wurde eine „Notiz“ (ihr Entwurf wurde am<br />

3. Februar 1915 dem Minister für Volksbildung vorgelegt)<br />

mit der Erklärung der Gründe verfasst, aus denen die Akademie<br />

keine Möglichkeit für die Erfüllung der Regierungsverordnung<br />

sah. Die dort formulierten Grundsätze lauteten:<br />

Der Ausschluss deutscher Ehren- und korrespondierenden<br />

Akademiemitglieder würde den internationalen Ruf der<br />

Akademie untergraben, Kontakte mit ausländischen wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften abbrechen, die angefangenen<br />

Gemeinschaftsprojekte unbeendet lassen, ferner nehmen die<br />

Ehren- und Korrespondierenden Mitglieder keinen Anteil<br />

an den Aktivitäten der Akademie, sondern diese Titel sind<br />

vielmehr als Zeichen der Anerkennung wissenschaftlicher<br />

Verdienste der betreffenden Akademiker durch ihre Kollegen<br />

in Russland verliehen, so dass die Gültigkeit der Verordnung<br />

auf diese Personen nicht auszudehnen ist. Die Außerordentliche<br />

Vollversammlung der Akademie (vom 14. März 1915)<br />

weigerte sich, deutsche Wissenschaftler auszuschließen. Nur<br />

unter dem Druck seitens der Regierung musste sie am 6. Februar<br />

1916 auf diese Frage zurückkommen. Die Ausländer<br />

wurden ausgeschlossen, jedoch ohne Angabe ihrer Namen<br />

im Beschluss, so dass der Ausschluss anonym und somit<br />

aus der Sicht der Akademie nichtig war. Sie behielt sich das<br />

Переломные моменты<br />

в истории России и российскогерманские<br />

научные связи в ХХ в.<br />

Первая мировая война резко изменила ход развития<br />

Академии наук, надолго разорвав международные<br />

связи ученых. Антигерманские настроения,<br />

возникшие с началом войны, коснулись и<br />

академии. «Поруганием государственного языка<br />

в русской Академии наук» стал расцениваться напечатанный<br />

в 1888–1911 гг. многотомный «Словарь<br />

тюркских наречий» академика В. В. Радлова. Печать<br />

и некоторые политические, государственные<br />

и военные деятели ставили в упрек академии обилие<br />

немецких имен в списках почетных членов и<br />

членов-корреспондентов, обвиняли в «лакейском<br />

прислужничестве перед немцами» и даже в том,<br />

что накануне войны академия заключила подряды<br />

на строительство нового здания академической<br />

библиотеки с германскими фирмами (в действительности<br />

это объяснялось надеждой на бóльшую<br />

добросовестность германских фирм и тем, что некоторые<br />

виды работ российские фирмы не осуществляли).<br />

Упрекали и в том, что продолжалось<br />

печатание работ на немецком языке.<br />

31 октября 1914 г. Совет министров принял постановление<br />

«Об исключении подданных воюющих<br />

с Россией держав из состава союзов, обществ<br />

и других подобных частных, общественных и<br />

правительственных организаций и установлений»,<br />

под которое подпали около 60 иностранных<br />

почетных членов и членов-корреспондентов<br />

академии. Однако ее руководство долгое время<br />

игнорировало постановление. Вице-президент<br />

академии П. В. Никитин и группа русских академиков<br />

составили записку (ее проект представлен<br />

министру народного просвещения 3 февраля<br />

1915 г.) с объяснением причин, почему академия<br />

не может исполнить правительственное постановление.<br />

Сформулированные основные положения<br />

гласили: исключение германских почетных членов<br />

и членов-корреспондентов академии пагубно отразится<br />

на ее международном положении, прервет<br />

связи с иностранными научными обществами,<br />

оставит незаконченными начатые совместные проекты;<br />

почетные члены и члены-корреспонденты не<br />

участвуют в «деятельности» академии, эти звания<br />

являются отражением признания научных заслуг<br />

ученых их коллегами в России, поэтому действие<br />

постановления на этих людей не может распространяться.<br />

Экстраординарное Общее собрание<br />

академии (14 марта 1915 г.) отказалось исключить<br />

германских ученых из своего состава. Только<br />

под нажимом правительства академия вернулась<br />

к этому вопросу 6 февраля 1916 г. Иностранцев<br />

исключили, но в решении не были указаны<br />

их имена, т. е. исключение было анонимным и,<br />

по мнению академии, неправомочным. Она оставляла<br />

за собой право «по окончании войны<br />

иметь суждение о возможности восстановления


Немцы в российской истории 57<br />

Recht vor, „nach dem Kriegsschluss ihre Ansicht über die<br />

Möglichkeit der Wiederherstellung der genannten akademischen<br />

Ehrentitel der Ausgeschlossenen abzugeben“.<br />

Die Akademie der Wissenschaften bezog eine würdige Position<br />

auch betreffend ihrer Kollegen, deren Abstammung<br />

oder Namen die Gesellschaft irritierten. So wurde am 4. März<br />

1915 entschiedener Protest gegen den Artikel „Welchem Vaterland<br />

dienen deutsche Mitglieder der Russischen Akademie<br />

der Wissenschaften“ geäußert, der in der Zeitung „Nowoje<br />

Wremja“ („Neue Zeit“) gebracht wurde und falsche sowie den<br />

Namen des Akademiemitglieds O. A. Baklund schmählernde<br />

Angaben enthielt. Die Akademie und ihr Präsident, Großfürst<br />

Konstantin Konstantinowitsch setzten sich für den ins Gouvernement<br />

Tomsk verbannten Sanskrit-Forscher, Doktor der vergleichenden<br />

Sprachwissenschaft, Professor der St. Wladimir-<br />

Universität von Kiew F. I. Knauer ein. Der Professor bereitete<br />

im Auftrag der Akademie der Wissenschaften einen Text in<br />

Sanskrit für den Druck vor. Ferner setzte sich die Akademie<br />

der Wissenschaften für den Direktor des Historisch-Philologischen<br />

Instituts „Fürst Besborodko“ in Nezhin I. A. Lezius<br />

ein, der entlassen und nach Samara verbannt wurde.<br />

Die dramatischen Geschehnisse der Kriegszeit hatten negative<br />

Folgen für die internationalen Beziehungen der Wissenschaftler<br />

Russlands mit ihren Kollegen aus den mit Russland im<br />

Krieg stehenden Ländern, die gezwungenermaßen unterbrochen<br />

wurden. Ihre allmähliche Wiederherstellung dauerte bis<br />

in die 1920er Jahre hinein. Eine entscheidende Rolle spielte<br />

dabei der Abschluss des Rapallo-Vertrages zwischen der<br />

UdSSR und Deutschland (am 16. April 1922). Etwas früher,<br />

am 18. Februar 1922 wurde vom Hauptsekretär der Akademie<br />

S. F. Oldenburg an die Preußische Akademie der Wissenschaften<br />

ein Schreiben bzgl. Wiederaufnahme des Austausches<br />

der Werke und Fortsetzung gemeinsamer Arbeit bei der<br />

Herausgabe der Werke L. Eulers geschickt. Ein Jahr später<br />

wurde vom Vorsitzenden Sekretär der Preußischen Akademie<br />

der Wissenschaften H. Lüders an die Russische Akademie<br />

der Wissenschaften eine positive Antwort gerichtet.<br />

Seit Dezember 1922 wurde die Aufnahme deutscher Wissenschaftler<br />

zu korrespondierenden Mitgliedern der RAW<br />

wieder aufgenommen. Die ersten waren dabei der Mathematiker<br />

D. Gilbert (1862–1943), die Physiker M. Born<br />

(1882–1970) und A. Einstein (1879–1955). Bei den Feierlichkeiten<br />

anlässlich des 200. Gründungstages der Akademie<br />

(1925) in Leningrad war die deutsche Delegation mit<br />

28 Mitgliedern die zahlenmäßig größte. Sie stand unter<br />

der Leitung des Vorsitzenden Sekretärs der Preußischen<br />

Akademie der Wissenschaften Max Planck. An jenen Jubiläumstagen<br />

wurde von den Vorsitzenden der beiden<br />

Akademien ein Kooperationsprogramm erstellt, das einen<br />

kontinuierlichen Austausch zwischen den Akademikern,<br />

Durchführung gemeinsamer Expeditionen, gemeinsame<br />

Bekämpfung von Krankheiten beinhaltete. Im Rahmen<br />

dieses Programms wurde 1928 eine deutsch-russische Expedition<br />

ins Pamir-Gebirge organisiert. Im Laufe der Expedition<br />

wurde erstmals ein großer Bereich Westpamirs,<br />

einschließlich des Fedtschenko-Gletschers untersucht und<br />

kartografiert; es wurde unfangreicher geologischer, botanischer<br />

und zoologischer Stoff zusammengebracht, ein<br />

Wörterbuch der tadschikischen Dialekte des Bartang-Tals<br />

Abb.<br />

124–126<br />

Abb. 127<br />

исключаемых в указанных почетных академических<br />

званиях».<br />

Академия наук заняла достойную позицию и в отношении<br />

своих коллег, чье происхождение или<br />

фамилия стали раздражающим фактором в обществе.<br />

Так, 4 марта 1915 г. был выражен решительный<br />

протест по поводу статьи «Какому Отечеству<br />

служат немцы – члены Российской Императорской<br />

Академии наук», опубликованной в газете «Новое<br />

время», которая содержала неверные и порочащие<br />

имя академика О. А. Баклунда сведения. Академия<br />

и лично президент великий князь Константин<br />

Константинович выступили в защиту сосланного<br />

в Томскую губернию Ф. И. Кнауэра, санскритолога,<br />

доктора сравнительного языко знания, профессора<br />

Университета святого Владимира в Киеве.<br />

Профессор по просьбе Академии наук готовил<br />

к изданию санскритский текст. Академики также<br />

встали на защиту директора Нежинского<br />

историко-филологического института князя Безбородко<br />

И. А. Лециуса, отстраненного от должности<br />

и сосланного в Самару.<br />

Драматические события военного времени пагубным<br />

образом сказались на международных<br />

связях ученых России и воевавших с ней стран,<br />

которые были насильственно прерваны. Их постепенное<br />

восстановление происходит в 1920‐е гг.<br />

Определяющую роль в этом сыграло заключение<br />

Раппальского договора между СССР и Германией<br />

(16 апреля 1922 г.). Несколько раньше, 18 февраля<br />

1922 г., непременный секретарь академии<br />

С. Ф. Ольденбург направил в Прусскую академию<br />

наук письмо о возобновлении обмена трудами и<br />

продолжении совместных работ по изданию сочинений<br />

Л. Эйлера. Через год председательствующий<br />

секретарь Прусской академии наук Г. Людерс направил<br />

в РАН положительный ответ.<br />

С декабря 1922 г. возобновился прием германских<br />

ученых в число членов-корреспондентов РАН.<br />

Первыми были математик Д. Гилберт (1862–1943),<br />

физики М. Борн (1882–1970) и А. Эйнштейн (1879–<br />

1955). На праздновании в Ленинграде 200-летия<br />

академии (1925) самой большой была германская<br />

делегация (28 чел.). Ее возглавлял председательствующий<br />

секретарь Прусской академии наук Макс<br />

Планк. В дни юбилея представители обеих академий<br />

составили программу сотрудничества, которая<br />

включала постоянный обмен между учеными,<br />

проведение совместных экспедиций, совместную<br />

борьбу против болезней. В рамках программы<br />

в 1928 г. организована советско-германская Памирская<br />

экспедиция. В ходе экспедиции впервые<br />

исследован и нанесен на карту большой район<br />

Западного Памира, в том числе ледник Федченко;<br />

собран обширный геологический, ботанический и<br />

зоологический материал; составлен словарь таджикских<br />

наречий долины р. Бартанг. Экспедиция<br />

послужила стимулом для развития советского<br />

альпинизма.<br />

Илл.<br />

124–126<br />

Илл. 127


58 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

128, 129<br />

Abb. 130<br />

erstellt. Die Expedition hatte große Bedeutung für die Entwicklung<br />

des sowjetischen Bergsteigens.<br />

Die Vorkriegsgeschichte der Akademie der Wissenschaften<br />

ist aufs engste mit dem Namen des Akademiemitglieds<br />

Alexander Jewgenjewitsch Fersman (1883–1945) verbunden.<br />

Er war einer der Begründer der Geochemie und formulierte<br />

die Grundlagen mineralogischer und geochemischer Verfahren<br />

für die Erkundung der Bodenschätze. Fersman war<br />

einer der Begründer (1912) und Redakteur (1917–1930) der<br />

Zeitschrift „Priroda“ („Die Natur“), Autor der grundlegenden<br />

Arbeit „Geochemie“ (Bd. 1–4, 1933–1939). Ihm zu Ehren<br />

wurden die Mineralen Fersmanit und Fersmit genannt. Er<br />

arbeitete seit 1912 an der Akademie und wurde 1919 zum<br />

Akademiemitglied gewählt, indem dabei die Stufe des korrespondierenden<br />

Mitglieds übersprungen wurde. 1924–1927<br />

war er Akademiemitglied-Sekretär der Abteilung Physik und<br />

Mathematik, 1927–1929 Vize-Präsident der AdW der UdSSR,<br />

Mitglied des Präsidiums der AdW der UdSSR (1929–1945),<br />

Direktor akademischer Institutionen wie des Mineralkunde-Museums<br />

(1919–1930), des Lomonossow-Instituts für<br />

Kristall-, Mineralkunde und Geochemie (1930–1939), des<br />

Instituts für geologische Wissenschaften (1942–1945) und<br />

gleichzeitig Direktor des Radium-Instituts (1922–1926), Vorsitzender<br />

der Uraler Filiale der AdW der UdSSR (1932–1938)<br />

und des Kola-Standorts „S. M. Kirow“ (1930–1945).<br />

Als Wissenschaftler mit breitem Wissensspektrum tat sich<br />

der Mathematiker, Astronom, Geophysiker Akademiemitglied<br />

Otto Juljewitsch Schmidt (1891–1956) hervor, der<br />

Vize-Präsident der AdW der UdSSR war (1939–1942). 1937<br />

initiierte er die Gründung des Instituts für theoretische<br />

Geophysik der AdW der UdSSR (Direktor bis 1949). Er war<br />

ein renommierter Arktis-Forscher. In der Mitte der 1940er<br />

Jahre formulierte er eine neue, kosmogonische Hypothese<br />

über das Entstehen der Erde und der Planeten des Sonnensystems<br />

(Schmidt-Hypothese).<br />

Илл.<br />

128, 129<br />

Илл. 130<br />

Довоенная история Академии наук неразрывно<br />

связана с именем академика Александра Евгеньевича<br />

Ферсмана (1883–1945). Один из основоположников<br />

геохимии, он заложил научные основы<br />

минералого-геохимических методов поисков полезных<br />

ископаемых. Ферсман – один из основателей<br />

(1912) и редактор (1917–1930) журнала «Природа»,<br />

автор фундаментальной работы «Геохимия»<br />

(т. 1–4, 1933–1939). В его честь названы минералы<br />

– ферсманит, ферсмит. В академии работал<br />

с 1912 г., в академики избран в 1919 г., минуя<br />

ступень члена-корреспондента. В 1924–1927 гг. –<br />

академик-секретарь Физико-математического<br />

отделения, в 1927–1929 гг. – вице-президент<br />

АН СССР, член Президиума АН СССР (1929–1945),<br />

директор академических учреждений: Минералогического<br />

музея (1919–1930), Ломоносовского<br />

института кристаллографии, минералогии и геохимии<br />

(1930–1939), Института геологических наук<br />

(1942–1945), одновременно директор Радиевого<br />

института (1922–1926), председатель Уральского<br />

филиала АН СССР (1932–1938), Кольской базы<br />

им. С. М. Кирова (1930–1945).<br />

Ученым широкого профиля был академик Отто<br />

Юльевич Шмидт (1891–1956), математик, астроном,<br />

геофизик, вице-президент АН СССР (1939–1942).<br />

По его инициативе в 1937 г. организован Институт<br />

теоретической геофизики АН СССР (директор<br />

до 1949 г.). Это был крупный исследователь Арктики.<br />

В середине 1940‐х гг. он выдвинул новую космогоническую<br />

гипотезу об образовании Земли и планет<br />

Солнечной системы (гипотеза Шмидта).<br />

Репрессии в стране конца 1920–1930‐х гг. напрямую<br />

коснулись и Академии наук. В 1929 г. по указанию<br />

Политбюро ЦК ВКП(б) органами ОГПУ<br />

125<br />

124<br />

124,125.<br />

Памирская экспедиция. Фото. 1928<br />

Pamir-Expedition. Foto. 1928


126<br />

127<br />

126. Титульный лист предварительного отчета германских<br />

участников Памирской экспедиции 1928 г. Берлин, 1929<br />

Titelblatt des vorläufigen Berichts der deutschen Teilnehmer<br />

der Pamir Expedition 1928. Berlin, 1929<br />

127. Ледник Федченко. Фото НАСА. 2005.<br />

Fedtschenko-Gletscher. Foto NASA. 2005<br />

128. В поисках радиоактивных руд. Справа – А. Е. Ферсман.<br />

Фото. 1920-е гг. Фотоархив Минералогического музея<br />

им. А. Е. Ферсмана, Москва<br />

Beim Aufspüren radioaktiver Erze. Rechts: A. E. Fersman.<br />

Foto. 1920er Jahre. Fotoarchiv des Mineralogischen<br />

A. E. Fersman-Museums, Moskau<br />

128<br />

129<br />

130<br />

129. В. И. Вернадский и А. Е. Ферсман. Фото. Москва, 1941. Фотоархив<br />

Минералогического музея им. А. Е. Ферсмана, Москва<br />

W. I. Wernadskij und A. E. Fersman. Foto. Moskau, 1941. Fotoarchiv des<br />

Mineralogischen A. E. Fersman-Museums, Moskau<br />

130. Минералогический музей им. А. Е. Ферсмана РАН<br />

в Москве. Фото В. Колосова. 2011<br />

Mineralogisches A. E. Fersman-Museums der Russischen<br />

Akademie der Wissenschaften in Moskau.<br />

Foto von W. Kolosow. 2011


60 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

131, 132<br />

Die Akademie der Wissenschaften wurde von den Repressalien<br />

im Lande Ende der 1920er und in den 1930er<br />

Jahren direkt betroffen. 1929 wurde von den Organen der<br />

OGPU auf Weisung des Politbüros der ZK der WKP(B)<br />

ein „Akademie“-Fall inspiriert. Vom Herbst 1929 bis 1931<br />

liefen die Verhaftungen der Wissenschaftler. Als einer der<br />

angeblichen „Anleiter“ der erfundenen antisowjetischen<br />

Organisation wurde der Orientalist, Indologe und Ethnograph<br />

Gustav Hermann Christian Merwart (Alexander<br />

Michajlowitsch, 1884–1932) der Schaffung eines Netzes<br />

des deutschen Spionagedienstes beschuldigt. Nach seiner<br />

Verhaftung und anschließendem Tod wurde in der UdSSR<br />

die Untersuchung drawidischer Sprachen für lange Zeit unterbrochen.<br />

Als Mitglieder der „Spionagegruppe Mehrwarts“<br />

wurden auch die Historiker A. G. Wulfius und M. E. Liebtal<br />

sowie der Geologe P. W. Wittenburg verhaftet.<br />

In den 1920er Jahren entfaltete sich in Leningrad und Saratow<br />

sowie in der Südukraine aktive Arbeit zum Studium<br />

deutscher Dialekte und der Folklore, die von den Professoren<br />

W. M. Zhirmunskij und G. G. Dinges (1891–1932) geleitet<br />

wurden. Es wurden eine Karte der Dialekte des Wolgagebiets<br />

erstellt, kompakte Ansiedlungsstätten der Deutschen in der<br />

Ukraine, in Moldawien, Nordkaukasus und Nordwestrussland<br />

untersucht. Jedoch mussten diese Forschungen wegen<br />

repressiver Maßnahmen gegen die Organisatoren der Forschungsarbeiten<br />

unterbrochen werden. Die Dialektforschung<br />

konnte erst in der Nachkriegszeit durch die Bemühungen von<br />

A. P. Dulson (Tomsk), H. H. Jedig (Omsk), G. Ja. Pankratz<br />

(Alma-Ata / Minsk) wieder aufgenommen werden.<br />

In den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges (1941–<br />

1945) meldeten sich viele Wissenschaftler freiwillig an die<br />

Front. Unter ihnen war der Archäologe Otto Nikolajewitsch<br />

Bader (1903–1979, wissenschaftlicher Sekretär der Staatlichen<br />

Akademie für Geschichte der materiellen Kultur / Institut<br />

für Archäologie der AdW der UdSSR), der sich zum<br />

Илл.<br />

131, 132<br />

сфабриковано «академическое дело». Аресты ученых<br />

проходили с осени 1929 по 1931 г. В числе<br />

«руководителей» вымышленной антисоветской организации<br />

оказался востоковед-индолог и этнограф<br />

Александр Михайлович Мерварт (Густав Герман<br />

Христиан, 1884–1932), который обвинялся в создании<br />

шпионской сети германской разведки. С его<br />

арестом и последующей гибелью развитие в СССР<br />

дравидского языкознания надолго прекратилось.<br />

В составе «шпионской группы Мерварта» оказались<br />

историки А. Г. Вульфиус и М. Э. Либталь, геолог<br />

П. В. Виттенбург.<br />

В 1920‐е гг. развернулись активные работы по изучению<br />

немецких диалектов и фольклора в Ленинграде<br />

и Саратове, на юге Украины, которые возглавили<br />

профессора В. М. Жирмунский и Г. Г. Дингес<br />

(1891–1932). Была составлена карта диалектов Поволжья,<br />

обследованы места компактного проживания<br />

немцев в Украине, Молдавии, на Северном<br />

Кавказе и Северо-Западе. Но к концу 1930‐х гг.<br />

из-за репрессивных мер против организаторов этих<br />

работ исследования были прекращены. Диалектологические<br />

исследования возродились лишь в послевоенный<br />

период силами ученых А. П. Дульзона<br />

(Томск), Г. Г. Едига (Омск), Г. Я. Панкраца (Алма-<br />

Ата / Минск).<br />

В годы Великой Отечественной войны (1941–1945)<br />

многие ученые ушли добровольцами на фронт.<br />

Среди них был археолог Отто Николаевич Бадер<br />

(1903–1979, ученый секретарь ГАИМК / Институт<br />

археологии АН СССР), вступивший в московское<br />

ополчение. В конце 1941 г. он был отозван из регулярной<br />

армии и направлен в трудармию в Нижний<br />

Тагил. В сентябре 1941 г. в блокадном Ленинграде<br />

оставались 2 000 сотрудников АН СССР,<br />

131. Титульный лист автореферата<br />

докторской диссертации<br />

Г. Я. Панкраца.<br />

Ленинград, 1968<br />

Titelblatt des Autoreferats<br />

der Habilitationsschrift von<br />

G. Ja. Pankraz. Leningrad, 1968<br />

132. Титульный лист автореферата<br />

докторской диссертации<br />

Г. Г. Едига. Москва, 1971<br />

Titelblatt des Autoreferats<br />

der Habilitationsschrift von<br />

H. H. Jedig. Moskau, 1971<br />

131 132


Немцы в российской истории 61<br />

Moskauer Volksheer meldete. Ende 1941 wurde er aus der<br />

Armee abberufen und zur Arbeitsarmee nach Nischnij<br />

Tagil geschickt. Im September 1941 sind in Leningrad während<br />

der Blockade 2 000 Mitarbeiter der AdW der UdSSR<br />

geblieben, die Wissenschaftler der Akademie setzten die<br />

Arbeit an ihren Planthemen fort. Dabei sind der Entomologe,<br />

Abteilungsleiter des Zoologischen Museums der AdW<br />

der UdSSR Axel Nikolajewitsch Reinhardt (1888 – Januar<br />

1942), der Münzenkundler Alexander Nikolajewitsch Sograf<br />

(1896 – Februar 1942) verhungert. Unter den Mitarbeitern<br />

des Instituts für Orientalistik der AdW der UdSSR, die<br />

in Leningrad blieben, war auch der Spezialist für griechische<br />

und koptische Sprachen Pjotr Viktorowitsch Ernstedt<br />

(1890–1966, korrespondierendes Mitglied seit 1946).<br />

In den Kriegsjahren wurden einige Wissenschaftler deutscher<br />

Abstammung unbegründeten Repressalien ausgesetzt.<br />

Am 4. September 1941 wurde der Spezialist für dielektrische<br />

Physik Alexander Philippowitsch Walter (1898–1941, korrespondierendes<br />

Mitglied seit 1933) verhaftet. Er starb beim Gefangenentransport<br />

nach Nowosibirsk. Eine kurzfristige Haft<br />

musste auch das korrespondierende Mitglied, der Orientalist<br />

Jewgenij Eduardowitsch Bertels (1890–1957) durchmachen,<br />

der 1942 in einem schlechten Gesundheitszustand aus Leningrad<br />

evakuiert wurde. Im Frühjahr 1942 wurde auch<br />

Boris Wiktorowitsch Rauschenbach (1915–2001), Spezialist<br />

im Bereich der Steuerungstheorie, angewandten Mechanik,<br />

Ingenieurspsychologie in die Arbeitsarmee mobilisiert und<br />

befand sich im Lager des NKWD in Nischnij Tagil.<br />

Der Mongolist Nikolaj Nikolajewitsch Poppe (1897–1991,<br />

korrespondierendes Mitglied seit 1932) geriet 1942 in den<br />

von deutschen Truppen besetzten Raum im Kaukasus. Er<br />

wurde als Volksdeutscher auf administrativem Weg nach<br />

Deutschland umgesiedelt, wo es ihn gegen Kriegsende in<br />

die amerikanische Besatzungszone verschlagen hat. Von dort<br />

aus ist er in die USA ausgewandert (1949). Im September<br />

Abb. 133<br />

ученые продолжали работать над плановыми темами.<br />

От голода и истощения погибли энтомолог,<br />

заведующий отделом Зоологического института<br />

АН СССР Аксель Николаевич Рейхардт (1888 –<br />

январь 1942), нумизмат Александр Николаевич<br />

Зограф (1896 – февраль 1942). Среди оставшихся<br />

в Ленинграде сотрудников Института востоковедения<br />

АН СССР был специалист по истории<br />

греческого и коптского языков Петр Викторович<br />

Ернштедт (1890–1966, член-корреспондент<br />

с 1946 г.).<br />

В годы войны некоторые ученые немецкого происхождения<br />

подверглись необоснованным репрессиям.<br />

4 сентября 1941 г. арестован специалист<br />

по физике диэлектриков Александр Филиппович<br />

Вальтер (1898–1941, член-корреспондент с 1933 г.),<br />

умерший на этапе в Новосибирск. Кратковременному<br />

аресту подвергся член-корреспондент,<br />

востоковед Евгений Эдуардович Бертельс (1890–<br />

1957), в 1942 г. в тяжелом состоянии эвакуированный<br />

из Ленинграда. Весной 1942 г. в трудармию<br />

был мобилизован Борис Викторович Раушенбах<br />

(1915–2001), специалист в области теории автоматического<br />

управления, прикладной механики,<br />

инженерной психологии, находившийся в Тагильском<br />

лагере НКВД.<br />

Монголовед Николай Николаевич Поппе (1897–<br />

1991, член-корреспондент с 1932 г.) в 1942 г. оказался<br />

на оккупированной германскими войсками<br />

территории Кавказа. Как фольксдойче был вывезен<br />

в административном порядке в Германию, где к концу<br />

войны оказался в американской зоне оккупации<br />

и оттуда эмигрировал в США (1949). В сентябре<br />

1943 г., пока в СССР не было известно, где находится<br />

Поппе, его кандидатура выдвигалась на избрание<br />

Илл. 133<br />

133. Распоряжение о переводе трудармейца<br />

Б. В. Раушенбаха из Нижнего Тагила<br />

в конструкторское бюро в г. Щербаков.<br />

1947. Государственный архив Российской<br />

Федерации, Москва<br />

Verfügung über die Versetzung des<br />

Arbeitsarmisten B. W. Rauschenbach aus<br />

Nischnij Tagil in das Konstruktionsbüro in der<br />

Stadt Schtscherbakow. 1947. Staatsarchiv der<br />

Russischen Föderation, Moskau<br />

133


62 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 134<br />

1943, als in der UdSSR nichts über seinen Aufenthaltsort<br />

bekannt war, wurde seine Kandidatur für die Wahl in die<br />

Akademie aufgestellt, jedoch blieb die Wahl aus. 1946 wurde<br />

er aus der AdW der UdSSR ausgeschlossen.<br />

Ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung der sowjetischen Wissenschaft<br />

wurde in der Nachkriegszeit vom deutschstämmigen<br />

Physiker Igor Jewgenjewitsch Tamm (1895–1971, Akademiemitglied<br />

seit 1953) geleistet (Theodor Tamm, Großvater von<br />

Igor Tamm, wanderte Ende des 19. Jh. aus Thüringen nach<br />

Russland aus). Er arbeitete seit 1934 am P. N. Lebedew-Institut<br />

für Physik der AdW der UdSSR. Bis zu seinem Tode leitete<br />

Tamm die Abteilung für theoretische Physik. 1958 erhielten<br />

I. Tamm, I. Frank und P. Tscherenkow den Nobelpreis für<br />

Physik für die Entdeckung und Untersuchung des „Tscherenkow-Effekts“.<br />

Die Entdeckung von Tscherenkow (auch als<br />

Wawilow-Tscherenkow-Licht bekannt – eine Strahlung, die im<br />

transparenten Medium durch die Bewegung eines geladenen<br />

Teilchens mit konstanter, höherer Geschwindigkeit als die<br />

Lichtgeschwindigkeit in diesem jeweiligen Medium entsteht)<br />

wurde von Tamm und Frank mathematisch begründet.<br />

1946 wurde der Botaniker Alexander Alfonsowitsch Großheim<br />

(1888–1948, korrespondierendes Mitglied seit 1939,<br />

Akademiemitglied der AdfW der Aserbajdschanischen SSR<br />

seit 1945), Organisator und Direktor des Botanik-Institut der<br />

AdW Aserbajdschans (1936–1947), zum Akademiemitglied<br />

der AdW der UdSSR gewählt.<br />

1948 kehrte B. W. Rauschenbach aus der Sonderansiedlung<br />

nach Moskau zurück. Am Institut für angewandte Mathematik<br />

der AdW der UdSSR (Keldysch-Institut) befasste er sich<br />

mit der Theorie von Verbrennungsschwingungen, akustischen<br />

Schwingungen in Strahltriebwerken und wechselte dann<br />

zum Konstruktionsbüro von S. P. Koroljow über, wo er sich<br />

mit der Schaffung eines Orientierungssystems für die Weltraumschiffe<br />

in Bezug auf Erde und sonstige Himmelskörper<br />

befasste. Er leistete einen großen Beitrag zur Entwicklung<br />

Илл. 134<br />

в академики, но этого не произошло. В 1946 г. исключен<br />

из состава АН СССР.<br />

Важный вклад в развитие советской науки в послевоенный<br />

период внес физик Игорь Евгеньевич Тамм<br />

(1895–1971, академик с 1953 г.), потомок российского<br />

немца (дед Теодор Тамм приехал в Россию в конце<br />

XIX в. из Тюрингии). Он работал с 1934 г. в Физическом<br />

институте им. П. Н. Лебедева АН СССР. Тамм<br />

вплоть до своей кончины заведовал сектором теоретической<br />

физики. В 1958 г. И. Тамму, И. Франку<br />

и П. Черенкову была вручена Нобелевская премия<br />

по физике «за открытие и исследование эффекта<br />

Черенкова». Открытие Черенкова (излучение Вавилова–Черенкова<br />

– свечение, вызываемое в прозрачной<br />

среде заряженной частицей, которая движется<br />

с постоянной скоростью, превышающей скорость<br />

распространения света в этой среде) математически<br />

обосновали Тамм и Франк.<br />

В 1946 г. в число академиков АН СССР был избран<br />

ботаник Александр Альфонсович Гроссгейм<br />

(1888–1948, член-корреспондент с 1939, академик<br />

АН Азербайджанской ССР с 1945 г.), организатор<br />

и директор Ботанического института АН Азербайджана<br />

(1936–1947).<br />

В 1948 г. вернулся со спецпоселения в Москву<br />

Б. В. Рау шенбах. В Институте прикладной математики<br />

АН СССР (институт Келдыша) он занимался<br />

теорией вибрационного горения, акустическими<br />

колебаниями в прямоточных двигателях,<br />

затем перешел на работу в конструкторское бюро<br />

С. П. Королёва и занялся созданием системы ориентации<br />

космического аппарата относительно Земли<br />

и других небесных тел. Внес большой вклад в развитие<br />

ракетной техники и космонавтики. За участие<br />

в разработке системы фотографирования обратной<br />

134. Вручение Нобелевской премии<br />

по физике И. Е. Тамму. Фото. 1958<br />

Verleihung des Nobelpreises<br />

für Physik an I. E. Tamm. Foto. 1958<br />

134


Немцы в российской истории 63<br />

der Raketentechnik und Weltraumfahrt. Für seine Teilnahme<br />

an der Entwicklung eines Systems für die Fotoaufnahme der<br />

Mondrückseite wurde ihm der Leninpreis (1960) verliehen.<br />

1966 wurde er zum korrespondierenden Akademiemitglied<br />

und 1984 zum Akademiemitglied gewählt.<br />

1955 kehrte O. N. Bader in die akademische Wissenschaft<br />

zurück, der seit diesem Zeitpunkt und bis zu seinem Tode<br />

als leitender Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für<br />

Archäologie der AdW der UdSSR tätig war. Er war Leiter<br />

zahlreicher archäologischer Expeditionen. Seit 1957 leitete<br />

er systematische Arbeiten der altsteinzeitlichen Besiedlung<br />

Sungir bei Wladimir. Die von ihm 1967 entdeckte Grabstätte<br />

der zwei Jugendlichen bildete eine Weltsensation. Er ging<br />

in die Geschichte als Begründer der Permer Schule in der<br />

Archäologie ein.<br />

1990 wurde der Hydrogeologe und Geochemiker Jewgenij<br />

Wiktorowitsch Pinnecker (1926–2001) zum korrespondierenden<br />

Mitglied der AdW der UdSSR gewählt. 1941 wurde<br />

er zusammen mit seinen Angehörigen aus dem Wolgagebiet<br />

nach Westsibirien deportiert und stand bis 1948 unter der<br />

Aufsicht der Sonderkommandantur. Nach dem Abschluss<br />

der Polytechnischen Hochschule Tomsk (1950) arbeitete<br />

er seit 1955 am Institut für Erdrinde der AdW der UdSSR<br />

(Irkutsk). 1961 wurde er zum Vorsitzenden der Kommission<br />

für Untersuchung von Untergrundwasser Sibiriens und<br />

des Fernen Ostens an der Sibirischen Abteilung der AdW,<br />

von der alle hydrogeologischen Arbeiten in der Region<br />

vom Ural bis zur Pazifik koordiniert wurden. 1975 wurden<br />

vom Institut für Erdrinde in Zusammenarbeit mit anderen<br />

Instituten und Institutionen im Zusammenhang mit dem<br />

Bau der Baikal-Amur-Magistrale (BAM) umfangreiche wissenschaftliche<br />

Untersuchungen des Bereichs um die BAM-<br />

Strecke begonnen. Im Rahmen dieses Forschungsprogramms<br />

wurden unter Leitung von Pinnecker großangelegte theoretische<br />

und praktische Arbeiten im Bereich der regionalen<br />

Abb. 135<br />

Abb. 136<br />

стороны Луны удостоен Ленинской премии (1960).<br />

В 1966 г. избран членом-корреспондентом, в 1984 г. –<br />

академиком.<br />

В 1955 г. в академическую науку возвращается<br />

О. Н. Бадер, с этого времени и до смерти работавший<br />

старшим научным сотрудником в Институте<br />

археологии АН СССР. Он возглавлял многие<br />

археологические экспедиции. С 1957 г. руководил<br />

систематическими работами на стоянке эпохи палеолита<br />

Сунгирь под Владимиром. Открытое им<br />

в 1967 г. погребение двух подростков стало мировой<br />

сенсацией. В историю вошел как создатель пермской<br />

школы археологии.<br />

В 1990 г. членом-корреспондентом АН СССР был<br />

избран гидрогеолог и геохимик Евгений Викторович<br />

Пиннекер (1926–2001). Депортированный<br />

в 1941 г. из Поволжья вместе с членами семьи<br />

в Западную Сибирь, он до 1948 г. состоял на учете<br />

спецкомендатуры. Окончив Томский политехнический<br />

институт (1950), с 1955 г. работал в Институте<br />

земной коры СО АН СССР (Иркутск). В 1961 г. стал<br />

председателем Комиссии по изучению подземных<br />

вод Сибири и Дальнего Востока СО АН СССР,<br />

координировавшей все гидрогеологические работы<br />

в регионе от Урала до Тихого океана. В 1975 г.<br />

в связи с началом строительства Байкало-Амурской<br />

магистрали Институт земной коры совместно<br />

с другими институтами и учреждениями приступает<br />

к комплексным научным исследованиям зоны<br />

БАМа. В рамках выполнения программы этих исследований<br />

были проведены крупномасштабные<br />

теоретические и практические работы по региональной<br />

гидрогеологии под научным руководством<br />

Пиннекера. Он стал инициатором создания<br />

теоретического обобщения результатов мировой<br />

Илл. 135<br />

Илл. 136<br />

136<br />

135. Б.В. Раушенбах (1915–2001). Фото. 1990-е гг.<br />

B.W. Rauschenbach (1915–2001). Foto. 1990er Jahre<br />

135<br />

136. Е.В. Пиннекер (1926–2001). Фото. 1970-е гг.<br />

E.W. Pinneker (1926–2001). Foto. 1970er Jahre


64 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Hydrogeologie durchgeführt. Von ihm wurde die theoretische<br />

Zusammenfassung der Ergebnisse der weltweiten<br />

Hydrogeologie initiiert. Unter seiner Leitung entstand die<br />

sechsbändige Monographie „Grundlagen der Hydrogeologie“<br />

(1980–1984), die sowohl in der UdSSR, als auch im Ausland<br />

hohe Anerkennung fand.<br />

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Beziehungen<br />

der AdW der UdSSR zu westlichen Wissenschaftlern<br />

künstlich stillgelegt, die internationalen Kontakte der Akademie<br />

entwickelten sich nur im Rahmen der sozialistischen<br />

Staatengemeinschaft. 1945 wurden die Beziehungen zwischen<br />

der Preußischen AdW und der AdW der UdSSR wieder aufgenommen.<br />

Die Zusammenarbeit der Akademie mit DDR-Wissenschaftlern<br />

lief in erster Linie im Bereich der Landwirtschaft.<br />

Einen großen Beitrag zum Studium der deutsch-russischen<br />

wissenschaftlichen Beziehungen leistete der Historiker, Akademiemitglied<br />

E. Winter (Mitglied der AdW der DDR seit<br />

1948), Professor der Humboldt-Universität (Berlin).<br />

In den Jahren der Perestrojka erlebte die akademische und<br />

universitätsgestützte Wissenschaft schwere Zeiten, viele Wissenschaftler<br />

verließen die frühere UdSSR. Unter den Aussiedlern<br />

jener Zeit war auch der Russlanddeutsche Andrej<br />

Konstantinowitsch Heim, zurzeit holländischer Staatsbürger,<br />

Professor an der Universität Manchester, früherer Mitarbeiter<br />

des Instituts für Festkörperphysik der AdW der UdSSR. 2010<br />

wurde ihm und seinem Kollegen K. Nowosjolow der Nobelpreis<br />

im Bereich der Physik für die Entdeckung von Graphen,<br />

eines superfeinen und hochfesten Werkstoffs verliehen.<br />

Seit Ende der 1980er Jahre entfaltete sich die Untersuchung<br />

der deutsch-russischen Beziehungen und der deutschen<br />

Bevölkerung der UdSSR und deren Nachfolgestaaten. In<br />

St. Petersburg waren es die akademischen Seminare „Deutsche<br />

in Russland: Deutsch-russische wissenschaftliche und<br />

Kulturbeziehungen“ (seit 1990), „Deutsche in St. Petersburg:<br />

Biographischer Aspekt“ (seit 1999). Die Erforschung der<br />

deutschen Bevölkerung der früheren UdSSR läuft mit wenigen<br />

Ausnahmen außerhalb des Rahmens akademischer<br />

Institutionen. Forschungsschwerpunkte für die Erforschung<br />

der Russlanddeutschen entstanden auf der Basis der Universitäten<br />

Saratow, Omsk, Dnepropetrowsk, Wolgograd. Den<br />

wichtigsten Part spielt dabei die Internationale Assoziation<br />

für die Erforscher der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen<br />

(seit 1995) mit ihren turnusmäßigen wissenschaftlichen<br />

Konferenzen, die als „Anapa-Konferenzen“ bekannt<br />

sind (die seit 1998 in Moskau abgehalten werden).<br />

гидрогеологической науки. Под его редакцией создана<br />

6-томная монография «Основы гидрогеологии»<br />

(1980–1984), получившая высокую оценку как<br />

в СССР, так и за рубежом.<br />

После окончания Второй мировой войны связи<br />

АН СССР с западными учеными были искусственно<br />

свернуты, международные отношения академии<br />

развивались лишь в пределах социалистического<br />

лагеря. В 1945 г. восстановлены отношения<br />

между Прусской АН и АН СССР. Сотрудничество<br />

академии с немецкими учеными ГДР проходило<br />

главным образом в области сельского хозяйства.<br />

Большой вклад в изучение российско-немецких<br />

научных связей внес историк, академик Э. Винтер<br />

(член АН ГДР с 1948 г.), профессор Университета<br />

имени Гумбольдта (Берлин).<br />

В годы перестройки академическая и вузовская<br />

наука переживала тяжелое время, многие ученые<br />

покинули бывший СССР. В числе выехавших<br />

в 1990 г. – российский немец Андрей Константинович<br />

Гейм, ныне гражданин Нидерландов, профессор<br />

Манчестерского университета, в прошлом сотрудник<br />

Института физики твердого тела АН СССР.<br />

В 2010 г. он и его коллега К. Новоселов удостоены<br />

Нобелевской премии в области физики за открытие<br />

графена, нового сверхтонкого и сверхпрочного<br />

материала.<br />

С конца 1980‐х гг. развернулись активные исследования<br />

в области изучения русско-немецких научных<br />

связей и немецкого населения СССР и постсоветского<br />

пространства. В Петербурге действуют академические<br />

семинары «Немцы в России: русско-немецкие<br />

научные и культурные связи» (с 1990 г.), «Немцы<br />

в Санкт-Петербурге: биографический аспект»<br />

(с 1999 г.). Изучение немецкого населения бывшего<br />

СССР происходит, за редким исключением, за рамками<br />

академических учреждений. Исследовательские<br />

центры по изучению российских немцев сформировались<br />

на базе университетов в Саратове, Омске,<br />

Днепропетровске, Волгограде. Основную нагрузку<br />

выполняет Международная ассоциация исследователей<br />

истории и культуры российских немцев<br />

(с 1995 г.) и ее регулярные научные конференции,<br />

получившие наименование «анапских» (с 1998 г.<br />

проводятся в Москве).


Немцы в российской истории 65<br />

Die deutsche Kolonisierung<br />

im 18. Jahrhundert<br />

Немецкая колонизация<br />

в XVIII в.<br />

I. Plewe (Saratow)<br />

И. Плеве (Саратов)<br />

Infolge der territorialen Ausdehnung des russischen<br />

Staatsgebietes, die im 16. Jahrhundert begann, wurden<br />

nicht nur neue Handelsbeziehungen zu den eroberten<br />

Gebieten geknüpft, die russische Bevölkerung, die sich in<br />

diesen Gebieten ansiedelte, begann auch mit der Verwertung<br />

verschiedener natürlichen Ressourcen. Russische Kaufleute<br />

drangen weiter nach Osten, nach Sibirien vor, aber in<br />

den neuen Territorien war zu spüren, dass dort eine der<br />

russischen Krone gegenüber loyale seßhafte bäuerlichen<br />

Bevölkerung fehlte. Die Grenzgebiete an der Wolga waren<br />

ständigen Überfällen von Nomadenvölkern ausgesetzt, die bis<br />

zum Anschluss dieser Gebiete an Russland dort gelebt hatten.<br />

Die Vergabe der Ländereien an Adlige zur Erschließung<br />

des Landes durch die Umsiedlung von leibeigenen Bauern<br />

oder die Ansiedlung von Kosaken und ehemaligen Soldaten<br />

brachten nicht die gewünschten Ergebnisse. Und aufgrund<br />

der vorherrschenden Leibeigenschaft gab es auch kaum freie<br />

Bauern, die selbstständig hätten umsiedeln können. Nicht viel<br />

besser sah es bei der Erschließung Kleinrusslands aus.<br />

Kolonisationsmaßnahmen Preußens, Österreichs, Amerikas<br />

und anderer Staaten, zu denen es infolge der Bevölkerungspolitik<br />

in Westeuropa kam, brachten auch russische Politiker<br />

auf die Idee, in ihren Unruhegebieten Ausländer anzusiedeln,<br />

da die eigenen Ressourcen zur Besiedlung neuer Territorien<br />

des Russischen Reiches nicht ausreichten. Während der<br />

Regierungszeit Elisabeths I. wurden nach europäischem<br />

Vorbild allgemeine Regeln aufgestellt, um Ausländer aus<br />

Westeuropa einzuladen, und auch schon erste Versuche zur<br />

ausländischen Kolonisierung unternommen. Großer Erfolg<br />

war dieser Politik aber noch nicht beschieden.<br />

Nach der Inthronisierung Katharinas II., einer geborenen<br />

Prinzessin von Anhalt-Zerbst, ging die russische Regierung<br />

mit noch mehr Tatkraft daran, die Grenzen des Staates auszuweiten<br />

und die neuen Herrschaftsgebiete zu erschließen.<br />

Das Manifest vom 4. Dezember 1762, mit dem Ausländern,<br />

außer Juden, die Genehmigung erteilt wurde, nach Russland<br />

Территориальное расширение русского государства<br />

начиная с XVI в. сопровождалось не<br />

только установлением торговых связей с новоприобретенными<br />

территориями, но и освоением<br />

различных природных ресурсов переселившимся<br />

на эти земли русским населением. Русские купцы<br />

проникали все дальше на восток, в Сибирь, но<br />

на новых землях ощущался недостаток лояльного<br />

российскому престолу оседлого земледельческого<br />

населения. Пограничные территории в Поволжье<br />

подвергались набегам кочевых племен, обитавших<br />

там до их включения в состав России. Наделение<br />

землей дворян для ее освоения за счет переселения<br />

крепостных крестьян, поселение казаков и отставных<br />

солдат не давало желаемых результатов,<br />

а свободных крестьян, могущих самостоятельно<br />

переселиться, из-за крепостного права почти не<br />

было. Не лучше дело обстояло и в вопросе освоения<br />

Малороссии.<br />

Колонизационные мероприятия Пруссии, Австрии,<br />

Америки и других стран, вызванные политикой народонаселения<br />

в западноевропейских государствах,<br />

склоняют и российских государственных деятелей<br />

к мысли о заселении иностранцами своих беспокойных<br />

регионов, поскольку внутренние ресурсы для<br />

заселения новых земель в Российской империи оказались<br />

ограниченными. В царствование Елизаветы I<br />

на основе европейского опыта были выработаны<br />

общие положения для вызова иностранцев из Западной<br />

Европы и предприняты первые попытки<br />

иностранной колонизации, но большого размаха<br />

эта политика не получила.<br />

После восхождения на престол Екатерины II, урожденной<br />

принцессы Ангальт-Цербстской, российское<br />

правительство стало более энергично расширять границы<br />

государства и осваивать новоприобретенные


138<br />

137. Манифест Екатерины II от 22 июля 1763 г. о приглашении<br />

иностранных колонистов в Российскую империю<br />

Manifest der Zarin Katharina II. vom 22. Juli 1763 über die<br />

Berufung ausländischer Kolonisten in das Russische Reich<br />

137<br />

138. Граф Г. Г. Орлов (1734–1783), президент Канцелярии<br />

опекунства иностранных (1763–1775). Ф. С. Рокотов.<br />

1762–1763. Государственная Третьяковская галерея, Москва<br />

Graf G. G. Orlow (1734–1783). Präsident der Vormundschaftskanzlei<br />

für ausländische Ansiedler (1763–1775). F. S. Rokotow.<br />

1762–1763. Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau<br />

139 140<br />

Национальная одежда в местах выхода колонистов в Гессене.<br />

С литографий К. В. Шурига. 1840<br />

Volkstrachten in Auswanderungsgebieten der Kolonisten in Hessen.<br />

Nach Lithographien von K. W. Schurig. 1840<br />

139. Оденвальд / Odenwald<br />

140. Вецлар / Wetzlar


Немцы в российской истории 67<br />

zu kommen und sich hier niederzulassen sowie russischen<br />

Menschen, die ins Ausland geflohen waren, erlaubt wurde,<br />

aus freien Stücken in ihre Heimat zurückzukehren, war<br />

eigentlich nichts weiter als die Erklärung, dass nun auch<br />

Russland die in Europa bereits populäre Politik zur Vergrößerung<br />

der Bevölkerung durch Einladung von Ausländern<br />

betreiben wollte. Es bedeutete auch eine Amnestie für Untertanen<br />

Russlands, die unter vorangegangenen Herrschern<br />

ihre Heimat verlassen hatten.<br />

Das Manifest vom 22. Juli 1763, in dem allen Ausländern, die<br />

nach Russland kommen wollten, erlaubt wurde, sich in einem<br />

Gouvernement ihrer Wahl niederzulassen und verschiedene<br />

zugesicherte Rechte in Anspruch zu nehmen, war die organische<br />

Fortsetzung des vorangegangenen Manifests. Im ersten<br />

Teil des Manifests wurden die Einreisebedingungen und im<br />

zweiten Teil die den Kolonisten versprochenen Vergünstigungen<br />

und Privilegien erläutert. Mit der Organisation wurde<br />

entsprechend diesem Erlass eine speziell dafür geschaffene<br />

Vormundschaftskanzlei in St. Petersburg betraut.<br />

Zu den wichtigsten Vergünstigungen und Privilegien gehörten<br />

die freie Glaubensausübung und die Zuteilung von<br />

Ländereien. Die Siedler wurden außerdem für bis zu 30 Jahren<br />

von jeglichen Steuern befreit. Das Manifest versprach<br />

einen zinslosen Kredit mit einer Laufzeit von zehn Jahren<br />

für den Bau von Häusern und den Kauf von Lebensmitteln<br />

und Vieh. Allen Kolonisten wurden freie Selbstverwaltung<br />

sowie die Befreiung vom Wehrdienst und von zivilen Diensten<br />

zugesichert.<br />

Das Manifest stieß auf lebhaftes Interesse bei der Bevölkerung<br />

in den verschiedenen deutschen Ländern, die noch<br />

unter den Folgen des Siebenjährigen Krieg (1756–1763)<br />

litten. Besonders in den hessischen Ländern, den rheinischen<br />

Fürstentümern und Bistümern, im Elsass und in Lothringen,<br />

aber auch in Dänemark, Schwedisch-Pommern und Bayern<br />

gab es nicht wenige, die nach Russland übersiedeln wollten.<br />

Die Regierungen einiger deutscher Staaten hinderten ihre<br />

Untertanen daran fortzuziehen, andere unterstützten sie<br />

dabei. In Regensburg, Ulm und Frankfurt am Main waren<br />

russische Diplomaten mit der Anwerbung der Kolonisten<br />

befasst. In den Ländern, in denen es den Untertanen<br />

verboten war, wegzuziehen, wurde die Anwerbung durch<br />

Sonderemissäre und Lokatoren betrieben, die für ihre Bemühungen<br />

Belohnung und Privilegien bei der Ansiedlung<br />

von Kolonisten in Russland bekamen.<br />

Die größte Sammelstelle für Ausreisewillige, die ihr Glück<br />

in Russland suchen wollten, war Büdingen im Fürstentum<br />

Isenburg. Zu Beginn erfolgte die Übersiedlung der Kolonisten<br />

auf dem Landweg, aber ab Sommer 1764 wurde<br />

der Seeweg vom Hafen in Lübeck aus zur Hauptreiseroute.<br />

Die Kolonisten wurden mit Fuhrwerken und auf Kosten<br />

der russischen Staatskasse in Gruppen von 60 bis 100 Personen<br />

zunächst nach Lübeck und weiter per Schiff nach<br />

Petersburg gebracht.<br />

Die Siedler, die 1763 in Russland eintrafen, kamen in Petersburg,<br />

später in Oranienbaum, einem Vorort der Hauptstadt,<br />

unter. Hier befanden sie sich zunächst in Quarantäne und<br />

leisteten den Treuschwur auf die russische Krone. Im Frühjahr<br />

1764 begann dann die Kolonisierung der Wolgaregion<br />

durch Ausländer.<br />

Abb. 137<br />

Abb. 138<br />

Abb.<br />

139, 140<br />

Abb.<br />

141–143<br />

Abb. 144<br />

Abb. 145<br />

владения. Манифест «О позволении иностранцам,<br />

кроме жидов, выходить и селиться в России и<br />

о свободном возвращении в свое отечество русских<br />

людей, бежавших за границу» от 4 декабря 1762 г.<br />

стал своего рода декларацией о присоединении России<br />

к популярной в то время в Европе политике<br />

увеличения численности населения страны за счет<br />

привлечения иностранцев. Он означал и амнистию<br />

для подданных России, покинувших родину при<br />

прежних правителях.<br />

Манифест «О дозволении всем иностранцам, в Россию<br />

въезжающим, поселяться в которых губерниях<br />

они пожелают и о дарованных им правах»<br />

от 22 июля 1763 г. был органичным продолжением<br />

предыдущего манифеста. В первой его части<br />

объяснялись условия переезда в Россию, а во второй<br />

– льготы и привилегии колонистам. Занималась<br />

организацией переселения специально созданная<br />

по этому указу Канцелярия опекунства иностранных<br />

(С.-Петербург).<br />

Главными среди всех льгот и привилегий были<br />

свобода вероисповедания и наделение землей. Также<br />

переселенцы освобождались от всяких налогов<br />

до 30 лет. Манифест обещал беспроцентную ссуду<br />

на 10 лет для строительства домов, на закупку продовольствия<br />

и скота. Всем колонистам была дарована<br />

свобода самоуправления, они освобождались<br />

от несения воинской и гражданской службы.<br />

Манифест вызвал живой интерес среди населения<br />

различных немецких государств, изрядно пострадавших<br />

в ходе Семилетней войны (1756–1763).<br />

Особенно в гессенских государствах, прирейнских<br />

княжествах и церковных территориях, Эльзасе и<br />

Лотарингии, а также в Дании, Шведской Померании<br />

и Баварии нашлось немало желающих переселиться<br />

в Россию. Правительства ряда немецких государств<br />

препятствовали уходу своих подданных, другие<br />

этому способствовали. В городах Регенсбург, Ульм<br />

и Франкфурт-на-Майне набором колонистов занимались<br />

российские дипломаты. В государствах,<br />

запрещавших уход своим подданным, вербовкой<br />

колонистов занимались особые эмиссары – вызыватели,<br />

получившие за свои труды вознаграждение<br />

и привилегии при поселении колонистов<br />

в России.<br />

Самым крупным сборным пунктом желающих<br />

испытать свое счастье в России стал Бюдинген<br />

в княжестве Изенбург. Вначале для переселения<br />

колонистов использовался сухопутный путь, но<br />

с лета 1764 г. основным стал водный путь через<br />

порт Любека. Колонистов за счет российской казны<br />

группами по 60–100 чел. на повозках отправляли<br />

в Любек и далее на кораблях в Петербург.<br />

Переселенцы, прибывшие в Россию в 1763 г., размещались<br />

в Петербурге, позже – в пригороде столицы<br />

Ораниенбаум. Здесь они проходили карантин и<br />

принимали присягу на верность русской короне.<br />

С весны 1764 г. началась иностранная колонизация<br />

Поволжья.<br />

Илл. 137<br />

Илл. 138<br />

Илл.<br />

139, 140<br />

Илл.<br />

141–143<br />

Илл. 144<br />

Илл. 145


141 142<br />

141. Бюдинген. Фото. 1970-е гг.<br />

Büdingen. Foto. 1970er Jahre<br />

142. Церковь св. Марии в Бюдингене, где перед<br />

отъездом в Россию за первую половину 1766 г.<br />

обвенчались 375 пар колонистов. Фото. 2010<br />

Marienkirche in Büdingen. Hier wurden in der ersten<br />

Jahreshälfte 1766 375 Kolonistenpaare vor ihrer<br />

Ausreise nach Russland getraut. Foto. 2010<br />

143. Ведомость казначейства Вехтерсбах (княженство<br />

Изенбург-Бюдинген) об уплате податей<br />

эмигрантами, выехавшими в Россию. 1766<br />

Rentei-Rechnung Wächtersbach, Fürstentum<br />

Ysenburg-Büdingen. Abgaben von Auswanderern<br />

nach Russland. 1766<br />

143<br />

144. Пристань в Любеке. Фрагмент гравюры<br />

на плане города. М. Зойтер.<br />

Не позднее 1757<br />

Anlegestelle in Lübeck. Fragment einer<br />

Radierung auf dem Stadtplan. M. Seutter.<br />

Nicht nach 1757<br />

144<br />

145. Вид Петербурга. С гравюры И. Елякова<br />

по рисунку М. Махаева. Фрагмент. 1761<br />

Ansicht von St. Petersburg. Radierung<br />

von I. Jeljakow nach einer Zeichnung<br />

von M. Machajew. Fragment. 1761<br />

145


Немцы в российской истории 69<br />

Von März 1764 bis Mai 1766 erfolgten Projektierung und<br />

Bau der Kolonien. Auf den Ländereien der Krone ließen<br />

sich die Siedler in Kolonistenbezirken, die nach religiösen<br />

Gesichtspunkten gebildet wurden, nieder. Zwischen 1763<br />

und 1772 kamen 30 623 Kolonisten nach Russland. Von den<br />

26 676 Personen, die man zur Ansiedlung in der Gegend von<br />

Saratow geschickt hatte, starben unterwegs 3 293 Menschen.<br />

23 216 Personen kamen an der Wolga an. Das waren Lutheraner,<br />

Katholiken und Reformierte. Die berufliche Zusammensetzung<br />

der Neuankömmlinge war sehr breit gefächert.<br />

Sie kamen aus ca. 150 verschiedenen Berufen, darunter<br />

Bauern, Weber, Schuster, Müller und Apotheker. Aber mehr<br />

als die Hälfte der Kolonisten waren Bauern. Für die neuen<br />

Untertanen Russlands war die Übersiedlung ins Wolgagebiet<br />

eine schwere Prüfung. Die ungewohnten klimatischen Verhältnisse,<br />

kalte und schneereiche Winter führten zu einer<br />

hohen Sterblichkeit unter ihnen. Auch mit dem Bau und<br />

dem Einrichten der Häuser verlief nicht alles glatt.<br />

Jede Kolonistenfamilie bekam im Wolgagebiet ein Stück<br />

Land von 30 Desjatinen. Die Vergünstigungen und Privilegien<br />

bekamen nicht nur die Übersiedler, sondern auch deren<br />

Nachkommen, die in Russland geboren wurden.<br />

Die von Lokatoren angeworbenen Kolonisten gerieten in deren<br />

Abhängigkeit und mussten diesen Abgaben leisten, während<br />

die übrigen Siedler von Zahlungen noch befreit waren. Diese<br />

Tatsache und einige weitere Verletzungen der Vertragsbedingungen<br />

bei der Ansiedlung der Kolonisten waren der Grund,<br />

dass die von Lokatoren angeworbenen Kolonisten 1768 darum<br />

baten, aus dieser Abhängigkeit befreit, den Kolonisten der Krone<br />

(des Staates) zugeordnet und der Vormundschaftskanzlei<br />

für Ausländer unterstellt zu werden.<br />

Die erste Kolonie an der Wolga, Dobrinka, wurde am<br />

29. Juni 1764 gegründet. Insgesamt wurden in den ersten<br />

zehn Jahren 108 deutsche Kolonien gegründet. Die Kolonien<br />

wurden zunächst von der Wojewodschaftskanzlei verwaltet,<br />

ab 1766 vom Saratower Kontor der Vormundschaftskanzlei<br />

für ausländische Ansiedler. 1782 waren die Behörden der<br />

Meinung, dass die Siedler keiner besonderen Betreuung mehr<br />

bedürften und übergaben deren Verwaltung den Gouvernementsbehörden.<br />

Es zeigte sich aber, dass dieser Schritt zu<br />

früh kam. Im Gedächtnis der Kolonisten blieben die 15 Jahre<br />

jener Verwaltung als böse Jahre mit Not und Elend in Erinnerung,<br />

schlimmer als die Heimsuchungen durch Pugatschows<br />

Scharen oder die Verwüstungen durch die Nomaden. 1797<br />

änderte sich die Situation erneut. Die Verwaltung übernahm<br />

das wiedereröffnete Saratower Vormundschaftskontor für<br />

ausländische Ansiedler. Dessen Funktion blieb bis zur Auflösung<br />

der Kolonialverwaltung im Jahre 1871 erhalten.<br />

Ende des 18. Jahrhunderts war die Hauptbeschäftigung der<br />

Siedler die Landwirtschaft. Außerdem bauten sie Tabak an<br />

und stellten in Heimarbeit Sarpinka-Stoff her. Zu einem<br />

großen Zentrum von Handwerk und Handel entwickelte<br />

sich die Kolonie Katharinenstadt, die am 27. August 1766<br />

gegründet worden war.<br />

Nicht alle ausländischen Siedler, die nach 1763 nach Russland<br />

kamen, ließen sich bei Saratow an der Wolga nieder. Kleine<br />

Gruppen schickte man auch in die Gegend von St. Petersburg,<br />

nach Livland, nach Kleinrussland und in das Gebiet von<br />

Woronjesch. 1765 gründete die Herrenhuter Gemeinde in der<br />

Abb.<br />

146, 147<br />

Abb. 148<br />

Abb. 149<br />

Abb. 150<br />

Abb. 151<br />

Abb. 152<br />

Abb. 153<br />

Проектирование и строительство колоний на местах<br />

осуществлялось с марта 1764 по май 1766 г.<br />

Колонисты селились округами на казенных землях,<br />

которые создавались по религиозному принципу.<br />

С 1763 по 1772 г. в Россию прибыли 30 623 колониста.<br />

Из 26 676 чел., отправленных на поселение в район<br />

Саратова, в дороге умерли 3 293 чел. В Поволжье<br />

прибыли 23 216 чел. Это были лютеране, католики<br />

и реформаты. Разнообразным был и профессиональный<br />

состав прибывших – представителей около<br />

150 различных профессий: земледельцы, ткачи, сапожники,<br />

мельники, аптекари и др. Более половины<br />

колонистов были крестьянами. Переезд в Поволжье<br />

стал серьезным испытанием для новых подданных<br />

России. Непривычные климатические условия, холодные<br />

и снежные зимы привели к высокой смертности<br />

среди них. Не все гладко происходило с их<br />

обустройством и строительством домов.<br />

Каждой семье колониста в Поволжье предоставлялся<br />

земельный надел в размере 30 десятин. Льготы и<br />

привилегии получали не только прибывшие колонисты,<br />

но и их потомки, рожденные в России.<br />

Завербованные вызывателями колонисты попали<br />

под их зависимость и должны были платить им<br />

подати, в то время как остальные поселенцы еще<br />

были освобождены от платежей. Этот факт и ряд нарушений<br />

обязательств по обустройству колонистов<br />

послужили в 1768 г. поводом для ходатайств вызывательских<br />

колонистов об освобождении от этой<br />

зависимости и причислении их к коронным (казенным)<br />

колонистам с подчинением Канцелярии<br />

опекунства иностранных.<br />

Первая немецкая колония в Поволжье – Добринка –<br />

была основана 29 июня 1764 г. Всего за первые 10 лет<br />

было образовано 108 немецких колоний. Колонии<br />

находились сначала под управлением Воеводской<br />

канцелярии, а с 1766 г. – Саратовской конторы Канцелярии<br />

опекунства иностранных. В 1782 г. власти<br />

сочли, что поселенцы уже не нуждаются в особой<br />

опеке, и передали управление ими губернским учреждениям.<br />

Оказалось, шаг этот был преждевременным.<br />

В памяти колонистов 15 лет иного управления<br />

ассоциировались с лихолетьем и бедствиями, хуже,<br />

чем пугачевщина и разорения, приносимые кочевниками.<br />

В 1797 г. ситуация снова изменилась – в управление<br />

колониями вступила вновь организованная<br />

Саратовская контора опекунства иностранных.<br />

Ее функции сохранялись до упразднения колониального<br />

управления в 1871 г.<br />

В конце XVIII в. основными занятиями поселенцев<br />

были земледелие, выращивание табака, надомное<br />

текстильное производство (сарпинка). Крупным ремесленным<br />

и торговым центром стала колония Екатериненштадт,<br />

основанная 27 августа 1766 г.<br />

Не все иностранные поселенцы, прибывшие в Россию<br />

после 1763 г., расселились в Саратовском Поволжье.<br />

Небольшие их группы были размещены<br />

под Санкт-Петербургом, в Лифляндии, Малороссии,<br />

под Воронежем. В 1765 г. близ Царицына общиной<br />

Илл.<br />

146, 147<br />

Илл. 148<br />

Илл. 149<br />

Илл. 150<br />

Илл. 151<br />

Илл. 152<br />

Илл. 153


146<br />

147


146. Планы 102 колоний и г. Саратова на карте<br />

Саратовского и Золотовского округов.<br />

Р. Степанов и Я. Оболдуев. 1767. Российский<br />

государственный военно-исторический архив,<br />

Москва<br />

Pläne von 102 Kolonien und der Stadt Saratow<br />

auf der Karte der Bezirke Saratow und Solotoje.<br />

R. Stepanow und Ja. Oboldujew. 1767. Russisches<br />

Militär-Historisches Staatsarchiv, Moskau<br />

147. План типовой колонии для иностранных<br />

колонистов, в которой предусмотрены церковь,<br />

школа, кладбище, торговая площадь, пашни,<br />

сады, огороды, выгон и пр. Д. Смирнов. 1765.<br />

Российский государственный архив древних<br />

актов, Москва<br />

Plan einer Musterkolonie für ausländische<br />

Kolonisten, in der Kirche, Schule, Friedhof,<br />

Marktplatz, Äcker, Obst- und Gemüsegärten,<br />

Weide u.a. vorgesehen sind. D. Smirnow. 1765.<br />

Russisches Staatsarchiv Alter Akten<br />

148. Инструкция для иностранных поселенцев,<br />

составленная Саратовской конторой, наложила<br />

отпечаток на весь внутренний быт колонистов.<br />

Титульный лист. 1768. Государственный<br />

исторический архив немцев Поволжья, Энгельс<br />

Instruktion des Saratower Kontors für<br />

ausländischen Ansiedler, die den Alltag der<br />

Kolonisten prägte. Titelblatt. 1768. Staatliches<br />

Historisches Archiv der Wolgadeutschen, Engels<br />

148<br />

149<br />

150<br />

149. План колонии Нижняя Добринка. Фрагмент карты<br />

Саратовского и Золотовского округов. Р. Степанов<br />

и Я. Оболдуев. 1767. Российский государственный<br />

военно‐исторический архив, Москва<br />

Plan der Kolonie Nischnjaja Dobrinka. Kartenfragment der<br />

Bezirke Saratow und Solotoje. R. Stepanow und Ja. Oboldujew.<br />

1767. Russisches Militär-Historisches Staatsarchiv, Moskau<br />

150. Здание Саратовской конторы иностранных поселенцев,<br />

построенное в 1802 г. по проекту архитектора Х. И. Лоссе и<br />

снесенное в 1981 г. Фото Г. Рассветова. 1960‐е гг.<br />

Gebäude des Saratower Vormundschaftskontor für ausländische<br />

Ansiedler, errichtet in Saratow 1802 nach einem Projekt<br />

von Ch. J. Losse, abgetragen 1981. Foto von G. Rasswetow.<br />

1960er Jahre


72 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

154, 155<br />

Abb.<br />

156, 157<br />

Abb. 158<br />

Nähe von Zarizyn die Kolonie Sarepta, die einen Sonderstatus<br />

und die Genehmigung erhielt, unter der Bevölkerung der Umgebung,<br />

den Kalmücken, die christliche Lehre zu verbreiten. In<br />

den 1770er Jahren wurden aufgrund der Ereignisse in Polen<br />

und des Russisch-Türkischen Krieges (1768–1774) das Anwerben<br />

und Ansiedeln ausländischer Kolonisten eingestellt.<br />

Trotz der Vergünstigungen führten die Kolonisten keineswegs<br />

sofort ein Leben in Wohlstand. Die Ländereien einiger<br />

Kolonien erstreckten sich in einem schmalen Streifen vom<br />

Ufer der Wolga bis tief in die Steppe, was deren Bewirtschaftung<br />

erschwerte. Die Anpassung an die neuen natürlichen<br />

Verhältnisse dauerte ca. 45 Jahre. In dieser Zeit griff der<br />

Staat den Kolonisten mehrmals helfend unter die Arme,<br />

insbesondere in Jahren mit Missernten oder Naturkatastrophen,<br />

und er verlängerte die Fristen für die Rückzahlung<br />

des staatlichen Darlehens für die Überfahrt nach Russland<br />

und die wirtschaftliche Grundausstattung. Ende der 30er<br />

Jahre des 19. Jahrhunderts erstarkten die Wolgakolonien.<br />

Sie konnten die letzten Schulden begleichen und leisten nun<br />

auch Abgaben an die Staatskasse in der Höhe, wie sie auch<br />

für die Staatsbauern in den benachbarten Kreisen galten. Die<br />

größten Erfolge erzielten sie beim Anbau von Brotgetreide,<br />

das in den Mühlen von Saratov und in anderen Siedlungen<br />

des Wolgagebiets gemahlen wurde. Getreide und Mehl kam<br />

auf die Märkte der zentralen Gouvernements und wurde<br />

zum Teil auch exportiert. Die deutschen Kolonien an der<br />

Wolga wurden zu einer Kornkammer Russlands.<br />

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kam es durch den Gemeindebesitz<br />

des Bodens und der daraus resultierenden regelmäßig<br />

wiederkehrenden Umverteilung und Verkleinerung des Pro-<br />

Kopf-Anteils zu einer Stagnation der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

der Kolonien. Da an der Wolga nicht mehr genug<br />

Boden zur Verfügung stand, siedelte die überzählige Bevölkerung<br />

auf der Suche nach neuen Existenzmöglichkeiten Ende<br />

des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in neue Kolonien<br />

um, die im Nordkaukasus, im Norden Kasachstans und in<br />

Sibirien gegründet wurden. Zum Teil zogen die Menschen<br />

auch in die Städte an der Wolga, nach Baku oder in die USA.<br />

In der Zeit zwischen der Aufhebung der Kolonialverwaltung<br />

im Jahre 1871 und dem Ersten Weltkrieg emigrierten etwa<br />

10 000 Wolgadeutsche nach Nord- und Südamerika und gründeten<br />

dort neue Kolonien, in denen sie noch viele Jahrzehnte<br />

ihre Sprache, ihre Sitten und Bräuche pflegten.<br />

Илл.<br />

154, 155<br />

Илл.<br />

156, 157<br />

Илл. 158<br />

гернгутеров основана колония Сарепта, получившая<br />

особый статус и разрешение проповедовать<br />

христианское веро учение среди окрестного нехристианского<br />

населения (калмыков). С 1770‐х гг. вызов<br />

и прием иностранных переселенцев в России был<br />

приостановлен вследствие событий в Польше и<br />

войны с Турцией (1768–1774).<br />

Несмотря на льготы, колонисты не сразу достигли<br />

хорошего уровня благосостояния. Земельные наделы<br />

отдельных колоний простирались узкой полосой<br />

от берега Волги вглубь степи, что делало затруднительным<br />

их возделывание. Период адаптации к новым<br />

природным условиям занял около 45 лет, на протяжении<br />

которых государство неоднократно оказывало<br />

колонистам помощь, особенно в годы неурожая и<br />

стихийных бедствий, предоставляло отсрочки для<br />

выплаты ими казенного долга по переезду в Россию и<br />

хозяйственному обустройству. К концу первой трети<br />

XIX в. поволжские колонии окрепли, смогли выплатить<br />

последние долги и платили казне подати в установленных<br />

для государственных крестьян смежных<br />

уездов размерах. Особого успеха они достигли в выращивании<br />

хлебного зерна, которое перерабатывалось<br />

на мельницах в Саратове и других городах и<br />

населенных пунктах Поволжья. Зерно и мука поступали<br />

на рынки центральных губерний и частично<br />

экспортировались за границу. Немецкие колонии<br />

Поволжья стали одной из житниц России.<br />

С середины XIX в. экономическое развитие колоний<br />

стеснялось общинным владением землей с периодическим<br />

переделом и уменьшением земли на душу.<br />

Из-за недостатка земли в Поволжье избыточное<br />

население к концу XIX – началу XX в. в поиске<br />

источников существования отчасти переселялось<br />

в новые колонии, созданные на Северном Кавказе,<br />

в Северном Казахстане и Сибири, отчасти уходило<br />

на заработки в города Поволжья, Баку или уезжало<br />

в США. В период между упразднением колониального<br />

управления в 1871 г. и Первой мировой войной<br />

около 10 тыс. поволжских немцев эмигрировали<br />

в Северную и Южную Америку, образовав там новые<br />

колонии, в которых на многие десятилетия<br />

сохраняли свой язык и обычаи.<br />

151. Плуг из колонии Ягодная Поляна<br />

(Саратовская губерния).<br />

Середина XIX в. Саратовский областной<br />

музей краеведения, Саратов<br />

Pflug aus der Kolonie Jagodnaja Poljana<br />

(Gouvernement Saratow).<br />

Mitte 19. Jh. Saratower Gebietsmuseum<br />

für Heimatkunde, Saratow<br />

151


152<br />

153 154<br />

155<br />

152. План колонии Екатериненштадт. Фрагмент карты Саратовского<br />

и Золотовского округов. Р. Степанов и Я. Оболдуев. 1767.<br />

Российский государственный военно‐исторический архив,<br />

Москва<br />

Plan der Kolonie Katharinenstadt. Kartenfragment der Bezirke<br />

Saratow und Solotoje. R. Stepanow und Ja. Oboldujew. 1767.<br />

Russisches Militär-Historisches Staatsarchiv, Moskau<br />

153. Немецкие колонисты на рынке в Санкт-Петербурге.<br />

С гравюры И. Г. Шеффнера по рисунку Х. Г. Гейслера. 1801<br />

Deutsche Kolonisten auf dem Markt in St. Petersburg. Radierung<br />

von J. G. Scheffner nach einer Zeichnung von Ch. G. Geissler. 1801<br />

154. Жалованная грамота Екатерины II о наделении 4 000 дес. земли<br />

между Царицыным и Астраханью для колонии Сарепта.<br />

1764. Архив Евангелического братства, Геррнгут (Германия)<br />

Donatationsbrief Katharina II. über die Zuteilung von 4 000 Desjatinen<br />

Land zwischen Zarizyn und Astrachan für die Kolonie Sarepta.<br />

1764. Unitätsarchiv der Evangelischen Brüder‐Unität, Herrnhut<br />

(Deutschland). R.1.F.2<br />

155. Сарепта. С литографии неизвестного. Начало XIX в. Архив<br />

Евангелического братства, Геррнгут (Германия)<br />

Sarepta. Lithographie eines Unbekannten. Anfang 19. Jh. Unitätsarchiv<br />

der Evangelischen Brüder-Unität, Herrnhut (Deutschland). Ts. Mp.281.10


156. Иностранные колонисты в<br />

Саратовской губернии на<br />

жнивье. С акварели 1830-х гг.<br />

Саратовский областной музей<br />

краеведения, Саратов<br />

Ausländische Kolonisten im<br />

Gouvernement Saratow bei der<br />

Ernte. Aquarell. 1830er Jahre.<br />

Saratower Gebietsmuseum<br />

für Heimatkunde, Saratow<br />

156<br />

157. Мельница Ф. Альтаха и<br />

И. Лисунова в колонии<br />

Екатериненштадт (построена<br />

в 1877 г.). Фото. 2008<br />

Mühle von F. Alltag und I. Lisunow<br />

in der Kolonie Katharinenstadt<br />

(errichtet 1877). Foto. 2008<br />

157<br />

158. Саратовская губерния.<br />

Иллюстрированная открытка.<br />

1856. Российская национальная<br />

библиотека, С.‐Петербург<br />

Gouvernement Saratow. Illustrierte<br />

Ansichtskarte. 1856. Russische<br />

Nationalbibliothek, St. Petersburg<br />

158


Немцы в российской истории 75<br />

Die ausländische Kolonisierung im Süden<br />

Russlands im 18. und 19. Jahrhundert<br />

Иностранная колонизация на юге России<br />

в XVIII–XIX вв.<br />

O. Eisfeld (Göttingen)<br />

О. Айсфельд (Гёттинген)<br />

Territoriale Erweiterungen in Russland waren stets<br />

von kolonialen Prozessen begleitet, denn neben militärischen<br />

Verteidigungszielen spielten dabei auch<br />

wirtschaftliche Motive eine gewichtige Rolle. Lange Zeit<br />

erfolgte in der russischen Geschichte die Erschließung<br />

hinzugewonnener Territorien u. a. dadurch, dass diese<br />

von der russischen Bevölkerung kolonisiert wurden.<br />

Bezeichnend für das 18. Jahrhundert war der Anschluss<br />

sehr großer Territorien, die südlich der im 17. Jahrhundert<br />

errichteten Befestigungslinie lagen. Im Ergebnis der Kriege<br />

gegen die Türkei hatte das Russische Reich beträchtliche<br />

dünn besiedelte Flächen im Schwarzmeergebiet, am<br />

Asowschen Meer und im Vorkaukasus hinzugewonnen.<br />

Die Befestigung der neuen Grenzen und der Aufbau einer<br />

funktionierenden Verwaltung waren die vordringlichsten<br />

Aufgaben der russischen Kolonisierung im Süden. Der<br />

stufenweise Aufbau der Ukrainischen Linie in den 1730er<br />

Jahren und der Dnjepr-Linie im Jahre 1770, die mit dem<br />

Anschluss neuer Territorien sehr bald an Bedeutung verloren,<br />

wurde durch die militärische Kolonisierung begleitet.<br />

Die Notwendigkeit einer Besiedelung ergab sich aus strategischen<br />

und wirtschaftlichen Gründen: Es war wichtig,<br />

grenznahe Gebiete zu befestigen und mit Lebensmitteln zu<br />

versorgen. Außerdem wurden Quartiere für die Truppen<br />

benötigt. Siedler aus anderen Regionen des Reiches lebten<br />

sich sehr schnell auf den Ländereien der liquidierten Saporoger<br />

Sitsch ein, die an den Staat gefallen waren.<br />

Auch im Vorkaukasus hatte die Regierung mit dem Aufbau<br />

eines einheitlichen Systems militärischer Befestigungen<br />

vom Schwarzen bis zum Kaspischen Meer begonnen,<br />

begleitet durch die Errichtung von Kosakensiedlungen<br />

entlang der Grenzlinie. Die neuen Besitztümer am rechten<br />

Ufer des Kuban, die Schwarzmeerregion, wurde 1792 für<br />

alle Zeiten den Schwarzmeerkosaken übergeben und mit<br />

25 000 Saporoger Kosaken besiedelt. Der von der Regierung<br />

geförderten Besiedlung durch die Kosaken folgte<br />

Abb. 159<br />

Территориальным приращениям в России сопутствовали<br />

колониальные процессы, так как<br />

наряду с военно-оборонительными целями<br />

важную роль играли побуждения экономического<br />

характера. На протяжении длительного периода<br />

российской истории освоение ее расширяющейся<br />

территории проходило, в том числе, путем колонизации<br />

русским населением.<br />

XVIII в. знаменателен масштабным присоединением<br />

обширных территорий, лежащих на юг от укрепленной<br />

черты, построенной в XVII в. В результате<br />

войн с Турцией Россия приобрела значительный<br />

массив малозаселенных земель в Северном Причерноморье,<br />

Приазовье, Предкавказье. Укрепление<br />

новых рубежей и организация действенной системы<br />

управления были основными задачами на южном направлении<br />

русской колонизации. Поэтапное сооружение<br />

«Украинской» (1730‐е гг.) и «Днепровской»<br />

(1770) линий, быстро терявших свое значение с присоединением<br />

новых земель, сопровождалось военной<br />

колонизацией. Необходимость заселения вызывалась<br />

стратегическими и хозяйственными задачами: пограничные<br />

районы важно было укрепить и обеспечить<br />

продовольствием, войска нуждались в жилищах.<br />

Быстрыми темпами осваиваются выходцами<br />

из других регионов империи земли ликвидированной<br />

Запорожской Сечи, поступившие в распоряжение<br />

государства.<br />

В Предкавказье правительство также предприняло<br />

возведение единой системы военных укреплений<br />

от Черного до Каспийского моря, которое сопровождалось<br />

устройством вдоль линии казачьих станиц.<br />

Новые владения на правом берегу Кубани, названные<br />

Черноморией, были отданы в вечное владение<br />

Черноморскому казачьему войску (1792) и заселены<br />

запорожскими казаками (25 тыс.). Поощряемая<br />

Илл. 159


159<br />

159. Западная часть Российской империи с новоприсоединёнными территориями к 1787 г. Карта К. Маннерта. Нюрнберг. 1794<br />

Westteil des Russischen Reiches mit bis 1787 angeschlossenen neuen Territorien. Karte von C. Mannert. Nürnberg. 1794<br />

160<br />

160. Новороссия на рубеже XVIII–XIX вв. Лист из атласа Российской империи. А. Вильбрехт. С.-Петербург. 1800<br />

Neurussland an der Wende vom 18. zum 19. Jh. Blatt aus dem Atlas von A. Wilbrecht. St. Petersburg. 1800


Немцы в российской истории 77<br />

die bäuerliche Kolonisierung der Steppen des Vorkaukasus<br />

und der Kuban-Region, in denen sich jetzt russische<br />

Siedlergruppen aus Zentralrussland niederließen. Das war<br />

der Auftakt für die russische Kolonisierung des Nord- und<br />

Nordwestkaukasus.<br />

Im Reich gab es nach wie vor ein doppeltes Problem: die<br />

dünne Besiedlung riesiger Flächen einerseits und die äußerst<br />

ungleichmäßige Bevölkerungsverteilung andererseits. Der<br />

etappenweise, aber zügige Anschluss der südlichen Steppengebiete<br />

an Russland erforderte nicht nur deren baldige<br />

Besiedlung, sondern auch eine wirtschaftliche und vor allem<br />

landwirtschaftliche Erschließung. Auf diesen Territorien<br />

entstand ein einheitlicher Wirtschaftsraum. Die Regierung<br />

unterstützte die Übersiedlung nahezu aller ethnischen,<br />

sozialen und konfessionellen Gruppen. Geknüpft an die Bedingung,<br />

Grund und Boden zu erschließen und zu bewirtschaften<br />

sowie Bauern anzusiedeln, wurden die Ländereien<br />

an Gutsbesitzer, Militärs und Beamte unterschiedlichen<br />

Ranges vergeben. Unter den Siedlern waren Leibeigene<br />

und Flüchtige, darunter auch Altgläubige und Angehörige<br />

von Sekten, deren Ansiedlung in den neuen Regionen die<br />

Regierung de facto legalisierte. Sie initiierte und organisierte<br />

die Übersiedlung von Ökonomiebauern, 24 000 Personen<br />

im Jahre 1781, sowie Staatsbauern aus den zentralen Gouvernements<br />

auf staatseigene Ländereien.<br />

Innerhalb von zehn Jahren, zwischen 1775 und 1785,<br />

wurden in Neurussland fast 4,5 Mio. Desjatinen Land an<br />

Gutsbesitzer und zur Gründung staatseigener Siedlungen<br />

vergeben, wo sich insgesamt 97 609 Personen niederließen.<br />

Im Schnitt entfielen auf jeden männlichen Bewohner mehr<br />

als 83 Desjatinen Land. Ende des 18. Jahrhunderts war die<br />

Bevölkerungszahl in der Region um 86 % gestiegen. Die<br />

Vergabe von Land im großen Stil wurde fortgesetzt.<br />

Nach dem Anschluss der Gebiete des Krim-Khanats an<br />

Russland im Jahre 1783 und der Gebiete zwischen Bug<br />

und Dnjestr im Jahre 1791 blieben die wirtschaftlichen<br />

und strategischen Ziele zur Besiedlung und Erschließung<br />

weiter aktuell. Sie wurden auch mit den gleichen Methoden<br />

umgesetzt. Im Gebiet zwischen Bug und Dnjestr wurden<br />

an Gutsbesitzer 1 634 000 Desjatinen und an staatseigene<br />

Siedler 545 000 Desjatinen Land vergeben. Nach dem Anschluss<br />

Bessarabiens im Jahre 1812 stellten sich erneut die<br />

gleichen Aufgaben.<br />

Der Zuwachs an Untertanen ging nicht immer in ausreichendem<br />

Maße mit der territorialen Erweiterung Russlands<br />

einher. Die ursprünglich dort ansässige Bevölkerung verließ<br />

oft aus unterschiedlichen Gründen die angestammten Gebiete.<br />

Die Vorherbestimmung und später der Anschluss der<br />

Krim bewogen einen beträchtlichen Teil der Krimtataren,<br />

einigen Angaben zufolge ca. 300 000, und Kuban-Nogaier,<br />

in mehreren Etappen ins Osmanische Reich auszuwandern.<br />

Die frei werdenden Ländereien wurden an russische Adelige<br />

vergeben. Nach 1812 verließ die moslemische Bevölkerung<br />

in großen Massen Bessarabien und die Krim.<br />

Im Volk und nicht in den leeren Weiten von Territorien<br />

sah M. W. Lomonossow, der 1761 die Aufnahme von Ausländern<br />

als eine Möglichkeit des Bevölkerungszuwachses in<br />

Russland vorgeschlagen hatte, Größe, Macht und Reichtum<br />

eines Staates.<br />

Abb. 160<br />

Abb.<br />

161, 162<br />

правительством казачья колонизация повлекла<br />

за собой крестьянскую колонизацию степного Предкавказья<br />

и Кубани, обусловившую появление здесь<br />

населения из Центральной России. Это положило<br />

начало русской колонизации на Северном и Северо-<br />

Западном Кавказе.<br />

В империи продолжала существовать двоякая проблема:<br />

слабая заселенность огромных пространств<br />

и крайне неравномерное распределение населения.<br />

Поэтапное, но достаточно быстрое присоединение<br />

к России степных пространств на юге требовало не<br />

только скорого заселения, но и их хозяйственного,<br />

в первую очередь сельскохозяйственного, освоения.<br />

На этих территориях создавалось единое экономическое<br />

пространство. Правительство поощряло<br />

переселение практически любых этнических,<br />

социальных и конфессиональных групп. С условием<br />

освоения земли, ее обработки и заселения<br />

крестьянами территории раздавались помещикам,<br />

военным и гражданским чиновникам различных<br />

рангов. В числе переселенцев оказались крепостные<br />

и беглые крестьяне, в том числе старообрядцы и<br />

сектанты, обустройство которых на новых землях<br />

правительство фактически легализовало. Оно инициировало<br />

и организовывало переселение на казенные<br />

земли экономических (24 тыс., 1781 г.) и<br />

казенных крестьян из внутренних губерний.<br />

В течение 10 лет (1775–1785) в Новороссии помещикам<br />

и под казенные селения было роздано<br />

почти 4,5 млн дес., на которых поселились 97 609 чел.<br />

В среднем на мужскую душу приходилось более<br />

83 дес. К концу XVIII в. население в регионе выросло<br />

на 86 %. Массовая раздача земли продолжалась.<br />

После присоединения к России территорий Крымского<br />

ханства (1783) и земель между Бугом и Днестром<br />

(1791) хозяйственные и стратегические задачи<br />

заселения и освоения оставались актуальными.<br />

Осуществлялись они теми же методами. В междуречье<br />

Буга и Днестра помещикам было роздано<br />

1 млн 634 тыс. дес., казенным поселенцам – 545 тыс.<br />

Присоединение в 1812 г. к России Бессарабии ставило<br />

те же задачи.<br />

Не всегда территориальное расширение России<br />

влекло за собой достаточное приращение числа<br />

подданных. Коренное население по тем или иным<br />

причинам покидало свои исконные территории.<br />

Предопределенность, а позже присоединение Крыма<br />

побудили значительную часть крымских татар<br />

(по некоторым данным около 300 тыс.) и кубанских<br />

ногайцев в несколько этапов эмигрировать в Османскую<br />

империю. Опустевшие земли раздавались<br />

российскому дворянству. После 1812 г. массы мусульманского<br />

населения оставили Бессарабию и<br />

Крым.<br />

В народе, а не в пустой обширности территорий<br />

видел величие, могущество и богатство государства<br />

М. В. Ломоносов, предлагавший прием иностранцев<br />

как один из способов приращения населения<br />

России (1761 г.).<br />

Илл. 160<br />

Илл.<br />

161, 162


161<br />

163<br />

162<br />

161, 162.<br />

Трактат М. В. Ломоносова о приращении российского<br />

народа с предложением поселять в России<br />

иностранцев (1761), опубликованный в 1819 г.<br />

Traktat von M. W. Lomonossow über die Vermehrung<br />

der Bevölkerung Russlands mit dem Vorschlag zur<br />

Ansiedlung von Ausländern (1761), veröffentlicht 1819<br />

163. Елизавета I (1709–1761), начавшая с 1751 г. заселение южных<br />

окраин России иностранными колонистами. И. Вишняков. 1743.<br />

Государственная Третьяковская галерея, Москва<br />

Elisabeth I. (1709–1761) begann 1751 mit der Ansiedlung ausländischer<br />

Kolonisten an der südlichen Peripherie Russlands. I. Wischnjakow. 1743.<br />

Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau<br />

165<br />

164<br />

164. Новая Сербия – губерния Новороссии, заселенная выходцами<br />

из Австро-Венгерской империи. Карта Г. Л. ле Руже. Париж, 1769<br />

Neu-Serbien, eine mit Zuwanderern aus dem Kaiserreich<br />

Österreich-Ungarn besiedelte Provinz Neurusslands.<br />

Karte von G. L. Le Rouge. Paris, 1769<br />

165. Имение графа П. А. Румянцева-Задунайского Вишенки<br />

(Малороссийской губ.), где в 1770 г. он поселил иностранных<br />

колонистов-гуттеров. С акварели А. Кунавина. Конец XVIII в.<br />

Национальный художественный музей Украины, Киев<br />

Landgut des Grafen P. A. Rumjanzew-Zadunajskij Wischenki<br />

(Gouvernement Kleinrussland), auf dem er 1770 ausländische Kolonisten,<br />

Hutterer, angesiedelt hat. Nach einem Aquarell von A. Kunawin. Ende<br />

18. Jh. Nationale Gemäldegalerie der Ukraine, Kiew


Немцы в российской истории 79<br />

Das Bestreben der russischen Regierung, die südlichen<br />

Randgebiete mit ausländischen Kolonisten zu besiedeln,<br />

kam Mitte des 18. Jahrhunderts zum Tragen, als für<br />

die Besiedlung der an die Ukrainische Linie angrenzenden<br />

Steppen Südslawen, darunter Serben, Bulgaren,<br />

Moldawier, Walachen und Montenegriner, aus der Österreich-Ungarischen<br />

Monarchie angeworben wurden,<br />

die wie die Bevölkerung Russlands den selben orthodoxen<br />

Glauben hatten. Zu ihren Aufgaben gehörte es, das<br />

Land urbar zu machen, Höfe zu errichten, Häuser und<br />

Dörfer aufzubauen und zugleich die Grenze militärisch<br />

abzusichern.<br />

Ausländer waren auch die christlichen Bewohner der<br />

Krim, Griechen, Armenier und Georgier, die 1778/79 ins<br />

Gouvernement Asow umgesiedelt wurden (31 000 Personen).<br />

Auch die orthodoxen Bulgaren von den Ufern der<br />

Donau, die 1792 entlang von Bug und Dnjestr angesiedelt<br />

wurden, waren Ausländer. Als türkische Untertanen erhielten<br />

die Bulgaren, Rumelier und Gagausen, die nach 1812<br />

das Donau-Gebiet verließen und sich auf Staatsländereien<br />

des angeschlossenen Bessarabiens niederließen, den Status<br />

ausländischer Kolonisten (1819).<br />

Die Regierung versuchte, die moslemische und heidnische<br />

Bevölkerung Russlands auch mit Hilfe christlicher Ausländer<br />

zu christianisieren. Zu diesem Zweck entstanden<br />

eine Kolonie Baseler Missionare in der Provinz Karabach<br />

(bei Schuscha) und eine schottische Kolonie im Kaukasus-<br />

Gebiet (nahe Karras).<br />

Ausländische Kolonisten wurden auch von Gutsbesitzern<br />

angeworben. Als Ackerbauern, Viehzüchter und Handwerker<br />

ließen sich u. a. auf den Ländereien der Fürsten<br />

А. А. Prosorowskij, G. A. Potjomkin und P. Ch. Wittgenstein<br />

sowie des Grafen P. A. Rumjanzew-Zadunajskij freie<br />

Siedler aus deutschen Staaten, wenn auch nur in geringer<br />

Zahl, nieder.<br />

Einen Präzedenzfall für die vom Staat getragene landwirtschaftliche<br />

Kolonisierung durch Bevölkerungsgruppe aus<br />

deutschen Staaten schuf Katharina II., die 1763 Deutsche<br />

einlud, sich auf Staatsländereien in der Umgebung von<br />

St. Petersburg und am Unterlauf der Wolga anzusiedeln.<br />

Ab Ende der 80er Jahre ließen sich deutsche Kolonisten<br />

aus Westpreußen, Mennoniten und Lutheraner, in Neurussland<br />

nieder. Um die Jahrhundertwende gab es auf den<br />

Staatsländereien dieser Region 14 deutsche Kolonien mit<br />

etwas mehr als 3 000 Deutschen.<br />

Der Zustrom deutscher Kolonisten nach Russland war<br />

nicht immer gleichmäßig und hing von äußeren sowie<br />

inneren Faktoren ab. Für die Auswanderung aus<br />

Baden, Hessen, Württemberg (Pietisten), Bayern und<br />

verschiedenen deutschen Fürstentümern gab es sehr<br />

unterschiedliche Motive: die Folgen der Napoleonischen<br />

Kriege, religiöse Verfolgung oder wirtschaftliche und<br />

soziale Gründe. Anfang des 19. Jahrhunderts gab es im<br />

Süden Russlands mehrere Kolonisierungswellen, die mehr<br />

oder weniger große Gruppen von Deutschen mit sich<br />

brachten. Diese wurden in den Gouvernements Cherson,<br />

Jekaterinoslaw und Taurien, in Bessarabien sowie im<br />

Kaukasus angesiedelt.<br />

Abb. 163<br />

Abb. 164<br />

Abb. 165<br />

Abb. 166<br />

Abb.<br />

167–178<br />

Стремление российского правительства заселять<br />

южные окраины иностранными колонистами проявляется<br />

в середине XVIII в., когда для заселения<br />

примыкающих к «Украинской» линии степей были<br />

привлечены южные славяне из Австро-Венгерской<br />

империи, единые по вере православному населению<br />

России: сербы, болгары, молдаване, валахи, черногорцы<br />

и др. В их задачу входило распахать земли,<br />

завести хозяйства, выстроить дома и деревни, одновременно<br />

неся пограничную военную службу.<br />

Иностранцами являлись также греки, армяне<br />

и грузины – христиане Крыма, переселенные<br />

в 1778–1779 гг. в Азовскую губернию (31 тыс.). Иностранцами<br />

были и православные болгары с берегов<br />

Дуная, поселенные вдоль Днестра и Буга в 1792 г.<br />

Бывшие подданные Турции – болгары, румелийцы<br />

и гагаузы, вышедшие из-за Дуная после 1812 г. и<br />

поселившиеся на казенных землях присоединенной<br />

Бессарабии, получили статус иностранных колонистов<br />

(1819).<br />

Правительством предпринимались попытки христианизации<br />

мусульманского и языческого населения<br />

России при помощи христиан-иностранцев.<br />

Колонии базельских миссионеров в Карабахской<br />

провинции (близ Шуши) и шотландских миссионеров<br />

в Кавказской области (близ Карраса) были<br />

организованы с этой целью.<br />

Привлекались иностранные колонисты и помещиками.<br />

В качестве земледельцев, скотоводов и<br />

ремесленников на землях князей А. А. Прозоровского,<br />

Г. А. Потемкина, П. Х. Витгенштейна,<br />

графа П. А. Румянцева-Задунайского и др. обосновались<br />

свободные переселенцы из германских<br />

государств, но в небольшом количестве.<br />

Прецедент правительственной земледельческой<br />

колонизации посредством населения из германских<br />

государств создала Екатерина II, пригласив<br />

в 1763 г. к поселению на казенных землях вблизи<br />

Санкт‐Петербурга и в Нижнем Поволжье немцев.<br />

В конце 1780‐х гг. местом заселения немецкими<br />

колонистами из Западной Пруссии (меннонитами<br />

и лютеранами) становится Новороссия. На рубеже<br />

веков на казенных землях в этом регионе существовало<br />

14 немецких колоний и проживали чуть более<br />

3 тыс. немцев.<br />

Потоки немецких колонистов в Россию не были<br />

постоянными. Они обусловливались внешними<br />

и внутренними факторами. Выход эмигрантов<br />

из Бадена, Гессена, Вюртемберга (пиетистов), Баварии<br />

и различных немецких княжеств происходил<br />

по разным мотивам (в результате наполеоновских<br />

войн, религиозных притеснений, экономических и<br />

социальных причин). В начале ХIХ в. по югу России<br />

прокатилось несколько колонизационных волн,<br />

принесших более или менее значительные группы<br />

немцев. Их поселение осуществлялось в Херсонской,<br />

Екатеринославской, Таврической губерниях,<br />

Бессарабии, на Кавказе.<br />

Илл. 163<br />

Илл. 164<br />

Илл. 165<br />

Илл. 166<br />

Илл.<br />

167–178


166. Окрестности г. Данциг, откуда в 1787–1788 гг.<br />

началось переселение в Новороссию первых<br />

колонистов. Фрагмент карты Западной Пруссии<br />

И. Ф. Эндерша. 1789 г.<br />

Umgebung von Danzig, aus der 1887–88 die Auswanderung<br />

der ersten Kolonisten nach Neurussland begann. Fragment<br />

der Karte Westpreußens von J. F. Endersch. 1789<br />

Некоторые места выхода колонистов в Вюртемберге:<br />

Einige Auswanderungsort von Kolonisten in Württemberg:<br />

167. Лауффен. С акварели неизвестного художника.<br />

Около 1800<br />

Lauffen. Nach einem Aquarell eines unbekannten<br />

Künstlers. Ca. 1800<br />

168. Безиггейм. Фото. 2011<br />

Besigheim. Foto. 2011<br />

169. Маркгрёнинген. Фото. 2011<br />

Markgröningen. Foto. 2011<br />

166<br />

167<br />

168<br />

169


Типы национальной одежды в местах выхода колонистов / Volkstrachten von Auswanderungsorten der Kolonisten<br />

170<br />

171 172<br />

173<br />

170. Крестьянки Баллингена (Вюртемберг) в 1790.<br />

С рисунка Ф. Готтенрота. Вторая половина XIX в.<br />

Bäuerinnen aus Balingen (Württemberg) um 1790.<br />

Nach einer Zeichnung von F. Hottenroth. 2. Hälfte des 19. Jh.<br />

171. Крестьяне Горнберга (Баден) в 1800.<br />

С рисунка Ф. Готтенрота. Вторая половина XIX в.<br />

Bauern aus Hornberg (Baden) um 1800.<br />

Nach einer Zeichnung von F. Hottenroth. 2. Hälfte des 19. Jh.<br />

172. Горожанка (Бамберг, Бавария) и крестьянка (Шпессарт,<br />

Гессен) в начале XIX в. С рисунка Ф. Готтенрота.<br />

Вторая половина XIX в.<br />

Städterin (Bamberg, Bayern) und Bäuerin (Spessart, Hessen)<br />

Anfang 19. Jh. Nach einer Zeichnung von F. Hottenroth.<br />

2. Hälfte des 19. Jh.<br />

173. Пивовары-швабы (Вюртемберг) во второй половине XVIII в.<br />

С рисунка Ф. Готтенрота. Вторая половина XIX в.<br />

Schwäbische Bierbrauer (Württemberg), 2. Hälfte 18. Jh.<br />

Nach einer Zeichnung von F. Hottenroth. 2. Hälfte des 19. Jh.<br />

174. С. М. фон Бетман (1768–1826) – российский генеральный консул<br />

во Франкфурте-на-Майне, выдавший в 1809 г. паспорта для<br />

переселения в Россию около 2 тыс. семей. И. Я. де Лозе. 1812<br />

S. M. von Bethmann (1768–1826), Russischer Generalkonsul in<br />

Frankfurt am Main, stellte 1809 für ca. 2000 Familien Reisepässe für die<br />

Umsiedlung nach Russland aus. J. Ja. de Lose. 1812<br />

174


175. Паспорт колониста Вейденбаха для переселения<br />

в Россию, подписанный С. М. Бетманом.<br />

Франкфурт-на-Майне, 1809. Государственный архив<br />

Одесской области, Одесса<br />

Reisepass des Kolonisten Weidenbach für die Umsiedlung<br />

nach Russland, unterschrieben von S. M. Bethmann.<br />

Frankfurt am Main, 1809. Staatliches Gebietsarchiv<br />

Odessa, Odessa<br />

176. Ульм – в начале XIX в. пункт отправки вюртембергских<br />

колонистов в Новороссию по Дунаю на речных<br />

судах – «ульмских коробках». Вид города с «ульмской<br />

коробкой» на Дунае. С акварели И. Ганса. 1810.<br />

Центральный музей дунайских швабов, Ульм<br />

Ulm war Anfang des 19. Jh. der Abreisepunkt<br />

württembergischer Kolonisten, die mit Ulmer Schachteln<br />

die Donau hinab nach Neurussland fuhren. Ansicht der<br />

Stadt Ulm mit einer Ulmer Schachtel auf der Donau. Nach<br />

einem Aquarell von J. Hans. 1810. Donauschwäbisches<br />

Zentralmuseum, Ulm<br />

176<br />

175<br />

177<br />

177. «Ульмская коробка» близ замка Вакерштейн (Бавария) на пути следования колонистов по Дунаю.<br />

С литографии А. Кунике по рисунку Я. Альта. 1825<br />

Ulmer Schachtel auf der Donau bei Schloss Wackerstein (Bayern).<br />

Lithographie von A. Kunike nach einer Zeichnung von Ja. Alt. 1825


178<br />

178. Маршруты переселения немецких колонистов в Россию в XVIII–XIX вв.<br />

Auswanderung von deutschen Kolonisten nach Russland im 18.–19. Jh.


84 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 179<br />

Abb.<br />

180, 181<br />

In Neurussland gab es zu dieser Zeit kaum noch freie<br />

Staatsländereien für die kompakte Ansiedlung von Kolonisten.<br />

Die lokalen Behörden waren auf der Suche nach<br />

Ländereien, die nicht mehr im Wirtschaftskreislauf waren.<br />

Es wurde nach Möglichkeiten gesucht, die staatseigenen<br />

Ländereien durch den Kauf von Ländereien aus privater<br />

Hand oder durch Enteignung von Grundstücken, wenn<br />

diese den Bedingungen nicht entsprechend besiedelt und<br />

bewirtschaftet wurden, aufzustocken. Danach wurden diese<br />

Ländereien dem Neurussischen Vormundschaftskontor<br />

zur Besiedlung übergeben. Aus diesen Gründen war die<br />

Frage nach dem Siedlungsort oft noch nicht gelöst, wenn<br />

die Kolonisten bereits angekommen waren.<br />

Da die Kolonien auf Wunsch der Siedler deutsche Namen<br />

erhielten, gab es in den Steppen Neurusslands dann Orte<br />

wie München, Kassel, Landau, Karlsruhe, Worms oder<br />

Rastatt. Nur in Bessarabien erhielten deutsche Siedlungen<br />

sofort die Namen von Orten, wo im vergangenen<br />

Krieg gegen das Napoleonische Frankreich (1812–1814)<br />

bedeutende Schlachten stattgefunden hatten: Borodino,<br />

Beresina, Malojaroslawez, Tarutino oder Leipzig.<br />

1826 gab es in Neurussland und Bessarabien 169 deutsche<br />

Kolonien, in denen 48 000 Menschen lebten. Das waren<br />

52 % aller ausländischen Kolonisten der Region.<br />

In Neurussland ließen sich deutsche Kolonisten aufgrund<br />

des Manifests von 1763 nieder. Als man Ende des<br />

18. Jahrhunderts in der Statthalterschaft Jekaterinoslaw<br />

die Ergebnisse der ausländischen Kolonisierung prüfte<br />

und feststellen musste, dass die Siedler, die 1803 nach<br />

Neurussland geströmt waren, in ihrer sozialen Struktur<br />

inhomogen und fast mittellos waren, wurden vom<br />

Innenministerium 1804 sofort neue Regeln für Siedler<br />

aufgestellt. Die Anforderungen an potenzielle Siedler,<br />

deren Vermögen sowie die berufliche und moralische<br />

Eignung wurden verschärft. Außerdem beschränkte man<br />

Илл. 179<br />

Илл.<br />

180, 181<br />

Свободных казенных земель для компактного поселения<br />

колонистов в Новороссии в этот период почти<br />

не оставалось. Местные власти находились в поиске<br />

участков, выпавших из хозяйственного оборота.<br />

Изыскивалась возможность пополнения казенного<br />

фонда путем покупки участков у частных лиц или<br />

отчуждения их за невыполнение условий заселения<br />

и освоения. Затем земли отдавались колониальному<br />

ведомству для заселения. Поэтому порой, когда<br />

колонисты прибывали, вопрос о месте поселения<br />

был еще не решен.<br />

Поскольку названия колониям давались немецкие,<br />

по желанию поселенцев в степях Новороссии<br />

появились Мюнхен, Кассель, Ландау, Карлсруэ,<br />

Вормс, Раштат и др. Лишь в Бессарабии немецкие<br />

поселения сразу получили названия населенных<br />

пунктов, где в минувшую войну с наполеоновской<br />

Францией (1812–1814) происходили значительные<br />

битвы: Бородино, Березина, Малоярославец, Тарутино,<br />

Лейпциг и др.<br />

К 1826 г. в Новороссийском крае и Бессарабии<br />

насчитывалось 169 немецких колоний, в которых<br />

проживали 48 тыс. чел., что составляло 52 % всех<br />

иностранных колонистов региона.<br />

Немецкие колонисты начали селиться в Новороссии<br />

на основании манифеста 1763 г. Проанализировав<br />

итоги иностранной колонизации конца XVIII в.<br />

в Екатеринославском наместничестве и столкнувшись<br />

с неоднородным социальным и порой неимущим<br />

составом иммигрантов, хлынувших в Новороссию<br />

в 1803 г., Министерство внутренних дел<br />

сразу же (1804) выработало для поселенцев новые<br />

правила. Они ужесточили требования к претендентам<br />

на переселение, их имущественному цензу,<br />

профессиональным и моральным качествам. Прием<br />

179<br />

179. Типичная линейная планировка южных колоний. Фрагмент плана. М. Силенский. 1820. Государственный архив Херсонской области, Херсон<br />

Typische Straßendorf-Anlage südlicher Kolonien. Fragment eines Plans von M. Silenskij. 1820. Staatliches Archiv des Gebiets Cherson, Cherson


180<br />

180. Рескрипт Александра I, при котором прилагались<br />

новые правила приема и поселения колонистов<br />

на Юге России, присланные херсонскому военному<br />

губернатору Розенбергу. Автограф. 1804.<br />

Государственный архив Одесской области, Одесса<br />

Reskript Alexander I., mit für den Chersoner<br />

Militärgouverneur Rosenberg beigefügten neuen Regeln<br />

für die Aufnahme und Ansiedlung von Kolonisten<br />

in Südrussland. Unterschrift von Alexander I. 1804.<br />

Staatliches Archiv des Gebietsarchivs Odessa, Odessa<br />

181. Александр I (1777–1825). Неизвестный художник.<br />

1800-е гг. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />

Alexander I. (1777–1825). Unbekannter Maler.<br />

1800er Jahre. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />

181


182<br />

182. Паспорт вюртембергского колониста для переселения в Росcию. Лицевая и обратная стороны с отметками различных учреждений<br />

по пути следования. Бакнанг, 1840. Государственный архив Одесской области, Одесса<br />

Reisepass eines nach Russland ausgewanderten württembergischen Kolonisten. Vorder- und Rückseite mit Stempeln verschiedener Behörden<br />

des Reisewegs. Baknang, 1840. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa


Немцы в российской истории 87<br />

die Aufnahme von Siedlern auf jährlich 200 Familien.<br />

Nach wie vor wurde Ackerbauern der Vorzug gegeben.<br />

Den Handwerkern blieben die Hafenstädte Odessa und<br />

Feodossija vorbehalten. Man erwartete, dass die neuen<br />

Kolonisten europäische Methoden in der Landwirtschaft,<br />

beim Anbau neuer Kulturen, bei der Zucht von Schafen,<br />

Vieh und Seidenraupen sowie europäische handwerkliche<br />

Erfahrungen nach Russland mitbringen.<br />

Erste Einschränkungen bei der deutschen Kolonisierung<br />

auf staatseigenen Ländereien gab es 1810, als Neusiedler<br />

keine Beihilfen mehr bekamen. Ab 1819 war dann jegliche<br />

Umsiedlung verboten. Jedoch konnten auch später noch<br />

mit einer kaiserlichen Sonderverfügung Kolonisten aufgenommen<br />

werden. Endgültig wurde die Immigration 1848<br />

im Zusammenhang mit den „aufrührerischen Ereignissen“<br />

in Europa verboten.<br />

Nach dem Treueschwur gegenüber Russland gewährt<br />

man den Kolonisten, die nun russische Staatsbürger<br />

waren, weiterhin Religionsfreiheit, Land und Privilegien,<br />

allerdings wurde die abgabenfreie Zeit auf zehn<br />

Jahre verkürzt. Gleichzeitig waren sie verpflichtet, die<br />

für ihre Ansiedlung geleisteten Auslagen mit der Zeit<br />

an die Staatskasse zurück zu zahlen, und zehn Jahre<br />

nach ihrer Ankunft in Russland wurden sie in den<br />

Steuerkreislauf Russlands einbezogen. Nach den Regeln<br />

von 1804 mussten sie nun ihre jährlichen finanziellen<br />

Abgaben leisten und Naturalleistungen erbringen. So lag<br />

die Bodenabgabe für den Hof eines Kolonisten bei 15 bis<br />

20 Kopeken pro Desjatine, nach weiteren zehn Jahren<br />

hatte sie das Niveau der Abgaben erreicht, die auch die<br />

benachbarten Staatsbauern zahlten. Die Landschaftsleistungen<br />

mussten die Kolonisten sofort nach Ablauf der<br />

zehn Freijahre gleich den russischen Untertanen in ihrer<br />

Umgebung erbringen.<br />

Ein wesentliches Privileg blieb für sie die Befreiung vom<br />

Militär- und Zivildienst. Eine Kolonistenfamilie bekam in<br />

Neurussland 60 Desjatinen Land, eine Mennonitenfamilie<br />

65 Desjatinen. Das wurde in der Regel auch eingehalten.<br />

Eine Ausnahme bildeten einige Ende des 18. Jahrhunderts<br />

gegründete Kolonien, in denen die Kolonisten 32,5 Desjatinen<br />

pro Familie (Josefstal) bzw. 15 Desjatinen pro Kopf<br />

(Danzig und Jamburg) erhielten.<br />

Als die vom Senat zur Zeit Pauls I. vorgenommenen Revisionen<br />

in den Kolonien bei Saratow und in Neurussland die<br />

erschreckende Lage der Siedler aufgedeckt hatten, wurde<br />

für die Kolonien ein neues Verwaltungssystem geschaffen.<br />

Seine wichtigsten Einrichtungen bildeten die Vormundschaftskontore<br />

für Ausländer in Saratow und Jekaterinoslaw.<br />

Sie übernahmen unter Leitung eines Oberrichters<br />

die unmittelbare administrative, polizeiliche, juristische<br />

und wirtschaftliche Verwaltung der Kolonien. Angesichts<br />

der gestiegenen Zahl von Kolonisten und Kolonien wurde<br />

1818 deren Verwaltung im Süden durch die Eröffnung<br />

von zwei weiteren Kontoren in Bessarabien und Odessa<br />

sowie durch eine neue Behörde, das Fürsorgekomitee für<br />

ausländische Ansiedler im Süden Russlands verstärkt. Für<br />

die Verwaltung der in Georgien angesiedelten Kolonisten<br />

wurde dort ein provisorisches Kontor eröffnet. 15 Jahre<br />

später wurden die Kontore nicht mehr benötigt und daher<br />

Abb. 182<br />

Abb. 183<br />

Abb. 184<br />

ограничивался 200 семьями в год. По-прежнему<br />

предпочтение отдавалось хлебопашцам. Для ремесленников<br />

намечались портовые города Одесса и<br />

Феодосия. Предполагалось, что новые колонисты<br />

принесут в Россию европейские методы ведения<br />

сельского хозяйства, возделывания новых культур,<br />

разведения овец, скота и шелковичных червей, европейский<br />

ремесленный опыт.<br />

Ограничение немецкой колонизации на казенных<br />

землях начинается с 1810 г., когда прекращается<br />

выдача новоселам пособий, а в 1819 г. следует запрет<br />

на всякое переселение. Однако и позже по личному<br />

распоряжению императора прием колонистов допускался.<br />

Окончательный запрет на иммиграцию<br />

последовал в 1848 г. в связи со «смутными происшествиями»<br />

в Европе.<br />

Присягая на верность России и становясь ее подданными,<br />

колонисты по-прежнему получали свободу<br />

вероисповедания, землю и льготы, но количество<br />

безналоговых лет снижалось до 10. Вместе с тем<br />

они обязывались со временем вернуть в казну затраченные<br />

на их поселение средства, а по истечении<br />

10 лет с момента появления в России включались<br />

в налоговый оборот империи и начинали исполнять<br />

ежегодные денежные и натуральные повинности,<br />

обусловленные правилами 1804 г. Так, поземельная<br />

подать с хозяйства колониста предусматривала плату<br />

за каждую десятину от 15 до 20 коп., еще через<br />

10 лет она уравнивалась с податью, которую платили<br />

соседние казенные крестьяне. Земские повинности<br />

колонисты несли сразу же по истечении 10 льготных<br />

лет наравне с российскими подданными, в соседстве<br />

с которыми они обитали.<br />

Существенной привилегией для них оставалось<br />

освобождение от воинской повинности и гражданской<br />

службы. Земельный надел на семью немецкого<br />

колониста в Новороссии равнялся 60 дес.,<br />

меннонита – 65 дес. Как правило, это соблюдалось.<br />

Исключением оказались некоторые колонии, основанные<br />

в конце XVIII в., где колонисты получили<br />

на семью 32,5 дес. (Йозефсталь) и 15 дес. на каждую<br />

душу (Данциг и Ямбург).<br />

После основательных сенатских ревизий саратовских<br />

и новороссийских колоний в правление<br />

Павла I, вскрывших ужасающее положение поселенцев,<br />

была организована новая система управления<br />

колониями. Ее опорными структурами стали<br />

конторы опекунства иностранных поселенцев<br />

в Саратове и Екатеринославе. Они осуществляли<br />

непосредственное административно-полицейское,<br />

судебное и хозяйственное управление колониями<br />

во главе с главным судьей. В 1818 г. в результате<br />

увеличившегося количества колонистов и колоний<br />

управление ими на юге было усилено образованием<br />

еще двух контор (в Бессарабии и Одессе) и нового<br />

органа – Попечительного комитета об иностранных<br />

поселенцах Южного края России. Для управления<br />

колонистами, поселенными в Грузии, была создана<br />

временная контора. Через 15 лет необходимость<br />

Илл. 182<br />

Илл. 183<br />

Илл. 184


184<br />

184. Оттиск печати Новороссийской конторы иностранных<br />

поселенцев в г. Екатеринославе. 1805. Государственный<br />

архив Одесской области, Одесса<br />

Siegelabdruck des Neurussischen Vormundschaftskontors<br />

für ausländische Ansiedler (Stadt Jekaterinoslaw). 1805.<br />

Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />

183. Павел I (1754–1801). С. С. Щукин. 1798. Национальный<br />

художественный музей Республики Беларусь, Минск.<br />

Paul I. (1754–1801). S. S. Schtschukin. 1798. Nationale<br />

Gemäldegalerie der Republik Belarus, Minsk.<br />

185<br />

186 187


Немцы в российской истории 89<br />

mit einem Mal aufgelöst. Erster und einziger Oberrichter<br />

der Kolonien in Neurussland war der gebürtige Schlesier<br />

Samuel Contenius, dessen guter Ruf noch lange unter den<br />

Kolonisten weiter lebte.<br />

Seinem Status nach war das Fürsorgekomitee den Institutionen<br />

auf Gouvernementsebene gleichgestellt und<br />

unterstand unmittelbar dem Innenministerium, ab 1837<br />

dem Ministerium der Reichsdomänen. Den Vorsitz im<br />

Komitee hatte ein vom Kaiser zu bestätigender Hauptfürsorger.<br />

Solange das Komitee bestand, waren sechs seiner<br />

acht Vorsitzenden Deutsche aus den baltischen Gouvernements,<br />

unter ihnen E. von Hahn, F. F. von Rosen, Baron<br />

Mestmacher und F. von Lisander. 1848 regte E. von Hahn<br />

an, einen kurzen Abriss der Gründungsgeschichte und<br />

Entwicklung einer jeden Kolonie zu schreiben. Mit dieser<br />

Arbeit wurden die Dorfschulzen und Schullehrer betraut.<br />

Dadurch verfügen wir heute über Quellen, die uns helfen,<br />

die Geschichte der Siedlungen zu rekonstruieren.<br />

Eine Gruppe von Kolonien bildete eine spezielle territoriale<br />

Verwaltungseinheit, den Kolonistenbezirk. Diese<br />

Kolonistenbezirke lagen auf dem Territorium eines oder<br />

mehrerer Bezirke und grenzten an die Amtsbezirke der<br />

staatseigenen Bauern. Die Fläche der Kolonistenbezirke<br />

war unterschiedlich groß, und die Grenzen wurden von<br />

den Grenzen des Grundbesitzes der dazu gehörenden<br />

Kolonien bestimmt. In den Kolonistenbezirken gab es<br />

keine Amtsbezirke. In Neurussland gab es Mitte des<br />

19. Jahrhunderts 16 deutscher Kolonistenbezirke, und<br />

diese Zahl veränderte sich auch nicht mehr. Die Anzahl<br />

der Kolonien in den einzelnen Kolonistenbezirken war<br />

unterschiedlich groß und lag zwischen 4 und 46. Der<br />

größte war der Mennonitenbezirk Molotschansk. Eine<br />

abseits und weit entfernt von anderen Siedlungsgruppen<br />

gelegene Kolonie wurde keinem Kolonistenbezirk zugeordnet<br />

und als einzelne Kolonie geführt.<br />

Abb. 185<br />

Abb.<br />

186, 187<br />

Abb. 188<br />

в конторах отпала, и они разом были упразднены.<br />

Первым и единственным главным судьей колоний<br />

в Новороссии был силезец С. Контениус, добрая<br />

память о котором долго сохранялась среди жителей<br />

колоний.<br />

По статусу Попечительный комитет приравнивался<br />

к учреждениям губернского уровня и подчинялся<br />

непосредственно Министерству внутренних дел,<br />

а с 1837 г. – Министерству государственных имуществ.<br />

Председательствовал в комитете главный попечитель,<br />

утверждаемый императором. За историю<br />

существования комитета из восьми его председателей<br />

шесть были немцами из прибалтийских губерний –<br />

фон Е. Ган, фон Ф. Ф. Розен, барон П. Местмахер,<br />

Ф. фон Лизандер и др. В 1848 г. Е. Ган инициировал<br />

составление коротких обзоров по истории создания<br />

и развития каждой колонии, поручив их написание<br />

старостам и школьным учителям. Благодаря этому<br />

сегодня существует источник, помогающий воссоздать<br />

историю поселений.<br />

Группа колоний составляла специальное административно-территориальное<br />

образование – колонистский<br />

округ. Округа располагались на территории<br />

одного или нескольких уездов, соседствуя с волостями<br />

казенных крестьян. Их площадь была различна,<br />

а границы обусловливались границами земельных<br />

владений входящих колоний. Волостей на территории<br />

округов не существовало. В Новороссии число<br />

немецких округов (16) окончательно установилось<br />

к середине ХIХ в. и более уже не изменялось. Количество<br />

колоний в округах различалось – от 4 до 46.<br />

Самым большим оказался Молочанский меннонитский<br />

округ. Колония, расположенная отдельно и<br />

вдалеке от какой-либо группы поселений, в округ<br />

не входила, так и называясь «отдельная».<br />

Илл. 185<br />

Илл.<br />

186, 187<br />

Илл. 188<br />

185. С. Х. Контениус (1748–1830). Неизвестный художник. [1830 или<br />

1850‐е гг.]. Одесский историко-краеведческий музей, Одесса<br />

S. Ch. Contenius (1748–1830). Unbekannter Maler. [1830 oder<br />

1850er Jahre]. Odessaer historisch-heimatkundliches Museum, Odessa<br />

186. Оформление бланка для письма Попечительного комитета об<br />

иностранных поселенцах Южного края России. 1861. Государственный<br />

архив Одесской области, Одесса<br />

Briefpapier des Fürsorgekomitees für ausländische Ansiedler in Südrussland.<br />

1861. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />

187. Оформление бланка для письма Попечительного комитета об<br />

иностранных поселенцах Южного края России. 1863. Государственный<br />

архив Одесской области, Одесса<br />

Briefpapier des Fürsorgekomitees für ausländische Ansiedler in Südrussland.<br />

1863. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />

188. Е. Ф. фон Ган (1807–1874). Фото. Вторая половина XIX в.<br />

E. F. von Hahn (1807–1874). Foto. 2. Hälfte des 19. Jh.<br />

188


189<br />

190<br />

191 192<br />

189. Устав иностранных колоний в России 1857 г., изданный<br />

на немецком языке. Титульный лист. С.-Петербург, 1862<br />

Verordnungen für die ausländischen Kolonien in Russland<br />

von 1857, veröffentlicht in deutscher Sprache. Titelblatt.<br />

St. Petersburg, 1862<br />

190. Оттиск печати сельского приказа колонии Кассель. 1842.<br />

Государственный архив Одесской области, Одесса<br />

Siegelabdruck des Gemeindeamtes der Kolonie Kassel. 1842.<br />

Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />

191. Оттиск печати Хортицкого окружного приказа. 1850.<br />

Государственный архив Одесской области, Одесса<br />

Siegelabdruck des Bezirksamtes Chortitza. 1850. Staatliches<br />

Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />

192. Оформление бланка для письма смотрителя колоний<br />

Мариупольского округа. 1848. Государственный архив<br />

Одесской области, Одесса<br />

Briefpapier des Aufsehers des Kolonistenbezirks Mariupol. 1848.<br />

Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa.


Немцы в российской истории 91<br />

Ausländische Kolonisten, also auch die Deutschen, waren<br />

als russische Untertanen den allgemein gültigen russischen<br />

Gesetzen unterworfen, so wie Staatsbauern, die sie im<br />

rechtlichen Sinne waren, nur eben mit der Besonderheit<br />

ihrer spezifischen Rechte und Privilegien, wie der Befreiung<br />

von der Wehrpflicht. Die Gerichtsbarkeit und das Strafsystem<br />

unterschieden sich im Grunde genommen nicht von<br />

dem, das für andere Kategorien von Staatsbauern galt. Für<br />

Kolonisten spezifische Alltagsprobleme wurden von speziell<br />

dafür geschaffenen Institutionen auf der Grundlage von<br />

Sonderverordnungen geregelt. Die das Leben aller Kolonien<br />

in Russland betreffenden geltenden Gesetze wurden 1857<br />

in einem Gesetzbuch zusammengefasst und gingen in das<br />

„Reglement für Ausländerkolonien im Reich“ ein.<br />

In jeder Kolonie wurde eine Gemeindeverwaltung eingerichtet,<br />

der ein Dorfschulze mit seinen beiden Gehilfen<br />

vorstand. In der Hauptkolonie des Kolonistenbezirks gab<br />

es eine Bezirksverwaltung mit einem Oberschulzen und<br />

ebenfalls zwei Gehilfen. Diese Posten waren Wahlämter,<br />

die aber der Bestätigung durch die Kolonialverwaltung<br />

bedurften. Die Besten der Besten wurden hier mit einer<br />

Funktion betraut. Die Gewählten nahmen fiskalische und<br />

polizeiliche Aufgaben wahr und waren befugt, kleinere<br />

Streitigkeiten zwischen den Kolonisten zu regeln. Als<br />

Vermittler der Beschlüsse der Kolonialverwaltung für alle<br />

Lebensbereiche waren sie dieser unterstellt und ihr gegenüber<br />

für das Geschehen in ihren Kolonien verantwortlich.<br />

So sah die Selbstverwaltung aus.<br />

Als Vertreter der Kolonialverwaltung gab es in den Kolonien<br />

Aufseher, die dort ihren ständigen Wohnsitz hatten<br />

und die Handlungen der gewählten Vertreter sowie den<br />

Zustand der Wirtschaft in den ihnen unterstellten Siedlungen<br />

kontrollierten. Sie waren gewissermaßen die Mittler<br />

zwischen den Kolonisten und den Behörden, an die sich<br />

die Siedler bei Bedarf wenden konnten.<br />

Bei der Schaffung dieses Verwaltungssystems legte der<br />

Staat die Zuständigkeiten aller Instanzen genau fest. Die<br />

zu jener Zeit in Regierungskreisen populäre Idee der<br />

fürsorglichen Vormundschaft wurde mit diesen Strukturen<br />

umgesetzt. Die Kolonisten galten quasi als nicht voll<br />

mündig, was eine ständige Fürsorge und Kontrolle erforderte.<br />

Zu den Hauptaufgaben der Verwaltung gehörten<br />

die Aufrechterhaltung der Ordnung und das Erheben der<br />

Steuern, wobei darauf zu achten war, dass die Kolonien<br />

nicht verarmten. Zuvor kam es jedoch darauf an, die Höfe<br />

der Kolonisten durch Fleiß und Disziplin zu konsolidieren.<br />

Zum System der fürsorglichen Vormundschaft gehörte<br />

als unentbehrliches Element auch die Bestrafung Fauler,<br />

Nachlässiger und Aufsässiger, was bis zu Enteignung und<br />

Verbannung nach Sibirien oder Ausweisung aus Russland<br />

führen konnte. Diese Maßnahmen wurden häufig angewandt,<br />

und selbst die aufgeklärtesten Fürsorger schreckten<br />

nicht vor körperlichen Züchtigungen zurück.<br />

Die Verwaltung der Kolonien war insgesamt ein mehrstufiges<br />

und vielseitiges System. Die Kolonisten, die durch gewählte<br />

Vertreter, Aufseher, Vormundschaftsstelen, Kirche<br />

und staatliche Institutsionen, praktisch unter fünffacher<br />

Aufsicht standen, konnten nach und nach die Schwierigkeiten<br />

meistern. Wie der Abgeordnete der Staatsduma J. Dietz<br />

Abb. 189<br />

Abb. 190<br />

Abb. 191<br />

Abb. 192<br />

Иностранные колонисты (в том числе немцы), будучи<br />

российскими подданными, подлежали действию общих<br />

норм российского законодательства, как государственные<br />

крестьяне, частью каковых в правовом смысле<br />

они являлись, но с учетом их прав и преимуществ<br />

(например, освобождение от рекрутской повинности).<br />

Суд и расправа над ними, по сути, ничем не отличались<br />

от применяемых к другим категориям государственных<br />

крестьян. Житейские вопросы, свойственные быту<br />

колонистов, решались особыми, созданными для них<br />

учреждениями в соответствии с особыми постановлениями.<br />

Действующие законодательные акты, касающиеся<br />

жизнедеятельности всех колоний в России,<br />

окончательно были кодифицированы в 1857 г. и вошли<br />

в Устав о колониях иностранцев в империи.<br />

В каждой колонии учреждался сельский приказ<br />

во главе с шульцем (старостой) и двумя его помощниками.<br />

В главной колонии округа находился<br />

окружной приказ во главе с обер-шульцем (главным<br />

старостой) и двумя его помощниками. Все должности<br />

были выборными, но результаты выборов утверждались<br />

колониальным органом. Их доверяли лучшим<br />

из лучших. На выборных возлагались фискальные<br />

и полицейские функции, им давалось право решать<br />

мелкие споры между колонистами. Являясь проводниками<br />

решений колониального начальства во всех<br />

сферах жизни, они были подотчетны ему и ответственны<br />

за происходящее в своих колониях. Таково<br />

было самоуправление.<br />

Представителями колониального управления в колониях<br />

стали смотрители колоний, которые постоянно<br />

там жили, осуществляя контроль над действиями<br />

выборных и хозяйственным состоянием подведомственных<br />

поселений. Они являлись своего рода посредниками<br />

между колонистами и властью, к которой<br />

через них поселенцы могли апеллировать в случае<br />

необходимости.<br />

Учреждая эту систему управления, государство подробно<br />

определило границы компетенций всех органов.<br />

Распространенная в то время в правительственных<br />

кругах идея попечительной опеки в полной мере воплотилась<br />

в этих структурах. Колонисты признавались<br />

как бы не вполне дееспособными, что требовало<br />

постоянной опеки и контроля над ними. Основными<br />

задачами управления были поддержание порядка и<br />

сбор налогов, при этом колонии не должны были<br />

оскудеть. Но предварительно необходимо было хозяйство<br />

колонистов укрепить, залогом чего являлись<br />

дисциплина и трудолюбие. Система попечительной<br />

опеки предполагала в качестве необходимого элемента<br />

наказание в отношении ленивых, нерадивых и непокорных,<br />

вплоть до лишения хозяйства, высылки<br />

в Сибирь или выдворения из России. Это широко<br />

применялось, и даже самые просвещенные попечители<br />

не гнушались мысли о телесных наказаниях.<br />

В целом управление колониями оказалось многоступенчатым<br />

и многоплановым. Находясь под пятикратным<br />

надзором (выборных, смотрителей, попечительных<br />

органов, церкви, общих государственных<br />

Илл. 189<br />

Илл. 190<br />

Илл. 191<br />

Илл. 192


92 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

feststellte, war ihr Schicksal „die unmittelbare Folge ihrer<br />

Verwaltung durch ihre Vormundschaftsobrigkeit“.<br />

Die Siedler, die es in die menschenleere Steppe verschlagen<br />

hatte, eingezwängt in ein Korsett von Verordnungen<br />

und Vorschriften, die die Kolonisten vor eine Fülle von<br />

Aufgaben bei der Urbarmachung dieser Steppe stellten,<br />

oft ohne die erforderlichen Fertigkeiten, jedoch im Besitz<br />

von Vergünstigungen, ohne Kenntnisse der russischen<br />

Gesetzgebung und der russischen Sprache und mit recht<br />

eingeschränkten Kontakten außerhalb ihrer Kolonien,<br />

brauchten eine gewisse Zeit, um sich anzupassen und<br />

sich, nachdem sie die wichtigste Aufgabe, nämlich zu<br />

überleben, gelöst hatten, tatsächlich als vollwertige Wirte<br />

zu fühlen. Und es dauerte noch mehrere Jahrzehnte, bis<br />

sie den Wohlstand erreichten, der in den Aufzeichnungen<br />

von Reisenden so malerisch beschrieben wurde.<br />

Im Unterschied zu den Kolonien an der Wolga, war in<br />

den Kolonien Neurusslands die Gemeinde Eigentümer des<br />

Landes, die Hofstelle bildete aber eine Einheit, die von einer<br />

Familie bewirtschaftet wurde. Das Land wurde nicht auf die<br />

wachsende Anzahl der Steuerseelen umverteilt. Dadurch<br />

waren auch der Verkauf oder die Verpachtung an Personen,<br />

die keine Gemeindemitglieder waren, ausgeschlossen. Das<br />

verstärkte noch die Absonderung der Kolonisten.<br />

Die Vormundschaftsstellen waren bemüht, Ackerbau,<br />

Viehzucht (rotes deutsches Rind), Schafzucht (insbesondere<br />

feinwollige Rassen), Garten-, Wein- und Seidenbau<br />

zu entwickeln. Es wurde versucht, für diese Gegend<br />

exotische Rassen, wie Angoraziegen, Kulturen, wie Mais,<br />

Färberkrapp oder Sesam, und Bäume, wie Akazien, Pappeln,<br />

Walnuss- und Perückenbäume, einzuführen. Auch<br />

beim Kartoffelanbau konnte den Deutschen niemand das<br />

Wasser reichen. Der Tabakanbau begann. Da man die klimatischen<br />

Besonderheiten der Regionen berücksichtigen<br />

musste, überwog an verschiedenen Orten der eine oder<br />

Abb.<br />

193, 194 Илл.<br />

193, 194<br />

учреждений), колонисты постепенно смогли преодолеть<br />

трудности. Как заметил депутат Государственной<br />

думы Я. Диц, их судьба «есть непосредственный<br />

результат управлениями ими их попечительного начальства».<br />

Доставленные в необжитую степь, втиснутые в рамки<br />

инструкций и предписаний, поставивших перед колонистами<br />

множество задач по освоению этой степи,<br />

зачастую не имеющие необходимых навыков, но наделенные<br />

льготами, не знающие российского законодательства,<br />

не владеющие русским языком, с весьма<br />

ограниченными контактами вне колоний, не скоро<br />

смогли переселенцы адаптироваться, чтобы вслед<br />

за первостепенной задачей выживания почувствовать<br />

себя полноценными хозяевами. Понадобилось еще<br />

несколько десятилетий для достижения благополучия,<br />

о котором так живописно повествовали заметки<br />

путешественников.<br />

В отличие от поволжских колоний, землевладение<br />

в новороссийских колониях было общинноподворным<br />

– собственником земли являлась община,<br />

владение было подворным. Это исключало ее продажу<br />

или передачу в аренду любым лицам, не являвшимся<br />

членами общины. Тем самым закреплялась обособленность<br />

колонистов.<br />

Попечительные органы принимали меры для развития<br />

земледелия, скотоводства (красная немецкая корова),<br />

овцеводства (особенно тонкорунного), садоводства,<br />

виноградарства, шелководства. Предпринимались попытки<br />

разводить экзотические для этих мест скот<br />

(ангорских коз), культуры (маис, марену, кунжут),<br />

деревья (акацию, тополь, грецкий орех, париковое<br />

дерево). В выращивании картофеля немцы не знали<br />

себе равных. Начал культивироваться табак. Учитывались<br />

климатические особенности регионов. Поэтому<br />

194<br />

193. Садоводство, виноградарство, древонасаждение в Новороссии на рисунках<br />

Ф. Гросса. 1850-е гг. Государственный архив Одесской области, Одесса<br />

Gartenbau, Weinanbau, Aufforstung in Neurussland auf Zeichnungen von<br />

F. Gross. 1850er Jahre. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />

193<br />

194. Корова красной степной породы, выведенная колонистами<br />

в Таврической губернии и распространенная<br />

по югу России и Сибири. Фото. 2005<br />

Rote Steppenkuh, gezüchtet von Kolonisten des Gouvernements<br />

Taurien, verbreitet in Südrussland und Sibirien.<br />

Foto. 2005


Немцы в российской истории 93<br />

andere Zweig der Landwirtschaft. Auf der Krim war es<br />

der Garten- und Weinbau. Unschätzbar war der Beitrag<br />

der Kolonisten zur Bewaldung der Steppe. Eine Errungenschaft<br />

waren auch öffentliche Gärten, Baumschulen<br />

und mustergültige Waldplantagen. Entlang der Straßen<br />

wurden Alleebäume gepflanzt.<br />

Das Fürsorgekomitee kontrollierte und analysierte kontinuierlich<br />

die wirtschaftliche Entwicklung der Kolonien,<br />

u. a. auch deshalb, um die Erfolge der einen zur Belehrung<br />

der anderen verwenden zu können. Die Kolonisten bekamen<br />

auch agronomische Hilfe. Die besten Wirte wurden<br />

mit neuen Samensorten versorgt.<br />

Eine wichtige Rolle für die Bildung der Kolonisten spielte<br />

das „Unterhaltungsblatt für deutsche Ansiedler im südlichen<br />

Russland“, das ab 1846 in Odessa erschien. Die Idee,<br />

ein offizielles Blatt herauszugeben, das die Kolonisten auf<br />

ihren aktuellen Stand aufmerksam macht und sie über neue<br />

Verfahren zur Entwicklung von Landwirtschaft und Handwerk<br />

informiert, stammte vom Minister P. D. Kisseljow. Die<br />

Zeitung hatte darüber hinaus den Auftrag, „den Wissensdrang<br />

und Wettbewerbsgeist zu wecken sowie eine angenehme<br />

und zugleich lehrreiche Lektüre zu bieten“.<br />

Als sich die Kolonisten unter den für sie ungewohnten<br />

Bedingungen niedergelassen hatten, bearbeiteten sie unter<br />

den neuen Verhältnisse den Boden in gewohnter Art und<br />

Weise, mussten sich aber sehr bald davon überzeugen, dass<br />

diese Methoden den Eigenschaften der hiesigen Böden und<br />

dem Klima nicht entsprachen. Die Ackerbaugeräte waren<br />

in einem miserablen Zustand. Pflüge und Fuhrwerke waren<br />

zusammengestückelt. So gab es etwa Hakenpflüge aus Neurussland<br />

mit deutschen Rädern, deutsche Fuhrwerke mit<br />

Rädern neurussischer Fuhrwerke und umgekehrt. In der<br />

Eingewöhnungsphase versuchte man auch, die Erfahrungen<br />

der Einheimischen zu nutzen und neue, eigene Erfahrungen<br />

zu sammeln. Der Kolonist J. Cornies entwickelte<br />

Abb. 195<br />

Abb. 196<br />

Abb. 197<br />

в местах поселения преобладала та или иная отрасль<br />

сельского хозяйства, например, в Крыму садоводство<br />

и виноградарство. Неоценим вклад колонистов в степное<br />

лесоразведение. Достижением стало устройство общественных<br />

садов и питомников, образцовых лесных<br />

плантаций. Вдоль дорог высаживались аллеи.<br />

Со стороны Попечительного комитета постоянно шел<br />

контроль и анализ хозяйственного развития колоний,<br />

в том числе для демонстрации успехов одних в назидание<br />

другим. Колонистам оказывалась агрономическая<br />

помощь. Лучшие хозяева снабжались новыми<br />

сортами семян.<br />

Немаловажную роль в их просвещении сыграл «Собеседник<br />

для немецких колонистов Южной России»<br />

(«Unterhaltungsblatt für deutsche Ansiedler im südlichen<br />

Rußland»), начавший выходить в Одессе с 1846 г. Идея<br />

создания официального органа, который бы обратил<br />

внимание колонистов на их современное состояние и<br />

познакомил с новыми методами, позволяющими развивать<br />

сельское хозяйство и ремесло, принадлежала<br />

министру П. Д. Киселеву. Газета была также призвана<br />

«пробудить в них тягу к знаниям и состязанию,<br />

предоставить приятное и поучительное чтиво».<br />

Поселившись в непривычных для себя условиях,<br />

колонисты автоматически переносили свои навыки<br />

в обработке почвы, но очень скоро убедились в несовместимости<br />

этих методов со свойствами местных<br />

почв и климата. Земледельческие орудия были<br />

в жалком состоянии. Плуги и возы представляли<br />

собой смешанный тип, например, малороссийская<br />

соха на немецких колесах, немецкая повозка с чумацкими<br />

колесами или наоборот. Адаптационный<br />

период включал в себя и попытку заимствования<br />

опыта местных жителей, и накопление собственного<br />

нового опыта. Колонистом И. Корнисом путем<br />

Илл. 195<br />

Илл. 196<br />

Илл. 197<br />

Abb. 198 Илл. 198<br />

195<br />

195. Вид колонии Грунау. Фрагмент литографии Л. Нитцше. Одесса, 1880. Государственный архив Одесской области, Одесса.<br />

Ansicht der Kolonie Grunau. Fragment einer Lithographie von L. Nitzsche. Odessa, 1880. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa.


94 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

nach entsprechenden Beobachtungen und Experimenten<br />

ein neues Agrarverfahren, um unter Nutzung von Schwarzbrache<br />

die Feuchtigkeit im Boden zu halten. Es wurde die<br />

Notwendigkeit für einen regelmäßigen Fruchtwechsel bei<br />

Getreidekulturen auf den Feldern begründet. Die Vierfelderwirtschaft<br />

mit Schwarzbrache brachte zweifellos große<br />

Vorteile mit sich, was das Vormundschaftskomitee bewog,<br />

dieses System großflächig einzuführen.<br />

1845 lebten in Neurussland 95 700 deutsche Kolonisten.<br />

Trotz schwieriger Entwicklungsbedingungen gelangten viele<br />

Kolonien mit der Zeit zu Wohlstand. Dank intensiver Fürsorge<br />

durch geistliche und weltliche Institutionen wurden<br />

sie zu mehr oder weniger wohlhabenden Inseln.<br />

Sie waren aber keineswegs ein „Staat im Staate“. Die an<br />

dem Fluss Molotschnaja angesiedelten Mennoniten beeinflussten<br />

unverkennbar die in der Nachbarschaft lebenden<br />

Nogaier, die gerade den Übergang vom Nomadenleben zur<br />

sesshaften Lebensweise vollzogen. Die besten Ackerbauern<br />

unter den Mennoniten wurden als Musterwirte in jüdische<br />

Ackerbauerkolonien umgesiedelt.<br />

Weiterentwickeltes landwirtschaftliches Gerät wurde gern von<br />

der einheimischen Bevölkerung gekauft, Saisonarbeiter aus<br />

ukrainischen Dörfern versuchten hier gemachte Erfahrungen<br />

beim Führen der Wirtschaft und beim Anbau von Kulturen<br />

möglichst auch in der eigenen Wirtschaft umzusetzen. Man<br />

übernahm auch den Lebensstil der Kolonisten, der sich<br />

durch eine pflichtbewusste Arbeitseinstellung, insbesondere<br />

bei der Feldarbeit, die Einhaltung hygienischer Grundregeln<br />

und eine eher enthaltsame Lebensweise auszeichnete.<br />

Dank ihrer rationellen Bewirtschaftung erzielten die Kolonisten<br />

überdurchschnittlich hohe Erträge, die über dem<br />

Stand der angrenzenden Amtsbezirke lagen. Im zweiten<br />

Drittel des 19. Jahrhunderts produzierten sie fast durchweg,<br />

insbesondere in der Nähe von Städten, Lebensmitte für die<br />

Belieferung der städtischen Märkte.<br />

наблюдения и эксперимента был найден новый<br />

аграрный прием с использованием черного пара<br />

как средства для задержания влаги. Была обоснована<br />

необходимость периодической смены зерновых<br />

культур на полях. Четырехполье с черным паром<br />

имело несомненное преимущество. Попечительный<br />

комитет широко внедрял эту систему в хозяйственную<br />

жизнь.<br />

В 1845 г. в Новороссии проживали 95 700 немецких<br />

колонистов. Несмотря на сложные условия развития,<br />

многие колонии со временем достигли благосостояния.<br />

Они стали островками большего или меньшего<br />

благополучия в результате интенсивного попечения<br />

со стороны духовных и светских властей.<br />

Вряд ли можно видеть в них государство в государстве.<br />

Поселенные на р. Молочной меннониты оказали<br />

несомненное влияние на соседних ногайцев,<br />

переходивших от кочевого образа жизни к оседлому.<br />

Лучшие земледельцы из меннонитов были переселены<br />

в еврейские земледельческие колонии в качестве образцовых<br />

хозяев.<br />

Усовершенствованные сельскохозяйственные орудия<br />

охотно покупались окрестным населением, а сезонные<br />

работники из украинских сел перенимали опыт<br />

ведения хозяйства и возделывания культур, по возможности<br />

применяя его. Перенимался и стиль жизни<br />

колонистов, что проявлялось обязательным отношением<br />

к труду, особенно в период полевых работ,<br />

соблюдением санитарных норм, трезвым образом<br />

жизни.<br />

Ведя хозяйство рациональным способом, колонисты<br />

получали урожай значительно выше среднего в окружающих<br />

волостях и во второй трети ХIХ в. почти<br />

повсеместно, особенно вблизи городов, производили<br />

продукцию для поставки на городские рынки.<br />

196<br />

196. «Собеседник для немецких колонистов Южной России». № 1. 1846<br />

„Unterhaltungsblatt für deutsche Ansiedler im südlichen Russland“. Nr. 1. 1846<br />

197. Министр государственных имуществ П. Д. Киселев (1788–1872).<br />

Ф. Крюгер. 1851. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />

Minister der Staatsdomänen P. D. Kiseljow (1788–1872).<br />

F. Krüger. 1851. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />

197


Немцы в российской истории 95<br />

Die meisten Kolonistenfamilien, insbesondere die Mennoniten,<br />

waren kinderreich. Nach alten Traditionen und<br />

Regeln wurde die Wirtschaft dem jüngsten Sohn vererbt.<br />

Daher stand man vor dem Problem, jungen Kolonisten eigene<br />

Höfe zuteilen zu müssen. Aus diesem Grund schickte<br />

man die Kinder oft zu einem Handwerker in die Lehre,<br />

was wiederum der Verbreitung des Handwerks und der<br />

Handwerksbetriebe in den Kolonien diente und auch zu<br />

einem gewissen Bevölkerungsabfluss aus den Kolonien<br />

beitrug. In den Städten ließen sich die Kolonisten in<br />

den Kleinbürger- oder kaufmännischen Stand eintragen.<br />

Gefragte Werkstätten und Handwerksbetriebe wurden<br />

später zu großen Werken und Industriebetrieben.<br />

1846 gab es in den Kolonien Neurusslands 3 720 deutsche<br />

Handwerkerfamilien. Neues landwirtschaftliches Gerät<br />

verbreitete sich schnell über die Grenzen der Kolonien<br />

hinaus. Neben der Entwicklung neuer Ackerbaugeräte<br />

modifizierten die Kolonisten den deutschen Pflug, indem<br />

sie ihn an die Schwarzerdeböden anpassten. Geschickte<br />

und erfolgreiche Handwerker waren die Mennoniten,<br />

die verschiedene Arten von Fuhrwerken herstellten. Ihre<br />

Transportwagen wurden gern von russischen und ukrainischen<br />

Gutsbesitzern, aber auch von der Armee gekauft.<br />

Aber noch beliebter war die Tatschanka, ein leichter,<br />

offener und gefederter Pferdewagen.<br />

Um junge Kolonisten ansiedeln und ihnen Land und<br />

Hof zuweisen zu können, wurde anfangs staatseigenes<br />

Land zur Verfügung gestellt, auf dem Tochterkolonien<br />

entstanden. Später gründete man deutsche Siedlungen auf<br />

Ländereien, die man käuflich erworben oder gepachtet<br />

hatte. Trotzdem stieg die Zahl landloser Kolonisten an.<br />

Tochterkolonien entstanden in benachbarten Bezirken und<br />

Gouvernements sowie im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts<br />

im Nordkaukasus und Südural, in Nordkasachstan<br />

und Westsibirien.<br />

Abb.<br />

199, 200<br />

Abb.<br />

201, 202<br />

Abb.<br />

203, 204<br />

Abb. 205<br />

Большинство семей колонистов, особенно меннонитов,<br />

были многодетными. По установившейся традиции и<br />

правилам хозяйство передавалось по наследству младшему<br />

сыну. В силу этого остро стоял вопрос о наделении<br />

молодых колонистов собственными хозяйствами.<br />

Поэтому часто детей отдавали в обучение ремеслу, что<br />

в свою очередь дало толчок распространению ремесел<br />

и кустарных промыслов в колониях, а также способствовало<br />

некоторому оттоку населения из колоний.<br />

В городах колонисты записывались в мещанское или<br />

купеческое сословие. Востребованные ремесленные мастерские<br />

и фабрики впоследствии превратились в крупные<br />

заводы и промышленные предприятия.<br />

К 1846 г. в колониях Новороссии насчитывалось<br />

3 720 семей немцев-ремесленников. Новый сельскохозяйственный<br />

инвентарь быстро распространялся<br />

за пределы колоний. Помимо создания новых пахотных<br />

орудий, колонисты модифицировали немецкий<br />

плуг, приспособив его для использования на черноземных<br />

почвах. Искусными и успешными ремесленниками<br />

были меннониты, изготовлявшие разные<br />

виды повозок. Их транспортные телеги охотно приобретались<br />

русскими и украинскими помещиками,<br />

закупались для армии. Еще большей популярностью<br />

пользовалась легкая повозка – тачанка.<br />

Для поселения молодых колонистов-земледельцев и<br />

наделения их землей и двором на первых порах выделялись<br />

земли казенные, где возникли дочерние колонии.<br />

Дальнейшее образование немецких поселений<br />

происходило на купленных или арендованных обществами<br />

землях. Тем не менее количество безземельных<br />

колонистов возрастало. Дочерние колонии создавались<br />

в смежных уездах и губерниях, а в последней<br />

трети ХIХ в. – на Северном Кавказе, Южном Урале,<br />

в Северном Казахстане и Западной Сибири.<br />

Илл.<br />

199, 200<br />

Илл.<br />

201, 202<br />

Илл.<br />

203, 204<br />

Илл. 205<br />

198. Колонист И. Корнис (1789–1848).<br />

Неизвестный художник. Середина XIX в.<br />

Kolonist J. Cornies (1789–1848).<br />

Unbekannter Maler. Mitte 19. Jh.<br />

199. Дом колониста в ремесленной колонии Одессы.<br />

Проект архитектора Ф. Фраполли. 1815. Государственный<br />

архив Одесской области, Одесса<br />

Haus eines Kolonisten in der Handwerkerkolonie von Odessa.<br />

Projekt Arch. F. Frapolli. 1815. Staatliches Gebietsarchiv<br />

Odessa, Odessa<br />

198 199


200. Магазин колониста –<br />

мебельного мастера<br />

Ф. Геммерле в Одессе.<br />

С литографии Д. Клёнова<br />

по рисунку К. Боссоли<br />

на счете магазина. 1837.<br />

Государственный архив<br />

Одесской области, Одесса<br />

Handelshaus des Kolonisten-<br />

Möbelmeisters F. Hemmerle<br />

in Odessa. Lithographie<br />

von D. Kljonow nach<br />

einer Zeichnung von<br />

C. Bossoli. Fragment einer<br />

Rechnung. 1837. Staatliches<br />

Gebietsarchiv Odessa,<br />

Odessa<br />

200<br />

201. Сконструированное<br />

меннонитами<br />

приспособление для<br />

истребления саранчи.<br />

1855. Государственный<br />

архив Одесской области,<br />

Одесса<br />

Von Mennoniten<br />

konstruierte Vorrichtung<br />

zur Vertilgung<br />

der Heuschrecken.<br />

1855. Staatliches<br />

Gebietsarchiv Odessa,<br />

Odessa<br />

201<br />

202. Усовершенствованный<br />

плуг меннонита Д. Дика<br />

(Хортица). Рисунок. 1844.<br />

Государственный архив<br />

Одесской области, Одесса<br />

Verbesserter Pflug des<br />

Mennoniten D. Dyck<br />

(Chortitza). Zeichnung.<br />

1844. Staatliches<br />

Gebietsarchiv Odessa,<br />

Odessa<br />

202


203 204<br />

203. Колонистская повозка – бричка.<br />

Фото. Начало ХХ в.<br />

Kolonistenwagen «Britschka».<br />

Foto. Anfang 20. Jh.<br />

204. Колонистская повозка – тачанка<br />

периода гражданской войны<br />

1918 –1920 гг. Фото. 2010<br />

Kolonistenwagen „Tatschanka“<br />

der Bürgerkriegsjahre 1918–1920.<br />

Foto. 2010<br />

205. Типичная планировка дочерних колоний<br />

в Новороссии. 1850-е гг. Г. Янцен.<br />

Государственный архив Одесской области,<br />

Одесса<br />

Typische Anlage einer Tochterkolonie in<br />

Neurussland. 1850er Jahre. Grundriss<br />

H. Janzen. Staatliches Gebietsarchiv Odessa,<br />

Odessa<br />

205<br />

206<br />

206. Правила об устройстве поселян-собственников (бывших колонистов), водворенных на казенных землях. 1871<br />

Regeln für die Organisation der Lebensverhältnisse der auf Kronländereien angesiedelten Landbesitzer (bisherigen Kolonisten). 1871


98 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Innerhalb von 100 Jahren, bis 1864, haben ausländische Siedler<br />

in Russland 549 Kolonien gegründet, von denen die meisten<br />

deutsche waren. Die den Kolonisten gewährten Rechte und<br />

Privilegien, das entstandene besondere System zur Verwaltung<br />

der Kolonien, darunter auch der deutschen, förderten den<br />

Aufbau, die Entwicklung und das Erblühen der Kolonien.<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts jedoch wurde das Leben in den<br />

Kolonien vielschichtiger. Die für die Kolonisten spezifische<br />

Gesetzgebung entsprach nicht mehr den Erfordernissen der<br />

Zeit und behinderte das Verschmelzen mit der übrigen Bevölkerung<br />

des Reiches. Während der großen Reformen der<br />

1860er Jahre, die die Modernisierung des Russischen Staates<br />

einleiteten, wurden im Rahmen neuer Gesetze die Zuständigkeiten<br />

der Vormundschaftsstellen eingeschränkt. 1864 wurden<br />

in Folge der Justizreform Gerichts- und Ermittlungsverfahren<br />

aus deren Zuständigkeitsbereich genommen, und im Zuge der<br />

Landschaftsreform entfielen auch Funktionen, die nun in die<br />

Kompetenz der Semstwo, der Landschaftsverwaltung, fielen.<br />

Mit dem Jahr 1871 änderte sich auch radikal der Status der<br />

ausländischen Kolonisten auf staatseigenen Ländereien. Sie<br />

wurden zu Siedlern-Eigentümern, für die die allgemeinen<br />

Grundsätze der Bauernverordnung von 1861 galten. Die Vormundschaftsstellen<br />

wurden abgeschafft, die Kolonistenbezirke<br />

aufgelöst, und auf ihren Territorien entstanden Amtsbezirke.<br />

Die ehemaligen Kolonisten wurden jetzt von den Institutionen<br />

des Gouvernements und der Bezirke verwaltet. Mit<br />

der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahre 1874<br />

verloren sie auch ihr letztes Privileg.<br />

Bereits im 19. Jahrhundert gingen aus den Reihen der<br />

Kolonisten Neurusslands zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten<br />

hervor, die über die Grenzen ihrer Region hinaus<br />

von Bedeutung waren. Dazu zählen u. a. die Abgeordneten<br />

der Staatsduma G. Bergmann und L. Lutz, die Semstwo-<br />

Funktionäre und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens<br />

J. Kundert, L. Reichert und G. Tauberger, die Generäle<br />

A. Schaible und G. Schöll, Bischof A. Zerr, die Pastoren<br />

Ja. Stach und I. Winkler, der Kolonist J. Cornies, die Unternehmer<br />

J. Höhn, W. Sanzenbacher, J. Niebuhr und<br />

die Lepps, der Grundbesitzer Falz-Fein, Professor F. Knauer,<br />

der Arzt N. Käfer, der Kunstmaler F. Gross und der Architekt<br />

C. Beutelspacher.<br />

Abb. 206 Илл. 206<br />

За 100 лет (к 1864 г.) иностранными поселенцами<br />

в России было основано 549 колоний, большинство<br />

из них немецких. Предоставленные колонистам права<br />

и преимущества, сложившаяся особенная система<br />

управления колониями, в том числе немецкими,<br />

способствовали их устройству, развитию и процветанию.<br />

Но к середине XIX в. жизнь в них стала<br />

сложнее, и законодательство о колонистах перестало<br />

соответствовать требованиям времени, препятствуя<br />

их слиянию с остальным населением империи. В период<br />

великих реформ 60‐х гг. XIX в., положивших<br />

начало новой модернизации Российского государства,<br />

начался процесс ограничения обязанностей<br />

попечительных органов в рамках новых законов.<br />

В 1864 г. в результате судебной реформы из их<br />

ведения была исключена функция судебно-следственного<br />

разбирательства, а в результате земской<br />

реформы изъяты функции, которые теперь входили<br />

в компетенцию земства. 1871 г. привел к радикальному<br />

изменению статуса иностранных колонистов<br />

на казенных землях. Они стали поселянами-собственниками,<br />

и к ним применялись общие начала<br />

Положения о крестьянах 1861 г. Попечительные<br />

органы были упразднены, колониальные округа<br />

расформированы, а на их территории образованы<br />

волости. Управление бывшими колонистами осуществлялось<br />

губернскими и уездными структурами.<br />

С введением в 1874 г. всеобщей воинской повинности<br />

они лишились своей последней льготы.<br />

Из среды колонистов-земледельцев Новороссии уже<br />

в XIX в. вышел целый ряд замечательных личностей,<br />

принесших пользу не только своему краю. Это депутаты<br />

Государственной думы Г. Бергман и Л. Лютц,<br />

земские и общественные деятели И. Кундерт, Л. Рейхерт,<br />

Г. Таубергер, генералы А. Шайбле и Г. Шелль,<br />

епископ А. Церр, священники Я. Штах и И. Винклер,<br />

колонист И. Корнис, предприниматели И. Ген,<br />

В. Санценбахер, Я. Нибур, Леппы, землевладельцы<br />

Фальц-Фейн, профессор Ф. Кнауэр, врач Н. Кефер,<br />

художник Ф. Гросс, архитектор Х. Бейтельспахер и<br />

многие другие.


Немцы в российской истории 99<br />

Die Wolhyniendeutschen<br />

Немцы Волыни<br />

M. Kostjuk (Luzk) М. Костюк (Луцк)<br />

Erste Nachrichten über deutsche Kaufleute aus Bayern<br />

im Siedlungsgebiet Wolhynien reichen bis in die<br />

zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts zurück. Zu Beginn<br />

des 11. Jahrhunderts begannen sich kleine Gruppen von<br />

Deutschen aus Wien, Regensburg, Mainz und Lübeck in<br />

Wladimir und Luzk niederzulassen, um dort ihren Handelsgeschäften<br />

nachzugehen. Sie waren zugleich die ersten<br />

deutschen Siedler in Wolhynien. Infolge ehelicher Verbindungen<br />

zwischen wolhynischen Fürsten und dem deutschen<br />

Adel sowie deren militärischer und diplomatischer<br />

Kontakte zu den unterschiedlichsten deutschen politischen<br />

Gruppierungen waren verschiedene namhafte deutsche<br />

Geschlechter und deutsche Militärs in Wolhynien präsent.<br />

Zur Zeit des Fürstentums Galizien-Wolhynien tauchten<br />

hier auch deutsche Handwerker auf. Chroniken belegen,<br />

dass es im 13. Jahrhundert in einigen wolhynischen Städten<br />

kleine Kolonien von Handwerkern und Kaufleuten gab<br />

und einzelne deutsche Siedler einflussreiche Positionen<br />

in der herrschenden Oberschicht der Städte innehatten.<br />

Im 14. Jahrhundert bis hin zur ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts<br />

gehörten sie dank verschiedener Privilegien und<br />

Vergünstigungen, die ihnen litauische Fürsten und polnische<br />

Könige gewährten, zu den Bürgern in wolhynischen<br />

Städten. Sie trieben Handel, dienten in den Schlössern<br />

oder als Kanoniere, arbeiteten als Waffenschmiede und<br />

waren am Bau von Befestigungs- und Wehranlagen beteiligt.<br />

Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war<br />

die Zahl deutscher Siedler in Wolhynien rückläufig, und<br />

bis zum Ende des 18. Jahrhunderts tauchten sie nur noch<br />

sporadisch in der Region auf.<br />

Das 19. Jahrhundert schlug eine neue Seite in der Geschichte<br />

der deutschen Ansiedlungen in Wolhynien auf. In<br />

der zweiten Hälfte kam es zu einer zahlenmäßig starken<br />

Einwanderung deutscher Kolonisten in dieser Region.<br />

Die erste deutsche Immigrationswelle in Wolhynien fiel<br />

ins erste Drittel des 19. Jahrhunderts und war durch ein<br />

Abb.<br />

207–210<br />

Самые ранние сведения о появлении на Волыни<br />

немецких купцов из Баварии относятся<br />

ко второй половине ІХ в. С начала ХІ в. небольшие<br />

группы немцев из Вены, Регенсбурга, Майнца,<br />

Любека оседают во Владимире и Луцке и начинают<br />

вести здесь торговые дела. Они и стали первыми<br />

немецкими поселенцами на Волыни. Вследствие матримониальных<br />

союзов волынских князей с немецкой<br />

знатью и их военно-дипломатических контактов<br />

с разными немецкими политическими группировками<br />

на Волыни появляются представительницы некоторых<br />

знатных германских родов и немецкие воины.<br />

В период Галицко-Волынского княжества на Волыни<br />

поселяются немецкие ремесленники. Летописные источники<br />

свидетельствуют, что в ХІІІ в. в некоторых<br />

волынских городах существовали небольшие ремесленно-купеческие<br />

колонии, а отдельные немецкие<br />

поселенцы занимали влиятельное положение в правящей<br />

городской верхушке. На протяжении XIV –<br />

первой половины XVI вв. немцы присутствовали<br />

среди жителей волынских городов благодаря привилегиям<br />

и льготам, полученным от литовских князей и<br />

польских королей. Они занимались торговлей, несли<br />

замковую службу, выполняли обязанности пушкарей,<br />

работали мастерами-оружейниками, принимали<br />

участие в возведении фортификационных и гражданских<br />

сооружений. Со второй половины XVI в. количество<br />

немецких поселенцев на Волыни сократилось,<br />

и до конца XVIII в. их появление в регионе носило<br />

эпизодический характер.<br />

ХІХ в. открыл новую страницу в истории немецкого<br />

переселения на Волынь. А вторую половину столетия<br />

можно назвать периодом массовой немецкой колонизации<br />

в этом регионе. Первая волна немецкой иммиграции<br />

на Волынь охватывала первую треть столетия и<br />

характеризовалась медленными темпами переселения<br />

Илл.<br />

207–210


207<br />

207. Волынь в составе Великого княжества Литовского.<br />

Фрагмент карты Г. Янсониуса. 1613<br />

Wolhynien im Bestand des Großfürstentums Litauen.<br />

Fragment der Karte von G. Jansonius. 1613<br />

208<br />

209<br />

210<br />

208, 209.<br />

Немецкая улица в Ровно, упоминаемая с XVII в. Фото. 2010<br />

Deutsche Straße in Rowno, erste Erwähnung im 17. Jh. Foto. 2010<br />

210. Дом купца Клейна в г. Новоград-Волынский.<br />

Фото. 1990-е гг.<br />

Haus des Kaufmanns Klein in Nowograd-Wolynsk.<br />

Foto. 1990er Jahre<br />

211. План материнских колоний Анетта и Йозефина,<br />

основанных в 1816 г. Ф. Ринк. 1950-е гг.<br />

Землячество немцев из России, Штутгарт<br />

Plan der 1816 gegründeten Mutterkolonien Annette<br />

und Josephine. F. Rink. 1950er Jahre. Landsmannschaft<br />

der Deutschen aus Russland e. V., Stuttgart<br />

211


Немцы в российской истории 101<br />

langsames Tempo bei der Umsiedlung sowie eine geringe<br />

Anzahl an Siedlern geprägt. Das Ergebnis waren fünf<br />

Kolonien und 1 001 Bewohner. Der Zustrom im zweiten<br />

Drittel des 19. Jahrhunderts war deutlich größer, so dass<br />

in der Folge bereits 11 424 Kolonisten registriert werden<br />

konnten, die 139 Kolonien gründeten. Der dritte und zahlenmäßig<br />

stärkste Zuwachs an deutschen Übersiedlern in<br />

den 1860er und 1890er Jahren war eine Folge der Aufhebung<br />

der Leibeigenschaft in Russland und des polnischen<br />

Aufstandes von 1863. So lebten 1897 im Gouvernement<br />

Wolhynien bereits 171 133 Deutsche, was einem Anteil<br />

von 5,73 % der Gesamtbevölkerung des Gouvernements<br />

entsprach. Sie lebten nun in mehr als 500 Kolonien und<br />

nahmen hinter Ukrainern, Polen und Juden den 4. Platz<br />

ein. In ländlichen Gegenden lag der Bevölkerungsanteil<br />

der Deutschen bei 6,14 %. Das bedeutete den 3. Platz<br />

hinter Ukrainern und Juden. In Städten und Marktflecken<br />

belegten die Deutschen den 5. Platz hinter Juden, Ukrainern,<br />

Russen und Polen, wobei der prozentuale Anteil<br />

lediglich bei 0,86 % lag.<br />

Die Standeszugehörigkeit der Deutschen in Wolhynien<br />

verteilte sich wie folgt: 64,02 % Bauern, 28,9 % Kleinbürger,<br />

0,19 % Adelige, 0,08 % Ehrenbürger und Kaufleute,<br />

0,02 % Geistliche, 0,05 % Vertreter sonstiger Stände und<br />

6,21 % ausländische Untertanen. Kolonisten lebten in allen<br />

zwölf Bezirken des Gouvernements, der größte Anteil<br />

wurde jedoch in den Bezirken Schitomir, Nowograd-Wolynskij,<br />

Luzk, Rowno und Wladimir-Wolynskij registriert.<br />

Zwei Drittel kamen ursprünglich aus den Weichsel-Gouvernements<br />

in Polen, der Rest aus Preußen, Österreich und<br />

anderen deutschen Ländern. Nach der Anzahl deutscher<br />

Siedler nahm das Gouvernement Wolhynien den zweiten<br />

Platz hinter dem Gouvernement Samara ein. Keine andere<br />

Region Russlands wurde von Deutschen so schnell,<br />

so zahlreich und in so kurzer Zeit besiedelt. Man kann<br />

Abb. 211<br />

Abb.<br />

212–215<br />

Abb. 216<br />

и малочисленностью поселенцев. Ее результатом стали<br />

5 колоний и 1001 житель. На второе тридцатилетие<br />

ХІХ в. приходится более многочисленный поток<br />

переселения, в результате которого в регионе было<br />

зафиксировано уже 11 424 колониста, обосновавших<br />

139 колоний. Третий, самый массовый, миграционный<br />

поток немецких переселенцев был обусловлен отменой<br />

крепостного права в России, польским восстанием<br />

1863 г. и пришелся на 60–90‐е гг. ХІХ в. В результате<br />

по состоянию на 1897 г. в Волынской губернии проживали<br />

171 133 немца, что составляло 5,73 % всего<br />

населения губернии. Они жили более чем в 500 колониях<br />

и занимали 4‐е место после украинцев, поляков<br />

и евреев. В сельской местности немцы составляли<br />

6,14 % сельского населения и занимали 3‐е место после<br />

украинцев и евреев. В городах и местечках немцы<br />

занимали 5‐е место после евреев, украинцев, русских<br />

и поляков, а в процентном отношении их число составляло<br />

всего 0,86 %.<br />

По сословному признаку волынские немцы распределялись<br />

таким образом: крестьяне – 64,02 %, мещане<br />

– 28,9 %, дворяне – 0,19 %, почетные граждане и купцы<br />

– 0,08 %, лица духовного сословия – 0,02 %, другие<br />

сословия – 0,05 %, иностранные подданные – 6,21 %.<br />

Проживали колонисты во всех 12 уездах губернии,<br />

но наибольшее их количество было зафиксировано<br />

в Житомирском, Новоград-Волынском, Луцком, Ровенском<br />

и Владимир-Волынском. По своему происхождению<br />

⅔ из них были выходцами из привислинских<br />

губерний Польши, остальные – из Пруссии, Австрии<br />

и других немецких земель. По количеству немецких<br />

поселенцев Волынская губерния занимала 2‐е место<br />

после Самарской. Ни один другой регион России не<br />

был заселен немцами такими быстрыми темпами,<br />

в таком значительном количестве и на протяжении<br />

Илл. 211<br />

Илл.<br />

212–215<br />

Илл. 216<br />

212<br />

212. Дом колониста на Волыни. Фото. Начало ХХ в. Землячество<br />

немцев из России, Штутгарт.<br />

Kolonistenhaus in Wolhynien. Foto. Anfang 20 Jh. Landsmannschaft<br />

der Deutschen aus Russland e. V., Stuttgart.<br />

213. Деревянный дом колониста в колонии Анетта (середина XIX в.).<br />

Фото В. Бунковского. 2010<br />

Holzhaus eines Kolonisten in der Kolonie Annette (Mitte 19. Jh.).<br />

Foto von W. Bunkowski. 2010<br />

213


214<br />

215<br />

214. Оттиск печати общества колонистов колонии Анетта.<br />

1890. Коллекция М. Костюка<br />

Siegelabdruck der Kolonisten-Gemeinde Annette.<br />

1890. Sammlung M. Kostjuk<br />

216<br />

217<br />

215. Дом землевладельца, уездного гласного А. Ая (начало ХХ в.) в г. Новоград‐Волынский,<br />

в 1920–1930-е гг. немецкая школа, в которой учились будущие немецкие писатели<br />

Э. Кончак (1903–1979) и Г. Генке (1913–1999), работал автор книги «Немцы на Волыни»<br />

С. Никель. Фото В. Бунковского. 2010<br />

Haus des Grundbesitzers und Bezirksabgeordneten A. Ei (Anfang 20. Jh.) in Nowograd-<br />

Wolynsk, in den 1920er–1930er Jahren. Deutsche Schule, in der die zukünftigen deutschen<br />

Schriftsteller E. Kontschak (1903–1979) und H. Henke (1913–1999) lernten und der<br />

Verfasser des Buches „Die Deutschen in Wolhynien“, S. Nickel, unterrichtete.<br />

Foto von W. Bunkowski. 2010<br />

216. Депутат I Государственной думы, политик и дипломат, барон Ф.Р. Штейнгель<br />

(1870–1946), землевладелец Волынской губернии. Фото. Начало ХХ в.<br />

Baron F. R. Steinheil (1870–1946), Abgeordneter der I. Russischen Staatsduma, Politiker<br />

und Diplomat, Grundbesitzer im Gouvernement Wolhynien. Foto. Anfang 20 Jh.<br />

217. Свидетельство волынского губернатора на право покупки 25 дес. земли колонисту<br />

Г. Гофману. 1908. Коллекция М. Костюка<br />

Bescheinigung des Gouverneurs von Wolhynien für den Kolonisten H. Hoffmann über<br />

das Recht auf Erwerb von 25 Des. Land. 1908. Sammlung von M. Kostjuk<br />

218. Особенности Волынской губернии. Иллюстрированная открытка. 1856.<br />

Российская национальная библиотека, С.-Петербург<br />

Besonderheiten des Gouvernements Wolhynien. Illustrierte Ansichtkarte. 1856.<br />

Russische Nationalbibliothek, St. Petersburg<br />

218


Немцы в российской истории 103<br />

hier gewissermaßen von einem ethnischen Boom innerhalb<br />

der ansonsten so ruhigen nationalen Struktur der<br />

Region sprechen. Zugleich war es aber auch der letzte<br />

große Zustrom in der langen Geschichte der deutschen<br />

Immigration ins Russische Reich.<br />

Im Unterschied zu anderen Regionen Russlands waren<br />

es vorwiegend einheimische Gutsbesitzer, die die deutsche<br />

Besiedlung Wolhyniens initiierten. Daher wurde die<br />

Kolonisierung eine Zeit lang auch nicht von staatlichen<br />

Behörden überwacht und geregelt. Erst in den 1880er und<br />

1890er Jahren wurde ein ganzes Paket kolonistenfeindlicher<br />

Gesetze verabschiedet, die den Prozess der deutschen Immigration<br />

praktisch zum Erliegen brachten und die Ansiedler<br />

in das bestehende System der örtlichen Selbstverwaltung<br />

einschlossen. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts,<br />

vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, emigrierte ein Teil<br />

der Wolhyniendeutschen nach Übersee. Aufgrund des<br />

natürlichen Bevölkerungszuwachses stieg die Zahl jedoch<br />

weiter an und lag 1914 fast bei 210 000 Personen.<br />

Die Deutschen, die sich vorwiegend zu beiden Seiten der<br />

Straße von Kiew nach Brest auf den preiswerten Ländereien<br />

von Wolhynisch-Polesien niederließen, betrieben vorwiegend<br />

Ackerbau und Viehzucht, was auch dem bäuerlichen<br />

Charakter der deutschen Kolonisierung Wolhyniens<br />

entsprach. Nach und nach entstand ein System deutschen<br />

Grundbesitzes, dessen Fläche dank günstiger Pacht- und<br />

Kaufpreise für Grund und Boden schnell größer wurde.<br />

Während Deutsche im Jahre 1871 im Gouvernement<br />

72 000 Desjatinen Land bewirtschafteten, waren es 1882<br />

bereits 400 000 Desjatinen und 1897 – 627 000 Desjatinen.<br />

Das entsprach 9,56 % der Gesamtfläche des Gouvernements.<br />

1911 waren es fast 700 000 Desjatinen.<br />

Die Hauptform der Bodennutzung war die kurzzeitige,<br />

zwölf Jahre währende Pacht von Ländereien, die vorwiegend<br />

Gutsbesitzern, seltener dem Staat gehörten, mit der<br />

Option auf Verlängerung. Gleichzeitig entstand auch deutsches<br />

Privateigentum an Grund und Boden, obwohl die Behörden<br />

Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

bemüht waren, das weitere Wachstum zu zügeln. In der<br />

Regel waren die Grundstücke der deutschen Kolonisten<br />

nicht größer als 50 Desjatinen und wurden zumeist lokalen<br />

Gutsbesitzern abgekauft, wobei sie häufig die Dienste der<br />

Bauern-Agrarbank in Anspruch nahmen.<br />

Brachland, mit Bäumen und Sträuchern bewachsene Flächen<br />

oder versumpfte Parzellen hatten zwar einen niedrigen<br />

Kaufpreis, kosteten aber viel Schweiß und Mühe, bis sie<br />

erschlossen waren. Die deutschen Kolonisten mussten die<br />

erworbenen Ländereien roden, von den Wurzeln befreien,<br />

meliorieren und düngen, um sie endlich in fruchtbare und<br />

gepflegte Plantagen verwandeln zu können. Jeder Wirt betrieb<br />

seine Wirtschaft individuell, obwohl die Grundstücke<br />

oft gemeinschaftlich gepachtet wurden. Die Wolhyniendeutschen<br />

betrieben die Landwirtschaft praktisch auf Einzelgehöften<br />

und ermunterten durch die offensichtlichen<br />

Vorteile die einheimischen Bauern dazu, sich während<br />

der Stolypinschen Agrarreform entschlossener für Einzelgehöfte<br />

zu entscheiden. Deutsche Höfe in Wolhynien<br />

nutzte man gern auch zu Agitationszwecken. Sie wurden<br />

Bauerndelegationen aus den inneren Gouvernements<br />

Abb. 217<br />

Abb. 218<br />

сравнительно небольшого промежутка времени.<br />

Это был своеобразный этнический взрыв в относительно<br />

стабильной национальной структуре региона<br />

и последний массовый поток в длительном процессе<br />

немецкой иммиграции в Российскую империю.<br />

В отличие от других регионов России, немецкая колонизация<br />

на Волыни инициировалась преимущественно<br />

местными земледельцами и поэтому некоторое время<br />

была не контролированной и не урегулированной органами<br />

государственной власти. Только в 80–90‐е гг.<br />

ХІХ в. был принят целый пакет антиколонистских<br />

законов, практически остановивших процесс немецкой<br />

иммиграции в регионе и включивших поселенцев<br />

в существующую систему местного самоуправления.<br />

В предвоенное десятилетие часть волынских немцев<br />

эмигрировала за океан. Но их численность продолжала<br />

увеличиваться за счет естественного прироста<br />

и составила в 1914 г. почти 210 тыс. чел.<br />

Поселяясь преимущественно по обеим сторонам<br />

Киево-Брестского шоссе на дешевых землях Волынского<br />

Полесья, немцы в основной своей массе занимались<br />

земледелием и животноводством, что и<br />

определило аграрный характер немецкой колонизации<br />

на Волыни. Постепенно сложилась система немецкого<br />

землевладения, площадь которого быстро возрастала<br />

благодаря низким ценам на аренду и покупку земельных<br />

участков. Если в 1871 г. немцы в губернии<br />

пользовались 72 тыс. дес. земли, то в 1882 г. эта цифра<br />

возросла почти до 400 тыс., в 1897 г. – до 627 тыс. дес.,<br />

что составляло 9,56 % всей площади земли в губернии.<br />

В 1911 г. эта цифра достигла почти 700 тыс. дес.<br />

Основной формой землепользования была краткосрочная<br />

аренда (12 лет) с правом продления преимущественно<br />

помещичьих и реже – казенных земель.<br />

Одновременно стало формироваться и частное немецкое<br />

землевладение, хотя власти в конце ХІХ и начале<br />

ХХ в. предпринимали попытки сдержать масштабы его<br />

увеличения. В подавляющем большинстве площади<br />

частных земельных участков колонистов не превышали<br />

50 дес., и выкупали они их преимущественно у<br />

местных помещиков, часто пользуясь услугами Крестьянского<br />

поземельного банка.<br />

Неосвоенные земли, лесные и кустарниковые поруби,<br />

заболоченные участки, несмотря на свою дешевизну,<br />

требовали значительных физических усилий для их<br />

освоения. В результате вырубки, выкорчевывания, проведения<br />

мелиоративных работ и внесения удобрений<br />

приобретенные участки превращались колонистами<br />

в плодородные и ухоженные плантации. Каждый хозяин<br />

вел свое хозяйство индивидуально, хотя землю часто<br />

арендовали коллективно. Фактически волынские немцы<br />

использовали хуторную форму сельскохозяйственного<br />

производства, наглядно показав ее преимущества<br />

местным крестьянам, тем самым подталкивая их к более<br />

активному выходу на хутора и отруба в годы проведения<br />

столыпинской аграрной реформы. Немецкие<br />

хозяйства на Волыни использовались в агитационных<br />

мероприятиях. Их демонстрировали как образцовые<br />

для крестьянских делегаций из глубинных губерний<br />

Илл. 217<br />

Илл. 218


104 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 219<br />

Abb. 220<br />

im europäischen Teil Russlands als Vorzeigeobjekte präsentiert.<br />

1908 empfahl die Bodennutzungskommission<br />

des Gouvernements, Wolhyniendeutsche, deren Frist für<br />

gepachtete Ländereien auslief, beim käuflichen Erwerb<br />

bankeigener Ländereien in den Gouvernements Saratow<br />

und Samara zu unterstützen, wo sie der dort ansässigen<br />

Bevölkerung mit ihren Erfahrungen beim Aufbau von<br />

Einzelgehöften als Beispiel dienen sollten.<br />

Die hohe Produktivität der von Kolonisten geführten<br />

Höfe war auf die Drei-, Vier- und Fünf-Felderwirtschaft<br />

im Ackerbau, die richtige Fruchtfolge, eine ausreichende<br />

Menge organischen Düngers vom dafür gehaltenen Vieh,<br />

den Einsatz verbesserter landwirtschaftlicher Maschinen<br />

und Geräte, die Verwendung von Mineraldünger und auf<br />

den Einsatz moderner agrotechnischer Verfahren zurückzuführen.<br />

Die Kolonisten bauten vorwiegend Getreide,<br />

insbesondere Roggen und Weizen an, seltener Gerste,<br />

Hafer, Hirse und Buchweizen. Große Flächen wurden für<br />

Kartoffeln genutzt, außerdem wurden Futterrüben, Erbsen,<br />

Raps, Leinen, Hanf und mehrjährige Gräser angebaut.<br />

Die Kolonisten reagierten schnell auf die sich ändernde<br />

Nachfrage auf dem Agrarmarkt. Mit der aufkommenden<br />

Zuckerindustrie im Gouvernement begannen die Kolonisten<br />

auch Zuckerrüben anzubauen. Von tschechischen<br />

Kolonisten Wolhyniens übernahmen die Wolhyniendeutschen<br />

mit Erfolg deren Erfahrungen beim Hopfenanbau<br />

und setzten sie auf ihren Feldern um. Sehr ertragreich<br />

war auch der Obst- und Gemüseanbau der Siedler.<br />

Der hochproduktive Ackerbau war auch die Grundlage<br />

für eine erfolgreiche Viehzucht. Jeder Wirt war bemüht,<br />

eine ausreichende Zahl an Pferden, Kühen, Schweinen und<br />

Schafen sowie verschiedene Arten Hausgeflügel zu halten.<br />

In erster Linie dienten die landwirtschaftlichen Produkte<br />

der Befriedigung des Bedarfs der eigenen Familie. Mit<br />

der Zeit wurde ein Großteil der Produktion jedoch auf<br />

Илл. 219<br />

Илл. 220<br />

Европейской России. А в 1908 г. сотрудники губернской<br />

землеустроительной комиссии рекомендовали содействовать<br />

волынским немцам, у которых заканчивались<br />

сроки аренды, в деле покупки ими банковских земель<br />

в Саратовской и Самарской губерниях, где они могли<br />

бы своим опытом устройства хуторского хозяйства<br />

стать примером для местного населения.<br />

Высокая эффективность колонистских хозяйств обеспечивалась<br />

за счет использования 3‐х, 4‐х и 5-польной<br />

системы земледелия, правильного севооборота, достаточного<br />

органического удобрения почвы (для чего<br />

они содержали много домашнего скота), усовершенствованных<br />

сельскохозяйственных орудий, механизмов<br />

и минеральных удобрений, а также внедрения новых<br />

прогрессивных агротехнических методов хозяйствования.<br />

Преобладало у колонистов выращивание зерновых<br />

культур, особенно ржи и пшеницы, меньше – ячменя,<br />

овса, проса, гречки. Значительные площади отводились<br />

под картошку, выращивались кормовая свекла, горох,<br />

рапс, лен, конопля, многолетние травы. Колонисты<br />

быстро реагировали на смену спроса на рынке сельскохозяйственной<br />

продукции. В связи с развитием сахарной<br />

промышленности в губернии колонисты стали<br />

культивировать сахарную свеклу. Волынские немцы<br />

успешно заимствовали у чешских колонистов Волыни<br />

опыт хмелеводства и стали широко использовать его<br />

в своих хозяйствах. Много и результативно поселенцы<br />

занимались огородничеством и садоводством.<br />

Высокоэффективное земледелие стало основой для<br />

успешного развития животноводства. Каждый хозяин<br />

стремился содержать достаточное количество лошадей,<br />

коров, свиней, овец, разных видов домашней<br />

птицы. Сельскохозяйственная продукция в первую<br />

очередь использовалась для удовлетворения потребностей<br />

семьи. Но со временем ее значительная часть<br />

219<br />

219. Реклама предприятий сельскохозяйственной техники<br />

инженера А. Гендзеля в Ровно. 1913<br />

Werbung des Betriebs für landwirtschaftlichen Maschinenbau<br />

des Ingenieurs A. Hendsel in Rowno. 1913<br />

220. Здание для сушки хмеля (начало ХХ в.) в колонии Нейдорф<br />

(Солодыри). Фото В. Бунковского. 2010<br />

Gebäude zum trocknen von Hopfen (Anfang 20. Jh.) in der Kolonie<br />

Neudorf (Solodyri). Foto von W. Bunkowski. 2010<br />

220


Немцы в российской истории 105<br />

den Märkten angeboten, wodurch der Wohlstand der<br />

Kolonistenfamilien stieg.<br />

Neben der landwirtschaftlichen Produktion betrieben die<br />

Kolonisten auch verschiedene Handwerke. Am weitesten<br />

verbreitet waren Schusterei, Weberei, Näherei, Holzbearbeitung<br />

und das Schmiedehandwerk. Ein Teil der Wolhyniendeutschen<br />

arbeitete in der Industrieproduktion,<br />

vor allem in der Holzverarbeitung, der Tuchweberei, der<br />

Papierherstellung und in der Metallindustrie. Sehr häufig<br />

waren sie in der Mühlenindustrie anzutreffen. Mit der industriellen<br />

Bierbrauerei in Wolhynien haben Deutsche begonnen.<br />

In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg gründeten<br />

wolhynische Kolonisten erste Genossenschaften.<br />

Ein untrennbarer Bestandteil der Kultur der Wolhyniendeutschen<br />

war deren tiefe Religiosität. 1897 waren 98,72 %<br />

von ihnen Protestanten verschiedener Glaubensströmungen<br />

und nur 1,18 % waren anderen Glaubens. Unter den<br />

Protestanten gab es 95,71 % Lutheraner. Diese Situation<br />

hatte bis zum Ersten Weltkrieg Bestand. Der Anteil von<br />

Vertretern anderer protestantischen Richtungen erhöhte<br />

sich nur unwesentlich, am deutlichsten noch bei den<br />

Baptisten.<br />

Die evangelisch-lutherischen Gemeinden Wolhyniens unterstanden<br />

dem Petersburger Konsistorium, das seinerseits<br />

dem evangelisch-lutherischen Generalkonsistorium unterstellt<br />

war. Die erste Kirchengemeinde entstand 1801 in<br />

Schitomir. Da in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die<br />

Zahl der Kolonisten stark anstieg, wurden neue Gemeinden,<br />

Adjunkturen und Filialen in Roschischtsche im Bezirk Luzk<br />

(1862), Staraja Buda (Heimtal) im Bezirk Schitomir (1869),<br />

Tutschin im Bezirk Rowno (1888), Nowograd-Wolynskij<br />

(1889), Wladimir-Wolynskij (1891), Jemeltschin im Bezirk<br />

Nowograd-Wolynskij (1896), Luzk (1899) und Rowno<br />

(1902) eingerichtet. Gleichzeitig errichteten die Kolonisten<br />

mit großem Eifer sakrale Gebäude, die zu einem nicht mehr<br />

реализовывалась на рынках, что давало возможность<br />

повышать благосостояние колонистских семей.<br />

Кроме сельскохозяйственного производства колонисты<br />

занимались разнообразными ремеслами. Наиболее<br />

развитыми были сапожное, ткацкое, портняжное,<br />

деревообрабатывающее, кузнечное. Часть волынских<br />

немцев была задействована и в промышленности,<br />

в частности, в таких отраслях, как лесоперерабатывающая,<br />

суконная, бумажная, металлообрабатывающая.<br />

Особенно широко они были представлены<br />

в мукомольной отрасли. Промышленное пивоварение<br />

на Волыни начали немцы. В предвоенные годы в среде<br />

волынских колонистов начали возникать первые<br />

кооперативные общества.<br />

Глубокая религиозность была неотъемлемой чертой<br />

культурной жизни волынских немцев. 98,72 % из них<br />

в 1897 г. принадлежали к протестантам различного<br />

толка и лишь 1,18 % – к другим вероисповеданиям.<br />

95,71 % из числа протестантов были лютеранами. Такая<br />

ситуация сохранялась вплоть до Первой мировой<br />

войны. Произошло лишь незначительное увеличение<br />

доли представителей других протестантских направлений,<br />

особенно баптистов.<br />

Евангелическо-лютеранские приходы Волыни подчинялись<br />

Петербургской (провинциальной) консистории,<br />

которая в свою очередь была подведомственна<br />

Генеральной евангелическо-лютеранской консистории.<br />

Первый приход был создан в 1801 г. в Житомире.<br />

В связи со значительным увеличением числа<br />

колонистов во второй половине ХІХ в. были учреждены<br />

новые приходы, их адъюнктуры и филиалы<br />

в Рожище Луцкого уезда (1862), Старой Буде (Геймталь)<br />

Житомирского уезда (1869), Тучине Ровенского<br />

уезда (1888), Новоград-Волынске (1889), Владимир-<br />

Волынске (1891), Емельчине Новоград-Волынского<br />

Abb. 221 Илл. 221<br />

221. Кузнечные работы при производстве телег.<br />

Фото. Около 1910. Историческое общество<br />

«Волынь». Визентгейд, Германия<br />

Schmiedearbeiten beim Wagenbau.<br />

Foto. Ca. 1910. Historischer Verein<br />

Wolhynien e. V. Wiesentheid, Deutschland<br />

221


106 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

222–224<br />

Abb. 225<br />

Abb. 226<br />

Abb.<br />

227, 228<br />

wegzudenkenden Attribut vieler Kolonien wurden. 1900<br />

gab es im Gouvernement 237 solcher Gebäude, davon sechs<br />

Kirchen und 231 Bethäuser. Aufgrund der großen Zahl<br />

von Kolonisten und dem Mangel an Pfarrern wurden viele<br />

kirchliche Zeremonielle in den Kolonien von Küstern oder<br />

Kantoren übernommen. Für die Ausbildung qualifizierter<br />

Küster wurde 1904 in der Kolonie Staraja Buda eine Küsterschule<br />

unter Leitung von Ortspastor Johanson eröffnet.<br />

Das gesamte Gemeinde- und Familienleben, die Erziehung<br />

und der Alltag im Umfeld der Kolonisten beruhten auf den<br />

Regeln der lutherischen Glaubenslehre.<br />

Ein weiteres festes Element des geistigen Lebens der<br />

Wolhyniendeutschen war das weit verzweigte Netz von<br />

Schulen. Der Bau einer Schule war schon in den ersten<br />

Jahren nach der Niederlassung ein erstrangiges Anliegen<br />

jeder Gemeinde, die für diesen Zweck ein spezielles Schulbzw.<br />

Kantorgrundstück mit einer Fläche von zwei bis drei<br />

Hektar zur Verfügung stellte und aus eigenen Mitteln einen<br />

Lehrer bezahlte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

wuchs die Zahl von Schulen rasant an. Während es 1851<br />

nur zehn Schulen gab, waren es bereits 34 Schulen im<br />

Jahre 1865, 306 Schulen mit 12 625 Schülern im Jahre<br />

1885, 373 Schulen 1887 und 392 Schulen 1891. Infolge der<br />

kolonistenfeindlichen Gesetze in den 1880er und 1890er<br />

Jahren begann Anfang des 20. Jahrhunderts die Zahl deutscher<br />

Schulen in der Region zurückzugehen. 1911 gab es<br />

im Gouvernement noch 271 deutsche Schulen mit 12 254<br />

Schülern. Die Kinder gingen zwischen dem siebten und<br />

15. Lebensjahr zur Schule. Der Schulbesuch dauerte in<br />

der Regel drei bis sechs Jahre. Der Unterricht fand in der<br />

von Feldarbeiten freien Zeit statt. Die Kolonistenschulen<br />

standen unter ständiger Kontrolle der Kirche.<br />

Als die deutschen Schulen am 8. Oktober 1887 dem<br />

Volksbildungsministerium unterstellt wurden, setzte eine<br />

Reorganisation ein, mit der man die Grundsätze, nach<br />

Илл.<br />

222–224<br />

Илл. 225<br />

Илл. 226<br />

Илл.<br />

227, 228<br />

уезда (1896), Луцке (1899) и Ровно (1902). В этот же<br />

период колонисты активно строили культовые сооружения,<br />

ставшие неотъемлемыми атрибутами многих<br />

колоний. На 1900 г. их было в губернии 237 (6 кирх<br />

и 231 молитвенный дом). Из-за большого количества<br />

колонистов и нехватки пасторов многие религиозные<br />

обряды в колониях выполняли кистеры или канторы.<br />

С целью подготовки квалифицированных кистеров<br />

в 1904 г. в колонии Старая Буда была открыта кистерская<br />

школа, которую возглавлял местный пастор Иогансон.<br />

Вся общинная и семейная жизнь, воспитание<br />

и быт в среде колонистов строились на религиозных<br />

началах лютеранского вероучения.<br />

Еще одной неотъемлемой чертой духовной жизни волынских<br />

немцев была разветвленная система школ.<br />

Постройка школы уже с первых лет обоснования была<br />

первоочередной заботой каждой общины, выделявшей<br />

для этой цели специальный участок «школьной» или<br />

«канторской» земли площадью 2–3 га и на свои средства<br />

содержавшей учителя. Во второй половине ХІХ в. число<br />

школ стремительно возросло. Если в 1851 г. их было<br />

всего 10, то в 1865 г. уже 34, в 1885 г. – 306 (обучались<br />

в них 12 625 учеников), в 1887 г. – 373, а в 1891 г. – 392.<br />

В связи с принятием в 80–90‐е гг. ХІХ в. антиколонистских<br />

законодательных актов число немецких школ<br />

в регионе в начале ХХ в. начало сокращаться. В 1911 г.<br />

в губернии зафиксирована 271 немецкая школа, где обучались<br />

12 254 ученика. Посещали школу дети в возрасте<br />

от 7 до 15 лет. Чаще всего обучение длилось 3–6 лет.<br />

Занятия проводились в свободное от сельскохозяйственных<br />

работ время. Колонистские школы были под<br />

постоянным контролем духовенства.<br />

После передачи 8 октября 1887 г. немецких школ в ведение<br />

Министерства народного просвещения начался<br />

процесс их реорганизации, направленный на подрыв<br />

222 223<br />

222. Баптистская церковь в немецкой колонии Солодыри (1907).<br />

Фото В. Бунковского. 2010<br />

Baptistisches Bethaus in der deutschen Kolonie Solodyri (1907).<br />

Foto von W. Bunkowski. 2010<br />

223. Евангелическо-лютеранская кирха в с. Щитники. Фото. Начало ХХ в.<br />

Историческое общество «Волынь». Визентгейд, Германия<br />

Evangelisch-lutherische Dorfkirche in Schtschitniki. Foto. Anfang 20. Jh.<br />

Historischer Verein Wolhynien e. V. Wiesentheid, Deutschland


224. Евангелическо-лютеранская кирха в г. Луцк (1906–1907,<br />

архитектор Х. Бейтельспахер). Фото Ю. Черняка. 2010<br />

Evangelisch-lutherische Kirche in Luzk (1906–1907,<br />

Arch.: Ch. Beutelspacher). Foto von Ju. Tschernjak. 2010<br />

225. Пасторский дом в Тучине (1897). Фото. Начало ХХ в.<br />

Историческое общество «Волынь». Визентгейд, Германия.<br />

Evangelisch-lutherisches Pfarrhaus in Tutschin. (1897).<br />

Foto. Anfang 20. Jh. Historischer Verein Wolhynien e. V.<br />

Wiesentheid, Deutschland<br />

226. Учительская семинария в колонии Геймталь (Старая Буда).<br />

Фото. 1942. Землячество немцев из России, Штутгарт<br />

Lehrerseminar in der Kolonie Heimtal (Staraja Buda).<br />

Foto. 1942. Landsmannschaft der Deutschen aus Russland<br />

e. V. Stuttgart<br />

227. Школа в с. Березовка (1910), построенная<br />

и содержавшаяся на средства семьи Арндт. Фото. 2000<br />

Schule in Beresowka (1910), errichtet und unterhalten<br />

von der Familie Arndt. Foto. 2000<br />

228. Немецкая школа в г. Звягель (Новоград-Волынский).<br />

Фото. 1942. Землячество немцев из России, Штутгарт<br />

Die deutsche Volksschule in Zwiahel (Nowograd-Wolynsk).<br />

Foto. 1942. Landsmannschaft der Deutschen aus Russland<br />

e. V. Stuttgart<br />

224<br />

225<br />

226<br />

227<br />

228


108 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

denen die Schulen errichtet und betrieben wurden, untergrub.<br />

Hauptziel war deren Russifizierung. Das Ministerium<br />

forderte russischsprachigen Unterricht, die Befreiung der<br />

Lehrer vom Einfluss der Kirche sowie ein nur begrenztes<br />

Mitspracherecht der Kolonistengemeinden bei der Auswahl<br />

und Bezahlung der Lehrer. In der Realität stießen<br />

diese und ähnliche Maßnahmen vielerorts auf den Widerstand<br />

von Kolonisten und Kirche. Letztendlich führte<br />

die Russifizierungspolitik an den Kolonistenschulen Wolhyniens<br />

nicht zum erhofften Ziel. Der, im Vergleich mit<br />

anderen Gouvernements, niedrigste Schuletat überhaupt<br />

führte zusammen mit mangelhaft ausgebildeten Lehrern<br />

dazu, dass die Zahl deutscher Schulen in der Region<br />

weiter zurückging, die materielle Ausstattung der Schulen<br />

sich verschlechterte und das Bildungsniveau sank.<br />

Auch die Beziehungen der wolhynischen Kolonisten zur<br />

einheimischen ukrainischen Bevölkerung gestalteten sich<br />

zwiespältig. Heftige Auseinandersetzung zwischen ihnen<br />

gab es recht selten und wenn, ging es um Bodennutzung<br />

und Landbesitz. In vielen Fällen waren das provozierende<br />

Verhalten ortsansässiger Gutsbesitzer und das Fehlen klarer<br />

gesetzlicher Regeln für die Pachtverhältnisse, insbesondere<br />

für die Beendigung derselben, der Grund von Auseinandersetzungen.<br />

Wenn man dabei noch die Unterschiede<br />

im Glauben, im Bildungsniveau, im nationalen Selbstbewusstsein,<br />

in den Traditionen des Gemeinde- und Familienlebens,<br />

im Alltag, in den Moralvorstellungen, bei der<br />

gesellschaftlichen Selbstverwaltung sowie die Existenz eines<br />

sich selbsttragenden Wirtschaftssystems an sich und die Abgeschiedenheit<br />

und Geschlossenheit des Gemeindelebens<br />

der Kolonisten bedenkt, gab es in der zweiten Hälfte des<br />

19. Jahrhunderts in Wolhynien in der Tat keine realistische<br />

Gelegenheit für eine Annäherung zwischen Deutschen<br />

und Ukrainern. Daher wären die Beziehungen zwischen<br />

ihnen gerechterweise eher als friedlich und distanziert,<br />

denn als freundschaftlich und harmonisch zu bezeichnen.<br />

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Leben der<br />

deutschen Kolonien etwas offener, was aber nur andeutungsweise<br />

eine Tendenz zu intensiveren Kontakten mit<br />

der einheimischen Bevölkerung bedeutete. Nach wie vor<br />

war die auch weiterhin bestehende Distanz spürbar.<br />

In den Beziehungen zu den Behörden waren die Kolonisten<br />

Wolhyniens um Loyalität bemüht. Nur wenn lebenswichtige<br />

Interessen bei der Bodennutzung bedroht waren oder<br />

Einmischungen im geistigen Bereich drohten, griffen die<br />

Kolonisten zu verschieden Formen des Widerstandes. Allerdings<br />

kam es nur sehr selten zum offenen Widerstand<br />

gegen lokale Behörden.<br />

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges machte sich in<br />

Wolhynien eine antideutsche Stimmung breit. Nach der<br />

Verabschiedung des Gesetzes vom 2. Februar 1915 „Über<br />

den Landbesitz und die Bodennutzung einiger Kategorien<br />

russischer Staatsbürger österreichischer, ungarischer und<br />

deutscher Herkunft“ begannen die Behörden des Gouvernements<br />

Immobilien der Deutschen im Südwesten<br />

zu liquidieren. Die Niederlagen der russischen Armee<br />

in der ersten Hälfte des Jahres 1915 bewogen die oberste<br />

Militärführung zur Deportation von Deutschen aus<br />

grenznahen Gouvernements. Entsprechend dem Beschluss<br />

тех принципов, на которых они строились и функционировали.<br />

Главной целью стало их «обрусение».<br />

Министерство требовало перевести преподавание<br />

на русский язык, вывести учителей из-под зависимости<br />

духовенству, ограничить влияние колонистских<br />

общин на подбор учителей и их финансовое содержание.<br />

В реальной жизни эти и другие мероприятия<br />

властей вызвали во многих местностях сопротивление<br />

колонистов и духовенства. В результате политика<br />

русификации колонистских школ на Волыни не дала<br />

желаемых результатов. А самый низкий (по сравнению<br />

с другими губерниями) уровень финансирования<br />

и слабая квалификация учителей привели<br />

к сокращению количества немецких школ в регионе,<br />

ухудшению их материального состояния и снижению<br />

уровня образования.<br />

Взаимоотношения волынских колонистов с местным<br />

украинским населением складывались неоднозначно.<br />

Острые формы противостояния между ними возникали<br />

нечасто и, как правило, в вопросах землепользования<br />

и землевладения. Причем во многих случаях<br />

причиной конфликтов было провокационное поведение<br />

местных землевладельцев, а также отсутствие<br />

четких законодательных норм, регулирующих условия<br />

арендного владения и, особенно, его прекращения.<br />

Но если учесть различия в религии, уровне образования<br />

и национального самосознания, разные традиции<br />

общинной и семейной жизни, быта и морали,<br />

общественного самоуправления, наличие собственной<br />

самообеспечивающей системы хозяйствования,<br />

а также замкнутость и обособленность внутренней<br />

общинной жизни колонистов, то становится понятно,<br />

что условий для реального сближения между немцами<br />

и украинцами на Волыни во второй половине ХІХ в.<br />

не имелось. Поэтому взаимоотношения между ними<br />

было бы справедливо охарактеризовать, скорее, как<br />

мирные и сдержанные, чем дружественные и гармоничные.<br />

Только в начале ХХ в. жизнь немецких колоний<br />

стала несколько более открытой, что заложило<br />

лишь тенденцию активизации отношений с местным<br />

населением. Но дистанция все-таки была очевидной<br />

и продолжала существовать.<br />

В отношениях с властями волынские колонисты<br />

пытались демонстрировать лояльность. И только<br />

в тех случаях, когда затрагивались их жизненные<br />

интересы, касавшиеся землепользования или же<br />

вмешательства в сферу духовной жизни, колонисты<br />

проявляли разные формы сопротивления. Но факты<br />

открытого противостояния местным властям случались<br />

крайне редко.<br />

С началом Первой мировой войны на Волыни распространились<br />

антинемецкие настроения. После принятия<br />

закона от 2 февраля 1915 г. «О землевладении<br />

и землепользовании некоторых разрядов состоящих<br />

в русском подданстве австрийских, венгерских и германских<br />

выходцев» губернские органы приступили<br />

к ликвидации недвижимого имущества немцев Юго-<br />

Западного края. В результате поражений российской<br />

армии в первой половине 1915 г. высшее военное


Немцы в российской истории 109<br />

einer Sonderkommission im Hauptquartier des Oberbefehlshabers<br />

vom 23. Juni 1915 wurden die Deutschen<br />

aus den Gouvernements Wolhynien, Podolien und Kiew<br />

deportiert, in aller Regel auf Kosten der Kolonisten mit<br />

Pferdefuhrwerken oder mit der Bahn. Die Deportation<br />

erfolgte in mehreren Etappen und erfasste 1916 auch die<br />

von der russischen Armee befreiten westlichen Bezirke<br />

Wolhyniens. Unterschiedlichen Angaben zufolge wurden<br />

zwischen 150 000 und 200 000 Deutsche aus dem Südwesten<br />

Russlands deportiert. Die harten Lebensbedingungen<br />

unterwegs und in den neuen Siedlungsorten hatten eine<br />

hohe Sterblichkeit bei Kindern und alten Menschen zur<br />

Folge. Die Deportierten wurden vorwiegend in Gouvernements<br />

an der Wolga gebracht, einzelne Gruppen auch<br />

nach Sibirien und in andere Regionen Russlands.<br />

Aus sozialrechtlicher Sicht hatten die Deportierten den<br />

Status von Flüchtlingen und damit Anspruch auf eine<br />

tägliche Verpflegungsration im Wert von 25 Kopeken,<br />

obwohl sie diesen Betrag nicht immer und nicht überall<br />

bekamen. Familien von Männern, die gerade aktiven<br />

Wehrdienst leisteten, hatten Anspruch auf zusätzliche<br />

Beihilfen, aber auch diese wurden nicht immer oder<br />

nicht im vollen Umfang gewährt. Die Deportierten standen<br />

unter Aufsicht der örtlichen Polizeibehörden und<br />

konnten nur mit deren Erlaubnis in einen anderen Ort<br />

umziehen. Mit der Unterbringung der Deportierten, der<br />

Regelung der Alltagsprobleme und der Arbeitsvermittlung<br />

befassten sich die örtlichen Filialen des Allrussischen<br />

Semstvo-Verbandes, gesellschaftliche Organisationen und<br />

lokale Behörden. Realistische Aussichten auf eine feste<br />

Anstellung hatten nur Personen mit einem Handwerksberuf.<br />

Alle übrigen mussten sich als Tagelöhner oder<br />

Saisonarbeiter verdingen.<br />

Die Immobilien der zur Deportation vorgesehenen Kolonisten<br />

sollten beschlagnahmt und alles bewegliche Hab<br />

und Gut, wie landwirtschaftliches Gerät, landwirtschaftliche<br />

Produkte, Vieh und Hausrat, liquidiert werden. Dazu<br />

war vorgesehen, von speziellen Liquidationskommissionen<br />

den Wert ermitteln und eine Ausgleichszahlung leisten<br />

zu lassen. Einen Teil ihrer Habe konnten die Kolonisten<br />

trotz Verbot an Aufkäufer oder ortsansässige Bauern<br />

verkaufen. Bedingt durch die Hektik und die Willkür<br />

der Liquidatoren war es an der Tagesordnung, dass Teile<br />

des Besitzes ungerecht bewertet oder überhaupt nicht in<br />

Listen erfasst wurden.<br />

Nach der Februarrevolution von 1917 kehrte ein Teil der<br />

Wolhyniendeutschen auf eigene Faust nach Wolhynien<br />

zurück, die meisten aber kamen erst nach der Unterzeichnung<br />

des Friedensvertrags von Brest-Litowsk im März<br />

1918 zurück. Manche nutzten auch die Gelegenheit, um<br />

nach Deutschland auszureisen. Viele Rückkehrer fanden<br />

ihre Kolonien zerstört und verwüstet vor, und ihre Häuser<br />

waren mit Flüchtlingen belegt. Es begann die schwere Zeit<br />

des Aufbaus nach dem Krieg.<br />

Nach dem Rigaer Friedensvertrag von 1921 wurde Wolhynien<br />

in zwei Teile, einen sowjetischen und einen<br />

polnischen geteilt. Die Geschichte dieser einzigartigen<br />

regionalen Gruppe der Wolhyniendeutschen nahm nun<br />

unterschiedliche Wege.<br />

Abb. 229<br />

Abb.<br />

230–232<br />

Abb. 233<br />

Abb. 234<br />

Abb.<br />

235, 236<br />

Abb.<br />

237, 238<br />

руководство приступило к депортации немцев из приграничных<br />

губерний. Немцев Волыни, Подольской<br />

и Киевской губерний подвергли выселению после<br />

принятия соответствующего постановления Особого<br />

совещания Ставки Верховного главнокомандующего<br />

от 23 июня 1915 г. Депортация осуществлялась<br />

в основном за счет колонистов гужевым или железнодорожным<br />

транспортом. Проводилась она в несколько<br />

этапов и продолжалась в 1916 г. даже из освобожденных<br />

российской армией западных уездов<br />

Волыни. По разным данным было выселено от 150<br />

до 200 тыс. немцев Юго-Западного края. Тяжелые<br />

условия переезда и новых мест водворения вызвали<br />

высокую смертность среди детей и стариков. Отправляли<br />

депортированных преимущественно в поволжские<br />

губернии, некоторые партии – в Сибирь и<br />

другие регионы России.<br />

В социально-правовом отношении депортированные<br />

имели статус беженцев, что давало им возможность<br />

получать паек в сумме 25 коп. в день, хотя реально эту<br />

сумму они получали не всегда и не везде. Семьи, в которых<br />

были мужчины, призванные в действующую<br />

армию, имели право на получение дополнительного<br />

пособия, но оно часто не выдавалось или же выдавалось<br />

в неполном объеме. Депортированные находились<br />

под контролем местных полицейских властей и<br />

переселяться из одного населенного пункта в другой<br />

могли лишь с их разрешения. Вопросами обустройства<br />

депортированных, решением их бытовых проблем<br />

и поиском работы занимались местные отделения<br />

Всероссийского земского союза, другие общественные<br />

организации и местные администрации. Реальные<br />

перспективы найти постоянную работу имели лица<br />

ремесленных профессий. Остальные жили поденными<br />

и сезонными заработками.<br />

Недвижимое имущество выселяемых колонистов подлежало<br />

секвестру, а движимое (сельскохозяйственный<br />

инвентарь и продукция, скот, домашняя утварь) –<br />

ликвидации в форме оценки и выплаты денежной<br />

компенсации. Производили ее специальные ликвидационные<br />

комиссии. Часть имущества колонисты,<br />

несмотря на запреты, успевали продать скупщикам<br />

или местным крестьянам. Спешка, произвол ликвидаторов,<br />

несправедливость оценки и невключение части<br />

имущества в описи были массовым явлением.<br />

После Февральской революции 1917 г. часть волынских<br />

немцев самовольно начала возвращаться на Волынь,<br />

но основная масса вернулась после подписания<br />

Брестского мира в марте 1918 г. Некоторые воспользовались<br />

возможностью эмигрировать в Германию.<br />

Многие возвратившиеся застали свои колонии уничтоженными<br />

или разоренными, дома были заняты<br />

беженцами. Начался тяжелый период послевоенного<br />

восстановления.<br />

По Рижскому мирному договору 1921 г. Волынь<br />

была разделена на две части – советскую и польскую.<br />

Дальнейшая история своеобразной этнорегиональной<br />

группы волынских немцев продолжалась<br />

по-разному.<br />

Илл. 229<br />

Илл.<br />

230–232<br />

Илл. 233<br />

Илл. 234<br />

Илл.<br />

235, 236<br />

Илл.<br />

237, 238


229<br />

230<br />

231<br />

232


229. Удостоверение выселяемого<br />

немца‐колониста А. Упенека на право<br />

проезда с багажом по железной дороге<br />

в вагоне 3–4 класса. 1915. Российский<br />

государственный военно-исторический<br />

архив, Москва<br />

Bescheinigung des auszusiedelnden deutschen<br />

Kolonisten A. Upeneck über die Berechtigung<br />

zur Fahr per Eisenbahn im Wagen der<br />

3.–4. Klasse und der Mitnahme von Gepäck.<br />

1915. Russisches militärhistorisches<br />

Staatsarchiv, Moskau<br />

230. Повагонные и поездная карточки,<br />

регистрировавшие беженцев (выселенных<br />

волынских немцев). 1916. Государственный<br />

исторический архив Украины, Киев<br />

Registrierkarten zur Erfassung der deportierten<br />

Wolhyniendeutschen pro Wagen und Zug.<br />

1916. Staatliches historisches Archiv der<br />

Ukraine, Kiew<br />

231. Поездная карточка, составленная на поезд<br />

беженцев (выселенных волынских немцев)<br />

из 18 вагонов. 1916. Государственный<br />

исторический архив Украины, Киев<br />

Registrierkarte für einen aus 18 Wagen<br />

bestehenden Zug mit Flüchtlingen (deportierten<br />

Wolhyniendeutschen). 1916. Staatliches<br />

Historisches Archiv der Ukraine, Kiew<br />

233<br />

232. Посемейная карточка выселенного<br />

немца‐колониста А. Генцеля.<br />

1916. Государственный исторический<br />

архив Украины, Киев<br />

Registrierkarte der Familie des deportierten<br />

deutschen Kolonisten A. Hensel.<br />

1916. Staatliches Historisches Archiv<br />

der Ukraine, Kiew<br />

233. Акт секвестра недвижимого имущества<br />

немца‐колониста И. Вольфа (к. Габровка),<br />

высланного по распоряжению военных<br />

властей. 1916. Государственный архив<br />

Житомирской области, Житомир.<br />

Sequester-Akte über das immobile Eigentum<br />

des Kolonisten J. Wolf (Kolonie Gabrowka),<br />

der auf Beschluss der Militärbehörden<br />

ausgesiedelt wurde. 1916. Staatliches<br />

Gebietsarchiv Schitomir, Schitomir.<br />

234. Ликвидационная карточка на имущество<br />

немца-колониста Ф. Неймана (к. Йозефин),<br />

высланного по распоряжению военных<br />

властей. 1916. Государственный архив<br />

Житомирской области, Житомир.<br />

Karteikarte über die Liquidation des Eigentums<br />

des deutschen Kolonisten F. Neumann<br />

(Kolonie Josephine), der auf Beschluss der<br />

Militärbehörden ausgesiedelt wurde. 1916.<br />

Staatliches Gebietsarchiv Schitomir, Schitomir.<br />

234


235. Землянка была жилищем многих<br />

волынских немцев, вернувшихся в 1918 г.<br />

из депортации. Фото. 1918. Историческое<br />

общество «Волынь»; Визентгейд, Германия<br />

Eine Erdhütte war die Behausung vieler1918<br />

aus der Deportation zurükgekehrten<br />

Wolhyniendeutschen. Foto. 1918.<br />

Historischer Verein Wolhynien e.V.;<br />

Wiesentheid, Deutschland<br />

235<br />

236. Внутренний вид землянки.<br />

Фото. 1918. Историческое общество<br />

«Волынь»; Визентгейд, Германия<br />

Innenansicht einer Erdhütte.<br />

Foto. 1918. Historischer Verein Wolhynien<br />

e.V.; Wiesentheid, Deutschland<br />

236<br />

238<br />

237<br />

237, 238.<br />

Один из выдающихся пианистов ХХ ст. – С.Т. Рихтер (1915–1997), уроженец<br />

Житомира. Конверты пластинок с записями концертов. 1980-е гг.<br />

S.T. Richter (1915–1997), geb. in Schitomir, einer der berühmten Pianisten<br />

des 20. Jh. Plattenhüllen von Konzertaufzeichnungen der 1980er Jahre


Немцы в российской истории 113<br />

Deutsche Kolonien<br />

im asiatischen Russland<br />

Немецкие колонии<br />

в Азиатской России<br />

P. P. Wiebe (Omsk) П. П. Вибе (Омск)<br />

Einstellung des Staates zur<br />

deutschen Besiedlung des<br />

asiatischen Russlands. Gründe<br />

und Charakter der deutschen<br />

Übersiedlung hinter den Ural<br />

Отношение государства<br />

к немецкой колонизации<br />

Азиатской России.<br />

Причины и характер<br />

миграций немцев за Урал<br />

Процесс формирования немецкой диаспоры в Азиатской<br />

России начался в конце XIX – начале XX в. и<br />

во многом был связан с крестьянской колонизацией<br />

восточных окраин империи. В общем переселенческом<br />

потоке на новые земли отправились и немцы<br />

из материнских колоний Поволжья, Новороссии и<br />

других регионов Европейской России.<br />

Переселения немцев в Сибирь и Среднюю Азию и<br />

их обустройство были сопряжены с целым рядом<br />

ограничений, инициированных представителями<br />

центральных и местных властей, стремившихся не<br />

допустить колонистов на лучшие земли. Их рассматривали<br />

как элемент, способный, благодаря<br />

своей высокой культуре, освоить самые труднодоступные<br />

районы и оказать положительное влияние<br />

на местное и переселенческое население. В результате<br />

немцам отводились, как правило, участки, не<br />

пользовавшиеся спросом у других переселенцев и не<br />

всегда пригодные для ведения сельского хозяйства.<br />

С заботой о том, чтобы немцы не создавали конкуренцию<br />

русским крестьянам при выборе участков<br />

водворения, их направляли в наиболее трудные для<br />

освоения районы. При этом местная администрация<br />

рассчитывала, что благодаря своей настойчивости<br />

и трудолюбию немцы смогут закрепиться на непопулярных<br />

у переселенцев землях. Такой откровенный<br />

прагматизм местных властей в совокупности<br />

с явно недостаточной правительственной<br />

помощью не позволял немецким переселенцам<br />

в полной мере реализовать свои колонизационные<br />

возможности.<br />

Der Entstehungsprozess der deutschen Diaspora im<br />

asiatischen Russland begann Ende des 19. – Anfang des<br />

20. Jh. und wurde wesentlich mit der Bauernbesiedlung<br />

der östlichen Randgebiete des Russischen Reiches verbunden.<br />

Im Rahmen des gesamten Übersiedlerstroms<br />

begaben sich auch Deutschen aus den Mutterkolonien<br />

des Wolgagebietes, Tauriens und aus anderen Regionen<br />

europäischen Russlands auf die Suche nach neuen<br />

Ländereien.<br />

Die Übersiedlung der Deutschen nach Sibirien und Zentralasien<br />

und ihre Niederlassung dort waren mit einer ganzen<br />

Reihe von Einschränkungen verbunden, initiiert von<br />

den Vertretern zentraler und lokaler Behörden, die bestrebt<br />

waren, beste Ländereien den Kolonisten vorzuenthalten.<br />

Die Kolonisten galten als ein Element, das dank seiner<br />

hohen Kultur in der Lage war, schwierigste Gegenden zu<br />

erschließen und die lokale und die Umsiedlerbevölkerung<br />

positiv zu beeinflussen. Im Ergebnis bekamen die Deutschen<br />

in der Regel diejenigen Grundstücke zugeteilt, die<br />

bei anderen Umsiedlern keine Nachfrage fanden und für<br />

die Agrarbewirtschaftung nicht immer geeignet waren. Damit<br />

Deutsche keinen Wettbewerb für russische Bauern bei<br />

der Wahl besserer Siedlungsgrundstücke bildeten, wurden<br />

ihnen schwierigste Gegenden zugewiesen. Dabei rechnete<br />

die lokale Administration damit, dass Deutsche mit ihrer<br />

Tüchtigkeit und Beharrlichkeit in der Lage sein werden,<br />

sich auch in den bei Siedlern unpopulären Gegenden<br />

wohnlich einzurichten. So unverhohlener Pragmatismus<br />

der lokalen Macht im Zusammenspiel mit ungenügender<br />

Regierungshilfe behinderten die Deutschen bei der Entfaltung<br />

ihrer Potentiale.<br />

Abb. 239<br />

Abb. 240<br />

Илл. 239<br />

Илл. 240


239. Немецкий хутор<br />

в урманах в Тарском уезде<br />

Тобольской губернии.<br />

Фото П. Павлова.<br />

Начало ХХ в. Омский<br />

государственный<br />

историко-краеведческий<br />

музей, Омск<br />

Deutscher Einsiedlerhof<br />

in der westsibirischen<br />

Taiga (urman) im Bezirk<br />

Tarsk, Gouvernement<br />

Tobolsk. Foto P. Pawlow.<br />

Anfang 20. Jh. Staatliches<br />

historisch-heimatkundliches<br />

Museum Omsk, Omsk<br />

239<br />

240. Немецкая колония<br />

в 18 верстах от Омска.<br />

Фото. Конец XIX в.<br />

Омский государственный<br />

историко-краеведческий<br />

музей, Омск<br />

Deutsche Kolonie<br />

in 18 Werst von Omsk.<br />

Foto. Ende 19. Jh.<br />

Staatliches historischheimatkundliches<br />

Museum<br />

Omsk, Omsk<br />

240<br />

241. Имение К. Дридигера<br />

близ станции<br />

Москаленки в Омском<br />

уезде Акмолинской<br />

области. Фото.<br />

Начало ХХ в. Омский<br />

государственный<br />

историко-краеведческий<br />

музей, Омск<br />

Gehöft von K. Driediger<br />

nahe der Bahnstation<br />

Moskalenki im Bezirk Omsk,<br />

Gebiet Akmolinsk. Foto.<br />

Anfang 20. Jh. Staatliches<br />

historisch-heimatkundliches<br />

Museum Omsk, Omsk<br />

241


Немцы в российской истории 115<br />

Die Gründe, die Deutsche Ende des 19. Jh. – Anfang<br />

des 20. Jh. zum freiwilligen Umzug in den Osten<br />

bewogen, waren unterschiedlich. Jedoch bestand der<br />

wichtigste Beweggrund für die Übersiedlung im relativen<br />

wie auch absoluten Mangel an Land in den<br />

Mutterkolonien. Aus den Gouvernements Südrusslands<br />

zogen die Kolonisten um, die wegen des dort<br />

bestehenden Majoratserbrechts ohne Land blieben.<br />

Ihre Übersiedlung erfolgte in aller Regel mit Unterstützung<br />

von Mutterkolonien und vorwiegend auf<br />

staatseigenes Land. Aus diesen Gouvernements zogen<br />

auch wohlhabende Kolonisten, die sich vom preiswerten<br />

sibirischen Land angezogen fühlten. Diese ließen<br />

sich auf käuflich erworbenen oder beim Staat oder<br />

beim Sibirischen Kosakenheer gepachteten Grundstücken<br />

nieder, um dort Farmen aufzubauen. Bedeutende<br />

Ausmaße hatte auch der Siedlerfluss aus den Wolga-<br />

Kolonien, der aus armen Gemeindebauern bestand.<br />

Sie ließen sich hauptsächlich auf den Übersiedlerparzellen<br />

nieder.<br />

In Russland gab es drei Arten der Übersiedlung: freiwillige,<br />

gezwungene (wie Evakuierung, Flüchtlinge)<br />

und Zwangsumsiedlung (Deportation). Die Bildung<br />

der deutschen Kolonien im asiatischen Russland Ende<br />

des 19. Jh. – Anfang des 20. Jh. erfolgte hauptsächlich<br />

durch freiwillige Übersiedlung, die sich ihrerseits in<br />

eigenmächtige und staatlich organisierte (offizielle)<br />

unterteilte. Dabei ging es um recht ruhige, sich evolutionär<br />

entwickelnde Übersiedlungen. Gleichzeitig<br />

gab es in den Zeiten des Ersten Wertkrieges und<br />

des Bürgerkrieges erzwungene Übersiedlungen und<br />

Zwangsumsiedlungen der deutschstämmigen Bevölkerung<br />

in das asiatische Russland, die durch die Flucht<br />

der Kolonisten vor Hunger und die Deportation von<br />

Wolhyniendeutschen verursacht waren.<br />

Abb. 241<br />

Abb. 242<br />

Причины, по которым немцы в конце XIX – начале<br />

XX в. добровольно переселялись на восток, были<br />

различны. Но главным побудительным мотивом<br />

к переселению было малоземелье в материнских<br />

колониях, как абсолютное, так и относительное.<br />

Из южнороссийских губерний переселялись колонисты,<br />

оставшиеся без земли в силу существовавшего<br />

там майоратного порядка наследования.<br />

Их переселение осуществлялось, как правило, при<br />

поддержке материнских колоний и, главным образом,<br />

на казенные земли. Из тех же губерний переселялись<br />

и зажиточные колонисты, которых привлекали<br />

дешевые сибирские земли. Они селились<br />

на купленных или арендованных у государства или<br />

Сибирского казачьего войска участках с целью создания<br />

на них фермерских хозяйств. Значительным<br />

по масштабам был поток мигрантов из поволжских<br />

колоний, основу которых составляли бедные<br />

крестьяне-общинники. Они селились в основном<br />

на переселенческих участках.<br />

В России осуществлялись три основных вида переселений:<br />

добровольные, вынужденные (эвакуация,<br />

беженство) и принудительные. Образование немецких<br />

колоний в Азиатской России в конце XIX – начале<br />

XX в. происходило, в основном, в результате<br />

добровольных переселений, которые, в свою очередь,<br />

подразделялись на самовольные и организованные<br />

государством (официальные). Это были<br />

относительно спокойные, эволюционно развивавшиеся<br />

переселения. Вместе с тем в годы Первой<br />

мировой и Гражданской войн также имели место<br />

вынужденные и принудительные миграции немецкого<br />

населения в Азиатскую Россию, вызванные<br />

беженством колонистов от голода и депортацией<br />

волынских немцев.<br />

Илл. 241<br />

Илл. 242<br />

242. Немцы из Саратовской губернии<br />

в Акмолинской области.<br />

Фото Г. Е. Катанаева. Конец XIX в.<br />

Омский государственный<br />

историко-краеведческий музей,<br />

Омск<br />

Deutsche aus dem Gouvernement<br />

Saratow im Gebiet Akmolinsk.<br />

Foto von G. E. Katanajew.<br />

Ende 19. Jh. Staatliches historischheimatkundliches<br />

Museum Omsk,<br />

Omsk<br />

242


243 244<br />

245<br />

246


Немцы в российской истории 117<br />

Entstehen deutscher Kolonien<br />

im asiatischen Russland<br />

Die ersten deutschen Siedlungen im Zentralasien entstanden<br />

Anfang der 1880er Jahre mit Unterstützung des Generalgouverneurs<br />

Turkestans K. P. von Kaufmann im Bezirk<br />

Aulie-Ata des Gebiets Syr-Darja. Sie wurden von Mennoniten<br />

aus den Bezirken Nowouzensk (Gouv. Samara) und<br />

Berdjansk (Gouv. Taurien) gegründet. Ca. 100 Mennonitenfamilien<br />

gründeten 1882 vier Siedlungen im Talas-Tal,<br />

die sich zur Nikolaipol-Gemeinschaft zusammenschlossen.<br />

Anfang der 1890er Jahre entstand im Bezirk Taschkent die<br />

Siedlung Konstantinowskij, gegründet durch die Abgänger<br />

von der Wolga.<br />

In den Jahren der Stolypin-Agrarreform setzte sich die<br />

Übersiedlung der Deutschen ins Gebiet Syr-Darja fort.<br />

Gegen 1912 zählte die ländliche deutsche Bevölkerung<br />

bereits 3 320 Personen. Dabei ging auch die Besiedlung des<br />

Gebiets Turgaj aktiv vor sich. 1914 machte dort die ländliche<br />

deutsche Bevölkerung 11 561 Personen aus.<br />

Das erste größere Ballungsgebiet deutscher Bauernbesiedlung<br />

in der Steppenregion (Stepnoj Kraj) entstand<br />

auf staatseigenen Land im Bezirk Omsk des Gebiets<br />

Akmolinsk, wo Mitte der 1890er Jahre von deutschen<br />

Kolonisten (hauptsächlich lutherischen Glaubens) aus den<br />

Gouvernements Saratow und Samara die Umsiedlerdörfer<br />

gegründet wurden. Mitte der 1890er Jahre entstand im<br />

Bezirk Omsk der Amtsbezirk (Wolost) Alexanrowka, der<br />

immer neue Kolonisten anzog, die auf der Suche nach<br />

freien Ländereien hinter den Ural zogen.<br />

Ende des 19. Jh. – Anfang des 20. Jh. entstanden deutsche<br />

Ansiedlungen in den Bezirken Akmolinsk, Koktschetaw,<br />

Atbassar und Petropawlowsk.<br />

Bis 1915 wurden im Gouvernement Akmolinsk auf<br />

staatseigenem Land 56 deutsche Ansiedlungen mit einem<br />

Landanteil von über 260 Tausend Desjatinen und einer<br />

Bewohnerzahl von ca. 27 Tausend Personen gegründet.<br />

Im Gebiet Semipalatinsk lebten bis dahin bereits ca. 6 Tausend<br />

Deutsche in acht deutschen Umsiedlerdörfer und<br />

mehreren Siedlungen, wo sie neben den Russen lebten.<br />

In diesem Gouvernement besaßen die Deutschen mehr<br />

als 60 Tausend Desjatinen Land.<br />

Образование немецких колоний<br />

в Азиатской России<br />

Abb. 243<br />

Abb. 244<br />

Abb. 245<br />

Abb. 246<br />

Первые немецкие поселения в Средней Азии возникли<br />

при поддержке генерал-губернатора Туркестана<br />

К. П. фон Кауфмана в начале 1880‐х гг. в Аулиеатинском<br />

уезде Сыр-Дарьинской области. Их основали<br />

немцы-меннониты из Новоузенского уезда Самарской<br />

и Бердянского уезда Таврической губерний. Около<br />

100 семей меннонитов основали в Таласской долине<br />

в 1882 г. четыре селения, которые объединились<br />

в одно Николайпольское общество. В начале 1890‐х гг.<br />

в Ташкентском уезде выходцами из Поволжья был<br />

основан поселок Константиновский.<br />

В годы столыпинской аграрной реформы переселение<br />

немцев в Сыр-Дарьинскую область возобновилось.<br />

К 1912 г. сельское немецкое население области насчитывало<br />

уже 3 320 чел. Активно шло заселение<br />

немцами и Тургайской области. К 1914 г. сельское<br />

немецкое население в ней составляло 11 561 чел.<br />

Первый крупный очаг немецкой крестьянской колонизации<br />

в Степном крае возник в Омском уезде<br />

Акмолинской области на государственных землях, где<br />

в середине 1890‐х гг. немцами-колонистами (в большинстве<br />

своем лютеранского вероисповедания) из Саратовской<br />

и Самарской губерний были образованы<br />

переселенческие поселки. В середине 90‐х гг. XIX в.<br />

в Омском округе была образована Александровская<br />

волость, которая притягивала к себе новые партии<br />

колонистов, отправлявшихся за Урал в поисках свободных<br />

земель.<br />

В конце XIX – начале XX в. возникли немецкие селения<br />

в Акмолинском, Кокчетавском, Атбасарском и<br />

Петропавловском уездах.<br />

К 1915 г. на казенных землях в Акмолинской губернии<br />

было образовано 56 немецких поселков с наделом<br />

более 260 тыс. дес. и населением около 27 тыс. чел.<br />

В Семипалатинской области к этому времени около<br />

6 тыс. немцев проживали в 8 немецких переселенческих<br />

поселках и некоторых поселках, где они жили<br />

совместно с русскими. В этой губернии немцы владели<br />

более 60 тыс. дес. земли.<br />

Илл. 243<br />

Илл. 244<br />

Илл. 245<br />

Илл. 246<br />

243. Генерал К. П. фон Кауфман (1818–1882). С литографии Л. Серякова по рисунку К. Брожа. 1870-е гг.<br />

General K. P. von Kaufmann (1818–1882). Lithographie von L. Serjakow nach einer Zeichnung von K. Brosch. 1870er Jahre.<br />

244. Карта заимок и немецких колоний в районе Сибирской железной дороги, между станциями Исиль-Куль и Омск. 1910<br />

Kartenskizze der Bauernsiedlungen und deutschen Kolonien entlang der Sibirischen Eisenbahn zwischen den Stationen Isil-Kul und Omsk. 1910<br />

245. Поселок Чукреевка в Омском уезде Акмолинской области. Фото. Начало ХХ в. Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />

Siedlung Tchukreevka im Bezirk Omsk, Gebiet Akmolinsk. Foto. Anfang 20. Jh. Staatliches historisch-heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />

246. Карта-схема расположения немецких переселенческих поселков в Павлодарском уезде Семипалатинской области в 1900–1914 гг.<br />

Kartenskizze der 1900–1914 im Bezirk Pawlodar, Gebiet Semipalatinsk gegründeten Niederlassungen deutscher Umsiedler


118 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

In den sibirischen Gouvernements ließen sich Ende des<br />

19. Jh. – Anfang des 20. Jh. die meisten Deutschen nieder,<br />

die ins asiatische Russland zogen. Die wichtigsten<br />

Siedlungsgebiete der deutschen bäuerlichen Kolonisation<br />

waren dort die Bezirke Tara und Tjukalinsk im Gouvernement<br />

Tobolsk; die Bezirke Barnaul, Smeinogorsk und<br />

Kainsk des Gouverements Tomsk.<br />

Die massenhafte deutsche bäuerlichen Kolonisation des<br />

Gouvernements Tomsk begann in den Jahren der Stolypin-<br />

Agrarreform. Die meisten Umsiedlerdörfer entstanden<br />

1907–1909 in der Kulunda-Steppe. Schließlich entstanden<br />

im Bezirk Barnaul zwei Deutsche Amtsbezirk: Orlowskaja<br />

und Noworomanowskaja.<br />

Nach Angaben der Gouvernements-Verwaltung Tomsk<br />

zählte das Gouvernement 1915 bereits 113 deutsche<br />

Siedlungen. Von ihnen befanden sich 93 Siedlungsorte<br />

im Bezirk Barnaul, 11 im Bezirk Smeinogorsk und<br />

9 im Bezirk Kainsk. Dort wie auch in einigen russischen<br />

Umsiedlerdörfern lebten ca. 36 Tausend deutsche<br />

Kolonisten, die mehr als 220 Tausend Desjatinen Land<br />

bearbeiteten.<br />

В сибирских губерниях в конце XIX – начале XX в.<br />

поселилась бóльшая часть немцев, переселившихся<br />

в Азиатскую Россию. Основными районами немецкой<br />

крестьянской колонизации здесь были Тарский<br />

и Тюкалинский уезды Тобольской губернии; Барнаульский,<br />

Змеиногорский и Каинский уезды Томской<br />

губернии.<br />

Массовая немецкая крестьянская колонизация Томской<br />

губернии началась в годы столыпинской аграрной<br />

реформы. Большинство переселенческих поселков возникло<br />

в 1907–1909 гг. в Кулундинской степи. В результате<br />

в Барнаульском уезде были образованы две немецкие<br />

волости – Орловская и Новоромановская.<br />

К 1915 г., по данным Томского губернского управления,<br />

в губернии насчитывалось уже 113 немецких селений.<br />

Из них 93 поселка находилось в Барнаульском<br />

уезде, 11 – в Змеиногорском и 9 – в Каинском уезде.<br />

В них, а также в некоторых русских переселенческих<br />

поселках проживали около 36 тыс. немцев-колонистов,<br />

имевших в пользовании более 220 тыс. дес.<br />

Abb. 247<br />

Sozialökonomische<br />

Entwicklung der deutschen<br />

Kolonien Ende des 19. Jh. –<br />

Anfang des 20. Jh.<br />

Die Modernisierungsprozesse, die in Umsiedlerdörfern<br />

des asiatischen Russlands vor sich gingen, verliefen in<br />

deutschen Kolonien dynamischer und tiefgründiger.<br />

In meisten Fällen erwiesen sich deutsche Wirtschaften<br />

nicht nur wohlhabender als diejenigen, die sie in ihren<br />

Ausgangsorten hinterlassen hatten, sondern sie unterschieden<br />

sich günstig von denen anderer Umsiedler. Verbesserte<br />

Viehrassen und das bessere Saatgut, die sie mitbrachten,<br />

Илл. 247<br />

Социально-экономическая<br />

эволюция немецких колоний<br />

в конце XIX – начале XX в.<br />

Модернизационные процессы, имевшие место в переселенческой<br />

деревне Азиатской России, в немецких<br />

колониях протекали более динамично и глубинно.<br />

Хозяйства немцев в большинстве случаев не только<br />

оказались зажиточнее тех, которые они оставили<br />

в местах выхода, но и выгодно отличались от хозяйств<br />

других переселенцев. Привезенные с собой улучшенные<br />

породы скота и сорта семян немцы смогли адаптировать<br />

к местным условиям. В немецких колониях<br />

получили распространение сложные земледельческие<br />

248<br />

247. Двор И. Ф. Матиса в Чунаевке Омского уезда. Фото. Начало ХХ в.<br />

Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />

Bauernhof von I. Ph. Matis in Tschunaevka, Bezirk Omsk. Foto. Anfang<br />

20. Jh. Staatliches historisch-heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />

247<br />

248. Мельница в с. Александровка (ныне Азовский<br />

немецкий национальный район Омской области).<br />

Фото А. Айсфельда. 1996<br />

Mühle in Alexandrowka (jetzt: Deutscher<br />

nationaler Rayon Asowo, Gebiet Omsk).<br />

Foto von A. Eisfeld. 1996


Немцы в российской истории 119<br />

konnten von ihnen an neue Verhältnisse angepasst werden.<br />

In den deutschen Kolonien waren komplizierte Ackerbaugeräte<br />

und -maschinen verbreitet, nicht selten gab es auch<br />

Mühlen mit Ölmotoren. Ferner waren die deutschen Wirtschaften<br />

im Vergleich zu anderen Siedlergruppen besser<br />

mit Vieh, Inventar und Saatgut versorgt und bemühten<br />

sich um die Erweiterung ihrer Warenproduktion. Daher<br />

kann man behaupten, dass sie einen beträchtlichen Beitrag<br />

zur wirtschaftlichen Erschließung der Region leisteten.<br />

Die lokale Bevölkerung und benachbarte Umsiedlerdörfer<br />

übernahmen bereitwillig von deutschen Umsiedlern<br />

fortschrittliche Wirtschaftsverfahren, Agrikultur, kauften<br />

bei ihnen Saatgut, Vieh und Arbeitsgeräte.<br />

Die Erfolge der deutschen Kolonisten ließen sich nicht<br />

nur durch ihr Wirtschaftspotential, enge Beziehungen<br />

zwischen die Tochter- und Mutterkolonien, sondern auch<br />

durch ein höheres Niveau der sozialökonomischen Motivation<br />

erklären, mit der sie auf neue Ländereien zogen.<br />

Sie zeichneten sich durch einen höheren Bildungsstand,<br />

durch Tüchtigkeit, Rationalismus, gegenseitige Hilfe und<br />

Nüchternheit aus. Dies alles steigerte ihre Möglichkeiten<br />

bei der Besiedlung, erleichterte die Anpassung an neue<br />

Verhältnisse und gab ihnen Vorteile gegenüber anderen<br />

Umsiedlern.<br />

Deutsche Farmwirtschaften<br />

in Sibirien Anfang des 20. Jh.<br />

Neben den Umsiedlerdörfern, die auf staatseigenem Land<br />

entstanden, wurden von den Deutschen in Sibirien mehrere<br />

Dutzend Einzelgehöfte und Siedlungen gegründet, die<br />

auf privatem oder auf dem vom Staat oder vom Sibirischen<br />

Kosakenheer gepachteten Grund und Boden lagen,<br />

sowie größere und mittlere Privatanwesen. Die wichtigsten<br />

Tätigkeitsrichtungen der deutschen Unternehmer waren<br />

der Getreideanbau und die Viehzucht. Viele deutsche<br />

Privatunternehmen erreichten in ihrer jeweiligen Gegend<br />

Spitzenerfolge nach der Produktion und Verarbeitung der<br />

Agrarprodukte, zeichneten sich einen hohen Grad der<br />

Mechanisierung und Zuchtarbeit aus.<br />

Deutschen, die sich auf Ländereien des Sibirischen Kosakenheeres<br />

niederließen, stammten i. d. R. aus den Gouvernements<br />

Cherson, Taurien und Jekaterinoslaw.<br />

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges bestanden auf Kosakenland<br />

bereits mehrere sehr große deutsche Landwirtschaftsbetriebe.<br />

Dazu gehörten u. a. der Landwirtschaftsbetrieb<br />

des Baron Wladimir Rudolfowitsch von<br />

Steingel, 20 Werst von Omsk entfernt. Er belieferte den<br />

lokalen Markt und die Armee mit Pferden. Der Landwirtschaftsbetrieb<br />

verfügte über eine Dampfdreschmaschine,<br />

20 Pflüge, 8 Sämaschinen, 100 Eggen, 6 Garbenbindemaschinen,<br />

4 Mäher und 30 Pferdewagen mit Eisenrädern.<br />

Im Sommer wurden 200 und im Winter 100 Lohnarbeiter<br />

beschäftigt.<br />

Der Landwirtschaftsbetrieb der in Omsk bekannten Persönlichkeit<br />

des öffentlichen Lebens Philipp Philippowitsch<br />

Stumpf lag am Ufer des Irtysch, 12 Werst von der Stadt entfernt.<br />

Seine wichtigste Branche war der Acker- und Pflanzenbau,<br />

es wurden Versuchsaaten durchgeführt. Mit der<br />

Abb. 248<br />

Abb. 249<br />

Abb.<br />

250, 251<br />

орудия и сельскохозяйственные машины, нередкими<br />

были мельницы с нефтяными двигателями. Хозяйства<br />

немцев, в сравнении с хозяйствами других переселенческих<br />

групп, значительно лучше были обеспечены<br />

скотом, инвентарем, посевом и стремились расширить<br />

свое товарное производство. Все это позволяет<br />

говорить о том, что немцы внесли значительный<br />

вклад в хозяйственное освоение региона. Местное<br />

население и соседние переселенческие поселки охотно<br />

перенимали у немецких переселенцев передовые<br />

методы хозяйствования, агрокультурную практику,<br />

приобретали семена, скот, орудия труда.<br />

Успехи немецких колонистов объяснялись не только<br />

их экономическим потенциалом, тесными связями<br />

дочерних и материнских колоний, но и более высоким<br />

уровнем социально-экономической мотивации, с которой<br />

они пришли на новые земли. Они отличались<br />

высоким уровнем образования, трудолюбием, рационализмом,<br />

взаимовыручкой, трезвостью. Все это<br />

усиливало их колонизационные возможности, облегчало<br />

процесс адаптации к новым условиям и давало<br />

преимущества перед другими переселенцами.<br />

Немецкие фермерские хозяйства<br />

в Сибири в начале XX в.<br />

Наряду с переселенческими поселками, появившимися<br />

на государственных землях, немцы основали<br />

в Сибири несколько десятков хуторов и поселков, возникших<br />

на частных и арендованных у государства или<br />

Сибирского казачьего войска землях, а также крупные<br />

и средние частновладельческие имения. Основными<br />

направлениями деятельности немецких предпринимателей<br />

были возделывание зерновых культур и<br />

животноводство. Многие из немецких предпринимательских<br />

хозяйств стали в своих регионах передовыми<br />

по производству и переработке сельскохозяйственной<br />

продукции, отличались высокой степенью механизации<br />

и селекционной работы.<br />

Селившиеся на землях Сибирского казачьего войска<br />

немцы были, как правило, выходцами из Херсонской,<br />

Таврической и Екатеринославской губерний.<br />

К началу Первой мировой войны на казачьих землях<br />

существовало уже несколько очень крупных немецких<br />

хозяйств. Таким, например, было хозяйство барона<br />

Владимира Рудольфовича Штейнгеля, находившееся<br />

в 20 верстах от Омска. Оно поставляло лошадей<br />

на местный рынок и в армию. В хозяйстве имелись<br />

паровая молотилка, 20 плугов, 8 сеялок, 100 борон,<br />

6 сноповязалок, 4 жнейки и 30 телег на железном<br />

ходу. Рабочих нанималось летом 200, а зимой –<br />

100 чел.<br />

Хозяйство Филиппа Филипповича Штумпфа, известного<br />

в Омске общественного деятеля, располагалось<br />

в 12 верстах от города, на берегу Иртыша. Его главной<br />

отраслью считалось полеводство, производились<br />

опытные посевы. Со временем оно стало одним из ведущих<br />

в крае по разведению улучшенных пород<br />

рабочих упряжных лошадей. В хозяйстве широко<br />

Илл. 248<br />

Илл. 249<br />

Илл.<br />

250, 251


249<br />

250<br />

251<br />

249. Усадьба К. А. Нейфельда. Омский государственный<br />

историко‐краеведческий музей, Омск<br />

Gehöft von K. A. Neufeld. Staatliches historisch-heimatkundliches<br />

Museum Omsk, Omsk<br />

250. Ф. Ф. Штумпф (1864–1921), гласный Омской городской думы,<br />

предприниматель и общественный деятель.<br />

Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />

Ph. Ph. Stumpf (1864–1921), Abgeordneter der Stadt-Duma von<br />

Omsk, Unternehmer, Persönlichkeit des öffentlichen Lebens.<br />

Staatliches historisch-heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />

251. План земли, арендованной Ф. Ф. Штумпфом. Начало ХХ в.<br />

Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />

Lageplan des gepachteten Landgutes Ph. Ph. Stumpfs. Anfang 20. Jh.<br />

Staatliches historisch-heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />

252<br />

252. И. Ф. Вибе с сыном. Фото. 1907. Омский государственный<br />

историко-краеведческий музей, Омск<br />

J. F. Wiebe mit Sohn. Foto. 1907. Staatliches historischheimatkundliches<br />

Museum Omsk, Omsk


Немцы в российской истории 121<br />

Zeit wurde es zu einem der führenden Landwirtschaftsbetriebe<br />

der Region für die Zucht verbesserter Zugpferderassen.<br />

Dort wurden Landmaschinen und -mechanismen breit<br />

angewandt, ferner gab es dort eine Wind-Dampf-Mühle<br />

und eine Käserei. Im Sommer wurden 60–70 und im<br />

Winter 30–35 Lohnarbeiten eingesetzt.<br />

1912 lagen 53 (ca. 46,0 %) der insgesamt 115 im „Gedenkbuch<br />

des Gebiets Akmolinsk von 1912“ erwähnten<br />

Großanwesen im deutschen Besitz.<br />

Deutsche Großfarmen entstanden auch im Bezirk<br />

Tjukalinsk des Gouvernements Tobolsk. So gab es z. B.<br />

1913 im Gutshof von G. A. Braun eine Ölmühle mit stationärem<br />

Ölmotor, von dem auch eine Dreschmaschine<br />

betrieben wurde. Darüber hinaus gab es eine Ölmühle<br />

mit Pferdeantrieb und eine Separiermaschine mit einer<br />

Stundenleistung von 55 Eimer Fertigprodukt.<br />

Einer der größten deutschen Gutsbesitze (mit 6 400 Desjatinen<br />

Land) Sibiriens befand sich im Amtsbezirk Krasnojarsk,<br />

Bezirk Ischim, Gouvernement Tobolsk und gehörte<br />

den Mennoniten I. F. Wiebe und I. I. Wiebe.<br />

Die Wirtschaftstätigkeit der deutschen Unternehmer wurde<br />

1911 auf der Ersten Westsibirischen Agrar-, Forst-,<br />

Industrie- und Handelsmesse in Omsk, wo sowohl russische,<br />

als auch ausländische Firmen aus Deutschland,<br />

Schweden, England, den USA, Österreich vertreten waren,<br />

hoch eingeschätzt. Russlanddeutsche Unternehmer waren<br />

hauptsächlich im Agrarbereich der Messe vertreten.<br />

Die Vertreter des deutschen Agrarunternehmertums, die<br />

eine zahlenmäßig unbedeutende Gruppe der ländlichen<br />

Bourgeoisie Sibiriens ausmachten, nahmen eine sehr wichtige<br />

Nische in der sozialen Struktur der Gesellschaft ein und<br />

spielten eine beträchtliche Rolle im wirtschaftlichen und<br />

sozialkulturellen Leben der Region. Als angesehene Vertreter<br />

der deutschen Diaspora in Sibirien spielten sie neben<br />

den führenden Vertretern der religiösen Gemeinden eine<br />

konsolidierende Rolle in der deutschen Diaspora.<br />

Abb. 252<br />

Abb.<br />

253–255<br />

использовались сельскохозяйственные машины и<br />

механизмы, также имелись ветряно-паровая мельница<br />

и сыроварня. Рабочих нанимали летом 60–70,<br />

а зимой – 30–35 чел.<br />

В 1912 г. из 115 крупных владений, описанных в «Памятной<br />

книжке Акмолинской области на 1912 год»,<br />

немцам принадлежали 53 (или 46,0 %).<br />

Крупные немецкие фермерские хозяйства появились и<br />

в Тюкалинском уезде Тобольской губернии. В имении<br />

Г. А. Брауна, например, по данным за 1913 г., находился<br />

маслобойный завод со стационарным нефтяным<br />

двигателем, обслуживающим и молотилку. Кроме него<br />

имелся маслодельный завод с конным приводом и<br />

сепаратором на 55 ведер в час.<br />

Одно из наиболее крупных частных немецких земельных<br />

владений (6400 дес.) в Сибири распоагалось<br />

в Красноярской волости Ишимского уезда Тобольской<br />

губернии и принадлежало меннонитам И. Ф. Вибе и<br />

И. И. Вибе.<br />

Хозяйственную деятельность немецких предпринимателей<br />

высоко оценили в 1911 г. на Первой<br />

Западно-Сибир ской сельскохозяйственной, лесной и<br />

торгово-промышленной выставке в Омске, где были<br />

представлены как российские, так и зарубежные фирмы<br />

из Германии, Швеции, Англии, США, Австрии. Российские<br />

немцы-предприниматели участвовали главным<br />

образом в сельскохозяйственных разделах.<br />

Представители немецкого сельскохозяйственного<br />

предпринимательства, составляя незначительную<br />

по численности группу сельской буржуазии Сибири,<br />

занимали очень важную нишу в социальной структуре<br />

общества и играли заметную роль в экономической<br />

и социально-культурной жизни края. Являясь<br />

наиболее авторитетными представителями немецкой<br />

диаспоры в Сибири, они, наряду с лидерами религиозных<br />

общин, выполняли консолидирующую роль<br />

в немецкой диаспоре.<br />

Илл. 252<br />

Илл.<br />

253–255<br />

DER ERSTE Weltkrieg<br />

Der Ausbruch des Krieges rief eine Intensivierung deutschfeindlicher<br />

Stimmungen in Russland hervor. Unter neuen<br />

Bedingungen äußerte der Generalgouverneur der Steppenregion<br />

(Stepnoj Kraj) E. O. von Schmitt sofort klipp und<br />

klar seine Einstellung zu deutschen Kolonien. Er sprach<br />

empört über „deutschen Separatismus“, den Unwillen der<br />

Kolonisten, die russische Sprache zu sprechen. „Und das<br />

zu einer Zeit“, rief er aus, „wo selbst die einheimische<br />

kirgisische Bevölkerung dank meinen Forderungen nach<br />

und nach anfängt russisch zu sprechen, und sich die russische<br />

Kultur zu eigen macht“. Es ist bemerkenswert, dass<br />

eine Person mit dem deutschen Namen E. O. von Schmitt<br />

der Begründer der Assimilationspolitik gegenüber den<br />

Deutschen in Sibirien war. Er rief die ihm unterstellten<br />

Polizeiorgane zum „repressiven Kampf gegen die Kolonien<br />

der Deutschen in unserem Heimatland“ auf.<br />

Den größten Widerhall in den Kreisen der sibirischen<br />

Administration fand in den Jahren des Ersten Weltkrieges<br />

die Idee der Liquidierung des deutschen Grund- und<br />

Bodenbesitzes und der Bodennutzung.<br />

Abb. 256<br />

Первая мировая война<br />

Начало войны вызвало активизацию антинемецких<br />

настроений в России. Сразу же и совершенно<br />

определенно обозначил свое отношение к немецким<br />

колониям в новых условиях генерал-губернатор Степного<br />

края Е. О. Шмит. Его возмущал «немецкий сепаратизм»,<br />

нежелание колонистов говорить по-русски.<br />

«… И это в то время, – восклицал генерал, – когда<br />

рядом туземное киргизское население, благодаря<br />

моим требованиям, постепенно начинает говорить порусски<br />

и приобщается к русской культуре». Носитель<br />

немецкой фамилии Е. О. Шмит положил начало ассимиляционной<br />

политике в отношении немцев в Сибири.<br />

Он призывал подведомственные ему полицейские<br />

органы к «репрессивной борьбе с колониями немцев<br />

внутри нашего отечества».<br />

Наиболее популярной в кругах сибирской администрации<br />

в годы Первой мировой войны была идея<br />

ликвидации немецкого землевладения и землепользования.<br />

Илл. 256


253<br />

254<br />

255


Немцы в российской истории 123<br />

Für die Liquidierung von Grundbesitz und Bodennutzung<br />

der Deutschen setzte sich in seiner Steppenregion der Generalgouverneur<br />

N. A. Suchomlinow ein. Aus seiner Sicht<br />

haben die Deutschen die in sie gesteckten Hoffnungen<br />

nicht erfüllt, „die russische Bevölkerung in modernere<br />

Methoden der landwirtschaftlichen Betätigung einzuführen“.<br />

Gleichen Standpunkt vertraten auch die Beamten<br />

für Übersiedlungsfragen im Gebiet Semipalatinsk, die<br />

meinten, dass kein Bedarf mehr besteht, Deutsche in<br />

der Steppenregion zu behalten. Im Ergebnis wurden am<br />

6. Februar 1917 die Liquidationsgesetze von 1915–1916<br />

auch auf die Gebiete Akmolinsk und Semipalatibnsk,<br />

Bezirke Barnaul und Smeinogorsk des Gebiets Tomsk und<br />

die Ländereien des Sibirischen Kosakenheeres ausgedehnt.<br />

Infolgedessen befanden sich Anfang 1917 viele deutsche<br />

Ansiedlungen, die auf privatem und gepachtetem Land<br />

entstanden, am Rande der Vernichtung. Ihre Vernichtung<br />

wurde nur durch den Sturz der Selbstherrschaft verhindert.<br />

Am 11. März 1917 wurde von der Provisorischen<br />

Regierung eine Verordnung über die Aussetzung der Liquidationsgesetze<br />

bis zum Beschluss der Konstituierenden<br />

Versammlung verabschiedet.<br />

Настойчиво добивался ликвидации немецкого землевладения<br />

и землепользования в своем крае Степной<br />

генерал-губернатор Н. А. Сухомлинов. По его мнению,<br />

немцы-колонисты не оправдали возлагавшихся на них<br />

надежд «приспособить русское население к более<br />

усовершенствованным способам ведения сельского<br />

хозяйства». Той же точки зрения придерживались и<br />

переселенческие чиновники в Семипалатинской области,<br />

которые полагали, что нет никакой надобности<br />

в дальнейшем оставлять немцев в Степном крае.<br />

В результате 6 февраля 1917 г. ликвидационные законы<br />

1915–1916 гг. были распространены также на Акмолинскую<br />

и Семипалатинскую области, Барнаульский<br />

и Змеиногорский уезды Томской области и земли<br />

Сибирского казачьего войска. В итоге в начале 1917 г.<br />

многие немецкие поселения, возникшие на частных и<br />

арендованных землях, оказались на грани уничтожения.<br />

И лишь свержение самодержавия предотвратило<br />

их гибель. 11 марта 1917 г. Временное правительство<br />

приняло постановление о приостановлении действия<br />

ликвидационных законов вплоть до решения Учредительного<br />

собрания.<br />

Autonomiebewegung<br />

der Deutschen in den Jahren<br />

der Revolution<br />

Nach dem Sturz der Selbstherrschaft standen vor den<br />

Kolonisten des asiatischen Russlands zwei Problemkomplexe<br />

– der sozialökonomische und national-kulturelle,<br />

von deren Lösung ihre Zukunft abhing. Die auf dem Anteilland<br />

lebenden Kolonisten waren nicht abgeneigt, ihre<br />

Bodenanteile zu erweitern und qualitativ zu verbessern.<br />

Für nicht eingetragene Umsiedler, deren Zahl sich in den<br />

Jahren des ersten Weltkrieges stark erhöhte, war die Frage<br />

Автономистское движение<br />

немцев в годы революции<br />

После свержения самодержавия перед колонистами<br />

Азиатской России стояли два комплекса проблем,<br />

от решения которых зависело их будущее: социально-экономический<br />

и национально-культурный. Колонисты,<br />

жившие на надельной земле, не прочь были<br />

увеличить или качественно улучшить свои наделы.<br />

Для неприписанных переселенцев, число которых<br />

в годы Первой мировой войны значительно возросло,<br />

главным был вопрос о землеустройстве. Хозяева<br />

Выставочные павильоны на Первой Западно-Сибирской сельскохозяйственной,<br />

лесной и торгово-промышленной выставке (г. Омск). Фото А. А. Антонова. 1911.<br />

Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск:<br />

Ausstellungs-Pavillons auf der I. Westsibirischen Landwirtschafts-, Forst-, Handelsund<br />

Industrie-Messe (Omsk). Foto von A. A. Antonow. 1911. Staatliches historischheimatkundliches<br />

Museum Omsk, Omsk:<br />

253. Переселенческий павильон<br />

Umsiedler-Pavillon<br />

254. Павильон Товарищества сельскохозяйственных машин М. Гельферих-Саде<br />

Pavillon der Gesellschaft für Landmaschinenbau M. Helferich-Sade<br />

255. Сельскохозяйственная мельница<br />

Landwirtschaftliche Mühle<br />

256. Е.О. Шмит (1844–1915), генерал-губернатор Степного края.<br />

Фото А.А. Антонова. Начало ХХ в. Омский государственный<br />

историко‐краеведческий музей, Омск<br />

E.O. Schmidt (1844–1915), Generalgouverneur der Steppe. Foto von A.A. Antonow.<br />

Anfang 20. Jh. Staatliches historisch‐heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />

256


257<br />

259<br />

258<br />

257. Лютеранский пастор Я. Штах (1865–1944), один<br />

из инициаторов немецкого движения в Сибири<br />

в 1917 г. Фото. Начало ХХ в.<br />

Evangelisch-lutherischer Pastor Ja. Stach (1865–1944),<br />

einer der Initiatoren der deutschen Autonomiebewegung<br />

in Sibirien 1917. Foto. Anfang 20. Jh.<br />

258. Делегатская карточка пастора Я. Штаха на I Сибирский<br />

областной съезд. 1917. Государственный архив<br />

Томской области, Томск<br />

Delegiertenkarte von Pastor Ja. Stach, I. Sibirischer Gebietskongress.<br />

1917. Staatliches Gebietsarchiv Tomsk, Tomsk<br />

259. Депутаты Сибирской областной думы:<br />

сидят Ф. Ф. Фрезе, И. Г. Реннер, Г. И. Шварц;<br />

стоят Г. Г. Больдт, П. П. Больдт. Фото. 1918.<br />

Омский государственный историко-краеведческий<br />

музей, Омск<br />

Abgeordnete der Sibirischen Gebiets-Duma<br />

sitzend: F. F. Fröse, J. G. Renner, G. J. Schwarz;<br />

stehend: H. H. Boldt, P. P. Boldt. Foto. 1918. Staatliches<br />

historisch-heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />

260. Прошение о регистрации учредителей Всесибирского союза сибирских<br />

граждан немецкой национальности. 1918. Государственный архив Омской<br />

области, Омск<br />

Antrag der Vereinsgründer auf Registrierung der Satzung des „Allsibirischen<br />

Verbandes sibirischer Bürger deutscher Volkszugehörigkeit“.<br />

1918. Staatliches Gebietsarchiv Omsk, Omsk<br />

260


Немцы в российской истории 125<br />

nach der Landzuteilung von erstrangiger Bedeutung. Die<br />

Besitzer privater und gepachteter Agrarbetriebe waren<br />

bemüht, ihre Anwesen und die dort eingerichteten Agrarproduktionen<br />

zu bewahren. Alle Kolonisten träumten<br />

von stabiler positiver Einstellung der lokalen und zentralen<br />

Macht ihnen gegenüber, die für erfolgreiche Wirtschaftsführung<br />

so unentbehrlich war.<br />

Äußerst wichtig war für die Kolonisten die Bewahrung ihrer<br />

nationalen Eigenart, die ihren Ausdruck in bestimmten<br />

religiösen, kulturellen, wirtschaftlichen Traditionen fand.<br />

Die Kolonie als ein selbstgenügsames System zwischenmenschlicher<br />

Beziehungen war bemüht, sich mit allen<br />

Mitteln vor äußeren Einflüssen zu schützen. Jedoch war<br />

so eine nationale Abschaffung unter den Bedingungen des<br />

realen Lebens unmöglich und aussichtslos. Es war wichtig,<br />

die Gleichberechtigung mit anderen Nationalitäten und<br />

Anerkennung der nationalen Interessen auf staatlicher<br />

Ebene zu erlangen.<br />

Trotz der für deutsche Kolonisten typischen Absonderung<br />

gerieten sie, im asiatischen Russland angekommen, in ein<br />

buntes ethnisches Gefüge und wurden unvermeidlich in<br />

neue wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen einbezogen.<br />

Dadurch waren sie durch die Assimilation und den<br />

Verlust einiger ethnisch bestimmender Merkmale bedroht.<br />

Besonders verschärften sich die Assimilationstendenzen<br />

während des Ersten Weltkrieges. Vor diesem Hintergrund<br />

entwickelte sich bei deutschen Kolonisten intensiv ein<br />

Diaspora-Gefühl, d. h. es bildeten sich neue Eigenschaften<br />

heraus, unter denen die Fähigkeit, eigene Nischen im System<br />

der Arbeitsteilung und sozialen Rollenverteilung zu finden,<br />

besondere kulturelle und psychologische Merkmale und eine<br />

spezifische Mentalität die wichtigste Rolle spielten.<br />

1917–1919 veränderten sich der Inhalt, die Formen und<br />

Ausmaße der Teilnahme an öffentlichen Leben der deutschen<br />

Diaspora in Sibirien, es stieg das Niveau der ethnischen<br />

Konsolidierung der Deutschen. Sie schalteten sich<br />

aktiv in die Bewegung um die Gründung ihrer eigenen<br />

administrativ-territorialen Einheit im Gouvernement Tobolsk<br />

(Amtsbezirk Borodinskaja), um sich vor den Eingriffen<br />

des lokalen Wolost-Komitees zu schützen, und waren<br />

dabei erfolgreich. Auf der Versammlung deutschstämmiger<br />

Bürger in Slawgorod und Omsk im Mai-Juni 1917 wurden<br />

die Grundlagen für den Prozess der nationalen Selbstorganisation<br />

in der Region und eine Reihe konkreter Maßnahmen<br />

festgelegt, die den Aufgaben der national-kulturellen<br />

Autonomie entsprachen. Die Deutschen standen für ihre<br />

Interessen bei den Wahlen zu städtischen Dumas und<br />

zur Konstituierenden Versammlung, bei der Arbeit der<br />

Sibirischen Gebiets-Duma ein. In der Regierungszeit der<br />

antibolschewistischen Regierungen in Sibirien bildete der<br />

Versuch, einen Gesamtsibirischen Verband der sibirischen<br />

Bürger deutscher Volkszugehörigkeit zu gründen, den Höhepunkt<br />

der Autonomiebewegung der Deutschen.<br />

Die Intensivierung des Prozesses der nationalen Selbstorganisation<br />

der Sibirien-Deutschen wurde 1917–1919<br />

einerseits durch die allgemeinen demokratischen Umgestaltungen<br />

im Lande und andererseits durch den Drang<br />

hervorgerufen, ihre in den Jahren des Ersten Weltkrieges<br />

verletzten wirtschaftlichen und national-kulturellen<br />

Abb.<br />

257, 258<br />

Abb. 259<br />

Abb. 260<br />

частно владельческих и арендаторских хозяйств<br />

стремились сохранить имения и налаженное в них<br />

сельскохозяйственное производство. Все колонисты<br />

мечтали о стабильном позитивном отношении к ним<br />

со стороны местных и центральных властей, так необходимом<br />

для успешного ведения хозяйства.<br />

Чрезвычайно важной для всех колонистов была проблема<br />

сохранения своей национальной самобытности,<br />

проявлявшейся в определенных религиозных,<br />

культурных, хозяйственных традициях. Будучи<br />

само достаточной системой человеческих взаимоотношений,<br />

колония всячески старалась оберегать<br />

себя от вторжения извне. Но в условиях реальной<br />

жизни подобный национальный изоляционизм был<br />

практически невозможен и бесперспективен. Важно<br />

было добиться равноправия с другими нациями и<br />

признания своих национальных интересов на государственном<br />

уровне.<br />

Несмотря на присущее немецким колонистам обособление<br />

они, оказавшись в Азиатской России вкрапленными<br />

в иноэтническую среду, с неизбежностью<br />

втягивались в новые хозяйственные и культурные<br />

связи. Это грозило им ассимиляцией и возможной потерей<br />

некоторых этнообразующих признаков. Ассимиляционные<br />

тенденции особенно обострились в годы<br />

Первой мировой войны. В этих условиях у немецких<br />

колонистов интенсивно шло формирование комплекса<br />

диаспоральности, т. е. приобретение новых качеств и<br />

свойств, важнейшими из которых были умение найти<br />

свою нишу в системе разделения труда и социальных<br />

ролей, особые культурные и психологические характеристики,<br />

специфическая ментальность.<br />

В 1917–1919 гг. происходит изменение содержания,<br />

форм и масштабов общественной жизнедеятельности<br />

немецкой диаспоры в Сибири, повышается уровень<br />

этнической консолидации немцев. Они активно<br />

включились в движение за создание своей административно-территориальной<br />

единицы в Тобольской<br />

губернии (Бородинская волость) с целью защитить<br />

себя от посягательств местного волостного комитета<br />

и добились в этом успеха. На собраниях граждан<br />

немецкой национальности в Славгороде и Омске<br />

в мае-июне 1917 г. было положено начало процессу<br />

национальной самоорганизации в регионе и намечен<br />

ряд конкретных мероприятий, соответствующих задачам<br />

национально-культурной автономии. Немцы<br />

отстаивали свои интересы на выборах в городские<br />

думы и Учредительное собрание, в работе Сибирской<br />

областной думы. В период правления антибольшевистских<br />

правительств в Сибири апогеем автономистского<br />

движения немцев стала попытка создания ими<br />

Всесибирского союза сибирских граждан немецкой<br />

национальности.<br />

Активизация процесса национальной самоорганизации<br />

сибирских немцев в 1917–1919 гг. была вызвана,<br />

с одной стороны, известными демократическими преобразованиями<br />

в стране, а с другой – их стремлением<br />

отстоять легитимным путем свои экономические<br />

и национально-культурные интересы, ущемленные<br />

Илл.<br />

257, 258<br />

Илл. 259<br />

Илл. 260


126 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Interessen auf legitimem Wege wiederherzustellen. Während<br />

sie sich anfangs um die Bewahrung ihrer kulturellen,<br />

sprachlichen, konfessionellen und wirtschaftlichen<br />

Identität und Eigenart einsetzten, kamen die Vertreter der<br />

deutschen Diaspora mit ihrer Elite an der Spitze recht<br />

schnell zur Einsicht der Notwendigkeit einer Selbstverwaltung<br />

über die Institute der national-kulturellen Autonomie.<br />

Jedoch konnte die Idee der national-kulturellen<br />

Autonomie unter den Bedingungen eines erbitterten<br />

Machtkampfes in Russland unmöglich realisiert werden.<br />

Daher bestand die wichtigste Tätigkeit bei der Selbsterhaltung<br />

und Regeneration der deutschen Diaspora als<br />

eines eigentümlichen Systems formeller und informeller<br />

Beziehungen im asiatischen Russland hauptsächlich aus<br />

den Aktivitäten religiöser Gemeinden, die ihrerseits die<br />

Arbeit der Bildungs-, Wohlfahrts-, Kultur- und Aufklärungsorganisationen<br />

förderten.<br />

в годы Первой мировой войны. Выступая первоначально<br />

за сохранение культурной, языковой, конфессиональной<br />

и хозяйственной идентичности и<br />

самобытности, представители немецкой диаспоры<br />

во главе со своей элитой достаточно быстро пришли<br />

к осознанию необходимости самоуправления через<br />

институты культурно-национальной автономии.<br />

Однако в условиях ожесточенной борьбы за власть<br />

в России реализовать идею национально-культурной<br />

автономии оказалось невозможно. Поэтому основным<br />

способом поддержания и воспроизводства немецкой<br />

диаспоры в Азиатской России, как специфической системы<br />

формальных и неформальных связей, являлась<br />

деятельность религиозных общин, которые, в свою<br />

очередь, стимулировали деятельность образовательных,<br />

благотворительных, культурно-просветительных<br />

организаций.<br />

Sozialistische<br />

Transformationen<br />

in deutschen Kolonien<br />

Социалистические<br />

трансформации<br />

в немецких колониях<br />

Abb.<br />

261, 262<br />

Die Evolutionsentwicklung der deutschen Kolonien im<br />

asiatischen Russland wurde durch die Ereignisse von<br />

1917–1919 unterbrochen. Durch die von der Sowjetmacht<br />

in der Zeit des Kriegskommunismus unternommenen<br />

Agrarmaßnahmen wurden sie an den Rand totalen Ruins<br />

gebracht. Die normalen und gewohnten Wirtschaftsbeziehungen<br />

der Kolonisten mit der Stadt über den Markt wurden<br />

durch die Ablieferungspflicht unterbrochen, die einen<br />

drastischen Rückgang des Handels und der Produktion für<br />

den Eigenbedarf der Kolonistenhöfe zur Folge hatte. Große<br />

und auch viele mittlere Farmwirtschaften wurden infolge<br />

der Nationalisierung und Änderung der Rechtsform<br />

aufgelöst, jetzt hießen sie Sowjet-Betriebe. Die Versuche<br />

der deutschen Unternehmer, mit der neuen Macht zusammenzuarbeiten,<br />

scheiterten. Ihre Lebenserfahrungen und<br />

Wirtschaftspotentiale waren nicht gefragt.<br />

Trotzdem erlebten deutsche Kolonien in den Jahren<br />

1925–1928 eine kurze Wiedergeburt unter den Bedingungen<br />

einer stürmischen kapitalistischen Entwicklung<br />

von Privatunternehmen. Besonders betraf dies die Mennonitensiedlungen.<br />

Neue Wirtschaftsverhältnisse, die<br />

Tätigkeit der Wohlfahrtsorganisation „Amerikanische<br />

Mennonitenhilfe“, der Allrussische Mennonitische Landwirtschaftsverein,<br />

verstärkte Mechanisierung, günstige<br />

demographische Situation, ein hohes Bildungsniveau der<br />

deutschen Landbevölkerung und schließlich die selbstlose<br />

Arbeit der Deutschen brachten ihre Früchte. Sie erreichten<br />

bedeutende Erfolge in der Selektions- und Zuchtarbeit,<br />

strebten eine Intensivierung der Agrarproduktion an,<br />

gründeten Verarbeitungsbetriebe und entwickelten den<br />

Handel. Die deutschen Landwirtschaftsbetriebe wiesen<br />

nach vielen Parametern einen bedeutenden Vorsprung<br />

gegenüber dem statistischen Durchschnitt auf.<br />

Jedoch erlitt die Wirtschaft der deutschen Landwirtschaftsbetriebe<br />

einen vernichtenden Schlag durch die<br />

1928–1929 unter den Bedingungen der stalinistischen<br />

„Revolution von oben“ angefangene Modernisierung der<br />

Илл.<br />

261, 262<br />

События 1917–1919 гг. прервали эволюционное развитие<br />

немецких колоний в Азиатской России. Аграрные<br />

мероприятия, проведенные советской властью<br />

в период «военного коммунизма», поставили их<br />

на грань полнейшего разорения. Продразверстка<br />

нарушила обычные и привычные для колонистов<br />

экономические связи с городом через рынок и привела<br />

к резкому свертыванию торговли и натурализации<br />

колонистских хозяйств. Крупные и многие средние<br />

фермерские хозяйства были уничтожены в результате<br />

национализации и изменения организационно-правовой<br />

формы – отныне они стали называться советскими<br />

хозяйствами. Попытки сотрудничества немецких<br />

предпринимателей с новой властью не увенчались<br />

успехом. Их жизненный опыт и хозяйственный потенциал<br />

оказались невостребованными.<br />

Тем не менее в 1925–1928 гг. на фоне бурного капиталистического<br />

развития единоличных хозяйств немецкие<br />

колонии пережили короткий период своего нового<br />

возрождения. Особенно это относится к меннонитским<br />

поселениям. Новые экономические условия,<br />

деятельность благотворительной организации «Американская<br />

меннонитская помощь» и Всероссийского<br />

меннонитского сельскохозяйственного общества, усиленная<br />

механизация, благоприятная демографическая<br />

ситуация и высокий уровень грамотности сельского<br />

немецкого населения, наконец, самоотверженный труд<br />

самих немцев дали свои результаты. Они добились<br />

значительных успехов в селекционной и племенной<br />

работе, стремились к интенсификации сельскохозяйственного<br />

производства, создавали перерабатывающие<br />

предприятия, развивали торговлю. По многим<br />

экономическим показателям немецкие хозяйства значительно<br />

превосходили среднестатистические.<br />

Но начавшаяся в 1928–1929 гг. в условиях сталинской<br />

«революции сверху» модернизация социально-экономической<br />

структуры России нанесла сокрушительный


Немцы в российской истории 127<br />

sozialökonomischen Struktur Russlands. Die kurzfristige<br />

Rückkehr zum Evolutionsweg der kapitalistischen<br />

Marktwirtschaft in der Zeit der NÖP wurde durch eine<br />

konservative Revolution abgelöst. In deutschen Kolonien<br />

mit ihren besonders stark ausgeprägten kapitalistischen<br />

Verhältnissen, waren die Folgen der konservativen stalinistischen<br />

Modernisierung besonders spürbar. Die wirtschaftlich<br />

irrationelle Politik der Sowjetführung gegenüber<br />

den Kolonisten wurde auf harte Einschränkung ihrer<br />

Initiative und ihres Unternehmergeistes gerichtet.<br />

Dies hatte ernsthafte sozialökonomische und demographische<br />

Folgen. Im Ergebnis einer Vernichtung bzw.<br />

ernsthaften Untergrabung von Wirtschaftspositionen<br />

der wohlhabenden und der mittleren Schicht deutscher<br />

Kolonien kam es zu einem drastischen Rückgang der<br />

Agrarproduktion. Die Ausreisebewegung, die einen bedeutenden<br />

Teil der deutschen Bevölkerung erfasste, führte<br />

im Endergebnis zum Untergang dieser Betriebe. Die von<br />

der Sowjetmacht in den 1920er und 1930er Jahren ergriffenen<br />

Maßnahmen zur Kollektivierung deutscher Landwirtschaftsbetriebe<br />

im asiatischen Russland hatten einen<br />

Abgleich der sozialökonomischen Struktur der früheren<br />

deutschen Kolonien zur Folge. In dieser Phase ihrer<br />

Geschichte wiesen die Kolonisten, die jetzt schon als<br />

einfache deutsche Kolchosbauern galten, so gut wie keine<br />

Unterschiede von anderen Akteuren des „sozialistischen<br />

Wirtschaftssektors“ auf.<br />

Die deutschen Kolonien im asiatischen Russland, die vor<br />

nicht allzu langer Zeit wirtschaftlich gut gestellt waren,<br />

wurden von der Sowjetmacht in der Zeit der Ausnahmezustände<br />

geschwächt und ruiniert, als sozialökonomische<br />

Selbstverwaltungsgebilde des kapitalistischen Typs zugrundegerichtet<br />

und einer Zwangskollektivierung unterzogen,<br />

die bereits zum Jahr 1931 abgeschlossen wurde.<br />

Abb.<br />

263, 264<br />

удар экономике немецких хозяйств. Кратковременный<br />

возврат в годы НЭПа к эволюцион ному пути развития<br />

капиталистической рыночной экономики сменился<br />

консервативной революцией. В немецких колониях,<br />

где капиталистические отношения были особенно развиты,<br />

последствия консервативной сталинской модернизации<br />

были наиболее ощутимы. Иррациональная<br />

с экономической точки зрения политика советского<br />

государства по отношению к колонистам была направлена<br />

на жесткое ограничение их инициативы и<br />

предприимчивости.<br />

Это привело к серьезным социально-экономическим<br />

и демографическим последствиям. В результате разрушения<br />

либо серьезного подрыва экономических<br />

позиций зажиточных и средних слоев немецких<br />

колоний произошло резкое падение сельскохозяйственного<br />

производства. Эмиграционное движение,<br />

охватившее значительную часть немецкого населения,<br />

способствовало в конечном итоге разорению многих<br />

хозяйств. Проведенные же советской властью на рубеже<br />

1920‐х – 1930‐х гг. мероприятия по коллективизации<br />

немецких хозяйств в Азиатской России привели<br />

к нивелировке социально-экономической структуры<br />

в теперь уже бывших немецких колониях. На этом<br />

этапе своей истории колонист, ставший немецким<br />

колхозником, уже мало чем отличался от других участников<br />

«социалистического сектора» экономики.<br />

Бывшие еще совсем недавно благополучными в экономическом<br />

отношении немецкие колонии в Азиатской<br />

России, подавленные и обескровленные советской<br />

властью в период «чрезвычайщины», были уничтожены<br />

как саморегулируемые социально‐хозяйственные<br />

образования капиталистического типа и подвергнуты<br />

насильственной коллективизации, завершившейся<br />

практически уже к началу 1931 г.<br />

Илл.<br />

263, 264<br />

261. Сельскохозяйственная ярмарка<br />

в Исилькуле (Омский уезд) в годы НЭПа.<br />

Фото. 1920-е гг. Издательство<br />

«Заменкорн», Штейнхаген – Исиль-Куль<br />

Landwirtschaftlicher Jahrmarkt in Isilkul,<br />

Bezirk Omsk. NÖP-Zeit. Foto. 1920er Jahre.<br />

Verlag „Samenkorn“, Steinhagen – Isil-Kul<br />

261


262<br />

263<br />

262. Исилькульское кредитное товарищество, с помощью которого многие крестьяне<br />

в годы НЭПа смогли обзавестись сельскохозяйственным инвентарем. Фото. 1920-е гг.<br />

Издательство «Заменкорн», Штейнхаген – Исиль-Куль<br />

Kreditgenossenschaft in Isilkul. Hier konnte in den NÖP-Jahren viele Bauern landwirtschaftliches<br />

Gerät beschaffen. Foto. 1920er Jahre. Verlag „Samenkorn“, Steinhagen – Isil-Kul<br />

263. Уборка урожая в колхозе (Аполлоновка). Фото. 1930-е гг. Издательство «Заменкорн»,<br />

Штейнхаген – Исиль-Куль<br />

Erntearbeiten in der Kolchose (Apollonowka). Foto. 1930-er Jahre. Verlag „Samenkorn“,<br />

Steinhagen – Isil-Kul


264<br />

264. Заявление Я. Франца (х. Аполлоновка Исилькульского р-на) о вступлении в колхоз «Новый колос».<br />

1931. Издательство «Заменкорн», Штейнхаген – Исиль-Куль.<br />

Antrag von Ja. Franz (Vorwerk Apollonowka, Rayon Isil-Kul) über die Aufnahme in die Kolchose „Neue Ähre“.<br />

1931. Verlag „Samenkorn“, Steinhagen – Isil-Kul.


130 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Russlanddeutsche Unternehmer in 19. Jahrhundert<br />

und zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

Предпринимательство российских немцев<br />

в XIX – начале ХХ в.<br />

Ju. A. Petrow (Moskau)<br />

Ю. А. Петров (Москва)<br />

Westeuropäer waren untrennbar mit der Geschäftswelt<br />

in Russland verbunden und bildeten<br />

zum Teil ganze Unternehmerdynastien.<br />

Sie waren ein Phänomen des ausländischen Unternehmertums,<br />

das einen wichtigen Beitrag zur industriellen<br />

Entwicklung im vorrevolutionären Russland leistete. Eine<br />

führende Rolle unter den ausländischen Unternehmern im<br />

Reich spielten dabei Unternehmer, die aus deutschen Staaten<br />

oder später aus dem Deutschen Reich stammten.<br />

Organisatorisch traten deutsche Unternehmer bis in die<br />

1860er Jahre fast nur als Einzelperson in Erscheinung:<br />

Sie investierten ihr Kapital in Betriebe der Familie oder<br />

in Unternehmen von Verwandten und privaten Partnern.<br />

Später legten sie das in Russland erwirtschaftete Kapital<br />

in russischen Aktiengesellschaften, wie Eisenbahn-,<br />

Finanz- oder Handels- und Industriegesellschaften, an<br />

und wandelten auch eigene Unternehmen in Aktiengesellschaften<br />

um. Daher kann man sie auch keinesfalls dem<br />

ausländischen Kapital zuordnen, da sie ihr Vermögen in<br />

der Regel über mehrere Generationen hinweg in Russland<br />

erwirtschafteten und die erzielten Gewinne in russische<br />

Unternehmen reinvestierten.<br />

Den Angaben der russischen Volkszählung von 1897 zufolge<br />

lebten von 1,8 Mio. Menschen, die ihrer Muttersprache<br />

nach Deutsche waren, ca. 400 000 in Städten. 12 000 davon<br />

waren unternehmerisch tätig und gehörten Kaufmannsgilden<br />

an. In der Geschäftswelt der großen Wirtschaftsregionen<br />

Russlands bildeten sie eine einflussreiche Gruppe. Jede<br />

regionale Gruppe deutscher Unternehmer wirkte autonom<br />

innerhalb der eigenen Region, hatte sich den örtlichen Gegebenheiten<br />

angepasst und in das dortige Wirtschaftleben<br />

integriert. Es konnte nicht festgestellt werden, dass allein<br />

aus Gründen der ethnischen Zusammengehörigkeit überregionale<br />

Beziehungen geknüpft wurden. Trotzdem hielten<br />

die Deutschen auch als Teil des Unternehmertums Russlands<br />

an ihren nationalen und kulturellen Besonderheiten,<br />

Неотъемлемым элементом предпринимательского<br />

мира России являлись выходцы<br />

из западноевропейских стран, немалая<br />

часть которых образовала целые деловые династии.<br />

Они представляли феномен иностранного предпринимательства,<br />

которому принадлежит важная заслуга<br />

в деле индустриального развития дореволюционной<br />

России. Ведущие позиции в составе иностранного<br />

предпринимательства в империи занимали уроженцы<br />

германских государств, а позднее – Германии.<br />

В организационном плане до 1860‐х гг. немецкие<br />

предприниматели действовали почти исключительно<br />

индивидуально, вкладывая свой капитал в предприятия<br />

семьи, родственников или частных партнеров.<br />

Впоследствии они охотно инвестировали накопленные<br />

в России капиталы в российские акционерные<br />

компании (железнодорожные, финансовые, торговопромышленные),<br />

реорганизуя и свои предприятия<br />

в акционерные общества. Поэтому их нельзя относить<br />

к представителям иностранного капитала, поскольку<br />

свои состояния они обычно создавали в России на протяжении<br />

нескольких поколений, а полученные прибыли<br />

реинвестировали в российские же предприятия.<br />

По данным Всероссийской переписи (1897), из 1,8 млн<br />

немцев (по языку) в городах проживали около<br />

400 тыс. чел., из них 12 тыс. профессионально занимались<br />

предпринимательством, будучи записаны<br />

в купеческие гильдии. Они представляли влиятельную<br />

группу в составе делового мира основных экономических<br />

регионов России. Каждая из региональных групп<br />

немецких предпринимателей действовала автономно<br />

в рамках данного региона, приспосабливаясь к местным<br />

условиям и интегрируясь в экономическую жизнь.<br />

Попыток установления межрегиональных контактов<br />

по этническому признаку не наблюдалось. Вместе с тем,<br />

будучи частью российского предпринимательского


Немцы в российской истории 131<br />

insbesondere an Sprache und Konfession, fest. Eine Tendenz<br />

zur Assimilation und Akkulturation lässt sich erst für die<br />

zweite bzw. dritte Generation feststellen.<br />

Da die deutschen Unternehmer mit den europäischen Geschäftstraditionen<br />

vertraut waren, über die entsprechenden<br />

Sprachkenntnisse und Beziehungen zu europäischen Geschäftspartnern<br />

verfügten, konnten sie die Rolle einer Brücke<br />

zwischen Unternehmern in Russland und Westeuropa,<br />

insbesondere im Außenhandel, übernehmen. Auch wenn sie<br />

nur einen prozentual kleinen Teil innerhalb der deutschen<br />

Gemeinde bildeten, spielten Unternehmer durch ihren<br />

wirtschaftlichen Einfluss und durch großzügige Spenden für<br />

wohltätige und Bildungszwecke eine führende Rolle.<br />

Der rechtliche Status eines Unternehmers deutscher Herkunft<br />

richtete sich nach dessen Staatszugehörigkeit. Wer<br />

russischer Untertan (Russlanddeutscher) wurde, unterschied<br />

sich in nichts von anderen Untertanen der russischen<br />

Krone. Wer bis zu Beginn der 1860er Jahre noch<br />

Angehöriger eines deutschen Staates (Reichsdeutscher)<br />

war, benötigte eine Sondergenehmigung der Regierung,<br />

um in Russland geschäftlich tätig sein zu können. Mit<br />

den zwischen 1863 und 1865 erlassenen Gesetzen wurde<br />

die Gleichheit zwischen russischen und ausländischen<br />

Untertanen, die in Industrie und Handel tätig waren, hergestellt.<br />

Diese Gleichheit bezog sich auch auf den Erwerb<br />

von Immobilien im gesamten Reichsgebiet, ausgenommen<br />

waren lediglich die kürzlich angeschlossenen Grenzgebiete<br />

im Fernen Osten, in Mittelasien usw.<br />

Abb. 265<br />

мира, немцы сохраняли национально-культурную<br />

обособленность (прежде всего языковую и конфессиональную).<br />

Тенденция к ассимиляции и аккультурации<br />

наблюдалась лишь во втором-третьем поколении.<br />

Знакомство с европейской деловой традицией, знание<br />

языков, партнерские отношения с западноевропейскими<br />

бизнесменами давали немецким предпринимателям<br />

в России возможность выступать в роли моста,<br />

соединяющего российское и западноевропейское<br />

предпринимательство, в особенности в сфере внешней<br />

торговли. Несмотря на относительную немногочисленность,<br />

в составе немецкой общины предприниматели<br />

играли ведущую роль благодаря своему экономическому<br />

влиянию и щедрым пожертвованиям на благотворительные<br />

и просветительские цели.<br />

Правовой статус предпринимателя немецкого происхождения<br />

зависел от его подданства. Принявшие российское<br />

подданство ничем не отличались от прочих подданных<br />

российской короны. Сохранявшим подданство<br />

германских государств до начала 1860‐х гг. требовалось<br />

особое разрешение правительства на ведение операций<br />

в России. Законы 1863–1865 гг. установили равенство<br />

между российскими и иностранными подданными в занятиях<br />

торговлей и промышленностью, а также право<br />

приобретения ими недвижимости по всей территории<br />

империи, за исключением недавно присоединенных<br />

окраин (Дальний Восток, Средняя Азия и др.).<br />

Илл. 265<br />

St. Petersburg<br />

Санкт-Петербург<br />

Das führende Zentrum wirtschaftlicher Aktivitäten von<br />

Deutschen war St. Petersburg. Hier lebten die meisten<br />

Deutschen, die sich in einer Stadt des Russischen Reiches<br />

niedergelassen hatten. Am Vorabend des Ersten Weltkrieges<br />

waren ca. 46 000 Petersburger ihrer Muttersprache<br />

nach Deutsche. Von 16 000 Petersburger Kaufleuten der<br />

1. und 2. Gilde gehörten 1 000 der deutschen Gemeinde<br />

in der Stadt an. Damit lagen sie hinter den Russen mit<br />

13 000 Kaufleuten auf Platz zwei in der Geschäftswelt der<br />

Hauptstadt. Die als Kleinunternehmer tätigen Handwerker<br />

schlossen sich ab 1819 in besonderen Innungen für Ausländer<br />

zusammen, die im allgemeinen Sprachgebrauch als<br />

deutsche Innungen bezeichnet wurden. Diese korporative<br />

Organisationsform garantierte einen höheren sozialen Status.<br />

Mit der Entwicklung der Industrieproduktion ging der<br />

Einfluss der deutschen Handwerker zurück. Während es<br />

1843 noch 43 „deutsche“ Handwerksinnungen, gegenüber<br />

51 „russischen“, gab, so waren es 1914 nur noch 24.<br />

Dafür wuchs aber der Einfluss von Großunternehmern und<br />

Fabrikanten. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts war ein Drittel<br />

der Fabriken und Betriebe in der Stadt, 105 an der Zahl,<br />

im Besitz von Deutschen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

war die Zahl dieser Unternehmen bereits auf 212 gestiegen.<br />

Zu den führend Unternehmern der Hauptstadt gehörten<br />

der Zuckerfabrikant L. König, der Stahlfabrikant Franz<br />

San-Galli und der Glasfabrikant I. Rittich.<br />

Traditionell stand die Geschäftstätigkeit der Deutschen in<br />

St. Petersburg in Verbindung mit dem Außenhandel, der<br />

Abb.<br />

266, 267<br />

Abb.<br />

268, 269<br />

Abb.<br />

270–272<br />

Ведущим центром экономической активности немцев<br />

являлся Санкт‐Петербург, крупнейший пункт<br />

городского поселения немцев в Российской империи.<br />

В канун Первой мировой войны около 46 тыс.<br />

петербуржцев являлись немцами (по родному языку),<br />

из 16 тыс. петербургских купцов 1‐й и 2‐й гильдий<br />

1 тыс. принадлежала к немецкой общине города, занимая<br />

2‐е место в составе делового мира столицы<br />

после русских (13 тыс.). Мелкие предпринимателиремесленники<br />

объединялись в существовавшие<br />

с 1819 г. особые цехи для иностранцев (в обиходе<br />

их называли немецкими). Такая корпоративная организация<br />

позволяла поддерживать более высокий<br />

социальный статус. С развитием фабрично-заводской<br />

индустрии влияние немецких ремесленников снизилось.<br />

Если в 1843 г. в городе насчитывалось 43 немецких<br />

корпорации ремесленников (русских – 51),<br />

то к 1914 г. их осталось 24.<br />

Однако росло влияние крупных предпринимателейфабрикантов:<br />

уже к середине XIX в. около трети (105)<br />

фабрик и заводов в городе принадлежало немцам.<br />

В начале ХХ в. число таких предприятий выросло<br />

до 212. Из числа ведущих промышленников столицы<br />

выделяются сахарный фабрикант Л. Кёниг, металлопромышленник<br />

Ф. Сан-Галли, стеклозаводчик<br />

И. Риттих и др.<br />

Деловая активность немцев в Санкт‐Петербурге была<br />

традиционно связана с внешней торговлей через его<br />

Илл.<br />

266, 267<br />

Илл.<br />

268, 269<br />

Илл.<br />

270–272


266<br />

265. Временный вид на жительство в России (в Одессе) вюртембергского<br />

подданного Г. Л. Дурьяна. 1853. Государственный<br />

архив Одесской области, Одесса<br />

Aufenthaltsgenehmigung des württembergischen Untertanen<br />

G. L. Durian für Russland (Odessa). 1853. Staatliches Gebietsarchiv<br />

Odessa, Odessa<br />

266. Большая Немецкая улица на плане С.-Петербурга. 1753.<br />

Фрагмент<br />

Große Deutsche Straße auf dem Stadtplan von St. Petersburg.<br />

1753. Fragment<br />

267. Вид Большой Немецкой (Миллионной) улицы. С рисунка<br />

М. Махаева. 1751<br />

Ansicht der Deutschen (Millionen-) Straße. Nach einer Zeichnung<br />

von M. Machaew. 1751<br />

265<br />

268. Штандарт немецкого цеха портных, учрежденного в<br />

1787 г. Государственный музей истории С.‐Петербурга,<br />

С.‐Петербург<br />

Standarte der 1787 gegründeten Innung deutscher<br />

Schneider. Staatliches Museum für Geschichte St. Petersburgs,<br />

St. Petersburg<br />

269. Штандарт немецкого цеха мясников, учрежденного в<br />

1787 г., воссозданного в 1881 г. 1881. Государственный<br />

музей истории С.‐Петербурга, С.‐Петербург<br />

Standarte der 1787 gegründeten (1881 wiedergegründeten)<br />

Innung deutscher Fleischer. 1881. Staatliches Museum für<br />

Geschichte St. Petersburgs, St. Petersburg<br />

267<br />

268 269


270. Литейно-механический завод и особняк<br />

Ф. Сан‐Галли в С.-Петербурге. Фото. 1877<br />

Gießerei- und mechanisches Werk sowie Villa<br />

von F. San-Galli in St. Petersburg. Foto. 1877<br />

270<br />

271. Чугунная ограда при особняке Сан-Галли.<br />

Фото. 2011<br />

Gusseiserner Zaun der Villa von San-Galli.<br />

Foto. 2011<br />

271<br />

272. Память, отлитая в чугуне<br />

(ограда Троицкого моста). Фото. 2011<br />

In Gusseisen gegossene Erinnerung<br />

(Geländer der Troizkij-Brücke). Foto. 2011<br />

272


273<br />

274<br />

275


Немцы в российской истории 135<br />

über den Hafen der Stadt abgewickelt wurde. Zu Beginn des<br />

19. Jahrhunderts war der Import von Rohzucker, Tabakserzeugnissen,<br />

Luxusartikeln und Farben für die Textilproduktion von<br />

besonderer Bedeutung. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts waren<br />

es vor allem Maschinen und andere Industrieerzeugnisse. Seit<br />

den 1860er Jahren wurden auch große Mengen russischen<br />

Getreides, hauptsächlich über St. Petersburg, ausgeführt. Bis in<br />

die 1850er Jahre hinein war der Außenhandel der wichtigste<br />

Wirtschaftssektor der Petersburger Deutschen. Im Außenhandel<br />

erwirtschafteten viele Spitzenunternehmer der Stadt, die in<br />

der Regel auch noch eigene Niederlassungen im Ausland hatten,<br />

ein Vermögen. Zu ihnen gehörten u. a. Brandt, Kap-Herr,<br />

Maas, Prehn, Amburger, König, Mollwo und Blessig.<br />

Auch der deutsche Unternehmer Heinrich Schliemann kam<br />

durch Außenhandelsgeschäfte in den 1840er und 1850er Jahren<br />

in St. Petersburg zu großem Reichtum. Dieses Vermögen<br />

verwendete er später für archäologische Ausgrabungen im<br />

antiken Troja und Sparta, die ihn berühmt gemacht haben.<br />

Die Deutschen, die im Außenhandel tätig waren, gehörten<br />

zu den führenden Geschäftsleuten der Stadt. Der erste Vorsitzende<br />

des Petersburger Börsenkomitees war der Kaufmann<br />

Nikolaj Mollwo während seiner Amtszeit als Stadtoberhaupt,<br />

von 1859 bis 1870 stand der Unternehmer und Bankier<br />

Georg Friedrich (Jegor Jegorowitsch) Brandt an der Spitze<br />

des Börsenkomitees.<br />

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und zu Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts gehörten folgende Industrielle<br />

zu den führenden Unternehmern der Stadt: Ferdinand<br />

Krauskopf, der Gründer der Gummifabrik „Treugolnik“<br />

(dt.: „Dreieck“), die Brüder Spies, die die größte Zigarettenfabrik<br />

Russlands „Laferm“ gründeten, der Bankier<br />

E. Meier, Gründer einer Petersburger Metallfabrik, und<br />

der Gründer der Zeitschrift „Niwa“, Adolf Marks, der an<br />

der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert einer der größten<br />

Buchverleger Russlands war.<br />

Abb.<br />

273–275<br />

Abb. 276<br />

Abb. 277<br />

Abb.<br />

278–280<br />

Abb.<br />

281–283<br />

Abb.<br />

284–292<br />

порт. Особое значение с начала XIX в. имел импорт<br />

сахара-сырца, табачных изделий, предметов роскоши,<br />

красителей для текстильного производства,<br />

а с середины XIX в. – машин и другой промышленной<br />

продукции. С 1860‐х гг. крупные масштабы<br />

приобрел также вывоз российского зерна, шедший<br />

в основном через Петербург. До 1850‐х гг. внешнеторговые<br />

операции оставались важнейшей областью<br />

экономической активности петербургских немцев.<br />

На внешней торговле создали состояния многие<br />

ведущие предприниматели города (Брандт, Капгерр,<br />

Маас, Прен, Амбургер, Кёниг, Моллво, Блессиг и<br />

др.), имевшие, как правило, собственные филиалы<br />

за границей.<br />

На внешнеторговых операциях в 1840–1850‐е гг.<br />

в Петербурге разбогател немецкий предприниматель<br />

Г. Шлиман, впоследствии употребивший свое<br />

состояние на прославившие его археологические<br />

раскопки в древней Трое и Спарте. Связанные<br />

с внешней торговлей немцы играли ведущую роль<br />

в деловом мире города. Первым председателем<br />

(1816–1818) Санкт-Петербургского биржевого комитета<br />

стал городской голова, купец Н. Моллво,<br />

в 1859–1870 гг. его возглавлял предприниматель и<br />

банкир Е. Е. Брандт.<br />

Во второй половине XIX – начале ХХ в. на первые<br />

роли среди немецких предпринимателей города<br />

вышли промышленники: Ф. Краускопф (основатель<br />

завода резиновых изделий «Треугольник»),<br />

братья Шпис (учредившие крупнейшую в России<br />

сигаретную фабрику «Лаферм»), банкир Э. Мейер<br />

(основатель Санкт-Петербургского металлического<br />

завода), издатель журнала «Нива» А. Ф. Маркс, ставший<br />

на рубеже XIX–ХХ вв. одним из крупнейших<br />

книгоиздателей России.<br />

Илл.<br />

273–275<br />

Илл. 276<br />

Илл. 277<br />

Илл.<br />

278–280<br />

Илл.<br />

281–283<br />

Илл.<br />

284–292<br />

273. Перевозка товаров по Неве в 1839 г. С литографии А. Дюранда.<br />

Париж, 1845. Фрагмент<br />

Güterbeförderung auf der Newa 1839. Nach einer Lithographie<br />

von A. Durand. Paris, 1845. Fragment<br />

274. Биржа и Гостиный двор на Васильевском острове (С.‐Петербург).<br />

С гравюры по рисунку М. Махаева. Париж, 1755<br />

Börse und Verkaufshalle auf der Wassilewskij-Insel (St. Petersburg).<br />

Radierung nach einer Zeichnung von M. Machajew. Paris, 1755<br />

275. Грузовые баржи в Обводном канале близ С.-Петербурга, служившем<br />

основной транспортной артерией для перевозки грузов до постройки<br />

железной дороги. Фото И. К. Гофферта. 1855–1864<br />

Lastkähne auf dem Obwodnoj-(Umleitungs-)Kanal nach St. Petersburg,<br />

der bis zum Bau der Eisenbaht der wichtigste Transportweg war.<br />

Foto von I. K. Goffert. 1855–1864<br />

276. Памятная доска на доме 28 по 1-й линии Васильевского острова<br />

(С.‐Петербург), где в 1850–1860‐е гг. жил Г. Шлиман. Фото. 2010<br />

Gedenktafel am Haus 28 der 1. Linie der Wassiljewskij-Insel (St. Petersburg),<br />

in dem in den 1850er–1860er Jahren H. Schliemann wohnte. Foto. 2010<br />

276


277<br />

278<br />

280<br />

279


277. Санкт-Петербургская биржа. С гравюры И. В. Ческого по рисунку М. И. Шатошникова. 1816<br />

Börse in St. Petersburg. Radierung von I. W. Tscheskij nach einer Zeichnung von M. I. Schatoschnikow. 1816<br />

278. Производственные корпуса товарищества «Треугольник» на Обводном канале в С.‐Петербурге. Фото. 2010<br />

Werkanlagen der Gesellschaft „Treugolnik“ am Obwodnoj-(Umleitungs-)Kanal in St. Petersburg. Foto. 2010<br />

279, 280.<br />

Рекламные плакаты товарищества «Треугольник». 1900<br />

Reklameplakate der Gesellschaft „Treugolnik“. 1900<br />

281 282<br />

281. Пай в 100 руб. фирмы «Лаферм». 1910<br />

100-Rubel-Anteilsschein<br />

der Fa. „Laferm“ 1910<br />

282. Реклама папирос товарищества<br />

«Лаферм». 1900<br />

Reklame für „Papirosy“ der Gesellschaft<br />

„Laferm“. 1900<br />

283. Латунная коробка для папирос<br />

товарищества «Лаферм». Начало ХХ в.<br />

Messing-Zigarettenbüchse der Gesellschaft<br />

„Laferm“. Anf. 20. Jh.<br />

283


284<br />

285<br />

287<br />

286<br />

284. Здание бывшего издательства А. Ф. Маркса в С.-Петербурге. Фото. 2010<br />

Gebäude des ehemaligen Verlags A. F. Marx in St. Petersburg. Foto. 2010<br />

285. Типографский цех издательства А. Ф. Маркса. Фото. Начало ХХ в.<br />

Druckerei des Verlags A. F. Marx. Foto. Anf. 20. Jh.<br />

288<br />

286. Рекламный плакат журнала «Нива» на 1909 г. И. Горюшкин-Сорокопудов. 1908<br />

Reklameplakat der Zeitschrift „Niwa“ für 1909. I. Gorjuschkin-Sorokopudow. 1908


289<br />

290<br />

291<br />

Реклама и ценные бумаги некоторых предприятий и фирм, основанных<br />

немецкими предпринимателями в С.-Петербурге:<br />

Reklame und Wertpapiere einiger von deutschen Unternehmern<br />

in St. Petersburg gegründeten Betriebe und Firmen:<br />

287, 288.<br />

Акция и реклама Русского общества для выделки и продажи<br />

пороха. 1884, 1900<br />

Aktien und Reklame der Russischen Gesellschaft für Herstellung und Verkauf<br />

von Pulver. 1884, 1900<br />

289. Реклама военно-подковных заводов Посселя в С.-Петербурге. 1900<br />

Reklame der Militärhufen-Werke Possel in St. Petersburg. 1900<br />

290. Фабрика папирос А. Миллера в С.-Петербурге. 1899<br />

„Papirosy“-Fabrik von A. Müller in St. Petersburg. 1899<br />

291. Реклама Общества водочных заводов «Бекман и К°»<br />

в С.‐Петербурге. 1900<br />

Reklame der Gesellschaft der Schnapsbrennereien „Beckmann & Co“<br />

in St. Petersburg. 1900<br />

292. Акции Русского акционерного общества «Сименс и Шуккерт». 1914<br />

Aktien der Russischen Aktiengesellschaft «Siemens & Schuckert». 1914<br />

292


140 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 293<br />

Abb. 294<br />

Abb. 295<br />

Das dritte wichtige Geschäftsfeld von Deutschen in St. Petersburg<br />

war das Bankwesen. In der ersten Hälfte des<br />

19. Jahrhunderts gab es in der Hauptstadt die Bankhäuser<br />

„J. W. Junker & Co“, E. M. Meier und „Kap–Herr & Co“. In<br />

den 1860er Jahren begannen sich deutschen Firmen auch<br />

an der Gründung einer Reihe von Aktiengeschäftsbanken,<br />

wie der St. Petersburger Privatbank (1864), der Internationalen<br />

St. Petersburger Bank (1869) und der Russischen<br />

Außenhandelsbank (1871) zu beteiligen.<br />

Ein Wesensmerkmal der deutschen Geschäftselite war<br />

ihr Kosmopolitismus. Insbesondere im Außenhandel und<br />

im Bankwesen pflegten sie ihre internationalen Kontakte<br />

und sahen sich selbst als Teil der internationalen Finanzoligarchie.<br />

Häufig hatten die Mitglieder einer Unternehmerfamilie<br />

verschiedene Staatsangehörigkeiten. Daneben<br />

unterstützten deutsche Unternehmer in St. Petersburg auch<br />

ihre ethnische und religiöse Gemeinschaft und gehörten<br />

Organisationen an, die Deutsche unterstützen, welche in<br />

Russland lebten, aber noch die Untertanenschaft deutscher<br />

Staaten besaßen. Solche Organisationen waren die<br />

Deutsche Wohltätigkeitsgesellschaft (1842) und der Verein<br />

deutscher Reichsangehöriger zur Unterstützung bedürftiger<br />

Landsleute (1872). In der zweiten und dritten Generation<br />

kam es bereits zu einer kulturellen Annäherung an das<br />

russischsprachige Umfeld, zur schrittweisen Akkulturation<br />

deutscher Unternehmer, einem Prozess, der erst durch<br />

die Ereignisse des Ersten Weltkrieges und der russischen<br />

Revolution von 1917 unterbrochen wurde.<br />

Илл. 293<br />

Илл. 294<br />

Илл. 295<br />

Третьим основным полем деловой активности немцев<br />

в Петербурге являлось банковское дело. С первой<br />

половины XIX в. в столице действовали банкирские<br />

дома «И. В. Юнкер и К°», Э. М. Мейер, «Капгерр и К°».<br />

С 1860‐х гг. немецкие фирмы города приняли участие<br />

в создании ряда акционерных коммерческих банков<br />

– Санкт-Петербургского частного (1864), Санкт-<br />

Петербургского международного (1869), Русского для<br />

внешней торговли (1871) и др.<br />

Отличительной чертой немецкой деловой элиты являлся<br />

космополитизм, особенно во внешней торговле<br />

и банковском деле, тесно связанных с международными<br />

контактами, осознание себя как части международной<br />

финансовой олигархии. Нередко члены одной<br />

деловой семьи имели разное подданство. Вместе с тем<br />

немецкие предприниматели Петербурга поддерживали<br />

религиозно-этническую общину города и состояли<br />

в обществах, оказывавших поддержку немцам,<br />

которые, живя в России, оставались подданными<br />

германских государств (Немецкое благотворительное<br />

общество, 1842; Общество германских подданных для<br />

оказания помощи нуждающимся соотечественникам,<br />

1872). Во втором-третьем поколении уже намечалось<br />

культурное сближение с русской языковой средой,<br />

постепенная аккультурация немецких предпринимателей<br />

– процесс, прерванный событиями Первой<br />

мировой войны и русской революцией 1917 г.<br />

Abb. 296<br />

Moskau<br />

In Moskau sind unternehmerische Aktivitäten von Deutschen<br />

mit dem schnellen Wirtschaftswachstum der Stadt,<br />

die neben St. Petersburg das führende Industrie- und<br />

Handelszentrum des Landes war, in der zweiten Hälfte<br />

des 19. Jahrhunderts verbunden. Moskau war auch das<br />

zweitwichtigste Zentrum für die städtische Ansiedlung von<br />

Deutschen. Angaben einer Volkszählung in der Stadt im<br />

Jahre 1912 zufolge waren deutsche Muttersprachler mit<br />

ca. 28 000 Personen hinter den Russen die zweitgrößte<br />

ethnische Bevölkerungsgruppe der Stadt. Nach dem Brand<br />

von 1812, dem auch die Deutsche Vorstadt zum Opfer<br />

fiel, kam eine neue Welle von Übersiedlern aus deutschen<br />

Staaten in die Stadt, die sich nun aber im Stadtzentrum<br />

niederließen. Der Großteil waren Unternehmer, die hier<br />

ihren ständigen Wohnsitz nahmen und häufig auch die<br />

russische Staatsangehörigkeit erwarben.<br />

1912 hatten 21 000 von 28 000 Moskauer Deutschen die<br />

russische Staatsangehörigkeit, die übrigen waren deutsche<br />

Staatsbürger. 20 % der zweiten Gruppe waren Unternehmer,<br />

ihrem sozialen Status nach Industrielle, Kaufleute und<br />

Rentiers, die von ihren Kapitaleinkünften lebten. In Industrie<br />

und Handel gab es darüber hinaus 2 700 Angestellte,<br />

die in Betrieben der Stadt arbeiteten, 600 Facharbeiter<br />

und ca. 400 Handwerker.<br />

Ende des 19. Jahrhunderts waren ca. 13 % der Moskauer<br />

Kaufmannschaft der ersten Gilde ihrer Herkunft nach<br />

Deutsche. Die führenden deutschen Industriellen und Geschäftsleute<br />

wurden regelmäßig in die Spitzenfunktionen<br />

Илл. 296<br />

Москва<br />

В Москве предпринимательская активность выходцев<br />

из Германии была связана с ускоренным экономическим<br />

ростом города, ставшим во второй половине<br />

XIX в., наряду с Петербургом, ведущим торговопромышленным<br />

центром страны. Москва являлась<br />

и вторым главным центром городского поселения<br />

немцев. По данным городской переписи (1912), немцы<br />

по языку составляли вторую после русских этническую<br />

группу населения города (около 28 тыс. чел.).<br />

После пожара 1812 г., в пламени которого погибла и<br />

Немецкая слобода, в город хлынула новая волна переселенцев<br />

из германских государств, расселявшихся<br />

уже в центральной части. Значительную их часть<br />

составляли предприниматели, оседавшие на постоянное<br />

жительство и зачастую принимавшие российское<br />

подданство.<br />

На 1912 г. из 28 тыс. московских немцев 21 тыс.<br />

являлась российскими подданными, остальные – германскими.<br />

Среди последних около 20 % принадлежали<br />

к предпринимателям, будучи по социальному статусу<br />

промышленниками, торговцами и рантье, жившими<br />

на доход от капитала. В торгово-промышленной сфере<br />

были также заняты 2,7 тыс. служащих, работавших<br />

на предприятиях города, 600 квалифицированных<br />

рабочих и около 400 ремесленников.<br />

К концу XIX в. около 13 % московского купечества<br />

1‐й гильдии являлись немцами по происхождению.<br />

Ведущие немецкие промышленники и коммерсанты<br />

постоянно избирались в число старшин главной


293. К. фон Сименс (1829–1906), председатель<br />

правления Петербургского частного банка<br />

(1885–1894). Конец XIX в.<br />

K. von Siemens (1829–1906),<br />

Vorstandsvorsitzender der Petersburger Privatbank<br />

(1885–1894). Ende 19. Jh.<br />

294. Акции Санкт-Петербургского международного<br />

коммерческого банка. 1878<br />

Aktien der St. Petersburger Bank für<br />

Außenhandel. 1878<br />

293<br />

295. Отчет Русского для внешней торговли банка<br />

за 1882 г. Титульный лист. С.-Петербург, 1883<br />

Rechenschafts-Bericht der Russischen Bank für<br />

auswärtigen Handel für das Jahr 1882. Titelblatt.<br />

St. Petersburg. 1883<br />

294 295


142 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 297<br />

Abb. 298<br />

Abb.<br />

299–301<br />

Abb. 302<br />

Abb.<br />

303, 304<br />

Abb.<br />

305, 306<br />

des wichtigsten Unternehmerverbandes der Stadt, des<br />

Moskauer Börsenkomitees, gewählt.<br />

Die Struktur der deutschen Unternehmerschaft in Moskau<br />

war einerseits ein Spiegelbild der Möglichkeiten der deutschen<br />

Industrie, mit der sie eng verknüpft war, andererseits<br />

aber auch ein Abbild des Wirtschaftslebens der zweiten<br />

Hauptstadt des Imperiums, die ein Zentrum der Leichtindustrie,<br />

Verkehrsknotenpunkt und hinter St. Petersburg<br />

das zweitwichtigste Bankenzentrum war. Eine herausragende<br />

Rolle bei der Entwicklung der Textilindustrie spielte<br />

Ludwig Knoop, der seit Ende der 1830er Jahre in Moskau<br />

geschäftlich tätig war. Dank seiner Mitwirkung wurden<br />

rund 120 russische Textilfabriken, vor allem in der Region<br />

Moskau, mit den neuesten, zumeist aus England und<br />

Deutschland importierten Dampfmaschinen und Werkbänken<br />

ausgerüstet. Zu den führenden Textilfabrikanten<br />

der Stadt gehörten die aus Preußen stammenden Ludwig<br />

und Franz Rabeneck, die Baumwollmanufakturen in der<br />

Nähe von Moskau gründeten, sowie Karl Thiel, der eine<br />

Tuchfabrik gründete, in der Uniformen für die russische<br />

Armee geschneidert wurden.<br />

Das deutsche Unternehmertum in Moskau deckte ein<br />

breites Spektrum ab. Moskauer Deutsche gründeten gemeinsam<br />

mit russischen Partnern im Jahre 1870 die<br />

Moskauer Discont-Bank (Moskowskij Utschetnyj bank),<br />

führende Privatbanker waren die Junkers, die 1818 ein<br />

eigenes Bankinstitut gründeten. Einer der größten Handels-,<br />

Industrie- und Finanzkonzerne Russlands war das<br />

Geschäftshaus „Wogau & Co“, das sich zunächst über<br />

den Außenhandel entwickelt hatte und später Kapital in<br />

russische Industrieunternehmen und Banken investierte.<br />

Die aus Deutschland stammenden Paul Baron von Derwies<br />

und Karl Otto Georg von Meck wurden in Moskau<br />

die „Eisenbahnkönige“, die u. a. die wichtigen Eisenbahnstrecken<br />

Moskau–Rjasan und Kursk–Kiew bauten.<br />

Илл. 297<br />

Илл. 298<br />

Илл.<br />

299–301<br />

Илл. 302<br />

Илл.<br />

303, 304<br />

Илл.<br />

305, 306<br />

представительной организации предпринимателей<br />

города – Московского биржевого комитета.<br />

Структура немецкого предпринимательства в Москве<br />

отражала, с одной стороны, возможности германской<br />

индустрии, с которой оно оставалось тесно<br />

связанным, а с другой – соответствовала специфике<br />

экономической жизни второй столицы империи,<br />

являвшейся средоточием легкой промышленности,<br />

основным транспортным узлом и вторым после Петербурга<br />

банковским центром. Заметную роль в развитии<br />

текстильной индустрии сыграл Людвиг Кноп,<br />

который вел операции в Москве с конца 1830‐х гг. При<br />

его содействии около 120 российских текстильных<br />

фабрик, прежде всего в московском регионе, были<br />

оснащены новейшими паровыми машинами и станками,<br />

импортируемыми главным образом из Англии<br />

и Германии. К ведущим текстильным фабрикантам<br />

города принадлежали прусские уроженцы Людвиг и<br />

Франц Рабенек, основавшие хлопчатобумажные мануфактуры<br />

под Москвой, а также Карл Тиль, учредивший<br />

суконную фабрику, на которой изготавливалось<br />

обмундирование для русской армии.<br />

Немецкое предпринимательство в Москве отличал<br />

многопрофильный характер деятельности. Московские<br />

немцы в компании с русскими партнерами учредили<br />

Московский учетный банк (1870), ведущими частными<br />

банкирами являлись Юнкеры, основавшие собственное<br />

заведение в 1818 г. Одним из крупнейших торгово-промышленных<br />

и финансовых концернов России являлся<br />

торговый дом «Вогау и К°», выросший на внешней<br />

торговле и затем инвестировавший капиталы в российские<br />

промышленные компании и банки. Выходцы<br />

из Германии П. фон Дервиз и К. фон Мекк стали<br />

в Москве «железнодорожными королями», выстроив<br />

важные линии Москва–Рязань, Курск–Киев и др.<br />

296. Пожар Москвы 1812 г.<br />

А. Ф. Смирнов. 1813.<br />

Музей‐панорама<br />

«Бородинская битва», Москва<br />

Brand von Moskau 1812.<br />

A. F. Smirnow. 1813.<br />

Panoramamuseum „Schlacht von<br />

Borodino“, Moskau<br />

296


297<br />

298<br />

299<br />

297. Московская биржа.<br />

Почтовая карточка. 1880-е гг.<br />

Moskauer Börse. Postkarte. 1880er Jahre.<br />

298. Кренгольмская мануфактура Л. Кнопа<br />

в Нарве (1857). Фото. 2010<br />

Krengolmer Manufaktur von L. Knop<br />

in Narwa (1857). Foto. 2010<br />

299. Образец хлопчатобумажной ткани<br />

фабрики Э. Цинделя. Конец XIX в.<br />

Музей художественных тканей МГТУ<br />

им. А. Н. Косыгина, Москва<br />

Muster von Baumwollstoffen der Fabrik<br />

E. Zindel. Ende 19. Jh. Museum für<br />

Dekorstoffe der Moskauer Staatlichen Textil-<br />

Universität „A. N. Kosygin“. Moskau<br />

300<br />

300. Товарищество ситценабивной мануфактуры<br />

«Эмиль Циндель» в Москве, одной из<br />

известнейших в России. Фото. Конец XIX в.<br />

Gesellschaft der Kattundruckerei „Emil<br />

Zindel“ in Moskau, einer der bekanntesten<br />

Manufakturen in Russland. Foto. Ende 19. Jh.


301 302<br />

303<br />

304<br />

305<br />

306


Немцы в российской истории 145<br />

Als Pioniere des Landmaschinenbaus gelten die Brüder<br />

Butenop, die in den 1830er Jahren in Moskau eine Fabrik<br />

gründeten. Einer der größten Maschinenbaubetriebe war<br />

das Werk von Gustav List, in dem u. a. Feuerlöschpumpen<br />

hergestellt wurden. Der deutsche Unternehmer E. Liphart<br />

errichtete in Schtschurowo bei Moskau eine der ersten<br />

Zementfabriken in Russland. Auch die großen Moskauer<br />

Metallverarbeitungs- und Maschinenbaubetriebe „Dannhauer<br />

und Kaiser“, „Dobrow und Nabholz“ oder „Brüder<br />

Weichelt“ wurden von Deutschen errichtet.<br />

Die führende Süßwarenfabrik der Stadt war die berühmte<br />

Konditorei „Einem“, die bis zur Revolution von<br />

der Familie Heuss geführt wurde. Großer Popularität<br />

erfreuten sich im ganzen Land zu Recht Grammophonplatten<br />

der in Apreljewka bei Moskau von Gottlieb Moll<br />

gegründeten ersten Fabrik Russlands für Grammophonplatten<br />

(Geschäftshaus „Moll, Kybart & Co“), aber auch<br />

Musikinstrumente des Geschäftshauses J. Zimmermann,<br />

medizinische Präparate der Apotheke von Karl Ferrein in<br />

der Nikolskaja-Uliza, Möbel der Firma Schmidt, Präzisionsgeräte<br />

der Firma F. Schwabe, Metallerzeugnisse der<br />

Firma „Robert Kenz“, Bekleidung aus dem Geschäftshaus<br />

„A. Alschwang“, Fotografien von K. Fischer und der<br />

Firma „Scherer & Nabholz“ oder Parfüms aus dem Geschäftshaus<br />

„R. Köhler“. Deutsche waren auch Inhaber<br />

der Hotels „Dresden“, „Berlin“, „Savoy“ und „Alpenrose“<br />

oder führten die Speditionen „Gerhard & Hey“ und<br />

„Knipp & Werner“ usw.<br />

Die deutschen Moskauer Unternehmer waren fest in<br />

der russischen Geschäftswelt integriert, auch wenn sie<br />

ihre sprachliche und konfessionelle Identität bewahrten.<br />

Zu wohltätigen Zwecken unterstützten sie von der Kirche<br />

errichtete Einrichtungen wie Schulen, Kranken- und<br />

Waisenhäuser. Der Inhaber einer der größten Firmen,<br />

von Wogau, Mitglied der lutherischen Gemeinde in der<br />

Abb. 307<br />

Abb. 308<br />

Abb.<br />

309–312<br />

Abb.<br />

313–315<br />

Abb.<br />

316–319<br />

Abb.<br />

320–322<br />

Пионерами сельскохозяйственного машиностроения<br />

считаются братья Бутеноп, в 1830‐е гг. основавшие<br />

в Москве фабрику. Одним из крупнейших машиностроительных<br />

предприятий города был завод Г. Листа,<br />

выпускавший, в частности, пожарные насосы. Немецким<br />

предпринимателем Э. Липгартом в Щурове<br />

(под Москвой) был выстроен один из первых в России<br />

цементных заводов. Выходцы из Германии построили<br />

в Москве крупные металлообрабатывающие и<br />

машиностроительные заводы «Дангауэр и Кайзер»,<br />

«Добровы и Набгольц», «Бр. Вейхельт» и др.<br />

Ведущим кондитерским предприятием города являлась<br />

знаменитая фирма «Эйнем», контролируемая<br />

вплоть до революции немецким семейством Гейсов.<br />

Заслуженной популярностью по всей стране пользовались<br />

изделия первого в России завода граммофонных<br />

пластинок, основанного Г. Моллем (торговый<br />

дом «Молль, Кибарт и К°») в подмосковной<br />

Апрелевке, музыкальные инструменты торгового<br />

дома Ю. Г. Циммерманна, лекарственные препараты<br />

аптеки К. Феррейна на Никольской улице, мебель<br />

фабрики Шмита, точные приборы фирмы Ф. Швабе,<br />

металлоизделия фирмы «Роберт Кенц», одежда торгового<br />

дома «А. Альшванг», фотографии К. Фишера и<br />

фирмы «Шерер и Набгольц», парфюмерия торгового<br />

дома «Р. Кёлер» и др. Немцы являлись содержателями<br />

московских гостиниц «Дрезден», «Берлин», «Савой»,<br />

«Альпенрозе», владели экспедиторскими конторами<br />

(«Гергард и Гей», «Книп и Вернер») и др.<br />

Немецкие предприниматели Москвы были глубоко<br />

интегрированы в русскую деловую среду, хотя и сохраняли<br />

языковую и конфессиональную идентификацию.<br />

Систематически занимаясь благотворительностью,<br />

они оказывали помощь заведениям, учрежденным<br />

церковью (училищам, больницам, приютам и др.).<br />

Илл. 307<br />

Илл. 308<br />

Илл.<br />

309–312<br />

Илл.<br />

313–315<br />

Илл.<br />

316–319<br />

Илл.<br />

320–322<br />

301. Склад мануфактуры «Эмиль Циндель» в Москве.<br />

Фото К. К. Буллы. 1914<br />

Lagerhaus der Manufaktur „Emil Zindel“ in Moskau.<br />

Foto von K. K. Bulla. 1914<br />

302. Банкирский дом «И. В. Юнкер и К°» в Москве (1901).<br />

Фото Фишера. 1900-е гг.<br />

Bankhaus „J.W. Junker & Co“ in Moskau (1901).<br />

Foto von Fischer. 1900er Jahre<br />

303. Исторический очерк деятельности торгового дома<br />

«Вогау и К°» за 1840–1916 гг. Москва, 1916<br />

Bericht über die Tätigkeit des Handelshauses<br />

„Wogau & Co“ 1840–1916. Moskau, 1916<br />

304. Совладелец торгового дома «Вогау и К°» М. Марк с сыновьями<br />

на подмосковной даче. Фото. Конец XIX в.<br />

Mitinhaber des Handelshauses „Wogau & Co“ M. Mark mit Söhnen auf<br />

einer Datscha im Moskauer Umland. Foto. Ende 19. Jh.<br />

305. Временный вокзал станции Московско-Рязанской железной дороги<br />

в Москве (до постройки Рязанского вокзала). Фото. 1861<br />

Provisorischer Bahnhof der Station Moskau der Bahnlinie Moskau-Rjasan<br />

(vor der Errichtung des Rjasaner Bahnhofs). Foto. 1861<br />

306. Рязанский вокзал станции Московско-Рязанской железной дороги<br />

в Москве (1862–1864), в будущем – Казанский вокзал (1894).<br />

Фото. Фототипия «Шерер, Набгольц и К°». 1888<br />

Rjasaner Bahnhof der Bahnlinie Moskau-Rjasan in Moskau (1862–1864), später<br />

der Kasaner Bahnhof (1894). Foto. Lichtdruck «Scherer, Nabholz & Co». 1888


308<br />

307. Реклама акционерного общества «Густав Лист» в Москве. Начало ХХ в.<br />

Reklame der Aktiengesellschaft „Gustav List“ in Moskau. Anfang 20. Jh.<br />

308. Реклама товарищества «Эмиль Липгарт и К°» в Москве. Начало ХХ в.<br />

Reklame der Gesellschaft „Emil Liphart & Co“ in Moskau. Anfang 20. Jh.<br />

307<br />

309. Реклама акционерного общества Ю. А. Миллера «Дукс», производителя<br />

автомобилей и велосипедов, первого самолетостроительного предприятия<br />

в Москве. Начало ХХ в.<br />

Reklame der Aktiengesellschaft Ju. A. Müller „Duks“, die Autos und Fahrräder<br />

baute, sowie die erste Luftfahrtwerft in Moskau war. Anfang 20. Jh.<br />

310<br />

310. Контора склада красителей<br />

фирмы «Ф. Байер»<br />

в Москве. Фото. 1910<br />

Farbenlager-Kontor der<br />

Firma „F. Bayer“ in Moskau.<br />

Foto. 1910<br />

311. Акции акционерного<br />

общества химической<br />

фабрики «Ф. Байер и К°»<br />

в Москве. 1912<br />

Aktien der Gesellschaft<br />

Chemiefabrik „F. Bayer & Co“<br />

in Moskau. 1912<br />

309<br />

311


312. Торговый ярлык для красителя фабрики красок акционерного<br />

общества бывш. Мейстер, Луциус и Брюнинг (Хёхст-на-Майне)<br />

в Москве. Литография «Печатник». 1889<br />

Preisschild für Farbstoff der Farbwerke-Aktiengesellschaft vorm.<br />

Meister, Luzius u. Brüning (Höchst am Main) in Moskau.<br />

Lithographie „Petschatnik“. 1889<br />

312<br />

313<br />

315<br />

313–315.<br />

Вид фабрики и реклама товарищества «Эйнем» в Москве. Конец XIX в.<br />

Fabrik und Reklame der Gesellschaft „Einem“ in Moskau. Ende 19. Jh.<br />

314


317<br />

316. Прусский подданный Г. Молль (1859–1926). Фото. Нач. ХХ в.<br />

Preußischer Untertan G. Moll (1859–1926). Foto. Anfang 20. Jh.<br />

316<br />

317. Этикетка граммофонной пластинки фабрики Г. Молля<br />

«Метрополь‐Рекорд» в Апрелевке. Начало ХХ в.<br />

Etikette Grammophon-Platte der Fabrik G. Moll „Metropol-<br />

Rekord“ in Apreljewka. Anfang 20 Jh.<br />

318


319<br />

320<br />

321<br />

322<br />

318. Аптечная посуда фармацевтических и химических предприятий<br />

товариществ «В. К. Феррейн» и «Р. Кёлер» в Москве.<br />

Конец XIX – начало ХХ в. Из коллекции А. Айсфельда<br />

Apothekengefäße der pharmazeutischen und chemischen Betriebe<br />

der Gesellschaften „W. K. Ferrein“ und „R. Köhler“ in Moskau.<br />

Ende 19. – Anfang 20. Jh. Sammlung von A. Eisfeld<br />

319. Товарный знак фирмы музыкальных инструментов<br />

Ю. Циммермана. Начало ХХ в.<br />

Firmenzeichen der Musikinstrumentenfirma Ju. Zimmermann.<br />

Anfang 20. Jh.<br />

320. Реклама химико-фармацевтических предприятий<br />

товарищества «Р. Кёлер и К°» в Москве<br />

и Подмосковье. Начало ХХ в.<br />

Reklame der chemisch-pharmazeutischen Genossenschaft<br />

„R. Köhler & Co“ in Moskau und dem Moskauer<br />

Umland. Anfang 20. Jh.<br />

321. Титульный лист прейскуранта фотопринадлежностей<br />

Товарищества «В. К. Феррейн» в Москве. Начало ХХ в.<br />

Titelblatt der Preisliste für Fotozubehör der Gesellschaft<br />

„W. K. Ferrein“ in Moskau. Anfang 20. Jh.<br />

322. Реклама московского акционерного общества<br />

«К. Эрманс и К°». Начало ХХ в.<br />

Reklame der Moskauer Aktiengesellschaft<br />

„K. Ehrmans & Co“. Anfang 20. Jh.


150 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Starosadskij-Pereulok, ermöglichte durch seine Geldspenden<br />

zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Neubau der<br />

lutherischen Peter-und-Pauls-Kirche. Deutsche traten als<br />

Kuratoren zahlreicher Wohltätigkeitsorganisation und<br />

Bildungsvereine der Moskauer Deutschen in Erscheinung.<br />

Dazu gehörte u. a. das Evangelische Hospital in<br />

Lefortowo.<br />

Während des Ersten Weltkrieges kam im Zusammenhang<br />

mit repressiven Maßnahmen auf der Grundlage<br />

der Liquidationsgesetze die unternehmerische Tätigkeit<br />

der Deutschen zum Erliegen. Nach Abschluss des Brester<br />

Friedens kehrten die meisten in die historische Heimat<br />

zurück. Angaben einer 1920 in der Stadt vorgenommenen<br />

Volkszählung zufolge lebten zu der Zeit insgesamt<br />

ca. 6 000 Deutsche in Moskau, fünf Mal weniger, als vor<br />

dem Krieg.<br />

Лидер одной из ведущих фирм – фон Вогау, состоявший<br />

членом лютеранской общины в Старосадском<br />

переулке, финансово обеспечил строительство<br />

в начале ХХ в. нового здания лютеранской церкви<br />

св. Петра и Павла. Предприниматели являлись попечителями<br />

многочисленных благотворительных и<br />

просветительских организаций московских немцев<br />

(Евангелического госпиталя в Лефортово и др.).<br />

В годы Первой мировой войны в связи с репрессивными<br />

мерами, вызванными ликвидационным законодательством,<br />

предпринимательская деятельность немцев<br />

была подорвана. После заключения Брестского мира<br />

основная их часть вернулась на историческую родину.<br />

По данным городской переписи (1920), в Москве<br />

проживали всего около 6 тыс. немцев, почти в 5 раз<br />

меньше, чем до войны.<br />

Abb.<br />

323–325<br />

Wolgagebiet<br />

Die Wolgaregion war schon immer eines der wichtigsten<br />

Zentren für deutsche Unternehmer und orientierte<br />

sich an der landwirtschaftlichen Produktion, die in der<br />

Region führend war. Ende des 19. Jahrhunderts machten<br />

die Nachfahren deutscher Kolonisten etwa zehn Prozent<br />

der städtischen Bevölkerung in der Region aus und waren<br />

hauptsächlich unternehmerisch tätig. Ein großer Teil<br />

der mittleren und Kleinunternehmen lebte auch in den<br />

ländlichen Siedlungen um Baronsk (heute Marx), Gouvernement<br />

Samara und in und nahe von Balzer (heute<br />

Krasnoarmejsk), Gouvernement Saratow, wo sie in der<br />

Landwirtschaft tätig waren, Roggen und Weizen anbauten<br />

oder Viehzucht betrieben. In der Kolonie Sarepta bei Zarizyn<br />

begannen Deutsche Ende des 18. und zu Beginn des<br />

19. Jahrhunderts mit der Herstellung von Senf und legten<br />

damit den Grundstein für die Senf- und Ölproduktion in<br />

Илл.<br />

323–325<br />

Abb. 326<br />

Abb.<br />

Илл. 326<br />

327, 328 Илл.<br />

327, 328<br />

Поволжье<br />

Поволжский регион представлял собой один из основных<br />

центров немецкого предпринимательства, ориентированного<br />

на развитие аграрного производства<br />

как ведущего в регионе. В конце XIX в. потомки немецких<br />

колонистов составляли около 10 % городского<br />

населения региона и занимались преимущественно<br />

предпринимательской деятельностью. Значительная<br />

часть мелких и средних предпринимателей проживала<br />

также в сельских поселениях Самарской губернии<br />

в районе Баронска (ныне Маркс) и Бальцера (ныне<br />

Красноармейск) Саратовской губернии, занимаясь<br />

сельскохозяйственным производством (выращивание<br />

ржи и пшеницы, животноводство и пр.). В колонии<br />

Сарепта, под Царицыном, немцы на рубеже<br />

XVIII–XIX вв. начали производство горчицы, заложив<br />

основы горчично-маслобойной промышленности<br />

323. Немецкая улица<br />

в Саратове. Почтовая<br />

карточка. Начало ХХ в.<br />

Deutsche Straße in<br />

Saratow. Postkarte.<br />

Anfang 20. Jh.<br />

323


324. Старый гостиный двор<br />

в Саратове. Почтовая карточка.<br />

Конец XIX в.<br />

Alte Verkaufshalle in Saratow.<br />

Postkarte. Ende 19. Jh.<br />

324<br />

325. Биржа в Саратове (1890).<br />

Почтовая карточка. Нач. ХХ в.<br />

Börse in Saratow (1890).<br />

Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />

325<br />

326. Хлебные амбары<br />

в Екатериненштадте.<br />

Фото. Начало ХХ в.<br />

Getreidespeicher<br />

in Katharinenstadt.<br />

Foto. Anfang 20. Jh.<br />

326


152 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 329<br />

Abb.<br />

330, 331<br />

Abb.<br />

332, 333<br />

Abb. 334<br />

Russland. Ihre Nachfahren wurden 1859 Hoflieferanten<br />

des russischen Imperators.<br />

Hier war auch in den 1770er und 1780er Jahren die<br />

Geburtsstunde der Sarpinka-Produktion, die auf den Erfahrungen<br />

der Kolonisten aufbaute. Sarepta war einer<br />

der ersten Orte in Russland, wo diese sehr gefragten,<br />

typischen Baumwollstoffe, Sarpinka, hergestellt wurden.<br />

In den deutschen Kolonien auf der Bergseite der Wolga<br />

und in Saratow war Heimarbeit weit verbreitet. Mit der<br />

Zeit wurde aus der für die Wintermonate typischen Saisonarbeit<br />

ein selbstständiger Industriezweig. Die in den<br />

1820er Jahren existierenden Manufakturen der Brüder<br />

Schechtel und der Brüder Schmidt trugen zur Entwicklung<br />

der Weberei in Heimarbeit in den Kolonien bei. 1845<br />

stellten die Kolonisten 760 000 Arschin Sarpinka, 95 %, in<br />

Heimarbeit her. Insgesamt waren 30 % der Familien daran<br />

beteiligt. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts spielten<br />

u. a. die Firmen Borell, Schmidt, Reinecke und Weber eine<br />

wichtige Rolle bei dieser Produktion. Einer der größten<br />

Produzenten Anfang des 20. Jahrhunderts war der aus<br />

einer Kolonistenfamilie stammende A. Bender, Inhaber des<br />

Geschäftshauses „A. Bender & Söhne“ in Saratow.<br />

An der mittleren und unteren Wolga dominierte die<br />

Mühlenindustrie, die das einheimische Korn verarbeitete.<br />

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Saratow mit<br />

13 Mio. Pud Mehl pro Jahr das führende Zentrum der<br />

russischen Mühlenindustrie. Zu den führenden Firmen<br />

in diesem Industriezweig gehörten u. a. die der Saratower<br />

Unternehmer I. Seifert, K. Reinecke, E. Borell und der<br />

Brüder Schmidt sowie die Unternehmer F. Becker und<br />

P. Pennecker in Samara.<br />

Das Mehl wurde z. B. in der Makkaroni-Fabrik „Könitzer<br />

& Co“ in Samara weiterverarbeitet. Den Bedarf der<br />

Landwirtschaft und der Mühlenindustrie an Metallerzeugnissen<br />

deckten die Eisengießerei E. Beringers und der<br />

Илл. 329<br />

Илл.<br />

330, 331<br />

Илл.<br />

332, 333<br />

Илл. 334<br />

в России, а их наследники стали поставщиками российского<br />

императорского двора (1859).<br />

В той же колонии в 1770–1780 гг. зародилось сарпиноткацкое<br />

производство, навыками которого обладали<br />

колонисты. Сарепта стала одним из первых мест<br />

изготовления в России хлопчатобумажных тканей<br />

(сарпинки), находивших широкий сбыт. Очень скоро<br />

кустарное производство распространилось в немецких<br />

колониях нагорной стороны Волги и Саратове,<br />

со временем превратившись из сезонного занятия<br />

(в зимние месяцы) в самостоятельную отрасль промышленности.<br />

Существовавшие в 1820‐е гг. мануфактуры<br />

братьев Шехтель и братьев Шмидт лишь способствовали<br />

развитию домашнего ткачества в колониях.<br />

В 1845 г. колонистами Саратовской губернии было<br />

выткано на дому 760 тыс. аршин сарпинки (95 %),<br />

в этом участвовали около 30 % семей. В последней<br />

трети ХIХ в. главную роль в этом производстве играли<br />

фирмы Бореля, Шмидта, Рейнеке, Вебера и др. Одним<br />

из основных производителей в начале ХХ в. стал<br />

торговый дом выходца из колонистов А. Бендера –<br />

«А. Бендер и сыновья» (Саратов).<br />

В Среднем и Нижнем Поволжье доминировало мукомольное<br />

производство, основанное на переработке<br />

местного зерна. В начале ХХ в. по объему производства<br />

муки (до 13 млн пудов в год) Саратов стал<br />

ведущим центром российской мукомольной промышленности.<br />

Лидирующими фирмами отрасли являлись<br />

основанные саратовскими предпринимателями братьями<br />

Шмидт, И. Зейфертом, К. Рейнеке, Э. Борелем,<br />

в Самаре – Ф. Беккером и П. Пеннекером.<br />

Дальнейшей переработкой муки занималась макаронная<br />

фабрика «Кеницер и К°» в Самаре. Потребности<br />

сельского хозяйства и мукомольной отрасли в металлоизделиях<br />

удовлетворяли чугунолитейный завод<br />

327<br />

328 329


330 331<br />

332<br />

330, 331.<br />

Альбом сарпинок с образцами тканей торгового<br />

дома «Андрей Бендер и сыновья» в Голом<br />

Карамыше (Бальцер). Саратов, 1913<br />

Muster-Album mit Sarpinka-Stoffen<br />

des Handelhauses „Andrej Bender & Söhne“<br />

in Golyj Karamysch (Balzer). Saratow, 1913<br />

332. Большая мукомольная мельница<br />

братьев Шмидт в Саратове.<br />

Почтовая карточка. Около 1900<br />

Große Getreidemühle der Gebrüder<br />

Schmidt in Saratow. Postkarte. Ca. 1900<br />

333. Мучная пристань братьев Шмидт на Волге<br />

(Саратов). Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Mehl-Anlegestelle der Gebrüder Schmidt<br />

an der Wolga (Saratow). Postkarte.<br />

Anfang 20. Jh.<br />

327. Товарный знак производителя горчицы<br />

в Сарепте И. К. Глича. Середина XIX в.<br />

Firmenzeichen des Senfproduzenten<br />

J. K. Glitsch in Sarepta. Mitte 19. Jh.<br />

328. Сарептская горчица производства<br />

товарищества «Кёлер и К°»<br />

в Москве. Начало ХХ в. Из коллекции<br />

А. Айсфельда<br />

Sarepta-Senf, ein Produkt der Gesellschaft<br />

„Köhler & Co“ in Moskau. Anfang 20. Jh.<br />

Sammlung von A. Eisfeld<br />

329. Ткацкий стан из колонии Зельман<br />

(Новоузенский уезд Самарской губ.).<br />

Конец XIX в. Саратовский областной<br />

музей краеведения, Саратов<br />

Webstuhl aus der Kolonie Seelmann (Bezirk<br />

Nowousensk, Gouvernement Samara).<br />

Ende 19. Jh. Heimatkundemuseum des<br />

Gebiets Saratow, Saratow<br />

333


334<br />

335<br />

334. Мукомольная мельница колонии Зельман<br />

(Ровное Саратовской обл.). Фото. А. Айсфельд. 1990<br />

Getreidemühle der Kolonie Seelmann<br />

(Rownoje, Gebiet Saratow). Foto von A. Eisfeld. 1990<br />

335. Паровая мукомольная мельница Бореля в д. Константиновка<br />

(Шиллинг Саратовской обл.). Фото. 2010<br />

Dampfbetriebene Getreidemühle Borell im Dorf Konstantinowka<br />

(Schilling, Gebiet Saratow). Foto. 2010<br />

336. Мукомольная мельница Штолля в Энгельсе.<br />

Фото А. Айсфельда. 1992<br />

Getreidemühle Stoll in Engels. Foto von A. Eisfeld. 1992<br />

337. Паровая мукомольная мельница Гергардта<br />

в Волгограде (1903). Фото. 2010<br />

Dampfbetriebene Getreidemühle Gerhardt<br />

in Wolgograd (1903). Foto. 2010<br />

336<br />

337


Немцы в российской истории 155<br />

Metallbetrieb der Brüder Hantke in Saratow. Deutschen,<br />

vor allem deutschen Unternehmern, ist es zu verdanken,<br />

dass in den 1860er Jahren in der Region der Übergang<br />

von Handwerksbetrieben, in denen Pflüge und anderes<br />

landwirtschaftliches Geräte hergestellt wurden, zur industriellen<br />

Landmaschinenproduktion vollzogen werden<br />

konnte. Auch die Zahl der Betriebe der Baustoffindustrie,<br />

in denen u. a. Ziegel und Zement für den Bau von<br />

Großmühlen produziert wurden, wuchs weiter an.<br />

1909 stieg die Zahl der dampfbetriebenen Mühlen in<br />

den fünf Wolga-Gouvernements auf 480, wovon 145 im<br />

Besitz von Deutschen waren. Auch 32 der 62 Landmaschinenbetriebe<br />

gehörten Deutschen, was ein Beleg für<br />

die Geschäftstüchtigkeit deutscher Unternehmer in der<br />

Region ist.<br />

Abb.<br />

335–338<br />

Е. Беринга и металлический завод братьев Гантке<br />

в Саратове. В регионе благодаря усилиям немцев,<br />

в первую очередь предпринимателей, с 1860‐х гг. был<br />

осуществлен переход от ремесленных мастерских,<br />

производивших плуги и сельскохозяйственный инвентарь,<br />

к заводам земледельческих машин и орудий.<br />

Выросло и число заводов строительных материалов<br />

(кирпича, цемента и др.), снабжавших строившиеся<br />

мукомольные предприятия.<br />

К 1909 г. общее число паровых мельниц в пяти поволжских<br />

губерниях достигло 480, из них 145 принадлежало<br />

немцам; из 62 заводов земледельческих<br />

машин владельцами 32 значились также немцы, что<br />

свидетельствует о высокой деловой активности немецких<br />

предпринимателей региона.<br />

Илл.<br />

335–338<br />

Südrussland<br />

Юг России<br />

Unter den deutschen Unternehmern im Süden Russlands<br />

hoben sich die Bewohner der Schwarzmeerkolonien, vor<br />

allem die Mennoniten mit ihrer protestantisch geprägten<br />

Arbeitsethik, hervor. Der Hauptindustriezweig der Region,<br />

der sich, wie an der Wolga auch, an der Entwicklung des<br />

landwirtschaftlichen Sektors orientierte, war die Produktion<br />

von Landmaschinen und Mühlenausrüstungen.<br />

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die<br />

südlichen Gouvernements zu einem Zentrum des Landmaschinenbaus.<br />

Hier entstanden u. a. die großen Landmaschinenbaubetriebe<br />

„Lepp & Wallmann“ in Chortiza,<br />

Gouvernement Jekaterinoslaw oder die von J. Höhn in<br />

Odessa. Beide Firmen gingen aus Handwerksbetrieben von<br />

Kolonisten hervor. 1874 begann die Firma „Lepp & Wallmann“<br />

Getreidemähmaschinen mit Handablage herzustellen,<br />

womit sie den russischen Markt beherrschte.<br />

Die Firma Höhn fertigte ab 1881 einen verbesserten<br />

Abb. 339<br />

Среди немецких предпринимателей на юге России<br />

активностью отличались жители причерноморских<br />

колоний, в особенности меннониты с их протестантской<br />

трудовой этикой. Ведущей отраслью в регионе,<br />

ориентированном, как и Поволжье, на развитие аграрного<br />

сектора, являлось производство сельскохозяйственных<br />

машин и мельничного оборудования.<br />

Во второй половине XIX в. южные губернии превратились<br />

в центр сельскохозяйственного машиностроения.<br />

Здесь возникли крупные заводы земледельческих<br />

машин товарищества «Лепп и Вальманн» в Хортице<br />

Екатеринославской губернии, И. И. Гена в Одессе (оба<br />

предприятия выросли из колонистских ремесленных<br />

мастерских) и др. С 1874 г. фирма «Лепп и Вальманн»<br />

начала изготавливать жатки типа «лобогрейка»,<br />

прочно завоевав российский рынок, а предприятие<br />

Гена с 1881 г. выпускало усовершенствованный<br />

Илл. 339<br />

338. Паровая мельница<br />

братьев Сабельфельд<br />

в Екатериненштадте.<br />

Почтовая карточка.<br />

Около 1900<br />

Dampfbetriebene<br />

Mühle Sabelfeld in<br />

Katharinenstadt.<br />

Postkarte. Ca. 1900<br />

338


339<br />

340<br />

339. Счет завода «Лепп и Вальманн» (Хортица). 1885. Фрагмент.<br />

Государственный архив Одесской области, Одесса<br />

Rechnungsvordruck des Werks „Lepp & Wallmann“ (Chortitza).<br />

1885. Fragment. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />

340, 341.<br />

Реклама продукции завода И. Гена (Одесса). Начало ХХ в.<br />

Одесский историко‐краеведческий музей, Одесса<br />

Reklame für Erzeugnisse des Werks J. Höhn (Odessa).<br />

Anfang 20. Jh. Staatliches historisch‐heimatkundliches Museum<br />

des Gebiets Odessa, Odessa<br />

341


Немцы в российской истории 157<br />

sogenannten neurussischen Pflug. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

waren die Höhn-Werke mit 1 000 Arbeitern und<br />

einer Jahresproduktion von 120 000 Pflügen der größte<br />

Hersteller landwirtschaftlichen Geräts in Russland.<br />

Aus dem Mitte des 19. Jahrhunderts vom ältesten Odessaer<br />

Geschäftshaus „S. Fenderich & Co“ gegründeten<br />

mechanischen Betrieb, der ausschließlich landwirtschaftliches<br />

Gerät herstellte, entwickelte sich die Eisengießerei-Genossenschaft<br />

„Bellino-Fenderich“, die Schiffe und<br />

Straßenbahnwagen, Dampfmaschinen und Dampfkessel<br />

baute, aber auch unterschiedliches Gerät, darunter für<br />

die Landwirtschaft, sowie Erzeugnisse im Auftrag des<br />

Ingenieur-, Artillerie- und Seekriegsamtes, wie z. B. Minenlegegeräte<br />

für die Panzerschiffe der Schwarzmeer-<br />

Flotte, herstellte.<br />

In den 1880er und 1890er Jahren entstanden im Süden<br />

auch noch zahlreiche andere Landmaschinenbaubetriebe.<br />

Zu den größten gehörten die Fabriken von Jakob Niebuhr<br />

bei Melitopol, J. Fuchs in Bolschoj Tokmak, Kreis Berdjansk<br />

und die Firma „Witwe Matthias & Söhne“ in Berdjansk.<br />

Ende der 1880er Jahre überflügelten die Fabriken<br />

im Süden mit ihrem Produktionsvolumen die in diesem<br />

Zweig traditionell führende polnische und baltische Region<br />

dank einer im Süden Russlands neu geschaffenen<br />

metallurgischen Basis und durch den Bau von Eisenbahnstrecken<br />

in der Region. Ende des 19. Jahrhunderts lag der<br />

Anteil Südrusslands an Landmaschinenbaubetrieben des<br />

Russischen Reiches bei 54 %, wovon die Hälfte wiederum<br />

im Besitz deutscher Unternehmer war, obwohl der<br />

Bevölkerungsanteil der Deutschen in der Region nicht<br />

mehr als 3,5 % betrug.<br />

Auffällig war, dass Deutsche in fast allen Bereichen von<br />

Industrie und Handel tätig waren. In großer Zahl und<br />

sehr effektiv waren sie in der Verarbeitung landwirtschaftlicher<br />

Produkte, im Bauwesen, in der Erdölindustrie, im<br />

Abb.<br />

340, 341<br />

новороссийский плуг. В начале ХХ в. завод Гена<br />

(1 тыс. рабочих, 120 тыс. плугов в год) являлся<br />

крупнейшим производителем сельскохозяйственных<br />

орудий в России.<br />

Из основанного в середине XIX в. старейшим в Одессе<br />

торговым домом «С. Фендерих и К°» механического завода,<br />

выпускавшего исключительно сельскохозяйственные<br />

орудия, выросло товарищество чугуно литейного<br />

завода «Беллино-Фендерих», на котором строились<br />

суда и трамвайные вагоны, паровые машины и котлы,<br />

изготавливались различные механизмы, в том числе<br />

сельскохозяйственные, а также предметы «артиллерийского,<br />

морского и инженерного ведомства» (например,<br />

минные пушки для черноморских броненосцев).<br />

В 1880–1890‐е гг. на юге возникло множество иных<br />

предприятий сельскохозяйственного машиностроения.<br />

Ведущими среди них являлись фабрики Я. Нибура<br />

близ Мелитополя, Й. Фукса в селе Большой Токмак<br />

Бердянского уезда, фирма «Вдова Матиас и сыновья»<br />

в Бердянске и др. С конца 1880‐х гг. южные фабрики<br />

опережали по объему производства традиционных<br />

лидеров отрасли – польский и прибалтийский регионы<br />

– благодаря созданию новой металлургической<br />

базы на юге России и строительству в крае железных<br />

дорог. К концу XIX в. удельный вес фабрик на юге<br />

в общем производстве сельскохозяйственных машин<br />

в Российской империи достиг 54 %, причем почти<br />

половина объема производства приходилась на немецких<br />

предпринимателей, тогда как доля немцев<br />

в составе населения региона не превышала 3,5 %.<br />

Заметным событием в хозяйственной сфере стало появление<br />

немцев почти во всех отраслях промышленности<br />

и торговле. Особенно значительной и эффективной их<br />

деятельность отмечалась в сфере переработки сельскохозяйственного<br />

сырья, строительстве, нефтяной,<br />

Abb. 342 Илл. 342<br />

Abb.<br />

343, 344<br />

Abb. 345<br />

Илл.<br />

340, 341<br />

Илл.<br />

343, 344<br />

Илл. 345<br />

342. Реклама товарищества<br />

«Беллино-Фендерих»<br />

в Одессе. 1894<br />

Reklame der Gesellschaft<br />

„Bellino-Fenderich“<br />

in Odessa. 1894<br />

342


158 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

346, 347<br />

Abb.<br />

348–350<br />

Maschinenbau und im Bergbau vertreten. Die Unternehmen,<br />

Firmen und Aktiengesellschaften von Siemens, Prophet<br />

(Brauerei „Südbayern“), Fohrer, Thyssen, Janzen und<br />

Erlanker (deutsche Staatsbürger und Nachfahren von Kolonisten)<br />

betrieben im Kaukasus, am Don, am Kuban und<br />

am Schwarzen Meer eine rege Geschäftstätigkeit.<br />

Die größte städtische Niederlassung von Deutschen war<br />

Odessa, wo nach der Volkszählung von 1897 ca. 10 000 von<br />

403 000 Einwohnern Deutsch als Muttersprache nannten.<br />

Hauptwirtschaftszweig in der Stadt war der Getreideexport,<br />

wobei in den 1880er und 1890er Jahren die Firma<br />

„E. Maas & Co“ hier die führende Position einnahm. Auch<br />

in der Industrie spielten deutsche Unternehmer eine wichtige<br />

Rolle. Viele stammten von Kolonisten ab, die sich einst<br />

als Handwerker in der Stadt niedergelassen hatten. Aus<br />

Handwerksbetrieben entstanden z. B. 1856 die Lack- und<br />

Farbenfabriken von G. Stapelberg, 1845 die Landmaschinenfabrik<br />

von Ja. Höhn, die Fabrik für Gold- und Bijouteriewaren<br />

von G. Mühlbronner, 1824 die Hutfabrik von<br />

Ch. Witzenmann und 1823 die Klavierfabrik von K. Haas.<br />

In der Stadt entstanden weiterhin 1844 die mechanische Fabrik<br />

und Gießerei von K. Falk sowie 1854 die Seifensiederei<br />

und Kerzenzieherei des Kolonisten W. Sanzenbacher.<br />

In Odessa gründete E. Arps 1878 die erste Korkfabrik<br />

im Süden. Die Herstellung von Dachpappe in der Region<br />

konzentrierte sich ausschließlich auf Odessa. Produktionsstätten<br />

dazu richteten 1872 die deutschen Untertanen<br />

E. und W. Grützmacher ein. 1897 gründete G. Rederer<br />

die Südrussische Keltereigesellschaft und trat damit auf<br />

dem russischen Markt in Konkurrenz zu französischen<br />

Herstellern von Champagner. Die besten Brauereien in<br />

Südrussland gehörten Odessaer Deutschen. Der Jahresumsatz<br />

der Unternehmen von Sanzenbacher, „Kempe und<br />

Durian“ sowie Enny lag höher als die Umsätze sämtlicher<br />

Brauereien in der Region.<br />

Илл.<br />

346, 347<br />

Илл.<br />

348–350<br />

машиностроительной и горнодобывающей отраслях.<br />

Предприятия, фирмы, акционерные общества Сименсов,<br />

Профета («Южная Бавария»), Фореров, Тиссенов,<br />

Янценов, Эрланкера (германских подданных и выходцев<br />

из колонистов) и др. активно вели деятельность<br />

на Кавказе, Дону, Кубани, в Причерноморье.<br />

Крупнейшим городским центром поселения немцев<br />

являлась Одесса, где по переписи 1897 г. из 403 тыс. жителей<br />

около 10 тыс. указали немецкий язык в качестве<br />

родного. Основным видом экономической деятельности<br />

в городе являлся экспорт зерна – в 1880–1890‐е гг.<br />

ведущие позиции занимала фирма «Э. Маас и К°».<br />

Значительную роль немцы-предприниматели играли<br />

и в промышленности. Многие из них происходили<br />

из городских ремесленных колонистов. Из ремесленных<br />

мастерских выросли лакокрасочное предприятие<br />

Г. Штапельберга (1856), завод земледельческих машин<br />

Я. Гена (1845), фабрика золотых и бриллиантовых<br />

изделий Г. Мюльброннера, шляпная фабрика Х. Виценмана<br />

(1824), фортепьянная фабрика К. Гааза (1823).<br />

В городе работали механическое и литейное заведение<br />

механика К. Фалька (1844), мыловаренный и свечной<br />

завод колониста В. Санценбахера (1854).<br />

В Одессе открыл первый на юге пробочный завод<br />

Э. Арпс (1878). Производство кровельного толя в регионе<br />

было сосредоточено исключительно в Одессе.<br />

Его организовали германские подданные Э. и В. Грюцмахеры<br />

(1872). Г. Редерер в 1897 г. учредил Южнорусское<br />

общество виноделия, вступившее в конкуренцию<br />

на русском рынке с французскими производителями<br />

шампанского. Лучшие пивоваренные заводы в Новороссии<br />

принадлежали одесским немцам. Размеры годовых<br />

оборотов предприятий В. Санценбахера, «Кемпе<br />

и Дурьян», Энни превосходили годовые обороты всех<br />

пивоваренных заводов региона.<br />

343. Реклама чугунолитейного завода<br />

Г. Нейфельда (ст. Софиевка<br />

Екатеринославской губ.)<br />

Днепропетровский исторический<br />

музей им. Д. И. Яворницкого,<br />

Днепропетровск<br />

Reklame der Eisengießerei<br />

H. Neufeld (Bahnstation Sofijewka,<br />

Gouvernement Jekaterinoslaw).<br />

Dnepropetrowsker historisches<br />

D. I. Jawornitzkij-Museum,<br />

Dnjepropetrowsk<br />

343


344 345<br />

346<br />

344. Бланк для письма товарищества «Мартенс,<br />

Де‐Фер и Дик» (ст. Миллерово). Фрагмент. 1910<br />

Briefpapier der Gesellschaft „Martens, De‐Fer &<br />

Dyck“ (Bahnstation Millerowo). Fragment. 1910<br />

345. Реклама паровой мельницы „Ф. Олов и<br />

Л. Дурьян“ в Одессе. Фрагмент. Начало ХХ в.<br />

Reklame der dampfbetriebenen Mühle<br />

„F. Olof & L. Durian“ in Odessa.<br />

Fragment. Anfang 20. Jh.<br />

346. Одесский порт. С гравюры Ю. Берндта.<br />

1880-е гг. Одесский историкокраеведческий<br />

музей, Одесса<br />

Odessaer Hafen. Radierung von Jul. Berndt.<br />

1880er Jahre. Odessaer historisch-heimatkundliches<br />

Museum<br />

347<br />

347. Биржа в Одессе. Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Börse in Odessa. Postkarte. Anfang 20. Jh.


349<br />

348<br />

348. Реклама товарищества Одесского пивоваренного завода<br />

(бывш. Санценбахера). Начало ХХ в.<br />

Reklame der Gesellschaft Odessaer Brauerei<br />

(ehem. Sanzenbacher). Anfang 20. Jh.<br />

349. Пивная этикетка завода М. Кемпе в Одессе. Начало ХХ в.<br />

Etikette der Brauerei M. Kempe in Odessa. Anfang 20. Jh.<br />

350. Реклама пива завода Энни в Одессе. Начало ХХ в.<br />

Reklame der Brauerei Jenny in Odessa. Anfang 20. Jh.<br />

350<br />

352<br />

351. Печать Сибирского обер-бергамта (по эскизу В. де Геннина)<br />

периода 1724–1727 гг. Прорисовка В. Топоркова<br />

Siegel des Sibirischen Ober-Bergamtes (nach einem Entwurf von<br />

W. von Hennin) der Jahre 1724–1727. Zeichnung von V. Toporkow<br />

351<br />

352. Клеймо пушек Каменского завода (Урал). 1723<br />

Fabrikmarke auf Kanonen des Werkes Kamenskij (Ural). 1723


Немцы в российской истории 161<br />

Ural und Sibirien<br />

Deutsche hatten einen entscheidenden Anteil an der<br />

Entwicklung des Bergbaus im Ural und in Sibirien, da<br />

sie die Modernisierung der Wirtschaft vorantrieben. Im<br />

18. Jahrhundert arbeiteten hier Dutzende von Fachleuten<br />

aus Sachsen, Preußen und anderen deutschen Staaten,<br />

darunter auch der Vater der Ural-Werke, der Sachse Georg<br />

Wilhelm de Hennin. Diese Fachleute hatten Schlüsselpositionen<br />

in technischen Bereichen und in der Verwaltung<br />

inne und gründeten ganze Produktionszweige in den<br />

Staatsbetrieben des Sibirischen Oberbergamtes, das 1723<br />

in Jekaterinburg gegründet wurde und zu dem Betriebe<br />

zwischen Ural und Ostsibirien, u. a. in Tula, Sestrorezk<br />

und Perm, gehörten. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

waren nahezu 20 % aller Beamten und Ingenieure<br />

im Dienste des Bergamtes im Ural Deutsche. Sie verfügten<br />

über das notwendige Wissen und die Erfahrungen<br />

aus der westeuropäischen Metallurgie, dem Bergbau und<br />

der industriellen Produktion, die sie nun erfolgreich in<br />

den hiesigen Betrieben umsetzten. Namhafte Vertreter<br />

waren N. A. Jossa, R. G. von Mickwitz und A. K. von<br />

Vietinhoff.<br />

Eine große Kolonie qualifizierter Waffenschmiedemeister,<br />

die man aus Solingen geholt hatte, gab es zu Beginn des<br />

19. Jahrhunderts in einem Werk in Slatoust, in dem blanke<br />

Waffen hergestellte wurden. 1818 waren es 450 Personen.<br />

Mit Beginn des Vaterländischen Krieges 1812 arbeitete<br />

man in dem Werk mit hoher Intensität für die Verteidigung<br />

des Landes. Den Direktor, M. Kleiner, kann man<br />

als Organisator der Kriegsproduktion bezeichnen. In den<br />

Jahren 1812 bis 1814 lieferte das Werk an die russische<br />

Armee 398 Geschütze und Munition.<br />

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen sich<br />

im Ural neben den traditionellen Bergbaubetrieben neue<br />

Industrie- und Handelszweige zu entwickeln, wodurch<br />

Урал и Сибирь<br />

Abb. 351<br />

Abb.<br />

352, 353<br />

Немцы внесли значительный вклад и в развитие горнозаводского<br />

Урала и Сибири, оказав значительное<br />

воздействие на модернизационные процессы в экономике.<br />

Здесь в XVIII в. работали десятки горных<br />

специалистов из Саксонии, Пруссии и других германских<br />

государств, в том числе «творец уральских заводов»<br />

саксонец В. де Геннин. Они занимали ключевые<br />

технические и административные должности, став<br />

основателями целых отраслей производства на казенных<br />

заводах Сибирского обер-бергамта (с 1723 г.<br />

в Екатеринбурге), в который входили заводы от Приуралья<br />

до Восточной Сибири (Тула, Сестрорецк,<br />

Пермь и др.). В первой половине XIX в. немцы составляли<br />

почти 20 % всех чиновников и инженеров,<br />

состоявших на службе по горному ведомству на Урале.<br />

Они обладали необходимыми знаниями и опытом<br />

в области западноевропейской металлургии, горного<br />

дела, технологий промышленного производства, которые<br />

успешно внедряли на предприятиях (Н. А. Иосса,<br />

Р. Г. фон Миквиц, А. К. фон Фитингоф и др.).<br />

Крупная колония квалифицированных мастеров-оружейников,<br />

приглашенных из Золингена, сложилась<br />

в начале XIX в. на Златоустовском заводе, изготовлявшем<br />

холодное оружие (к 1818 г. – 450 чел.). В период<br />

Отечественной войны 1812 г. завод начал широкомасштабно<br />

работать на оборону страны, а его главного<br />

управляющего М. Клейнера можно считать организатором<br />

военного производства (в 1812–1814 гг.<br />

русская армия получила с завода 398 орудий и боеприпасы).<br />

Во второй половине XIX в. на Урале, кроме традиционной<br />

горнозаводской промышленности, стали<br />

развиваться новые отрасли производства и торговля,<br />

что привлекло сюда новых переселенцев из Германии<br />

Илл. 351<br />

Илл.<br />

352, 353<br />

353. Молотовой цех<br />

уральского завода.<br />

С рисунка И. Шлаттера.<br />

1760<br />

Schmiedemaschinenhalle<br />

eines Werkes im Ural.<br />

Nach einer Zeichnung<br />

von J. Schlatter. 1760<br />

353


162 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 354<br />

Abb.<br />

355–357<br />

Abb.<br />

358, 359<br />

neue Übersiedler aus Deutschland, aber auch Deutsche<br />

aus verschiedenen Regionen des Russischen Reiches angezogen<br />

wurden. Ein Teil von ihnen nahm eine Stelle als<br />

Arbeiter oder Angestellter in einem Betrieb oder einer<br />

Handelsfirma an, andere gingen in die Landwirtschaft oder<br />

machten sich selbstständig. Angaben der Volkszählung von<br />

1897 zufolge gab es in den drei Gouvernements des Urals<br />

(Orenburg, Perm und Ufa) 2 100 Selbstständige, davon 800<br />

in der Landwirtschaft. Die übrigen waren in verschiedenen<br />

Handwerksberufen tätig, u. a. in der Metall- und Holzbearbeitung,<br />

bei der Verarbeitung pflanzlicher und tierischer<br />

Produkte, in der Industrieproduktion und im Handel.<br />

In der industriellen Produktion lag der Schwerpunkt bei<br />

den Brauereien und Weinbrandbrennereien: T. Herbst in<br />

Ufa, E. Hoffmann in Orsk, E. F. Fielitz in Jekaterinburg,<br />

L. I. Schott im Bezirk Orenburg usw.<br />

Deutsche Unternehmer waren auch in West– und Ostsibirien,<br />

vor allem dort, wo es kompakte deutsche Kolonistensiedlungen<br />

gab, anzutreffen. Ihre Tätigkeit stand<br />

im Zusammenhang mit dem Bedarf des Landwirtschaftssektors<br />

an landwirtschaftlichem Gerät und am Absatz<br />

der landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Die Omsker Firmen<br />

„Elvorti“ und „Vetter und Hinkel“ trieben in Sibirien<br />

Handel mit landwirtschaftlichem Gerät. Anfang des<br />

20. Jahrhunderts entstand die deutsche Organisation der<br />

Butterunion Russlands, eine Vereinigung der sibirischen<br />

Butterhersteller, die den Butterexport nach Westeuropa<br />

in Gang brachte.<br />

Die größte deutsche Firma in Sibirien und Fernost war<br />

das Handelshaus „Kunst & Albers“, das 1864 gegründet<br />

wurde, als der aus Hamburg stammende Gustav Albers<br />

Lebensmittel und Baustoffe aus China nach Wladiwostok<br />

lieferte. In der Folgezeit war die Firma tatkräftig<br />

an der Entwicklung der neuen Stadt beteiligt, die 1872<br />

zum Kriegshafen erklärt wurde. Der Miteigentümer der<br />

Илл. 354<br />

Илл.<br />

355–357<br />

Илл.<br />

358, 359<br />

и немцев из различных регионов Российской империи.<br />

Часть из них устраивалась рабочими и служащими<br />

на заводы и в торговые фирмы, другие занимались<br />

земледелием или начинали собственное дело. По данным<br />

переписи 1897 г., в трех уральских губерниях<br />

(Оренбургская, Пермская, Уфимская) насчитывалось<br />

2,1 тыс. самостоятельных хозяев, в том числе 0,8 тыс.<br />

занимались земледелием. Занятием остальных были<br />

всевозможные ремесла, в том числе обработка металлов,<br />

дерева, растительных и животных продуктов,<br />

промышленное производство и торговля. Среди промышленных<br />

заведений преобладали пивоваренные и<br />

винокуренные заводы Т. Гербста в Уфе, Е. Гофмана<br />

в Орске, Э. Ф. Филитц в Екатеринбурге, Л. И. Шотта<br />

в Оренбургском уезде и др.<br />

Немецкие предприниматели действовали также<br />

в Западной и Восточной Сибири, особенно в местах<br />

компактного поселения немецких колонистов. Их деятельность<br />

была связана, прежде всего, с потребностями<br />

аграрного сектора в сельскохозяйственных<br />

орудиях и сбытом своей продукции. Омские фирмы<br />

«Эльворти», «Феттер и Гинкель» занимались торговлей<br />

сельскохозяйственным инвентарем на территории Сибири.<br />

В начале ХХ в. возникла Немецкая организация<br />

Маслосоюза России, объединившая производителей<br />

сибирского сливочного масла и наладившая его экспорт<br />

в страны Западной Европы.<br />

Крупнейшей немецкой фирмой в Сибирском и<br />

Дальне восточном регионах являлся торговый дом<br />

«Кунст и Альберс», основанный в 1864 г., когда выходец<br />

из Гамбурга Г. Альберс доставил из Китая<br />

во Владивосток продукты питания и строительные<br />

материалы. Впоследствии фирма содействовала развитию<br />

нового города, объявленного в 1872 г. военным<br />

портом. Совладелец фирмы А. Даттан в 1887 г. занял<br />

355<br />

354. Пивные этикетки немецких заводов в России. Рекламный плакат.<br />

Типография Г. Мейера. Либава. Начало ХХ в.<br />

Etiketten deutscher Brauereien in Russland. Werbeplakat. Typographie<br />

G. Mayer. Libau, Anfang 20. Jh.<br />

354<br />

355. Реклама пивоваренного завода Ф. Ф. Доренберга в Иркутске. 1911<br />

Werbung der Bierbrauerei F. F. Dorenberg in Irkutsk. 1911


357<br />

356<br />

356. Акция Тихоокеанского китобойного и<br />

рыбопромышленного акционерного общества<br />

графа Г. Кейзерлинга и К° (С.-Петербург). 1902<br />

Aktie der Gesellschaft für Walfang- und Fischerei<br />

im Stillen Ozean „Graf Keyserling & Co“<br />

(St. Petersburg). 1902<br />

357. Торговые ряды в Благовещенске.<br />

Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Handelsreihen in Blagoweschtschensk.<br />

Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />

358. Здания торгового дома «Кунст и Альберс»<br />

во Владивостоке. Почтовая карточка. 1910-е гг.<br />

Gebäude des Handelshauses „Kunst & Albers“<br />

in Wladiwostok. Postkarte. 1910er Jahre<br />

358<br />

359<br />

359. Магазин торгового дома «Кунст и Альберс» в Хабаровске. Фото. 2011<br />

Geschäft des Handelshauses „Kunst & Albers“ in Chabarowsk. Foto. 2011<br />

360<br />

360. Бона 50 коп. торгового дома «Кунст и Альберс» в Благовещенске. 1918<br />

50 Kopeken-Gutschein des Handelshauses „Kunst & Albers“ (Blagoweschstchensk). 1918


164 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Firma, A. Dattan, wurde 1887 Deutscher Konsul in<br />

Wladiwostok.<br />

Ab 1880 begann die Firma im Auftrag der russischen<br />

Regierung durch den Import von Waren aus San Francisco<br />

die Marinestützpunkte mit Proviant zu beliefern.<br />

Das Handelshaus lieferte auch Baumaterial für die Seefestung<br />

in Wladiwostok, später auch nach Port Arthur.<br />

Hierher wurde auch Öl aus Batumi, Rohrleitungen der<br />

Firma Mannesmann für die Verlegung von Wasserleitungen<br />

u. a. geliefert. Die Firma ließ in Wladiwostok auch<br />

mehrere Gebäude errichten, darunter die Zentrale der<br />

Handelsvertretung. Mit der Eröffnung der Transsibirischen<br />

Eisenbahn errichtete die Firma entlang der Strecke eigene<br />

Niederlassungen und begann auch im europäischen<br />

Teil Russlands aktiv zu werden. Während des Russisch-<br />

Japanischen Krieges (1904/05) hatte sie allerdings schwere<br />

Verluste zu verzeichnen, der Umfang der Handelstätigkeit<br />

wurde geringer. Im Ersten Weltkrieg wurde das Eigentum<br />

des Handelshauses „Kunst & Albers“, dessen Eigentümer<br />

ja deutsche Staatsangehörige waren, konfisziert und die<br />

Tätigkeit des Unternehmens in Russland eingestellt.<br />

Die Geschichte der Geschäftstätigkeit von Deutschen auf<br />

dem russischen Markt im 19. Jahrhundert und zu Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts zeigt, dass zur wirtschaftlichen<br />

Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland<br />

sowohl der gegenseitige Warenaustausch und Kapitalinvestitionen,<br />

als auch der Austausch von Unternehmern,<br />

also der „Export von menschlichem Kapital“, gehörten.<br />

Die Russlanddeutschen trugen zur Modernisierung des<br />

Landes, in dem sie nun lebten und das vielen eine zweite<br />

Heimat geworden war, bei. Der hohe Stand der Technologie<br />

machte zusammen mit der recht großen deutschen<br />

Diaspora die Besonderheit des deutschen Unternehmertums<br />

im vorrevolutionären Russland aus.<br />

Im Ersten Weltkrieg unterlag die Wirtschaftstätigkeit deutscher<br />

Staatsangehöriger einer scharfen staatlichen Kontrolle.<br />

Die repressiven Maßnahmen erstreckten sich auch auf<br />

russische Bürger, wenn sie „deutscher Herkunft“ waren.<br />

Nach der Oktoberrevolution wurde im Zusammenhang<br />

mit der Nationalisierung von Banken und Industrie nicht<br />

nur die privatwirtschaftliche Tätigkeit von Deutschen,<br />

sondern auch von Angehörigen aller anderen Nationalitäten<br />

gewaltsam unterbunden. Nach Abschluss des Brester<br />

Friedens im Jahre 1918 kehrten viele deutsche Unternehmer<br />

mit ihren Familien nach Deutschland zurück.<br />

Abb. 360 Илл. 360<br />

официальный пост германского консула во Владивостоке.<br />

С 1880 г. фирма получила заказ российского правительства<br />

на снабжение провиантом береговых баз<br />

флота с доставкой товаров из Сан-Франциско. Торговый<br />

дом участвовал в снабжении строительными<br />

материалами морской крепости во Владивостоке и<br />

позднее в Порт-Артуре. Сюда доставлялись керосин<br />

из Батуми, трубы фирмы Маннесманн для строительства<br />

водопровода и др. Во Владивостоке фирмой построено<br />

несколько зданий, в том числе главное торговое<br />

представительство. С открытием Транссибирской<br />

железной дороги фирма создала вдоль линии свои<br />

филиалы, начала операции и в Европейской России.<br />

Однако в годы русско-японской войны 1904–1905 гг.<br />

ею были понесены значительные убытки, и масштабы<br />

ее деятельности сократились. В годы Первой мировой<br />

войны имущество торгового дома «Кунст и Альберс»,<br />

совладельцы которого являлись германскими подданными,<br />

было конфисковано и его деятельность<br />

в России прекратилась.<br />

История деловой активности немцев на российском<br />

рынке в XIX – начале ХХ в. свидетельствует, что нормой<br />

экономического взаимодействия между Россией<br />

и Германией всегда служили как внешнеторговый<br />

обмен и инвестирование капиталов, так и циркуляция<br />

предпринимателей, «экспорт человеческого капитала».<br />

Российские немцы содействовали экономической<br />

модернизации новой страны обитания, которая для<br />

многих становилась второй родиной. Высокая технологичность<br />

деятельности при наличии значительной<br />

немецкой диаспоры составляет отличительную особенность<br />

немецкого предпринимательства в дореволюционной<br />

России.<br />

В годы Первой мировой войны экономическая деятельность<br />

германских подданных была поставлена<br />

под жесткий контроль государства. Репрессивные<br />

меры коснулись и российских граждан из числа<br />

«германских выходцев». После Октябрьской революции<br />

с национализацией банков и промышленности<br />

частнопредпринимательская деятельность немцев, как<br />

и представителей других национальностей, была насильственно<br />

свернута. После заключения Брестского<br />

мира 1918 г. значительная часть немецких предпринимателей<br />

с семьями возвратились в Германию.


Немцы в российской истории 165<br />

Der deutsche Faktor<br />

in der russischen Architektur<br />

Немецкий фактор<br />

в архитектуре России<br />

H. Heidebrecht (Stuttgart) Г. Гейдебрехт (Штутгарт)<br />

Im Mittelalter war der Norden Russlands das Fenster,<br />

durch das kulturelle Einflüsse des Westens nach Russland<br />

gelangen konnten. Die Hansestadt Nowgorod,<br />

später auch Pskow, Smolensk und Kiew, die das deutsche<br />

Stadtrecht hatten, begannen ab dem 12. Jahrhundert<br />

sowohl Kaufleute als auch Baumeister anzuziehen. In<br />

Wladimir und Susdal erinnern heute noch romanische<br />

Stufenportale und gotische Spitzbogen in alten Kirchen<br />

an fremdländische „Einmischungen“ in die frühe russisch-byzantinische<br />

Architektur. In der ersten Hälfte des<br />

17. Jahrhunderts, als in Europa der Dreißigjährige Krieg<br />

tobte, führte der Zustrom ausländischer Meister, vor allem<br />

aus deutschen Ländern, zur Entwicklung eines neuen<br />

Baustils in Russland. Die Moskauer Architektur wurde<br />

freier, ihre Proportionen waren jetzt eher gedrungen, die<br />

Dekorationen ausgeprägter und die Farben kräftiger. Der<br />

von Historikern später als besonders starker Ausdruck des<br />

russischen Geistes empfundene Stil war aber nichts anderes,<br />

als eine Spätphase der deutschen Renaissance.<br />

Als Peter I. den Thron bestieg, kamen Fachleute in großer<br />

Zahl aus Europa. Der erste ausländische Baumeister, der<br />

der Einladung Peters nach Russland folgte, war der junge<br />

Dresdner Steinmetz Christoph Conrad, der 1700 mit<br />

dem Bau des Arsenals, dem sogenannten Zeughaus, im<br />

Moskauer Kreml beauftragt wurde. Zu den Pflichten des<br />

sächsischen Baumeisters gehörte auch die Unterweisung<br />

russischer Steinmetze in der kunstvollen Steinbearbeitung<br />

„nach deutscher Art“.<br />

Jedoch konnte die Symbiose aus der Bebauung im alten<br />

Moskauer Stil und einzelnen architektonischen Neuerungen<br />

den Reformzaren nicht zufrieden stellen. 1703 wurde<br />

daher auf dem Territorium des ehemaligen schwedischen<br />

Ingermanlands der Grundstein für eine neue russische<br />

Hauptstadt gelegt, zu deren Aufbau keine russischen<br />

Baumeister mehr zugelassen wurden. Auch Conrad reiste<br />

nach St. Petersburg und baute dort zusammen mit dem<br />

Abb.<br />

361, 362<br />

Abb. 363<br />

Abb. 364<br />

Abb. 365<br />

В<br />

средневековье окном для проникновения культурных<br />

ценностей Запада служил Русский<br />

Север. Начиная с XII в. ганзейский Новгород,<br />

а позже Псков, Смоленск и Киев, наделенные немецким<br />

городским правом, притягивали к себе как торговый<br />

люд, так и строительных умельцев. В древних<br />

церквях Владимира и Суздаля ступенчатые романские<br />

порталы, как и остроконечные готические арки, и поныне<br />

напоминают о чужеземных, «вмешательствах»,<br />

в раннее русско-византийское зодчество. В первой<br />

половине XVII в., в разгар разрушительной Тридцатилетней<br />

войны в Европе, приток иностранных<br />

мастеров, особенно из германских земель, приводит<br />

к созданию в России нового стиля. Московская архитектура<br />

становится более свободной, ее пропорции<br />

приземистее, декорации весомее, краски гуще. Воспринятое<br />

поздними историками как особенно яркое<br />

выражение русского духа, это направление представляло<br />

собой не что иное, как позднюю фазу немецкого<br />

ренессанса.<br />

С приходом к власти Петра I приток специалистов<br />

из Европы приобретает массовый характер. Первый<br />

иностранный зодчий, последовавший в Россию по приглашению<br />

Петра, – молодой каменных дел мастер<br />

из Дрездена Кристоф Конрад, которому в 1700 г. было<br />

поручено строительство кремлевского арсенала («цейхгауза»)<br />

в Москве. В обязанности саксонского зодчего<br />

вменялось также обучение русских каменщиков декоративной<br />

каменной работе по «немецкому манеру».<br />

Однако симбиоз старомосковской застройки с отдельными<br />

новшествами архитектуры не мог удовлетворить<br />

царя-реформатора. В 1703 г. на территории бывшей<br />

шведской Ингерманландии закладывается новая российская<br />

столица, к строительству которой русские зодчие<br />

уже не допускались. В Санкт-Петербург переезжает и<br />

К. Конрад и строит там вместе с итальянцем Доменико<br />

Илл.<br />

361, 362<br />

Илл. 363<br />

Илл. 364<br />

Илл. 365


361 362<br />

361, 362.<br />

Церковь Бориса и Глеба в Кидекше (Владимирская обл.) с элементами романского стиля (поребрик и «ломбардская арка»). 1152. Фото. 2010<br />

Boris- und Glebkirche in Kidekscha (Gebiet Wladimir) mit Elementen des romanischen Stils (Curb und Blendbogenfries). 1152. Foto. 2010<br />

363. Теремной дворец в Московском Кремле (1635–1636),<br />

один из характерных примеров немецкого ренессанса.<br />

С рисунка Дж. Кваренги. 1797. Государственный<br />

Эрмитаж, С.‐Петербург<br />

Terem-Palast im Moskauer Kreml (1635–1636) – ein<br />

typisches Beispiel der deutschen Renaissance. Nach einer<br />

Zeichnung von G. Quarenghi. 1797. Staatliche Eremitage,<br />

St. Petersburg<br />

363<br />

364. Арсенал Московского Кремля на 1736 г.<br />

Реконструкция К. Лопяло. 1957<br />

Arsenal im Moskauer Kreml um 1736.<br />

Rekonstruktion von K. Lopjalo. 1957<br />

364


Немцы в российской истории 167<br />

Italiener Domenico Trezzini das orthodoxe Alexander-<br />

Newski-Kloster. Ihr Nachfolger beim Bau des Klosters<br />

wurde dann der Architekt Theodor Schwertfeger aus dem<br />

„Preußenland“, der schon ab 1713 am Bau der Paläste für<br />

A. D. Menschikow in St. Petersburg, Kronstadt, Oranienbaum<br />

und Ischora mitgewirkt hatte.<br />

Eines der ersten bedeutenden und bis heute erhalten<br />

gebliebenen Gebäude in St. Petersburg war das Menschikow-Palais,<br />

wenn sein Äußeres sich auch verändert<br />

hat. Mit dem Bau des Palastes begann der Italiener Giovanni<br />

Fontana, der deutsche Architekt Gottfried Schädel<br />

aus Wandsbek bei Hamburg führte ihn fort. Nach der<br />

Fertigstellung dieses Palastes leitete er parallel den Bau<br />

der Paläste in Kronstadt und Oranienbaum. Der große<br />

Palast in Oranienbaum, heute Lomonossow, war der<br />

erste Prestigebau in der Umgebung St. Petersburgs. Aber<br />

besonders produktiv war Schädels Schaffen in Kiew. Hier<br />

baute er 1735 das Gebäude der Geistlichen Akademie<br />

um und errichtete anschließend die Glockentürme des<br />

Kiewer Höhlenklosters und der Sophienkathedrale. Nach<br />

seinen Zeichnungen wurden einige Gebäude in der Kiewer<br />

Petscherskaja-Festung errichtet und mehrere Kiewer<br />

Kirchen im neuen Barockstil umgebaut.<br />

Gleichzeitig mit Schädel kam auch der bedeutendste<br />

Berliner Bildhauer und Architekt Andreas Schlüter nach<br />

Russland. Obwohl der preußische Architekt in Russland<br />

nur noch ein Jahr zu leben hatte, gelang ihm in dieser<br />

kurzen Zeit erstaunlich viel. Der hochbezahlte Oberbaudirektor<br />

lebte im Sommerpalais des Zaren und trug für<br />

den Aufbau der russischen Hauptstadt die Gesamtverantwortung.<br />

In kurzer Zeit sollte er die Kompositionen für<br />

die wichtigsten Objekte der Stadt entwerfen. Eben diese<br />

Skizzen und Zeichnungen Schlüters waren das entscheidenden<br />

Glied bei der Entwicklung des Stils, den man<br />

später Petersburger Barock nannte.<br />

Abb. 366<br />

Abb. 367<br />

Abb. 368<br />

Abb.<br />

369, 370<br />

Abb. 371<br />

Abb. 372<br />

Abb. 373<br />

Трезини Александро-Невский православный монастырь.<br />

В качестве их преемника руководство постройкой лавры<br />

взял на себя архитектор «прусской земли» Теодор<br />

Швертфегер, который уже с 1713 г. был задействован<br />

на строительстве дворцов для А. Д. Меншикова в Петербурге,<br />

Кронштадте, Ораниенбауме и Ижоре.<br />

Одним из первых значительных сооружений Санкт-<br />

Петербурга стал Меншиковский дворец – сейчас одна<br />

из немногих сохранившихся, хоть и изменивших свою<br />

внешность, построек. Строить дворец начал итальянец<br />

Джованни Фонтана, продолжил немецкий архитектор<br />

Готфрид Шедель, родом из Вандсбека, близ Гамбурга.<br />

После окончания постройки он одновременно руководит<br />

строительством дворцов в Кронштадте и Ораниенбауме.<br />

Большой дворец в Ораниенбауме (Ломоносове)<br />

явился первым престижным строением в окрестностях<br />

Петербурга. Но особенно продуктивным было<br />

творчество Шеделя в Киеве. Здесь он перестраивает<br />

здание Духовной академии (1735), затем сооружает<br />

колокольни Киево-Печерской лавры и Софийвского<br />

собора. По его чертежам возведены различные постройки<br />

в Печерской крепости, перестроены в новом<br />

барочном стиле ряд киевских церквей.<br />

Одновременно с Шеделем отправляется в Россию крупнейший<br />

берлинский скульптор и архитектор Андреас<br />

Шлютер. Несмотря на то что жить прусскому архитектору<br />

в России оставалось всего год, сделать за этот короткий<br />

срок он успел поразительно много. Высоко оплачиваемый<br />

обер-баудиректор (главный строительный директор),<br />

живший в Летнем дворце царя, нес ответственность<br />

за все строительство русской столицы и должен был<br />

в сжатые сроки разрабатывать композиции важнейших<br />

объектов города. Именно эскизы и чертежи Шлютера<br />

явились определяющим звеном в формировании стиля,<br />

названного позже «Петровское барокко».<br />

Илл. 366<br />

Илл. 367<br />

Илл. 368<br />

Илл.<br />

369, 370<br />

Илл. 371<br />

Илл. 372<br />

Илл. 373<br />

365. Петр Великий.<br />

Основание Санкт‐Петербурга.<br />

А. Г. Венецианов. 1838.<br />

Государственная Третьяковская<br />

галерея, Москва<br />

Peter der Grosse.<br />

Grundsteinlegung<br />

von St. Petersburg.<br />

A. G. Wenezianow. 1838.<br />

Staatliche Tretjakow-Galerie,<br />

Moskau<br />

365


366<br />

366. Вид Александро-Невского монастыря (С.-Петербург).<br />

С рисунка М. Махаева. 1747. Фото. 1911<br />

Ansicht des Aleksandr-Newskij-Klosters (St. Petersburg).<br />

Nach einer Zeichnung von M. Machajew.<br />

1747. Foto. 1911<br />

367 368<br />

369


370<br />

367. Троицкий собор Александро-Невской лавры (архитектор Т. Швертфегер).<br />

Деревянная проектная модель. Резчик К. Ган по указаниям Т. Швертфегера. 1720-е гг.<br />

Научно-исследовательский музей Российской академии художеств. Фото. 2011<br />

Dreifaltigkeitskirche des Aleksandr-Newskij-Klosters (Arch. T. Schwertfeger). Holzmodell.<br />

Schnitzer K. Hahn nach Anleitung von T. Schwertfeger. 1720er Jahre. Wissenschaftliches<br />

Forschungsmuseum der Russischen Kunstakademie. Foto. 2011<br />

368. Меншиковский дворец на Васильевском острове в Санкт‐Петербурге.<br />

С гравюры А. Ростовцева. 1716<br />

Menschikow-Palast auf der Wasiljewskij-Insel in St. Petersburg.<br />

Nach einer Radierung von A. Rostowzew. 1716<br />

369. Большой дворец в Ораниенбауме. С офорта Ф.-Д. Нее по рисунку М. Махаева.<br />

Фрагмент. Париж, 1783<br />

Großer Palast in Oranienbaum. Radierung von F.-D. Nee nach einer Zeichnung<br />

von M. Machajew. Fragment. Paris, 1783<br />

370. Большой дворец в Ораниенбауме.<br />

Фото. 2010<br />

Großer Palast in Oranienbaum.<br />

Foto. 2010<br />

371. Большая колокольня Киево-Печерской<br />

лавры (Киев). Почтовая карточка.<br />

Конец XIX в.<br />

Großer Glockenturm<br />

des Kiewer Hölenkloster (Kiew).<br />

Postkarte. Ende 19. Jh.<br />

372. Архитектор А. Шлютер (1660–1714).<br />

Барельеф на колонне в здании ратуши<br />

г. Гамбург. Около 1890.<br />

Фото. 2011<br />

Architekt A. Schlüter (1660–1714).<br />

Flachrelief an einer Säule im Rathaus<br />

von Hamburg. Um 1890. Foto. 2011<br />

372<br />

371


373<br />

374<br />

375


Немцы в российской истории 171<br />

Johann Friedrich Braunstein, ein Schüler Schlüters, war<br />

der erste Baumeister Peterhofs. Er entwarf den Generalplan<br />

für die Schloss- und Parkanlage. Der gebürtige<br />

Nürnberger Braunstein kam 1714 auf Einladung seines<br />

ehemaligen Lehrers von Berlin nach St. Petersburg und<br />

widmet sich ganz dem Bau des Lustschlosses Monplaisier,<br />

dem ersten fertiggestellten Objekt der zukünftigen<br />

Anlage. Der Kern des Ensembles, der Palast und die<br />

Große Kaskade mit ihren zahlreichen Springbrunnen<br />

und Skulpturen, wurde hauptsächlich unter der Leitung<br />

Braunsteins errichtet.<br />

In der Regierungszeit Anna Iwanownas begann Johann<br />

Friedrich Blank, sächsischer Bergmannssohn, Schüler<br />

und Nachfolger der ersten Petersburger Baumeister Georg<br />

Johann Mattarnovi, Nicolaus Harbel und Steven van<br />

Zwieten, als Architekt zu wirken. 1742 wurde Blank zum<br />

Stadtarchitekten Moskaus ernannt, um den Bau der Stadt<br />

zu leiten. Blank und seine Mannschaft waren vor allem<br />

bestrebt, die Gebäude aus der Tiefe des Grundstücks<br />

nach vorn, an die rote Linie der Straße zu bringen und<br />

die Stadtbebauung zu strukturieren.<br />

In Moskau gab es zu jener Zeit mit Peter Friedrich<br />

Heiden einen weiteren bekannten deutschen Architekten.<br />

1732, ein Jahr nach der Entlassung Conrads, der<br />

zuvor als bedeutendster und sogar einziger Architekt<br />

in Moskau galt, trat Heiden in russische Dienste. Er<br />

löste G. Schädel, der nach Kiew ging, beim Bau des<br />

Annenhofes im Kreml ab und leitete zwei Jahre lang<br />

den Bau der Hofintendanz, von wo aus der Zarenhof<br />

versorgt wurde. Das wichtigste Werk Heidens war der<br />

neue Münzhof in Moskau, der als Fortsetzung der alten<br />

Gebäude entlang der Hauptzufahrt zum Roten Platz<br />

errichtet wurde.<br />

Einer der bekanntesten Schüler Blanks war Alexander<br />

Wüst, Nachfolger Trezzinis als Architekt der Hauptkanzlei<br />

Abb.<br />

374–376<br />

Abb. 377<br />

Ученик Шлютера – Иоганн Фридрих Браунштейн был<br />

первым строительным мастером Петергофа. Он разработал<br />

генеральный план дворцово-паркового комплекса.<br />

Родом из Нюрнберга, Браунштейн прибывает<br />

в 1714 г. из Берлина в Петербург по приглашению<br />

своего бывшего учителя и целиком посвящает себя<br />

строительству дворца Монплезир – первой реализации<br />

будущего комплекса. Ядро этого ансамбля – Большой<br />

дворец, как и Большой каскад с бесчисленными фонтанами<br />

и скульптурами, было сооружено в основном<br />

под руководством Браунштейна.<br />

Во времена правления Анны Иоанновны начал свою<br />

архитектурную практику сын саксонского горняка<br />

Иоганн Фридрих Бланк – ученик и преемник первых<br />

петербургских зодчих Маттарнови, Гербеля и<br />

ван Звитена. В 1742 г. Бланк был назначен городским<br />

архитектором Москвы, «ведая строительством города».<br />

Главным стремлением архитектурной команды<br />

Бланка было вынесение зданий из глубины участка<br />

на красную линию улицы и достижение структурности<br />

в градо строительной компоновке города.<br />

В Москве этого периода известен еще один немецкий<br />

архитектор – Петр Гейден. В 1732 г., через год после<br />

увольнения К. Конрада, являвшегося, как ранее считалось,<br />

«главным и даже единственным архитектором<br />

в Москве», Гейден поступает на русскую службу. Сменив<br />

выехавшего в Киев Г. Шеделя при строительстве Кремлевского<br />

Анненгофа, он в течение двух лет руководил<br />

Гофинтендантской – обслуживающей хозяйственные<br />

нужды царского двора – конторой. Важнейшей постройкой<br />

Гейдена в Москве был новый Монетный двор,<br />

реализованный им как продолжение старых корпусов<br />

на главной подъездной оси к Красной площади.<br />

Одним из наиболее известных учеников И. Бланка был<br />

Александр Вист, сменивший Д. Трезини в должности<br />

Илл.<br />

374–376<br />

Илл. 377<br />

373. Кунсткамера (1718–1734).<br />

Ее первоначальные чертежи разработал<br />

А. Шлютер. Фото. 2010<br />

Kunstkammer (1718–1734).<br />

Die ersten Zeichnungen hat A. Schlüter<br />

gefertigt. Foto. 2010<br />

374. Панорама Большого дворца и каскада<br />

в Петергофе. С офорта П. Артемьева<br />

и Н. Челнаков по рисунку М. Махаева. 1761<br />

Panorama des Großen Palastes und der Kaskaden<br />

in Peterhof. Radierung von P. Artemjew<br />

und N. Tschelnakow nach einer Zeichnung<br />

von M. Machajew. 1761<br />

375. Дворец Марли в Петергофе (архитектор<br />

Браунштейн, 1721–1723). Фото. 2010<br />

Marli-Palast in Peterhof (Arch. Braunstein,<br />

1721–1723). Foto. 2010<br />

376<br />

376. Кухня дворца Монплезир в Петергофе (архитектор Браунштейн,<br />

1716–1723). Открытка. Фото В. Брязгина. 1981<br />

Küche im Palast Monplaisir in Peterhof (Arch. Braunstein, 1716–1723).<br />

Postkarte. Foto von W. Brjazgin. 1981


378<br />

377. Палаты бывшего Монетного двора в Москве (1732–1740).<br />

Фото Г. Гейдебрехта<br />

Palast der ehemaligen Moskauer Münze (1732–1740).<br />

Foto von H. Heidebrecht<br />

378. Ботный домик в Санкт-Петербурге. Фото. 2011<br />

Bootshäuschen in St. Petersburg. Foto. 2011<br />

377<br />

379. Воспитательный дом в Москве.<br />

С гравюры Ф. Алексеева. 1800-е гг.<br />

Erziehungsanstalt in Moskau.<br />

Radierung von F. Alekseew. 1800er Jahre<br />

379<br />

380. Бывший Воспитательный дом в Москве. Фото. 2010<br />

Ehemalige Erziehungsanstalt in Moskau. Foto. 2010<br />

380


Немцы в российской истории 173<br />

für die Petersburger Polizei. Gut erhalten ist das von<br />

Wüst gebaute Bootshaus, ein barocker Pavillon für das<br />

Boot Peters I. in der Peter-und-Pauls-Festung. Auf der<br />

Wassiljewski-Insel errichtete Wüst die mit fünf Kuppeln<br />

versehene Andreas-Kathedrale und 1779 zusammen<br />

mit Gottlieb Paulsen die Festungskathedrale in<br />

Schlüsselburg.<br />

1748 verlieh das Kontor des Moskauer Senats dem Schüler<br />

des Architekten J. Blank, seinem Sohn Karl, den Titel eines<br />

Baumeistergesellen. In den nachfolgenden Jahren baute<br />

Blank d. J. in Moskau einige orthodoxe Kirchen in der<br />

traditionellen Form „Achteck auf Viereck“, bei der sich ein<br />

achtkantiger Korpus über dem rechteckigen Fundament<br />

erhebt, geschmückt von einer byzantinischen Kuppel. Die<br />

bemerkenswertesten davon sind die St.-Katharinenkirche<br />

in der Ordynka und die St.-Kyrill-und-Johann-Kirche in<br />

der Soljanka. 1764 wurde Karl Blank zum Chefarchitekten<br />

der Synode ernannt. Er war jetzt allein für die Planung<br />

der wichtigsten Sakralbauten in Moskau zuständig, und<br />

der Blanksche Typ der Kirchenbauten ist seitdem aus<br />

dem Moskauer Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Von<br />

Blanks profanen Bauten wären die Gebäude im „Moskauer<br />

Versailles“, darunter das Landgut von Scheremetjew in<br />

Kuskowo oder das Waisenhaus am Ufer der Moskwa zu<br />

erwähnen. Letztgenannte Einrichtung, die 8 000 Moskauer<br />

Waisen Obdach bot, setzte durch ihre Monumentalität<br />

und die von der Stadt abgeschiedene Lage nicht nur für<br />

den Städtebau, sondern auch für den sozialen Bereich<br />

neue Maßstäbe.<br />

Von 1762 bis 1796, in der Regierungszeit Katharinas II.,<br />

gab es in Russland die Kommission für Steinbau in St. Petersburg<br />

und Moskau, deren Tätigkeit sich mit der Zeit<br />

auch auf andere Städte des Landes erstreckte. In dieser<br />

Zeit entwarf die Kommission über 400 Generalpläne für<br />

die Bebauung russischer Städte. Eine solch umfangreiche<br />

Arbeit suchte zu jener Zeit sowohl in der städtebaulichen<br />

Praxis Russlands, als auch im europäischen Vergleich<br />

Ihresgleichen. In den letzten 22 Jahren ihres Bestehens<br />

wurde diese Institution für den Städtebau vom Architekten<br />

Johann Lehm geleitet. Er entwarf Generalpläne für mehrere<br />

Provinzstädte, darunter Irkutsk, Perm, Werchoturje,<br />

Irbit, Murom, Kaschin und Sysran und war dabei bemüht,<br />

mit seinen zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten eine<br />

theoretische Basis und einheitliche Normen für dieses<br />

Gebiet zu entwickeln.<br />

Einer der Pioniere des russischen Klassizismus war Georg<br />

Friedrich (Jurij Matwejewitsch) Veldten, Sohn des<br />

Wirtschaftsleiters der Petersburger Akademie der Wissenschaften<br />

Matthias Veldten aus Danzig. Veldten löste<br />

den berühmten Rastrelli auf dem Posten des Chefarchitekten<br />

der Petersburger Baukanzlei ab und leitete damit<br />

den Übergang vom verschwenderischen Barockstil zum<br />

strengen Klassizismus ein.<br />

Nach der Grundsteinlegung für die mit Granit verkleidete<br />

Uferstraße der Newa, machte sich Veldten an den Bau<br />

der Großen Ermitage, eher bekannt als Alte Ermitage,<br />

zur Unterscheidung von der später vom Architekten Leo<br />

von Klenze gebauten Neuen Ermitage. Sämtliche Gebäude<br />

der Ermitage, also auch den Winterpalais und<br />

архитектора Главной полицейской канцелярии Петербурга.<br />

Хорошо сохранился построенный Вистом Ботный<br />

домик – барочный павильон для хранения ботика<br />

Петра I в Петропавловской крепости. На Васильевском<br />

острове Вист возвел пятикупольный Андреевский собор,<br />

в 1779 г. вместе с Готлибом Паульсеном реализовал строительство<br />

Крепостного собора в Шлиссельбурге.<br />

В 1748 г. Московская контора Сената присваивает<br />

ученику архитектора И. Бланка, его сыну Карлу, звание<br />

«архитектурного гезеля» (подмастерья). В последующие<br />

годы Бланк-младший строит в Москве ряд<br />

православных церквей, представляющих собой традиционный<br />

восьмерик на четверике – восьмигранный<br />

барабан, выступающий из прямоугольника основания<br />

и увенчанный куполом с византийской главкой. Наиболее<br />

примечательные из этих сооружений – церкви<br />

св. Екатерины на Ордынке и св. Кира и Иоанна<br />

на Солянке. В 1764 г. К. Бланк назначается главным<br />

архитектором Синода. Проектирование важнейших сакральных<br />

построек Москвы возлагается теперь только<br />

на него, и «бланковский» тип церкви становится неотъемлемой<br />

частью московского колорита. Из светских построек<br />

заслуживают упоминания сооружения Бланка<br />

в «Московском Версале» – Шереметьевском поместье<br />

в Кусково, а также Воспитательный дом на берегу<br />

Москвы-реки. Это учреждение, послужившее приютом<br />

для 8 000 московских сирот, своей монументальностью<br />

и обособленностью от городского окружения создало<br />

новые масштабы не только в области градостроения,<br />

но прежде всего в социальной сфере.<br />

С 1762 по 1796 г., в период царствования Екатерины<br />

II, в России существовала Комиссия о каменном<br />

строении Санкт-Петербурга и Москвы, деятельность<br />

которой постепенно охватила и другие города страны.<br />

За этот период комиссией было создано более<br />

400 генеральных планов застройки для российских<br />

городов – объем работ, не имевший в те времена себе<br />

подобных ни в градостроительной практике России,<br />

ни в европейском масштабе. Этим органом российского<br />

градостроительства руководил в течение его<br />

последних 22 лет архитектор Иван Лем. Автор генеральных<br />

планов множества провинциальных городов<br />

(Иркутска, Перми, Верхотурья, Ирбита, Мурома, Кашина,<br />

Сызрани и др.), он пытался многочисленными<br />

научными трудами создать в этой области теоретическую<br />

основу и единые нормы.<br />

Одним из пионеров русского классицизма явился Георг<br />

Фридрих (Юрий Матвеевич) Фельтен, сын эконома Петербургской<br />

Академии наук, уроженца Данцига Маттиаса<br />

Фельтена. Сменив на посту знаменитого Растрелли,<br />

Фельтен стал главным архитектором петербургской<br />

Канцелярии строений, чем ознаменовал переход от расточительного<br />

барокко к строгому классицизму.<br />

После закладки гранитной набережной Невы Фельтен<br />

берется за строительство Большого Эрмитажа,<br />

более известного под названием «Старого», в отличие<br />

от выстроенного позже архитектором фон Кленце<br />

Нового Эрмитажа. Все эрмитажные строения, включая<br />

Зимний дворец, а также построенный Фельтеном<br />

Abb. 378 Илл. 378<br />

Abb.<br />

379, 380<br />

Abb.<br />

381–383<br />

Abb. 384<br />

Abb.<br />

385–387<br />

Abb.<br />

388–390<br />

Илл.<br />

379, 380<br />

Илл.<br />

381–383<br />

Илл. 384<br />

Илл.<br />

385–387<br />

Илл.<br />

388–390


381<br />

382<br />

381. Титульный лист труда И. Лема<br />

«Опыт городовым и сельским<br />

строениям…». С.‐Петербург, 1802<br />

Titelblatt der Publikation von J. Lehm<br />

„Erfahrungen mit städtischen und<br />

ländlichen Bauten…“. St. Petersburg,<br />

1802<br />

382, 383.<br />

Гравированные иллюстрации<br />

к трудам И. Лема. 1803<br />

Gravierte Illustrationen zu Publikationen<br />

von J. Lehm. 1803<br />

383<br />

384 385


387<br />

386<br />

384. Архитектор Г. Ф. Фельтен (1730–1801).<br />

С. С. Щукин. 1796. Государственный<br />

Русский музей, С.-Петербург<br />

Architekt G. F. Veldten (1730–1801).<br />

S. S. Schtschukin. 1796. Staatliches<br />

Russisches Museum, St. Petersburg<br />

385. Вид Дворцовой набережной с Большим<br />

(Старым) Эрмитажем (1771–1787).<br />

С литографии К. Беггрова. 1826<br />

Ansicht der Schlosspromenade mit Großer<br />

(Alter) Eremitage (1771–1787).<br />

Lithografie von K. Beggrow. 1826<br />

388<br />

386. Овальный зал Старого Эрмитажа.<br />

К. Беггров. 1829. Государственная<br />

Третьяковская галерея, Москва<br />

Ovalsaal der Alten Eremitage.<br />

K. Beggrow. 1829. Staatliche<br />

Tretjakow‐Galerie, Moskau<br />

387. Большой (Старый) Эрмитаж.<br />

Фото Г. Гейдебрехта<br />

Große (Alte) Eremitage.<br />

Foto von H. Heidebrecht<br />

388, 389.<br />

Интерьеры Нового Эрмитажа.<br />

С акварелей Э. Гау. 1856<br />

Innenansicht der Neuen Eremitage.<br />

Aquarell von E. Hau. 1856<br />

389


390<br />

391<br />

390. Портик Нового Эрмитажа (1839–1851).<br />

Фото Г. Гейдебрехта<br />

Säulenhalle der Kleinen Eremitage (1839–1851).<br />

Foto von H. Heidebrecht<br />

392<br />

391. Южный павильон Малого Эрмитажа (1764–1775)<br />

с висячим садом. С гравюры Н. Саблина. 1773<br />

Südpavillon der Kleinen Eremitage (1764–1775)<br />

mit hängendem Garten. Radierung von N. Sablin. 1773<br />

392. Зимний сад Малого Эрмитажа. С акварели Э. Гау. 1865<br />

Wintergarten der Kleinen Eremitage.<br />

Aquarell von E. Hau. 1865<br />

393. Православная церковь Рождества св. Иоанна Предтечи<br />

(Чесменская). Фото. 2010<br />

Orthodoxe Tschesmensker Kirche des heiligen Johannes<br />

des Täufers. Foto. 2010<br />

394. Художник и архитектор А. П. Брюллов (1798–1877).<br />

А. И. Клиндер. 1840. Государственный музей<br />

А. С. Пушкина, Москва<br />

Maler und Architekt A. P. Brjullow (1798–1877). A. I. Klinder.<br />

1840. Staatliches A. S. Puschkin-Museum, Moskau<br />

395. Православная церковь Cв. Петра и Павла (1831–1841)<br />

и склеп графа А. Полье в Парголово (С.-Петербург).<br />

Фото. 2007<br />

Orthodoxe Kirche der Hl. Peter und Paul (1831–1841)<br />

und die Gruft des Grafen A. Polje (Pollé) in Pargolowo.<br />

(St. Petersburg). Foto. 2007<br />

393


Немцы в российской истории 177<br />

die von Veldten gebaute Kleine Ermitage, verband der<br />

Architekt untereinander mit Galerien. Mit der letzten<br />

Galerie schlug er 1783 einen malerischen Bogen über<br />

den Winterkanal und verband so den ganzen Komplex<br />

mit dem neuen Schlosstheater, einem Werk des Italieners<br />

Giacomo Quarenghi.<br />

Veldtens Experimente im mittelalterlichen Stil, zu denen<br />

eine Turmruine, die Tschesmensker Kirche und der<br />

Tschesmensker Palast gehören, kann man als den Beginn<br />

einer romantischen Reaktion auf den Klassizismus einstufen.<br />

Aber besonders farbenfroh wird die Epoche der<br />

Romantik in der Architektur von Kirchenbauten Alexander<br />

Brjullows illustriert. Ein unmittelbares Ergebnis<br />

seines siebenjährigen Auslandsaufenthaltes war die im<br />

neugotischen Stil errichtete orthodoxe Kirche auf dem Gut<br />

Pargolowo. Und als eine Art Manifest der Romantik gilt<br />

die neoromanische Petrikirche, die Hauptkathetrale der<br />

Protestanten Russlands, die der Architekt mitten in das<br />

barock-klassizistische Ensemble des Newskij-Prospektes<br />

setzte. Als Vorbild diente wahrscheinlich eine der zahlreichen<br />

Normalkirchen Karl Friedrich Schinkels, die Dorfkirche<br />

von Straupitz in Brandenburg. Schinkel hinterließ<br />

aber auch selbst Spuren in Russland, als er im Auftrag<br />

Alexandra Fjodorownas, einer geborenen preußischen<br />

Prinzessin und Gemahlin des Zaren Nikolaus I., für die<br />

Zarenfamilie eine Kapelle im Park des Petershofs im<br />

„reichen mittelalterlichen Stil“ baute.<br />

In ihrem Schaffen orientierten sich die ausländischen<br />

Baumeister in Russland hauptsächlich an europäischen<br />

Vorbildern und passten sie den Bedürfnissen der hiesigen<br />

Auftraggeber an. Die Situation ändert sich Ende des<br />

ersten Viertels des 19. Jahrhunderts, als die Bereitschaft<br />

zur Nachahmung eines fremden Stils vom Bedürfnis nach<br />

einem eigenen Stil verdrängt wurde. Allerdings waren<br />

auch die führenden Meister dieser national-romantischen<br />

Abb.<br />

391, 392<br />

Abb. 393<br />

Abb. 394<br />

Abb. 395<br />

Abb. 396<br />

Abb. 397<br />

Abb.<br />

398–400<br />

Малый Эрмитаж, архитектор связал между собой<br />

галереями. Последняя из таковых в 1783 г. живописно<br />

соединила через Зимнюю канавку весь комплекс с новым<br />

Дворцовым театром, выстроенным итальянцем<br />

Дж. Кваренги.<br />

Эксперименты Фельтена в средневековом стиле<br />

(Башня-руина, Чесменская церковь и дворец) можно<br />

классифицировать как начало романтической<br />

реакции на классицизм. Однако наиболее красочно<br />

эпоху романтизма в архитектуре иллюстрируют<br />

церковные постройки Александра Брюллова.<br />

Прямым результатом его семилетнего пребывания<br />

за границей явилась православная церковь в неоготическом<br />

стиле в имении Парголово. А своего рода<br />

манифестом романтизма можно считать неороманскую<br />

Петрикирхе – центральный храм российских<br />

протестантов, построенный архитектором посреди<br />

барочно-классицистического Невского проспекта.<br />

Прототипом церкви, по всей вероятности, послужила<br />

одна из многочисленных типовых церковных<br />

построек Карла Фридриха Шинкеля – деревенская<br />

кирха в Штраупитце (Бранденбург). Сам Шинкель<br />

оставил свой след в России, выполнив по заказу супруги<br />

императора Николая I Александры Федоровны,<br />

урожденной принцессы Прусской, проект постройки<br />

в парке Петергофа часовни для императорской семьи<br />

в «богатом средневековом стиле».<br />

Работавшие в России иностранные зодчие обращались<br />

преимущественно к европейским образцам и<br />

приспосабливали их под нужды местных заказчиков.<br />

Ситуация меняется к концу первой четверти<br />

XIX в., когда готовность к подражанию чужому<br />

стилю уступила место потребности в собственном<br />

стиле. Однако ведущие мастера и этого национально-романтического<br />

направления в архитектуре<br />

Илл.<br />

391, 392<br />

Илл. 393<br />

Илл. 394<br />

Илл. 395<br />

Илл. 396<br />

Илл. 397<br />

Илл.<br />

398–400<br />

394 395


397<br />

396<br />

398<br />

399<br />

400


Немцы в российской истории 179<br />

Richtung in der russischen Architektur zumeist deutscher<br />

Herkunft, wie Konstantin Thon, Viktor Hartmann, David<br />

Grimm oder Lew Dahl.<br />

Eine neue Annäherung an die Wiedergeburt eines nationalen<br />

Stils und für viele auch ein Gradmesser für<br />

weitere Experimente auf diesem Gebiet war der Bau der<br />

Christ-Erlöser-Kathedrale nach einem Entwurf des Petersburger<br />

Architekten Konstantin Thon. Er blieb einer der<br />

produktivsten Baumeister Russlands, und die Projektierung<br />

bedeutsamer Objekte im russischen Stil wurde sein<br />

Monopol: Er war der Architekt des Kremlpalastes und<br />

der Rüstkammer im Kreml sowie der damals größten<br />

Bahnhöfe in St. Petersburg und Moskau. Ende der 1830er<br />

Jahre entwickelte Thon sogenannte Normalbauten, d. h.<br />

typisierte Projekte für Kirchen und Bauernhäuser. Zweifellos<br />

kamen hier Ideen und Erfahrungen von Schinkel<br />

zum Tragen, der 1825 auf Anweisung von Friedrich Wilhelm<br />

III. Normalkirchen für die preußischen Provinzen<br />

entworfen hatte.<br />

Sehr viel zum Erhalt des russischen architektonischen<br />

Erbes trug Friedrich (Fjodor) Richter bei, ein Baltendeutscher<br />

aus dem kurländischen Goldingen, dem heutigen<br />

lettischen Kuldīga. Zwischen 1851 und 1856 gab er fünf<br />

Hefte mit dem Titel „Denkmäler altrussischer Baukunst“<br />

heraus, die als Handbücher für die Projektierung im russischen<br />

Stil gedacht waren. In der Moskauer Hofbauschule,<br />

deren Direktor Richter 25 Jahre lang war, begann man<br />

erstmals allgemeine und russische Architektur systematisch<br />

zu studieren. Richter restaurierte die Kremlmauern<br />

in Moskau und Pskow, sowie eine Reihe alter Kirchbauten<br />

in und außerhalb der ehemaligen Hauptstadt.<br />

Während für die meisten Moskauer die von dem Architekten<br />

Thon gebaute Christ-Erlöser-Kathedrale der Inbegriff<br />

des russischen Stils war, verband man in St. Petersburg<br />

vor allem die Auferstehungskirche (Bluterlöser-Kirche) mit<br />

Abb.<br />

401–403<br />

Abb. 404<br />

Abb. 405<br />

Abb. 406<br />

Abb. 407<br />

Abb.<br />

408, 409<br />

Abb. 410<br />

России – Константин Тон, Виктор Гартман, Давид<br />

Гримм, Лев Даль – были в большинстве своём немецкого<br />

происхождения.<br />

Новым подходом к возрождению национального<br />

стиля и для многих эталоном дальнейшего экспериментирования<br />

в этой области стало строительство<br />

храма Христа Спасителя по проекту петербургского<br />

архитектора К. Тона. Он остается одним из продуктивнейших<br />

зодчих России. Проектирование важнейших<br />

построек в русском стиле стало его монополией:<br />

он автор Кремлевского дворца и Оружейной палаты<br />

в Кремле, а также крупнейших в то время вокзалов<br />

в Петербурге и Москве. В конце 1830‐х гг. Тон составил<br />

так называемые нормальные, т. е. типовые проекты<br />

церквей и крестьянских домов. Несомненно, здесь<br />

сказались идея и опыт построек типовых церквей<br />

в прусских провинциях, разработанных Шинкелем<br />

по указанию Фридриха Вильгельма III в 1825 г.<br />

Многое сделал для охраны российского архитектурного<br />

наследия Фридрих (Федор) Рихтер – прибалтийский<br />

немец, родом из курляндского местечка Гольдинген<br />

(Кулдига). В 1851–1856 гг. он выпустил пять тетрадей<br />

«Памятники древнерусского зодчества» с целью<br />

сделать их пособием для проектирования в «русском<br />

стиле». В Московском дворцовом архитектурном<br />

училище, которое Рихтер 25 лет возглавлял в качестве<br />

директора, впервые началось систематическое<br />

изучение всеобщей и русской архитектуры. Рихтер<br />

реставрировал стены кремлей в Москве и Пскове,<br />

а также ряд древних церковных сооружений в бывшей<br />

столице и за ее пределами.<br />

Если для большинства москвичей олицетворением<br />

русского стиля являлся храм Христа Спасителя<br />

архитектора Тона, то в Петербурге с национальной<br />

архитектурой связывают в первую очередь собор<br />

Илл.<br />

401–403<br />

Илл. 404<br />

Илл. 405<br />

Илл. 406<br />

Илл. 407<br />

Илл.<br />

408, 409<br />

Илл. 410<br />

396. Евангелическо-лютеранская кирха св. Петра<br />

в Санкт‐Петербурге (архитектор Брюллов, 1833–1838).<br />

Фото. 2011<br />

Evangelisch-lutherische St. Petrikirche in St. Petersburg<br />

(Arch. Brjullow, 1833–1838). Foto. 2011<br />

397. Евангелическо-лютеранская кирха в Штраупитце<br />

(архитектор Шинкель, 1828–1831). Фото. 2011<br />

Evangelisch-lutherische Dorfkirche in Straupitz<br />

(Arch. K. F. Schinkel, 1828–1831). Foto. 2011<br />

398–400.<br />

Православная церковь св. князя Александра Невского<br />

в Александровском парке (Петергоф). Фото. 2011.<br />

Orthodoxe Aleksander-Newskij-Kirche im Aleksander-Park<br />

(Peterhof). Foto. 2011.<br />

401. Главный фасад храма Христа Спасителя. С проектного<br />

рисунка. К. Тон. 1832.<br />

Hauptfassade der Christ-Erlöser-Kathedrale. Projektzeuchnung.<br />

K. Thon. 1832. 401


402<br />

403<br />

405<br />

404<br />

402, 403.<br />

Храм Христа Спасителя и иконостас. Фото. 2011<br />

Christ-Erlöser-Kathedrale und Ikonostas. Foto. 2011<br />

404. Архитектор К. А. Тон (1794–1881). К. П. Брюллов. 1823–1827.<br />

Государственный Русский музей, С.-Петербург<br />

Architekt K. A. Thon (1794–1881). K. P. Brjullow. 1823–1827.<br />

Staatliches Russisches Museum, St. Petersburg<br />

405. Большой Кремлевский дворец (1838–1849). Фото Г. Гейдебрехта.<br />

Großer Kreml-Palast (1838–1849). Foto von H. Heidebrecht<br />

406. Фасад Оружейной палаты (1849–1851). Фото. 2010<br />

Fassade der Rüstkammer (1849–1851). Foto. 2010<br />

406


407. «Памятники древнерусского<br />

зодчества» Ф. Рихтера. Титульный<br />

лист и иллюстрация. 1854<br />

„Denkmäler altrussischer<br />

Baukunst“. F. Richter. Titelblatt<br />

und Illustrationen. 1854<br />

407<br />

409<br />

408<br />

408. Теремной дворец в Московском Кремле после реставрации,<br />

проводившейся по образцам XVII в. с участием Ф. Рихтера (1836–1837).<br />

С литографии. Середина XIX в. Государственный научноисследовательский<br />

музей архитектуры, Москва.<br />

Terem-Palast im Moskauer Kreml nach der Restaurierung, die nach<br />

Vorlagen des 17. Jh. unter Mitwirkung von F. Richter (1836–1837)<br />

durchgeführt wurde. Nach einer Lithographie. Mitte 19. Jh. Staatliches<br />

wissenschaftliches Forschungsmuseum für Architektur, Moskau.<br />

409. Крестовая палата Теремного дворца после реставрации.<br />

С акварели Шадурского. 1840-е гг.<br />

Kreuzsaal des Terem-Palastes nach der Restaurierung.<br />

Aquarell von Schadurskij. 1840er Jahre<br />

410. Православный собор Воскресения Христова на Крови (Спаса-на-Крови)<br />

в Санкт-Петербурге (1883–1907). Фото. 2010<br />

Orthodoxe Christi-Auferstehungs-Kathedrale (Blutskirche)<br />

in St. Petersburg (1883–1907). Foto. 2010<br />

410


412<br />

411. Архитектор А. Парланд (1842–1919).<br />

Неизвестный художник. 1900.<br />

Architekt A. Parland (1842–1919).<br />

Unbekannter Maler. 1900.<br />

411<br />

412. Ф. Шехтель (1859–1926). Фото. 1890-е гг.<br />

F. Schechtel (1859–1926). Foto. 1890er Jahre<br />

413<br />

413. Ярославский вокзал в Москве (1902–1904). Во время реставрации в 1940-е гг. «неорусскую» архитектуру<br />

пополнили советские декорации. Фото. 2011.<br />

Jaroslawer Bahnhof in Moskau (1902–1904). Bei der Restaurierung in den 1940er Jahren wurde die neorussische Architektur<br />

durch sowjetische Dekorationen ergänzt. Foto. 2011.


Немцы в российской истории 183<br />

nationaler Architektur. Ihr Schöpfer war der Petersburger<br />

Architekt Alfred Parland, Sohn eines Schotten und einer<br />

Deutschen, dessen berufliche Ausbildung an der Stuttgarter<br />

Polytechnischen Schule begann. Alexander III. hatte den<br />

Wunsch geäußert, eine Kirche im Stil russischer Kirchen<br />

des 16. und 17. Jahrhunderts zu bauen, wobei er wohl kaum<br />

geahnt haben wird, dass das nur eine weitere Übernahme<br />

der deutschen Spätrenaissance werden würde. Der Bau der<br />

Auferstehungskirche kostete über vier Millionen Rubel. Die<br />

mit einer Spezialglasur versehenen Ziegel für die Fassade<br />

wurden in den Siegersdorfer Werken in Deutschland<br />

gefertigt, die Wandverkleidung aus estnischem Marmor<br />

stammte von der Firma „Koss und Dürr“, und den Auftrag,<br />

die Mosaikikonen für die Seitenaltäre anzufertigen, bekam<br />

die Berliner Firma „Paul und Wagner“.<br />

Die späte Phase des sogenannten neorussischen Stils, bei<br />

dem häufig der Jugendstil durchschimmerte, verbindet<br />

man mit Architekten wie Alexander von Hohen, dem<br />

Erbauer des Suworow-Museums in St. Petersburg, Hermann<br />

Grimm, dem Baumeister der Auferstehungskirche<br />

in St. Petersburg und natürlich mit dem unvergleichlichen<br />

Franz Albert (Fjodor Ossipowitsch) Schechtel, einem Wolgadeutschen,<br />

der in Moskau nicht zuletzt durch den Bau des<br />

Jaroslawer Bahnhofs in einer ganz neuen Schechtelschen<br />

Auslegung des russischen Stils bekannt wurde.<br />

Die Entwicklung der sogenannten rationalen Architektur<br />

war in Anfängen bereits im Schaffen solcher Architekten,<br />

wie Alexander Brjullow, Andrej Stackenschneider, Konstantin<br />

Thon, Harald von Bosse oder Ludwig Bohnstedt,<br />

also Vertretern der Generation zu erkennen, deren aktive<br />

schöpferische Tätigkeit in Russland sich in den 1860er<br />

Jahren schon dem Ende zuneigte. Bosse und Bohnstedt<br />

siedelten 1862 bzw. 1863 nach Deutschland um. Von<br />

ihren Nachfolgern, die westliche Stilrichtungen vertraten,<br />

sollte man in erster Linie Alexander Krakau, Rudolf von<br />

Abb. 411<br />

Abb. 412<br />

Abb. 413<br />

Abb.<br />

414, 415<br />

Спаса-на-Крови. Автором его является петербургский<br />

архитектор Альфред Парланд – сын шотландца<br />

и немки, начавший свое профессиональное обучение<br />

в Штутгартской политехнической школе. Александр<br />

III высказал пожелание, чтобы храм был выполнен<br />

в стиле русских церквей XVI–XVII вв., вряд<br />

ли подозревая в нем очередную адаптацию позднего<br />

немецкого ренессанса. На строительство храма Спасана-Крови<br />

было потрачено более 4 млн руб. Специальный<br />

глазурованный кирпич для фасадов был изготовлен<br />

на Зигерсдорфских заводах в Германии, облицовка<br />

стен эстляндским мрамором производилась фирмой<br />

«Кос и Дюрр», а заказ на выполнение мозаичных<br />

икон в боковых приделах получила берлинская фирма<br />

«Пауль и Вагнер».<br />

Позднюю фазу неорусского стиля, нередко перекликавшегося<br />

с модерном, представляли такие архитекторы,<br />

как автор музея Суворова (Петербург) Александр<br />

фон Гоген, строитель Воскресенской церкви (Петербург)<br />

Герман Гримм и, конечно же, несравненный<br />

Франц Альберт (Федор Осипович) Шехтель, выходец<br />

из поволжских немцев, известный в Москве не в последнюю<br />

очередь постройкой Ярославского вокзала<br />

с совершенно новой, «шехтелевской», трактовкой<br />

русского стиля.<br />

Начало формирования так называемой «рациональной»<br />

архитектуры было положено уже в творчестве таких<br />

зодчих, как Александр Брюллов, Андрей Штакеншнейдер,<br />

Константин Тон, Гаральд Боссе, Людвиг Бонштедт,<br />

т. е. поколения, которое к 1860-м гг. свою активную<br />

творческую деятельность в России уже завершило<br />

(Боссе и Бонштедт переселились в 1862–1863 гг. в Германию).<br />

Среди их преемников, представителей «западных»<br />

стилевых течений, нужно выделить в первую<br />

очередь Александра Кракау, Рудольфа фон Бернгарда,<br />

Илл. 411<br />

Илл. 412<br />

Илл. 413<br />

Илл.<br />

414, 415<br />

414<br />

414. Император Николай I и архитектор А. Штакеншнейдер<br />

на месте строительства дворца Бельведер в Петергофе.<br />

С акварели М. фон Зичи. 1852<br />

Kaiser Nikolaus I. und der Architekt Stackenschneider auf<br />

der Baustelle des Belvedere-Palastes in Peterhof.<br />

Aquarell von M. von Zichy. 1852<br />

415. Дворец Бельведер (Петергоф). Фото. 2011<br />

Belvedere-Palast (Peterhof). Foto. 2011<br />

415


416<br />

417<br />

416–419.<br />

Музей Центрального училища технического<br />

рисования в Санкт-Петербурге (1885–1895).<br />

Фото И. Алькина. 2011<br />

Museum der Zentralen Lehranstalt für technisches<br />

Zeichnen in St. Petersburg (1885–1895).<br />

Foto von I. Alkin. 2011<br />

420. В. Шрётер (1839–1901). Фото. До 1901<br />

V. Schröter (1839–1901). Foto. Vor 1901<br />

418<br />

420<br />

421. Титульный лист журнала «Зодчий»,<br />

издававшегося с 1872 г. 1902<br />

Titelblatt der Zeitschrift „Sodtschij“<br />

(„Baumeister“), erschienen ab 1872. 1902<br />

422. Особняк В. Шрётера в Санкт-Петербурге<br />

(архитектор В. Шрётер, 1890–1891).<br />

Фото. 2008<br />

Villa von V. Schröter in St. Petersburg<br />

(Arch. V. Schröter, 1890–1891). Foto. 2008<br />

419


Немцы в российской истории 185<br />

Bernhardt, Robert Goedicke, Hieronymus Kittner, Viktor<br />

Schröter und Maximilian von Messmacher nennen.<br />

Ein typisches Element ihres Schaffens waren offene Konstruktionen<br />

aus Glas und Stahl. Als Beispiel kann das<br />

Museum der Zentralen Fachschule für technisches Zeichnen<br />

von Baron Stieglitz gelten, das nach einem Entwurf<br />

von M. Messmacher gebaut wurde. Dieses reich gestaltete<br />

Gebäude ist ein beeindruckendes Beispiel für die Petersburger<br />

Neorenaissance und gehört durch die Strenge in<br />

der Grundrissgestaltung und die neuen Konstruktionselemente<br />

zugleich aber auch zur rationalistischen Richtung<br />

des Eklektizismus.<br />

Neben Messmacher, dem ersten Direktor der obengenannten<br />

Fachschule, gehört der Baltendeutsche R. von Bernhardt<br />

zu den bedeutendsten Architekturlehrern Russlands.<br />

Als er 1873 Direktor der Petersburger Baufachschule<br />

wurde, reformierte er diese Fachschule und machte sie<br />

zu einem Institut, an dem Ingenieure für den zivilen<br />

Bereich ausgebildet wurden. Fast 13 Jahre lang, bis kurz<br />

vor seinen Tod, leitete er das Institut, das die zweitgrößte<br />

Architektenschmiede des Russischen Reiches und „bis zur<br />

Oktoberrevolution Brutstätte für Ideen des Rationalismus“<br />

war. Während an der Petersburger Akademie der Künste<br />

fast ein Drittel aller Absolventen einen deutschen Namen<br />

trug, so war es an diesem Institut für Zivilingenieure die<br />

Mehrheit.<br />

Auf der Suche nach einer großen Persönlichkeit unter<br />

den Architekten im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts<br />

kommt man an dem Schüler Bohnstedts, Viktor<br />

Schröter, dem Architekturprofessor, Mitbegründer der<br />

Petersburger Architekten-Gesellschaft und Redakteur<br />

der ersten russischen Architekturzeitschrift „Sodtschij“<br />

(dt.: „Baumeister“) nicht vorbei. Er entwarf mehr als<br />

50 erstklassige Bauwerke in St. Petersburg und auch fern<br />

der Hauptstadt.<br />

Abb.<br />

416–419<br />

Abb. 420<br />

Abb. 421<br />

Abb. 422<br />

Роберта Гедике, Иеронима Китнера, Виктора Шретера,<br />

Максимилиана Месмахера.<br />

Характерной нотой их творчества было применение<br />

открытых конструкций из стекла и стали. В этой связи<br />

можно назвать музей Центрального училища технического<br />

рисования барона Штиглица, спроектированный<br />

М. Месмахером. Это богато оформленное здание<br />

стоит в ряду показательных образцов петербургского<br />

неоренессанса и одновременно относится (благодаря<br />

строгости планировки и новым конструкциям) к рационалистическому<br />

направлению эклектики.<br />

Наряду с Месмахером – первым директором вышеназванного<br />

училища, к крупнейшим преподавателям<br />

архитектуры России следует отнести прибалтийского<br />

немца Р. фон Бернгарда. Заняв в 1873 г. пост<br />

директора Петербургского строительного училища,<br />

он реформировал и преобразовал это заведение<br />

в Институт гражданских инженеров и возглавлял<br />

его 13 лет, почти до самой смерти. Этот институт<br />

был второй по величине архитектурной кузницей<br />

империи и «рассадником идей рационализма вплоть<br />

до Октябрьской революции». Если среди выпускников<br />

Петербургской Академии художеств почти<br />

треть носила немецкие фамилии, то в Институте<br />

гражданских инженеров таковые составляли большинство.<br />

В поиске наиболее значительной архитектурной личности<br />

последней четверти XIX в. трудно не остановиться<br />

на ученике Л. Бонштедта – Викторе Шретере,<br />

заслуженном профессоре архитектуры, инициаторе<br />

создания Петербургского общества архитекторов и<br />

редакторе первого архитектурного журнала в России<br />

«Зодчий», авторе более полусотни первоклассных построек<br />

не только в Петербурге, но и далеко за пределами<br />

столицы.<br />

Илл.<br />

416–419<br />

Илл. 420<br />

Илл. 421<br />

Илл. 422<br />

421 422


423. Здание бывшей фирмы<br />

К. Фаберже в Санкт‐Петербурге<br />

(1900). Фото. 2010<br />

Gebäude der ehemaligen<br />

Firma C. Fabergé in St. Petersburg<br />

(1900). Foto. 2010<br />

423<br />

424. Особняк М. Кшесинской<br />

в Санкт‐Петербурге<br />

(1904–1906). Фото. 2011<br />

Villa von M. Kschessinskaja<br />

in St. Petersburg (1904–1906).<br />

Foto. 2011<br />

424<br />

425. Австрийская площадь<br />

в Санкт‐Петербурге.<br />

Фото. 2008<br />

Österreichischer Platz<br />

in St. Petersburg.<br />

Foto. 2008<br />

425


Немцы в российской истории 187<br />

Ein talentierter Schüler Schröters war Karl Schmidt,<br />

ein Vertreter des von der Gotik geprägten Vorjugendstils,<br />

dessen Werk geeignet war, zwischen Tradition<br />

und Gegenwart zu vermitteln. Einer seiner frühen<br />

Bauten und gleichzeitig erstes Beispiel für den Petersburger<br />

Jugendstil ist die Villa des Kaufmannes<br />

Forostowskij. Das bekannteste Beispiel für die rationale<br />

Nutzung der Gotik ist das Gebäude der berühmten<br />

Juwelierfirma von Carl Fabergé. So wie auch die<br />

Architekten Reinhold Krüger, Fjodor Lumberg oder<br />

Leonti Schmelling versuchte Schmidt die Rationalität<br />

der Ziegelarchitektur mit dem Ausdruck des Jugendstils<br />

zu verbinden.<br />

Als Äquivalent zu den Moskauer Villen Schechtels kann<br />

in gewissem Sinne die von dem Architekten A. von Hohen<br />

gebaute Stadtvilla der Ballerina Matilda Kschessinskaja<br />

auf der Petrograder Seite gelten. Im Gegensatz zu<br />

der dichten Blockbebauung in St. Petersburg bildet diese<br />

einzeln stehende Villa eine Ausnahme, was den elitären<br />

Charakter ihres asymmetrischen Grundrisses nur noch<br />

mehr unterstrich.<br />

Eine Art Kolonie des deutschen Jugendstils in Darmstadt<br />

war die Steininsel (Kamennyj Ostrow), wo die Architektur<br />

der Petersburger Villen entwickelt wurde. Hier<br />

setzten die führenden Vertreter des Jugendstils, August<br />

Friedrich von Postels, Robert Marfeld, Alexander Gimpel,<br />

Robert Melzer und Wassilij (Wilhelm) Schaub ihre<br />

Ideen um. Die besonders markanten Werke Schaubs,<br />

eines außerordentlich produktiven Architekten, säumen<br />

die Magistralen der Wassiljewski- und Petrograder Insel.<br />

Dazu gehören drei Monumentalbauten auf dem<br />

achteckigen Österreichischen Platz, das einzige vollständige<br />

Jugenstilensemble in der Hauptstadt. Viele dieser<br />

Gebäude, wie das Mietshaus des Malers von Liphart<br />

mit den markanten neobarocken Motiven, erinnern<br />

Abb. 423<br />

Abb. 424<br />

Abb. 425<br />

Одним из талантливых учеников Шретера был Карл<br />

Шмидт – представитель «готизированного предмодерна»,<br />

творчеству которого была уготована посредническая<br />

миссия между традицией и современностью.<br />

Одним из его ранних сооружений и одновременно<br />

первым образцом петербургского модерна является<br />

особняк купца Форостовского, а наиболее известным<br />

образцом рационального использования готики – здание<br />

знаменитой ювелирной фирмы Карла Фаберже.<br />

Наряду с такими архитекторами, как Рейнгольд Кригер,<br />

Федор Лумберг и Леонтий Шмеллинг, Шмидт<br />

попытался перевести рациональную кирпичную архитектуру<br />

на язык модерна.<br />

Своего рода эквивалентом московским особнякам<br />

Ф. Шехтеля может служить городской дом балерины<br />

Матильды Кшесинской на Петроградской стороне<br />

архитектора А. фон Гогена. На фоне плотной блочной<br />

застройки Петербурга эта отдельно стоящая вилла<br />

остается исключением, что еще более подчеркивает<br />

элитарный характер асимметричного объема.<br />

Неким подобием колонии немецкого югендстиля<br />

в Дармштадте явился Каменный остров, где архитектура<br />

петербургских особняков получила свое<br />

развитие. Здесь осуществили свои идеи ведущие<br />

представители модерна – Август Фридрих фон Постельс,<br />

Роберт Марфельд, Александр Гимпель, Роберт<br />

Мельцер, Василий (Вильгельм) Шауб. Особо яркие<br />

произведения Шауба, этого чрезвычайно продуктивного<br />

архитектора, окаймляют главные магистрали<br />

Васильевского и Петроградского островов. Среди них<br />

три монументальные постройки на восьмиугольной<br />

Австрийской площади – единственный в столице законченный<br />

ансамбль в стиле модерн. Многие из этих<br />

зданий, такие как доходный дом художника фон Липгарта<br />

с ярко выраженными необарочными мотивами,<br />

Илл. 423<br />

Илл. 424<br />

Илл. 425<br />

426. Германское посольство<br />

в Санкт-Петербурге.<br />

Почтовая карточка.<br />

Начало ХХ в.<br />

Deutsche Botschaft<br />

in St. Petersburg.<br />

Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />

426


188 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 426<br />

Abb. 427<br />

Abb. 428<br />

an die Architektur Süddeutschlands und würden sich<br />

auch wunderbar in das Stadtbild Münchens oder Wiens<br />

einfügen.<br />

Vor dem Hintergrund einer anscheinend nur von Erfolgen<br />

gekrönten zweihundertjährigen deutsch-russische<br />

Zusammenarbeit in der Architektur, geriet der Bau der<br />

deutschen Botschaft in St. Petersburg im Jahre 1912 zum<br />

ersten Mollakkord und Vorboten künftiger Katastrophen.<br />

Die Ästhetik der minimalistischen und zugleich monumentalen<br />

Architektur, die in diesem Gebäude verschmolz,<br />

blieb unverstanden und wurde als Symbol des deutschen<br />

Chauvinismus interpretiert. Im August 1915 demolierte<br />

eine tobende Menge die leere Botschaft und stürzte die<br />

Skulpturengruppe, die die Dioskuren verkörperte, hinunter.<br />

Für St. Petersburg, das damals schon Petrograd<br />

hieß, war das „das Finale des Jahrhunderts deutscher<br />

Architekten“.<br />

Nach dem Krieg und in der folgenden Zeit des bolschewistischen<br />

Umbruchs war der deutsche Einfluss auf die<br />

Architektur des Landes nur noch minimal. Nur einzelne<br />

Meister wie Fjodor Schechtel oder Iwan Rerberg waren<br />

noch bereit und fähig, Aufträge der neuen Machthaber<br />

auszuführen. Ganz offensichtlich hatte aber auch der<br />

Konstruktivismus der 1920er Jahre, die russische Variante<br />

der deutschen „neuen Sachlichkeit“, seine Wurzeln in<br />

der Architektur der ersten Jahre des 20. Jahrhunderts.<br />

Als sein Vorgänger gilt die rationalistische Variante des<br />

Jugendstils, der sogenannte Protofunktionalismus, der<br />

sich nur wenig vom deutschen Jugendstil unterscheidet.<br />

Und auch diese Strömung wurde von deutschen Architekten<br />

verbreitet.<br />

Илл. 426<br />

Илл. 427<br />

Илл. 428<br />

очень напоминают архитектурный язык Южной Германии<br />

и могли бы с успехом вписаться в городской<br />

ландшафт Мюнхена или Вены.<br />

На фоне, казалось бы, непрекращающихся успехов<br />

более чем двухвекового немецко-российского архитектурного<br />

сотрудничества строительство в Петербурге<br />

здания германского посольства в 1912 г. явилось<br />

первым минорным аккордом и предвестником<br />

грядущих катаклизмов. Эстетика минималистичной<br />

и одновременно монументальной архитектуры, воплощенной<br />

в этом сооружении, осталась непонятой<br />

и была интерпретирована как символ германского<br />

шовинизма. В августе 1915 г. взбушевавшаяся толпа<br />

разгромила опустевшее посольство и сбросила<br />

с него скульптурную группу Диоскуров. Для Санкт-<br />

Петербурга, к тому времени уже переименованного<br />

в Петроград, это явилось «финалом века немецких<br />

архитекторов».<br />

После войны и последующего большевистского переворота<br />

влияние немецкого фактора на архитектуру<br />

страны свелось к минимуму. Лишь отдельные мастера,<br />

такие как Федор Шехтель или Иван Рерберг, были<br />

готовы и способны обслуживать заказы новой власти.<br />

Совершенно очевидно, однако, что конструктивизм<br />

1920‐х гг., как русский вариант немецкой «новой вещественности»,<br />

своими корнями уходит в архитектуру<br />

начала XX в. Его предшественником считается рационалистический<br />

вариант модерна, так называемый<br />

прото функционализм, мало отличающийся от немецкого<br />

югендстиля. Проводником и этого течения были<br />

немецкие архитекторы.<br />

427<br />

427. Конкурсный проект Мавзолея В. Ленина (архитектор Ф. Шехтель, не осуществлен). 1924<br />

Wettbewerbsentwurf des Lenin-Mausoleums (Arch. F. Schechtel, nicht ausgeführt). 1924<br />

428. Проект пантеона героям Великой Отечественной войны в Москве<br />

(архитектор Г. П. Гольц, не осуществлен). С акварели. 1942–1943<br />

Entwurf des Pantheons der Helden des Großen Vaterländischen Krieges in Moskau<br />

(Arch. G. P. Holz, nicht ausgeführt). Aquarell. 1942–1943<br />

428


Немцы в российской истории 189<br />

Deutsche im<br />

Verlagswesen Russlands<br />

Немцы в издательской<br />

жизни России<br />

G. Kratz (Münster) Г. Кратц (Мюнстер)<br />

Ein Betätigungsfeld für Deutsche in Russland war das<br />

Verlagswesen, nicht nur für Deutsch und andere<br />

Fremdsprachen, sondern auch für Russisch. Die<br />

unterschiedlichsten Arten und Ergebnisse dieser Tätigkeit<br />

gingen weit über die Grenzen der deutschen Gemeinschaft<br />

hinaus und wurden zu einem festen Bestandteil<br />

der russischen Kultur.<br />

Одной из сфер деятельности немцев в России<br />

было издательское дело, не только на немецком<br />

и других иностранных языках, но и<br />

на русском. Разнообразные виды этой деятельности и<br />

ее результаты выходили далеко за пределы немецкой<br />

общины, становясь неотъемлемой частью российской<br />

культуры.<br />

Deutsche Verleger<br />

im Verlagswesen Russlands<br />

vor dem Ersten Weltkrieg<br />

Немцы-издатели<br />

в издательской жизни России<br />

до Первой мировой войны<br />

Historiker, die sich mit dem Buchwesen in Russland befassen,<br />

datieren das Erscheinen der ersten ausländischen<br />

Meister des Buchwesens in Russland auf die erste Hälfte des<br />

18. Jahrhunderts. In der Hauptsache waren das deutsche<br />

Autoren, Buchdrucker, Buchbinder und Buchhändler, die<br />

aus kleinen deutschen Fürstentümern kamen. Die meisten<br />

von ihnen arbeiteten in Moskau und St. Petersburg. In<br />

der russischen Provinz gab es im 18. Jahrhundert keine<br />

fremdsprachigen Druckerzeugnisse. Das betrifft auch die<br />

1763 von Katharina II. eingeladenen Kolonisten.<br />

Der eigenständige Beruf des „Herausgebers“, der sich auf<br />

eigene Gefahr und eigenes Risiko mit dem Druck und<br />

dem Vertrieb von Büchern befasste, kristallisierte sich im<br />

Verlaufe des Jahrhunderts allmählich heraus, als mal der<br />

Autor, mal der Drucker und mal der Buchhändler diese<br />

Funktion auf sich nahmen. Katharina II. erlaubte 1771,<br />

in Abweichung vom eigentlich in Russland bestehenden<br />

Staatsmonopol auf die Herausgabe von Büchern, dem<br />

Ausländer Johann Hartung das Drucken fremdsprachiger<br />

Bücher in einer „freien Druckerei“. Elf Buch- und<br />

Zeitschriftentitel in deutscher, französischer, italienischer<br />

und russischer Sprache sind noch bekannt, die zwischen<br />

1771 und 1776 in seiner Druckerei entstanden. Darunter<br />

befinden sich ein Gebetbuch für die römisch-katholische<br />

Abb.<br />

429, 430<br />

Abb. 431<br />

Abb.<br />

432–434<br />

Историки книжного дела России датируют появление<br />

первых иностранных мастеров книжного дела в России<br />

первой половиной XVIII в. Это были по большей<br />

части немецкие авторы, типографы, переплетчики,<br />

книготорговцы, приехавшие из малых немецких княжеств.<br />

Большинство из них работали в Москве и<br />

Санкт-Петербурге. Печатных изданий на иностранных<br />

языках в XVIII в. в российской провинции не<br />

было. Это относится и к приглашенным в 1763 г.<br />

Екатериной II колонистам.<br />

Самостоятельная профессия «издателя», который<br />

на свой страх и риск занимался печатанием и распространением<br />

книг, медленно выкристаллизовывается<br />

в течение века, когда то писатель, то типограф, то книготорговец<br />

брали на себя эту функцию. Екатерина II<br />

сделала исключение из существовавшего в России<br />

монопольного права государства на издание книг,<br />

позволив в 1771 г. иноземцу И. Гартунгу печатание<br />

книг на иностранных языках в «вольной типографии».<br />

Известно 11 названий книг и журналов на немецком,<br />

французском, итальянском и русском языках, изготовленных<br />

в его типографии в 1771–1776 гг. В их<br />

числе молитвенник для римско-католических приходов<br />

Санкт-Петербурга (1771) и текст приговора<br />

Илл.<br />

429, 430<br />

Илл. 431<br />

Илл.<br />

432–434


429, 430.<br />

Словолитня и переплетная книг. Гравюры из издания Российской академии наук 1784 г.<br />

«Зрелище природы и художеств»<br />

Schriftsetzerei und Buchbinderei. Radierungen aus der Publikation der Russischen Akademie der<br />

Wissenschaften von 1784 „Schauspiel der Natur und Kunst“<br />

429<br />

430<br />

431<br />

432<br />

433<br />

434<br />

435<br />

431. Титульный лист 1-го тома «Русской библиотеки»<br />

Г. Д. Х. Бахмейстера (издательство И. Ф. Гарткноха,<br />

С.‐Петербург, Рига, Лейпциг). 1773<br />

Titelblatt von Bd. 1 der „Russische Bibliothek“<br />

von H. L. Ch. Bachmeister (Verlag J. F. Hartknoch,<br />

St. Petersburg-Riga-Leipzig). 1773<br />

432–434.<br />

Описание народов России, напечатанное И. Шнором<br />

на русском и немецком языках в типографии<br />

Кадетского корпуса. С.-Петербург, 1776<br />

Beschreibung der Völker Russlands, veröffentlicht<br />

von J. Schnoor in russischer und deutscher Sprache in<br />

der Druckerei des Kadettenkorps. St. Petersburg, 1776<br />

435. Титульный лист труда В. Татищева о российской<br />

истории, напечатанного И. Вейтбрехтом.<br />

С.-Петербург, 1784<br />

Titelblatt einer Ausgabe von W. Tatischtschjew<br />

über die russische Geschichte, veröffentlicht<br />

von J. Weitbrecht. St. Petersburg, 1784<br />

436<br />

437


Немцы в российской истории 191<br />

Gemeinde in St. Petersburg von 1771 und der Text des Urteilsspruchs<br />

gegen den „Aufrührer Jemelka Pugatschow“ in<br />

einer Übersetzung ins Deutsche aus dem Jahre 1775, wovon<br />

ein Exemplar 50 Kopeken kostete (A. Ju. Samarin).<br />

Die zweite Privatdruckerei entstand in Petersburg 1776.<br />

Das Privileg zur Eröffnung einer solchen wurde den ausländischen<br />

Buchhändlern J. Ja. Weitbrecht (1744–1803) und<br />

J. K. Schnoor (1738–1812) gewährt, die damit das Recht<br />

erhielten, in allen Sprachen, auch in Russisch, zu drucken<br />

sowie russische und fremdländische Lettern für den Eigenbedarf,<br />

aber auch für andere Druckereien gießen zu dürfen.<br />

Die Erzeugnisse der Druckerei zeichneten sich durch eine<br />

gute Druckqualität, eine strenge Formgebung und Vielfalt<br />

in der Schrift aus. Das Gemeinschaftsunternehmen existierte<br />

fünf Jahre und gab in dieser Zeit 38 Buchtitel in russischer<br />

Sprache sowie 30 in Fremdsprachen, zumeist in Deutsch,<br />

heraus (G. A. Fafurin).<br />

Nach dem Erlass von Katharina II. über „freie Druckereien“<br />

im Jahre 1783, breiteten diese sich sehr rasch aus. Die größte<br />

Druckerei der Hauptstadt wurde die von: J. K. Schnoor, die<br />

über 230 Ausgaben in russischer Sprache produzierte. Hier<br />

ließen Denis Fonwisin seine Komödie „Der Landjunker“<br />

und Gawriil Derschawin vier Bände seiner Werke drucken.<br />

Schnoor goss auch Lettern der sogenannten bürgerlichen<br />

Schrift, die er zum Verkauf anbot. Ein Abnehmer war die<br />

Synodaldruckerei. Alexander Radischtschew, der von ihm<br />

einen Drucktisch mit Schriftsatz erwarb, druckte 1790 seine<br />

„Reise von Petersburg nach Moskau“. Diese Mischform aus<br />

Verleger und Autor, Verleger und Drucker oder Verleger und<br />

Buchhändler gab es bis ins 20. Jahrhundert.<br />

Der Erlass, mit dem die Freiheit des Buchdrucks eingeschränkt<br />

wurde, führte zusammen mit der Schließung privater<br />

Druckereien und der Einführung der Zensur 1796 dazu,<br />

dass Ende des 18. – Anfang des 19. Jahrhunderts ausländische<br />

Buchbinder, Buchhändler und Drucker Russland zum Teil<br />

Abb. 435<br />

Abb.<br />

436–439<br />

Abb. 440<br />

«бунтовщику Емельке Пугачеву» в переводе на немецкий<br />

язык (1775), один экземпляр которого стоил<br />

50 коп. (А. Ю. Самарин).<br />

Вторая в Петербурге частная типография появилась<br />

в 1776 г. Привилегию на ее открытие получили<br />

иностранцы-книготорговцы И. Я. Вейтбрехт<br />

(1744–1803) и И. К. Шнор (1738–1812), которым<br />

было дано право печатать на всех языках, включая<br />

русский, а также отливать русские и иностранные<br />

шрифты для собственной и других типографий.<br />

Продукция типографии отличалась хорошей печатью,<br />

строгостью оформления и разнообразием<br />

шрифтов. Совместное заведение просуществовало<br />

5 лет, выпустив 38 книг на русском языке и<br />

30 на иностранных языках, по большей части –<br />

на немецком (Г. А. Фафурин).<br />

После указа Екатерины II о «вольных типографиях»<br />

(1783) они получили бурное распространение.<br />

В столице крупнейшей из них стала типография<br />

И. К. Шнора, выпустившая свыше 230 изданий<br />

на русском языке. У него Д. И. Фонвизин напечатал<br />

комедию «Недоросль», Г. Р. Державин – 4 тома<br />

сочинений. Шнор отливал литеры гражданского<br />

шрифта для продажи. Одним из покупателей была<br />

Синодальная типография. А. Радищев, приобретя<br />

у него печатный станок со шрифтом, отпечатал<br />

свое «Путешествие из Петербурга в Москву»<br />

(1790). Смешанные типы издателя-автора, издателятипографа,<br />

издателя-книготорговца сохранялись<br />

вплоть до ХХ в.<br />

Издание указа об ограничении свободы книгопечатания,<br />

упразднении частных типографий и введении<br />

цензуры в 1796 г. привело к частичному отъезду<br />

из России на рубеже XVIII–XIХ вв. иностранных<br />

переплетчиков, книготорговцев, печатников. После<br />

Илл. 435<br />

Илл.<br />

436–439<br />

Илл. 440<br />

438 439<br />

440<br />

436–439.<br />

Титульные листы книг, вышедших из типографии И. Шнора.<br />

С.-Петербург. 1782, 1787, 1791, 1802<br />

Titelblätter von Büchern, die in der Druckerei J. Schnoor erschienen sind.<br />

St. Petersburg, 1782, 1787, 1791, 1802<br />

440. Титульный лист «Путешествия из Петербурга<br />

в Москву». С.-Петербург. 1790<br />

Titelblatt von „Reise von Petersburg<br />

nach Moskau“. St. Petersburg, 1790


441. Альманах декабристов<br />

«Полярная звезда» на 1823 г.,<br />

отпечатанный в типографии<br />

Н. И. Греча. 1822<br />

Almanach der Dekabristen<br />

„Poljarnaja swezda“<br />

(„Polarstern“) auf das Jahr<br />

1823, gedruckt in der Druckerei<br />

N. I. Gretsch. 1822<br />

442<br />

442. Автопортрет В. Тимма<br />

в виде книжной концовки.<br />

C ксилографии. 1840-е гг.<br />

Selbstbildnis W. Timm als<br />

Endvignette. Xylographie.<br />

1840er Jahre<br />

441<br />

443<br />

445<br />

443. Коронационные торжества на Красной площади. В. Тимм. 1856<br />

Krönungsfeierlichkeiten auf dem Roten Platz. W. Timm. 1856<br />

444. «Русский художественный листок». 1851<br />

„Russisches Kunstblatt“. 1851<br />

444<br />

445. «Русский художественный листок». 1852 г. № 4. Зал Императорской<br />

публичной библиотеки и выставка выигрышей благотворительной лотереи<br />

в доме графини Борх. С литографий А. Мюнстера по рисункам В. Тимма<br />

„Russisches Kunstblatt“ 1852 Nr. 4: Saal der Kaiserlichen Öffentlichen Bibliothek<br />

und Ausstellung der Preise einer Wohltätigkeits-Lotterie im Hause der Gräfin<br />

Borch. Lithographien von A. Münster nach Zeichnungen von W. Timm


Немцы в российской истории 193<br />

wieder verließen. Als Alexander I. 1802 die Genehmigung<br />

erteilte, „freie Druckereien“ zu eröffnen, stieg deren Zahl im<br />

19. Jahrhundert erneut an, und die private Buchproduktion<br />

gewann wieder an Bedeutung.<br />

In Russland tauchen neue Gesichter auf, überwiegend aus<br />

Deutschland, aber auch aus den baltischen Provinzen. Unter<br />

ihnen waren Fachleute, die man zur Arbeit in die lithografischen<br />

Druckereien einlud, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

entstanden. Sie bildeten die Grundlage dafür, dass ein für sein<br />

meisterliches Schaffen bis heute so anerkannter Künstler und<br />

Grafiker wie Georg Wilhelm Timm (1820–1895) sein Talent<br />

unter Beweis stellen sowie Ruhm und Anerkennung ernten<br />

konnte. Der Livländer Timm gab von 1851 bis 1862 die Zeitschrift<br />

„Russkij chudoschestwennyj listok“ („Russisches Kunstblatt“)<br />

heraus, in der er lithografierte Zeichnungen aktueller<br />

Ereignisse, Landschaften und Porträts berühmter Persönlichkeiten<br />

veröffentlichte. Das waren sowohl eigene Zeichnungen,<br />

als auch Arbeiten anderer Künstler. Die Popularität dieser<br />

„künstlerischen Chronik Russlands“ fasste 1854 der Dichter<br />

F. N. Glinka in die Worte: „Timm, Du wirst in der Nachwelt,<br />

der Du unser Jahrhundert lebendig gehalten hast, weiterleben“.<br />

Für die Zeichnungen, die er auf den Schlachtfeldern des Krimkrieges<br />

anfertigte und im Kunstblatt veröffentlichte wurde ihm<br />

der Titel eines Professors für Schlachtenmalerei der Akademie<br />

der Künste verliehen. Von der Popularität seiner Lithografien<br />

zeugen zahlreiche Nachdrucke und ihre Verbreitung in der<br />

heutigen Zeit über das Internet.<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts arbeiteten Fachleute für den Buchdruck<br />

nicht nur in Petersburg und Moskau, sondern auch in<br />

der russischen Provinz. Arbeiteten zu Beginn des Jahrhunderts<br />

deutsche Buchdrucker in Druckereien verschiedener<br />

Institutionen, z. B. in der Druckerei der Universität Charkow,<br />

so finden wir Mitte des Jahrhunderts deutsche Privatdruckereien<br />

und Verlage in den kompakten Siedlungsgebieten<br />

der Deutschen in Südrussland und an der Wolga.<br />

Abb. 441<br />

Abb.<br />

442, 443<br />

Abb.<br />

444–446<br />

Abb. 447<br />

разрешения Александром I открывать «вольные типографии»<br />

(1802) их количество в течение ХIX в.<br />

снова увеличивается, и роль частного книгопроизводства<br />

возрастает.<br />

В Россию приезжают «новые люди», по большей части,<br />

из Германии, а также прибалтийских провинций.<br />

В их числе – специалисты, приглашенные для<br />

работы в литографиях, открытых в начале ХIХ в.<br />

На их базе смог проявить свой талант и обрести<br />

славу признанный по сей день своим мастерством<br />

художника и графика В. Ф. Тимм (1820–1895). Лифляндец<br />

Тимм в 1851–1862 гг. издавал «Русский<br />

художественный листок», в котором публиковал<br />

литографированные зарисовки актуальных событий,<br />

пейзажи, портреты знаменитых личностей<br />

и др., как собственные, так и других авторов.<br />

Популярность этой «художественной летописи<br />

России» поэт Ф. Н. Глинка выразил в 1854 г. словами:<br />

«Тимм, ты будешь жить в потомстве, оживив<br />

ему наш век». За рисунки, сделанные в разгар<br />

Крымской войны и опубликованные в этом издании,<br />

Тимму было присвоено звание профессора<br />

батальной живописи Академии художеств.<br />

О популярности его литографий свидетельствует<br />

множество перепечаток и их нынешнее размещение<br />

в интернете.<br />

К середине ХIX в. специалисты печатного дела работали<br />

не только в Петербурге и Москве, но и в российской<br />

провинции. Если в начале века немецкие<br />

типографы трудятся в типографских заведениях при<br />

различных учреждениях (например, в типографии<br />

Харьковского университета), то ближе к середине<br />

века немецкие частные типографии и издательства<br />

появляются в местах компактного поселения немцев<br />

на юге России и в Поволжье.<br />

Илл. 441<br />

Илл.<br />

442, 443<br />

Илл.<br />

444–446<br />

Илл. 447<br />

446. Издатель Н. И. Греч (1787–<br />

1867), автор кратких текстов<br />

в «Русском художественном<br />

листке», печатавшемся в его<br />

типографии (1851–1858).<br />

Литография А. Мюнстера<br />

по рисунку В. Тимма. 1853<br />

Herausgeber N. I. Gretsch<br />

(1787–1867), Autor kurzer Texte<br />

im „Russischen Kunstblatt“, das<br />

1851–1858 in seiner Druckerei<br />

gedruckt wurde. Lithographie<br />

von A. Münster nach einer<br />

Zeichnung von W. Timm. 1853<br />

446 447<br />

447. Учебник И. Ланга,<br />

напечатанный московским<br />

книготорговцем<br />

К. Лангнером в харьковском<br />

университетском книжном<br />

издательстве в Курске. 1811<br />

Lehrbuch von J. Lang, gedruckt<br />

in der Buchdruckerei der<br />

Universität Charkow in Kursk<br />

vom Moskauer Buchhändler<br />

C. Langner. 1811


448 449<br />

450<br />

448. Рекламное объявление типографии, литографии и словолитни Францова и Нитче (Одесса). 1851<br />

Werbung der Druckerei, Lithographie und Schriftgießerei Franzow & Nitzsche (Odessa). 1851<br />

449. «Собеседник для немецких колонистов Южной России», напечатанный типографией Л. Нитче. Одесса. 1849<br />

„Uterhaltungsblatt für deutsche Ansiedler im südlichen Russland“, gedruckt in der Druckerei L. Nitzsche. Odessa, 1849<br />

450. Продукция литографии Нитче. Одесса. 1860-е гг.<br />

Erzeugnis der Lithographie Nitzsche. Odessa, 1860er Jahre


Немцы в российской истории 195<br />

Odessa wird zu Recht als ein Zentrum der deutschsprachigen<br />

Presse in Russland bezeichnet. Hier gab es seit<br />

1829 die lithografische Druckerei von A. Braun, in der ab<br />

1846 das „Unterhaltungsblatt für deutsche Ansiedler im<br />

südlichen Russland“ herausgegeben wurde. 1840 wird die<br />

Druckerei T. Neumanns gegründet, in der Odessas erste<br />

Zylinderdruckmaschine installiert wird, die 1 000 Abzüge<br />

pro Stunde schafft. 1849 übernimmt der Sachse Ludwig<br />

Nitzsche (1818–1904) das Unternehmen, das auch weiterhin<br />

das „Unterhaltungsblatt“ herausbringt. 1863 wird<br />

er Herausgeber der „Odessaer Zeitung“, später auch ihr<br />

Redakteur. Die Druckerei war ein großer Betrieb, der<br />

immer mit moderner Ausrüstung ausgestattet war. Immer<br />

offen für Innovationen aus Europa übernahm er Aufträge<br />

zum Drucken von Schriften in allen europäischen Sprachen,<br />

von lithografierten Zeichnungen, Porträts, Noten<br />

u. a. In manchen Jahren hatte die Druckerei die meisten<br />

Aufträge für russische und deutsche Periodika. Ende<br />

des 19. Jahrhunderts war die Druckerei immer noch<br />

eine der größten mit einem Produktionsvolumen von<br />

26.000 Rubeln im Jahr und mit bis zu 1 100 Pud gegossener<br />

Schriftsätze, die an Druckereien in Neurussland verkauft<br />

wurden. Nitzsches Nachfolger hielten auch weiter den<br />

Spitzenplatz des Unternehmens, dessen Jahresumsatz sich<br />

bis 1914 fast verdoppelte.<br />

In Saratow begann man 1864 die „Saratowsche Deutsche<br />

Zeitung“ zu drucken, die aber nur zwei Jahre erschien.<br />

Anfang der 1880er Jahre warnte ein Zeitgenosse mit Blick<br />

auf „unsere Presse“ vor der sich ausbreitenden „Verdeutschung“<br />

Russlands (Trubnikow, K. W.). Seinen Worten<br />

zufolge waren „alle populären politischen Zeitungen, Illustrierten<br />

und sogar das offiziöse Organ des Ministeriums<br />

für Auswärtige Angelegenheiten, ganz zu schweigen<br />

von rein deutschen Presseerzeugnissen, in der Hand von<br />

Deutschen oder Juden aus dem Deutschen Reich und<br />

Abb. 448<br />

Abb. 449<br />

Abb. 450<br />

Abb. 451<br />

Одессу справедливо называют одним из центров<br />

немецкой печати России. Здесь с 1829 г. существовала<br />

литография А. Брауна, начавшая в 1846 г.<br />

издавать «Собеседник для немецких колонистов<br />

Южной России». В 1840 г. появляется типография<br />

Т. Неймана, где впервые в Одессе установили скоропечатную<br />

машину, выполнявшую 1 000 оттисков<br />

в час. В 1849 г. заведение переходит к саксонскому<br />

подданному Л. Нитче (1818–1904), который продолжает<br />

издание «Собеседника», в 1863 г. становится<br />

издателем «Одесской газеты», а затем и<br />

ее редактором. Это было большое предприятие,<br />

всегда оснащенное современным оборудованием.<br />

С учетом европейских новшеств исполнялись заказы<br />

на печатание сочинений на всех европейских<br />

языках, изготовление литографий рисунков,<br />

портретов, нот и др. В отдельные годы она имела<br />

самые большие заказы на печатание периодических<br />

изданий на русском и немецком языках.<br />

К концу ХIX в. типография продолжала оставаться<br />

одной из самых крупных, производя продукцию<br />

на 26 тыс. руб. в год и отливая до 1 100 пудов<br />

шрифтов, продававшихся типографиям в Новороссии.<br />

Наследники Нитче продолжали удерживать<br />

первенствующее положение заведения, годовая<br />

производительность которого к 1914 г. повысилась<br />

почти вдвое.<br />

В Саратове в 1864 г. начала печататься «Саратовская<br />

немецкая газета», выходившая всего два года.<br />

В начале 1880‐х гг. кое-кто из современников, глядя<br />

на «нашу прессу», опасался всераспространяющегося<br />

«онемечения» России (К. В. Трубников). По его словам,<br />

«популярные политические газеты, иллюстрированные<br />

издания, а также официозный орган Министерства<br />

иностранных дел, не говоря о чисто немецкой<br />

Илл. 448<br />

Илл. 449<br />

Илл. 450<br />

Илл. 451<br />

451. «Саратовская<br />

немецкая газета».<br />

1864. № 2<br />

„Saratowsche<br />

Deutsche Zeitung“<br />

Nr. 2 (1864).<br />

451


452 453<br />

452, 453.<br />

Юбилейный альбом, изданный Г. Гоппе. С.-Петербург. 1872<br />

Jubiläumsalbum, herausgegeben von H. Hoppe. St. Petersburg, 1872<br />

454<br />

455 456<br />

454. Издание типографии Ю. Н. Эрлиха. С.-Петербург, 1902<br />

Druckerzeugnis der Druckerei Ju.N. Ehrlich. St. Petersburg, 1902<br />

455. Издание книготоргового дома И. Дейбнер. Москва. 1896.<br />

Druckerzeugnis der Buchhandlung J. Deubner. Moskau, 1896.<br />

456. Реклама акционерного общества «Словолитни О. И. Леман», основанного<br />

в Санкт‐Петербурге (1854). Начало ХХ в.<br />

Werbung der 1854 in St. Petersburg gegründeten Aktiengesellschaft<br />

„Schriftgießerei O. I. Lehmannn“. Anfang 20. Jh.<br />

457. Образцы шрифтов из каталога акционерного общества «Словолитни<br />

О. И. Леман» (Москва, С.-Петербург). После 1910<br />

Schriften-Muster aus dem Katalog der Aktiengesellschaft „Schriftgießerei<br />

O. I. Lehmann“ (Moskau, St. Petersburg) und Buchdeckel. Nach 1910<br />

458. Бывшая словолитня Т. Киббеля (С.-Петербург). Фото. 2010<br />

Ehemalige Schriftgießerei Th. Kibbel (St. Petersburg). Foto. 2010<br />

459. Словолитня О. И. Лемана (С.-Петербург). Фото. Начало ХХ в.<br />

Schriftgießerei O. I. Lehmann (St. Petersburg). Foto. Anfang 20. Jh.<br />

457


Немцы в российской истории 197<br />

Österreich“. Dabei „rissen sich die aus Deutschland und<br />

Österreich zugereisten Deutschen und Juden kraft ihres<br />

Kapitals oder durch unmittelbare persönliche Mitarbeit in<br />

den Redaktionen bzw. Kooperation die einflussreichsten<br />

und populärsten Periodika unter den Nagel“.<br />

Sowohl die eine, als auch die andere Tendenz, deutsches<br />

„Kapital“ und „unmittelbare deutsche Beteiligung“ am<br />

Verlagswesen Russlands, lassen sich statistisch belegen.<br />

So fügen sich z. B. die Investitionen der Leipziger Firmen<br />

Brockhaus und Meyer in den russischen Büchermarkt<br />

voll und ganz in das Gesamtbild der damaligen Zeit ein,<br />

da mehr als die Hälfte der Investitionen in die Industrie<br />

Russlands zwischen 1893 und 1905 aus ausländischem<br />

Kapital stammt. Und was die „direkte Beteiligung“ betrifft,<br />

so waren ca. 25 % der Eigentümer typografischer<br />

Betriebe im Petersburg des ausgehenden 19. Jahrhunderts<br />

ethnische Deutsche. In Moskau lag der Anteil in dieser<br />

Zeit bei 13 %. Ebenso groß war der Anteil von Meistern<br />

(Faktoristen, Geschäftsführern, Leitern, Metteuren) und<br />

einfachen Arbeitern. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

geht der Anteil von Deutschen zurück, trotzdem gibt es<br />

1903 in Petersburg noch 14 % Meister und in Moskau<br />

fünf Prozent.<br />

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges änderte sich die<br />

Lage radikal. Was folgte, waren die Ausreise deutscher<br />

Staatsbürger aus Russland oder deren Internierung, aber<br />

auch der Pogrom gegen noch verbliebene deutsche Firmen,<br />

darunter auch Buchdruckereien, in Moskau im Mai<br />

1915. Dem folgten Verordnungen und Erlasse, die die<br />

Herausgabe deutschsprachiger Bücher und Periodika in<br />

Russland einschränkten. Die zeitweilige Rückgabe von<br />

Druckereien an ihre ehemaligen deutschen Besitzer nach<br />

dem Abschluss des Friedensvertrages von Brest-Litowsk<br />

blieb nur eine kurze Episode.<br />

Abb.<br />

452–457<br />

Abb.<br />

458, 459<br />

печати, находятся в руках немцев или германских и<br />

австрийских евреев». При этом «заезжие из Германии<br />

и Австрии немцы и евреи забрали в свои руки, силою<br />

капитала или непосредственным своим участием<br />

в редакции или сотрудничестве, самые влиятельные<br />

и популярные периодические издания».<br />

И та и другая тенденция – немецкий «капиал» и немецкое<br />

«непосредственное участие» в издательском<br />

деле России – подтверждаются статистическими<br />

данными. Так, например, инвестиции лейпцигских<br />

фирм Брокгауза и Мейера в русский книжный рынок<br />

вполне вписываются в общую картину того времени,<br />

когда больше половины вложений в промышленность<br />

России в 1893–1905 гг. составлял иностранный<br />

капитал. А если посмотреть на «непосредственное<br />

участие», то примерно 25 % владельцев типографских<br />

фирм в Петербурге в последней четверти ХIX в.<br />

были этнические немцы. В Москве их доля в этот<br />

период составляла 13 %. Примерно таким же был<br />

процент мастеров (факторов, заведующих, управляющих,<br />

метранпажей) и рядовых рабочих. В начале<br />

ХХ в. доля немцев снижается, но в 1903 г. в Петербурге<br />

все еще 14 % мастеров, в Москве – 5 %.<br />

С началом Первой мировой войны положение резко<br />

изменилось. Последовали выезд германскоподданных<br />

из России или их интернирование, а в мае<br />

1915 г. – погром в Москве еще оставшихся немецких<br />

фирм, в том числе книжных предприятий.<br />

За ними были выпущены постановления и указы,<br />

ограничивавшие издание в России книг и периодики<br />

на немецком языке. Кратковременное возвращение<br />

бывшим владельцам-немцам их типографий после<br />

заключения Брест-Литовского мирного договора<br />

осталось эпизодом.<br />

Илл.<br />

452–457<br />

Илл.<br />

458, 459<br />

459<br />

458


198 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Deutsche Verleger und ihr<br />

Anteil an der Bildung<br />

von Berufsverbänden<br />

und Berufsvereinigungen<br />

Im Verlauf des gesamten 19. Jahrhunderts war das Bemühen<br />

der im Buchwesen arbeitenden Deutschen um<br />

Zusammenschluss zu beobachten, sei es auf nationaler<br />

beruflicher, oder rein beruflicher Basis.<br />

Anfangs schlossen sich Drucker zu Kassen der gegenseitigen<br />

Hilfe zusammen, wie man sie aus Deutschland kannte.<br />

In Petersburg wurde ein Hilfsfonds gegründet, der 1840<br />

offiziell zugelassen wurde. Mitglieder waren ausschließlich<br />

deutschsprachige Arbeiter, Meister und Druckereibesitzer.<br />

Zunächst als „Hilfskasse des Druckereiverbandes in<br />

St. Petersburg“ gegründet, erweiterte sie sich im 50. Jahr<br />

ihres Bestehens zur „Hilfskasse für Drucker, Schriftgießer,<br />

Lithografen, Holzschneider und Fotografen in St. Petersburg“.<br />

Parallel dazu gab es ab Ende 1864 in Petersburg auch<br />

noch für Russen die „Hilfskasse für Schriftsetzer“ und ab<br />

1899 die „Begräbniskasse für Arbeiter im Druckereiwesen“.<br />

Leider gibt es keine Angaben darüber, wie weit sich diese<br />

Petersburger Organisationen mit der Zeit vom nationalen<br />

Prinzip entfernten.<br />

In Moskau wurde 1869, zunächst nur für Deutsche, die<br />

erste „Hilfskasse für Drucker“ gegründet, die erst nach<br />

dem Zusammenschluss mit der gleichzeitig gegründeten<br />

russischen Kasse ihre Zulassung erhielt.<br />

Daneben gab es auch Bemühungen um eine Vereinigung<br />

der Buchhändler. 1840 fand ein Delegiertenkongress deutscher<br />

Buchhändler aus den baltischen Gouvernements, aus<br />

Petersburg und Moskau statt. Ihre Forderungen waren:<br />

Gründung eines Vereins oder einer Vereinigung aller<br />

deutschen Buchhandlungen Russlands und die Einrichtung<br />

einer „Hilfskasse zur Unterstützung der vereinigten<br />

Buchhändler sowie deren Witwen und Waisen“. Aber<br />

weder ein Verein noch eine Hilfskasse kamen auf diese<br />

Weise zustande.<br />

Von diesen Forderungen heben sich die Vorschläge des aus<br />

Schlesien stammenden Buchhändlers Eduard Pelz (1800–<br />

1876) ab, der von 1836 bis 1839 in Petersburg bei Eggers<br />

arbeitete. Pelz, der nicht als Kongressteilnehmer genannt<br />

wurde, forderte in seinen Artikeln den Zusammenschluss<br />

aller, nicht nur deutscher, Buchhändler Russlands in einer<br />

Innung, aber seine Bemühungen waren vergebens. Der<br />

Minister für Bildung, S. S. Uwarow, der Pelz eine Audienz<br />

gewährt hatte, wimmelte diesen schnell wieder ab. Als<br />

Pelz sich darüber bei F. Bulgakow, den er zufällig auf der<br />

Straße traf, beschwerte, bekam er zu hören, „die deutsche<br />

Manier eigne sich nicht für Russland“. Was der konkrete<br />

Grund für die Absage war, ließ sich nicht feststellen.<br />

Die Gründung eines reinen und für Angehörige unterschiedlicher<br />

Nationalitäten offenen Berufsverbandes für<br />

Verleger nach dem Vorbild des „Börsenvereins“ der Verleger<br />

in Deutschland schlug 1861 der Verleger Wilhelm<br />

Henckel vor. Der Versuch war nicht von Erfolg gekrönt. Erst<br />

nach weiteren Anstrengungen gelang es, den „Russischen<br />

Verein der Buchhändler und Verleger“ zu gründen, in dessen<br />

Adressbuch von 1892 sich neben russischen Vertretern<br />

des Buchwesens auch die Namen deutscher Buchhändler<br />

Немцы-издатели<br />

и их участие в создании<br />

профессиональных<br />

обществ и союзов<br />

В течение всего ХIX в. наблюдалось стремление немцев,<br />

работавших в книжном деле, к объединению<br />

то на национально-профессиональной, то на чисто<br />

профессиональной основе.<br />

Первоначально типографщики объединились в кассы<br />

взаимопомощи по образцу известных им в Германии.<br />

В Петербурге был создан фонд взаимопомощи, официально<br />

утвержденный в 1840 г. Его членами являлись<br />

исключительно немецкоговорящие рабочие, мастера<br />

и владельцы типографий. Изначально основанная как<br />

«Вспомогательная касса „Общества типографщиков<br />

в С.‐Петербурге“» в год своего 50‐летия она расширилась<br />

во «Вспомогательную кассу для типографов, словолитчиков,<br />

литографов, ксилографов и фотографов<br />

в С.‐Петербурге». Параллельно с ней с конца 1864 г.<br />

в Петербурге существовали «Вспомогательная касса<br />

наборщиков» для русских, а с 1899 г. «Похоронная касса<br />

труженников печатного дела». К сожалению, нет данных<br />

о том, насколько эти петербургские организации<br />

со временем ушли от национального принципа.<br />

В Москве в 1869 г. была основана первая (изначально<br />

только для немцев) «Вспомогательная касса типографов»,<br />

которую утвердили лишь после ее объединения<br />

с одновременно основанной русской кассой.<br />

Наряду с этим предпринимаются попытки объединения<br />

книготорговцев. В 1840 г. состоялся съезд<br />

делегатов от немцев-книготорговцев прибалтийских<br />

губерний, Петербурга и Москвы. Его требованиями<br />

стали – создание союза или объединения всех немецких<br />

книжных магазинов России и учреждение<br />

«Вспомогательной кассы в помощь обедневшим книготорговцам,<br />

их вдовам и сиротам». Ни союз, ни<br />

вспомогательная касса так и не были созданы.<br />

На фоне этих требований выделяются проекты книготорговца<br />

Эдуарда Пельца (1800–1876), выходца из Силезии,<br />

работавшего в 1836–1839 гг. в Петербурге у<br />

Эггерса. Пельц (не названный в числе участников<br />

съезда) требовал в своих статьях объединения всех<br />

книготорговцев России (не только немцев) в одну<br />

корпорацию, но его старания были напрасны. Министр<br />

просвещения С. С. Уваров очень быстро отделался<br />

от Пельца на предоставленной ему аудиенции.<br />

Жалуясь на это случайно встретившемуся на улице<br />

Ф. Булгакову, Пельц услышал в ответ, что «германский<br />

манер не годится для России». В чем заключалась конкретная<br />

причина отказа, установить не удалось.<br />

Профессиональное общество издателей по образцу<br />

немецкого общества издателей «Börsenverein»<br />

в 1861 г., членами которого могли бы стать издатели<br />

различных национальностей, предлагал создать издатель<br />

В. Е. Генкель. Попытка оказалась безрезультатной.<br />

Лишь после дальнейших усилий удалось<br />

создать «Русское общество книгопродавцев и издателей»,<br />

в адресной книге которого (1892) наряду<br />

с русскими работниками книжного дела встречаются


Немцы в российской истории 199<br />

aus Moskau (der Drucker und Verleger O. O. Herbeck<br />

und der Buchhändler A. A. [A. I.] Lang) oder Petersburg<br />

(H. Hoppe, Ricker, Schmiedorf u. a) fanden.<br />

Deutsche Buchverleger in Russland<br />

vor dem Ersten Weltkrieg<br />

Die deutlichste Spur hinterließen deutsche Verleger in Russland<br />

mit der Herausgabe deutschsprachiger Bücher. Große<br />

wissenschaftliche Gemeinschaftsprojekte der letzten 20 Jahre,<br />

wie die Moskauer Enzyklopädie „Nemzy Rossii“ („Die<br />

Deutschen Russlands“) oder die Petersburger Sammelbände<br />

„Nemzy v Rossii“ („Die Deutschen in Russland“) haben Forschungsbeiträgen<br />

über in Russland veröffentlichte deutsche<br />

Bücher und Periodika viel Platz eingeräumt. 1995 und 1996<br />

gab es in Deutschland, ebenso wie 1999 in Russland auch,<br />

Ausstellungen zu dieser Literatur. In Moskau war dies eine<br />

Gemeinschaftsausstellung der Russischen Staatsbibliothek<br />

mit dem IVDK, dem Verlag „Gotika“ u. a. „Literarische<br />

Bruderschaft“. Ebenfalls in den 1990er Jahren erschienen<br />

Artikel und Kataloge zu deutschen Büchern aus einzelnen<br />

Sammlungen der Öffentlichen historischen Staatsbibliothek<br />

(der ehemaligen Tschertkow-Bibliothek und der ehemaligen<br />

Bibliothek des Instituts der Roten Professur).<br />

Die Sammlung aller uns Ende des 20. Jahrhunderts zugänglichen<br />

Daten, unter Berücksichtigung des damals noch nicht<br />

möglichen Abgleichs in global zugänglichen elektronischen<br />

Katalogen, macht deutlich, dass ungeachtet des ständig<br />

sinkenden Anteils deutschsprachiger Literatur in Russland<br />

die absoluten Zahlen von Jahrhundert zu Jahrhundert stiegen.<br />

Im 18. Jahrhundert wurden 17,7 % aller in Russland<br />

erschienenen Bücher in deutscher Sprache gedruckt. Im<br />

19. Jahrhundert waren es immer noch elf Prozent und<br />

zwischen 1910 und 1913 immer noch insgesamt 2,5 %. In<br />

absoluten Zahlen ausgedrückt erschienen zwischen 1701<br />

und 1800 2 218 deutschsprachige Titel, zwischen 1801 und<br />

1900 etwa 16 650 deutschsprachige Titel und von 1910 bis<br />

1913 immerhin noch 1 601 deutschsprachige Titel.<br />

War die Zahl deutschsprachiger Bücher, die zwischen 1914<br />

und 1924 oder selbst bis 1928 (also in den Jahren von Krieg,<br />

Revolutionen und NÖP) sehr klein, so erreichte die Zahl der<br />

deutschsprachigen Bücher, die in der Sowjetunion zwischen<br />

1928 und 1984 herausgegeben wurden, 18 744 Titel, was<br />

lediglich einem Anteil von 0,5 % aller in diesen Jahren im<br />

Land veröffentlichten Bücher entsprach.<br />

Wenn man sich aufmerksam mit den deutschsprachigen<br />

Werken, ihren Autoren, Grafikern, Druckern und Buchbindern<br />

befasst, wird offensichtlich, dass sie alle nicht nur<br />

Teil der deutschen, sondern auch der russischen Buchgeschichte<br />

sind. Als Beispiel mag der aus Leipzig stammende<br />

Carl Kray d. Ä. (1773–1832), Eigentümer einer Druckerei,<br />

einer Buchhandlung und einer Lese-Bibliothek in Petersburg,<br />

Verleger deutscher, französischer, polnischer und<br />

auch russischer Bücher, dienen. Sein Sohn, Carl Kray d. J.<br />

(1809–1874), kam schon in Petersburg zur Welt. Als er<br />

1833 die Druckerei und die Letterngießerei erbte, druckte<br />

er zwar weiterhin Bücher in deutscher Sprache, aber der<br />

Anteil der von ihm veröffentlichten russischen Bücher stieg<br />

sehr stark an. Seine bekannteste Arbeit war das ab 1847<br />

Abb. 460<br />

Abb. 461<br />

Abb. 462<br />

Abb.<br />

463, 464<br />

Abb. 465<br />

фамилии немецких книжников из Москвы (типограф<br />

и издатель О. О. Гербек, книготорговец<br />

А. А. (А. И.) Ланг) и Петербурга (Г. Гоппе, Риккер,<br />

Шмицдорф и др.).<br />

Немцы – издатели книг в России<br />

до Первой мировой войны<br />

Наиболее яркий след оставили в России немцы-издатели<br />

публикацией на немецком языке. Большие<br />

коллективные научные проекты последних 20 лет,<br />

московская энциклопедия «Немцы России» и петербургские<br />

сборники «Немцы в России» отвели<br />

много места исследованиям об изданных в России<br />

книгах и периодике на немецком языке. Состоялись<br />

выставки этой литературы в Германии в 1995 и<br />

1996 гг. и России в 1999 г. (совместная выставка РГБ,<br />

МСНК, издательства «Готика» и др. «Литературный<br />

брудершафт»). В те же 1990‐е гг. изданы статьи и<br />

каталоги, посвященные немецким книгам, представленным<br />

в отдельных коллекциях Государственной<br />

публичной исторической библиотеки (бывшие<br />

Чертковская библиотека и библиотека Института<br />

красной профессуры).<br />

Свод всех доступных нам к концу ХХ в. данных<br />

(принимая во внимание тогдашнюю невозможность<br />

их перепроверки в электронных каталогах<br />

глобальной сети) явно показывает, что, несмотря<br />

на постоянное снижение процентной доли изданной<br />

в России немецкоязычной литературы, ее количество<br />

росло из столетия в столетие. В XVIII в. 17,7 %<br />

всех вышедших в России книг были напечатаны<br />

на немецком языке. В XIX в. их было около 11 %,<br />

а в 1910–1913 гг. всего 2,5 %. В абсолютных цифрах<br />

за 1701–1800 гг. вышло 2 218 немецкоязычных названий,<br />

за 1801–1900 гг., предположительно, 16 650,<br />

в 1910–1913 гг. – 1 601 название.<br />

Если немецкоязычных книг, изданных с 1914<br />

по 1924 г. или даже до 1928 г. (т. е. за годы войны,<br />

революций и НЭПа), несравненно мало, то<br />

их количество, изданное в СССР в 1928–1984 гг.,<br />

достигло 18 744 наименований, составив лишь 0,5 %<br />

всех изданных в стране за этот период книг.<br />

Если обратить внимание на тематику немецкоязычных<br />

изданий, их авторов, графиков, типографов,<br />

переплетчиков, то становится очевидным,<br />

что они являются частью не только немецкой,<br />

но и русской книжной истории. Пример тому –<br />

Карл Край-старший (1773–1832), родом из Лейпцига,<br />

в 1815 г. владелец типографии, книжного<br />

магазина и библиотеки для чтения в Петербурге,<br />

издатель книг не только на немецком, французском<br />

и польском языках, но и на русском. Его сын – Карл<br />

Край-младший (1809–1874) родился уже в Петербурге.<br />

Унаследовав в 1833 г. типографию и словолитню,<br />

он продолжал печатать книги на немецком<br />

языке, но доля выпущенных им книг на русском<br />

языке очень возросла. Самое известное из его изданий<br />

– выпускавшийся с 1847 г. многотомный<br />

Илл. 460<br />

Илл. 461<br />

Илл. 462<br />

Илл.<br />

463, 464<br />

Илл. 465


462<br />

460<br />

460. Издатель Г. Гоппе (1836–1885), уроженец<br />

Вестфалии. Фото. 1880-е гг.<br />

Herausgeber H. Hoppe (1836–1885),<br />

gebürtig aus Westfalen. Foto. 1880er Jahre<br />

463<br />

461<br />

464<br />

465<br />

461. Реклама выставки немецкоязычных<br />

изданий Москвы и Санкт-Петербурга<br />

1731–1991 гг., проходившей<br />

в Люнебурге. 1996<br />

Reklame der Ausstellung deutschsprachiger<br />

Veröffentlichungen aus Moskau und<br />

St. Petersburg der Jahre 1731–1991,<br />

die in Lüneburg stattfand. 1996<br />

462. Приглашение на выставку «Литературный<br />

брудершафт» в Москве. 1999<br />

Einladung zur Ausstellung „Literarische<br />

Bruderschaft“ in Moskau. 1999<br />

463. Издание на немецком языке издательства «Эггерс и К°». С.-Петербург. 1858<br />

Deutschsprachige Veröffentlichung des Verlags „Eggers & Co“.<br />

St. Petersburg, 1858<br />

464. Издание на немецком языке издательства Императорского двора<br />

Г. Шмитцдорфа. С.-Петербург. 1874<br />

Deutschsprachige Veröffentlichung des Kaiserlichen Verlags H. Schmitzdorff.<br />

St. Petersburg, 1874<br />

465. Одно из малоизвестных изданий К. Края-младшего на военную тему.<br />

С.‐Петербург. 1837<br />

Eine wenig bekannte Veröffentlichung von C. Kray d. J. zu einem Kriegsthema.<br />

St. Petersburg, 1837


Немцы в российской истории 201<br />

erschienene mehrbändige Enzyklopädische Wörterbuch<br />

von A. Startschewskij.<br />

Der Drucker Theodor Friedrich Ries (1840–1895), ein<br />

Oldenburger Untertan, war 1870 Gründer und erster<br />

Verleger der „Moskauer Deutschen Zeitung“, die die ersten<br />

Kapitel aus Lew Tolstojs „Krieg und Frieden“ in deutscher<br />

Übersetzung abdruckte. In Rieses Druckerei wurde am<br />

Ende der 1860er Jahre übrigens auch die russische Ausgabe<br />

des Romans gedruckt. Später kamen noch weitere<br />

Werke Tolstojs hinzu. Dabei wird die komplizierte Beziehung<br />

zwischen beiden in Briefen Tolstojs verdeutlicht.<br />

Ries, Zeitgenossen zufolge „das wunderbarste Exemplar<br />

eines Deutschen“ (N. N. Strachow), wird auch von Tolstoj<br />

nach ihrer ersten Bekanntschaft 1867 als „braver Kerl,<br />

praktischer und akkurater Deutscher“ bezeichnet. Aber<br />

sowie es beim Druck des einen oder anderen Werkes zu<br />

ersten Verzögerungen kam, wurde Ries in Tolstojs Briefen<br />

schnell zum „verfluchten Ries“ (1869). Auf stärkere<br />

Ausdrücke wollen wir hier verzichten. Ende der 1870er<br />

Jahre allerdings lobt Tolstoj den Drucker wieder für seine<br />

„Gutmütigkeit“ (1877).<br />

F. Ries war der Drucker der Werke Tolstojs. Der Verleger<br />

des Tolstoj-Romans „Auferstehung“ war jedoch Adolf<br />

Marx; zunächst, ab 1899, in seiner Zeitschrift „Niwa“<br />

(„Das Feld“), später auch als Gesamtausgabe „mit Illustrationen<br />

des Malers L. O. Pasternak“. Adolf Marx (1838–<br />

1904), preußischer Untertan, der einem Zeitzeugen zufolge<br />

„sehr schlecht“ russisch sprach (Librowitsch), galt seinem<br />

Biografen zufolge „zu Recht als einer der bedeutendsten<br />

Verleger Russlands“ (E. A. Dienerstein). Sein Ruhm gründete<br />

sich vor allem auf der illustrierten Zeitschrift „Niwa“,<br />

die er 1869 nach dem Vorbild der deutschen Zeitschrift<br />

„Die Gartenlaube“ gegründet hatte. „Niwa“ mit ihren vielen<br />

Beilagen war schon bald eine der populärsten russischen<br />

Zeitschriften.<br />

Abb. 466<br />

Abb. 467<br />

Abb.<br />

468, 469<br />

Abb. 470<br />

Abb. 471<br />

«Справочно-энциклопедический словарь» А. Старчевского.<br />

Федор Федорович Рис(с) (Теодор Фридрих Генрих)<br />

(1840–1895), ольденбургский подданный, типограф,<br />

основатель (1870) и первый издатель «Московской<br />

немецкой газеты» в немецком переводе опубликовал<br />

в ней первые главы романа Л. Н. Толстого «Война и<br />

мир». В типографии Риса с конца 1860‐х гг. печаталось<br />

и русское издание романа, а позже и некоторые<br />

другие сочинения Толстого. При этом сложность их<br />

взаимоотношений вполне ярко отражена в письмах<br />

Толстого. Рис, по свидетельству современников, «прекраснейший<br />

экземпляр немца» (Н. Н. Страхов), и у<br />

Толстого после их первого знакомства фигурирует<br />

как «молодчина, практический и аккуратный немец»<br />

(1867). Но как только появляются первые задержки<br />

печатания того или другого сочинения, Рис быстро<br />

превращается в письмах Л. Н. Толстого в «проклятого<br />

Риса» (1869). Более сильные выражения здесь опущены.<br />

Однако в конце 1870‐х гг. Толстой снова хвалит<br />

типографа за его «добродушие» (1877).<br />

Ф. Рис был типографом сочинений Л. Н. Толстого, а издателем<br />

его романа «Воскресение» стал А. Ф. Маркс, –<br />

сначала на страницах своего журнала «Нива» (с 1899 г.),<br />

а затем отдельным изданием «с рисунками художника<br />

Л. О. Пастернака». Адольф Федорович Маркс (1838–<br />

1904), прусский подданный и, по свидетельству современника,<br />

«очень плохо» говоривший по-русски (Либрович),<br />

по словам его биографа, «по праву считается одним<br />

из крупнейших издателей России» (Е. А. Динерштейн).<br />

Его слава прежде всего основана на созданном им по образцу<br />

немецкого журнала «Die Gartenlaube» («Беседка»)<br />

иллюстрированном журнале «Нива» (1869), вскоре ставшем<br />

одним из самых популярных российских журналов,<br />

и многочисленных к нему приложениях.<br />

Илл. 466<br />

Илл. 467<br />

Илл.<br />

468, 469<br />

Илл. 470<br />

Илл. 471<br />

466. Словарь А. Старчевского (1847–1855)<br />

Wörterbuch von A. Startschjewskij (1847–1855)<br />

466


469<br />

467<br />

468<br />

470<br />

467. «Московская немецкая газета». 1910<br />

„Moskauer Deutsche Zeitung“. 1910<br />

468. А. Ф. Маркс в редакции журнала «Нива».<br />

Е. Самокиш-Судковская. 1904<br />

A. F. Marx in der Redaktion der Zeitschrift „Niwa“.<br />

E. Samokisch-Sudkowskaja. 1904<br />

469. Герб издателя А. Ф. Маркса с девизом<br />

«Неустанными трудами». Начало ХХ в.<br />

Wappen des Herausgebers A. F. Marx mit der Devise<br />

„Mit unermüdlichen Fleiß“. Anfang XX. Jh.<br />

470. Журнал «Нива». 1891<br />

Zeitschrift „Niwa“. 1891


Немцы в российской истории 203<br />

Im Verlaufe von 35 Jahren verlegte Marx die Werke<br />

A. Gribojedows, N. Gogols, D. Fonwisins, F. Dostojewskijs,<br />

I. Turge njews, A. Tschechows, anderer zeitgenössischer Schriftsteller<br />

und bereits verstorbener Klassiker der russischen<br />

Literatur. Er begann als einer der ersten aufwendig illustrierte<br />

Werke herauszugeben. So wurden von ihm der Weltatlas<br />

„Bolschoj vsemirnyj nastolnyj atlas“ („Großer Handatlas<br />

der ganzen Welt“) und noch weitere Werke verlegt. Als<br />

erster in ganz Russland rüstete Marx seine Druckerei<br />

mit einer Rotationsdruckmaschine und hochproduktiven<br />

Zylinderdruckmaschinen aus Deutschland aus. Durch ständige<br />

Modernisierung und Vergrößerung der Produktion hatte er<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts ein modernes und komplexes<br />

Unternehmen geschaffen, das mit elektrischem Strom arbeitete.<br />

150 Drucktische, 700 Arbeiter und ca. 300 Angestellte setzten<br />

seine Ideen um. Die jährliche Auflage der hier gedruckten<br />

„Niwa“ erreichte 275 000 Exemplare. Ein bekannter Publizist<br />

gestand ein, A. Marx habe „für Russland mehr getan, als<br />

mancher Volksbildungsminister“.<br />

Ende des 19. Jahrhunderts sind die Deutschen als Drucker<br />

und Verleger in persona nicht mehr so stark im Buchwesen<br />

in Petersburg und Moskau vertreten. Dafür stieg die Beteiligung<br />

der Deutschen, die sich als Investoren im Verlagswesen<br />

Russlands engagierten. Als Beispiel dient die Beteiligung der<br />

deutschen Firma Brockhaus an dem gemeinsamen Projekt<br />

einer Enzyklopädie zusammen mit I. A. Efron. Das enzyklopädische<br />

Wörterbuch, in der Bibliothekspraxis Russlands<br />

bis heute als „Der Brockhaus“, im deutschen Sprachgebrauch<br />

als „Der russische Brockhaus“ bekannt, erschien von 1890<br />

bis 1907 in 82 Halbbänden und vier Ergänzungsbänden,<br />

wobei sich die Enzyklopädie von Band zu Band von der<br />

deutschen Enzyklopädie, die als Vorbild diente, löste. Die<br />

russische Ausgabe der Enzyklopädie betrachteten bereits<br />

Zeitgenossen als besten Wissensspeicher seiner Zeit. Ein<br />

Beleg dafür mag sein, dass sie in Lenins Arbeitszimmer<br />

Abb. 472<br />

Abb. 473<br />

Abb.<br />

474–476<br />

На протяжении 35 лет Маркс издавал сочинения<br />

А. Грибоедова, Н. Гоголя, Д. Фонвизина, Ф. Достоевского,<br />

И. Тургенева, А. Чехова, современных ему писателей<br />

и уже умерших классиков русской литературы.<br />

Одним из первых он приступил к выпуску роскошных<br />

иллюстрированных изданий. Им издан также<br />

«Большой всемирный настольный атлас». Первым<br />

в России Маркс оснастил типографию скоропечатной<br />

ротационной машиной и высокопроизводительными<br />

скоропечатными машинами германского производства.<br />

Постоянно модернизируя и увеличивая свое<br />

производство, он создал к началу ХХ в. современное<br />

комплексное предприятие с использованием электричества.<br />

150 печатных станков, 700 рабочих и<br />

около 300 служащих осуществляли его замыслы.<br />

Годовой тираж печатавшейся здесь «Нивы» достигал<br />

275 тыс. экз. По признанию одного известного<br />

публициста, А. Маркс сделал «для России больше,<br />

чем иной министр народного просвещения».<br />

Личное участие немцев, типографов и издателей,<br />

в книжном деле Петербурга и Москвы к концу XIX в.<br />

уменьшается. Одновременно усиливается участие<br />

немцев в качестве инвесторов в издательское дело<br />

России. Примером служит участие германской<br />

фирмы «Брокгауз» в совместном энциклопедическом<br />

проекте с И. А. Ефроном. Энциклопедический<br />

словарь, в библиотечной практике России по сей<br />

день известный под именем «Брокгауз» (в немецкой<br />

практике как «русский Брокгауз»), выходил<br />

с 1890 по 1907 г. в 82 полутомах и 4 дополнительных,<br />

из тома в том все больше особождаясь<br />

от немецкого издания энциклопедии, служившей<br />

образцом. Русское издание энциклопедии уже современниками<br />

рассматривалось как лучший свод<br />

знаний своего времени. Доказательством тому<br />

Илл. 472<br />

Илл. 473<br />

Илл.<br />

474–476<br />

471. Реклама на литературные<br />

приложения к журналу «Нива»<br />

на 1912 г. Н. Самокиш.<br />

Плакат. 1911<br />

Reklame für Literaturbeilagen zur<br />

Zeitschrift „Niwa“ auf das Jahr 1912.<br />

N. Samokisch. Plakat. 1911<br />

472. Произведения А. П. Чехова<br />

издания А. Ф. Маркса. 1903<br />

Werke A. P. Tschechows,<br />

herausgegeben<br />

von A. F. Marx. 1903<br />

472<br />

471


474<br />

473<br />

475<br />

473. Иллюстрированный обзор ХIХ столетия, изданный А. Ф. Марксом. 1901<br />

Illustrierter Rückblick auf das 19. Jh., herausgegeben von A. F. Marx. 1901<br />

474–476.<br />

«Русский Брокгауз». Иллюстрации к статье «Типографское дело»<br />

„Der Russische Brockhaus“, Illustrationen zum Beitrag „Buchdruckwesen“<br />

476


Немцы в российской истории 205<br />

im Kreml direkt hinter dem Schreibtisch im Regal stand.<br />

Die Reprintausgabe der Enzyklopädie aus der Zeit nach der<br />

Perestrojka ist auch auf Fotos von Kremlbüros der heutigen<br />

Zeit zu sehen. In elektronischer Form sind die Artikel heute<br />

auch über das Internet zugänglich.<br />

Zehn Jahre nach den ersten Brockhaus-Bänden erscheint von<br />

1900 bis 1909 in 22 Bänden die Enzyklopädie „Bolschaja<br />

enziklopedija. Slowar obschtschedostupnych swedenij po<br />

wsem otrasljam znanija“ („Große Enzyklopädie. Wörterbuch<br />

allgemein zugänglicher Erkenntnisse aus allen Wissensgebieten“)<br />

in der Redaktion von S. Juschakow in der Buchverlagsgenossenschaft<br />

„Prosweschtschenije“ („Bildung“) in<br />

St. Petersburg in Zusammenarbeit mit dem Bibliografischen<br />

Institut Meyer in Leipzig und Wien. Der Verlag „Prosweschtschenije“<br />

wurde 1896 von N. S. Zetlin gegründet,<br />

wobei die Hälfte des Kapitals von Meyer, dem Herausgeber<br />

der Enzyklopädie, die auf dem deutschen Markt in Konkurrenz<br />

zum Brockhaus stand, in Leipzig angelegt wurde. Aber<br />

bereits 1905 kaufen N. und L. Zetlin diesen Anteil auf. Ungeachtet<br />

dessen wird in der deutschen Bibliothekspraxis die<br />

„Große Enzyklopädie“ bis zum heutigen Tag als „russischer<br />

Meyer“ bezeichnet, während sie in der russischen Praxis als<br />

„Juschakows Wörterbuch“ bekannt ist.<br />

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ist parallel zu dem immer<br />

geringer werdenden persönlichen Engagement auf dem<br />

Büchermarkt der Hauptstädte und den dafür zunehmenden<br />

Kapitalinvestitionen die Tendenz zu beobachten, dass immer<br />

mehr deutschsprachige Druckerzeugnisse aus kompakten<br />

Siedlungsgebieten der deutschen Landbevölkerung kommen.<br />

1886 wurde in Russland die ersten mennonitische Druckerei<br />

„Raduga“ („Regenbogen“) mit dem Hauptkontor in der Kolonie<br />

Neu-Halbstadt und einer Filiale in Petersburg gegründet.<br />

Es werden nicht nur immer mehr Bücher in russischer und<br />

deutscher Sprache verlegt, sondern, insbesondere nach 1905,<br />

auch Zeitungen. Ab 1906 erscheint die „Deutsche Volkszeitung“<br />

in Saratow und die „Kaukasische Post“ in Tiflis.<br />

In der Kolonie Eigenfeld, Gouvernement Taurien, erscheint<br />

ab 1910 die Zeitung „Der Landwirt“.<br />

Abb.<br />

477, 478<br />

Abb. 479<br />

Abb. 480<br />

Abb. 481<br />

Abb. 482<br />

может служить ее наличие в кремлевском кабинете<br />

В. И. Ленина. Репринтное издание энциклопедии<br />

после перестроечного времени заметно и на снимках<br />

кремлевских кабинетов нашего времени. В электронном<br />

виде её статьи доступны в интернете.<br />

Через 10 лет после появления первых томов Брокгауза,<br />

в 1900–1909 гг. выходит в 22 томах «Большая<br />

энциклопедия. Словарь общедоступных сведений<br />

по всем отраслям знания» под редакцией С. Южакова<br />

в книгоиздательском товариществе «Просвещение»<br />

в Санкт-Петербурге совместно с Библиографическим<br />

институтом (Мейер) в Лейпциге и Вене. Издательство<br />

«Просвещение» было основано в 1896 г. Н. С. Цетлиным,<br />

причем половина капитала была вложена<br />

в Лейпциге Мейером, издателем энциклопедии,<br />

конкурирующей с Брокгаузом на немецком рынке.<br />

Но уже в 1905 г. Н. и Л. Цетлины выкупают эту долю.<br />

Несмотря на это, в немецкой библиотечной практике<br />

«Большая энциклопедия» по сей день идентифицируется<br />

с названием «русский Мейер», а в русской<br />

практике она известна как «словарь Южакова».<br />

Ближе к концу концу XIX в. параллельно с убыванием<br />

личного участия немцев и увеличивающимся<br />

капиталовложением в книжный рынок столиц наблюдается<br />

тенденция роста печатания на немецком<br />

языке в местах компактного поселения немецкого<br />

земледельческого населения. В 1886 г. основана первая<br />

меннонитская типография в России «Радуга»<br />

с центральной конторой в колонии Ней-Гальбштадт<br />

и филиалом в Петербурге. Расширяется не только<br />

книгоиздательская деятельность на немецком и русском<br />

языках, но и газетноиздательская, особенно<br />

после 1905 г. С 1906 г. начинает выходить «Deutsche<br />

Volkszeitung» («Немецкая народная газета») в Саратове<br />

и «Kaukasische Post» («Кавказская почта») в Тифлисе.<br />

В колонии Эйгенфельд (Таврическая губерния)<br />

в 1910 г. начала издаваться газета «Der Landwirt»<br />

(«Сельский хозяин»).<br />

Илл.<br />

477, 478<br />

Илл. 479<br />

Илл. 480<br />

Илл. 481<br />

Илл. 482<br />

Russlanddeutsche<br />

im Verlagswesen Russlands<br />

und Deutschlands nach<br />

dem Ersten Weltkrieg<br />

Российские немцы<br />

в ИЗДАТЕЛЬСКОЙ ЖИЗНИ<br />

России и Германии после<br />

Первой мировой войны<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich alles verändert. Ein Teil<br />

der ehemaligen Verleger führte seine Geschäfte in Deutschland<br />

fort. Die einen als Vertreter des „Russischen Berlins“<br />

(Otto Kirchner), andere, wie A. F. Dewrien, nahmen ihre<br />

Arbeit wieder auf und verlegten russische Bücher, wurden<br />

aber ab Ende der 1920er Jahre Teil des deutschsprachigen<br />

Büchermarktes, um in den 1930er Jahren ihr Geschäft<br />

einzustellen.<br />

Einen völlig anderen Weg beschritten die Brüder von Kügelgen,<br />

die vor der Revolution die letzten beiden Herausgeber<br />

der ersten deutschsprachigen Zeitung Russlands<br />

„St. Petersburger Zeitung“ waren, die bereits 1727 unter<br />

dem Namen „St. Petersburgische Zeitung“ erschien. Nach<br />

ihrer Ankunft in Berlin im Jahre 1924 wurden Paul von<br />

Kügelgen (1875–1952) einer der Direktoren und Carlo<br />

Abb.<br />

483, 484<br />

После Первой мировой войны все изменилось. Часть<br />

бывших издателей продолжала свое дело в Германии.<br />

Одни – как представители «Русского Берлина»<br />

(Отто Кирхнер), другие, как А. Ф. Девриен, возобновили<br />

свою деятельность, издавая русские книги,<br />

но к концу 1920‐х гг. стали частью немецкоязычного<br />

книжного рынка, а в 1930‐е гг. ликвидировали свое<br />

дело вовсе.<br />

Совсем иным был путь братьев фон Кюгельген,<br />

последних из довоенных издателей первой немецкоязычной<br />

газеты России «St. Petersburger Zeitung»<br />

(«Санкт-Петербургская газета»), начавшей выходить<br />

в 1727 г. под названием «St. Petersburgische Zeitung».<br />

Прибыв в 1924 г. в Берлин, Пауль фон Кюгельген<br />

(1875–1952) стал одним из директоров, а Карло<br />

Илл.<br />

483, 484


206 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

485–490<br />

(1876–1945) Chefredakteur des 1924 in Berlin gegründeten<br />

Ostwelt-Verlages. Nach dem Überfall Deutschlands auf<br />

die Sowjetunion arbeitete der Verlag dem antisowjetischen<br />

Apparat der Anti-Komintern im Reichspropagandaministerium<br />

zu. Schon lange vorher hatte Carlo von Kügelgen<br />

Minister Goebbels selbst den Lesern in einem Sonderheft<br />

der Serie „Die braune Reihe“ vorgestellt, in dem es auch ein<br />

gemeinsames Foto gab. Eines der ersten Hefte dieser Reihe,<br />

das 1933, im Jahr der Bücherverbrennung in Deutschland,<br />

unter Federführung Carlo von Kügelgens herauskam, war<br />

Hitler gewidmet.<br />

In Sowjetrussland selbst kam es zu keiner Erneuerung privater<br />

Verlagstätigkeit unter Beteiligung deutscher Verleger. In<br />

den Listen mit den privaten Verlagen aus der Zeit der NÖP<br />

finden sich dafür keine Hinweise. Friedrich Ross, einer der<br />

Direktoren des Berliner Ullstein-Konzerns, stellte im August<br />

1921, als er nach einer Studienreisen durch das Russland der<br />

NÖP-Zeit wieder in Berlin eintraf, fest, dass die Bolschewiki<br />

nicht die Absicht haben, irgendeinen Ausländer Einfluss an<br />

der Presse- und Verlagsfront auszuüben zu lassen.<br />

Aber wie die aufgeführten Angaben belegen, wurden in<br />

der Sowjetunion auch weiterhin deutschsprachige Bücher<br />

gedruckt. Spürbar stieg die Zahl der Buchtitel, die in der<br />

ASSR der Wolgadeutschen herausgegeben wurden. In den<br />

sowjetischen Verlagsstrukturen von staatlichen, behördlichen<br />

und wissenschaftlichen Einrichtung stoßen wir in<br />

den 1920er und 1930er Jahren in Funktionen wie die des<br />

technischen Redaktors, des Korrektors oder des Übersetzers<br />

Илл.<br />

485–490<br />

(1876–1945) – главным редактором основанного<br />

здесь же издательства «Оствельт-Ферлаг» (1924).<br />

После нападения Германии на Советский Союз издательство<br />

работало на «антисоветский аппарат»<br />

Антикоминтерна в Имперском министерстве пропаганды.<br />

Самого министра Геббельса К. фон Кюгельген<br />

представил читателям «Коричневой серии» задолго<br />

до этого в отдельной брошюре, снабженной совместной<br />

фотографией. Один из первых выпусков этой<br />

серии, вышедший из-под его же пера в год сожжения<br />

книг в Германии (1933), был посвящен Гитлеру.<br />

В Советской России частное издательское дело<br />

при участии немцев-издателей уже не было восстановлено.<br />

Списки частных издательств нэповского<br />

времени не дают намеков на это. Фридрих<br />

Росс, один из директоров берлинского концерна<br />

Ульштейн, вернувшись в августе 1921 г. в Берлин<br />

после ознакомительной поездки в нэповскую Россию,<br />

констатировал, что большевики не собираются<br />

предоставлять никому из иностранцев возможность<br />

влияния на печатно-издательском фронте.<br />

Однако, как показывают приведенные выше данные,<br />

печать книг на немецком языке в Советской России<br />

продолжалась. Заметно возросло количество названий<br />

книг, изданных в АССР немцев Поволжья. В советских<br />

издательских структурах, существовавших<br />

при государственных, ведомственных и научных<br />

учреждениях в 1920‐е – 1930‐е гг., встречаются еще<br />

477<br />

477, 478.<br />

«Словарь Южакова». Иллюстрации к статье<br />

«Типографское дело»<br />

„Juschakow-Lexikon“, Illustrationen zum Beitrag<br />

„Buchdruckwesen“<br />

478


479 480<br />

479. Иллюстрированный ежегодник «Немецкий<br />

народный календарь для города и села» на 1911 г.<br />

Одесса, 1910.<br />

Illustrierter „Deutscher Volkskalender für Stadt und<br />

Land“ auf das Jahr 1911. Odessa, 1910.<br />

480. Учебное пособие для меннонитских начальных<br />

школ «Библейские истории», напечатанное<br />

в типографии «Радуга». 1911<br />

„Biblische Geschichten“ für mennonitische<br />

Elementarschulen, gedruckt in der Druckerei<br />

„Raduga“. 1911<br />

481. «Немецкая народная газета». Саратов. 1906<br />

„Deutsche Volkszeitung“. Saratow, 1906<br />

481


482 483<br />

484<br />

482. Ежегодник для немецких сельских хозяев России на 1913 г. Эйгенфельд. 1912<br />

Jahrbuch „Landwirt“ auf das Jahr 1913 für deutsche Landwirte Russlands. Eigenfeld, 1912.<br />

483. «Санкт-Петербургская газета» от 13 мая 1729 г. с сообщением о появлении на свет<br />

принцессы Софии Августы Фридерики Ангальт-Цербстской – будущей Екатерины II<br />

„St. Petersburgische Zeitung“ vom 13. Mai 1729 mit der Mitteilung über die Geburt der<br />

Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst (in Zukunft: Katharina II.)<br />

484. Сотрудники редакции «Санкт-Петербургской газеты». Фото К. Буллы. 1900<br />

Redaktionsmitarbeiter der „St. Petersburger Zeitung“. Foto von K. Bulla. 1900


485<br />

486<br />

487<br />

488<br />

485. Издание Центрального издательства<br />

народов СССР. Москва. 1930<br />

Druckerzeugnis des Zentral-Völker-Verlags<br />

der Sowjetunion. Moskau, 1930<br />

486. Немецкий крестьянский календарь<br />

«Вольная нива». Немецкое государственное<br />

издательство. Покровск. 1927<br />

Deutscher Bauernkalender „Freie Flur“.<br />

Deutscher Staatsverlag. Pokrowsk, 1927<br />

487–489.<br />

Эмблемы и реклама 1920–1930-х гг.<br />

Немецкого государственного издательства<br />

в г. Покровске (Энгельс)<br />

Emblem und Reklame des Deutschen Staatsverlags<br />

der 1920er – 1930er Jahre in Pokrowsk (Engels)<br />

489


210 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 491<br />

auf deutsche Namen. Unter ihnen finden sich auch Emigranten<br />

aus Deutschland mit z. T. auffallenden Schicksalen,<br />

so wie Willi Leow alias Hoffmann (1887–1937), Mitglied<br />

der Kommunistischen Partei Deutschlands und ehemaliges<br />

Führungsmitglied des Rotfrontkämpferbundes. Als<br />

stellvertretender Chefredakteur des Deutschen Staatsverlages<br />

in Engels wurde er 1936 beschuldigt, Mitglied<br />

einer trotzkistisch-faschistischen Terrororganisation zu<br />

sein, 1937 erschossen und auf dem Donskoj-Friedhof in<br />

Moskau beigesetzt.<br />

In den letzten Jahren seiner Existenz (1937–1939) gab<br />

gerade der Deutsche Staatsverlag eine beeindruckende<br />

Zahl an Werken der deutschen Klassik, aber auch Werke<br />

der russischen und Weltliteratur in deutscher Übersetzung<br />

heraus: von Goethes „Faust“ (1939) und Puschkin (1937)<br />

bis zu Homers „Odyssee“ (1939). Das Verlagsprogramm<br />

konnte aber nicht weiter ausgebaut werden. Im September<br />

1941 hörte der Deutsche Staatsverlag auf zu existieren,<br />

wie die ASSR der Wolgadeutschen auch.<br />

Mit Ausbruch des Krieges beginn ein anderer Abschnitt<br />

bei der Herausgabe deutschsprachiger Bücher in der Sowjetunion,<br />

vor allem unter Beteiligung von Emigranten<br />

aus Deutschland in bereits existierenden Verlagen, wie<br />

dem Verlag „Meschdunarodnaja kniga“ („Internationales<br />

Buch“) oder in wiedergegründeten Verlagen, wie dem<br />

Verlag „Inogiz“ („Staatsverlag für fremdsprachige Literatur“).<br />

An der Verlagsarbeit in den besetzten Gebieten ist<br />

von Kügelgen beteiligt.<br />

Eine neue Etappe bei der Herausgabe von deutschsprachiger<br />

Literatur der Russlanddeutschen in der Sowjetunion<br />

beginnt 1965. Eine deutliche Entwicklung erfährt diese<br />

Literatur im umgestalteten Russland. Etwas später beginnt<br />

auch die Periode der russischsprachigen verlegerischen<br />

Tätigkeit von Aussiedleren aus Russland in Deutschland<br />

in traditioneller und digitaler Form.<br />

Илл. 491<br />

немцы в должностях редакторов (технических), корректоров,<br />

переводчиков и т. д. Среди них – политические<br />

эмигранты из Германии, порой с удивительными<br />

судьбами, как у Вилли Леова (Гофман, 1887–1937),<br />

члена Коммунистической партии Германии и бывшего<br />

руководителя Всегерманского союза красных фронтовиков.<br />

Будучи в должности заместителя главного<br />

редактора Немецкого государственного издательства<br />

в г. Энгельс (1936), он был обвинен в участии в антисоветской<br />

троцкистско-фашистской террористической<br />

организации, расстрелян в 1937 г. и захоронен на Донском<br />

кладбище в Москве.<br />

В последний период своего существования (1937–1939)<br />

именно «Немгосиздат» выпустил впечатляющее число<br />

сочинений представителей не только классической<br />

немецкой, но и в переводе на немецкий язык русской<br />

и мировой литературы: от «Фауста» Гёте (1939) и<br />

Пушкина (1937) до «Одиссеи» Гомера (1939). Но далее<br />

эта издательская программа уже не расширилась.<br />

В сентябре 1941 г. «Немгосиздат», как и АССР НП,<br />

прекратили свое существование.<br />

С началом войны начинается следующий период<br />

в истории издания немецкоязычных книг в СССР,<br />

главным образом с участием эмигрантов из Германии<br />

в существующих («Международная книга») и вновь<br />

образованных издательствах («Иногиз»). На оккупированных<br />

территориях издание ведется с участием<br />

фон Кюгельгена.<br />

Новый этап издания литературы российских немцев<br />

в Советском Союзе на немецком языке начинается<br />

в 1965 г., а широкое развитие получает в послеперестроечной<br />

России. Чуть позже в Германии начинается<br />

период русскоязычной издательской деятельности<br />

переселенцев из России на традиционных и цифровых<br />

носителях.<br />

490<br />

490. «Собрание в сельском клубе» – иллюстрация к книге Х. Эльберга «На Волге»,<br />

выпущенной Центральным издательством народов СССР. Москва. 1930<br />

„Versammlung im Dorfklub“. Illustration zu Ch. Oelbergs Band „An der Wolga“,<br />

Zentral-Völker-Verlag der Sowjetunion. Moskau, 1930<br />

491. Издание Немецкого государственного издательства. Энгельс, 1938<br />

Druckerzeugnis des Deutschen Staatsverlags. Engels, 1938<br />

491


Немцы в российской истории 211<br />

Wechselwirkungen<br />

in der Literatur<br />

Взаимопроникновение<br />

в литературе<br />

A. Engel-Braunschmidt (Kiel)<br />

А. Энгель-Брауншмидт (Киль)<br />

Wem wäre nicht der in das Jahr 1805 und in<br />

einen Petersburger Salon verlegte Anfang von<br />

Tolstojs Roman „Krieg und Frieden“ gegenwärtig,<br />

in dem in französischer Sprache der Aufstieg<br />

Buonapartes (sic) diskutiert wird; und wer erinnerte sich<br />

nicht, wie im Verlauf des Romans der Adel nach dem<br />

russischen Äquivalent für französische Ausdrücke sucht<br />

und selbst der alte Graf Rostow sich noch ans Russischlernen<br />

macht. Französisch war die Sprache des Adels,<br />

Französisch war auch die Sprache, aus der europäische<br />

Literatur im Russland des 18. Jh. übersetzt wurde, auch<br />

wenn die Texte ursprünglich auf deutsch oder spanisch<br />

verfasst sein mochten. Das änderte sich um 1800. Zwar<br />

vermitteln die „Briefe eines reisenden Russen“, in denen<br />

Nikolaj Karamsin seine Erlebnisse von einer Reise durch<br />

Westeuropa 1789/90 verarbeitete, dem russischen Leser<br />

Einblicke in Literatur und Philosophie, Natur, Kunst und<br />

Gesellschaft seiner Zeit (veröffentlicht 1791/92), aber der<br />

Autor verstand mehr von Gellert, dessen Denkmälern<br />

er in Leipzig zu Füßen fiel, als von Kant, den er mit<br />

Nonchalance zuvor in Königsberg aufgesucht hatte, und<br />

was er seinerseits einem Kreis von Leipziger Gelehrten<br />

an Proben russischer Literatur darbot, reichte gerade,<br />

um diese zu überzeugen, dass es in Russland eine für<br />

die literarische Produktion geeignete Sprache gab. Dass<br />

die „Stürmer und Dränger“ Ja. M. R. Lenz 1780–1792 und<br />

F. M. Klinger 1780–1803 in den russischen Metropolen<br />

St. Petersburg und Moskau lebten, hat in der russischen<br />

Literatur keine Spuren hinterlassen.<br />

Dass die französische literarische Vorherrschaft von der<br />

deutschen abgelöst wurde, geht auf Wassilij Schukowskij<br />

zurück. Schukowskij hat neue Gattungen, Verstechniken<br />

und Themen eingeführt, indem er Lieder, Dramen,<br />

Erzählungen (J. P. Hebel) oder Märchen, vor allem aber<br />

Balladen (Bürger, Uhland, Schiller, Goethe, Chamisso,<br />

Fouqué) übertrug. Er hat nicht eigentlich übersetzt,<br />

Abb.<br />

492–494<br />

Abb. 495<br />

Abb.<br />

496, 497<br />

Кто не помнит начало романа Л. Н. Толстого<br />

«Война и мир», действие которого происходит<br />

в петербургском салоне 1805 г., где пофранцузски<br />

обсуждается взлет Буонапарте! И кто не<br />

помнит, как по ходу романа знать мучительно пытается<br />

найти русский эквивалент для французских<br />

выражений и даже старый граф Ростов принимается<br />

изучать русский язык. Французский язык был языком<br />

дворянства, французский был и языком, с которого<br />

в России XVIII в. переводилась европейская литература,<br />

даже если тексты первоначально были написаны<br />

на немецком или испанском языках. Это изменилось<br />

на рубеже XVIII–XIX вв. И хотя из «Писем русского<br />

путешественника», в которых Н. Карамзин описал<br />

свои впечатления от поездки по Западной Европе<br />

в 1789–1790 гг., русский читатель узнает о литературе и<br />

философии, природе, искусстве и обществе своего времени<br />

(опубликованы в 1791–1792 гг.), все-таки автор<br />

больше знает о Геллерте, перед памятниками которому<br />

преклонял голову в Лейпциге, чем о Канте, которого<br />

до этого небрежно посетил в Кенигсберге, а тех образцов<br />

русской литературы, которые он представил<br />

лейпцигским ученым, как раз хватило, чтобы убедить<br />

их в том, что в России имелся подходящий язык для<br />

литературного творчества. То, что в России, Санкт-<br />

Петербурге и Москве, жили представители немецкого<br />

литературного движения «Буря и натиск» (Я. М. Р. Ленц<br />

в 1780–1792 гг. и Ф. М. фон Клингер в 1780–1803 гг.), не<br />

оставило в русской литературе никакого следа.<br />

Переход преобладающей роли от французской литературы<br />

к немецкой начинается с В. Жуковского. Им были<br />

введены новые категории, техники стихосложения и<br />

темы при переложении песен, драм, повестей (И. П. Хебеля)<br />

и сказок, в первую очередь баллад (Бюргера,<br />

Уланда, Шиллера, Гёте, Шамиссо, Фуке). Собственно<br />

говоря, он не переводил, а создавал по образцу, но<br />

Илл.<br />

492–494<br />

Илл. 495<br />

Илл.<br />

496, 497


493<br />

492<br />

494<br />

496<br />

495<br />

492. Н. Карамзин (1766–1826). Дж. Б. Дамон-Ортолани. 1805.<br />

Ульяновский областной художественный музей, Ульяновск<br />

N. Karamsin (1766–1826). G. B. Damon-Ortolani. 1805.<br />

Kunstmuseum des Gebiets Uljanowsk, Uljanowsk<br />

493, 494.<br />

Первые издания «Писем русского путешественника» Н. Карамзина<br />

на русском и немецком языках. Москва, Лейпциг. Начало XIX в.<br />

Erstausgaben der „Briefe eines reisenden Russen“ von N. Karamsin,<br />

in russischer und deutscher Sprache. Moskau, Leipzig, Anfang 19. Jh.<br />

495. В. Жуковский (1783–1852). К. Брюллов. 1837.<br />

Государственная Третьяковская галерея, Москва<br />

W. Schukowskij (1783–1852). K. Brjulow. 1837.<br />

Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau<br />

496. Баллада Л. Уланда «Роланд оруженосец» в переводе<br />

В. Жуковского. Москва, 1918<br />

Ballade „Roland Schildträger“ von L. Uhland in Übersetzung<br />

von W. Schukowskij. Moskau, 1918<br />

497<br />

497. Издание повести Ламотт-Фуке «Ундина» в стихах В. Жуковского<br />

на русском языке. С.-Петербург. 1900<br />

Ausgabe der Erzählung „Undine“ von F. de la Motte-Fouqué<br />

in Gedichten von Schukowskij in Russisch. St. Petersburg, 1900


Немцы в российской истории 213<br />

sondern nachgeschaffen, aber so, das seine Schöpfungen<br />

bis heute ein Grundbestandteil der russischen Poesie sind.<br />

Das Skurrile und Phantastische der deutschen Romantik<br />

(E. T. A. Hoffmann) lag seinem Harmoniebedürfnis fern,<br />

und auch mit Byron oder Heine konnte er sich nicht befreunden,<br />

aber auf dem Fundament, das er und Karamsin<br />

gelegt haben, baute Alexander Puschkin auf und schuf<br />

ein Werk von einer Vielfalt und Vollkommenheit, wie es<br />

kein anderer russischer Dichter erreicht hat. Die deutsche<br />

Literatur kennt keinen Übersetzer vom Vermögen eines<br />

Schukowskij, der die Bedeutung der russischen Lyrik im<br />

allgemeinen und Puschkins im besonderen hätte vermitteln<br />

können. Zwar hat es auch in Deutschland gute<br />

Übersetzer gegeben und gibt es sie noch (Varnhagen von<br />

Ense, Friedrich Bodenstedt, Arthur Luther, Paul Celan,<br />

Karl Dedecius, Rolf-Dietrich Keil, Kay Borowsky, Ralph<br />

Dutli), aber ihre Übertragungen entspringen kaum einer<br />

inneren Notwendigkeit, wie sie bei Schukowskij zum<br />

Ausdruck kommt, und ihre Übersetzungen sind nicht in<br />

den Kanon der nationalen Literatur eingegangen.<br />

Die Puschkin-Rezeption in Deutschland beschränkt sich<br />

weitgehend auf die „Erzählungen Belkins“ und „Pique<br />

Dame“. Letzteres, ebenso wie der Versroman „Jewgenij<br />

Onegin“, sind besser als Tschajkowskij-Opern bekannt,<br />

in denen die Komplexität der Prosatexte naturgemäß<br />

unberücksichtigt bleibt.<br />

Einer der Kartenspieler in Puschkins „Pique Dame“<br />

(1834) äußert über die Hauptgestalt Hermann (russisch:<br />

German), die sich zwar für das Spiel interessiert, selber<br />

aber nicht spielt, kurz und bündig: „Hermann ist Deutscher:<br />

er rechnet, das ist alles!“ Dieser Satz begründet<br />

ein literarisches Stereotyp, das im 19. Jahrhundert weiterentwickelt<br />

wurde und „dem Deutschen“ eine Vorliebe<br />

für Fleiß und Produktivität, Regelung und Ordnung<br />

zuspricht, wohl auch für idealistische Träumereien, aber<br />

Abb.<br />

498, 499<br />

так, что его произведения и по сей день входят в основополагающую<br />

сокровищницу русской поэзии. Его<br />

стремлению к гармонии были чужды причудливость и<br />

фантастичность немецкой романтики (E. T. A. Гофман).<br />

Не смог он найти общий язык и с Байроном и Гейне.<br />

Но заложенные Жуковским и Карамзиным основы стали<br />

фундаментом для творчества А. С. Пушкина, отличавшегося<br />

таким многообразием и совершенством, какого<br />

не удалось достичь никакому другому русскому поэту.<br />

Немецкая литература не знает другого, такого же талантливого<br />

переводчика, как Жуковский, который смог бы<br />

передать значение русской поэзии в целом и Пушкина,<br />

в частности. И хотя в Германии были и сейчас имеются<br />

хорошие переводчики (Варнхаген фон Энзе, Фридрих<br />

Боденштедт, Артур Лютер, Пауль Целан, Карл Дедециус,<br />

Рольф-Дитрих Кайль, Кай Боровский, Ральф Дутли), их<br />

переложения едва ли вызваны таким внутренним порывом,<br />

какой проявляется у Жуковского, и их переводы<br />

не вошли в каноны национальной литературы.<br />

Восприятие Пушкина в Германии ограничивается в основном<br />

«Повестями Белкина» и «Пиковой дамой». При<br />

этом последнее произведение, как и роман в стихах<br />

«Евгений Онегин», больше известны как оперы Чайковского,<br />

в которых сложность прозаических текстов,<br />

естественно, остается незамеченной.<br />

У Пушкина в «Пиковой даме» (1834) один из игроков<br />

дает главному герою Германну, который хоть и интересуется<br />

карточной игрой, но сам не играет, короткую<br />

и исчерпывающую характеристику: «Германн немец:<br />

он расчетлив, вот и все!». Эта фраза выражает литературный<br />

стереотип, получивший дальнейшее развитие<br />

в XIX в., который приписывает «немцу» склонность<br />

к усердию и продуктивности, регулярности и порядку,<br />

а также, пожалуй, к идеалистическим мечтаниям, но<br />

без той «человечности», которая якобы от природы<br />

Илл.<br />

498, 499<br />

498. «Кавказский пленник» А. Пушкина в свободном переводе<br />

А. Зейберта. Лейпциг, 1873<br />

„Der Gefangene im Kaukasus“ von A. Puschkin in freier<br />

Übersetzung von A. Seubert. Leipzig, 1873<br />

499. Стихотворения А. Пушкина, не вошедшие в собрание<br />

его сочинений, были опубликованы на русском языке<br />

в Берлине. 1861<br />

In Berlin in russischer Sprache veröffentlichte Gedichte<br />

von A. Puschkin, die in die Gesammelten Werke nicht<br />

aufgenommen wurden. 1861<br />

498<br />

499


214 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 500<br />

Abb. 501<br />

ohne jene Menschlichkeit, die „der Russe“ vermeintlich<br />

von Natur aus hat. Bei oberflächlicher Lektüre scheinen<br />

die Gestalten Oblomow und Stolz in Iwan Gontscharows<br />

berühmtem Roman „Oblomow“ (1859) einen solchen<br />

Gegensatz zu illustrieren. Das enge, von der Kirchturmuhr<br />

geregelte soziale Leben speziell der Wolgadeutschen<br />

hat Boris Pil’njak, Sohn eines wolgadeutschen Vaters<br />

und einer russischen Mutter, in Erzählungen der 1920er<br />

Jahre eindrucksvoll dargestellt. Noch Ende des 20. Jh.<br />

scheinen die Russlanddeutschen den literarischen Vorstellungen<br />

nachzueifern, wenn sie sich durch Pünktlichkeit,<br />

Akkuratesse und Sauberkeit vom Schlendrian<br />

einer zurückgebliebenen dörflichen Umwelt in Russland<br />

oder Kasachstan abheben wollen, wofür Herold Belger<br />

mit seiner Erzählung „Drunten im Tale“ (1987) ein<br />

anschauliches Beispiel geliefert hat.<br />

Den romantischen Dichtern Michail Lermontow und<br />

Fjodor Tjuttschew ist es hinsichtlich ihrer Lyrik in<br />

Deutschland nicht besser ergangen als Puschkin. Lermontow<br />

zählt in Deutschland nur als Verfasser des<br />

Romans „Ein Held unserer Zeit“ (1840), während ihm<br />

doch eine Nachdichtung des Heineschen „Fichtenbaums“<br />

gelungen ist (Ein Fichtenbaum steht einsam /<br />

На севере диком), die nahezu jeder Russe auswendig<br />

kennt, und eine schöne Übertragung von Goethes „Über<br />

allen Gipfeln“ (Горные вершины).<br />

In den 1840er Jahren, als in den deutschen Landen das<br />

„Junge Deutschland“ von sich reden machte in dem<br />

Glauben, mit literarisch vorgebrachter liberaler Gesinnung<br />

die Tagespolitik beeinflussen zu können, wandte<br />

sich auch Russland sozialen und (aus Zensurgründen<br />

verdeckt) politischen Problemen zu. Iwan Turgenjew<br />

kontrastierte in seinem Roman „Väter und Söhne“<br />

(1861) Idealismus und Utilitarismus und machte den<br />

Begriff Nihilismus populär; Nikolaj Tschernyschewskij<br />

Илл. 500<br />

Илл. 501<br />

присуща только «русскому». При поверхностном чтении<br />

создается впечатление, что такое противоречие<br />

иллюстрируется образами Обломова и Штольца в знаменитом<br />

романе И. Гончарова «Обломов» (1859). Стиснутую,<br />

регламентированную церковными курантами<br />

социальную жизнь, в частности поволжских немцев,<br />

выразительно показал в повестях 1920‐х гг. Б. Пильняк,<br />

родившийся в семье поволжского немца и русской<br />

женщины. Создается впечатление, что и в конце ХХ в.<br />

российские немцы стараются соответствовать литературным<br />

представлениям, желая своей пунктуальностью,<br />

аккуратностью и чистоплотностью отмежеваться<br />

от косности отсталого деревенского окружения в России<br />

или Казахстане, наглядный пример чему показал в повести<br />

«Внизу в долине» (1987) Г. Бельгер.<br />

Судьба творений поэтов-романтиков М. Ю. Лермонтова<br />

и Ф. И. Тютчева в Германии сложилась не лучше, чем<br />

пушкинских. Лермонтов признан только как автор романа<br />

«Герой нашего времени» (1840). А ведь им создано<br />

удачное переложение стихотворения Г. Гейне «Сосна»<br />

(Ein Fichtenbaum steht einsam / На севере диком стоит<br />

одиноко…), которое практически каждый русский знает<br />

наизусть, и прекрасное переложение стихотворения Гёте<br />

«Über allen Gipfeln» («Горные вершины…»).<br />

В 1840‐е гг., когда в Германии в центре внимания находилось<br />

движение «Молодая Германия», выдвигавшее идею,<br />

что с помощью литературно выраженного либерального<br />

мировоззрения можно влиять на повседневную политику,<br />

в России тоже обратились к социальным и политическим<br />

проблемам (из-за цензуры это происходило в скрытой<br />

форме). В романе «Отцы и дети» (1861) И. С. Тургенев<br />

противопоставил идеализм и утилитарность, обеспечив<br />

популярность понятию «нигилизм». Н. Г. Чернышевский<br />

не только вынес в заголовок своего утопического романа<br />

«Что делать?» один из вопросов жизни, которые<br />

500<br />

500. Б. А. Вогау (псевдоним – Пильняк, 1894–1938), председатель<br />

Всероссийского союза писателей (1920–1929).<br />

Собрание его сочинений в 8-ми томах, изданное Государственным<br />

издательством. Москва–Ленинград. 1929–1930<br />

B. A. Wogau (Pseudonym: Pilnjak, 1894–1938), Vorsitzender<br />

des Allrussischen Schriftstellerverbandes (1920–1929); seine<br />

Gesammelten Werke in 8 Bänden, herausgegeben im Staatsverlag.<br />

Moskau-Leningrad, 1929–1930<br />

501<br />

501. Стихотворения А. Пушкина и М. Лермонтова в переводе<br />

Т. Опитца, опубликованные в Берлине. 1859<br />

In Berlin herausgegeben Gedichte von A. Puschkin und<br />

M. Lermontow. Übersetzt von Th. Opitz. 1859


Немцы в российской истории 215<br />

stellte im Titel seines utopischen Romans „Was tun?“<br />

(1863) nicht nur eine der bis heute gültigen Fragen<br />

an die russische Gegenwart, sondern verstand seinen<br />

Roman auch als „Handbuch des Lebens“. In der Tat hat<br />

das Werk wie kaum ein anderes die russische Jugend<br />

aktiviert und inspirierte noch hundert Jahre später die<br />

westdeutschen Achtundsechziger.<br />

Tschernyschewskijs heftigster Gegner zu Lebzeiten<br />

war Dostojewskij, der gegen jede Art Beschneidung<br />

der Freiheit des Individuums aufbegehrte und seinen<br />

Helden lieber in ein dunkles Kellerloch als in einen<br />

kontrollierbaren Glaspalast setzte. Von seiner Spielleidenschaft<br />

getrieben, aber auch Heilung suchend, hielt<br />

sich Dostojewskij oft wochenlang in Deutschland auf,<br />

in Wiesbaden, Baden-Baden, Bad Homburg und Bad<br />

Ems, auch lebte er längere Zeit in Dresden, ohne sich<br />

jedoch im Unterschied zu Turgenjew in Deutschland je<br />

heimisch zu fühlen. Turgenjew, der 1863 Baden-Baden<br />

zu seinem ständigen Wohnsitz gemacht und 1867 seinen<br />

dort spielenden Roman „Rauch“, in dem ausgiebig über<br />

Russlands Zukunft debattiert wird, veröffentlicht hatte,<br />

erregte Dostojewskijs ganzen Zorn wegen der darin<br />

vertretenen prowestlichen Ansichten.<br />

Während Turgenjews Beliebtheit in Deutschland nach<br />

1900 sank, stieg diejenige Dostojewskijs. Einzelne seiner<br />

Werke waren vor 1900 übersetzt worden, aber populär<br />

machte ihn nach dem Ersten Weltkrieg der Piper-Verlag<br />

mit einer Gesamtausgabe, deren rote Bände „auf jedem<br />

Schreibtisch flammten“, übersetzt von Elisabeth Kaerrick<br />

(Pseudonym E. K. Rahsin). (Die fünf großen Romane<br />

„Verbrechen und Strafe“, „Der Idiot“, „Böse Geister“, „Ein<br />

grüner Junge“ und „Die Brüder Karamasow“ liegen jetzt<br />

in einer Neuübersetzung von Swetlana Geier vor.)<br />

Ebenfalls zwischen den Kriegen erlangte auch der als<br />

„Reaktionär“ gebrandmarkte und nach seinem Tode<br />

Abb. 502<br />

Abb. 503<br />

Abb.<br />

504, 505<br />

Abb. 506<br />

Abb. 507<br />

и сегодня актуальны в российской действительности,<br />

но и считал свой роман «справочником жизни». И действительно,<br />

это произведение как никакое другое мобилизовало<br />

российскую молодежь и даже 100 лет спустя<br />

вдохновляло молодежное движение в 1968 г. в Западной<br />

Германии.<br />

Самым страстным противником Чернышевского при его<br />

жизни был Ф. Достоевский, восстававший против любого<br />

рода ограничения свободы индивидуума и помещавший<br />

своих героев, скорее, в темный подвал, чем в контролируемый<br />

стеклянный дворец. Побуждаемый страстью<br />

к игре, а также из-за необходимости лечения, он часто неделями<br />

пребывал в Германии (в Висбадене, Баден-Бадене,<br />

Бад-Гомбурге и Бад-Эмсе), продолжительное время жил<br />

в Дрездене, причем, в отличие от Тургенева, никогда не<br />

чувствовал себя в Германии как дома. Тургенев, избравший<br />

Баден-Баден постоянным местом жительства (1863) и<br />

опубликовавший в 1867 г. роман «Дым» с происходящим<br />

там действием, в котором много рассуждал о будущем<br />

России, вызвал сильное негодование Достоевского высказанными<br />

в нем прозападными взглядами.<br />

В то время как популярность Тургенева в Германии<br />

снижалась (после 1900 г.), популярность Достоевского<br />

росла. Некоторые из его произведений были переведены<br />

до 1900 г. Однако после Первой мировой войны взлет<br />

популярности ему принесло издательство «Piper» выпуском<br />

полного собрания сочинений в переводе Элизабет<br />

Керрик (псевдоним – E. K. Разин), томики которого<br />

в красной обложке «пламенели на каждом письменном<br />

столе». (Романы «Преступление и наказание», «Идиот»,<br />

«Бесы», «Подросток», «Братья Карамазовы» сейчас имеются<br />

в новом переводе Светланы Гайер.)<br />

В период между Первой и Второй мировыми войнами<br />

в Германии приобрел значение и Н. Лесков, которого<br />

заклеймили как «реакционера» и после его смерти<br />

Илл. 502<br />

Илл. 503<br />

Илл.<br />

504, 505<br />

Илл. 506<br />

Илл. 507<br />

502. Дом в Баден-Бадене, в котором жил<br />

Ф. Достоевский. Фото. 2010<br />

Haus in Baden-Baden, in dem<br />

F. Dostojewskij wohnte. Foto. 2010<br />

502


504<br />

503<br />

503. Памятник Ф. Достоевскому в Дрездене, установленный<br />

в 2006 г. Фото. 2010<br />

F. Dostojewskij-Denkmal in Dresden, errichtet 2006. Foto. 2010<br />

505<br />

506<br />

504, 505.<br />

Вилла И. Тургенева и бюст писателя в Баден-Бадене. Фото. 2010<br />

Villa von I. Turgenjew und Büste in Baden-Baden. Foto. 2010<br />

506. Первая публикация повести И. Тургенева «Дым»<br />

в журнале «Русский вестник». Москва. 1867<br />

Erstmalige Veröffentlichung der Erzählung „Rauch“ von I. Turgenjew<br />

in der Zeitschrift „Russkij Westnik“. Moskau, 1867<br />

507. Книги из собрания сочинений Ф. Достоевского, изданного<br />

в Германии. Мюнхен. 1920-е гг.<br />

Bücher aus den in Deutschland herausgegebenen Gesammelten Werken<br />

von F. Dostojewskij. München, 1920er Jahre<br />

507


Немцы в российской истории 217<br />

1895 in Russland fast vergessene Nikolaj Leskow in<br />

Deutschland Bedeutung, wie Dostoewskij ein Autor, der<br />

Antworten auf Seinsfragen sucht. Gogol’ und Tolstoj<br />

gewinnen nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkt an<br />

Bedeutung. Allerdings bereitet Gogol’ dem Übersetzer<br />

erhebliche Schwierigkeiten, die bei Leskow, der in seinen<br />

Werken verschiedene Sprachschichten verwendet, fast<br />

unüberwindbar sind, so dass der Leser die stilistischen<br />

Valeurs des Originals auch nicht annähernd erfassen<br />

kann. Den großen russischen Romanen der zweiten<br />

Hälfte des 19. Jh. hat Deutschland nichts Vergleichbares<br />

entgegenzusetzen.<br />

Als Bühnenautor bleibt Tolstoj in Deutschland auf<br />

den Naturalismus beschränkt. Mit der Schaubühne als<br />

öffentlicher Anstalt tut sich Russland schwer, Zensoren<br />

müssen einem Marquis Posa das Wort verbieten<br />

(„Sire, geben Sie Gedankenfreiheit“, aus Schillers Don<br />

Carlos), und für Gerhart Hauptmann, der sich für sein<br />

sozialkritisches Drama „Vor Sonnenaufgang“ (1889)<br />

an Tolstojs „Macht der Finsternis“ (1886) anlehnte,<br />

war der Boden ebenfalls nicht günstig. Maksim Gorkijs<br />

„Nachtasyl“ (1901) überschattet in Deutschland<br />

seine Erzählungen und Romane. Es war Gorkij, der<br />

1921 einen Hilferuf an Hauptmann richtete, um die<br />

Hungernden in einem nach Revolution und Bürgerkrieg<br />

wirtschaftlich darniederliegenden Russland aufzurichten.<br />

Bei der Bewältigung des Hungers unter den<br />

Deutschen an der Wolga, in der Ukraine, konnte die<br />

Deutsche Hungerhilfe wenig bewirken; er ist bis heute<br />

ein nationales Trauma.<br />

Goethe stand in Russland zumeist im Schatten Schillers,<br />

sein „Faust“ hat jedoch bedeutende russische Dichter<br />

(1895) почти забыли в России и который, подобно<br />

Достоевскому, искал ответы на вопросы бытия. После<br />

Второй мировой войны все большее значение приобретают<br />

произведения Н. Гоголя и Л. Толстого. Однако<br />

Гоголь вызывает у переводчиков значительные трудности,<br />

которые у Лескова, использовавшего в произведениях<br />

различные уровни языка, являются почти<br />

непреодолимыми, так что читатель не в состоянии, даже<br />

приблизительно, объять всю стилистическую насыщенность<br />

оригинала. У Германии нет ничего сравнимого,<br />

что она могла бы противопоставить великим русским<br />

романам второй половины XIX в.<br />

В Германии Толстой-драматург по-прежнему ассоциируется<br />

с натурализмом. С публичной сценой как<br />

общественным заведением в России дело обстояло<br />

сложно. Цензоры обязаны были запретить маркизу<br />

Поза высказывание: «Сир, предоставьте свободу мыслить»<br />

(из «Дон Карлоса» Шиллера). Поэтому российская<br />

почва оказалась неблагоприятной и для Г. Гауптмана,<br />

написавшего по образцу «Власти тьмы» Л. Толстого<br />

(1886) социально-критическую драму «Перед восходом<br />

солнца» (1889). В Германии пьеса «На дне» М. Горького<br />

(1901) затмила собой его повести и романы. Именно<br />

Горький в 1921 г. обратился к Гауптману с призывом<br />

о помощи, чтобы поддержать голодающих в России,<br />

экономически разрушенной революциями и Гражданской<br />

войной. Германская помощь голодающим мало что<br />

смогла сделать для преодоления голода среди немцев<br />

в Поволжье и Украине. Это до сих пор остается национальной<br />

травмой.<br />

В России Гёте, как правило, находился в тени Шиллера.<br />

Его «Фауст» вдохновлял замечательных русских поэтов,<br />

Abb. 508 Илл. 508<br />

508. И. В. Гёте (1749–1832). Й. К. Штилер. 1828.<br />

Новая Пинакотека, Мюнхен<br />

J. W. von Goethe (1749–1832). J. K. Stieler. 1828.<br />

Neue Pinakothek, München<br />

508


218 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

509, 510<br />

Abb. 511<br />

Abb. 512<br />

Abb.<br />

513, 514<br />

Abb. 515<br />

Abb.<br />

516, 517<br />

herausgefordert, dennoch stammt die früheste vollständige<br />

Übersetzung des ersten Teils aus der Feder des<br />

unbekannten wolgadeutschen Pastorensohnes Eduard<br />

Huber (1838). Die letzte, beide Teile des Dramas umfassende<br />

Versübertragung schuf Boris Pasternak (1957),<br />

der 1912 in Marburg studiert hatte, der „Hochburg des<br />

Neukantianismus“.<br />

Wie Rußlands „Goldenes Zeitalter“, das sich hauptsächlich<br />

in der Lyrik niedergeschlagen hat, die Puschkinzeit,<br />

bleibt auch das „Silberne Zeitalter“ dem deutschen Leser<br />

weitgehend verschlossen. Die Moderne – Symbolismus,<br />

Futurismus – bringt etwas spezifisch Ästhetisches wieder<br />

ins Spiel, das Experiment, die Grenzüberschreitung in<br />

Wort und Wirklichkeit. Eine Zeitlang können die Autoren<br />

wechseln zwischen Moskau, Berlin und Petersburg,<br />

andere sind längst emigriert. In Berlin randaliert Jessenin<br />

und schreibt Majakowskij Liebesbriefe an Lilja, die<br />

er mit „Dein treues Hündchen“ unterzeichnet. Mit dem<br />

„natürlichen Privileg des Außenseitertums“ ausgestattet<br />

(K. Schlögel), wird das Fremdsein in Berlin geradezu<br />

Produktionsbedingung. Wiktor Schklowskij, dessen an<br />

Tolstoj erprobter Verfremdungsbegriff bei Brecht weiterlebt,<br />

Ilja Erenburg, vor allem aber der aristokratische<br />

Ästhet Wladimir Nabokow, der am längsten von allen<br />

Schriftstellern in Berlin lebte, nehmen die moderne<br />

Großstadt mit ihrem Tempo, mit Kino und U-Bahn,<br />

Reklame und Lichterfülle sowie mit ihren sozialen und<br />

politischen Spannungen mit wachen Sinnen auf, nutzen<br />

sie jedoch nur als Hintergrund und bleiben selbst unangepasst<br />

und für sich. Wieder zeigt sich, was schon bei<br />

Puschkin zu lesen war: der deutsche Sinn für Ordnung<br />

ist dem Russen zuwider.<br />

Vielleicht hat sich deshalb der deutsch-russische kulturelle<br />

Dialog bisher so fruchtbar gestaltet.<br />

Илл.<br />

509, 510<br />

Илл. 511<br />

Илл. 512<br />

Илл.<br />

513, 514<br />

Илл. 515<br />

Илл.<br />

516, 517<br />

но самый ранний полный перевод первой части драмы<br />

принадлежал перу неизвестного поволжского немца,<br />

пасторского сына Эдуарда Губера (1838). Последнее стихотворное<br />

переложение, включающее обе части, было<br />

создано Б. Пастернаком (1957), который в 1912 г. учился<br />

в Марбурге, «оплоте неокантианства».<br />

Как русский «Золотой век», эпоха Пушкина, так и «Серебряный<br />

век» в значительной степени остаётся закрытым<br />

для немецкого читателя, что, в основном, касается<br />

поэзии. Стиль модерн – символизм, футуризм – снова<br />

вносит специфическую эстетику, эксперимент, преодоление<br />

границ в слове и реальности. Какое-то время<br />

авторы могут курсировать между Москвой, Берлином<br />

и Петербургом, другие уже давно эмигрировали. В Берлине<br />

буянит Есенин, Маяковский пишет любовные<br />

письма Л. Брик, подписывая их «Твой верный Щен».<br />

При «естественной привилегии быть посторонним»<br />

(K. Шлегель) положение чужака в Берлине становится<br />

практически условием творчества. В. Шкловский, который<br />

для обозначения принципа изображения вещей<br />

у Толстого ввел понятие «остранение» (продолжавшее<br />

жить у Б. Брехта), И. Эренбург и, прежде всего, аристократичный<br />

эстет В. Набоков, дольше всех из писателей<br />

проживший в Берлине, всеми органами чувств живо<br />

воспринимают этот современный огромный город с его<br />

темпом, кино и подземкой, рекламой и морем огней,<br />

а также с его социальной и политической напряженностью,<br />

но используют его лишь как фон и сами остаются<br />

не адаптированными, сами по себе. Снова оказывается<br />

то, о чем можно прочесть у Пушкина: немецкая упорядоченность<br />

русскому претит.<br />

Возможно, именно поэтому российско-германский<br />

культурный диалог до сих пор складывается так плодотворно.<br />

510<br />

509. Э. И. Губер (1814–1847). С рисунка неизвестного. Середина XIX в.<br />

E. I. Huber (1814–1847). Zeichnung eines Unbekannten. Mitte 19. Jh.<br />

509<br />

510. «Фауст» И. В. Гёте в переводе Э. Губера. С.-Петербург. 1838<br />

Goethes „Faust“ in Übersetzung von E. Huber. St. Petersburg, 1838


511. «Фауст» И. В. Гёте в переводе Б. Пастернака.<br />

Москва, 1957<br />

„Faust“ von J.W. von Goethe in Übersetzung<br />

von B. Pasternak. Moskau, 1957<br />

512. Книги по русской литературе, изданные в<br />

1920‐е гг. в Берлине и хранящиеся в русском<br />

отделении Института славистики Университета<br />

им. Гумбольдта. Берлин. Фото<br />

In Berlin der 1920er Jahre herausgegebene<br />

Buchpublikationen über die russische Literatur, in den<br />

Beständen der Russischen Abteilung des Instituts für<br />

Slawistik der Humboldt-Universität Berlin. Foto<br />

511<br />

512<br />

513<br />

514<br />

513, 514.<br />

Сборники стихов В. Маяковского<br />

«Для голоса» и «Избранный Маяковский»,<br />

опубликованные в Берлине. 1923<br />

Sammlungen von Gedichten W. Majakowskijs<br />

„Dlja golosa“ („Für die Stimme“) und<br />

„Izbrannyj Majakowskij“ („Ausgewählter<br />

Majakowskij“), veröffentlicht in Berlin. 1923


515<br />

516<br />

515. Роман В. Шкловского «Zоо, или Письма не о любви»,<br />

написанный и изданный в Берлине. 1923<br />

Roman von W. Schklowskij „Zoo, oder Briefe nicht über<br />

Liebe“, verfasst und veröffentlicht in Berlin. 1923<br />

516. Роман «Машенька» В. Набокова (псевдоним – Сирин),<br />

написанный и изданный в Берлине. 1926<br />

Roman „Maschenka“ von W. Nabokow (Pseudonym: Sirin),<br />

verfasst und veröffentlicht in Berlin. 1926<br />

517<br />

517. Памятная доска на доме в Берлине, где жил В. Набоков<br />

в 1932–1937 гг. Фото. 2011<br />

Gedenktafel am Haus in Berlin, in dem W. Nabokow<br />

1932–1937 wohnte. Foto. 2011


Немцы в российской истории 221<br />

Religion und Kirche<br />

Религия и церковь<br />

O. Litzenberger (Saratow) О. Лиценбергер (Саратов)<br />

Traditionellen Konfessionen der Russlanddeutschen,<br />

die in enger Verbindung zum nationalen<br />

Selbstverständnis stehen und als Schlüsselmomente<br />

der kulturhistorischen Entwicklung dieser ethnischen<br />

Gruppe gelten, waren der Protestantismus und der Katholizismus.<br />

Der Protestantismus präsentierte sich in<br />

verschiedenen offiziellen Richtungen, vertreten durch<br />

Lutheraner, Reformierte, Mennoniten, Herrnhuter sowie<br />

kleine, von den Behörden verfolgte Sekten. Anhänger des<br />

orthodoxen Glaubens gab es bei den Russlanddeutschen<br />

nur sehr wenige.<br />

Abb. 518<br />

Традиционными конфессиями российских немцев,<br />

тесно связанными с национальной самоидентификацией<br />

и ключевыми моментами<br />

культурно-исторического развития этой этнической<br />

группы, являлись протестантизм и католицизм. Протестантизм<br />

был представлен как различными официальными<br />

направлениями – лютеране, реформаты,<br />

меннониты, гернгутеры, так и мелкими деноминациями,<br />

подвергавшимися преследованиям властей.<br />

Православие среди российских немцев имело незначительное<br />

число последователей.<br />

Илл. 518<br />

Erstes Erscheinen<br />

von Lutheranern und<br />

Katholiken in Russland<br />

Deutsche Lutheraner tauchten erstmals in den letzten<br />

Regierungsjahren Wassilis III. (1524–1533) in der Rus<br />

auf, wo sie zu den ausländischen Fachleuten gehörten, die<br />

man als Waffenschmiede, Architekten, Ärzte, Bergmeister,<br />

Maler, Handwerker, Militärs und Kaufleute eingeladen<br />

hatte. Während der Herrschaft Iwans des Schrecklichen<br />

(1547–1584) stieg die Zahl deutscher Lutheraner im Moskauer<br />

Staat weiter an. Als in Livland über 100 ausländische<br />

Fachleute festgehalten wurden, die man in russische<br />

Dienste eingeladen hatte, diente das als Vorwand für den<br />

Livländischen Krieg (1558–1583), der zu einem Hauptfaktor<br />

für die deutlich steigende Zahl an Protestanten in<br />

Russland wurde.<br />

Gefangene, die in der Ausländervorstadt in Moskau angesiedelt<br />

wurden, errichteten hier 1576 den ersten, hölzernen<br />

lutherischen Kirchenbau. Ende des 16. Jahrhunderts<br />

tauchten Lutheraner und Reformierte auch in Nischnij<br />

Nowgorod, Kostroma, Jaroslawl, Kasan und Archangelsk<br />

auf. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648),<br />

als zahlreiche protestantische Soldaten nach Russland<br />

Abb. 519<br />

Появление лютеран<br />

и католиков в России<br />

Немцы-лютеране впервые появились на Руси в последние<br />

годы правления Василия III (1524–1533)<br />

в числе приглашенных на службу иностранных специалистов<br />

различных профессий – оружейников,<br />

архитекторов, врачей, горных мастеров, художников,<br />

ремесленников, военных и купцов. Во время княжения<br />

Ивана Грозного (1547–1584) число немцевлютеран<br />

в Московском государстве еще более<br />

возросло. Задержка в отправлении из Лифляндии<br />

более 100 иностранных специалистов, приглашенных<br />

на русскую службу, послужила поводом к началу<br />

Ливонской войны (1558–1583), которая стала одним<br />

из основных факторов, значительно увеличивших<br />

число протестантов в России.<br />

Пленные, поселенные в Иноземной слободе Москвы,<br />

возвели здесь к 1576 г. первую деревянную лютеранскую<br />

церковь. В конце ХVI в. лютеране и реформаты<br />

появились в Нижнем Новгороде, Костроме,<br />

Ярославле, Казани, Архангельске. После окончания<br />

Тридцатилетней войны в Европе (1618–1648) благодаря<br />

немалому количеству бежавших в Россию<br />

Илл. 519


519<br />

518<br />

520 521<br />

518. Святой Прокопий Устюжский (в миру Якоб Потарст, ?–1303). Любекский купец-католик, принявший православие, юродивый в Великом Устюге,<br />

спасший город; причислен к лику православных святых (1547). Икона с житием. 1602. Великоустюгский музей-заповедник, Великий Устюг<br />

Prokop von Ustjug, auch Prokop von Lübeck oder Prokopius von Ustjug und Lübeck (bürgerlicher Name verm. Jacob Potharst, ?–1303), katholischer<br />

Lübecker Kaufmann, trat zum russisch-orthodoxen Glauber über, wurde Jurodiwyj (Narr in Christo) in Welikij Ustjug, rettete die Stadt, wurde 1547 Heiliger<br />

der Russisch-orthodoxen Kirche. Ikone mit Heiligenlegende. 1602. Architektur- und Kunstmuseum in Welikij Ustjug<br />

519. Изображение немца и немки (потомков приведенных из Лифляндии в 1574 г. пленных), которых можно было видеть<br />

в Немецкой слободе Москвы в 1661 г. Рисунок из альбома имперского посла барона А. Мейерберга. 1661–1662<br />

Darstellung alteingesessener Deutscher (Nachkommen der 1574 in Livland gefangen genommenen), wie man sie 1661 in der<br />

Moskauer Deutschen Vorstadt sehen konnte. Zeichnung aus dem Album des kaiserlichen Gesandten Baron A. Meierberg. 1661–1662<br />

520. Католическая церковь Пресвятой Троицы в Немецкой слободе Москвы. Рисунок. 1706<br />

Katholische Kirche der Heiligen Dreieinigkeit in der Deutschen Vorstadt Moskaus. Zeichnung. 1706<br />

521. Первые лютеранская (1708) и католическая (1710) церкви в Санкт-Петербурге. С гравюры Н. Челнакова. 1779<br />

Die erste lutherische (1708) und katholische (1710) Kirchen in St. Petersburg. Radierung von N. Tschelnakow. 1779


Немцы в российской истории 223<br />

flüchteten, wurden in vielen russischen Garnisonsstädten<br />

bis hin nach Sibirien evangelische Kirchen gebaut. 1662<br />

wurde auf Bitten des sächsischen Kurfürsten in Moskau<br />

eine sächsisch-lutherische Gemeinde gebildet.<br />

Die Bildung katholischer Gemeinden und der Bau katholischer<br />

Kirchen waren im Staat lange Zeit nicht erlaubt,<br />

was sich vor allem mit Besonderheiten der Außenpolitik<br />

und dem Widerstand der orthodoxen Kirche erklären<br />

lässt. Die erste katholische Holzkirche wurde 1692 in der<br />

Hauptstadt gebaut.<br />

Eine neue Seite in der Geschichte der deutschen Lutheraner<br />

und deutschen Katholiken in Russland schlug<br />

Peter I. auf. In den Jahren seiner Herrschaft (1689–1725)<br />

stieg nicht nur die Zahl der Deutschen deutlich an,<br />

auch der Status der lutherischen, der reformierten und<br />

der katholischen Kirche änderte sich. Per Erlass wurde<br />

1702 die völlige Glaubensfreiheit im Land verkündet.<br />

1705 unterschrieb Peter I. einen Erlass, der katholischen<br />

Missionaren auf dem Weg nach Persien und China die<br />

freie Durchreise sowie den Bau katholischer Kirchen und<br />

Schulen in russischen Städten erlaubte. Einem weiteren<br />

Erlass aus dem Jahre 1719 zufolge konnten Ausländer,<br />

die sich vorrübergehend in Russland aufhielten, „überall<br />

ungehindert ihren Glauben praktizieren und Gottesdienste<br />

abhalten“.<br />

In der Zeit, als sich die deutsche protestantische und die<br />

katholische Diaspora entwickelten (16. bis 18. Jahrhundert),<br />

lebten Lutheraner und Katholiken isoliert von der<br />

russischen Gesellschaft, was bei den staatlichen Behörden<br />

lediglich erhöhte Aufmerksamkeit weckte und Missgunst<br />

bei den orthodoxen Russen hervorrief. Die recht eingeschränkten<br />

Aktivitäten der Katholiken unterlagen aber<br />

ohnehin schon einer starken Kontrolle. Sie verfügten im<br />

Vergleich zu den Lutheranern, von den Orthodoxen ganz<br />

zu schweigen, nur über sehr wenige Privilegien.<br />

Abb.<br />

520–522<br />

солдат-протестантов евангелические церкви были<br />

построены во многих русских гарнизонных городах<br />

вплоть до Сибири. В 1662 г. по ходатайству саксонского<br />

курфюрста в Москве образована саксонская<br />

лютеранская община.<br />

Создавать католические общины и строить католические<br />

храмы в государстве не разрешалось долгое<br />

время, что объяснялось, прежде всего, особенностями<br />

внешней политики и противодействием Православной<br />

церкви. Первая деревянная католическая церковь<br />

в столице построена около 1692 г.<br />

Новую страницу в истории немцев-лютеран и немцевкатоликов<br />

в России открыл Петр Великий. В годы его<br />

царствования (1689–1725) не только отмечен значительный<br />

рост числа немцев, но и изменился статус<br />

Лютеранской, Реформатской и Католической церквей.<br />

Указом 1702 г. в стране провозглашалась полная<br />

свобода вероисповедания. В 1705 г. Петр I подписал<br />

указ, позволявший свободный проезд католических<br />

миссионеров через территорию России в Персию и<br />

Китай, а также устройство католических церквей и<br />

школ в российских городах. По другому указу (1719)<br />

иностранцы, временно прибывавшие в Россию, пользовались<br />

«повсеместно свободным отправлением веры<br />

и богослужений».<br />

На этапе формирования немецкой протестантской<br />

и католической диаспор (ХVI–ХVIII вв.) лютеране<br />

и католики существовали изолированно от русского<br />

общества, вызывая к себе лишь повышенное внимание<br />

государственных органов и неприязнь со стороны<br />

православных россиян. И без того ограниченная<br />

деятельность католиков подвергалась существенному<br />

контролю. Они пользовались минимумом привилегий,<br />

предоставленных лютеранам и, тем более, православным.<br />

Илл.<br />

520–522<br />

522. Г. Г. Нациус (1687–1751), пастор прихода св. Петра<br />

в Санкт-Петербурге (1711–1751). XVIII в.<br />

Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />

H. G. Nazzius (1687–1751), Pastor der Petri-Gemeinde<br />

in St. Petersburg (1711–1751). 18. Jh. Staatliche<br />

Eremitage, St. Petersburg<br />

522


224 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Evangelische und katholische<br />

Kolonien am Ende des 18. und<br />

zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

Im Verlaufe des 18. und bis Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

hatten Deutsche, Lutheraner und Katholiken real die<br />

Möglichkeit, sich in einem beliebigen Teil des Landes<br />

niederzulassen und aktiv am Leben in Staat und Gesellschaft<br />

des Russischen Reiches teilzuhaben. Etwa zwei<br />

Drittel der deutschen Kolonisten, die nach dem Manifest<br />

Katharinas II. aus dem Jahre 1763 nach Russland kamen,<br />

waren vom Glauben her Lutheraner oder Reformierte, die<br />

übrigen waren Katholiken.<br />

Bis 1774 wurden an der Wolga 104 katholische, lutherische<br />

und reformierte Kolonien gegründet. Im Süden<br />

Russlands, wo sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts mehr<br />

als 100 000 Kolonisten niederließen, wurden lutherische<br />

und katholische Kolonien in den Gouvernements Jekaterinoslaw,<br />

Tschernigow, Taurien und Cherson sowie im<br />

Gebiet Bessarabien gegründet. Deutsche beider Konfessionen<br />

ließen sich zu einem kleinen Teil auch bei<br />

St. Petersburg nieder.<br />

In den ersten Siedlungsjahren sahen sich Kolonisten<br />

überall mit dem Mangel an Geistlichen konfrontiert.<br />

1820 kamen z. B. auf 40 evangelische Kolonien auf der<br />

Wiesenseite der Wolga nur vier Pastoren. Jeder dieser<br />

Pastoren betreute jeweils zehn Gemeinden und konnte in<br />

einer Kolonie höchstens fünf Mal im Jahr predigen. Einige<br />

Kolonien in Neurussland hatten in den ersten Jahren<br />

ihrer Existenz überhaupt keinen Priester. Die Katholiken<br />

am Fluss Beresan versammelten einmal im Jahr die ungetauften<br />

Neugeborenen aus allen Kolonien und schickten<br />

sie zusammen mit ihren Paten über 100 Werst weit zur<br />

Taufe. Die Lutheraner bekamen ein- bis zweimal im Jahr<br />

Besuch vom Pfarrer aus der Nachbargemeinde oder aus<br />

Odessa. Die Gründe dafür waren die Entfernung und die<br />

Auslastung der Pfarrer.<br />

In einem per Gesetz bestätigten Vortrag von Graf Orlow<br />

für Katharina II. aus dem Jahre 1765 wurde der Vorschlag<br />

unterbreitet, den Kolonisten in jedem Kolonistenbezirk<br />

auf Rechnung der Staatskasse eine Kirche mit allem erforderlichen<br />

Inventar zu errichten. Daher wurden die ersten<br />

Kirchen und Bethäuser in den Kolonien, eine spätere<br />

Rückzahlung vorausgesetzt, mit staatlichen Mitteln, aber<br />

mit eigenen Kräften von den Kolonisten gebaut. 1804<br />

gab es bereits 82 evangelische (davon 59 lutherische und<br />

23 reformierte) sowie 33 katholische Kirchen.<br />

Eine allgemeine Gesetzgebung zur kirchlichen Verwaltung<br />

der deutschen protestantischen und katholischen<br />

Gemeinden in Russland gab es noch nicht, aber die<br />

Regierung hatte bereits erste Schritte unternommen, um<br />

den Status der traditionellen deutschen Kirchen rechtlich<br />

zu regeln. 1768 wurden in einer Instruktion, „nach der<br />

alle neuangesiedelten Ausländer handeln sollen“, Platz<br />

und Rolle der Priester in den Kirchengemeinden detailliert<br />

geregelt.<br />

In allen deutschen Kolonien gab es praktisch von Anfang<br />

an kirchliche Gemeindeschulen, die die Kinder traditionell<br />

vom 7. bis zum 15. Lebensalter besuchten. Mädchen und<br />

Евангелические<br />

и католические колонии<br />

в конце ХVIII – начале ХIХ в.<br />

Abb. 523<br />

Abb. 524<br />

Илл. 523<br />

Илл. 524<br />

На протяжении ХVIII и до середины ХIХ в. немцы,<br />

лютеране и католики, получили реальную возможность<br />

селиться в любой части страны и принимать<br />

активное участие в общественной и государственной<br />

жизни империи. Около ⅔ немецких колонистов, прибывших<br />

в Россию после издания в 1763 г. манифеста<br />

Екатерины II, по вере являлись лютеранами или реформатами,<br />

остальные – католиками.<br />

В Поволжье до 1774 г. было основано 104 католические,<br />

лютеранские и реформатские колонии. В южных<br />

губерниях России, где до середины ХIХ в. поселились<br />

свыше 100 тыс. колонистов, лютеранские<br />

и католические колонии были созданы в Екатеринославской,<br />

Черниговской, Таврической, Херсонской<br />

губерниях и Бессарабской области. Небольшая часть<br />

немцев обеих конфессий разместилась под Санкт-<br />

Петербургом.<br />

В первые годы поселения колонисты повсеместно<br />

столкнулись с недостатком священнослужителей.<br />

Например, в 1820 г. на 40 евангелических колоний<br />

Левобережья Волги приходились только 4 пастора.<br />

Каждый из них обслуживал по 10 общин и мог<br />

проповедовать в одной колонии не чаще чем 5 раз<br />

в год. Часть колоний в Новороссии в первые годы<br />

своего существования вообще не имела священников.<br />

Католики на р. Березань раз в год собирали из всех<br />

колоний некрещеных новорожденных детей с крестными<br />

родителями и отправляли их за 100 верст для<br />

совершения обряда. Лютеран посещал священник<br />

из соседнего прихода или Одессы 1–2 раза в год.<br />

Причиной тому были дальнее расстояние и загруженность<br />

пасторов.<br />

Законодательно утвержденный доклад графа Орлова<br />

Екатерине II (1765) предлагал строить для колонистов<br />

в каждом округе на казенные средства по одной<br />

церкви, снабжая всей необходимой утварью. Поэтому<br />

первые церкви и молитвенные дома в колониях строились<br />

на выделенные казной деньги (с условием их<br />

возврата), но зачастую силами колонистов. В 1804 г.<br />

в Поволжье насчитывалось уже 82 евангелические<br />

кирхи (59 лютеранских и 23 реформатских) и 33 католические<br />

церкви.<br />

Обобщающих законов по церковному управлению немецкими<br />

протестантскими и католическими общинами<br />

России еще не было издано, однако правительство<br />

предпринимало шаги для правовой регламентации<br />

статуса традиционных немецких церквей. В специальной<br />

инструкции (1768), «по которой все новопоселенные<br />

иностранцы поступать должны», подробно<br />

регламентировались место и роль духовенства в церковных<br />

общинах.<br />

Практически во всех немецких колониях с момента<br />

основания действовали церковно-приходские школы,<br />

где традиционно обучались все дети в возрасте<br />

от 7 до 15 лет. Обучение мальчиков и девочек


Немцы в российской истории 225<br />

Jungen wurden gemeinsam unterrichtet. Das Schuljahr<br />

dauerte vom 20. August bis zum 20. Juni. Im Wesentlichen<br />

bestand die Schulbildung darin, schreiben, lesen,<br />

singen und mit den vier Grundrechenarten rechnen zu<br />

lernen sowie den Katechismus, die Lobgesänge und das<br />

Evangelium auswendig zu lernen. Um Fleiß und Disziplin<br />

aufrechtzuerhalten, konnte es im Unterricht Schläge mit<br />

dem Stock oder dem Lineal auf die Handflächen geben.<br />

Schüler, die sich etwas zu Schulden hatten kommen lassen,<br />

mussten sich auf den Boden knien, bekamen mit einer<br />

Rute Schläge auf die Hände und das Gesäß.<br />

Die Kirche spielte eine besondere Rolle in der Schule und<br />

beim Verbreiten der Bildung. So führten z. B. Jesuiten<br />

Anfang des 19. Jahrhunderts in den deutschen Kolonien<br />

moderne Lernmethoden, Fremdsprachenunterricht,<br />

Rhetorikunterricht und Grundlagen westeuropäischer<br />

Kultur ein.<br />

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann sich<br />

die Organisationsstruktur der evangelisch-lutherischen<br />

und römisch-katholischen Kirche herauszubilden. 1819<br />

wurden mit einem Erlass Alexanders I. protestantische<br />

Konsistorien in Saratow und Odessa gebildet, auch wenn<br />

letzterem die Eröffnung nicht vergönnt war. Das Saratower<br />

Konsistorium stand 14 Jahre unter der Leitung von Bischof<br />

J. A. Fessler, bis es 1834 zum Moskauer Konsistorium<br />

umgebildet wurde.<br />

Ab 1832 wurden die besonderen Beziehungen der evangelisch-lutherischen<br />

und der römisch-katholischen Kirche<br />

zum Staat sowie deren rechtliche Stellung im Gesetzbuch<br />

des Russischen Reiches geregelt. Demzufolge gliederte man<br />

alle Konfessionen in drei Gruppen: die dominierende und<br />

herrschende Konfession, das orthodoxe Christentum; die<br />

geduldeten „fremdländischen“ christlichen Konfessionen<br />

(Katholizismus, Luthertum und andere protestantische<br />

Strömungen), den Islam, den Buddhismus-Lamaismus, den<br />

Judaismus und das Heidentum und schließlich die geächteten<br />

Konfessionen, darunter die Altgläubigen sowie Sekten,<br />

die aus der orthodoxen Kirche hervorgegangen sind.<br />

Den Lutheranern in der regierenden Elite des Reiches<br />

sowie ihrer loyalen Politik gegenüber dem Staat hatte es<br />

die evangelisch-lutherische Kirche zu verdanken, dass sie<br />

schneller als die katholische Kirche ihren offiziellen Status<br />

bekam. Das Gesetz für die lutherische Kirche, mit dem<br />

die Vereinigung und Zentralisierung der protestantischen<br />

Kirchen in Russland ihren Abschluss fand, wurde 1832<br />

vom Imperator bestätigt, die Satzung der katholischen<br />

Kirche hingegen erst 1857.<br />

Die Lage der Kirchen war immer von Besonderheiten<br />

der Regierungspolitik und der außenpolitischen Situation<br />

abhäng. In der russischen Gesellschaft gab es Vorurteile<br />

gegenüber den Katholiken, und antikatholische<br />

Stimmungen waren ein fester Bestandteil der russischen<br />

Kulturtradition. Ungeachtet einer formalen konfessionellen<br />

Toleranz verfügten die Vertreter der traditionellen<br />

deutschen Konfessionen, je nachdem, welcher Konfession<br />

sie angehörten und welche Beziehungen sie zur<br />

Zarenregierung und zur orthodoxen Kirche hatten, über<br />

unterschiedlich viele Rechte.<br />

Abb.<br />

525, 526<br />

Abb. 527<br />

Abb. 528<br />

Abb.<br />

529, 530<br />

Abb. 531<br />

Abb. 532<br />

проходило совместно и продолжалось в период<br />

с 20 августа по 20 июня. Сущность образования<br />

заключалась в обучении письму, чтению, четырем<br />

арифметическим действиям, пению, заучивании наизусть<br />

Катехизиса, гимнов и Евангелия. Для поддержания<br />

дисциплины и прилежания в учебе в школах<br />

использовалось битье палкой или линейкой по ладоням.<br />

Провинившихся учеников ставили на колени,<br />

в том числе на доски, били прутьями по рукам или<br />

ниже пояса.<br />

Церковь играла важнейшую роль в процессе школьного<br />

обучения и распространении просвещения. Например,<br />

иезуиты в начале ХIХ в. ввели в немецких<br />

колониях прогрессивные формы организации учебного<br />

процесса, преподавание иностранных языков,<br />

ораторского искусства и основ западноевропейской<br />

куль туры.<br />

В первой половине ХIХ в. началось оформление организационной<br />

структуры Евангелическо-лютеранской<br />

и Римско-католической церквей. Указ Александра I<br />

(1819) учреждал протестантские консистории в Саратове<br />

и Одессе, хотя последней так и не суждено было<br />

открыться. Саратовская консистория просуществовала<br />

14 лет под руководством епископа И. А. Фесслера,<br />

после чего была преобразована в Московскую консисторию<br />

(1834).<br />

С 1832 г. особенности взаимоотношений Евангелическо-лютеранской<br />

и Римско-католической церквей<br />

с государством, а также их правовое положение<br />

регламентировались Сводом законов Российской<br />

империи. В соответствии с ним все вероисповедания<br />

делились на три группы: первенствующее и<br />

господствующее – православие; терпимые – «иностранные»<br />

христианские исповедания (католицизм,<br />

лютеранство, другие течения протестантизма), а также<br />

ислам, буддизм-ламаизм, иудаизм, язычество; гонимые<br />

– старообрядчество и сектантство, возникшее<br />

на почве православия.<br />

Наличие лютеран среди правящей элиты империи,<br />

а также лояльная политика Евангелическо-лютеранской<br />

церкви по отношению к государственной власти<br />

позволили ей приобрести официальный статус быстрее,<br />

чем Католической церкви. Устав Лютеранской<br />

церкви, завершивший объединение и централизацию<br />

протестантских церквей в России, был утвержден<br />

императором в 1832 г., устав Католической церкви –<br />

только в 1857 г.<br />

Положение церквей зависело от особенностей политики<br />

правительства и внешнеполитической ситуации.<br />

В русском обществе существовал негативный стереотип<br />

восприятия католиков, а антикатолические настроения<br />

являлись важной составной частью русской<br />

культурной традиции. Несмотря на формальное существование<br />

веротерпимости, представители традиционных<br />

немецких конфессий наделялись различным<br />

объемом прав в зависимости от конфессиональной<br />

принадлежности, отношения к ним царского правительства<br />

и православия.<br />

Илл.<br />

525, 526<br />

Илл. 527<br />

Илл. 528<br />

Илл.<br />

529, 530<br />

Илл. 531<br />

Илл. 532


523 524<br />

526<br />

525<br />

523. Евангелическо-лютеранская церковь на плане колонии Катариненштадт.<br />

Конец XVIII в. Российский государственный архив древних актов, Москва<br />

Evangelisch-lutherische Pfarrkirche auf dem Plan der Kolonie Katharinenstadt.<br />

Ende 18. Jh. Russisches Staatsarchiv der Alten Akten, Moskau<br />

524. Первая часть инструкции Саратовской конторы опекунства иностранных<br />

«О богослужении и общих обязанностях иностранных колонистов». 1768.<br />

Государственный исторический архив немцев Поволжья, Энгельс<br />

Erste Abteilung der Instruktion des Saratower Kontors für ausländische Ansiedler<br />

„Von dem Gottesdienst und den allgemeinen Pflichten“. 1768. Staatliches<br />

Historisches Archiv der Wolgadeutschen, Engels<br />

525. Урок в школе поволжских немцев. Рисунок из публикации Д. Куфельда<br />

«Песня кистера Дейса». Саратов. 1914<br />

Unterricht in einer Schule der Wolgadeitsche. Zeichnung aus D. Kufelds<br />

„Das Lied vom Küster Deis“. Saratow, 1914<br />

526. Библия, принадлежавшая немецким колонистам. Ульм. 1768<br />

Bibel, die deutschen Kolonisten gehörte. Ulm, 1768<br />

527. Иезуит А. фон Ландес (1767–1844), уроженец Баварии, основатель<br />

католической общины в Саратове в начале XIX в. С гравюры. Рим. 1833<br />

A. von Landes (1767–1844), gebürtiger Bayer, Jesuit, Gründer der katholischen<br />

Gemeinde zu Saratow Anf. 19. Jh. Radierung. Rom, 1833<br />

527


528 529<br />

531<br />

530<br />

528. С. Богуш-Сестренцевич (1731–1827), первый митрополит всех римскокатолических<br />

церквей России (1798–1826). Я. К. Дамель. 1820<br />

S. Bohusz-Siestrzencewicz (1731–1827), der erste Mitropolit aller römisch-katholischen<br />

Kirchen in Russland (1731–1827). Ja. K. Damel. 1820<br />

529. Суперинтендент И. А. Фесслер (1756–1839). И. Ромбауер. 1821<br />

Superintendent I. A. Fessler (1756–1839). J. Rombauer. 1821<br />

530. Облачение евангелическо-лютеранских священников, утвержденное<br />

Николаем I. С литографии. 1830<br />

Von Nikolaj I. bestätigte Amtstracht der evangelisch-lutherischen<br />

Geistlichen. Lithographie. 1830<br />

531. Устав Евангелическо-лютеранской церкви в России. 1832<br />

Gesetz für die evangelisch-lutherische Kirche in Russland. 1832<br />

532. Христианский песенник для евангелических общин Южной России. Одесса. 1862<br />

Christliches Liederbuch für die evangelischen Gemeinden Südrusslands. Odessa, 1862<br />

532


228 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Bildung des römisch–<br />

katholischen Bistums Tiraspol<br />

Von den elf römisch-katholischen Bistümern, die in der<br />

zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Russischen Reich<br />

existierten, lag allein das Bistum Tiraspol auf dem eigentlichen<br />

Gebiet Russlands. Das Bistum wurde 1847 gegründet<br />

und hieß anfangs noch Bistum Cherson (1847–1852).<br />

Jedoch gelang es weder in Cherson, noch in der nahe<br />

Odessa gelegenen Bezirkshauptstadt Tiraspol einen Bischofssitz<br />

einzurichten. Es gab dort weder eine katholische<br />

Kirche, noch geeignete Gebäude für eine bischöfliche Residenz<br />

und ein geistliches Seminar. 1856 beschloss Bischof<br />

F. H. Kahn seinen Wohnsitz „vorübergehend“ nach Saratow<br />

zu verlegen, das darauf hin zum ständigen Zentrum des<br />

Bistums Tiraspol wurde. Den Namen „Bistum Tiraspol“<br />

wollte man aber beibehalten. Im Gouvernement Saratow<br />

lebten zu dieser Zeit ca. 20 000 Katholiken, die meisten waren<br />

Deutsche. In Saratow selbst waren es über 2 000.<br />

Zum Bistum Tiraspol gehörten Kirchspiele in den Gouvernements<br />

Astrachan, Jekaterinoslaw, Saratow, Samara, Taurien<br />

und Cherson, in den Regionen Kaukasus und Transkaukasien<br />

sowie im Gebiet Bessarabien. In erster Linie war<br />

das Bistum für die 200 000 Kolonisten gegründet worden.<br />

Das Territorium umfasste eine Fläche von 14 000 Quadratmeilen<br />

und war größer als katholische Bistümer in<br />

Europa. Anfang des 20. Jahrhunderts gehörten zum Bistum<br />

298 000 Gemeindeglieder und 131 Priester.<br />

Bis 1917 wurden im Bistum mit 116 monumentalen<br />

Kirchen beeindruckende architektonische Denkmäler<br />

geschaffen. Unter den Baumeistern waren nicht nur<br />

Architekten deutscher Herkunft, sondern auch Russen.<br />

Die Kirchen wurden in ländlichen Gegenden und Städten<br />

gebaut, u. a. in Odessa (1853 und 1914), Kasan<br />

(1858), Wladikawkas (1864), Saratow (1880), Tiflis (1877),<br />

Woronjesch (1889), Jekaterinodar (1893), Noworossijsk<br />

(1898), Zarizyn (1899), Kamyschin (1901) und in Samara<br />

(1906). Die imposanten Bauten in den Kolonien waren<br />

der Stolz der Kolonisten.<br />

Создание Тираспольской<br />

римско-католической епархии<br />

Abb. 533<br />

Abb.<br />

534–540<br />

Илл. 533<br />

Илл.<br />

534–540<br />

Из 11 римско-католических епархий, существовавших<br />

в Российской империи во второй половине ХIХ в., лишь<br />

Тираспольская епархия располагалась на территории<br />

собственно России. Основана она была в 1847 г. и первоначально<br />

носила название Херсонской (1847–1852).<br />

Однако в Херсоне, а позже и в уездном городке близ<br />

Одессы – Тирасполе, поместить кафедру епископа не<br />

удалось. Там не было ни католической церкви, ни<br />

подходящих помещений для резиденции епископа и<br />

духовной семинарии. В 1856 г. епископ Ф. Г. Кан решает<br />

«временно» избрать местом своего проживания Саратов,<br />

который и стал постоянным центром Тираспольской<br />

епархии. Название «Тираспольская» было решено<br />

сохранить. В Саратовской губернии в то время проживали<br />

около 20 тыс. католиков, большей частью немцев,<br />

в Саратове их насчитывалось более 2 тыс.<br />

К Тираспольской епархии относились приходы, находившиеся<br />

в Астраханской, Екатеринославской,<br />

Саратовской, Самарской, Таврической, Херсонской<br />

губерниях, Кавказском и Закавказском краях, Бессарабской<br />

области. В первую очередь она была основана<br />

для 200 тыс. немецких колонистов. Ее территория<br />

занимала площадь 14 тыс. кв. миль и по размеру превосходила<br />

католические епархии в Европе. В начале<br />

ХХ в. епархия насчитывала почти 298 тыс. прихожан<br />

и имела 131 священнослужителя.<br />

До 1917 г. в епархии было сооружено 116 монументальных<br />

храмов – замечательных памятников архитектуры.<br />

Их создателями были архитекторы не только<br />

немецкого происхождения, но и русские. Церкви строились<br />

в сельской местности и городах: Одесса (1853,<br />

1914), Казань (1858), Владикавказ (1864), Саратов<br />

(1880), Тифлис (1877), Воронеж (1889), Екатеринодар<br />

(1893), Новороссийск (1898), Царицын (1899), Камышин<br />

(1901), Самара (1906) и др. Величественные сооружения<br />

в колониях были гордостью колонистов.<br />

533 534


536<br />

535<br />

533. Ф. Г. Кан (1788–1864), первый епископ Тираспольской<br />

римско-католической епархии (1850–1864). Неизвестный<br />

художник. [1850]<br />

F. H. Kahn (1788–1864), erster Bischof des römisch-katholischen<br />

Bistums Tiraspol (1850–1864). Unbekannter Maler. [1850]<br />

537<br />

534. Католическая церковь в колонии Каменка Саратовской<br />

губернии (1907). Фото Е. Мошкова. 2010<br />

Katholische Kirche in der Kolonie Kamenka, Gouvernement<br />

Saratow (1907). Foto E. Moschkow. 2010<br />

535. Католическая церковь в колонии Герцог Самарской<br />

губернии. Почтовая карточка. Конец XIX в.<br />

Katholische Kirche in der Kolonie Herzog, Gouvernement<br />

Samara. Postkarte. Ende 19. Jh.<br />

536. Католическая церковь в колонии Карлсруэ Херсонской губернии<br />

(1885). Фото. 2009<br />

Katholische Kirche in der Kolonie Karlsruhe, Gouvernement Cherson<br />

(1885). Foto. 2009<br />

537. Католическая церковь в Казани (1858). Фото. 2011<br />

Katholische Kirche in Kasan (1858). Foto. 2011<br />

538. Орга´н в кафедральном соборе св. Климента в Саратове.<br />

Фото. 1938. Саратовский областной музей краеведения, Саратов<br />

Orgel in der Klemens-Kathedrale (Saratow). Foto. 1938.<br />

Saratower Gebietsmuseum für Heimatkunde, Saratow<br />

538


540<br />

539. Католическая церковь в Самаре (1906). Фото. 2010<br />

Katholische Kirche in Samara (1906). Foto. 2010<br />

539<br />

540. Скульптор Ф. Штуфлессер (1859–1926) с супругой на фоне своей мастерской<br />

в Санкт-Ульрих-Греден (Австрия). Изготовлял алтари и скульптуры для<br />

множества церквей Тираспольской епархии. Фото. 1920-е гг.<br />

Bildhauer F. Stuflesser (1859–1926) mit Ehefrau. Im Hintergrund seine Werkstatt<br />

in St. Ulrich-Gröden (Österreich). Fertigte Altäre und Heiligenstatuen für<br />

zahlreiche Kirchen des Bistums Tiraspol. Foto. 1920er Jahre<br />

541. Реформатская церковь в Санкт-Петербурге (1865).<br />

Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Reformierte Kirche in St. Petersburg (1865).<br />

Postkarte, Anfang 20. Jh.<br />

542. Проект церкви для поволжской колонии Цюрих (1873, архитектор<br />

И. Якобсталь) и ее состояние в конце ХХ в. Фото О. Лиценбергер. 1998<br />

Projekt einer Kirche für die Kolonie Zürich an der Wolga (1873, Arch. J. Jacobsthal)<br />

und deren Zustand Ende des 20. Jh. Foto von O. Litzenberger. 1998


Немцы в российской истории 231<br />

Russlanddeutsche Reformierte,<br />

Herrnhuter und Mennoniten<br />

Die russlanddeutschen Reformierten waren zunächst nicht<br />

einheitlich organisiert und daher keinen Verwaltungszwängen<br />

unterworfen. Der Anteil der Reformierten an den<br />

ersten deutschen Siedlern im Wolgagebiet betrug 16,25 %<br />

(1 250 Familien). Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts<br />

wurden sie zu drei Kirchspielen zusammengefasst: Katharinenstadt<br />

(heute Marx im Gebiet Saratow), Norka (heute<br />

Nekrassowo im Rayon Krasnoarmejsk, Gebiet Saratow)<br />

und Messer (Ust-Solicha, heute im Rayon Krasnoarmejsk,<br />

Gebiet Saratow).<br />

In Neurussland tauchen die ersten Reformierten zu Beginn<br />

des 19. Jahrhunderts in den Kolonien Worms, Rohrbach<br />

und Neudorf (Gouvernement Cherson) auf und bilden<br />

von Anfang an gemeinsame Gemeinden mit den Lutheranern.<br />

Als dann aber 1848 ein lutherischer Pastor<br />

in das Kirchspiel Glückstal kam, der seine Ausbildung<br />

in Dorpat genossen hatte und den Reformierten in den<br />

Schulen den Heidelberger Katechismus verbot, gingen die<br />

Gemeindeglieder zueinander auf Distanz, was schließlich<br />

1861 zur Gründung der selbstständigen reformierten<br />

Kirchspiele Neudorf und Worms-Rohrbach führte. In<br />

den Kolonien, in denen es nur wenige Reformierte gab,<br />

wurden ihre Gemeinden, da sie keine eigenen Priester<br />

hatten, von lutherischen Pastoren betreut. Ende des<br />

19. Jahrhunderts gingen daher ihre traditionellen calvinistischen<br />

Grundlagen verloren und sie verschmolzen<br />

mit den Lutheranern.<br />

Anlässlich des 300. Jahrestages der Reformation im Jahre<br />

1817 gaben viele europäische Monarchen Erlasse zur<br />

Vereinigung der zersplitterten protestantischen Kirche<br />

heraus, indem sie die Bezeichnungen „lutherisch“ und<br />

„reformiert“ im offiziellen Sprachgebrauch verboten und<br />

sie durch den gemeinsamen Namen „evangelische Kirche“<br />

ersetzten. In Russland wurde der erste Zusammenschluss<br />

in Archangelsk durch die Gründung einer vereinten evangelischen<br />

Gemeinde vollzogen. Ungeachtet des Protests<br />

von lutherischen und reformierten Theologen, wurden<br />

1819 Lutheraner und Reformierte des ganzen Reiches per<br />

Erlass Alexanders I. zur vereinten evangelisch-lutherischen<br />

Kirche zusammengeschlossen.<br />

Ende des 19. Jahrhunderts waren 3,57 % der Russlanddeutschen<br />

Reformierte. 1900 lebten in St. Petersburg<br />

3 500 deutsche Reformierte und in Moskau 1 900. Anfang<br />

des 20. Jahrhunderts gab es, ohne die mit den Lutheranern<br />

zusammengeschlossenen Wolga-Kirchspiele Norka,<br />

Messer und Balzer, sieben große reformierte Kirchspiele:<br />

in Moskau, St. Petersburg, Archangelsk und Odessa, in<br />

den Kolonien Schabo (Schweizer) und Neudorf sowie in<br />

dem zusammengeschlossenen Kirchspiel Worms-Johannestal-Waterloo-Rohrbach.<br />

Reformierte lebten auch in<br />

Turkestan, am Kaspischen Meer und in anderen Regionen<br />

des Reiches. In der Historiografie der Lutheraner<br />

heißt es gewöhnlich, dass es 1914 in Russland (ohne<br />

das Wolgagebiet) 42 reformierte Gemeinden mit 30 000<br />

bis 40 000 Reformierten gab. Da 1910 im Wolgagebiet<br />

ca. 50 000 bis 70 000 Reformierte lebten, war ihre Gesamtzahl<br />

deutlich größer.<br />

Abb. 541<br />

Abb. 542<br />

Реформаты, гернгутеры<br />

и меннониты среди<br />

российских немцев<br />

Первоначально реформаты среди российских немцев<br />

не имели единой организации и пользовались большой<br />

свободой в управлении. Среди первых немецких<br />

колонистов Поволжья реформаты составляли 16,25 %<br />

(1 250 семей). В последней четверти ХVIII в. они были<br />

объединены в три церковных прихода: Екатериненштадт<br />

(ныне г. Маркс в Саратовской обл.), Норка<br />

(ныне с. Некрасово Красноармейского р-на Саратовской<br />

обл.) и Мессер (Усть-Золиха, ныне в Красноармейском<br />

р-не Саратовской обл.).<br />

В Новороссии первые реформаты появляются в начале<br />

ХIХ в. в колониях Вормс, Рорбах, Нейдорф<br />

Херсонской губернии и с самого начала составляют<br />

вместе с лютеранами совместные общины. Но с появлением<br />

в 1848 г. в Глюкстальском приходе лютеранского<br />

пастора, получившего образование в Дерпте и<br />

запрещавшего реформатам использовать в школах<br />

Гейдельбергский Катехизис, между прихожанами<br />

наметилось размежевание, приведшее к появлению<br />

отдельных реформатских приходов Нейдорф и Вормс-<br />

Рорбах (1861). В колониях, где реформатов было немного,<br />

из-за недостатка собственных священнослужителей<br />

их общины обслуживались лютеранскими<br />

пасторами. Поэтому к концу ХIХ в. они утратили<br />

традиционные кальвинистские начала и слились с лютеранством.<br />

В ознаменование 300-летнего юбилея Реформации<br />

(1817) многие европейские монархи издали указы<br />

об объединении раздробленного протестантизма,<br />

запретив применять в официальном обращении названия<br />

«Лютеранская» и «Реформатская» и заменив<br />

их общим наименованием «Евангелическая церковь».<br />

В России первое объединение было осуществлено<br />

в Архангельске созданием единого евангелического<br />

прихода. Несмотря на протесты со стороны лютеранских<br />

и реформатских богословов, указом Александра I<br />

(1819) лютеране и реформаты всей империи были<br />

объединены в единую Евангелическо-лютеранскую<br />

церковь.<br />

В конце ХIХ в. 3,57 % российских немцев являлись<br />

реформатами. В 1900 г. в Санкт-Петербурге проживали<br />

3,5 тыс. немцев-реформатов, в Москве – 1,9 тыс.<br />

К началу ХХ в. в России имелось семь крупных реформатских<br />

приходов (не считая объединенных с лютеранами<br />

поволжских приходов Норка, Мессер и<br />

Бальцер): в Москве, Санкт-Петербурге, Архангельске,<br />

Одессе, колониях Шабо (швейцарцы), Нейдорф и объединенный<br />

приход Вормс-Иоганнесталь-Ватерлоо-<br />

Рорбах. Реформаты проживали также в Туркестане,<br />

на побережье Каспийского моря и в других регионах<br />

империи. В лютеранской историографии принято считать,<br />

что в 1914 г. в России (без Поволжья) действовали<br />

42 реформатские общины и насчитывалось 30–40 тыс.<br />

реформатов. Поскольку в Поволжье к 1910 г. проживали<br />

около 50–70 тыс. реформатов, их общее количество<br />

было значительно выше.<br />

Илл. 541<br />

Илл. 542


543. Прусские гернгутеры. С гравюры<br />

Д. Н. Ходовицкого. 1781<br />

Preußische Herrnhuter. Radierung<br />

von D. N. Chodowiecki. 1781<br />

544. Соглашение о внутреннем управлении<br />

и обязанностях членов евангелической братской<br />

общины Сарепта. 1784<br />

Einverständniß über die Verwaltung und<br />

Pflichten der evangelischen Brüdergemeinde<br />

zu Sarepta. 1784<br />

545. Церковь гернгутеров в бывшей колонии Сарепта<br />

(1772), ныне в черте г. Волгограда. Фото. 1999<br />

Kirche der Herrnhuter in der ehem. Kolonie<br />

Sarepta (1772), heute im Stadtbereich von<br />

Wolgograd. Foto. 1999<br />

543 544<br />

546. Молитвенный дом меннонитов в колонии<br />

Гальбштадт (Новороссия). Фото.<br />

Землячество немцев из России, Штутгарт<br />

Mennonitisches Bethaus in der Kolonie Halbstadt<br />

(Neurussland). Foto. Landsmannschaft<br />

der Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />

545<br />

546<br />

547<br />

547. Оттиск печати меннонитской<br />

общины колонии Кронсвейде<br />

(Новороссия). 1888.<br />

Государственный архив<br />

Одесской области, Одесса<br />

Siegelabdruck der<br />

Mennonitengemeinde der Kolonie<br />

Kronsweide (Neurussland). 1888.<br />

Staatliches Gebietsarchiv Odessa,<br />

Odessa<br />

548. Данцигские меннониты. С гравюры<br />

Д. Н. Ходовицкого. 1781<br />

Danziger Mennoniten. Radierung von<br />

D. N. Chodowiecki. 1781<br />

548<br />

549. Семья меннонитов (Новороссия).<br />

Фото. Около 1860<br />

Mennonitische Familie (Neurussland).<br />

Foto. Ca. 1860<br />

549


Немцы в российской истории 233<br />

Eine weitere konfessionelle Richtung, die Ende des<br />

19. Jahrhunderts zur vereinten evangelisch-lutherischen<br />

Kirche gehörte, waren die Herrnhuter. 1765 erließ Katharina<br />

II. „Regeln zur Ansiedlung der Herrnhuter Brüdergemeinde<br />

in Russland“, mit denen die Herrnhuter das<br />

Recht auf volle Selbstverwaltung und zahlreiche Privilegien<br />

verliehen bekam. Ihre Gemeinde ließ sich in einer nahe<br />

Zarizyn gelegenen Kolonie im Gouvernement Astrachan<br />

nieder, die den Namen Sarepta bekam. Die Gemeinde von<br />

Sarepta unterwarf sich einer strengen religiösen Disziplin,<br />

missionierte eifrig, um das Christentum unter den Völkern<br />

im Wolgagebiet zu verbreiten und war in deutschen Wolgakolonien<br />

ein kulturelles Bildungszentrum ganz eigener<br />

Art. 1834 wurden für die Herrnhuter Brüdergemeinden<br />

in Sarepta und im Baltikum Sonderregeln für die innere<br />

Ordnung und Verwaltung herausgegeben. Ab 1893 gehörte<br />

die Gemeinde Sarepta zur evangelisch-lutherischen Kirche<br />

in Russland.<br />

Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Russland ca. 50 000<br />

Mennoniten in mehr als 160 Kolonien, von denen 51 im<br />

Gouvernement Jekaterinoslaw lagen, 57 im Gouvernement<br />

Taurien, 16 im Gouvernement Cherson, 18 im Gouvernement<br />

Samara und ca. 20 im Kaukasus. Die größten<br />

Mennonitensiedlungen im vorrevolutionären Russland<br />

waren Halbstadt, Einlage, Schönhorst und Schöntal in<br />

Neurussland sowie Koeppental und Hahnsau im Gouvernement<br />

Samara.<br />

Die ersten deutschen Mennoniten kamen Ende des<br />

18. Jahrhunderts aus den Marienwerderschen Niederungen<br />

in Preußen nach Russland. Bis 1820 verlief ihre Kolonisation<br />

in Russland am aktivsten in der Schwarzmeerregion.<br />

Ab 1854 gründeten Mennoniten Kolonien im Gouvernement<br />

Samara. Als 1874 das Gesetz über die allgemeine<br />

Wehrpflicht verabschiedet wurde, begannen sie in großer<br />

Zahl nach Amerika zu emigrieren.<br />

Abb. 543<br />

Abb.<br />

544, 545<br />

Abb.<br />

546, 547<br />

Abb. 548<br />

Abb.<br />

549, 550<br />

Еще одним направлением, вошедшим в конце ХIХ в.<br />

в единую Евангелическо-лютеранскую церковь, являлись<br />

гернгутеры. В 1765 г. Екатериной II были учреждены<br />

«Правила для поселения в России братства евангелического<br />

общества», по которым гернгутеры получили<br />

полное самоуправление и значительные привилегии. Их<br />

община поселилась колонией в Астраханской губернии,<br />

близ Царицына, получив название Сарепта. Сарептская<br />

община подчинялась строгой религиозной дисциплине,<br />

занималась активной миссионерской деятельностью<br />

по распространению христианства среди народов<br />

Поволжья и являлась своеобразным культурно-просветительским<br />

центром немецких колоний Поволжья.<br />

В 1834 г. для братских гернгутерских общин Сарепты<br />

и Прибалтики были изданы специальные правила,<br />

касавшиеся внутреннего распорядка и управления.<br />

В 1893 г. Сарептская община вошла в состав Евангелическо-лютеранской<br />

церкви России.<br />

В конце ХIХ в. в России насчитывалось около 50 тыс.<br />

меннонитов, расселенных более чем в 160 колониях:<br />

51 колония располагалась в Екатеринославской<br />

губернии, 57 – в Таврической, 16 – в Херсонской,<br />

18 – в Самарской и около 20 – на Кавказе. Крупнейшими<br />

меннонитскими поселениями в дореволюционной<br />

России являлись Гальбштадт, Эйнлаге, Шенгорст,<br />

Шенталь в Новороссии, Кеппенталь и Гансау в Самарской<br />

губернии.<br />

Первые немцы-меннониты прибыли в Россию с территории<br />

Мариенвердерской низменности (Пруссия)<br />

в конце ХVIII в. До 1820 г. их колонизация в России<br />

проходила наиболее активно в Причерноморье.<br />

С 1854 г. меннониты основали колонии в Самарской<br />

губернии. После издания закона о всеобщей воинской<br />

повинности (1874) началась их массовая эмиграция<br />

в Америку.<br />

Илл. 543<br />

Илл.<br />

544, 545<br />

Илл.<br />

546, 547<br />

Илл. 548<br />

Илл.<br />

549, 550<br />

550<br />

550. Проект устава евангелическо-меннонитского исповедания в России. Около 1905<br />

Projekt einer Verfassung der Evangelischen Mennonitischen Konfession in Russland. Ca. 1905


234 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 551<br />

Andere protestantische<br />

Strömungen bei den<br />

Russlanddeutschen<br />

Der Überblick über das religiöse Leben der Russlanddeutschen<br />

wäre nicht vollständig, würde man die neben den<br />

offiziellen Konfessionen bestehenden Formen des Protestantismus<br />

außer Acht lassen. Etwa 20 protestantische<br />

Gruppierungen mit den unterschiedlichsten Namen lassen<br />

sich zu größeren Gruppen zusammenfassen: Pietisten<br />

(Stundisten und Betbrüder), aus Mennoniten hervorgegangene<br />

Richtungen (Hüpfer, tanzende Brüder, Brüder<br />

und Schwestern, Stundengänger und Separatisten) sowie<br />

Baptisten und Adventisten.<br />

Die Stundisten, abgeleitet von „Andachtsstunden“, oder<br />

auch die Betbrüder sind ein Oberbegriff für die deutschen<br />

Nachfolger der Pietisten. Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

waren die Stundisten am weitesten im Süden, in den<br />

Gouvernements Jekaterinoslaw, Cherson und Taurien,<br />

verbreitet, wo sie sich 1817 zum ersten Mal versammelten.<br />

Die eifrigsten Verkünder der Ideen der Stundisten<br />

in den deutschen Kolonien Neurusslands waren Pastor<br />

Johannes Bonekämper (1796–1857) und sein Sohn Karl<br />

(1827–1893), die bei den Begründern des Stundismus einen<br />

guten Ruf hatten und diese Lehre in vielen deutschen<br />

Kolonien im Schwarzmeergebiet und an der Wolga und<br />

sogar unter der orthodoxen russischen und ukrainischen<br />

Bevölkerung verbreiteten. 1894 wurden die Stundisten auf<br />

Allerhöchste Anordnung als besonders schädliche Sekte<br />

eingestuft und verboten.<br />

Die Wüsterer vertraten eine Strömung, die auf den lutherischen<br />

Pastor Eduard Wüst (1818–1859) zurückgeht. Sie<br />

entstand 1845 in einer Gemeinde schwäbischer Separatisten,<br />

die zwischen 1818 und 1820 aus Württemberg nach<br />

Russland kamen und sich in der Kolonie Neuhoffnung<br />

im Gouvernement Taurien niederließen. Dank einer eifrig<br />

Илл. 551<br />

Другие протестантские течения<br />

среди российских немцев<br />

Представление о религиозной жизни российских немцев<br />

будет неполным, если наряду с официальными<br />

конфессиями не принимать во внимание иные формы<br />

протестантизма. Около 20 протестантских образований,<br />

носивших различные наименования, можно сгруппировать<br />

в наиболее крупные: пиетизм (штундизм и бетбрюдерство),<br />

направления, вышедшие из меннонитства<br />

(гюпферы, танцующие братья, братья и сестры, штунденгенгеры,<br />

сепаратисты), баптизм и адвентизм.<br />

Штундисты (от нем. Andachtsstunden – час для молитвы)<br />

или бетбрюдеры (от нем. beten – молиться<br />

и Brüder – братья) – общее наименование немецких<br />

последователей пиетизма. К середине ХIХ в. в Российской<br />

империи штундисты наиболее широко были<br />

распространены на юге, в Екатеринославской, Херсонской<br />

и Таврической губерниях, где их первое собрание<br />

появилось в 1817 г. Активными проводниками идей<br />

штундизма в немецких колониях Новороссии являлись<br />

пастор Иоганн Бонекемпер (1796–1857) и его сын<br />

Карл (1827–1893), заслужившие репутацию основателей<br />

штундизма и распространившие его во многих<br />

причерноморских и поволжских немецких колониях,<br />

а также среди русского и украинского православного<br />

населения. В 1894 г. было принято высочайше утвержденное<br />

положение, признавшее «штунду» особо<br />

вредной сектой и запретившее ее.<br />

Вюстизм – течение, получившее название по имени<br />

основателя – лютеранского пастора Эдуарда Вюста<br />

(1818–1859). Оно возникло в 1845 г. в общине швабских<br />

сепаратистов, которые в 1818–1820 гг. переселились<br />

в Россию из Вюртемберга и обосновались в колонии<br />

Нейгофнунг (Таврическая губ.). Вследствие активной<br />

пропаганды учение Вюста распространилось на многие<br />

551. Пастор Э. Вюст (1818–1859). Середина XIХ в.<br />

Pfarrer E. Wüst (1818–1859). Mitte 19. Jh.<br />

551


Немцы в российской истории 235<br />

geführten Propaganda wurde die Lehre Wüsts in viele<br />

evangelisch-lutherische, mennonitische, Hutterische und<br />

römisch-katholische deutsche Gemeinden zwischen Bessarabien<br />

und dem Gebiet an der unteren Wolga getragen.<br />

In den 1850er Jahren wurde eine Wüstsche Bruderschaft<br />

gegründet, die von Spenden lebte und sich zum Ziel<br />

gesetzt hatte, die Ideen des „wiedergeborenen Pietismus“<br />

zu verbreiten. Wüsts Lehre spielte eine Rolle bei der<br />

Spaltung der Mennoniten sowie bei der Entstehung der<br />

Hutter–Gemeinden (bzw. Kommunen) und der Bewegung<br />

der Hüpfer.<br />

Die Hüpfer, auch Springer, fröhliche Brüder, Tänzer oder<br />

tanzende Brüder genannt, haben ihren Namen von den<br />

Besonderheiten ihrer Betstunden, während derer sie sprangen,<br />

paarweise tanzten, in die Hände klatschten sowie<br />

laut und fröhlich religiöse Lieder zu den Klängen von<br />

Tanzmusik sangen. Einen großen Anteil am Aufkommen<br />

der Hüpfer in den deutschen Kolonien Russlands hatten<br />

die Gemeinden Neuhoffnung in Neurussland und Neu-<br />

Jamburg an der Wolga sowie deren Anführer E. Wüst und<br />

nach dessen Tod J. Kappes, Lehrer an einer kirchlichen<br />

Gemeindeschule. Ende der 1850er Jahre spalteten sich die<br />

Hüpfer in zwei Richtungen, eine gemäßigte unter dem<br />

Dach der offiziellen Kirche, und eine extreme, die nach<br />

einem Austritt aus der Kirche drängte. An der Wolga<br />

verteilten sich die Hüpfer, die sich auch „Brüder und<br />

Schwestern“ oder „neue Brüder“ nannten, auf 30 Dörfer<br />

im Bezirk Kamyschin, Gouvernement Saratow und zählten<br />

Anfang der 1870er Jahre über 2 300 Anhänger.<br />

Eine kleine Gruppe unter den Russlanddeutschen waren<br />

die Fußwäscher. Ihr wichtigster Ritus war es, sich gegenseitig<br />

die Füße zu waschen, womit sie als Gläubige ihre<br />

Demut und Nächstenliebe unter Beweis stellten.<br />

Die Mennoniten-Brüdergemeinden entstanden in den<br />

deutschen Kolonien Neurusslands unter dem Eindruck der<br />

евангелическо-лютеранские, меннонитские, гуттерские<br />

и римско-католические немецкие общины от Бессарабии<br />

до Нижнего Поволжья. В 1850‐е гг. было образовано<br />

«Вюстово братство», существовавшее на пожертвования<br />

и ставившее своей целью распространение идей<br />

«возрожденного пиетизма». Вюстизм оказал влияние<br />

на раскол среди меннонитов, появление гуттерских<br />

общин-коммун и возникновение гюпферства.<br />

Гюпферы (от нем. Hüpfer – попрыгун), другие названия<br />

– «скакуны», «радостные братья», «плясуны»,<br />

«танцующие братья» – происходили от особенностей<br />

поведения гюпферов во время молитвенных собраний,<br />

в ходе которых они прыгали, танцевали парами, хлопали<br />

в ладоши, громко и весело исполняли религио зные<br />

песни под плясовую музыку. Особую роль в их появлении<br />

в немецких колониях России сыграли общины<br />

Нейгофнунга в Новороссии, Ней-Ямбурга в Поволжье<br />

и их руководитель Э. Вюст, а после его смерти – учитель<br />

церковно-приходской школы И. Каппес. К концу<br />

1850‐х гг. гюпферы разделились на два направления<br />

– умеренное, существовавшее в рамках официальной<br />

церкви, и экстремистское, которое настаивало<br />

на выходе из церкви. В Поволжье общины гюпферов,<br />

именовавшиеся также «братья и сестры» или «новые<br />

братья», распространились в 30 селах Камышинского<br />

уезда Саратовской губернии и насчитывали в начале<br />

1870‐х гг. более 2 300 приверженцев.<br />

Немногочисленными среди российских немцев были<br />

общины фусвашеров (от нем. Fußwascher – омыватель<br />

ног). Они считали своим основным обрядом<br />

омовение ног друг друга, которое было направлено<br />

на демонстрацию верующими своего смирения и<br />

любви к ближнему.<br />

Братские меннониты появились в немецких колониях<br />

Новороссии под влиянием пропаганды вюстизма и<br />

Abb. 552 Илл. 552<br />

552. Ритуал омовения ног.<br />

С гравюры. 1759. Архив<br />

Евангелического братства,<br />

Гернгут (Германия)<br />

Das Fußwaschen. Radierung. 1759.<br />

Unitätsarchiv der Evangelischen<br />

Brüder-Unität, Herrnhut (Deutschland)<br />

552


554<br />

553<br />

556<br />

555 557<br />

553. Вероучение братских меннонитов, изданное в колонии Гальбштадт Таврической губернии. 1902<br />

Glaubensbekenntnis der Mennoniten-Brüdergemeinde, herausgegeben in der Kolonie Halbstadt (Gouvernement Taurien). 1902.<br />

554. Крещение в меннонитской братской общине Давлеканово Уфимской губернии. Почтовая карточка. Изд. А. Фризен. Начало ХХ в.<br />

Tauffest der Mennoniten-Brüdergemeinde Dawlekanowo im Gouvernement Ufa. Postkarte. Verlag A. Friesen. Anfang 20. Jh.<br />

555. И. В. Каргель (1849–1937), проповедник, оказавший влияние на евангельских христиан, баптистов и меннонитов в России,<br />

из семьи немца-колониста. Фото. 1927. Издательство «Заменкорн», Омск–Штейнхаген<br />

Prädiger I. W. Kargel (1849–1937), der großen Einfluss auf die Evangeliums-Christen, Baptisten und Mennoniten Russlands ausgeübt hat,<br />

entstammt einer deutschen Kolonistenfamilie. Foto. 1927. Verlag „Samenkorn“, Omsk–Steinhagen<br />

556. И. Г. Онкен (1800–1884), основоположник немецкоязычного и европейского баптизма. Фото. 1870-е гг.<br />

J. G. Oncken (1800–1884), Begründer des deutschsprachigen und des kontinentaleuropäischen Baptismus. Foto. 1870er Jahre<br />

557. Журнал «Баптист», издававшийся в России с 1907 г. 1911<br />

Zeitschrift „Baptist“, die in Russland seit 1907 erschien. 1911


Немцы в российской истории 237<br />

Wüsterer und der Hüpfer, als die eifrigsten Anhänger eine<br />

„Anzeige über den Austritt“ aus der Mennonitengemeinde<br />

aufsetzten. Heinrich Hübert und Jacob Becker wurden als<br />

geistliche Vorsteher und Prediger der neuen Gemeinde<br />

gewählt, die sich „Vereinigte Christliche Taufgesinnte<br />

Mennonitische Brüdergemeinde in Russland“ nannte. In<br />

den 1860er – 1870er Jahren führten Meinungsverschiedenheiten<br />

zwischen den gemäßigten und den radikalen<br />

Anhängern (den fröhlichen oder hüpfenden Brüdern)<br />

zur Spaltung der Mennoniten-Brüdergemeinden.<br />

Die Zahl der unterschiedlichen protestantischen Strömungen<br />

bei den Russlanddeutschen und deren dogmatische<br />

Lehre veränderten sich ständig, bis die Sektierer<br />

in den 1870er – 1880er Jahren fast überall mit den<br />

Baptisten verschmolzen. Der Baptismus fand unter den<br />

Russlanddeutschen ab Mitte des 19. Jahrhunderts eine<br />

starke Verbreitung, als baptistische Prediger durch die<br />

deutschen Kolonien am Schwarzen Meer, an der Wolga<br />

und im Kaukasus zogen. Ihrem Einfluss unterlagen vor<br />

allem Mennoniten, Mennoniten-Brüdergemeinden und<br />

die Nachfolger der Stundisten in den Gouvernements<br />

Jekaterinoslaw, Cherson und Taurien. Die sektiererischen<br />

Gemeinden, die hier einige Jahrzehnte existierten, wurden<br />

daher baptistische Stundisten genannt.<br />

Beeinflusst wurde die Entwicklung des Baptismus unter den<br />

deutschen Kolonisten vom Deutschen Baptistenbund, dessen<br />

Vertreter, Johann Gerhard Oncken, 1869 die Schwarzmeerregion<br />

bereiste und für die Kolonisten eine Auslegung<br />

der Glaubenslehre zusammenstellte. Zu den eifrigen Vertretern<br />

der Baptisten in Russland gehörten in dieser Zeit<br />

Johann Pritzkau und Abraham Unger. Erster Vorsitzender<br />

des Russischen Baptistenbundes wurde der wiedergetaufte<br />

Mennonitenbruder Johann Willer (1839 –1889). 1879 gab<br />

der Staatsrat die Allerhöchste Genehmigung bekannt,<br />

wonach die Baptisten „sich ungehindert zu ihrer Glaubenslehre<br />

bekennen und die Glaubensrituale nach ihren<br />

Bräuchen ausüben“ können.<br />

Eine weitere große Strömung im russischen Protestantismus<br />

war der Adventismus. Zu den ersten, die ihn in<br />

Russland verbreiteten, gehörten deutsche Kolonisten, die<br />

zunächst nach Amerika ausgewandert waren, aber dann<br />

nach Russland zurückkehrten, um die Lehre der Adventisten<br />

zu verbreiten. Die Kolonisten, die in Amerika geblieben<br />

waren, schickten ihren Verwandten und Bekannten<br />

regelmäßig Broschüren, in denen vom „wahren Glauben“<br />

erzählt wurde. Die ersten dieser Broschüren tauchten<br />

1883/84 auf. Anfang des 20. Jahrhunderts zählte diese Sekte<br />

in Russland 3 000 Anhänger. Durch diese aktive Verbreitung<br />

der Strömung sah sich die Regierung veranlasst, die<br />

Tätigkeit der Adventisten 1906 zu legalisieren. 1907 fand<br />

der 1. Allrussische Kongress der Adventisten statt.<br />

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren in Russland nur<br />

Baptisten und Adventisten, die die absolute Mehrheit<br />

der einstigen Sektierer stellten, offiziell anerkannt. Dass<br />

die unterschiedlichsten Sektierer die Lehre der Baptisten<br />

annahmen, lag nicht nur an den zahllosen dogmatischen<br />

Differenzen zwischen ihnen, sondern auch daran, dass sie<br />

bei den Baptisten und Adventisten ihre Glaubenslehre in<br />

vollendeter Form bekamen.<br />

Abb.<br />

553, 554<br />

Abb. 555<br />

Abb. 556<br />

Abb. 557<br />

Abb. 558<br />

гюпферства, когда в 1860 г. в колонии Элизабетталь<br />

Таврической губернии наиболее активные последователи<br />

составили «Извещение о выходе» из меннонитской<br />

общины. Духовными настоятелями и проповедниками<br />

новой общины были избраны Г. Гюберт и Я. Беккер,<br />

и она получила название «Соединенная христианская<br />

крестящаяся по вере меннонитской братская община<br />

в России». В 1860–1870‐е гг. разногласия между сторонниками<br />

умеренного и радикального (радостного<br />

или гюпферского) направлений привели к расколу<br />

в среде братских меннонитов.<br />

Число различных протестантских направлений среди<br />

российских немцев и их догматическое учение постоянно<br />

изменялись, а в 1870–1880‐е гг. сектанты почти<br />

повсеместно слились с баптизмом. Баптизм среди российских<br />

немцев получил распространение с середины<br />

ХIХ в., когда в немецких колониях Причерноморья,<br />

Поволжья и Кавказа действовали баптистские проповедники.<br />

Их влиянию прежде всего были подвержены<br />

меннониты, братские меннониты, а также последователи<br />

штундизма (Екатеринославская, Херсонская,<br />

Таврическая губ.). Поэтому сектантские общины,<br />

существовавшие здесь в течение нескольких десятилетий,<br />

получили название штундобаптистских.<br />

Влияние на формирование баптизма у немецких колонистов<br />

оказал Союз германских баптистов, представитель<br />

которого И. Г. Онкен в 1869 г. посетил<br />

Причерноморье и составил для колонистов изложение<br />

вероучения. Активными деятелями баптизма в России<br />

в этот период являлись немецкие колонисты<br />

И. Прицкау, А. Унгер и др. Первым председателем Союза<br />

русских баптистов стал перекрещенный братский<br />

меннонит И. И. Виллер (1839–1889). В 1879 г. было<br />

издано высочайшее утверждение Государственного совета,<br />

по которому баптисты могли «беспрепятственно<br />

исповедовать свое вероучение и исполнять обряды<br />

веры по существующим у них обычаям».<br />

Еще одним крупным направлением в российском<br />

протестантизме был адвентизм. Его первыми распространителями<br />

в России стали немецкие колонисты,<br />

переселившиеся в Америку, но затем вернувшиеся<br />

в Россию, чтобы вести здесь адвентистскую проповедь.<br />

Колонисты, оставшиеся в Америке, присылали<br />

своим родным и знакомым брошюры, рассказывающие<br />

об «истинной вере», первое появление которых<br />

относится к 1883–1884 гг. В начале XX в. в России<br />

насчитывалось 3 тыс. последователей этой секты.<br />

Такое активное распространение течения заставило<br />

правительство легализовать деятельность адвентистов<br />

(1906). В 1907 г. состоялся организационный I Всероссийский<br />

съезд адвентистов.<br />

В начале XX в. в России официально были признаны<br />

только баптисты и адвентисты, которые составляли<br />

абсолютное большинство бывших сектантов. Принятию<br />

различными сектантами баптистского учения<br />

способствовало не только множество догматических<br />

расхождений между ними, но и то, что в баптизме<br />

и адвентизме они получили готовую и законченную<br />

форму своего вероучения.<br />

Илл.<br />

553, 554<br />

Илл. 555<br />

Илл. 556<br />

Илл. 557<br />

Илл. 558


558<br />

559<br />

560<br />

558. Бывшая реформатская церковь в Москве (1865), переданная в 1917 г. общине<br />

евангельских христиан. Фото. 2010<br />

Ehemalige reformierte Kirche in Moskau (1865), die 1917 der Gemeinde der<br />

Evangeliums-Christen übereignet wurde. Foto. 2010<br />

559. Решения конференций духовных и других представителей меннонитских общин<br />

России, проходивших в 1879–1913 гг., изданные в Бердянске. 1914<br />

Beschlüsse der Konferenzen der geistlichen und anderen Vertreter der mennonitischen<br />

Gemeinden Russlands der Jahre 1879–1913, herausgegeben in Berdjansk. 1914<br />

560. Семья проповедника Д. Гамма в колонии Александерталь Самарской губернии<br />

1910-е гг. Издательство «Заменкорн», Штейнхаген<br />

Familie des Prädigers D. Hamm in der Kolonie Alexandertal, Gouvernement Samara.<br />

1910er Jahre. Verlag „Samenkorn“, Steinhagen<br />

561<br />

561. Католическая церковь в Туле (1896). Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Katholische Kirche in Tula (1896). Postkarte. Anfang 20. Jh.


Немцы в российской истории 239<br />

Religion und Kirche<br />

der Russlanddeutschen<br />

im Spiegel der Statistik<br />

aus vorrevolutionärer Zeit<br />

Angaben der ersten landesweiten Volkszählung zufolge,<br />

die 1897 in Russland durchgeführt wurde, waren<br />

76,01 % der Deutschsprechenden in Russland Lutheraner,<br />

3,68 % Mennoniten, 3,57 % Reformierte, 1,12 % Anhänger<br />

anderer protestantischer Strömungen, 13,53 % Katholiken,<br />

0,75 % Orthodoxe, 0,07 % sonstige Christen und 1,27 % Anhänger<br />

des Judentums.<br />

Im Jahre 1900 lebten im Russischen Reich, einschließlich<br />

Weichsel-Gouvernements, 11,5 Mio. Katholiken<br />

(ca. neun Prozent der Gesamtbevölkerung). Es gab<br />

127 deutsche Kirchspiele, von denen 49 im Wolgagebiet<br />

lagen (34 im Gouvernement Samara und 15 im Gouvernement<br />

Saratow). Die übrigen 78 verteilten sich wie folgt:<br />

36 im Gouvernement Cherson, 22 im Gouvernement<br />

Taurien, 11 im Gouvernement Jekaterinoslaw, zwei im<br />

Gouvernement Charkow, zwei im Gouvernement Bessarabien<br />

und fünf im Gebiet der Donkosaken. Anfang des<br />

20. Jahrhunderts waren 62 % der Katholiken des Bistums<br />

Tiraspol (ca. 200 000 Menschen) Deutsche.<br />

Die größten katholischen Kirchspiele innerhalb eines<br />

Stadtgebietes waren in dieser Zeit die Gemeinde St. Clemens<br />

mit 17 800 Gliedern und die Gemeinde Mariä Himmelfahrt<br />

mit 15 000 Gliedern in Odessa. Über 8 000 Gemeindeglieder<br />

lebten in Jekaterinoslaw, Nikolajew und<br />

Saratow. Die größten ländlichen Kirchspiele waren die<br />

Wolgagemeinden Seelmann (Rownoje, 8 500 Glieder) und<br />

Mariental (Tonkoschurowka, 8 000 Glieder).<br />

Zum Protestantismus bekannten sich zu Beginn des<br />

20. Jahrhunderts auf dem gesamten Gebiet des Reiches<br />

ca. fünf Prozent der Bevölkerung. 1917 gab es etwa<br />

3,7 Mio. Lutheraner. Davon lebten 1 249 000 in den zentralen<br />

Gouvernements und die übrigen in den Ostseeprovinzen.<br />

Die fünf Konsistorialbezirke, ohne die drei<br />

kleinen Bezirke Riga, Reval und Ösel, bestanden aus<br />

539 Kirchspielen, von denen 202 in den zentralen und<br />

südlichen Gouvernements lagen. In dieser Zeit gab es<br />

im Land 1 828 evangelisch-lutherische Kirchen und Bethäuser,<br />

665 davon in den Ostseeprovinzen. Die meisten<br />

Kirchengebäude waren aus Stein, über die Hälfte befand<br />

sich in ländlichen Gegenden.<br />

1917 waren 72,5 % der Lutheraner, über 900 000 Menschen,<br />

in den russischen Konsistorialbezirken Deutsche,<br />

die übrigen 27,5 % gehörten anderen Nationalitäten an<br />

(Letten, Esten, Finnen, Schweden, Armenier und Russen).<br />

1914 waren 198 lutherische Pastoren im Amt, bis 1918<br />

stieg die Zahl der ordinierten Pastoren auf 209.<br />

Die größten lutherischen Kirchspiele im Land waren<br />

1905 die Kirchspiele der deutschen Wolgakolonien<br />

Frank (28 039 Glieder), Norka (23 179 Glieder),<br />

Böttinger (19 762 Glieder) und Näb (19 046 Glieder)<br />

sowie die wolhynischen Kirchspiele Roschischtsche<br />

(18 000 Glieder) und Heimtal (17 949 Glieder). Die<br />

größten städtischen Kirchspiele waren die Gemeinden<br />

St. Peter und Paul in Moskau (17 000 Glieder) und<br />

in Saratow (16 400 Glieder). Die ältesten Kirchspiele<br />

Религия и церковь<br />

у российских немцев<br />

в зеркале дореволюционной<br />

статистики<br />

Abb.<br />

559, 560<br />

Abb.<br />

561, 562<br />

Abb. 563<br />

Abb. 564<br />

Abb.<br />

565–567<br />

Abb.<br />

568, 569<br />

Abb. 570<br />

Abb. 571<br />

Из общего числа немцев России, по данным первой<br />

Всероссийской переписи населения (1897), лютеранами<br />

являлись 76,01 %, меннонитами – 3,68 %, реформатами<br />

– 3,57 %, принадлежали к прочим протестантским<br />

направлениям – 1,12 %; католиками были 13,53 %, православными<br />

– 0,75 %, прочими христианами – 0,07 %;<br />

иудаизм исповедовали 1,27 % немцев.<br />

В 1900 г. в Российской империи, включая Привислинский<br />

край, проживали 11,5 млн католиков<br />

(около 9 % всего населения). Немецких приходов насчитывалось<br />

127, из них 49 находилось в Поволжье<br />

(в том числе 34 в Самарской и 15 в Cаратовской<br />

губерниях), остальные 78 располагались в Херсонской<br />

(36), Таврической (22), Екатеринославской (11),<br />

Харьковской (2) и Бессарабской (2) губерниях, Области<br />

войска Донского (5). В начале ХХ в. 62 % католиков<br />

(около 200 тыс. чел.) Тираспольской епархии<br />

являлись немцами.<br />

Самыми крупными городскими католическими приходами<br />

в этот период были приходы св. Климента<br />

(17 800 чел.) и Успения Богородицы (15 000 чел.)<br />

в Одессе. Более 8 000 прихожан проживали в Екатеринославе,<br />

Николаеве и Саратове. Крупнейшими<br />

сельскими приходами являлись поволжские приходы<br />

Зельман (Ровное, 8 500 чел.) и Мариенталь (Тонкошуровка,<br />

8 000 чел.).<br />

Протестантизм на территории всей империи в начале<br />

ХХ в. исповедовали около 5 % населения. Лютеран<br />

к 1917 г. насчитывалось около 3,7 млн чел. Из них<br />

в центральных губерниях проживали 1,249 млн чел.,<br />

остальные – в прибалтийских губерниях. Пять консисториальных<br />

округов (не считая трех малочисленных<br />

– Рижского, Ревельского и Эзельского) состояли<br />

из 539 церковных приходов, 202 из которых находились<br />

в центральных и южных губерниях. К этому времени<br />

в стране имелось 1 828 евангелическо-лютеранских<br />

церквей и молитвенных домов, 665 из них – в прибалтийских<br />

губерниях. Большинство церквей были<br />

каменными, более половины всех церквей находились<br />

в сельских местностях.<br />

На 1917 г. 72,5 % лютеран (более 900 тыс. чел.) в российских<br />

консисториальных округах были немцами,<br />

остальные 27,5 % являлись представителями других<br />

национальностей (латыши, эстонцы, финны, шведы,<br />

армяне, русские). В 1914 г. в должности состояло<br />

198 лютеранских пасторов, к 1918 г. число ординированных<br />

пасторов достигло 209.<br />

Крупнейшими лютеранскими церковными приходами<br />

в стране на 1905 г. являлись приходы поволжских<br />

немецких колоний Франк (28 039 чел.), Норка<br />

(23 179 чел.), Беттингер (19 762 чел.), Нэб (19 046 чел.)<br />

и волынские приходы Рожище (18 000 чел.) и<br />

Геймталь (17 949 чел.). Самыми крупными городскими<br />

приходами были приходы св. Петра и Павла<br />

в Москве (17 000 чел.) и Саратове (16 400 чел.).<br />

Илл.<br />

559, 560<br />

Илл.<br />

561, 562<br />

Илл. 563<br />

Илл. 564<br />

Илл.<br />

565–567<br />

Илл.<br />

568, 569<br />

Илл. 570<br />

Илл. 571


562<br />

564<br />

563<br />

566<br />

562. Католическая церковь в Красноярске (1911). Фото. 2006<br />

Katholische Kirche in Krasnojarsk (1911). Foto. 2006<br />

563. Семья колонистов-католиков (Причерноморье).<br />

1909. Землячество немцев из России, Штутгарт<br />

Familie katholischer Kolonisten (Schwarzmeergebiet).<br />

1909. Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />

564. Свидетельство о конфирмации, проведенной в лютеранской<br />

церкви колонии Стрельна. 1913. Из архива В. Ф. Шефера<br />

Konfirmationsschein der lutherischen Gemeinde zu Strelna.<br />

1913. Privatarchiv von W. F. Schäfer<br />

565<br />

565. Встреча суперинтендентом Пельхау императора<br />

Александра II в лютеранской церкви Св. Петра (Рига).<br />

С литографии А. Мюнстера по эскизу Сигизмунда. 1856<br />

Superintendent Pelchau begrüßt den Imperator Alexander II.<br />

in der lutherischen Petri-Kirche (Riga). Radierung von A. Münster<br />

nach einer Skizze von Sigismund. 1856<br />

566. Лютеранская церковь в Иркутске (1884).<br />

Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Evangelisch-lutherische Kirche in Irkutsk (1884).<br />

Postkarte. Anfang 20. Jh.


567<br />

570<br />

568<br />

569 571<br />

567. Лютеранская церковь в Омске. Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Evangelisch-lutherische Kirche in Omsk. Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />

568. Лютеранская церковь в Усть-Золихе (Мессер) Саратовской губернии (1911).<br />

Фото Е. Мошкова. 2010<br />

Evangelisch-lutherische Kirche in Ust-Solicha (Messer). Gouvernement Saratow (1911).<br />

Foto von E. Moschkow. 2010<br />

569. Лютеранская церковь в Привольном (Варенбург) Самарской губернии (1910).<br />

Фото О. Лиценбергер. 2010<br />

Evangelisch-lutherische Kirche in Prowolnoje (Warenburg), Gouvernement Samara<br />

(1910). Foto von O. Litzenberger. 2010<br />

570. „Собрание христианских песен для общественного<br />

и домашнего молебствия в евангелических<br />

колониях на Волге» (22‐е издание). Титульный лист.<br />

Дерпт, 1908<br />

„Sammlung christlicher Lieder für die öffentliche und<br />

häusliche Andacht, zum Gebrauch der deutschen<br />

evangelischen Kolonien an der Wolga“ (22. Auflage).<br />

Titelblatt. Dorpat, 1908<br />

571. Лютеранская церковь в Саратове (1879).<br />

Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Evangelisch-lutherische Kirche in Saratow (1879).<br />

Postkarte. Anfang 20. Jh.


572<br />

572. Праздничное богослужение в лютеранской церкви<br />

св. Петра в Санкт-Петербурге. С литографии.<br />

Середина XIX в.<br />

Festgottesdienst in der evangelisch-lutherischen<br />

Petri‐Kirche (St. Petersburg). Radierung. Mitte 19. Jh.<br />

573. Алтарное полотно «Распятие», принадлежавшее<br />

церкви св. Петра в Санкт-Петербурге.<br />

К. Брюллов. 1836–1838. Государственный<br />

Русский музей, С.‐Петербург<br />

Altarbild „Kreuzigung“, das der Petri-Kirche<br />

(St. Petersburg) gehörte. K. Brjullow. 1836–1838.<br />

Russisches Staatsmuseum, St. Petersburg<br />

573<br />

574


Немцы в российской истории 243<br />

waren St. Michael in Moskau (1576) und in Nischnij<br />

Nowgorod (1580), St. Peter und Paul in Moskau (1626),<br />

St. Johann in Narwa (1628) und in Archangelsk (1686)<br />

sowie St. Peter in St. Petersburg (1704).<br />

Abb.<br />

572, 573<br />

Старейшими являлись приходы св. Михаила в Москве<br />

(1576), Нижнем Новгороде (1580), св. Петра<br />

и Павла в Москве (1626), св. Иоганна в Нарве<br />

(1628), Архангельске (1686) и св. Петра в Санкт-<br />

Петербурге (1704).<br />

Илл.<br />

572, 573<br />

Die Rolle deutscher Lutheraner<br />

und Katholiken in Wirtschaft,<br />

Politik, Kultur und Bildung<br />

des russischen Staates<br />

Deutschen prägten in hohem Maße die Weltanschauung<br />

der russischen Zaren mit und bekleideten hochrangige<br />

Ämter im Staat. 1853 lag der Anteil an Lutheranern<br />

im Staatsrat bei 16 % (neun von 55 Pers.), im Ministerkomitee<br />

bei elf Prozent (zwei von 18 Pers.), im Senat<br />

bei elf Prozent (zwölf von 113 Pers.) und im Gouverneurskorps<br />

bei 19 % (neun von 49 Pers.). In der 3. Staatsduma<br />

waren von 440 Abgeordneten 25 Katholiken und<br />

19 Lutheraner.<br />

Aus deutschen lutherischen Familien gingen neben vielen<br />

anderen hervor: das Mitglied des Obersten Geheimrates<br />

Heinrich Johann Friedrich Graf Ostermann, der Chef des<br />

Gendarmeriekorps Alexander Christoforowitsch von Benckendorff,<br />

der Minister für Auswärtige Angelegenheiten<br />

Andreas von Budberg, der Minister für Volksbildung Fürst<br />

Carl Christoph von Lieven, die Finanzminister Michael<br />

von Reutern, Nikolaj Bunge und Georg Cancrin sowie der<br />

Premierminister Sergej Juljewitsch Witte.<br />

Lutheraner und Katholiken bildeten die militärische Elite<br />

Russlands. Lutheraner war Generalfeldmarschall Fürst<br />

Michail Bogdanowitsch Barclay de Tolly. Die starke deutsche<br />

Präsenz in der Generalität, 1812 waren 117 von<br />

550 Generälen europäischer Herkunft, erregte den Unmut<br />

des russischen Offizierskorps. Bekannte Lutheraner deutscher<br />

Herkunft waren z. B. die Seefahrer Fabian Gottlieb<br />

Abb. 574<br />

Abb. 575<br />

Роль немцев – лютеран<br />

и католиков – в экономике,<br />

политике, культуре,<br />

образовании Российского<br />

государства<br />

Немцы оказывали заметное влияние на формирование<br />

мировоззрения российских царей, занимали<br />

видные государственные посты. В 1853 г. доля<br />

лютеран в Государственном совете составляла<br />

16 % (9 из 55 чел.), Комитете министров – 11 %<br />

(2 из 18 чел.), Сенате – 11 % (12 из 113 чел.),<br />

губернаторском корпусе – 19 % (9 из 49 чел.). В Государственной<br />

думе третьего созыва из 440 депутатов<br />

католичество исповедовали 25 чел., лютеранство<br />

– 19.<br />

Из немецких лютеранских семей происходили член<br />

Верховного тайного совета граф А. И. Остерман,<br />

шеф корпуса жандармов А. Х. Бенкендорф, министр<br />

иностранных дел А. Я. Будберг, министр народного<br />

просвещения князь К. А. Ливен, министры финансов<br />

М. Х. Рейтерн, Н. Х. Бунге и Е. Ф. Канкрин, премьер-министр<br />

С. Ю. Витте и многие другие.<br />

Лютеране и католики составляли военную элиту<br />

России. Лютеранином был генерал-фельдмаршал<br />

М. Б. Барклай де Толли. Широкое немецкое<br />

представительство среди генералитета 1812 г.<br />

(из 550 генералов 117 имели европейское происхождение)<br />

вызвало волну недовольства русского<br />

Илл. 574<br />

Илл. 575<br />

574. Барон Э. фон дер Ропп (1851–1939), католический<br />

епископ, депутат I Государственной думы.<br />

Фото. Начало ХХ в.<br />

Baron E. von der Ropp (1851–1939), katholischer Bischof,<br />

Abgeordneter der I. Russischen Staatsduma.<br />

Foto. Anfang 20. Jh.<br />

575. Н. Х. Бунге (1823–1895), председатель Комитета<br />

министров (1887–1895). И. Тюрин. 1887. Музей-усадьба<br />

художника Н. Ярошенко, Кисловодск<br />

N. Ch. Bunge (1823–1895), Vorsitzender des<br />

Ministerkomitees (1887–1895). I. Tjurin. 1887.<br />

Gedenkstätte des Malers N. Jaroschenko, Kislowodsk<br />

575


576<br />

577<br />

578<br />

579<br />

576. Адмирал Ф. П. Врангель (1796–1870), мореплаватель и полярный исследователь. А. Першаков. 1892. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />

Admiral F. P. Wrangel (1796–1870), Seefahrer und Polarforscher. A. Perschakow. 1892. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />

577. Декабрист А. Е. Розен (1799–1884). С акварели Н. Бестужева. 1832. Государственный музей изобразительных искусств им. А. Пушкина, Москва<br />

Dekabrist A. E. Rosen (1799–1884). Aquarell von N. Bestuschew. 1832. Staatliches A. Puschkin-Museum für bildende Künste, Moskau<br />

578. Императрица Мария Федоровна, урожденная принцесса Вюртембергская (1759–1828), супруга Павла I, взявшая под покровительство<br />

воспитательные дома, основательница Ведомства по управлению благотворительностью в России (1796).<br />

Неизвестный художник. После 1796. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />

Kaiserin Maria Fedorowna, geb. Prinzessin von Württemberg (1759–1828), Ehefrau von Paul I., Schirmherrin der Erziehungsheime, Gründerin<br />

der Wohlfahrts-Institutionen in Russland (1796). Unbekannter Maler. Nach 1796. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />

579. Символ самопожертвования – пеликан, кормящий кровью птенцов, – стал эмблемой ведомства императрицы Марии.<br />

Барельеф на бывшем Воспитательном доме в Москве. Фото. 2011<br />

Symbol der Selbstaufopferung – ein Pelikan, der mit seinem Blut Jungvögel füttert – wurde zum Symbol der Wohlfahrts-Institutionen<br />

der Kaiserin Maria. Flachrelief an der ehemaligen Erziehungsanstalt in Moskau. Foto. 2011


Немцы в российской истории 245<br />

von Bellinghausen, Adam Johann von Krusenstern und<br />

Ferdinand Friedrich Georg Ludwig Baron von Wrangel<br />

sowie die Teilnehmer des Dekabristenaufstandes Pawel<br />

Iwanowitsch Pestel, Andrej Jewgenjewitsch von Rosen,<br />

Graf G. Manteuffel und B. I. Küchelbecker.<br />

Lutheraner waren in der regierenden russischen Dynastie<br />

vertreten und mit gekrönten Häuptern nah verwandt. Die<br />

Ehefrau, die Schwiegertochter und der Schwiegersohn des<br />

Zaren Peters I. waren Lutheraner. Auch Peter III. und<br />

Katharina II. waren von Geburt Lutheraner. Die Ehefrauen<br />

sämtlicher folgender russischer Imperatoren, Pauls I.,<br />

Alexanders I., Nikolajs I., Alexanders II., Alexanders III.<br />

und Nikolajs II., bekannten sich bis zu ihrer Eheschließung<br />

zum Protestantismus.<br />

Den Einfluss, den deutsche Lutheraner und Katholiken<br />

auf die russische Kultur, Wissenschaft, Bildung, Medizin<br />

und Wirtschaft ausübten, kann man nicht hoch genug<br />

schätzen. Das erste Theater Russlands wurde 1672 in Moskau<br />

gegründet. Geleitet wurde es von dem lutherischen<br />

Pastor Johann Gregorii (1631–1675). Zwischen 1725 und<br />

1799 waren 71 von 111 Mitgliedern der Russischen Akademie<br />

der Wissenschaften Deutsche, sowohl Protestanten<br />

als auch Katholiken. Die ersten Apotheken in Moskau,<br />

St. Petersburg, Saratow, Astrachan und Barnaul eröffneten<br />

Deutsche. Das erste Konservatorium in der russischen<br />

Provinz wurde in Saratow unter Leitung des Lutheraners<br />

Stanislaw Exner eröffnet. Die erste Bildungsanstalt für<br />

Taubstumme im Land wurde 1860 von dem lutherischen<br />

Bischof Heinrich Dieckhoff (1833–1911) errichtet, ebenso<br />

wie 1882 eine Blindenschule.<br />

Eine wichtige Rolle in der Kirche spielte der Kirchenrat.<br />

In den städtischen Kirchengemeinden waren Adlige,<br />

Unternehmer, Beamte und Kaufleute Mitglieder des Kirchenrats.<br />

Schirmher der Kirchen waren häufig bekannte<br />

und einflussreiche Persönlichkeiten, die nicht nur Geld,<br />

Abb. 576<br />

Abb. 577<br />

Abb.<br />

578, 579<br />

Abb. 580<br />

Abb. 581<br />

Abb. 582<br />

офицерства. В числе известных лютеран немецкого<br />

происхождения – мореплаватели Ф. Ф. Беллинсгаузен,<br />

И. Ф. Крузенштерн, барон Ф. П. Врангель,<br />

участники восстания декабристов П. И. Пестель,<br />

А. Е. Розен, граф Г. Мантейфель, Б. И. Кюхельбекер<br />

и др.<br />

Лютеране являлись представителями правящей российской<br />

династии, были близкими родственниками<br />

коронованных особ. Лютеранами были жена, сноха<br />

и зять императора Петра I. Императоры Петр III и<br />

Екатерина II также от рождения были приобщены<br />

к лютеранству. Супруги всех последующих российских<br />

императоров (Павла I, Александра I, Николая I,<br />

Александра II, Александра III и Николая II) до замужества<br />

исповедовали протестантизм.<br />

Невозможно переоценить влияние, оказанное немцами<br />

– лютеранами и католиками, на российскую<br />

культуру, науку, образование, медицину, экономику.<br />

Первый в России театр появился в Москве (1672).<br />

Им руководил лютеранский пастор Иоганн Грегории<br />

(1631–1675). В 1725–1799 гг. из 111 академиков<br />

Российской Академии наук 71 были немцами – протестантами<br />

и католиками. Первые аптеки в Москве,<br />

Санкт-Петербурге, Саратове, Астрахани и Барнауле<br />

открыты немцами. Первая в российской провинции<br />

консерватория открыта в Саратове под руководством<br />

лютеранина С. К. Экснера. Первое в стране<br />

училище для глухонемых (1860) и школа для слепых<br />

(1882) были созданы лютеранским епископом<br />

Г. Дикгофом (1833–1911).<br />

Важную роль в жизни церкви играл совет общины.<br />

В городских общинах в совет входили дворяне, предприниматели,<br />

чиновники, купцы. Покровителями<br />

церквей часто являлись знатные и влиятельные<br />

особы, жертвовавшие не только денежные средства,<br />

Илл. 576<br />

Илл. 577<br />

Илл.<br />

578, 579<br />

Илл. 580<br />

Илл. 581<br />

Илл. 582<br />

580. «Святой доктор» Ф. Гааз (1780–1853), католик,<br />

родом из Рейнской области, работавший в Москве,<br />

основоположник тюремной медицины в России, чьё имя –<br />

символ милосердия. А. Кони. 1904<br />

Der „Heilige Doktor“ F. Haass (1780–1853), Katholik aus<br />

dem Rheinland, praktizierte in Moskau, Begründer der<br />

Gefängnismedizin in Russland, dessen Name ein Symbol für<br />

Barmherzigkeit ist. A. Koni. 1904<br />

580


581 582<br />

583<br />

581. И. Г. Грегории (1631–1675), пастор лютеранской общины св. Петра и Павла в Москве. С гравюры. XVII в.<br />

J. G. Gregorii (1631–1675), Pastor der evangelisch-lutherischen Peter-und-Paul-Gemeinde zu Moskau. Radierung. 17. Jh.<br />

582. Граф Б.-К. фон Миних (1683–1767). Представлен как покровитель общины св. Петра в Санкт-Петербурге с книгой<br />

пожертвований для церкви и школы. Г. Бухгольц. 1765. Государственный Эрмитаж, С.‐Петербург<br />

Graf B.-Ch. von Münnich (1683–1767). Dargestellt als Schirmherr der Petri-Gemeinde mit Collectenbuch für die Kirche und<br />

Schule. H. Buchholz. 1765. Staatliche Ermitage, St. Petersburg<br />

583. Бывший сиротский приют Евангелического попечительства о бедных женщинах и детях в Москве. Фото. 2008<br />

Ehemaliges Waisenhaus des Evangelischen Hilfsvereins für bedürftige Frauen und Kinder. Foto. 2008


Немцы в российской истории 247<br />

sondern auch sakrale Objekte und Kircheninventar spendeten.<br />

Durch Spenden von Familienmitgliedern des Imperators<br />

wurde die Rolle der Kirche bei der Erziehung,<br />

bei der Festigung der Moral und bei der Wohltätigkeit<br />

anerkannt.<br />

но и предметы культа и интерьера. Пожертвованиями<br />

членов императорской фамилии признавалась роль<br />

церкви в воспитании, укреплении нравственности и<br />

благотворительности.<br />

Wohltätigkeit der Kirche<br />

Glaubensgemeinschaften der Russlanddeutschen schufen<br />

in Russland ein durch seine Vielfalt beeindruckendes<br />

Netz an Wohltätigkeits- und Kulturvereinen. Galt die<br />

Wohltätigkeit der Kirche bis Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

allein den eigenen Gemeindemitgliedern, so kam sie<br />

später allen Bedürftigen, egal welchen Glaubens, zugute.<br />

Die erste Wohltätigkeitseinrichtung im Reich war der 1775<br />

von dem Petersburger Pastor Joachim Christian Grot an<br />

der St. Katharinenkirche gegründete Verein für Todesfälle,<br />

der bei Bestattungen half.<br />

Die meisten Wohltätigkeitseinrichtungen gab es bei den<br />

Lutheranern. Anfang des 20. Jahrhunderts waren es bis zu<br />

30 in St. Petersburg. Als erste wohltätige Einrichtung in<br />

Moskau gilt die 1838 gegründete Schule für arme Kinder<br />

und Waisen evangelischen Glaubens. In Odessa wurde<br />

das erste Heim für Arme und Obdachlose 1831 eröffnet.<br />

Auch an der Wolga und in Sibirien gab es eine ganze<br />

Reihe von Wohltätigkeitsorganisationen.<br />

Bis Ende des 19. Jahrhunderts gründeten die evangelischlutherische<br />

Kirche und die römisch-katholische Kirche in<br />

Russland zahlreiche wohltätige Einrichtungen mit sehr<br />

unterschiedlichen Aufgaben: Vereine, die Obdachlosen<br />

und Bettlern ein Nachtlager oder eine Unterkunft bereitstellten,<br />

wie Heime für Kinder, Frauen, Männer, Bedienstete,<br />

Gouvernanten und Kranke, oder Nachtasyle<br />

und Armenhäuser; Vereine, die bei der Suche nach Arbeit<br />

behilflich waren und diese Bedürftigen und Obdachlosen<br />

Abb.<br />

583, 584<br />

Abb. 585<br />

Церковная благотворительность<br />

Религиозные организации российских немцев создали<br />

в России поражающую многообразием сеть благотворительных<br />

и культурных обществ. Если до середины<br />

ХIХ в. церковная благотворительность была направлена<br />

только на прихожан своего исповедания, то позже<br />

– на всех нуждавшихся, без учета вероисповедания.<br />

Первое в империи благотворительное учреждение<br />

было открыто в 1775 г. санкт-петербургским пастором<br />

И. Х. Гротом при церкви Св. Екатерины – Общество<br />

для смертных случаев, оказывавшее помощь при погребении.<br />

Наибольшее число благотворительных заведений имелось<br />

у лютеран. В Санкт-Петербурге к началу ХХ в. их<br />

действовало около 30. Первым обществом благотворительного<br />

типа в Москве считается школа для бедных<br />

детей и сирот евангелических исповеданий (1838).<br />

В Одессе первый приют для бездомных и неимущих<br />

открылся в 1831 г. Целый ряд благотворительных организаций<br />

существовал в Поволжье и Сибири.<br />

К концу ХIХ в. у Евангелическо-лютеранской и Римско-католической<br />

церквей в России появился целый<br />

комплекс благотворительных учреждений различного<br />

рода деятельности: общества, предоставлявшие ночлег<br />

и пристанище бездомным и нищим, – приюты<br />

(для детей, женщин, мужчин, прислуги, гувернанток,<br />

больных и пр.), ночлежки и богадельни; общества,<br />

способствовавшие в поиске работы и предоставлявшие<br />

ее нуждающимся и бездомным, – работные дома,<br />

Илл.<br />

583, 584<br />

Илл. 585<br />

584. Дом престарелых «Бетания»<br />

и сиротский приют «Назарет»<br />

в поволжской колонии Таловка<br />

(Байдек) на обложке журнала<br />

«Фриденсботе». 1894<br />

Altenheim „Bethania“ und<br />

Waisenanstalt „Nazareth“ in<br />

der Kolonie Talowka (Beidek) an<br />

der Wolga auf dem Titelblatt der<br />

Zeitschrift „Friedensbote“. 1894<br />

585. Устав Общества для<br />

содержания евангелической<br />

богадельни в Стрельне. 1892<br />

Statuten des Vereins zur<br />

Erhaltung des evangelischen<br />

Siechenheims in Strelna. 1892<br />

584 585


586<br />

586, 587.<br />

Бывшая евангелическая женская больница<br />

в С.‐Петербурге. Фото. 2011<br />

Ehemaliges evangelisches Krankenhaus für Frauen<br />

in St. Petersburg. Foto. 2011<br />

588. Школа для бедных в Березовке Уфимской<br />

губернии (братские меннониты). Почтовая<br />

карточка. Изд. А. Фризен. Начало ХХ в.<br />

Armenschule der Mennoniten-<br />

Brüdergemeinde in Beresowka,<br />

Gouvernement Ufa. Postkarte.<br />

Verlag A. Friesen. Anfang 20. Jh.<br />

589. Устав общества взаимной помощи<br />

немцев-католиков в России, отпечатанный<br />

в типографии общества св. Климента<br />

в Одессе. [1908]<br />

Satzung des Vereins für gegenseitige<br />

Unterstützung der deutschen Katholiken,<br />

gedruckt in der Druckerei der St.-Klemens-<br />

Gesellschaft in Odessa. [1908]<br />

587<br />

590. Библия (Священное писание) в переводе<br />

М. Лютера, изданная по поручению<br />

Главного комитета Евангелического<br />

библейского общества в России.<br />

Ревель, 1907<br />

Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift nach<br />

der Übersetzung von M. Luther, gedruckt im<br />

Auftrag des Hauptkomitees der Evangelischen<br />

Bibelgesellschaft in Russland. Reval, 1907<br />

588<br />

589<br />

590


Немцы в российской истории 249<br />

anboten, wie Arbeitshäuser und Arbeitsvermittlungen;<br />

Vereine, die verschiedene Personen und Organisationen<br />

materiell unterstützten, wie Armenhilfsvereine und Kassen<br />

der gegenseitigen Hilfe (für Kirchspiele in Russland,<br />

arme Gemeindemitglieder, Pastoren usw.); medizinische<br />

Einrichtungen, wie Hospitäler, Lazarette, Krankenhäuser,<br />

Diakonissenhäuser, Mutterhäuser und Sanatorien; Einrichtungen<br />

zur geistig-moralischen und religiösen Erziehung,<br />

wie Pflegeheime oder Vereine für Jungen, für Mädchen<br />

und zum Schutz von Frauen sowie Missionen; Schulen, die<br />

sich der Ausbildung und Erziehung der heranwachsenden<br />

Generation widmeten, bestimmt für Kinder armer Leute<br />

und Waisen.<br />

Kirchliche Wohltätigkeit erfasste auch andere Bereiche.<br />

So wurden zeitweilige Hilfskomitees für Hungernde gebildet<br />

oder Spenden für die unterschiedlichsten Zwecke<br />

gesammelt.<br />

Das Netz der katholischen Wohltätigkeitseinrichtungen<br />

war nicht so groß. Die Regierung verhinderte den Ausbau.<br />

Katholische Wohltätigkeitseinrichtungen konnten sich erst<br />

gegen Ende des 19. Jahrhunderts ausbreiten. Die Registrierung<br />

katholischer barmherziger Vereine bei den staatlichen<br />

Stellen war mit größten Schwierigkeiten verbunden.<br />

Neben Wohltätigkeitseinrichtungen wurden auch gesellschaftliche<br />

Organisationen mit eindeutig religiösem<br />

Charakter gegründet. Die Evangelische Bibelgesellschaft<br />

(1831–1917) war die Nachfolgeorganisation der Russischen<br />

Bibelgesellschaft zur Publikation und Verbreitung der<br />

Heiligen Schrift. Allerdings erfasste ihr Wirkungsbereich<br />

nur die protestantische Bevölkerung des Reiches. Zur Unterstützung<br />

der kulturellen und moralischen Entwicklung<br />

deutscher Katholiken sowie zur „Abwehr sozialistischer<br />

und sonstiger Ideen, die die Sicherheit des Staates gefährden“,<br />

wurde 1906 in Saratow die St.-Klemens-Gesellschaft<br />

gegründet, deren Tätigkeit sich über das gesamte Bistum<br />

Tiraspol erstreckte. Zur Umsetzung ihrer Ziele plante<br />

sie, Bücher, Zeitungen und Zeitschriften herauszugeben,<br />

Bibliotheken und Lesesäle zu eröffnen, öffentliche Vorträge,<br />

Lesungen, Theateraufführungen, Konzerte und Ausstellungen<br />

zu veranstalten. Schon bald, im Jahre 1908,<br />

wurde eine Filiale in Odessa eröffnet. Zehn Prozent der<br />

Mitglieder waren Priester, überwiegend gewählte Vertreter.<br />

Zur selben Zeit wurde in Odessa auch der Südrussische<br />

katholische deutsche Bildungsverein gegründet, der die<br />

gleichen Ziele verfolgte, den Schwerpunkt aber mehr auf<br />

Bildung legte.<br />

Abb.<br />

586, 587<br />

Abb. 588<br />

Abb. 589<br />

Abb. 590<br />

дома трудолюбия, бюро по трудоустройству; общества,<br />

оказывавшие материальную поддержку различным<br />

лицам и организациям, – союзы помощи бедным и<br />

кассы взаимопомощи (для приходов России, бедных<br />

прихожан, пасторов и др.); учреждения, предоставлявшие<br />

медицинские услуги, – госпитали, лазареты,<br />

больницы, дома диаконии, родовспомогательные дома,<br />

санатории; организации, выполнявшие задачу духовно-нравственного<br />

и религиозного воспитания, – попечительства,<br />

общества (юношей, молодых девушек, защиты<br />

женщин и др.) и миссии; школы, занимавшиеся<br />

обучением и воспитанием подрастающего поколения<br />

(для детей бедных родителей, сирот и др.).<br />

Церковная благотворительность развивалась и по другим<br />

направлениям: создание временных комитетов<br />

помощи голодающим, сборы пожертвований в различных<br />

целях и др.<br />

Сеть католических благотворительных учреждений<br />

была менее обширна. Правительство препятствовало<br />

их развитию. Они получили распространение лишь<br />

к концу ХIХ в. Процедура регистрации в государственных<br />

органах католических обществ милосердия<br />

была сопряжена с большими трудностями.<br />

Наряду с благотворительными учреждениями были<br />

созданы общественные организации, носившие ярко<br />

выраженный религиозный характер. Евангелическое<br />

библейское общество (1831–1917) стало продолжателем<br />

Российского библейского общества по изданию и<br />

распространению Священного Писания. Но деятельность<br />

его распространялась лишь на протестантское<br />

население империи. В целях содействия культурному<br />

и нравственному развитию немцев-католиков и<br />

«противо действия социалистическим и другим идеям,<br />

угрожавшим безопасности государства», в Саратове<br />

было основано Общество св. Климента (1906). Сфера<br />

его деятельности распространялась на всю Тираспольскую<br />

епархию. Для достижения своих целей оно<br />

планировало издавать книги, газеты и журналы, открывать<br />

библиотеки и читальни, устраивать публичные<br />

лекции, чтения, спектакли, концерты, выставки.<br />

Вскоре в Одессе появилось его отделение (1908), более<br />

10 % членов которого составляли священники,<br />

в подавляющем большинстве занимавшие выборные<br />

должности. Одновременно в Одессе же было основано<br />

Южнорусское католическое немецкое общество<br />

образования, преследовавшее те же цели, но с более<br />

ярко выраженным образовательным уклоном.<br />

Илл.<br />

586, 587<br />

Илл. 588<br />

Илл. 589<br />

Илл. 590<br />

Kirchenpresse<br />

Die Presse war für die deutschen Konfessionen von großer<br />

Bedeutung. Von 1816 bis 1819 erschien in Riga mit<br />

dem „Magazin für protestantische Prediger im Russischen<br />

Reiche“ das zentrale Periodikum für Lutheraner<br />

und Reformierte. Später wurden die „Mitteilungen und<br />

Nachrichten für die evangelische Geistlichkeit Russlands“<br />

die zentrale Publikation, die von 1838 bis 1914 in Riga<br />

und Dorpat erschien. Für die lutherischen Gemeinden<br />

an der Wolga gab es ab 1874 die Zeitschrift „Volksbote“,<br />

die zehn Jahre später unter dem Titel „Friedensbote auf<br />

Abb. 591<br />

Церковная пресса<br />

Особое значение для немецких конфессий имела<br />

пресса. В 1816–1819 гг. в Риге выходило центральное<br />

периодическое издание лютеран и реформатов – «Журнал<br />

для протестантских проповедников в Российской<br />

империи». Позже центральным изданием стали «Сообщения<br />

и новости для евангелического духовенства<br />

России», выходившие в Риге и Дерпте (1838–1914).<br />

Для лютеранских общин в Поволжье с 1874 г. выходит<br />

журнал «Народный посланник», который через<br />

Илл. 591


591. «Сообщения и новости для<br />

евангелического духовенства<br />

России». 1871<br />

„Mitteilungen und Nachrichten<br />

für die evangelische Geistlichkeit<br />

Russlands“. 1871<br />

591 592<br />

592. Журнал «Посланник мира на Нагорной<br />

и Луговой стороне Волги». 1894<br />

Zeitschrift „Friedensbote auf Berg- und<br />

Wiesenseite der Wolga“. 1894<br />

593. Журнал «Клеменс». 1897<br />

Zeitschrift „Klemens“. 1897<br />

593<br />

594. Газета «Немецкое обозрение». 1907<br />

Zeitung „Deutsche Rundschau“. 1907<br />

594


Немцы в российской истории 251<br />

Berg- und Wiesenseite der Wolga“ in der Redaktion von<br />

Pastor Günter aus der Kolonie Talowka erschien.<br />

In den römisch-katholischen Gemeinden wurde die Zeitschrift<br />

„Klemens“ vertrieben, die von 1897 bis 1907 in<br />

der Redaktion von Prälat J. Kruschinskij und später in<br />

Odessa als Beilage zur Zeitung „Deutsche Rundschau“<br />

erschien. Obwohl diese Periodika religiös ausgerichtet<br />

waren, brachten sie auch Artikel mit allgemeinen Themen.<br />

So gab es Rubriken wie „Politik“, „Welt und Kirche“ oder<br />

„Landwirtschaft“. Ab Sommer 1917 erschien in Saratow,<br />

später in der Kolonie Mariental, die Zeitung „Deutsche<br />

Stimmen aus dem Wolgagebiet“. Die Redakteure der katholischen<br />

Presseerzeugnisse waren zumeist Priester.<br />

Die Mennonitengemeinden in Südrussland hatten mit der<br />

Zeitung „Der Botschafter“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

ihr eigenes Blatt.<br />

Die Arbeiten von Geistlichen unterschiedlicher Konfessionen,<br />

wie J. Kessler, A. Zerr, Ja. Stach, K. Keller, Th. Meyer<br />

oder M. Schrenk, die vor der Revolution erschienen,<br />

zeichneten nicht nur die Geschichte von Gemeinden und<br />

Kirchspielen, sondern auch die Geschichte der Kolonien<br />

insgesamt nach.<br />

Analysiert man die Geschichte der Kirchen, gelangt man zu<br />

der Feststellung, dass das Engagement der Lutheraner im<br />

wirtschaftlichen und geistigen Bereich deutlicher spürbar<br />

war. Die Einbindung von Katholiken in das gesellschaftliche<br />

Leben des Landes wurde staatlicherseits behindert.<br />

Abb. 592<br />

Abb. 593<br />

Abb. 594<br />

Abb. 595<br />

Abb. 596<br />

10 лет стал издаваться под названием «Посланник<br />

мира на Нагорной и Луговой стороне Волги» под редакцией<br />

пастора Г. Гюнтера (колония Таловка).<br />

В римско-католических общинах распространялся<br />

журнал «Клеменс», издававшийся в Саратове (1897–<br />

1907) под редакцией прелата Й. Крушинского, а затем<br />

в Одессе как приложение к газете «Немецкое обозрение».<br />

Несмотря на религиозную направленность,<br />

эти периодические издания публиковали материалы<br />

и общего характера (имелись разделы и рубрики<br />

«Политика», «Мир и церковь», «Сельское хозяйство»<br />

и др.). С лета 1917 г. в Саратове, а затем в колонии<br />

Мариенталь стала выходить газета «Немецкие голоса<br />

из Поволжья». Почти всегда редакторами католических<br />

изданий являлись священники.<br />

Собственное издание – «Посланник» – имели в начале<br />

ХХ в. и меннонитские общины на юге России.<br />

Труды священнослужителей различных исповеданий<br />

Й. Кесслера, А. Церра, Я. Штаха, К. Келлера, Т. Мейера,<br />

М. Шренка и др., увидевшие свет до революции, запечатлели<br />

не только историю общин и приходов, но<br />

и колоний в целом.<br />

Анализ истории церквей позволяет утверждать, что<br />

вовлеченность лютеран в экономическую и духовную<br />

сферу была более заметна. Вовлечение католиков<br />

в общественную жизнь страны сдерживалось<br />

государством.<br />

Илл. 592<br />

Илл. 593<br />

Илл. 594<br />

Илл. 595<br />

Илл. 596<br />

Religion und Kirche<br />

der Russlanddeutschen<br />

in den Jahren der Sowjetmacht<br />

Религия и церковь<br />

российских немцев<br />

в годы советской власти<br />

Die antireligiöse Politik der Sowjetmacht führte dazu,<br />

dass sämtliche Glaubensgemeinschaften des Landes ihre<br />

Tätigkeit offiziell einstellen mussten. Auch die traditionellen<br />

Антирелигиозная политика советской власти привела<br />

к прекращению официальной деятельности<br />

всех религиозных конфессий страны, в том числе<br />

595. Реклама журнала «Вестник». 1910<br />

Reklame der Zeitschrift<br />

„Der Botschafter“. 1910<br />

596. Прижизненно изданные<br />

мемуары суперинтендента<br />

И. А. Фесслера. Бреслав, 1824<br />

Zu Lebzeiten veröffentlichte<br />

Memoiren des Superintendenten<br />

I. A. Fessler. Breslau, 1824<br />

595 596


252 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 597<br />

deutschen Kirchen und deren Organisationsstrukturen<br />

wurden aufgelöst. Mit der laut Dekret vom 11. Dezember<br />

1917 erfolgten Übergabe aller Lehreinrichtungen an das<br />

Volksbildungskommissariat verloren die deutschen Kirchen<br />

einige Tausend kirchliche Gemeindeschulen. Ihnen wurde<br />

auch das Recht entzogen, weiterhin kirchliche Tauf‐, Heirats-<br />

und Sterberegister zu führen und aufzubewahren sowie<br />

kirchliche Dokumente in deutscher Sprache auszustellen.<br />

Bankeinlagen wurden konfisziert und Immobilien, wie<br />

Klöster, Kinderheime, Schulen und Armenhäuser, nationalisiert.<br />

Allein die nationalisierten Geldmittel des Bistums<br />

Tiraspol hatten einen Wert von 339.900 Rubeln.<br />

Entsprechend dem Dekret von 1918 über die Trennung von<br />

Kirche und Staat sowie Kirche und Schule verloren sämtliche<br />

Religionsgemeinschaften das Recht auf Besitz von Eigentum<br />

sowie den Status einer juristischen Person. Die glaubensfeindlichen<br />

Maßnahmen richteten sich nicht gezielt gegen<br />

die traditionellen deutschen Konfessionen, sondern waren<br />

ein geschlossenes System von Maßnahmen gegen Religion<br />

und Kirche im Land. In der Instruktion vom 30. August 1918<br />

wurde jedoch ausdrücklich vermerkt, dass die katholische<br />

und die protestantische Kirche mit ihren Gläubigen unter<br />

das o. g. Dekret fallen. Im Gegenzug richtete die Leitung<br />

der lutherischen Kirche im Herbst 1918 mehrere Appelle<br />

an den Rat der Volkskommissare mit der Forderung, die<br />

Umsetzung des Dekrets einzustellen, wobei sie sich auf<br />

den Brester Friedensvertrag berief. Die katholische Kirche<br />

schickte der Sowjetregierung ein Memorandum.<br />

Obwohl sich Katholiken und Protestanten freiwillig an<br />

Hilfsaktionen für die Hungernden an der Wolga und in<br />

der Ukraine beteiligten, wurden den Kirchen 1922 unter<br />

dem Vorwand, damit die Hungersnot bekämpfen zu wollen,<br />

gewaltsam sämtliche Kirchenschätze genommen. Diese<br />

Kampagne wandelte sich zu einem politischen Kampf, deren<br />

Ergebnis eine Schwächung der Kirchen war. Die antireligiöse<br />

Abb. 598 Илл. 597<br />

Илл. 598<br />

к ликвидации традиционных немецких церквей как<br />

организованных структур. В результате передачи<br />

Народному комиссариату просвещения всех учебных<br />

заведений (декрет 11 декабря 1917 г.) немецкие<br />

церкви лишились нескольких тысяч церковно-приходских<br />

школ. Они лишались также права ведения<br />

и хранения метрических книг, ведения церковных<br />

документов на немецком языке. Были конфискованы<br />

банковские вложения и национализировано недвижимое<br />

имущество: монастыри, детские приюты,<br />

школы, богадельни. Только национализированные<br />

денежные средства Тираспольской епархии составили<br />

339 900 руб.<br />

Согласно Декрету об отделении церкви от государства<br />

и школы от церкви (1918) все религиозные организации<br />

теряли право владения собственностью и<br />

лишались прав юридического лица. Антирелигиозные<br />

мероприятия не проводились целенаправленно по отношению<br />

к традиционным немецким конфессиям,<br />

а представляли собой единую систему мер против<br />

религии и церкви в стране. Однако инструкцией<br />

30 августа 1918 г. было особо отмечено, что Католическая<br />

и Протестантская церкви с их исповеданиями<br />

подходят под действие названного декрета.<br />

В противовес этому руководство Лютеранской церкви<br />

осенью 1918 г. приняло ряд обращений в Совет Народных<br />

Комиссаров с требованием о приостановке<br />

проведения декрета, ссылаясь на Брестский мир,<br />

а католическая церковь выступила с меморандумом<br />

к советскому правительству.<br />

Несмотря на добровольное участие католиков и протестантов<br />

в оказании помощи голодающим Поволжья<br />

и Украины, их церкви подверглись насильственному<br />

изъятию всех церковных ценностей под предлогом<br />

борьбы с голодом (1922). Эта кампания превратилась<br />

597. Оттиск печати областного исполкома<br />

Евангелической церкви в Поволжье.<br />

Бальцер, 1919. Государственный исторический<br />

архив немцев Поволжья, Энгельс<br />

Siegelabdruck des Gebiets-Vollzugskomitees<br />

der Evangelischen Kirche im Wolgagebiet.<br />

Balzer, 1919. Staatliches Historisches Archiv<br />

der Wolgadeutschen, Engels<br />

597<br />

598. Й. А. Кесслер (1862–1933), епископ Тираспольской епархии (1904–1929), из<br />

семьи колонистов к. Луи (Отроговка) Самарской губернии, организатор помощи<br />

российским немцам во время голода 1922–1923 гг. Фото. 1930<br />

J. A. Keßler (1862–1933), Bischof der Diözese Tiraspol (1904–1929), entstammt einer<br />

Kolonistenfamilie aus Louis (Otrogowka), Gouvernement Samara, organisierte Hilfe für<br />

die Deutschen in Russland während der Hungersnot von 1922–1923. Foto. 1930<br />

598


Немцы в российской истории 253<br />

Politik der Sowjetmacht war auf die Spaltung der offiziellen<br />

Kirchenstrukturen ausgerichtet. Von der Lutherischen Kirche<br />

hat sich die „Freie evangelisch-lutherische und reformierte<br />

Kirche kongregationaler Ausrichtung“ („Lebendige<br />

Kirche“) abgespalten, die die sowjetischen Behörden für<br />

ihre Interessen zur Destabilisierung der offiziellen Kirche<br />

einsetzten. In den 1920er Jahren bekamen alle deutschen<br />

Religionsgemeinschaften die Spaltung der Verwaltungsstrukturen,<br />

die Isolierung der einzelnen Gemeinden sowie<br />

territoriale und personelle Verluste zu spüren. Die glaubensfeindlichen<br />

Maßnahmen führten dazu, dass die Zahl<br />

der Pastoren, Pfarrer und Prediger stark abnahm und Mitte<br />

der 1920er Jahre um mehr als die Hälfte zurückgegangen<br />

war. 1923 wurde gegen eine Gruppe katholischer Geistlicher<br />

ein politischer Prozess inszeniert. Eine neue Welle<br />

von Prozessen gegen ganze Gruppen deutscher Geistlicher<br />

überzog die Sowjetunion zwischen 1926 und 1928. Durch<br />

die Verhaftungen von Geistlichen, deren Gründe meistens<br />

falsifiziert waren, ging die Zahl der Gemeinden und Gemeindemitglieder<br />

drastisch zurück.<br />

Nach dem Inkrafttreten der Verordnung des Zentralen<br />

Allunionsexekutivkomitees und des Rates der Volkskommissare<br />

„Über Religionsgemeinschaften“ im Jahre 1929<br />

und der Einführung einer Reihe von Einschränkungen<br />

für die Aktivitäten religiöser Gemeinden wurden Kirchen<br />

reihenweise geschlossen. In vielen Orten wurden sie zu<br />

Lagern, Garagen und Kuhställen umfunktioniert oder zum<br />

Abriss freigegeben, weil sie nicht den Anforderungen an<br />

eine sozialistische Architektur gerecht wurden. Das gewaltsame<br />

Schließen von Kirchen führte in einigen Orten<br />

zu Gegenwehr unter den Gläubigen. Am heftigsten war<br />

deren Auflehnung in Marxstadt und Halbstadt.<br />

1929 und 1930 überzog eine neue Welle von Verhaftungen<br />

und Verurteilungen von Priestern das Land. Die religiösen<br />

Verfolgungen in der Sowjetunion riefen den Protest<br />

Abb.<br />

599–601<br />

в политическую борьбу, а ее итогом стало ослабление<br />

церкви. Антирелигиозная политика советской власти<br />

была направлена на внесение раскола в официальные<br />

церковные структуры. От Лютеранской церкви<br />

отделилась Свободная евангелическо-лютеранская<br />

и реформатская церковь конгрегационального направления<br />

(«живоцерковники»), которую советские<br />

органы использовали в своих целях для дестабилизации<br />

положения официальной церкви. В 1920‐е гг.<br />

все немецкие религиозные организации переживали<br />

раскол управленческих структур, разрозненность<br />

отдельных приходов, территориальное и численное<br />

сокращение. Осуществление антирелигиозных мер<br />

привело к резкому уменьшению числа пасторов, патеров<br />

и проповедников, которое к середине 1920‐х гг.<br />

сократилось более чем в два раза. В 1923 г. над группой<br />

католических священнослужителей был устроен<br />

политический процесс. Новая волна групповых<br />

процессов против немецких священнослужителей<br />

прокатилась по СССР в 1926–1928 гг. Вследствие<br />

арестов духовенства, причины которых чаще всего<br />

фальсифицировались, резко сократилось число общин<br />

и прихожан.<br />

После принятия постановления ВЦИК и СНК «О религиозных<br />

объединениях» (1929) и введения ряда ограничений<br />

на деятельность религиозных общин массовый<br />

характер приобрело закрытие церквей. В ряде мест<br />

они отдавались под склады, гаражи, коровники или<br />

шли на слом, как не соответствовавшие требованиям<br />

социалистической архитектуры. Насильственное закрытие<br />

церквей вызвало в некоторых местах противодействия<br />

верующих. Наиболее серьезными были выступления<br />

в Марксштадте и Гальбштадте.<br />

В 1929–1930 гг. по стране прокатилась новая волна арестов<br />

и осуждений священнослужителей. Религиозные<br />

Илл.<br />

599–601<br />

Abb.<br />

602, 603 Илл.<br />

602, 603<br />

599. «Двадцатка» с пастором лютеранской<br />

церкви в Детском (Царском) Селе<br />

Ленинградской области. Фото А. Яковлева.<br />

1929. Российский государственный<br />

архив кинофотодокументов (РГАКФД),<br />

Красногорск<br />

„Die Zwanzig“ mit dem Pastor der<br />

lutherischen Kirche in Detskoje (Zarskoje)<br />

Selo (Gebiet Leningrad). Foto von<br />

A. Jakowljew. 1929. Russisches Staatsarchiv<br />

für Kino-Fotodokumente (RGAKFD),<br />

Krasnogorsk<br />

599


600<br />

600. Пастор с конфирмантами в церкви Детского<br />

Села Ленинградской обл. Фото А. Яковлева.<br />

1929. РГАКФД, Красногорск<br />

Der Pastor mit den Konfirmanden in der Kirche<br />

von Detskoje Selo (Gebiet Leningrad). Foto von<br />

A. Jakowljew. 1929. RGAKFD, Krasnogorsk<br />

601<br />

603<br />

601. «Охраняйте детей от цепких лап баптистских и евангелистских<br />

пройдох!». Обложка журнала «Безбожник у станка».<br />

Рисунок Д. С. Моора (Соколова). 1928<br />

„Schützt die Kinder vor zugreifenden Pfoten baptistischer und<br />

evangelistischer Schurken!“. Umschlag der Zeitschrift<br />

„Besboschnik u stanka“ („Der Gottlose an der Werkbank“).<br />

Zeichnung von D. S. Moor (Sokolow). 1928<br />

602. Лютеранская церковь св. Михаила (1764) старейшего прихода<br />

в Немецкой слободе Москвы. Снесена в 1928 г.<br />

Фото. Изд. «Шерер, Набгольц и К°». 1883<br />

Evangelisch-lutherische Michaelis-Kirche (1764) der ältesten<br />

Gemeinde in der Deutschen Vorstadt Moskaus, abgetragen 1928.<br />

Foto. Verlag „Scherer, Nabholz & Co“. 1883<br />

602<br />

603. Католический собор св. Климента в Саратове (1880–1881).<br />

Снесен в 1928 г. Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Katholische Klemens-Kathedrale zu Saratow (1880–1881),<br />

abgetragen 1928. Postkarte. Anfang 20. Jh.


Немцы в российской истории 255<br />

kirchlicher Organisationen auf der ganzen Welt hervor.<br />

In Beantwortung eines Schreibens von Papst Pius XI.<br />

dementierte im Februar 1930 der Vorsitzende des Rates<br />

der Volkskommissare der UdSSR, Rykow, offiziell die<br />

Existenz religiöser Verfolgungen. Das Auswärtige Amt<br />

Deutschlands stellte anhand von Daten, die es vom Volkskommissar<br />

für Auswärtige Angelegenheit der UdSSR,<br />

M. M. Litwinow, erhalten hatte, eine Liste mit den Namen<br />

von 97 lutherischen Pastoren und katholischen Pfarrern<br />

deutscher Herkunft, die verhaftet worden waren und sich<br />

in der Sowjetunion in Haft befanden, mit Angaben zu deren<br />

Verbannungsorten, zusammen. 1934 wurden noch einmal<br />

15 lutherische Geistliche verhaftet und verurteilt. Als<br />

Bischof A. Malmgren im Sommer 1936 die Sowjetunion<br />

verließ, gab es nur noch elf lutherische Pastoren im Land,<br />

die alle miteinander bereits 1937 verhaftet wurden.<br />

Ende der 1930er Jahre stellten die evangelisch-lutherische<br />

und die katholische Kirche ihre Existenz als strukturelle<br />

Körperschaften ein. Die Führungsgremien der Mennoniten,<br />

Baptisten und anderer protestantischer Konfessionen wurden<br />

aufgelöst. In nur 20 Jahre nach dem Machtantritt der<br />

Kommunisten waren ca. 1 200 Kirchen und Bethäuser der<br />

Lutheraner und über 1 200 katholische Kirchen geschlossen.<br />

Ein Großteil der deutschen Kirchen, beeindruckende<br />

architektonische Denkmäler, wurde zerstört. Die erhalten<br />

Gebliebenen, wurden zu Lagern, Werkstätten, Garagen<br />

für Landwirtschaftsmaschinen und Klubs umfunktioniert.<br />

Hunderte Geistliche wurden Opfer der antireligiösen Politik<br />

des Staates und der Willkür seiner Strafvollzugsorgane.<br />

Von 350 lutherischen Pastoren in der Sowjetunion wurde<br />

über 130 verhaftet, ca. 40 wurden erschossen oder starben<br />

in der Haft, über 100 konnten emigrieren. Ca. 1,5 Mio.<br />

Lutheraner (überwiegend Russlanddeutsche) und elf Millionen<br />

Katholiken (überwiegend Polen und Deutsche), die<br />

sich Angaben aus dem Jahre 1917 zufolge noch als solche<br />

Abb. 604<br />

Abb. 605<br />

Abb.<br />

606, 607<br />

Abb. 608<br />

Abb. 609<br />

гонения в СССР вызвали протесты церковных организаций<br />

всего мира. В феврале 1930 г. председатель<br />

СНК СССР Рыков официально опроверг наличие<br />

религиозных преследований в ответ на письмо Папы<br />

Римского Пия XI. В 1931 г. МИД Германии на основе<br />

данных, переданных ему наркомом иностранных дел<br />

СССР М. М. Литвиновым, составил список из 97 лютеранских<br />

пасторов и католических патеров немецкого<br />

происхождения, арестованных и находившихся<br />

в заключении в СССР, с указанием места их ссылки.<br />

В 1934 г. были арестованы и осуждены еще 15 лютеранских<br />

священников. Когда летом 1936 г. епископ<br />

А. Мальмгрен выехал из СССР, в стране осталось<br />

всего 11 лютеранских пасторов. Все они уже к 1937 г.<br />

были арестованы.<br />

В конце 1930‐х гг. Евангелическо-лютеранская и Католическая<br />

церкви прекратили свое существование<br />

как структурные объединения. Были ликвидированы<br />

руководящие органы меннонитов, баптистов и<br />

других протестантских конфессий. Всего за 20 лет<br />

пребывания коммунистов у власти в стране было<br />

закрыто около 1 200 церквей и молитвенных домов<br />

лютеран и более 1 200 католических церквей. Большая<br />

часть немецких церквей, замечательных памятников<br />

архитектуры, была разрушена, уцелевшие превращены<br />

в склады, мастерские, гаражи для сельскохозяйственной<br />

техники и клубы. Жертвами антирелигиозной<br />

политики государства и произвола его карательных<br />

органов стали сотни священнослужителей. Из 350 лютеранских<br />

пасторов в СССР были арестованы более<br />

130 чел., расстреляны и умерли в заключении<br />

около 40, эмигрировали более 100. По всей стране<br />

официально перестали называться верующими около<br />

1,5 млн российских лютеран (большей частью российских<br />

немцев) и 11 млн католиков (большей частью<br />

Илл. 604<br />

Илл. 605<br />

Илл.<br />

606, 607<br />

Илл. 608<br />

Илл. 609<br />

604. «Три глотки» – карикатура,<br />

направленная против Ватикана.<br />

Рисунок Д. С. Моора (Соколова), 1931<br />

„Drei Kehlen“, eine gegen den Vatikan<br />

gerichtete Karikatur. Zeichnung von<br />

D. S. Moor (Sokolow), 1931<br />

604<br />

605<br />

605. Пастор Л. Г. Бенинг (1862–1933),<br />

активный участник организации<br />

помощи голодающим Поволжья<br />

в 1920-е гг. Арестован в преклонном<br />

возрасте (1931), вскоре после<br />

освобождения из тюрьмы умер.<br />

Фото. Начало ХХ в. Землячество<br />

немцев из России, Штутгарт<br />

Pastor L. H. Behning (1862–1933), ein<br />

aktiver Teilnehmer der Hungerhilfe für<br />

das Wolgagebiet in den 1920er Jahren,<br />

wurde 1931 in hohem Alter verhaftet,<br />

verstarb kurz nach der Freilassung aus<br />

dem Gefängnis. Foto. Anfang 20. Jh.<br />

Landsmannschaft der Deutschen aus<br />

Russland, Stuttgart


606<br />

607<br />

608<br />

609<br />

606. Главный храм лютеран Петрикирхе после закрытия<br />

использовался для демонстрации панорамы «Северный<br />

полюс». Фото. Ленинград, 1938<br />

Die Hautkathedrale der Lutheraner, die Petri-Kirche, wurde<br />

nach deren Schließung für die Präsentation des Panoramas<br />

„Der Nordpol“ genutzt. Foto. Leningrad, 1938<br />

607. Лютеранская церковь в колонии Беттингер (Воротаевка) –<br />

одна из девяти последних церквей Поволжья, закрытых<br />

в 1938 г. Фото А. Корнева. 2000<br />

Evangelisch-lutherische Kirche in der Kolonie Bettinger<br />

(Worotajewka), eine der neun letzten Kirchen des<br />

Wolgagebiets, die 1938 geschlossen wurden.<br />

Foto von A. Kornjew. 2000<br />

608. Рейхерт (1875–1938, расстрелян) – последний пастор прихода св. Петра<br />

в Ленинграде и последний действующий пастор в СССР. Фото. 1920-е гг.<br />

Der letzte Pastor der Petri-Gemeinde (Leningrad) und letzter amtierender<br />

Pastor in der UdSSR P. Reichert (1875–1938, erschossen). Foto. 1920er Jahre<br />

609. Свидетельство о конфирмации Е. Штрез в лютеранской церкви<br />

Колпино незадолго до ее закрытия (нарисовано от руки).<br />

1937. Семейный архив Штрез<br />

Von Hand gestalteter Konfirmationsschein der evangelisch-lutherischen<br />

Kirche in Kolpino, ausgestellt für K. Streß kurz vor deren Schließung.<br />

1937. Familienarchiv von Streß


Немцы в российской истории 257<br />

betrachteten, durften im ganzen Land offiziell nicht mehr<br />

als Gläubige bezeichnet werden. Die Kirchen der traditionellen<br />

deutschen Konfessionen hatten als Organisationsstrukturen<br />

aufgehört zu existieren. Ende der 1930er Jahre<br />

gab es in der Sowjetunion offiziell weder eine deutsche,<br />

noch irgendeine andere religiöse Gemeinde.<br />

поляков и немцев), которые относили себя к таковым<br />

по данным на 1917 г. Церкви традиционных немецких<br />

конфессий как организованные структуры перестали<br />

существовать. К концу 1930‐х гг. в СССР не было ни<br />

одной официально действующей немецкой религиозной<br />

общины, как и общин других конфессий.<br />

Die Entstehung deutscher<br />

religiöser Gemeinden<br />

und Kirchenstrukturen<br />

in der Nachkriegszeit<br />

Создание немецких<br />

религиозных общин<br />

и церковных структур<br />

в послевоенный период<br />

In den Nachkriegsjahren sah sich die Sowjetregierung zu<br />

einer Reihe von Maßnahmen gezwungen, die die Rechte<br />

von Glaubensgemeinschaften erweiterten. Die Wiedergeburt<br />

des Luthertums in der Tauwetterperiode begann mit<br />

der gesetzlich sanktionierten Anerkennung der Gemeinde<br />

deportierter Deutscher in Akmolinsk (Zelinograd). 1957<br />

wurde die von Pastor E. Bachmann geführte Gemeinde<br />

offiziell registriert. Zur gleichen Zeit predigten Arthur<br />

Pfeiffer und Johann Schlundt in dutzenden lutherischen<br />

Gemeinden, die illegal in Kasachstan, Sibirien und in der<br />

Ukraine existierten. Zwischen 1964 und 1975 wurden im<br />

Land offiziell ca. 20 evangelische Gemeinden registriert. Sie<br />

bekamen Unterstützung von ausländischen Glaubensgemeinschaften.<br />

Wenn Pastoren für den Gottesdienst fehlten,<br />

übernahmen einfache Gläubige den Gottesdienst. 1980/81<br />

gab es in der Sowjetunion 150 registrierte Gemeinden,<br />

1984 waren es bereits 180.<br />

Zur katholischen Diaspora der Sowjetunion, die in den<br />

Jahren des Krieges aus nach Sibirien und Mittelasien<br />

deportierten Deutschen bestand, gehörten ca. eine halbe<br />

Million Menschen. Etwa 200 000 Katholiken lebten in<br />

der RSFSR, ebenso viele noch einmal in Kasachstan, der<br />

Rest in Kirgisien und Tadschikistan. Ab 1953 gab es eine<br />

Abb. 610<br />

Abb.<br />

611–614<br />

В послевоенные годы советское правительство было<br />

вынуждено принять ряд мер по расширению прав<br />

религиозных организаций. Возрождение лютеранства<br />

во времена «оттепели» началось с законного признания<br />

общины депортированных немцев в Акмолинске<br />

(Целиноград). В 1957 г. она была официально зарегистрирована<br />

во главе с пастором E. Бахманном.<br />

В эти же годы немецкие пасторы А. Пфейффер и<br />

И. Шлюндт проповедовали в десятках лютеранских<br />

общин, которые нелегально существовали в Казахстане,<br />

Сибири, Украине. С 1964 по 1975 г. в стране<br />

было официально зарегистрировано около 20 евангелических<br />

общин. Их поддерживали заграничные<br />

религиозные организации. При отсутствии пасторов<br />

богослужения проводились рядовыми верующими.<br />

В 1980–1981 гг. в СССР насчитывалось 150 зарегистрированных<br />

общин, а в 1984 г. – уже 180.<br />

Католическая диаспора СССР, образовавшаяся в годы<br />

войны из депортированных немцев в Сибири и Средней<br />

Азии, насчитывала около полумиллиона человек<br />

(около 200 тыс. католиков проживали в РСФСР, примерно<br />

200 тыс. – в Казахстане, остальные – в Киргизии<br />

и Таджикистане). С 1953 г. существовала католическая<br />

Илл. 610<br />

Илл.<br />

611–614<br />

610. Пастор Е. Бахманн после<br />

конфирмации бывших<br />

спецпоселенцев в поселке<br />

Первомайского участка (Удмуртия).<br />

Фото. 1957. Семейный архив<br />

О. Байербах<br />

Pastor E. Bachmann nach<br />

der Konfirmation ehemaliger<br />

Sondersiedler in Perwomajskij<br />

Utschastok, Udmurtien.<br />

Foto. 1957. Familienarchiv von<br />

O. Beierbach<br />

610


611. Петрикирхе – церковь-бассейн (1963–1992). Фото. Ленинград, 1973<br />

Petri-Kirche als Schwimmbad (1963–1992). Foto. Leningrad, 1973<br />

612. Крещение меннонитов в Красиково Оренбургской области. Фото. 1965.<br />

Издательство Ней-Самара, Варендорф (Германия)<br />

Mennonitisches Tauffest in Krasikowo, Gebiet Orenburg. Foto. 1965.<br />

Verlag Neu-Samara, Warendorf (Deutschland)<br />

611<br />

612<br />

613. «Библейские рассказы» для 2-го<br />

и 3-го года школьного обучения.<br />

Изданы гектографическим способом<br />

в подпольной типографии баптистов.<br />

Омск, 1965. Издательство<br />

«Заменкорн», Омск–Штейнхаген<br />

„Biblische Geschichten“ für das 2. und<br />

3. Schuljahr. Hektographische Ausgabe<br />

der Untergrunddruckerei der Baptisten.<br />

Omsk, 1965. Verlag „Samenkorn“,<br />

Omsk–Steinhagen<br />

614. Конгресс христианских евангельских<br />

баптистов в Москве. Фото. 1966.<br />

Землячество немцев из России,<br />

Штутгарт<br />

Kongress der Christlichen<br />

Evangelischen Baptisten in<br />

Moskau. Foto. 1966. Landsmannschaft<br />

der Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />

613<br />

615<br />

614<br />

615. Прелат М. Келер (1897–1983). Фото. Фрунзе,<br />

1972. Землячество немцев из России, Штутгарт<br />

Prälat M. Köhler (1897–1983). Foto. Frunse,<br />

1972. Landsmannschaft der Deutschen aus<br />

Russland, Stuttgart


Немцы в российской истории 259<br />

katholische Gemeinde von Russlanddeutschen in Karaganda,<br />

die aber erst 1969 offiziell registriert wurde. In den<br />

1950er und 1960er hielt Prälat M. Köhler nicht genehmigte<br />

Gottesdienste für Deutsche in Nowosibirsk und für eine<br />

Gemeinde in Frunse ab, die 1969 registriert wurde.<br />

In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre trafen in Marx,<br />

der ehemaligen deutschen Kolonie Katharinenstadt, Gebiet<br />

Saratow einige Nonnen ein, die davon träumten, mit den<br />

aus der Deportation zurückgekehrten deutschen Katholiken<br />

wieder eine Kirchengemeinde gründen zu können. Ab<br />

1985 besuchte der spätere Bischof des Bistums der Verklärung<br />

von Nowosibirsk, Joseph Werth, in pastoraler Mission<br />

regelmäßig die Gemeinden im Wolgagebiet.<br />

Abb. 615<br />

Abb. 616<br />

община российских немцев в Караганде, официально<br />

зарегистрированная лишь в 1969 г. В 1950–1960‐е гг.<br />

прелат М. Келер проводил нелегальные богослужения<br />

для немцев в Новосибирске и в общине г. Фрунзе,<br />

зарегистрированной в 1969 г.<br />

Во второй половине 1970‐х гг. в г. Маркс Саратовской<br />

области (бывшая немецкая колония Екатериненштадт)<br />

прибыли несколько монахинь, мечтавших<br />

возродить здесь церковную общину среди вернувшихся<br />

после депортации немцев-католиков. С 1985 г.<br />

с пастырской миссией периодически посещал общины<br />

Поволжья будущий епископ Преображенской<br />

епархии Иосиф Верт.<br />

Илл. 615<br />

Илл. 616<br />

Wiedergeburt der Kirchen<br />

in der Gegenwart<br />

Возрождение церквей<br />

на современном этапе<br />

Zu Beginn der 1990er Jahre, nach dem Inkrafttreten des<br />

Gesetzes „Über die Religionsfreiheit“ im Jahre 1990 und<br />

der 1993 erfolgten Verankerung der Religionsfreiheit in<br />

der Verfassung der Russischen Föderation, kam es zu einer<br />

stürmischen Entwicklung religiöser Aktivitäten. Die demokratischen<br />

Veränderungen im Land ermöglichten den organisatorischen<br />

Aufbau der traditionellen deutschen Kirchen.<br />

1991 bildete der Heilige Stuhl zwei Apostolische Administraturen<br />

für Katholiken römischen Glaubens in Russland,<br />

eine in Sibirien mit Sitz in Nowosibirsk und die zweite für<br />

den europäischen Teil Russlands mit Sitz in Moskau. 1999<br />

wurde eine Apostolische Administratur für den Süden des<br />

europäischen Teils Russlands mit Sitz in Saratow gebildet. Mit<br />

der Wiedergeburt der Gemeinden ging in vielen Regionen<br />

die Rückgabe von Kirchengebäuden einher. Am 11. Februar<br />

2002 wurden per Dekret von Papst Johannes Paul II. in Russland<br />

vier römisch-katholische Eparchien mit den Zentren in<br />

Moskau, Saratow, Nowosibirsk und Irkutsk gebildet.<br />

Abb. 617<br />

Abb. 618<br />

В начале 1990‐х гг., после принятия Закона «О свободе<br />

вероисповеданий» (1990) и провозглашения свободы<br />

вероисповедания в Конституции Российской<br />

Федерации (1993), начался бурный рост религиозной<br />

активности. Демократические изменения в стране позволили<br />

организационно оформиться традиционным<br />

немецким церквям. В 1991 г. Святой престол создал две<br />

Апостольские администратуры для католиков латинского<br />

обряда России – в Сибири (с центром в Новосибирске)<br />

и Европейской части России (с центром в Москве).<br />

В 1999 г. создана Апостольская администратура<br />

юга европейской части России с центром в Саратове.<br />

Процесс возрождения общин сопровождался возвращением<br />

церковных зданий верующим во многих<br />

регионах. 11 февраля 2002 г. декрет Папы Римского<br />

Иоанна Павла II образовал в России четыре римскокатолические<br />

епархии с центрами в Москве, Саратове,<br />

Новосибирске и Иркутске.<br />

Илл. 617<br />

Илл. 618<br />

616. Папа Бенедикт XVI и епископ И. Верт<br />

(Рим). Фото. 2006<br />

Papst Benedikt XVI. und Bischof J. Werth<br />

(Rom). Foto. 2006<br />

616


617<br />

618<br />

617. Действующая католическая церковь в Перми. Фото. 1991. Собрание А. Айсфельда<br />

„Funktionierende“ katholische Kirche in Perm. Foto. 1991. Sammlung von A. Eisfeld<br />

618. Кафедральный собор в Москве, построенный на средства католиков<br />

различных национальностей (1911). Фото. 2011<br />

Kathedrale in Moskau, die mit Mitteln<br />

von Katholiken verschiedener Nationalität<br />

errichtet wurde (1911). Foto. 2011<br />

619. Оттиск печати московской<br />

общины Немецкой евангелическолютеранской<br />

церкви в СССР,<br />

использовавшейся до середины<br />

1990-х гг.<br />

Siegel der Moskauer Gemeinde der<br />

Deutschen evangelisch-lutherischen<br />

Kirche in der UdSSR, das bis Mitte<br />

der 1990er Jahre benutzt wurde<br />

619<br />

620<br />

621<br />

622


Немцы в российской истории 261<br />

1990 gab es in der Sowjetunion 490 bis 500 registrierte und<br />

nicht registrierte lutherische Gemeinden. Auch dieses Mal<br />

ereilte die evangelische Kirche wieder das Schicksal der Spaltung.<br />

Zum 1. Januar 1995 waren im Ministerium für Justiz<br />

der Russischen Föderation 121 lutherische Gemeinden offiziell<br />

registriert. 1993 gab es vier offizielle lutherische Gemeinschaften:<br />

die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in Russland<br />

(ELKR), die sich als Nachfolgerin der historischen Kirche sieht,<br />

die Kirche des Ingermanlandes in Russland mit 20 Gemeinden,<br />

der Bund Evangelisch-Reformierter Kirchen Russlands<br />

und die Vereinte Evangelisch-Lutherische Kirche Russlands<br />

mit 28 Gemeinden, die 1996 in der ELKR aufging. Infolge der<br />

politischen Veränderungen in der UdSSR und dem späteren<br />

Zerfall der Union änderte die Evangelisch-Lutherische Kirche<br />

in Russland (ELKR) ihren Namen in Evangelisch-Lutherische<br />

Kirche in Russland und anderen Staaten (ELKRAS). In den<br />

2000er Jahren ist die zweitgrößte Strömung des Luthertums<br />

in Russland die an der skandinavischen Tradition festhaltende<br />

Evangelisch-Lutherische Kirche des Ingermanlandes in Russland<br />

(ELKIR). Derzeit gibt es in dieser Kirche eine Tendenz<br />

zur Dominanz der russischen Sprache.<br />

Das Festhalten vieler Gemeinden an deutschen Traditionen,<br />

der deutschen Sprache im Gottesdienst und am Prinzip<br />

einer strengen, nationalen Isolation verhinderte lange den<br />

Zulauf neuer Mitglieder. Die in den 2000er Jahren zunehmende<br />

Tendenz zur Zweisprachigkeit im Gottesdienst und<br />

die Abkehr vom Deutschen als der alleinigen Sprache ließ<br />

die Mitgliederzahlen der ELKRAS steigen.<br />

Insgesamt lebten Ende der 1990er Jahre in Russland und<br />

den Ländern der GUS 265 000 Lutheraner, zum überwiegenden<br />

Teil Mitglieder der ELKRAS und der EL-<br />

KIR. Angaben aus dem Jahr 2000 zufolge gab es noch<br />

5 000 Reformierte.<br />

Derzeit stehen die traditionellen deutschen Glaubensgemeinschaften<br />

vor einer Reihe von Problemen: dem Zusammenschluss<br />

der Gemeinden im Land, ihrer offizielle<br />

Registrierung, der Restaurierung von Kirchengebäuden und<br />

deren Rückgabe an die Gläubigen, der Ausbildung einer<br />

neuen Generation von Geistlichen und der für deutschen<br />

Kirchen aktiv betriebenen Missionierung. Die Wiedergeburt<br />

des ursprünglichen religiösen Selbstbewusstseins im russlanddeutschen<br />

Milieu ist in Anbetracht der sich im Staat<br />

vollziehenden ethnischen Prozesse, der Russifizierung, der<br />

steigenden Zahl an Mischehen und der Emigration der<br />

deutschen Bevölkerung eine recht schwierig Aufgabe.<br />

Abb. 619<br />

Abb.<br />

620–622<br />

Abb. 623<br />

Abb.<br />

624, 625<br />

В 1990 г. в СССР насчитывалось 490–500 зарегистрированных<br />

и незарегистрированных лютеранских общин.<br />

Евангелическая церковь и на этот раз не избежала<br />

участи раскола. На 1 января 1995 г. Министерством<br />

юстиции РФ официально была зарегистрирована<br />

121 лютеранская община. В 1993 г. существовали четыре<br />

официально зарегистрированные лютеранские религиозные<br />

объединения: Немецкая евангелическо-лютеранская<br />

церковь (НЕЛЦ), считавшая себя преемницей<br />

исторической церкви, Церковь Ингрии на территории<br />

России, объединявшая 20 общин, Союз евангелическореформатских<br />

церквей России и Единая евангелическо-лютеранская<br />

церковь России (28 общин), которая<br />

в 1996 г. вошла в состав НЕЛЦ. Вследствие политических<br />

преобразований в СССР и после его распада<br />

НЕЛЦ изменила свое название на ЕЛЦ в России и<br />

других государствах (ЕЛЦРДГ). В 2000‐е гг. вторым<br />

крупнейшим направлением в российском лютеранстве<br />

является придерживающаяся скандинавской традиции<br />

Евангелическо-лютеранская церковь Ингерманландии<br />

(ЕЛЦИ). В настоящее время в ней установилась тенденция<br />

к преобладанию русского языка.<br />

Приверженность ряда общин к немецким традициям,<br />

проведению богослужений на немецком языке и<br />

принципу жесткой национальной замкнутости преграждала<br />

доступ в них новых членов. Наметившаяся<br />

в 2000‐е гг. тенденция двуязычия в богослужении и<br />

использование не только немецкого языка увеличили<br />

количество прихожан ЕЛЦРДГ.<br />

Всего к концу 1990‐х гг. в России и странах СНГ проживали<br />

265 тыс. лютеран, большей частью прихожан<br />

ЕЛЦРДГ и ЕЛЦИ. По данным на 2000 г., еще 5 тыс. чел.<br />

являлись реформатами.<br />

В настоящее время перед традиционными немецкими<br />

религиозными организациями стоит целый ряд проблем:<br />

объединение общин страны, их официальная<br />

регистрация, реставрация и возвращение верующим<br />

храмов, подготовка нового поколения священнослужителей,<br />

активная миссионерская деятельность,<br />

свойственная немецким церквям. Возрождение исконного<br />

религиозного самосознания в среде российских<br />

немцев – задача достаточно сложная вследствие<br />

происходящих в государстве этнических процессов,<br />

русификации, увеличения числа смешанных браков и<br />

эмиграции немецкого населения.<br />

Илл. 619<br />

Илл.<br />

620–622<br />

Илл. 623<br />

Илл.<br />

624, 625<br />

620. «Наша церковь» – журнал для евангелическо-лютеранских общин в России (основан в 1927 г. епископом Т. Мейером, возобновлен в 1995 г.). 1996<br />

„Unsere Kirche“, Zeitschrift für die evangelisch-lutherischen Gemeinden in Russland (1927 von Bischof Th. Meyer gegründet, wiederbegründet 1995). 1996<br />

621. Епископ Г. Кречмар со сборником проповедей М. Лютера, возвращенным Петрикирхе по случаю ее повторного освящения. Фото. 1997<br />

Bischof G. Kretschmar mit der Martin Luther-Kirchen-Postille, die der Petri-Kirche anlässlich ihrer Wiedereinweihung zurückgegebenen wurde. Foto. 1997<br />

622. «Вестник» – журнал Евангелическо-лютеранской церкви в России, Украине, Казахстане и Средней Азии (основан в 1999 г.). 2006<br />

„Der Bote“, Zeitschrift der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland, der Ukraine, Kasachstan und Mittelasien (gegründet 1999). 2006


623<br />

623. Русско-немецкий сборник духовных песен для<br />

евангелическо-лютеранских общин в России,<br />

Украине, Казахстане и др. Эрланген, 1995<br />

Russisch-Deutsches Gesangbuch für die evangelischlutherischen<br />

Gemeinden in Russland, der Ukraine,<br />

Kasachstan u. a. Erlangen, 1995<br />

624. Новая лютеранская кирха в Томске, освященная в<br />

2006 г. Фото П. Андрющенко. 2007<br />

Neue evangelisch-lutherische Kirche in Tomsk,<br />

eingeweiht 2006. Foto von P. Andrjuschenko. 2007<br />

625. Канцлер Германии А. Меркель в кирхе<br />

Томска. Фото. 2006<br />

Bundeskanzlerin A. Merkel in der Kirche<br />

in Tomsk. Foto. 2006<br />

624<br />

625


Немцы в российской истории 263<br />

Deutsche<br />

unter russischer Flagge<br />

Немцы под стягом<br />

России<br />

S. Nelipowitsch (Moskau)<br />

С. Нелипович (Москва)<br />

Die deutschen Kolonisten, die sich an der Schwelle<br />

vom 18. zum 19. Jahrhundert in Russland niederließen,<br />

bildeten von Anbeginn einen Stand,<br />

dessen Rechte und Beziehungen zum Staat (genauer<br />

gesagt, zur Krone) durch Erlasse und den persönlichen<br />

Willen des Monarchen geregelt wurden. Von vollkommener<br />

Isolierung und Entfremdung der „ausländischen<br />

Siedler“, zu denen nicht nur Deutsche, sondern auch<br />

Tschechen, Serben, Griechen, Bulgaren und Schweizer<br />

gehörten, konnte keine Rede sein: Sie wurden zu einem<br />

festen Bestandteil der universalistischen Monarchie, und<br />

in Regionen, in denen sie in großer Zahl siedelten, wie<br />

in Neurussland, in der Wolgaregion und teilweise auch<br />

im Kaukasus, entwickelten sich besondere sozialökonomische<br />

Gemeinschaften, die ohne deutsche Kolonien nicht<br />

existenzfähig waren. Nicht nur die Deutschen waren vom<br />

Militärdienst, von der Wehrpflicht, befreit, sondern auch<br />

viele andere und größere Völkerschaften wie Krimtataren,<br />

verschiedene Bergvölker, Völker Zentralasiens und<br />

Sibiriens, russische Siedler in entlegenen Regionen, verschiedene<br />

Handwerker usw., außerdem bestimmte Stände<br />

wie Adlige, Geistliche, Kaufleute und leibeigene Bauern<br />

auf Gutshöfen. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es insgesamt<br />

180 000 männliche deutsche Kolonisten, während<br />

in Russland insgesamt bis zu fünf Millionen Personen,<br />

also jeder sechste männliche Bewohner des Landes, vom<br />

Wehrdienst befreit waren.<br />

Nichtsdestotrotz blieben aber auch deutsche Siedler im<br />

19. Jahrhundert nicht von den großen militärischen Konflikten<br />

Russlands verschont. Von den Kriegen gegen das<br />

Napoleonische Frankreich (1805–1807, 1812–1814) waren<br />

sogar die Kolonien an derWolga betroffen. Mit dem Manifest<br />

vom 30. November 1806 wurde ihnen auferlegt, mit<br />

finanziellen Mitteln und Getreide zum Unterhalt der aufzustellenden<br />

„inneren Miliz“, des ersten großen Volksheeres<br />

im Russischen Reich, beizutragen. Binnen kurzer Zeit<br />

Немцы-колонисты, поселившиеся в России<br />

на рубеже XVIII–XIX вв., изначально выступали<br />

как сословие, чьи права и отношения<br />

с государством (а точнее с престолом) были регламентированы<br />

указами и личной волей монарха. Говорить<br />

о совершенной изолированности и отчужденности<br />

«иностранных поселенцев» (не только немцев,<br />

но также чехов, сербов, греков, болгар, швейцарцев)<br />

нельзя: они стали неотъемлемой частью универсалистской<br />

монархии, а в регионах их массового проживания<br />

(Новороссия, Поволжье, частично Кавказ)<br />

сложились особенные социально-экономические сообщества,<br />

которые не могли бы жить без немецких<br />

колоний. Право освобождения от воинской (рекрутской)<br />

повинности имели не только они, но и многие<br />

другие, более многочисленные, народы – крымские<br />

татары, некоторые горские племена, народы Средней<br />

Азии и Сибири, русские поселенцы отдаленных<br />

регионов, некоторые ремесленники и пр., а также<br />

сословия: дворянство, духовенство, купечество, помещичьи<br />

крепостные крестьяне. Немцы-колонисты<br />

в середине XIX в. составляли всего 180 тыс. мужчин,<br />

в то время как в России от рекрутской повинности<br />

были освобождены до 5 млн чел., или каждый шестой<br />

мужчина страны.<br />

Тем не менее немецкие поселенцы не остались в стороне<br />

от крупнейших военных конфликтов России<br />

ХIХ в. Войны с наполеоновской Францией (1805–1807,<br />

1812–1814) затронули даже поволжские колонии.<br />

Манифестом от 30 ноября 1806 г. на них было возложено<br />

денежное и хлебное содержание формирующейся<br />

«внутренней милиции» – первого массового<br />

ополченческого формирования Российской империи.<br />

В короткое время 6 колонистских округов собрали<br />

более 45 тыс. руб. Участвовали в этом и немцыколонисты<br />

Новороссии, в том числе меннониты,


264 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

626–628<br />

wurden in sechs Kolonistenbezirken mehr als 45 Tausend<br />

Rubel gesammelt. Daran beteiligten sich auch die deutschen<br />

Kolonisten Neurusslands sowie die Mennoniten, die 1807<br />

freiwillig Spenden für den Unterhalt des Semstwo-Heeres<br />

spendeten. Am 13. Mai 1812 wurde befohlen, aus den Mitteln<br />

der Wolga-Kolonisten 3 000 Ochsen und 1 000 Fuhrwerke<br />

zu kaufen, was im Juli 1812 zu Beginn des Vaterländischen<br />

Krieges auch geschah. 1812 spendeten sie für den Unterhalt<br />

des Volksheeres fast 13.000 Rubel und noch einmal 2.500 Rubel<br />

zur Unterstützung verkrüppelter Soldaten.<br />

Der Beitrag zum Sieg über Napoleon beschränkte sich<br />

aber nicht auf Geldspenden. Bis Ende 1812 unterhielten<br />

die Wolgadeutschen 18 Fuhrwerkskolonnen, mit denen<br />

sie Soldaten durch das Gouvernement Saratow zu den<br />

Schlachtfeldern transportierten. Reitertrupps der Kolonisten<br />

begleiteten Kriegsgefangene ins Wolgagebiet. Dank der<br />

Anstrengungen von Deutschen aus dem Bezirk Katharinenstadt<br />

konnten im Frühjahr 1813 aus einem auf der Wolga<br />

gesunkenen Schiff 58 Geschütze geborgen werden. Etwa<br />

300 Kolonisten erklärten sich willens und bereit, sich dem<br />

Volksheer anzuschließen.<br />

Während des Krimkrieges oder auch Orientkrieges von<br />

1853–1856 wurden auch die neurussischen Kolonien in<br />

diesen Konflikt hineingezogen. Die Deutschen der Gouvernements<br />

Jekaterinoslaw, Taurien und Cherson leisteten<br />

der russischen Armee umfassende Hilfe auf der Krim. Sie<br />

organisierten die Versorgung der Armee mit Lebensmitteln,<br />

indem sie den Verteidigern Sewastopols und der Krim nicht<br />

nur Mehl und Hafer, sondern auch beträchtliche Mengen an<br />

Kartoffeln, Obst und Gemüse lieferten. Allein aus den Molotschansker<br />

Kolonien wurden fünf Pud Scharpie und 17 Pud<br />

Verbandmaterial an Hospitäler geliefert. Mit den von Kolonisten<br />

bereitgestellten oder gespendeten Fuhrwerken wurden<br />

im Herbst bei Matschwetter 10 % aller Militärgüter befördert.<br />

Mehr als 13 000 Verwundete wurden zur Behandlung in<br />

Kolonien gebracht, und Kolonisten übernahmen auch den<br />

Transport, um zwei russische Infanteriedivisionen auf die<br />

Krim zu verlegen. Die Transporte durch Kolonisten nannten<br />

die feindlichen Soldaten „deutsche Eisenbahn“. Die Kolonisten<br />

spendeten der Armee mehr als 60 000 Rubel.<br />

Eine Besonderheit bei der Ausweitung des Militärdienstes<br />

auf die deutschen Kolonisten bestand darin, dass ein<br />

bestimmter Teil von ihnen, die Mennoniten, aus Glaubensgründen<br />

an dem Gebot, auf Gewalt gegen das Böse<br />

zu verzichten, festhielt: „Du sollst nicht töten!“. Sie lehnten<br />

daher den Militärdienst entschieden ab. Bei vielen<br />

gründete sich das Selbstverständnis darauf, als Teil eines<br />

anderen Volkes eine Sonderstellung im Russischen Reich<br />

einzunehmen. Darüber hinaus bedeutete die Freistellung<br />

vom Militärdienst nicht nur eine Befreiung vom Dienst<br />

in Armee oder Flotte, sie bewahrte ihre Siedlungen auch<br />

vor Einquartierungen durch die Armee. In Grenzgebieten<br />

wie Neurussland oder Bessarabien war dieser Faktor von<br />

außerordentlicher Bedeutung. Die hochentwickelte Wirtschaft<br />

und die Infrastruktur der Kolonien sollten Teil der<br />

strategischen Basis für die kaiserlich–russische Armee im<br />

Süden des Reiches werden. Der Krimkrieg hatte gezeigt, wie<br />

real die Möglichkeit war, dass Neurussland ein zukünftiger<br />

Kriegsschauplatz werden könnte.<br />

Илл.<br />

626–628<br />

собравшие в 1807 г. добровольные пожертвования<br />

на содержание земского войска деньгами и оружием.<br />

13 мая 1812 г. на средства поволжских колонистов<br />

было велено закупить 3 000 волов и 1 000 фур, что<br />

было сделано к июлю 1812 г., в самом начале Отечественной<br />

войны. На содержание ополчения в 1812 г.<br />

они пожертвовали почти 13 тыс. руб., на помощь<br />

увечным солдатам – 2,5 тыс. руб.<br />

Вклад в победу над Наполеоном не ограничивался<br />

денежными сборами. До конца 1812 г. поволжские<br />

немцы содержали 18 рекрутских транспортов, проследовавших<br />

через Саратовскую губернию на поля<br />

сражений. Конные партии колонистов сопровождали<br />

присылаемых в Поволжье пленных вражеской<br />

армии. Усилиями немцев Екатериненштадтского<br />

округа с затонувшего на Волге судна были подняты<br />

весной 1813 г. 58 пушек. Около 300 колонистов<br />

выразили желание и готовность вступить<br />

в ополчение.<br />

Во время Крымской (Восточной) войны 1853–<br />

1856 гг. колонии Новороссии были втянуты в орбиту<br />

этого конфликта. Немцы Екатеринославской,<br />

Таврической и Херсонской губерний оказали всестороннюю<br />

помощь русской армии в Крыму. Они<br />

организовали снабжение войск продовольствием,<br />

направляя защитникам Севастополя и Крыма не<br />

только муку и овес, но и значительные запасы<br />

картофеля, овощей и фруктов. Только из Молочанских<br />

колоний в лазареты было доставлено 5 пудов<br />

корпии и 17 пудов бинтов. На подводах, предоставленных<br />

или пожертвованных колонистами,<br />

в условиях осенней распутицы было перевезено<br />

10 % всех военных грузов. В колонии для лечения<br />

было вывезено более 13 тыс. раненых; силами<br />

колонистов была обеспечена переброска в Крым<br />

двух русских пехотных дивизий. Солдаты противника<br />

называли систему колонистских транспортов<br />

«немецкой железной дорогой». Сумма денежных<br />

пожертвований колонистов на нужды армии превысила<br />

60 тыс. руб.<br />

Особенность распространения военной службы<br />

на немцев-колонистов была в том, что определенная<br />

их часть – меннониты – по религиозным взглядам<br />

придерживалась постулата непротивления злу насилием<br />

«не убий!» и категорически отвергала военную<br />

службу, а у многих сознание себя как части<br />

другого народа ассоциировалось именно с особым<br />

положением в Российской империи. Кроме того,<br />

освобождение от воинской повинности включало<br />

не только освобождение вовсе от службы в армии<br />

и на флоте, но и освобождение селений от постоя<br />

и квартирования войск. На пограничных рубежах<br />

(Новороссия, Бессарабия) этот фактор имел первенствующее<br />

значение. Развитое хозяйство и инфраструктура<br />

колоний должны были стать частью<br />

стратегической базы российско-императорской<br />

армии на юге империи. Крымская война показала,<br />

насколько реально превращение Новороссии в театр<br />

будущей войны.


626. Документы об устройстве госпиталей<br />

и оказании всевозможной помощи<br />

армии в Крымскую войну меннонитами<br />

и колонистами Таврической<br />

губернии. 1854–1855. Государственный<br />

архив Одесской области, Одесса<br />

Dokumente über die Einrichtung von<br />

Lazaretten und allerlei Unterstützung der<br />

Armee im Krimkrieg durch Mennoniten<br />

und Kolonisten des Gouvernements<br />

Taurien. 1854–1855. Staatliches<br />

Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />

627<br />

627. Меннонитская повозка (1855), использовавшаяся для<br />

транспортировки военных грузов и раненных. С литографии. 1864.<br />

Mennoniten-Fuhrwerk (1855) wurde für den Transport von<br />

Militärgütern und Verwundeten genutzt. Lithographie. 1864<br />

628. Памятный знак, установленный в 1854 г. генерал-майором<br />

Волковым в колонии Ней-Гальбштадт Таврической губернии в<br />

благодарность за оказанную меннонитами помощь при переправе<br />

войск через р. Молочная и расквартировании их в колониях.<br />

Фото. Начало ХХ в.<br />

Denkmal „Podvod-Zeit“ („Fuhrwerktransport“) 1854 von<br />

Generalmajor Wolkow in der Kolonie Heu-Halbstadt (Gouvernement<br />

Taurien) als Zeichen des Dankes für die von Mennoniten geleistete Hilfe<br />

beim Überqueren des Flusses Molotschnaja und der Einquartierung von<br />

Truppen in ihren Kolonien errichtet. Foto. Anfang 20. Jh.<br />

628


266 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 629<br />

Abb. 630<br />

Die Befreiung der Kolonisten von der Wehrpflicht basierte<br />

auf dem Manifest vom 22. Juli 1763 und den Ausführungsbestimmungen<br />

vom 20. Februar 1804. Einen ersten<br />

Versuch, dieses Privileg in Frage zu stellen, unternahm 1824<br />

Finanzminister Georg Ludwig Graf Cancrin. Sein Vorschlag<br />

sah vor, von jedem Kolonisten eine Wehrpflichtsteuer von<br />

500 Rubeln einzufordern. Das Ministerkomitee lehnte den<br />

Entwurf ab und verkündete per Allerhöchsten Erlass am<br />

23. Dezember 1824 (4. Januar 1825), dass die Kolonisten<br />

„für alle Zeiten von der Wehrpflicht befreit sind“. Trotzdem<br />

wurde mit dem Manifest vom 28. Juli (9. August) 1831<br />

eine Wehrpflichtsteuer von 300 Rubeln für die Kolonisten<br />

in Bessarabien und Taurien eingeführt. Laut Allerhöchstem<br />

Befehl an den Senat vom 19. November (2. Dezember) 1852<br />

sollte bei der Übersiedlung preußischer Mennoniten nach<br />

Russland deren Befreiung vom Militärdienst nach 20 Jahren<br />

durch eine Steuer zur Anwerbung je eines Rekruten ersetzt<br />

werden. Die Vorschrift vom 23. Januar (4. Februar) 1862 über<br />

die Einstellung und Ansiedlung ausländischer Arbeitskräfte<br />

durch Gutsbesitzer sah die Befreiung der Familienoberhäupter<br />

selbst sowie der bei der Übersiedlung bereits vorhandenen<br />

Söhne vom Wehrdienst auf Lebenszeit vor.<br />

Am 10. (22.) Februar 1862 wurde eine Allerhöchste Kommission<br />

zur Überprüfung der Wehrdienstvorschrift eingesetzt.<br />

Ihr gehörten Vertreter des Kriegsministeriums, des<br />

Marineministeriums, des Innenministeriums, des Ministeriums<br />

für Staatsvermögen, des Finanzministeriums, des<br />

Departments für Apanagen und der Abteilung 2 der Kaiserlichen<br />

Privatkanzlei an. Dies waren hauptsächlich Juristen<br />

und enge Mitarbeiter Alexanders II. bei der Durchführung<br />

der liberalen Reformen. Auf Seiten der Militärs spielte<br />

eine entscheidende Rolle der Diensthabende General des<br />

Hauptstabes Generalleutnant Graf F. L. von Heyden. Der<br />

Vorsitzende der Kommission, Staatssekretär N. I. Bachtin,<br />

hatte früher in der Marineverwaltung gedient und zeichnete<br />

Илл. 629<br />

Илл. 630<br />

Освобождение колонистов от рекрутской повинности<br />

основывалось на Манифесте 22 июля 1763 г.<br />

и на Правилах 20 февраля 1804 г. Первая попытка<br />

пересмотреть эту льготу была предпринята в 1824 г.<br />

министром финансов Е. Ф. Канкриным. По его проекту<br />

вводился денежный рекрутский сбор в 500 руб.<br />

с каждого колониста. Комитет министров отверг<br />

проект и Высочайшим указом 23 декабря 1824 г.<br />

(4 января 1825 г.) провозгласил для колонистов «освобождение<br />

от рекрутства на вечные времена». Тем<br />

не менее Манифестом 28 июля (9 августа) 1831 г. был<br />

введен рекрутский сбор в 300 руб. с бессарабских<br />

и таврических колонистов. При переселении в Россию<br />

прусских меннонитов Высочайшим повелением<br />

Сенату 19 ноября (2 декабря) 1852 г. освобождение<br />

от личной службы через 20 лет подлежало замене денежным<br />

сбором для найма одного рекрута. Правила<br />

о найме и поселении землевладельцами иностранных<br />

рабочих от 23 января (4 февраля) 1862 г. предусматривали<br />

личное освобождение от рекрутской<br />

повинности глав семейств вместе с имевшимися при<br />

переселении сыновьями пожизненно.<br />

Высочайшая Комиссия для пересмотра Рекрутского<br />

устава была учреждена 10 (22) февраля 1862 г.<br />

из представителей министерств военного, морского,<br />

внутренних дел, государственных имуществ, финансов,<br />

Департамента уделов и II отделения Собственной<br />

канцелярии императора. Главным образом это были<br />

юристы и ближайшие сотрудники Александра II<br />

в деле проведения либеральных реформ. От военных<br />

главную роль играл дежурный генерал Главного<br />

штаба генерал-лейтенант граф Ф. Л. фон Гейден.<br />

Председатель комиссии государственный секретарь<br />

Н. И. Бахтин служил ранее в Морском департаменте<br />

и отличался либеральностью взглядов (выступал<br />

629<br />

630<br />

629. Е. Ф. Канкрин (1774–1845). С литографии. 1860-е гг.<br />

E. F. Cancrin (1774–1845). Lithographie. 1860er Jahre<br />

630. Ф. Л. фон Гейден (1821–1900). С литографии. Конец XIX в.<br />

F. L. von Heyden (1821–1900). Lithographie. Ende 19. Jh.


Немцы в российской истории 267<br />

sich durch liberale Ansichten aus. Er setzte sich z. B. für die<br />

entschädigungslose Zuteilung von Land an befreite Bauern<br />

ein. 1866 wurde er von W. P. Butkow, einem Autor und<br />

aktiven Verfechter der Landwirtschafts- und Justizreform,<br />

abgelöst. Das Ziel der Kommission bestand darin, „eine<br />

größtmögliche Zahl von Personen zur Ableistung des Wehrdienstes<br />

zu gewinnen“, wozu ab März 1862 auch über die<br />

Abschaffung von Vergünstigungen für bislang privilegierte<br />

Stände nachgedacht wurde.<br />

Mit der Erarbeitung eines Entwurfs für ausländische Siedler<br />

wurden Senator K. Repinskij und Staatsrat D. Solskij beauftragt.<br />

Im Juni 1863 wurde diese Frage erstmals vor der<br />

Kommission erörtert und war Gegenstand von acht Sitzungen.<br />

Die Verfasser des Entwurfs hielten es für notwendig,<br />

die Kolonisten zum Dienst in der Armee einzuziehen, die<br />

ja auch den Landbesitz der Kolonisten schützte. Allerdings<br />

sollte dies nach und nach erfolgen, der damaligen Generation<br />

sollte die Befreiung vom Wehrdienst auf Lebenszeit erhalten<br />

bleiben. Das wichtigste Argument bei der Abschaffung von<br />

Vergünstigungen war die Aufrechterhaltung der Gerechtigkeit:<br />

Alle Stände sind vor dem Gesetz gleich. Mit der Regelung<br />

Unzufriedene sollten aus Russland ausreisen dürfen. Für die<br />

Mennoniten galt das Gesetz in der Fassung von 1862.<br />

Im April 1864 wurde der Entwurf dem Staatsrat vorgelegt.<br />

Die Erörterung dauerte bis März 1865, als Alexander II.<br />

verfügte, für die Kolonisten „die Vergünstigungen bei der<br />

Rekrutierung bis zum Ablauf der Frist beizubehalten und<br />

die auf ewige Zeiten gewährten Vergünstigungen unverändert<br />

zu lassen“. Er wurde von 14 Mitgliedern des Rates<br />

unterstützt.<br />

Im September 1865 legte die Kommission erneut einen<br />

Entwurf vor, der vorsah, dass die Kolonisten Neurusslands<br />

anstelle des Militärdienstes eine Geldgebühr zahlen sollten.<br />

Damit wurde versucht, sie mit Staatsbauern gleichzusetzen.<br />

Gegen diese juristische Gleichsetzung trat der Generalgouverneur<br />

Neurusslands und Bessarabiens, Infanteriegeneral<br />

P. E. Kotzebue, auf. Er verwies darauf, dass die Abschaffung<br />

der Vergünstigungen keinen spürbaren Gewinn bringen,<br />

sondern nur Unruhen heraufbeschwören würde. Im August<br />

1866 folgte der Staatsrat der Meinung des Mannes, der die<br />

Region gut kannte und einer ruhigen wirtschaftlichen Entwicklung<br />

Neurusslands den Vorzug vor einem zweifelhaften<br />

materiellen Vorteil gab.<br />

1867 wurde der Kommission von Generalleutnant I. A. Hahn<br />

ein interessanter Entwurf für eine Militärreform vorgelegt,<br />

der vorsah, von allen privilegierten Ständen eine Wehrpflichtsteuer<br />

zu erheben, die eingenommenen Mittel als<br />

verzinsliches Kapital zu nutzen und den Ertrag den Soldaten<br />

bei ihrer Entlassung in die Reserve zur Einrichtung eines<br />

Hofes auszuzahlen. Dabei sollte der Höchststeuersatz nicht<br />

über fünf Rubel liegen. Das war natürlich der am besten<br />

durchdachte und wirtschaftlich sinnvollste Vorschlag. Zu<br />

einer Erörterung kam es aber trotzdem nicht.<br />

Im August 1870 wurde die Arbeit der Kommission vom<br />

Imperator beendet. Nach dem Bericht von Kriegsminister<br />

D. Miljutin am 7. (19.) November 1870 wurde eine<br />

Kommission zur Erörterung des Gesetzes über die allgemeine<br />

Wehrpflicht gebildet. Vorsitzender der Kommission<br />

war Generaladjutant Graf F. Heyden. Die meisten<br />

за безвозмездное наделение землей освобожденных<br />

крестьян). В 1866 г. его сменил В. П. Бутков – один<br />

из авторов и активных проводников крестьянской<br />

и судебной реформ. Целью комиссии было «привлечение<br />

к отбыванию рекрутской повинности<br />

наибольшего числа лиц», для чего с марта 1862 г.<br />

стал рассматриваться вопрос об отмене льгот привилегированных<br />

сословий.<br />

Разработка проекта по иностранным поселенцам<br />

была поручена сенатору К. Репинскому и статскому<br />

советнику Д. Сольскому. Вопрос был впервые<br />

заслушан комиссией в июне 1863 г. и обсуждался<br />

на восьми заседаниях. Авторы проекта считали<br />

необходимым привлечь колонистов к службе в армии,<br />

которая «защищает и поземельное владение<br />

колонистов», но постепенно, предоставив ныне живущим<br />

личное пожизненное освобождение. Главным<br />

аргументом было сохранение справедливости при<br />

отмене льгот: все сословия должны были быть равны<br />

перед законом. Недовольным предоставлялось<br />

право выезда из России. На меннонитов распространялась<br />

норма закона 1862 г.<br />

В апреле 1864 г. проект был представлен в Государственный<br />

совет. Обсуждение длилось до марта<br />

1865 г., когда Александр II повелел в отношении<br />

колонистов «льготы от рекрутства, данные на срок,<br />

сохранить до минования того срока, а льготы, предоставленные<br />

на вечные времена, оставить без всякой<br />

перемены». Его поддержали 14 членов Совета.<br />

К сентябрю 1865 г. комиссия вновь составила проект<br />

замены личной службы для колонистов Новороссии<br />

денежным взносом, попытавшись приравнять их<br />

к казенным крестьянам. Против таких юридических<br />

обобщений резко выступил Новороссийский<br />

и Бессарабский генерал-губернатор генерал от инфантерии<br />

П. Е. Коцебу: он обращал внимание на то,<br />

что отмена льгот не даст ощутимой выгоды, но<br />

приведет к волнениям. Государственный совет в августе<br />

1866 г. полностью поддержал мнение человека,<br />

хорошо знавшего край и предпочитавшего сомнительной<br />

материальной выгоде спокойное развитие<br />

хозяйства Новороссии.<br />

В 1867 г. комиссия получила интересный проект<br />

военной реформы, представленный генерал-лейтенантом<br />

И. А. Ганом. Он предложил взимать рекрутский<br />

налог со всех привилегированных сословий<br />

и использовать средства как процентный капитал,<br />

выдаваемый на руки для заведения хозяйства уволенным<br />

в запас солдатам. Максимальная ставка<br />

налога не превышала 5 руб. Безусловно, это был наиболее<br />

продуманный и экономически обоснованный<br />

проект. Но до его обсуждения дело не дошло.<br />

В августе 1870 г. император прекратил деятельность<br />

комиссии. После доклада военного министра Д. Милютина<br />

7 (19) ноября 1870 г. была создана Комиссия<br />

для обсуждения Закона о всеобщей воинской повинности.<br />

Ее председателем стал генерал-адъютант граф<br />

Ф. Гейден. Большинство ее членов были генералы и<br />

адмиралы царской свиты. На деятельность комиссии


268 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 631<br />

Abb. 632<br />

Abb.<br />

633, 634<br />

Abb. 635<br />

Kommissionsmitglieder waren Generale und Admirale aus<br />

dem Gefolge des Zaren. Die Tätigkeit der Kommission<br />

stand unter dem Eindruck der Niederlage Frankreichs gegen<br />

Preußen und der Gründung des Deutschen Reiches mit<br />

einer mächtigen nationalen Armee. Darüber hinaus gab es<br />

inzwischen ca. 310 000 männliche Kolonisten.<br />

Mit der Erarbeitung eines auf die Kolonisten zugeschnittenen<br />

Entwurfes wurde im Februar 1871 Oberst M. S. Maximowskij<br />

beauftragt. In dem Bewusstsein, dass der Regierung in der<br />

jetzigen Situation nichts anderes übrig blieb, als die Vereinbarungen,<br />

die man mit den Kolonisten bei deren Übersiedlung<br />

getroffen hatte, zu brechen, gab er der Fragestellung eine<br />

andere Richtung und wertete die Vergünstigungen als eine<br />

„Entlohnung für geleistete Dienste“ ein. Er schlug vor, die<br />

Kolonisten mit anderen Ständen gleichzusetzen, da es keinen<br />

Bedarf mehr an neuen Siedlern gäbe und „der Nutzen, den<br />

die Kolonisten gebracht haben, nicht so bedeutsam gewesen<br />

sei“. Der Entwurf sah vor, auch Mennoniten ab sofort zum<br />

Militärdienst einzuberufen, allerdings nur in Sanitätstruppenteile.<br />

Im Dezember verfügten die Kommissionsmitglieder ein<br />

Ausreiseverbot aus Russland für Kolonisten im wehrpflichtigen<br />

Alter und ergänzten die Abschaffung der Vergünstigungen<br />

durch repressive Gesetze. Ein Brief von Bewohnern der<br />

Kolonie Sarepta vom März 1872, in dem diese darum baten,<br />

die Befreiung vom Militärdienst als ein ihnen zugesichertes<br />

Privileg wieder herzustellen, blieb völlig unbeachtet<br />

Im September 1872 erstellte die Kommission die Endfassung<br />

des Gesetzes. Neben der Ausweitung der Wehrpflicht<br />

auf deutsche Kolonisten, einschließlich des Dienstes ohne<br />

Waffen für Mennoniten, wurde die Befreiung vom Wehrdienst<br />

für Landarbeiter und Deutsche, die sich vor 1872 im<br />

Polnischen Königreich niedergelassen hatten, auf Lebenszeit<br />

und für Mennoniten, die nach 1851 neue Kolonien gegründet<br />

hatten, für 20 Jahre festgeschrieben. Im Januar 1873 wurde<br />

der Entwurf dem Staatsrat vorgelegt.<br />

Zur Prüfung des Gesetzesentwurfes im Staatsrat wurde eine<br />

Sonderabteilung für Wehrpflicht unter dem Vorsitz von<br />

Großfürst Konstantin Nikolajewitsch gebildet. Weiterhin<br />

gehörten ihr der Thronfolger Alexander Alexandrowitsch,<br />

der General-Feldzeugmeister Großfürst Michail Nikolajewitsch,<br />

die Feldmarschälle Barjatinskij und Berg sowie<br />

Kanzler А. Gortschakow an. An der Mennonitenfrage entzündete<br />

sich ein Streit zwischen dem Vorsitzenden, der für<br />

deren völlige Befreiung vom Militärdienst eintrat (in der<br />

Hauptstadt weilte gerade eine Delegation der Mennoniten)<br />

und D. Miljutin, der die Meinung vertrat, „dass dies alles<br />

unbegründete private Ansprüche seien“. Schließlich einigte<br />

man sich darauf, die Mennoniten von der Ableistung des<br />

Eides und dem Dienst an der Waffe zu befreien und sie<br />

ausschließlich zum Dienst in Kriegs- und Seekriegsämtern zu<br />

verpflichten. Die Vorschrift für den allgemeinen Wehrdienst<br />

wurde bestätigt und ab Januar 1874 in Kraft gesetzt. Die<br />

Ausweitung des Wehrdienstes auf die Kolonisten war ein weiterer<br />

Schritt zur Reformierung dieser Gemeinschaft.<br />

Die Mennoniten reagierten am deutlichsten auf diese Vorschrift:<br />

Im Zuge einer spontanen Abwanderung verließen<br />

ca. 15 000 von ihnen Russland. Die Behörden versuchten<br />

vergeblich, dem einen Riegel vorzuschieben. Die Kommission<br />

von Generalingenieur Graf Eduard Totleben kam zu dem<br />

Илл. 631<br />

Илл. 632<br />

Илл.<br />

633, 634<br />

Илл. 635<br />

оказал влияние разгром Франции Пруссией и образование<br />

Германской империи с мощной национальной<br />

армией. Кроме того, мужское колонистское<br />

население составляло уже около 310 тыс. чел.<br />

Разработка проекта о колонистах была поручена<br />

в феврале 1871 г. полковнику М. С. Максимовскому.<br />

Понимая, что правительство сейчас вынуждено<br />

нарушить свои соглашения с колонистами,<br />

заключенные при переселении, он перевел вопрос<br />

в иное русло и стал рассматривать льготы как «вознаграждение<br />

за услугу». Он предложил приравнять<br />

колонистов к прочим сословиям, поскольку более<br />

нет надобности в привлечении новых поселенцев и<br />

«польза от колонистов не была столь значительна».<br />

Проект предусматривал немедленное привлечение<br />

к военной службе и меннонитов, но в санитарных<br />

командах. В декабре члены комиссии одобрили запрет<br />

для колонистов призывного возраста выезжать<br />

из России, дополнив отмену льгот принятием репрессивного<br />

законодательства. Обращение жителей<br />

колонии Сарепта в марте 1872 г. о восстановлении<br />

права не служить вообще (как данной им привилегии)<br />

было оставлено без последствий.<br />

К сентябрю 1872 г. комиссия выработала окончательный<br />

проект закона. Распространив на немецких<br />

колонистов воинскую повинность (в том числе<br />

службу меннонитов на нестроевых должностях), она<br />

сохранила отсрочки от призыва в армию для сельскохозяйственных<br />

рабочих и немцев, поселившихся<br />

в Царстве Польском до 1872 г., – пожизненно, а для<br />

меннонитов, поселившихся новыми колониями после<br />

1851 г., – на 20 лет. В январе 1873 г. проект был<br />

передан в Государственный совет.<br />

Для рассмотрения проекта закона в Государственном<br />

совете было образовано Особое присутствие<br />

о воинской повинности (председатель – великий<br />

князь Константин Николаевич). Среди его членов<br />

были наследник престола Александр Александрович,<br />

генерал-фельдцейхмейстер великий князь<br />

Михаил Николаевич, фельдмаршалы Барятинский<br />

и Берг, канцлер А. Горчаков. Обсуждение вопроса<br />

о меннонитах вызвало конфликт между председателем,<br />

настаивавшим на их освобождении от военной<br />

службы вовсе (в столице находились делегации<br />

от меннонитов), и Д. Милютиным, считавшим, что<br />

«все это частные притязания, не имеющие достаточных<br />

оснований». Было подтверждено освобождение<br />

меннонитов от присяги и ношения оружия,<br />

но вводилась обязанность служить исключительно<br />

по военному или морскому ведомствам. Устав о всеобщей<br />

воинской повинности был принят и с января<br />

1874 г. вступил в силу. Распространение воинской<br />

службы на колонистов стало очередным звеном<br />

в реформировании этого сообщества.<br />

Наиболее активно отреагировали на устав меннониты<br />

– в результате стихийной эмиграции Россию<br />

покинули 15 тыс. чел. Попытки властей прекратить<br />

ее не достигли успеха. Комиссия инженер-генерала<br />

графа Э. Тотлебена выяснила, что эмигранты


631. Великий князь Константин Николаевич (1827–1892). Фото. 1870-е гг.<br />

Großfürst Konstantin Nikolajewitsch (1827–1892). Foto. 1870er Jahre<br />

631<br />

632<br />

632. Дело канцелярии Новороссийского и Бессарабского генерал-губернатора о депутации хортицких меннонитов, отправившейся в Санкт-Петербург<br />

для ходатайства льготы от рекрутской повинности. 1871. Государственный архив Одесской области, Одесса<br />

Akte der Kanzlei des General-Gouverneurs von Neurussland und Bessarabien über eine Abordnung der Chortitzaer Mennoniten, die nach St. Petersburg zur<br />

Erlangung der Befreiung von der Wehrpflicht entsandt wurde. 1871. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa


633. Свидетельство о явке к исполнению воинской повинности поселянинасобственника<br />

Херсонской губернии Я. Шеппа. 1898. Государственный архив<br />

Одесской области, Одесса<br />

Bescheinigung über die Einberufung des Siedler-Eigentümers des Gouvernements<br />

Cherson, Ja. Schöpp, zur Ableistung der Wehrpflicht. 1898. Staatliches Gebietsarchiv<br />

Odessa, Odessa<br />

634. Свидетельство о льготе по воинской повинности меннониту Самарской губернии<br />

Г. Никкелю (выпускникам школ срок службы сокращался). Линденау, 1904.<br />

Издательство Ней‐Самара, Варендорф (Германия)<br />

Bescheinigung über die Ermäßigung der Wehrpflicht für den Mennoniten des<br />

Gouvernements Samara H. Nickel (Absolventen von Schulen wurde die Dienstdauer<br />

ermäßigt). Lindenau, 1904. Verlag Neu-Samara, Warendorf (Deutschland)<br />

633<br />

634<br />

635<br />

635. Э. И. Тотлебен (1818–1884). Р. Виммер. 1881.<br />

Государственный Эрмитаж, С.‐Петербург<br />

E. I. Totleben (1818–1884). R. Wimmer. 1881.<br />

Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />

636. Заседание Государственного совета в 1884 г.<br />

С акварели М. Зичи. 1885. Государственный<br />

Эрмитаж, С.‐Петербург<br />

Sitzung des Staatsrats 1884. Nach einem Aquarell<br />

von M. Zichy. 1885. Staatliche Eremitage,<br />

St. Petersburg<br />

636


Немцы в российской истории 271<br />

Schluss, dass die Auswanderer sich von den Reformen<br />

als spezifische ethnisch-konfessionelle Gruppe bedroht<br />

sahen. Am 8. (20.) April 1875 wurde den Mennoniten vom<br />

Staatsrat das Recht zugesprochen, ihren Militärdienst in den<br />

Werkstätten des Seekriegsamtes, bei der Feuerwehr und<br />

in speziellen Waldarbeiterkolonnen der Forstverwaltung<br />

abzuleisten. Aber die Abwanderung hielt weiter an, und ein<br />

Teil der Mennoniten bat um Umsiedlung nach Turkestan<br />

und Buchara, wo Christen vom Wehrdienst befreit waren.<br />

Mit Allerhöchster Genehmigung vom 23. Juni (4. Juli) 1880<br />

durften die Mennoniten nur zu Waldarbeiten in Neurussland<br />

eingesetzt werden. Zwischen 1882 und 1885 legte der<br />

Staatsrat die Regeln für den Dienst in den Waldarbeiterkolonnen<br />

fest. Die Bedingungen waren ähnlich streng wie<br />

für Strafgegangene, allerdings hatten die Gemeinden die<br />

Möglichkeit, die Mennoniten materiell zu unterstützen,<br />

ihnen geistlichen Beistand zu leisten sowie Grund und<br />

Boden für Nebenwirtschaften zu erwerben. 1914 gab es<br />

acht solcher Forsteiabteilungen: sieben in Neurussland und<br />

eine im Generalgouvernement Steppe. Dort leisteten über<br />

1 200 Mennoniten ihren Dienst ab. Dies war die erste Erfahrung<br />

mit einem alternativen Dienst in Russland.<br />

Für katholische und lutherische Kolonisten gab es die<br />

Möglichkeit vom Wehrdienst freigestellt zu werden, wenn<br />

sie neue Kolonien gründeten. So entstanden neue Siedlungen<br />

am Kuban, im Gebiet der Donkosaken sowie in den<br />

Gouvernements Stawropol und Orenburg. 1888 entstanden<br />

allein im Nordkaukasus 53 neue Kolonien. Ende des<br />

19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden in der<br />

Kulunda-Steppe neue Siedlungen gegründet, und auch im<br />

Altai und in Westsibirien wurde mit der Ansiedlung von<br />

Deutschen begonnen. Der Höhepunkt der Abwanderung<br />

gen Osten fiel mit dem Ablauf der Frist für die Rückstellung<br />

vom Wehrdienst zusammen. Jedoch war diese Umsiedlung<br />

eher typisch für Kolonisten aus Neurussland.<br />

Abb. 636<br />

Abb.<br />

637–643<br />

усматривали в реформах угрозу сохранению самобытности<br />

своей этноконфессиональной группы.<br />

8 (20) апреля 1875 г. Государственный совет предоставил<br />

меннонитам право отбывать воинскую повинность<br />

в мастерских Морского ведомства, пожарных<br />

командах и особых лесных командах Лесного департамента.<br />

Но эмиграция продолжалась, а часть меннонитов<br />

просила о переселении их в Туркестан и Бухару,<br />

где христиане были освобождены от службы в войсках.<br />

Высочайшим соизволением 23 июня (4 июля)<br />

1880 г. меннониты назначались только на лесные<br />

работы в Новороссии. В 1882–1885 гг. Государственным<br />

советом были разработаны правила прохождения<br />

службы в лесных командах. По строгости они<br />

были схожи с условиями содержания преступников,<br />

но зато давали возможность общинам материально<br />

поддерживать и обслуживать духовно меннонитов,<br />

покупать землю для подсобного хозяйства. К 1914 г.<br />

существовало восемь таких команд (семь в Новороссии<br />

и одна в Степном генерал-губернаторстве). В них<br />

служили более 1 200 меннонитов. Это был первый<br />

опыт альтернативной службы в России.<br />

Для колонистов (католиков и лютеран) выход из создавшейся<br />

ситуации был найден в возможности получать<br />

отсрочку от службы при основании новых<br />

колоний. Новые поселения создавались в Кубанской<br />

области, области войска Донского, Ставропольской и<br />

Оренбургской губерниях. К 1888 г. только на Северном<br />

Кавказе было основано 53 колонии. На рубеже<br />

ХIX–ХХ вв. новые поселения появились в Кулундинской<br />

степи. Начинается заселение немцами Алтая и<br />

Западной Сибири. Всплески продвижения на восток<br />

совпадают со временем истечения предоставленных<br />

отсрочек. Но такое переселенческое движение больше<br />

характерно для новороссийских колонистов.<br />

Илл. 636<br />

Илл.<br />

637–643<br />

637. Альтернативная служба меннонитов в лесной<br />

команде (Крым). Фото. Около 1910.<br />

Издательство «Заменкорн», Штейнхаген<br />

Ersatzdienst von Mennoniten im Forsteidienst<br />

(Krim). Foto. Ca. 1910. Verlag „Samenkorn“<br />

Steinhagen<br />

637


638<br />

638–640.<br />

Меннонитская<br />

лесная команда в<br />

Азовском лесничестве<br />

(Екатеринославская губ.).<br />

Фото. Начало ХХ в. Mennonite<br />

Heritage Centre Archives and<br />

Gallery, Виннипег<br />

Mennonitische Forstei-<br />

Abteilung in der Asow-<br />

Försterei (Gouvernement<br />

Jekaterinoslaw). Foto. Anfang<br />

20. Jh. Mennonite Heritage<br />

Centre Archives and Gallery,<br />

Winnipeg<br />

639<br />

640


641<br />

642<br />

641. Альтернативная служба меннонитов в Велико-Анадольском<br />

лесничестве (Екатеринославская губ.). Фото. 1912<br />

Ersatzdienst von Mennoniten in der Försterei Gross-Anadol<br />

(Gouvernements Jekaterinoslaw). Foto. 1912<br />

642. Альтернативная служба меннонитов в филлоксерном отряде<br />

(борьба с вредителями виноградников) в Крыму. Фото. Начало ХХ в.<br />

Семейный архив А. Янцен<br />

Ersatzdienst von Mennoniten in einer Phylloxera-Abteilung<br />

(Reblausbekämpfung) auf der Krim. Foto. Anfang 20. Jh. Aus dem<br />

Familienarchiv von A. Janzen<br />

643. Брошюра об учреждении лесных команд из меннонитов<br />

в Акмолинской и Семипалатинской областях. Омск. 1914<br />

Broschüre über die Gründung von Forsteiabteilungen für Mennoniten<br />

in den Gebieten Akmolinsk und Semipalatinsk. Omsk, 1914<br />

643


644 645<br />

644. Поволжские немцы Я. Крейк и Г. Бец в русской<br />

армии. Фото. Около 1914. Землячество немцев<br />

из России, Штутгарт<br />

Wolgadeutsche J. Kreik und H. Betz in der russischen<br />

Armee. Foto. Ca. 1914. Landsmannschaft der<br />

Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />

645. Посадка нижних чинов на пароход в Одессе<br />

для отправки на Дальний Восток. Фото. 1903<br />

Verschiffen von Mannschaften zum Transport<br />

von Odessa nach Fernost. Foto. 1903<br />

646. Памятник воинам, в том числе немцам, уроженцам<br />

Аккермана и уезда (Бессарабия), погибшим<br />

на Дальнем Востоке в русско-японскую войну<br />

1904–1905 гг. Фото А. Айсфельда. 1997<br />

Denkmal für Soldaten, darunter auch Deutschen,<br />

aus der Stadt und dem Bezirk Akkermann<br />

(Bessarabien), die in Fernost während des Russisch-<br />

Japanischen Krieges 1904–1905 gefallen sind.<br />

Foto von A. Eisfeld. 1997<br />

646<br />

647. Рабочая команда меннонитов<br />

на сельскохозяйственных<br />

работах. Фото. Начало ХХ в.<br />

Издательство Ней-Самара,<br />

Варендорф (Германия)<br />

Mennonitische Arbeitsabteilung<br />

bei landwirtschaftlichen Arbeiten.<br />

Foto. Anfang 20. Jh. Verlag Neu-<br />

Samara, Warendorf (Deutschland)<br />

647


Немцы в российской истории 275<br />

Die Kolonisten an der Wolga reagierten auf die Einführung<br />

des Wehrdienstes viel gelassener. In der Zeit vor 1914<br />

hatten bereits über 50 000 Deutsche aus dem Wolgagebiet<br />

aktiven Militärdienst geleistet. Eine erste Feuertaufe<br />

war der Russisch-Osmanische Krieg 1877–1878. Auch<br />

die Deutschen aus Neurussland machten hier ihre ersten<br />

Kampferfahrungen. Allein aus dem Bezirk Mariupol im<br />

Gouvernement Jekaterinoslaw wurden 18 Personen mit<br />

dem Georgskreuz ausgezeichnet. Wolgadeutsche waren<br />

in der 40. Infanteriedivision, die auf den kaukasischen<br />

Schlachtfeldern kämpfte. Wie bereits während des Krimkrieges<br />

wurden Lazarette eröffnet und Truppen in den<br />

Kolonien untergebracht. Die Kolonisten pflegten acht<br />

Prozent der Verwundeten.<br />

Im Russisch-Japanischen Krieg 1904–1905 kämpften Russlanddeutsche<br />

in der 1. und 2. Schützenbrigade, in der<br />

1., 2., 3. 5., 6. und 9. Ostsibirischen Schützendivision, in<br />

der 9., 31. und 49. Infanteriedivision sowie im 52. Dragonerregiment.<br />

Dies war der erste bewaffnete Konflikt, in<br />

dem Russlanddeutsche spürbare Verluste erlitten. Um die<br />

Familien der Eingezogenen und Gefallenen kümmerten<br />

sich die Dorfgemeinden der Siedler-Eigentümer (der ehemaligen<br />

Kolonisten), da die Semstwo-Verwaltungen sich<br />

mit der Begründung, die Deutschen seien wohlhabend<br />

genug, hier völlig heraushielten.<br />

Durch die Niederlage im Krieg lebte unter den deutschen<br />

Siedler wieder spontan der Pazifismus auf. An der Wolga<br />

häuften sich Fälle von Wehrdienstverweigerung. Trotzdem<br />

gab es aber mit den Deutschen in Armee und Flotte bis<br />

zum Ersten Weltkrieg keine besonderen Schwierigkeiten.<br />

Bis 1914 lag die Zahl der jährlich eingezogenen Deutschen<br />

fast bei 15 000 Personen, wobei es bis 1904 auch kaum<br />

zu Zwischenfällen kam.<br />

Es wäre falsch zu glauben, dass mit der Einführung der<br />

Wehrpflicht die deutschen Kolonisten enger in die russische<br />

Abb. 644<br />

Abb.<br />

645–648<br />

Колонисты Поволжья более спокойно отнеслись к введению<br />

воинской повинности. За время до 1914 г. более<br />

50 тыс. тамошних немцев прошли действительную<br />

военную службу. Первым боевым крещением стала<br />

русско-турецкая война 1877–1878 гг. Для новороссийских<br />

немцев это тоже был первый боевой опыт.<br />

Только из уроженцев Мариупольского уезда Екатеринославской<br />

губернии знаком отличия Военного ордена<br />

(Георгиевский крест) были награждены 18 чел. Поволжские<br />

немцы оказались в составе 40‐й пехотной<br />

дивизии, воевавшей на Кавказском театре войны. Как<br />

и в период Крымской войны, основывались лазареты,<br />

а в колониях размещались войска. Колонисты вылечили<br />

8 % раненых.<br />

Во время русско-японской войны 1904–1905 гг. российские<br />

немцы воевали в составе 1‐й и 2‐й стрелковых<br />

бригад, 1‐й, 2‐й, 3‐й, 5‐й, 6‐й и 9‐й Восточно-Сибирских<br />

стрелковых дивизий, 9‐й, 31‐й и<br />

49‐й пехотных дивизий, 52‐го драгунского полка.<br />

Это был первый вооруженный конфликт, в котором<br />

российские немцы понесли ощутимые потери. Заботу<br />

о семьях мобилизованных и погибших брали<br />

на себя сельские общества поселян-собственников<br />

(бывших колонистов), поскольку земство фактически<br />

устранилось от решения этой задачи, считая немцев<br />

«зажиточными».<br />

Поражение в войне вновь всколыхнуло в немцах-поселянах<br />

стихийный пацифизм. В Поволжье частыми<br />

стали случаи уклонения от явки по призыву. Тем<br />

не менее вплоть до Первой мировой войны особых<br />

трудностей с немецким контингентом в армии и<br />

на флоте не наблюдалось. К 1914 г. число ежегодно<br />

призываемых немцев составляло до 15 тыс. чел.<br />

До 1904 г. призывы осуществлялись практически<br />

без срывов.<br />

Илл. 644<br />

Илл.<br />

645–648<br />

648. Альтернативная служба меннонитов санитарами во время<br />

русско-японской войны. Фото. 1905. Mennonite Heritage<br />

Centre Archives and Gallery, Виннипег<br />

Ersatzdienst von Mennoniten als Sanitäter während des<br />

Russisch-Japanischen Krieges. Foto. 1905. Mennonite Heritage<br />

Centre Archives and Gallery, Winnipeg<br />

648


276 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 649<br />

Abb. 650<br />

Abb. 651<br />

Abb. 652<br />

Gesellschaft eingebunden werden sollten. Die russische Militärführung<br />

verfolgte ein ganz anderes Ziel. Sie wollten eine<br />

nationale Streitmacht und keine auf Ständen basierende<br />

Armee. In einer auf Ständen beruhenden Gesellschaft wäre<br />

dies unmöglich gewesen. Die Reformen Alexanders II. führten<br />

das Land zur Entstehung eines nationalen Reiches. Den<br />

Leitgedanken dieser Umgestaltung fasste Alexander III., der<br />

Nachfolger des Reformzaren, unverblümt mit den Worten<br />

„ein Russland für die Russen“ zusammen. Trotzdem wusste<br />

man aber auch die moralischen Qualitäten der Russlanddeutschen<br />

wie Treue zur Krone und Opferbereitschaft sowie das<br />

höhere Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung zu schätzen.<br />

Die Einführung der Wehrpflicht wurde ein Faktor für den<br />

Eintritt der deutschen Kolonisten in eine grundsätzlich neue<br />

russische Gesellschaft, die nicht universell, sondern national<br />

geprägt war. Dazu musste man sich von Grundüberzeugungen<br />

trennen, zu verschiedenen Kniffen, wie der Gründung<br />

neuer Kolonien, greifen oder aber sich anpassen. In der<br />

neuen Gesellschaft musste man die Sprache der Titularnation<br />

beherrschen und die Besonderheiten im Leben und Alltag der<br />

Menschen, die um einen herum lebten, kennen. Der Dienst<br />

in der Armee machte all das möglich, und wer als Reservist<br />

entlassen wurde, beherrschte nicht nur das Waffenhandwerk,<br />

sonder auch die russische Sprache. Viele Wissenschaftler<br />

vertreten auch die Meinung, dass sie dadurch zu Trägern der<br />

regierungsamtlichen Ideologie bzw. zu Mittlern zwischen den<br />

Kolonisten-Gemeinden und staatlichen Strukturen wurden.<br />

So passte sich die deutsche Gemeinschaft allmählich den<br />

veränderten Bedingungen an. Das war auch notwendig,<br />

um die Besonderheiten der Gemeinde, insbesondere der<br />

Mennoniten-Gemeinde, zu erhalten. Den Mennoniten gelang<br />

es, Achtung für ihre Weltanschauung zu gewinnen. Der Staat<br />

erkannte die Besonderheiten dieser Glaubenslehre an. Während<br />

der Zarenherrschaft hatten es die Mennoniten geschafft,<br />

einen alternativen Dienst außerhalb der Zuständigkeit der<br />

Militärbehörden durchsetzen.<br />

Der Erste Weltkrieg (1914–1918) führte zu gravierenden<br />

Veränderungen in den Beziehungen des russischen Staates<br />

zu seinen deutschstämmigen Untertanen. Er bot zahlreiche<br />

Beispiele für Treue, Patriotismus und Opferbereitschaft<br />

von russischen Soldaten deutscher Nationalität. Die ersten<br />

vier Jahrgänge einberufener Wehrpflichtiger brachten<br />

der Armee fast 40 000 deutschstämmige Soldaten aus dem<br />

Wolgagebiet, aus Neurussland, aus dem Kaukasus, dem Königreich<br />

Polen, dem Baltikum und aus Sibirien. Allein der<br />

Militärbezirk Kasan, zu dem die Wolga-Kolonien gehörten,<br />

stellte 50 000 deutsche Soldaten aus der Volkswehr für die<br />

Kaukasus-Armee.<br />

Eine Vergleichsanalyse des Anteils der in die Armee eingezogenen<br />

Russlanddeutschen (1,5 bis 2 % von der Gesamtzahl<br />

gegenüber einem durchschnittlichen Anteil an der wehrpflichtigen<br />

Bevölkerung Russlands von 1,5 %) widerlegt<br />

die Behauptung, dass unter Russlanddeutschen angeblich<br />

massenhaft der Wehrdienst verweigert wurde. Trotz der in<br />

Russland einsetzenden antideutschen Kampagne, die auch<br />

die Armee erfasste, wurden bis Ende 1915 allein unter<br />

den Verwundeten ca. 1 000 Russlanddeutsche mit dem<br />

Georgskreuz und Medaillen für Mut und Tapferkeit ausgezeichnet,<br />

d. h., jeder 47. Träger des Georgskreuzes war ein<br />

Илл. 649<br />

Илл. 650<br />

Илл. 651<br />

Илл. 652<br />

Было бы неверным решить, что введение воинской<br />

повинности для немцев-колонистов преследовало<br />

цель теснее связать их с русским обществом. Военное<br />

ведомство России преследовало иную цель –<br />

формирование национальной, а не сословной армии.<br />

В сословном государстве это было невозможно.<br />

Реформы Александра II вели страну к перерождению<br />

в национальную империю. Лейтмотив такого<br />

преобразования был откровенно высказан наследником<br />

реформатора – Александром III: «Россия для<br />

русских». Тем не менее учитывались моральные<br />

качества российских немцев, их лояльность трону,<br />

готовность к самопожертвованию, более высокий<br />

уровень хозяйственного развития. Введение<br />

воинской повинности стало фактором вхождения<br />

немцев-колонистов в принципиально новое российское<br />

общество – не универсальное, а национальное.<br />

Для этого приходилось жертвовать внутренними<br />

устоями, прибегать к различным уловкам (основание<br />

новых колоний) или адаптироваться. В новом<br />

обществе было необходимо владеть языком коренной<br />

национальности, знать особенности жизни<br />

и быта окружающего населения. Служба в армии<br />

это давала – уволенные в запас приходили из армии<br />

обученными не только военному делу, но и<br />

русскому языку. Чаще всего, по мнению многих<br />

исследователей, они становились носителями правительственной<br />

идеологии либо посредниками между<br />

колонистским обществом и государственными<br />

структурами. Так немецкая община приспосабливалась<br />

к изменившимся условиям. Этого требовало<br />

и сохранение самобытности общины, в особенности<br />

меннонитской. Ей удалось добиться уважения своих<br />

взглядов на мир. Государство пошло на признание<br />

особенностей этого вероучения. В условиях самодержавия<br />

меннониты добились альтернативной службы<br />

вне военного ведомства.<br />

Первая мировая война (1914–1918) внесла серьезные<br />

коррективы в отношения между российским<br />

государством и его подданными немецкой национальности.<br />

Она дала множество ярких примеров<br />

лояльности, патриотизма и жертвенности русских<br />

солдат немецкой национальности. Первые четыре<br />

призыва новобранцев дали армии до 40 тыс. бойцов<br />

из немцев Поволжья, Новороссии, Кавказа,<br />

Царства Польского, Прибалтики и Сибири. Только<br />

из Казанского военного округа (которому были подведомственны<br />

поволжские колонии) в Кавказскую<br />

армию отправили 50 тыс. немцев-ополченцев.<br />

Сравнительный анализ доли призванных в армию<br />

российских немцев (1,5–2 % от общей численности<br />

при средней величине призываемого населения<br />

по России в 1,5 %) опровергает домыслы о якобы<br />

массовом уклонении их от мобилизации. Несмотря<br />

на начавшуюся в России антинемецкую кампанию,<br />

которая затронула и армию, до конца 1915 г. георгиевскими<br />

крестами и медалями за проявленное<br />

мужество и ратные подвиги только среди раненых<br />

были награждены около 1 000 российских немцев,


650<br />

649<br />

651<br />

649. Благодарственное письмо императорской<br />

четы меннонитам Гальбштадтской волости<br />

Таврической губернии за щедрые пожертвования<br />

на военные нужды (около 100 тыс. руб.).<br />

20 августа 1914. Государственный архив<br />

Одесской области, Одесса<br />

Dankschreiben des russischen kaiserlichen Ehepaars den<br />

Mennoniten des Amtsbezirks Halbstadt, Gouvernement<br />

Taurien, für großzügige Spenden für den Kriegsbedarf<br />

(ca. 100.000 Rubel). 20. August 1914. Staatliches<br />

Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />

650. И. А. Михаэлис (1874–1917), уроженец поволжской<br />

колонии Мессер, участник русско-японской и Первой<br />

мировой войн, генерал-майор (1915). Фото. [1915]<br />

I. A. Michaelis (1874–1917), geboren in der Kolonie Messer<br />

a. d. Wolga, Teilnehmer des Russisch-Japanischen und des<br />

Ersten Weltkriegs, Generalmajor (1915). Foto. [1915]<br />

651. К. Матте, уроженец Екатеринославской губернии,<br />

действительную военную службу проходил<br />

в 7-м гренадерском Самогитском графа Тотлебена<br />

полку (1909–1911), участник Первой мировой войны<br />

на Кавказе (1914–1918). Фото. Москва. [1910].<br />

Собрание А. Айсфельда<br />

K. Mathei (Gouvernement Jekaterinoslaw) als Soldat<br />

des 7. Samogiten-Grenadierregiments Graf Totleben<br />

(1909–1911), Teilnehmer des Ersten Weltkriegs im<br />

Kaukasus (1914–1918). Foto. [1910]. Sammlung von<br />

A. Eisfeld<br />

652. Рекруты-немцы из Екатеринославской губернии, солдаты Киевского<br />

5-го гренадерского Его Императорского Высочества Наследника Цесаревича<br />

Алексея Николаевича полка, награжденные в период Первой мировой<br />

войны. Фото. 1915. Семейный архив В. Маттейса<br />

Deutsche Wehrpflichtige aus dem Gouvernement Jekaterinoslaw als Soldaten<br />

des Kijewer 5. Seiner Kaiserlichen Hoheit Thronfolger Aleksej Nikolajewitsch<br />

Grenadierregiments, die während des Ersten Weltkrieges ausgezeichnet<br />

wurden. Foto. 1915. Familienarchiv von V. Mattheis<br />

652


278 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

653–655<br />

Abb. 656<br />

Abb. 657<br />

Russlanddeutscher. Die deutschstämmige Krankenschwester<br />

Henriette Sokolowa rettete die Fahne des 6. Libauer<br />

Infanterieregiments. Im November 1914 machten Deutsche<br />

und Bulgaren aus der Umgebung von Odessa ohne fremde<br />

Hilfe einen türkischen Landungstrupp unschädlich.<br />

Auch für die Gemeinde der Mennoniten war der Krieg eine<br />

schwere Prüfung. Trotz der Befreiung vom Militärdienst<br />

beteiligten sich die Mennoniten aktiv an der Verteidigung<br />

ihres Heimatlandes in einem Bereich, der ihren religiösen<br />

Ansichten am nächsten kam, nämlich bei der Versorgung<br />

von Kranken und Verwundeten. Während sich die Mennoniten<br />

zunächst noch auf freiwilliger Basis in Sanitätstrupps<br />

begaben, begannen die russischen Militärbehörden bereits<br />

im Herbst 1914, sie regulär als Sanitäter zum medizinischen<br />

Dienst einzuberufen. Bis Ende 1915 wurden 4 757 Mennoniten,<br />

also sechs Prozent aller Mennoniten in Russland zu<br />

Sanitätsabteilungen eingezogen. Der Anteil der eingezogenen<br />

erwachsenen Männer war dabei noch entsprechend<br />

höher: Kein anderes Volk Russlands war in den Krieg so<br />

stark involviert. Weitere 3 500 Mennoniten leisteten ihren<br />

Dienst in Forsteiabteilungen und Arbeitstrupps. Dabei legte<br />

die Militärmedizinische Hauptverwaltung großen Wert auf<br />

die Überstellung aller einberufenen Mennoniten, die als<br />

„höchst pflichtbewusste und tüchtige Arbeitskräfte“ geschätzt<br />

wurden, unter deren Verfügungsgewalt. Viele Mennoniten<br />

warteten nicht auf die Einberufung, sondern meldeten sich<br />

freiwillig bei den Sanitätstrupps des Roten Kreuzes.<br />

Bereits im Herbst 1914 schaltete sich die Militärbehörde in<br />

den sogenannten „Kampf gegen die deutsche Vorherrschaft“<br />

ein. Die Initiatoren der Kampagne behaupteten, die Loyalität<br />

der Deutschen sei „äußerst verdächtig“. In der Folge kam<br />

es in der Armee aufgrund der nationalen Zugehörigkeit zu<br />

Repressalien. Ab Ende 1914 wurden Deutsche nur noch<br />

zur Kaukasus-Armee einberufen. Im Frühjahr 1915 wurde<br />

begonnen, deutschstämmige Soldaten aus den Armeen der<br />

Илл.<br />

653–655<br />

Илл. 656<br />

Илл. 657<br />

или каждый 47‐й из георгиевских кавалеров. Немка<br />

по национальности, сестра милосердия Генриетта<br />

Сорокина, спасла знамя 6‐го пехотного Либавского<br />

полка. В ноябре 1914 г. немцы и болгары, жившие<br />

в окрестностях Одессы, самостоятельно обезвредили<br />

турецкий десант.<br />

Война стала тяжелым испытанием и для меннонитской<br />

общины. Несмотря на освобождение от несения<br />

воинской службы, меннониты проявили живое участие<br />

в вопросе защиты отечества в той сфере, которая<br />

наиболее соответствовала их религиозным убеждениям,<br />

– в помощи раненым и больным. Если первое<br />

направление немцев-меннонитов в санитарные отряды<br />

носило добровольный характер, то уже осенью<br />

1914 г. военное ведомство приступило к регулярным<br />

призывам их на военно-медицинскую службу санитарами.<br />

До конца 1915 г. в санитарные отряды были<br />

мобилизованы 4 757 меннонитов, т. е. 6 % всех членов<br />

этой общины в России. Доля призванных взрослых<br />

мужчин была, соответственно, еще выше – ни один<br />

народ России не был задействован в войне в такой<br />

мере. Еще 3 500 меннонитов находились на службе<br />

в лесных и рабочих командах. При этом Главное<br />

военно-медицинское управление продолжало настаивать<br />

на передаче в его ведение всех призываемых<br />

меннонитов, «как в высшей степени трудолюбивых<br />

и исполнительных работников». Многие меннониты,<br />

не дожидаясь призыва, добровольцами уходили в санитарные<br />

отряды Красного Креста.<br />

Уже осенью 1914 г. военное ведомство включилось<br />

в так называемую борьбу с немецким засильем.<br />

Инициаторы кампании заявили, что «лояльность<br />

немцев чрезвычайно подозрительна». Результатом<br />

стали репрессии в армии по национальному признаку.<br />

Призывников немецкой национальности с конца<br />

653. Санитарный поезд № 206, в котором<br />

служили меннониты в Первую мировую<br />

войну. Фото. Mennonite Heritage Centre<br />

Archives and Gallery, Виннипег<br />

Sanitätszug Nr. 206, in dem Mennoniten<br />

während des Ersten Weltkrieges<br />

dienten. Foto. Mennonite Heritage Centre<br />

Archives and Gallery, Winnipeg<br />

653


654 655<br />

656<br />

654. Меннониты-санитары. Фото. [1915]. Mennonite Heritage Centre Archives and<br />

Gallery, Виннипег<br />

Mennonitische Sanitäter. Foto. [1915]. Mennonite Heritage Centre Archives and<br />

Gallery, Winnipeg<br />

655. Мобилизованный учитель-меннонит Д. Нейфельд, служивший в санитарном<br />

поезде Земского союза № 189. Фото. 1915. Семейный архив К. Н. Нейфельда.<br />

Mobilisierter Mennonit Lehrer D. Neufeld als Sanitäter des Sanitätszuges Nr. 189<br />

des Semstwoverbandes. 1915. Familienarchiv von K. N. Neufeld<br />

656. Служба меннонитов в лесной команде (Судак, Крым). Фото. 1915. Mennonite<br />

Heritage Centre Archives and Gallery, Виннипег<br />

Mennoniten im Forsteidienst (Sudak, Krim). Foto. 1915. Mennonite Heritage Centre<br />

Archives and Gallery, Winnipeg<br />

657. «Немецкие осы» – одна из брошюр антинемецкой кампании на тему<br />

вредоносной роли немцев в России, называющая Первую мировую войну<br />

Второй Отечественной. Москва, 1914<br />

„Deutsche Vespen“ – eine der Broschüren aus der antideutschen Kampagne, in der<br />

die schadenbringende Rolle von Deutschen in Russland geschildert und der Erste<br />

Weltkrieg als 2. Vaterländischer bezeichnet wird. Moskau, 1914<br />

657


280 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 658<br />

Abb. 659<br />

Abb. 660<br />

Nordwest– und Südwestfront abzuziehen und sie nach<br />

Transkaukasien zu schicken. Bis Mitte 1915 wurden über<br />

17 000 Deutsche zur Kaukasus-Armee abkommandiert.<br />

Außerdem versuchte man, Russlanddeutsche aus Kampfeinheiten<br />

in Arbeitskommandos im Hinterland zu stecken. Im<br />

April 1916 schlug der Diensthabende General des Armeestabs<br />

der Nordfront vor, aus deutschstämmigen Soldaten<br />

spezielle Baukompanien (über 3 000 Personen) zu bilden,<br />

da man darum gebeten hatte, keine Russlanddeutschen<br />

mehr in den Kaukasus zu schicken, sondern sie nur noch<br />

zu Feldarbeiten innerhalb des Russischen Reiches einzusetzen.<br />

„Die deutschen Kolonisten, die die besten Verfahren<br />

zur Bodenbearbeitung kennen, sind bei guter Aufsicht auf<br />

den Bauernhöfen zweifellos von großem Nutzen.“<br />

Ebenso widersprüchlich war die Situation bei den Mennoniten.<br />

Im Sommer 1915 wurden als Sanitäter eingesetzte<br />

Mennoniten beschuldigt, defätistische Ansichten unter den<br />

Verwundeten verbreitet zu haben. Die Abteilung Mobilmachung<br />

der Hauptverwaltung des Generalstabs verlangte<br />

sogar, alle mennonitischen Sanitäter in die Forsteiabteilungen<br />

zurück zu schicken. Jedoch stellte sich bald heraus,<br />

dass es für sie keinen Ersatz gab. Der Bedarf und die<br />

Forderungen der Hospitäler überstiegen bereits das Mobilmachungspotential<br />

des Landes. Während es der Forstverwaltung<br />

1916 gelang, alle eingezogenen wehrpflichtigen<br />

Mennoniten für ihre Forsteiabteilungen zu bekommen,<br />

gelang es der Militärbehörde im Winter und Frühjahr<br />

1917 noch, weitere 900 Mennoniten für die Pflege von<br />

Verwundeten einzusetzen. Nach Angabe des Verbandes<br />

der Mennoniten-Gemeinden Russlands wurden bis zum<br />

Sommer 1917 12 300 Mennoniten eingezogen, davon 7 000<br />

für Sanitätstrupps und Hospitäler. Das war die Hälfte der<br />

arbeitsfähigen männlichen mennonitischen Bevölkerung,<br />

während bei anderen Konfessionen höchstens acht bis zehn<br />

Prozent einberufen wurden.<br />

Илл. 658<br />

Илл. 659<br />

Илл. 660<br />

1914 г. стали направлять только в Кавказскую армию.<br />

С весны 1915 г. началось изъятие солдат немецкой<br />

национальности из армий Северо-Западного и Юго-<br />

Западного фронтов для направления в Закавказье.<br />

До середины 1915 г. в ряды Кавказской армии было<br />

влито более 17 тыс. немцев. Были предприняты<br />

попытки вывести российских немцев из боевых частей<br />

в тыловые рабочие команды. В апреле 1916 г.<br />

дежурный генерал штаба армий Северного фронта<br />

предлагал создать из солдат немецкой национальности<br />

специальные рабочие роты (более 3 000 чел.), поскольку<br />

на Кавказ их просили больше не направлять,<br />

и даже использовать их на полевых работах внутри<br />

Российской империи: «Немцы-колонисты, как знакомые<br />

с лучшими способами обработки земли, при<br />

известном надзоре за ними принесут несомненную<br />

пользу крестьянским хозяйствам».<br />

Столь же противоречивая ситуация сложилась и<br />

с меннонитами. Летом 1915 г. санитаров-меннонитов<br />

обвинили в распространении среди раненых<br />

солдат антивоенных взглядов. Мобилизационный<br />

отдел Главного управления Генерального штаба даже<br />

требовал вернуть в лесные команды всех санитаровменнонитов.<br />

Но, как вскоре выяснилось, заменить их<br />

было некем. Потребности и требования госпиталей<br />

уже превышали мобилизационные возможности<br />

страны. Если Лесной департамент в 1916 г. смог добиться<br />

полной передачи в его команды призываемых<br />

меннонитов-ополченцев, то зимой-весной 1917 г.<br />

военное ведомство отстояло право еще 900 меннонитов<br />

на оказание помощи раненым. По сведениям<br />

Съезда меннонитских общин России, к лету 1917 г.<br />

были призваны на службу 12 300 меннонитов, из них<br />

7 000 – в санитарные отряды и госпитали. Это была<br />

половина работоспособных мужчин-меннонитов,<br />

659. Команда для межевания леса в Крыму.<br />

Фото. 1916. Mennonite Heritage Centre<br />

Archives and Gallery, Виннипег<br />

Das Wald-Vermessungs-Kommando auf<br />

der Krim. Foto. 1916. Mennonite Heritage<br />

Centre Archives and Gallery, Winnipeg<br />

660. Меннонит И. Д. Фаст, служивший<br />

в санитарном поезде № 208. Фото.<br />

22 февраля 1917. Mennonite Heritage<br />

Centre Archives and Gallery, Виннипег<br />

Der Mennonit J. D. Fast diente im<br />

Sanitätszug Nr. 208. Foto. 22. Februar<br />

1917. Mennonite Heritage Centre Archives<br />

and Gallery, Winnipeg<br />

658. Санитарный поезд, в котором служили меннониты. Фото. 23 сентября 1915.<br />

Mennonite Heritage Centre Archives and Gallery, Виннипег<br />

Sanitätszug, in dem Mennoniten dienten. Foto. 23. September 1915.<br />

Mennonite Heritage Centre Archives and Gallery, Winnipeg<br />

658


Немцы в российской истории 281<br />

Anderthalb Jahrhunderte bewiesen die Russlanddeutschen<br />

bei der Verteidigung ihrer neuen Heimat Loyalität, Mut,<br />

Standhaftigkeit und Duldsamkeit. Die Einführung des<br />

Militärdienstes für deutsche Kolonisten in Russland hing in<br />

erster Linie mit der Umgestaltung der gesamten russischen<br />

Gesellschaft, der Transformation des Kaiserreiches in eine<br />

national geprägte Monarchie zusammen. Als man sich mit<br />

der Frage des Wehrdienstes von Kolonisten befasste, ging es<br />

dabei auch um den hohen Stand ihrer Höfe und Ländereien<br />

als Grundlage für den Aufbau einer Nachschubbasis für<br />

die russischen Truppen in der Schwarzmeerregion.<br />

Der Dienst in der Armee half den deutschen Kolonisten<br />

objektiv, sich an die veränderten Verhältnisse anzupassen,<br />

ihre Loyalität gegenüber der Regierung unter Beweis zu<br />

stellen und damit bei den Behörden an Ansehen zu<br />

gewinnen. Dies war kein Selbstzweck, sondern eine Notwendigkeit,<br />

resultierend aus den neuen Verhältnissen und<br />

dem Bruch mit den Standes– und Universalprinzipien der<br />

russischen Gesellschaftsordnung in der zweiten Hälfte des<br />

19. Jahrhunderts. Die allgemeine Wehrpflicht war Teil eines<br />

auf nationaler Basis erneuerten Russischen Reiches. Die<br />

Einführung der Wehrpflicht bedeutete die Einbindung in<br />

die russische Gesellschaft, ebenso, wie einst die Gründung<br />

der ersten deutschen Kolonien auf der Grundlage von<br />

Verträgen mit der Regierung eine Form der Einbindung<br />

in die russische Ständegesellschaft gewesen war.<br />

Die Teilnahme der Russlanddeutschen an den militärischen<br />

Konflikten des Russischen Reiches zwischen 1877<br />

und 1918 zeigte, dass die deutsche Gemeinde den aus der<br />

grundlegenden Reformierung des russischen Staates resultierenden<br />

Herausforderungen gewachsen war. Gleichzeitig<br />

bewiesen die Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieges,<br />

dass der russische Staat seinerseits diesen Prüfungen nicht<br />

standhalten konnte, als er begann, seine Untertanen aus<br />

nationale Gründen zu verfolgen.<br />

в то время как из представителей других конфессий<br />

призыву подлежали не более 8–10 %.<br />

На протяжении полутора веков российские немцы<br />

показали примеры лояльности, мужества, стойкости и<br />

терпимости в деле защиты нового отечества. Введение<br />

военной службы для немцев-колонистов в России<br />

было связано, прежде всего, с процессом преобразования<br />

всего русского общества, трансформацией<br />

империи в национальную монархию. При обсуждении<br />

вопроса о службе в армии колонистов учитывался<br />

высокий уровень развития их хозяйств как основа для<br />

формирования тыловой базы русских вооруженных<br />

сил в Черноморском регионе.<br />

Служба в вооруженных силах немцев-колонистов<br />

объективно помогала им освоиться в изменившейся<br />

обстановке, продемонстрировать лояльность правительству,<br />

укрепить тем самым свой авторитет в глазах<br />

властей. Это не являлось самоцелью. Это была необходимость,<br />

вызванная новыми условиями, ломкой<br />

сословных и универсальных принципов построения<br />

российского общества во второй половине ХIХ в. Всеобщая<br />

воинская повинность была частью обновленной<br />

на национальной основе Российской империи. Принятие<br />

ее означало вхождение в российское общество,<br />

подобно тому как первоначальное основание немецких<br />

колоний на основе договоров с правительством означало<br />

вхождение в сословное русское общество.<br />

Участие российских немцев в вооруженных конфликтах<br />

Российской империи в период 1877–1918 гг. показало,<br />

что немецкая община выдержала испытания,<br />

связанные с реформированием основ российской<br />

государственности. В то же время само государство<br />

российское, как доказал опыт Первой мировой войны,<br />

этого испытания не выдержало, начав преследование<br />

своих подданных по национальному признаку.<br />

659 660


282 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Deutsche in Politik und Gesellschaft<br />

Russlands in der Postreformperiode<br />

Немцы в политической и общественной<br />

жизни России в пореформенный период<br />

A. Eisfeld (Göttingen)<br />

А. Айсфельд (Гёттинген)<br />

Abb.<br />

661–665<br />

Abb.<br />

666–668<br />

Die deutsche Bevölkerung war in allen Schichten<br />

der russischen Gesellschaft vertreten und zeichnete<br />

sich durch eine bemerkenswerte soziale Mobilität<br />

aus. In den oberen Gesellschaftsschichten, im Hause Romanow<br />

oder in den Fürstendynastien, waren es deutsche<br />

Ehegattinnen. Im Adel und in der hohen Beamtenschaft<br />

des Russischen Reiches standen neben Adligen aus den baltischen<br />

Gouvernements Vertreter verschiedener gekrönter<br />

deutscher Dynastien, Prinzen aus dem Hause Oldenburg<br />

und Herzöge aus den Häusern Mecklenburg-Strelitz und<br />

Leuchtenberg, im Dienste des Zaren und nahmen aktiv an<br />

den Kriegen Russlands teil. Eine zahlenmäßig große Gruppe<br />

war die nichtadlige Bevölkerung in den beiden Hauptstädten,<br />

in den Gouvernements- und Industriezentren des<br />

europäischen Teils, des Urals und Sibiriens. Beamte und<br />

Offiziere, Lehrer an Universitäten, Gymnasien und privaten<br />

Lehranstalten, Ärzte und Apotheker, Unternehmer und<br />

Kaufleute, Verwalter, Meister, Handwerker und Arbeiter,<br />

die die städtische deutsche Bevölkerung ausmachten, waren<br />

überwiegend Lutheraner. Das war neben der Muttersprache<br />

und der gemeinsamen Kultur der verbindende Faktor. Etwa<br />

ein Viertel der Deutschen war katholisch, was sie vom<br />

Glauben her mit Polen, Franzosen und Italiener verband.<br />

Muttersprache und Kultur blieben jedoch das Bindeglied<br />

zur deutschen Diaspora.<br />

Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung wurde<br />

von der Landbevölkerung, den Ackerbauern, gestellt. Diese<br />

hatten ihre eigenen Interessen, die sich von denen der städtischen<br />

Bevölkerung unterschieden. Vielfach berührten sich<br />

die Interessen aber auch, und manchmal waren sie identisch.<br />

Das alles zusammen war der Grund für die Heterogenität<br />

der deutschen Bevölkerung im Russischen Reich. Sie selbst<br />

sah sich so und wurde so auch von der Regierung und der<br />

übrigen Bevölkerung wahrgenommen.<br />

Die Revolutionen, die 1848 eine Reihe von Ländern Mittelund<br />

Osteuropas überzogen, verliehen der Entwicklung des<br />

Илл.<br />

661–665<br />

Илл.<br />

666–668<br />

Немецкое население являлось составной частью<br />

всех социальных слоев российского<br />

общества и отличалось заметной социальной<br />

мобильностью. В высших слоях общества<br />

(дом Романовых, княжеские династии) это были<br />

жены-немки. Среди дворян и высших чиновников<br />

Российской империи наряду с дворянами из прибалтийских<br />

губерний на государевой службе были<br />

представители ряда немецких коронованных династий<br />

(принцы Ольденбургские, герцоги Мекленбург-Стрелицкие,<br />

Лейхтенбергские), принимавших<br />

активное участие в войнах России. Значительным<br />

по количеству было разночинное немецкое население<br />

обеих столиц, губернских городов и промышленных<br />

центров Европейской части, Урала<br />

и Сибири. Чиновники, офицеры, преподаватели<br />

университетов, гимназий и частных учебных заведений,<br />

врачи и аптекари, предприниматели и<br />

купцы, управляющие, мастера, ремесленники и рабочие,<br />

составлявшие городское немецкое население,<br />

по вере были в большинстве лютеранами. Это, наряду<br />

с родным языком и культурой, было объединяющим<br />

фактором. Около четверти немцев были<br />

католического вероисповедания, что объединяло<br />

их по вере с поляками, французами, итальянцами,<br />

а родной язык и культура оставались связующим<br />

звеном с немецкой диаспорой.<br />

Подавляющее большинство немецкого населения<br />

было сельским, земледельческим. Оно имело свои,<br />

отличные от городского населения, интересы.<br />

Во многом эти интересы, однако, соприкасались,<br />

а иногда были идентичны. Все это было причиной<br />

того, что немецкое население империи было<br />

гетерогенным. Оно само это понимало и воспринималось<br />

таковым правительством и окружающим<br />

населением.


661. Великая княгиня Елена Павловна, урожденная<br />

принцесса Вюртембергская (1806–1873), жена<br />

великого князя Михаила Павловича. Известна<br />

своей деятельностью по освобождению<br />

крепостных крестьян и благотворительностью,<br />

основательница Крестовоздвиженской общины<br />

сестер милосердия (1854), оказывавшей помощь<br />

жертвам Крымской войны. Ф. К. Винтергальтер.<br />

1862. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />

Großfürstin Jelena Pawlowna, geb. Prinzessin von<br />

Württemberg (1806–1873), Gattin des Großfürsten<br />

Michail Pawlowitsch, bekannt durch ihre Tätigkeit<br />

für die Bauernbefreiung, Gründerin der Heilig-<br />

Kreuz-Gemeinschaft barmherziger Schwestern<br />

(1854), die Opfern des Krimkrieges Hilfe leisteten.<br />

F. X. Winterhalter. 1862. Staatliche Eremitage,<br />

St. Petersburg<br />

662. Сестры Крестовоздвиженской общины<br />

попечения раненых в Севастополе (1855).<br />

С литографии А. Мюнстера. 1856<br />

Schwestern der Heilig-Kreuz-Gemeinschaft zur<br />

Pflege von Verwundeten in Sewastopol (1855).<br />

Radierung von A. Münster. 1856<br />

661<br />

662


663 664<br />

663. Великая княгиня Елизавета Федоровна, урожденная<br />

принцесса Гессен-Дармштадская (1864–1918),<br />

жена великого князя Сергея Александровича, не<br />

сразу принявшая православие (1891). Организатор<br />

благотворительного общества, основательница Марфо-<br />

Мариинского монастыря в Москве с сочетанием<br />

благотворительной и медицинской деятельности (1909).<br />

Убита большевиками, причислена к лику святых Русской<br />

православной церкви (1992). Фото. 1913<br />

Großfürstin Jelisaweta Fedorowna, geb. Prinzessin von<br />

Hessen-Darmstadt (1864–1918), Gattin des Großfürsten<br />

Sergej Aleksandrowitsch, die nicht gleich zur Orthodoxie<br />

übertrat (1891), Gründerin eines Wohlfahrtsvereins, Stifterin<br />

des Martha-Maria-Konvents in Moskau, dessen Schwestern<br />

Wohltätigkeit und Krankenpflege leisteten (1909), wurde von<br />

den Bolschewiki ermordet, 1992 in die Schar der Heiligen der<br />

Russischen Orthodoxen Kirche aufgenommen. Foto. 1913<br />

664. Воззвание о пожертвованиях Всероссийского земского<br />

союза помощи больным и раненым, состоявшего<br />

под покровительством великой княгини Елизаветы<br />

Федоровны, заботившейся о помощи русской армии<br />

и раненым в период Первой мировой войны. К. Коробин.<br />

Плакат. 1914<br />

Spendenaufruf des Allrussischen Landschaftsverbands<br />

zur Hilfe für Kranke und Verwundete, der unter der<br />

Schirmherrschaft der Großfürstin Jelisawjeta Fedorowna<br />

stand. Der Verband kümmerte sich um Unterstützung für<br />

die russische Armee und Verwundete während des Ersten<br />

Weltkrieges. K. Korobin. Plakat. 1914<br />

665. Великая княгиня Мария Павловна, урожденная герцогиня<br />

Мекленбург-Шверинская (1854–1920), жена великого<br />

князя Владимира Александровича. Президент Российской<br />

Академии художеств (1909–1917) с профессорами<br />

академии. Фото. 1909<br />

Großfürstin Maria Pawlowna, geb. Herzogin von<br />

Mecklenburg-Schwerin (1854–1920), Gattin des Großfürsten<br />

Wladimir Aleksandrowitsch, Präsidentin der Russischen<br />

Akademie der Künste (1909–1917) mit Professoren der<br />

Akademie. Foto. 1909<br />

665


666<br />

667<br />

666. Принц П. Г. Ольденбургский (1812–1881), российский<br />

военный и государственный деятель, известный своей<br />

благотворительностью, учредитель и попечитель ряда<br />

просветительных и лечебных заведений. Ж.-Д. Кур.<br />

1842. Музей гвардии, С.-Петербург<br />

Prinz P. G. von Oldenburg (1812–1881), russischer General<br />

und Staatsmann, bekannt durch seine Wohltätigkeit,<br />

Gründer mehrerer Bildungs- und Heilanstalten.<br />

J.-D. Court. 1842. Garde-Museum, St. Petersburg<br />

667. Главный врач К. Раухфус и персонал с детьми детской больницы принца<br />

П. Ольденбургского в Санкт-Петербурге. Фото К. Буллы. Начало ХХ в.<br />

Oberarzt K. Rauchfuß mit dem Personal und den Patienten des Kinderkranken hauses<br />

des Prinzen P. von Oldenburg (St. Petersburg). Foto von K. Bulla. Anfang 20. Jh.<br />

668. Занятие по первой медицинской помощи в училище для девочек при приюте<br />

принца П. Ольденбургского в Санкт-Петербурге. Фото. Начало ХХ в.<br />

Unterweisung in Erster Hilfe in der Lehranstalt für Mädchen im Waisenhaus<br />

des Prinzen P. von Oldenburg (St. Petersburg). Foto. Anfang 20. Jh.<br />

668


286 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Nationalbewusstseins neuen Auftrieb. Der Nachhall dieser<br />

Entwicklung erreichte auch Russland und fand hier seinen<br />

Ausdruck im Panslawismus, in der Idee, die slawischen<br />

Völker unter der Vorherrschaft Russlands zu vereinen.<br />

Der Polnische Aufstand von 1863, die Kriege, die Preußen<br />

zwischen 1864 und 1871 gegen Dänemark, Österreich und<br />

Frankreich führte, und die mit der Gründung des Deutschen<br />

Reiches endeten, führten zu einer Veränderung des<br />

Kräfteverhältnisses in Europa und zu einer Veränderung<br />

der Beziehungen Russlands zu Preußen und den anderen<br />

deutschen Staaten, die Teil des Deutschen Reiches geworden<br />

waren. Das Deutsche und das Russische Reich waren<br />

zugleich Verbündete und Konkurrenten. Das hatte auch<br />

unmittelbare Auswirkungen auf den Teil der deutschen<br />

Bevölkerung in Russland, die Untertanen des Deutschen<br />

Reiches waren. So wurde in Moskau der Verein deutscher<br />

Reichsangehöriger gegründet, und im Deutschen Club in<br />

Moskau nahm die Rivalität zwischen deutschen und russischen<br />

Mitgliedern Formen von Konfrontation und offener<br />

Feindschaft an.<br />

In der Südwest-Region erhielt die Entwicklung der Landwirtschaft<br />

durch den Zustrom deutscher Kolonisten aus<br />

dem Königreich Polen, die nicht am polnischen Aufstand<br />

teilgenommen hatten und dafür die Möglichkeit bekamen,<br />

nach Russland überzusiedeln, neuen Auftrieb. Gleichzeitig<br />

fühlte sich dadurch der Teil der nationalistisch eingestellten<br />

intellektuellen und politischen Elite gereizt, die es sich zum<br />

Ziel gesetzt hatte, die katholische polnische Bevölkerung<br />

zu verdrängen und sie durch eine orthodoxe slawische<br />

zu ersetzen. Generalgouverneur Fürst A. M. Dondukow-<br />

Korsakow befürchtete 1874, dass es anstelle der erhofften<br />

Russifizierung zu einer Germanisierung des Südwestens<br />

komme könne, obwohl er den wirtschaftlichen Nutzen<br />

aus dem Zustrom deutscher Kolonisten durchaus erkannt<br />

hatte. In der Presse traten insbesondere I. S. Aksakow und<br />

seine Zeitung „Rus“ gegen die deutschen Kolonisten auf.<br />

Die Einschränkungen, die 1887 beim Erwerb von Immobilien<br />

durch Ausländer in Kraft traten, führten dazu, dass<br />

ca. 25 000 preußische Untertanen, die auch weiterhin auf<br />

von ihnen gekauftem oder gepachtetem Land leben und<br />

arbeiten wollten, die russische Staatsbürgerschaft annahmen,<br />

während etwa 10 000 sich für einen anderen Weg<br />

entschieden und 1890 nach Brasilien auswanderten. Die<br />

deutsche Regierung betrieb in diesem Zusammenhang eine<br />

Politik der Nichteinmischung, da sie auf dem Standpunkt<br />

stand, dass es unangebracht wäre, Deutsche, die nach Russland<br />

ausgewandert waren und nun zum Nutzen Russlands<br />

arbeiteten, in irgendeiner Weise zu unterstützen.<br />

Kaufleute und Unternehmer aus Deutschland fanden zur<br />

selben Zeit günstige Bedingungen zum Ausbau ihrer Geschäftstätigkeit<br />

vor. In Moskau wuchs das Kapitalvolumen<br />

deutscher Kaufleute der 1. und 2. Gilde sowohl prozentual,<br />

als auch in absoluten Zahlen, und erreichte 1898 51,8 %<br />

des gesamten ausländischen Kapitals. Dies wurde durch<br />

das Vorhandensein russlanddeutsche Unternehmer, den<br />

gewachsenen Bedarf des russischen Marktes an neuen Waren<br />

und Technologien sowie die gestiegenen Möglichkeiten<br />

Russlands, den europäischen Markt mit Rohstoffen und<br />

Lebensmitteln zu beliefern, begünstigt. Unternehmer aus<br />

Революции 1848 г., прокатившиеся по ряду стран<br />

Центральной и Восточной Европы, дали толчок<br />

к усилению формирования национальной идентичности.<br />

Отголоски этого развития достигли и России,<br />

получив свое проявление в панславизме, в идее объединения<br />

славянских народов под эгидой России.<br />

Польское восстание (1863), войны Пруссии против<br />

Дании, Австрии и Франции (1864–1871), закончившиеся<br />

созданием Германской империи, изменили<br />

соотношение сил в Европе и взаимоотношения<br />

России с Пруссией и другими германскими государствами,<br />

ставшими частью Германской империи.<br />

Российская и Германская империи были одновременно<br />

союзницами и конкурентками. Это имело<br />

непосредственное влияние и на немецкое население<br />

германского подданства в России. Так, в Москве был<br />

создан Союз германских подданных, а в Немецком<br />

клубе Москвы соперничество его немецких и русских<br />

членов принимало формы противостояния и<br />

открытой вражды.<br />

В Юго-Западном крае приток немецких колонистов<br />

из Царства Польского, не принявших участия в польском<br />

восстании и получивших за это возможность<br />

переселения в Россию, послужил стимулом для развития<br />

сельского хозяйства. Он одновременно вызвал<br />

раздражение той части националистически настроенной<br />

интеллектуальной и политической элиты, которая<br />

ставила своей целью вытеснение католического<br />

польского населения и замену его православным<br />

славянским. Генерал-губернатор князь А. М. Дондуков-Корсаков<br />

в 1874 г., признавая экономическую<br />

пользу от притока немецких колонистов, опасался,<br />

как бы в результате вместо желаемой русификации<br />

Юго-Западного края не произошла его германизация.<br />

В печати наиболее активно против немецких колонистов<br />

выступали И. С. Аксаков и его газета «Русь».<br />

Ограничения 1887 г. на приобретение недвижимости<br />

иностранцами привели к тому, что около 25 тыс.<br />

прусских подданных, желавших и далее жить и трудиться<br />

на арендованных или купленных ими землях,<br />

приняли российское подданство, а около 10 тыс. выбрали<br />

для себя иной путь и в 1890 г. эмигрировали<br />

в Бразилию. Германское правительство придерживалось<br />

при этом политики невмешательства, считая,<br />

что переселившиеся в Россию немцы трудятся<br />

на благо России и не целесообразно оказывать им<br />

какую-либо поддержку.<br />

Германские купцы и предприниматели в это же время<br />

находили благоприятные условия для развития своего<br />

дела. В Москве как общее количество, так и процентное<br />

соотношение германских капиталов по 1‐й<br />

и 2‐й гильдиям увеличивалось и достигло к 1898 г.<br />

51,8 % всех иностранных капиталов. Этому в немалой<br />

степени благоприятствовало наличие немецких<br />

предпринимателей из среды российских немцев, растущая<br />

потребность российского рынка в поставках<br />

новых товаров и технологий, а также новые возможности<br />

России для поставки на европейский рынок<br />

сырья и продуктов. Германские предприниматели


Немцы в российской истории 287<br />

Deutschland drangen in die entlegenen Regionen Sibiriens<br />

vor und fanden hier günstige Geschäftsbedingungen vor.<br />

G. Münch, ein Butterexporteur aus Dresden, hatte z. B.<br />

eigene Kontore in Barnaul, Bijsk, Omsk und Kurgan,<br />

E. F. Krüger in Tatarsk und Barnaul. A. Brockmüller aus<br />

Hamburg baute Zuckerrüben im Bezirk Barnaul an und<br />

errichtete die erste Zuckerrübenfabrik in Sibirien. Der<br />

Russlanddeutsche M. B. Prang hatte sich eingehend mit<br />

der Sodaproduktion in Deutschland befasst und gründete<br />

1864 zusammen mit seinen beiden Brüdern, die Ingenieure<br />

waren, die erste Sodafabrik Russlands, die bis 1907<br />

in Familienbesitz war.<br />

Als ein weiteres Beispiel für eine vielseitige Geschäftstätigkeit<br />

deutscher Unternehmer kann der aus Baden<br />

stammende J.-G. Wickenheiser dienen, der 50 Jahre in<br />

Pskow lebte. Mitte der 1860er Jahre im Wurstgeschäft<br />

tätig, begann er 1871 mit dem Bau der ersten Wasserleitung<br />

der Stadt und beförderte außerdem Passagiere mit<br />

Dampfschiffen.<br />

Weit verbreitet in der oberen Gesellschaft waren Eheschließungen<br />

von Adligen, im 19. Jahrhundert auch von<br />

Kaufleuten, Unternehmern und Bürgern, mit Slawinnen<br />

orthodoxen Glaubens. Die Kinder aus solchen gemischten<br />

Ehen konnten dem Gesetz nach nur orthodox sein, unabhängig<br />

von der in der Familie bevorzugten Sprache. Die<br />

Assimilierung über die Ehe mit Orthodoxen führte dazu,<br />

dass in Russland Träger deutscher Namen auftauchten, in<br />

deren Biografien der Vermerk „orthodox“ oder „russisch“<br />

steht. Zeugnisse für solche zwischenethnischen Eheschließungen,<br />

den Wechsel der Umgangssprache und der ethnischen<br />

Identität eines Teils der deutschen Bevölkerung<br />

Moskaus kann man auf den Gräbern des Wwedenskoje-<br />

Friedhofs finden, wo lutherische und orthodoxe Mitglieder<br />

eines Familienclans nebeneinander beerdigt wurden, die<br />

Inschriften auf den Grabsteinen russisch sind, aber die<br />

Symbolik der Lutheraner beibehalten wurde. Ende des 19.<br />

und Anfang des 20. Jahrhunderts entstand dadurch eine<br />

recht große Schicht, der sowohl „russifizierte“ Deutsche, als<br />

auch Russen mit deutscher Erziehung angehörten.<br />

Welche Bedeutung diesen russifizierten Deutschen zukam,<br />

ist sehr schön am Beispiel der russischsprachigen ev.-luth.<br />

Mariengemeinde in St. Petersburg zu sehen. Den Beschluss<br />

zur Gründung dieser Gemeinde hatte das Generalkonsistorium<br />

der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland<br />

gefasst, die auch Geld für den Bau der Kirche zur Verfügung<br />

stellte. Spenden dazu kamen auch von Imperator<br />

Alexander II., von Fürst Barclay de Tolly-Weymarn und<br />

von Oberst R. von Ritter, und das Grundstück für den<br />

Bau der Kirche und einer Schule stellte 1871 die Stadtverwaltung<br />

von St. Petersburg zur Verfügung. Allerdings<br />

wurde erst Ende der 1870er Jahr die Genehmigung erteilt,<br />

Gottesdienste in russischer Sprache abzuhalten, da die<br />

Behörden den missionarischen Einfluss von Predigen in<br />

dieser Sprache fürchteten. 1909 gehörten der Mariengemeinde<br />

2 500 Glieder an. In dieser spät gebildeten Gemeinde<br />

wurde auch eine Grundschule für Mädchen und<br />

Jungen eröffnet, in der der Unterricht in russischer und<br />

deutscher Sprache abgehalten wurde. 1883 kamen noch<br />

ein Waisen- und ein Witwenhaus hinzu.<br />

Abb.<br />

669, 670<br />

Abb. 671<br />

Abb.<br />

672, 673<br />

проникали в отдаленные регионы Сибири и находили<br />

выгодные для себя сферы деятельности. Так, Г. Мюнх<br />

из Дрездена, занимавшийся экспортом сливочного<br />

масла, имел свои конторы в Барнауле, Бийске, Омске<br />

и Кургане, Э. Ф. Крюгер – в Татарске и Барнауле.<br />

А. Брокмиллер из Гамбурга занялся выращиванием<br />

сахарной свеклы в Барнаульском уезде и построил<br />

первый в Сибири свеклосахарный завод. Российский<br />

немец М. Б. Пранг, изучив содовое производство в Германии,<br />

основал с помощью своих братьев-инженеров<br />

первый в России содовый завод (1864), остававшийся<br />

в собственности фамилии до 1907 г.<br />

Другим примером многосторонней деятельности немецких<br />

предпринимателей в провинции может служить<br />

баденский подданный И.-Г. Викенгейзер, проживший<br />

50 лет в Пскове. В середине 1860‐х гг. он развивал<br />

колбасное дело, в 1871 г. приступил к строительству<br />

первого в городе водопровода, занимался пассажирскими<br />

перевозками на пароходах.<br />

Весьма распространенными в высшем обществе были<br />

браки немецких дворян, а в XIX в. купцов, предпринимателей,<br />

мещан со славянками православного вероисповедания.<br />

Дети от таких смешанных браков соответственно<br />

закону могли быть только православными,<br />

независимо от того, какой язык был доминирующим<br />

в семье. Ассимиляция через браки с православными<br />

привела к тому, что в России появились носители<br />

немецких фамилий, в биографических данных которых<br />

значится «православный» или «русский». Свидетельства<br />

таких межэтнических браков, смены языка<br />

общения и этнической идентичности части немецкого<br />

населения Москвы можно увидеть по захоронениям<br />

на Введенском кладбище, где рядом похоронены члены<br />

одного клана – лютеране и православные, а надписи<br />

на надгробных памятниках, при сохранении лютеранской<br />

символики, сделаны на русском языке. К концу<br />

XIX – началу XX в., таким образом, сложилась довольно<br />

многочисленная прослойка как «обрусевших»<br />

немцев, так и русских с немецким воспитанием.<br />

Какое значение придавалось этим обрусевшим<br />

немцам, хорошо видно на примере русскоязычной<br />

евангелическо-лютеранской общины св. Марии<br />

в Санкт-Петербурге. Решение о ее создании приняла<br />

Генеральная консистория Евангелическо-лютеранской<br />

церкви в России, выделившая деньги на сооружение<br />

храма. Кроме этого поступили пожертвования<br />

от императора Александра II, князя Барклая-де-Толли-<br />

Веймарна и полковника Р. фон Риттера, а участок для<br />

постройки церкви и школы при ней выделила Санкт-<br />

Петербургская городская управа в 1871 г. Однако<br />

разрешение на проведение богослужения на русском<br />

языке было получено лишь в конце 1870‐х гг., так<br />

как власти опасались миссионирующего воздействия<br />

проповеди на этом языке. В 1909 г. община св. Марии<br />

имела 2 500 прихожан. При этой поздно созданной<br />

общине тоже была открыта начальная школа для<br />

мальчиков и девочек, в которой преподавание велось<br />

на русском и немецком языках, в 1883 г. были созданы<br />

детский приют и вдовий дом.<br />

Илл.<br />

669, 670<br />

Илл. 671<br />

Илл.<br />

672, 673


669 670<br />

672<br />

671<br />

669. Здание иностранных компаний в Кургане.<br />

Фото. Начало ХХ в., начало ХХI в.<br />

Gebäude der ausländischen Kompagnien<br />

in Kurgan. Fotos. Anfang 20. Jh., Anfang 21. Jh.<br />

670. Внутренний вид магазина Торгового дома<br />

«Кунст и Альберс» (Владивосток).<br />

Почтовая карточка. 1900.<br />

Innenansicht des Handelshauses „Kunst & Albers“<br />

(Wladiwostok). Postkarte. 1900<br />

671. Реклама содового завода Пранга, первого<br />

в России. Конец XIX в.<br />

Reklame der Soda-Fabrik von Prang, der ersten ihrer<br />

Art in Russland. Ende 19. Jh.<br />

672. Лютеранская церковь св. Марии с училищем в<br />

Санкт‐Петербурге. С акварели А. Бенуа. 1881<br />

Evangelisch-lutherische Marienkirche mit Lehranstalt<br />

(St. Petersburg). Aquarell von A. Benua. 1881<br />

673<br />

673. Призреваемые мужчины в Евангелическом<br />

доме трудолюбия, основанном бароном<br />

О. Буксгевденом при лютеранской общине<br />

Св. Марии в Санкт-Петербурге в 1886 г.<br />

Фото К. К. Буллы. 1898<br />

Pflegebefohlene Männer im Evangelischen<br />

Arbeitshaus der evangelischen Mariengemeinde<br />

(St. Petersburg), das von Baron O. Buxhoeveden<br />

gegründet wurde. Foto von K. K. Bulla. 1898


Немцы в российской истории 289<br />

Traditionell war die Kirchengemeinde nicht nur der religiöse,<br />

sondern auch der schulische, kulturelle und soziale<br />

Lebensmittelpunkt. Sie kümmerte sich um das moralische<br />

Befinden und die materielle Lage ihrer Mitglieder. Besonders<br />

gut wird das am Beispiel der ev.-luth. Gemeinden<br />

in Moskau, St. Petersburg, Odessa, Saratow und anderen<br />

Großstädten mit ihren vielen Gemeindemitgliedern aus<br />

unterschiedlichen Schichten und Verhältnissen ersichtlich.<br />

Auf Initiative der Moskauer Gemeindepastoren wurden<br />

in allen Moskauer Gemeinden mit Unterstützung der<br />

Kirchenräte nicht nur Schulen unterschiedlichen Typs<br />

gegründet, sondern auch Schulen für arme Kinder und<br />

Waisen, darunter 1838 eine Schule für Straßenkinder evangelischen<br />

Glaubens oder 1884 die evangelische Alexander-<br />

Schule für Knaben, in der das Schulgeld relativ niedrig war<br />

und Kinder aus sozial schwachen Familien, bis zu zehn<br />

Prozent der Schüler, davon vollständig befreit waren. Auf<br />

Initiative von Oberpastor Heinrich Dieckhoff wurde 1890<br />

die Genehmigung erteilt, auch Kinder anderer Konfessionen<br />

in diese Schule aufnehmen zu können. Zwei Jahre<br />

später lag der Anteil an Schülern orthodoxen Glaubens bei<br />

zehn Prozent. Das Ziel der Schule bestand nicht nur darin,<br />

die Schüler an ein bestimmtes Bildungsniveau heranzuführen,<br />

sondern sie auch auf eine selbstständige Existenz<br />

vorzubereiten. Die Schule wurde mit Spendenmitteln und<br />

Einnahmen aus Wohltätigkeitsveranstaltungen, Konzerten<br />

und Lotterien unterhalten. In 25 Jahren, zwischen 1888<br />

und 1913, besuchten mehr als 4 000 Kinder die Schule,<br />

wobei über ein Drittel von ihnen aus sozial schwachen<br />

Familien stammte.<br />

Die Ausbildung am Mädchengymnasium der ev.-luth.<br />

St. Petri-und-Pauli-Kirche dauerte sechs Jahre und war<br />

kostenpflichtig, trotzdem auch für Mädchen aus weniger<br />

begüterten und kinderreichen Familien zugänglich. So<br />

waren 1904 von 536 Schülerinnen 45 vollständig und<br />

Abb.<br />

674, 675<br />

Abb.<br />

676–683<br />

Abb. 684<br />

Церковная община традиционно была не только религиозным,<br />

но и образовательным, культурным и<br />

социальным центром жизни, заботившимся о нравственном<br />

состоянии и материальном положении своих<br />

прихожан. Наиболее наглядно это видно на примере<br />

евангелическо-лютеранских приходов Москвы, Санкт-<br />

Петербурга, Одессы, Саратова и других крупных городов<br />

с их многочисленными прихожанами разных<br />

сословий и состояния. Помимо создания учебных<br />

заведений различного типа при каждой из общин<br />

Москвы по инициативе пасторов московских приходов<br />

и при поддержке этой инициативы церковными<br />

советами были созданы школа для бедных детей и сирот,<br />

в том числе беспризорных детей евангелического<br />

исповедания (1838), Александровское евангелическое<br />

училище для мальчиков (1884), в котором оплата<br />

была относительно низкой, а обучавшиеся здесь дети<br />

из мало обеспеченных семей (до 10 % учеников) полностью<br />

освобождались от нее. По инициативе обер-пастора<br />

Г. Дикгофа в 1890 г. было получено разрешение<br />

на прием в это училище детей других конфессий, и<br />

спустя два года учеников православного вероисповедания<br />

насчитывалось около 10 %. Целью школы<br />

было не только дать ученикам определенный уровень<br />

образования, но и подготовить их к самостоятельному<br />

существованию. Содержалась школа на средства,<br />

поступавшие от пожертвований, благотворительных<br />

взносов, концертов и лотерей. За 25 лет (1888–1913)<br />

обучение в ней прошли более 4 тыс. детей, больше трети<br />

которых были из малообеспеченных семей.<br />

Обучение в женской гимназии при евангелическолютеранской<br />

церкви св. Петра и Павла продолжалось<br />

шесть лет и было платным, но, тем не менее, оно было<br />

доступно и для девочек из менее состоятельных, многодетных<br />

семей. Так, в 1904 г. из 536 учениц 45 были<br />

Илл.<br />

674, 675<br />

Илл.<br />

676–683<br />

Илл. 684<br />

674<br />

674. Евангелическое церковное училище в поволжской колонии Екатариненштадт. Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Evangelische Lehranstalt in der Kolonie Katharinenstadt an der Wolga. Postkarte. Anfang 20. Jh.


675<br />

676<br />

675. Пасторат и клуб в поволжской колонии<br />

Екатариненштадт. Почтовая карточка.<br />

Начало ХХ в.<br />

Pastorat und Klub in der Kolonie<br />

Katharinenstadt an der Wolga. Postkarte.<br />

Anfang 20. Jh.<br />

676. 25-й отчет о деятельности Евангелического<br />

госпиталя в Москве за 1908 г. 1909<br />

25. Bericht über die Tätigkeit des<br />

Evangelischen Hospitals in Moskau für das<br />

Jahr 1908. 1909<br />

677<br />

677. Евангелическая больница в Москве.<br />

Фото. 2010<br />

Evangelisches Krankenhaus in Moskau.<br />

Foto. 2010<br />

678. Бывший Александровский приют для<br />

женщин, построенный на средства прихожан<br />

евангелических приходов Санкт‐Петербурга<br />

по инициативе епископа К. Фрейфельда и<br />

доктора К. Видемана. Фото. 2010<br />

Ehemaliges Alexandra-Stift für Frauen,<br />

auf Initiative von Bischof C. Freifeld<br />

und Dr. K. Wiedemann mit Mitteln der<br />

evangelischen Gemeinden St. Petersburgs<br />

errichtet. Foto. 2010<br />

679. Реклама рождественской ярмарки<br />

Евангелического попечительства в Москве.<br />

Начало ХХ в.<br />

Reklame des Weihnachtsjahrmarkts<br />

des Evangelischen Hilfsvereins in Moskau.<br />

Anfang 20. Jh.<br />

678<br />

680. Благотворительный базар в Санкт-<br />

Петербурге с участием Марии Павловны,<br />

урожденной герцогини Мекленбург-<br />

Шверинской. Фото К. Буллы. 1903<br />

Wohltätiger Weihnachtsmarkt in St. Petersburg<br />

unter der Teilnahme von Maria Pawlowna,<br />

geb. Herzogin von Mecklenburg-Schwerin.<br />

Foto von K. Bulla. 1903


679<br />

680<br />

681<br />

682<br />

683<br />

684<br />

681. Реклама благотворительного базара в пользу Попечительства о<br />

бедных евангелического исповедания в Москве, состоявшего под<br />

покровительством великой княгини Марии Павловны. 1910<br />

Werbung für den wohltätigen Weihnachtsmarkt zu Gunsten des Hilfsvereins<br />

für Bedürftige evangelischer Konfession in Moskau, der unter der<br />

Schirmherrschaft der Großfürstin Maria Pawlowna stand. 1910<br />

682. Реформатское училище в Москве. Фото. 1912<br />

Reformierte Lehranstalt in Moskau. Foto. 1912<br />

683. Воспитанники приюта для мальчиков Римско-католического<br />

благотворительного общества за работой в переплетной<br />

мастерской (С.-Петербург). Фото К. Буллы. 1909<br />

Zöglinge des Knabenasyls des römisch-katholischen<br />

Wohlfahrtsvereins bei der Arbeit in der Buchbindewerkstatt<br />

(St. Petersburg). Foto von K. Bulla. 1909<br />

684. Епископ Г. Дикгоф (1833–1911). Фото. 1910<br />

Bischof H. Dieckhoff (1833–1911). Foto. 1910


292 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

685–688<br />

Abb. 689<br />

72 teilweise vom Schulgeld befreit, 22 Schülerinnen bekamen<br />

ein Stipendium.<br />

1862 gründete die Gemeinde der römisch-katholischen<br />

St. Petri-und-Pauli-Kirche in Moskau den Wohltätigen<br />

Verein zur Unterstützung von Armen römisch-katholischen<br />

Glaubens. In den ersten Jahren seiner Existenz<br />

konnte der Verein aus Geldmangel nur eine kleine Zahl<br />

Bedürftiger unterstützen, aber in den 1890er Jahren begann<br />

man, regelmäßig Wohltätigkeitsabende und Lotterien<br />

zu veranstalten. Die Einnahmen daraus wurden<br />

für Zwecke der Kirche und zur Unterstützung Bedürftiger<br />

ausgegeben. Zwischen 1886 und 1900 bekamen<br />

500 Personen monatliche finanzielle Zuwendungen, über<br />

3 500 Gemeindemitglieder und 600 mittellose Personen<br />

auf der Durchreise einmalige Zuwendungen. Außerdem<br />

wurde 230 arbeitslosen Gemeindemitgliedern zu einer<br />

Anstellung verholfen.<br />

In den Städten, in denen es viele deutsche Beamte, Kaufleute,<br />

Freiberufler und Handwerker gab, entstanden Zirkel<br />

zur Pflege des Chorgesangs, wurden Theateraufführungen<br />

inszeniert sowie Sportvereine, Damengesellschaften<br />

und öffentliche Bibliotheken gegründet. Die bekannteste<br />

Freizeiteinrichtung war der 1819 in Moskau gegründete<br />

Deutsche Club, der ab Mitte des Jahrhunderts jährlich von<br />

mehreren Zehntausend Menschen besucht wurde. Nach<br />

1871 verlor der Club durch eine Satzungsänderung seinen<br />

rein nationalen Charakter, so dass 1888 die Deutschen<br />

bereits nicht mehr den größten Teil der Mitglieder und<br />

Besucher stellten. Von da an gingen die aus den Clubeinnahmen<br />

abgeführten Beträge für Kirchengemeinden und<br />

wohltätige Zwecke drastisch zurück.<br />

Eine interessante Beschreibung der Beziehungen zwischen<br />

Deutschen unterschiedlicher Schichten im provinziellen<br />

Charkow des 19. Jahrhunderts findet man in einer 1912<br />

erschienen Geschichte der Stadt. „Eine gewichtige Rolle<br />

Илл.<br />

685–688<br />

Илл. 689<br />

полностью освобождены от оплаты, 72 вносили ее<br />

частично, а 22 обучались на стипендии.<br />

В 1862 г. при римско-католической церкви Св. Петра<br />

и Павла в Москве было создано Благотворительное<br />

общество вспомоществования бедным римско-католического<br />

вероисповедания. В первые годы своего<br />

существования оно, из-за недостатка средств,<br />

могло оказывать помощь лишь небольшому числу<br />

нуждающихся, но в 1890‐е гг. стали регулярно проводиться<br />

благотворительные вечера и лотереи. Поступления<br />

от них расходовались на нужды церкви<br />

и поддержку нуждающихся. Так, за 1886–1900 гг.<br />

500 чел. получили ежемесячные денежные пособия,<br />

более 3,5 тыс. прихожан и почти 600 чел. проезжих,<br />

оставшихся без средств, – единовременные пособия.<br />

Кроме этого были трудоустроены 230 безработных<br />

членов общины.<br />

В городах со значительным количеством немецких<br />

чиновников, купцов, людей свободных профессий,<br />

ремесленников возникали кружки хорового пения,<br />

ставились театральные постановки, организовывались<br />

спортивные и дамские общества, общедоступные<br />

библиотеки. Самым известным заведением для времяпрепровождения<br />

был созданный в Москве в 1819 г.<br />

Немецкий клуб, который с середины века посещали<br />

несколько десятков тысяч человек в год. После 1871 г.<br />

устав клуба был изменен так, что заведение утратило<br />

свой национальный характер, а к 1888 г. немцы уже<br />

не составляли большинства его членов и посетителей.<br />

После этого отчисления из прибыли клуба в пользу<br />

церковных общин и на благотворительные цели резко<br />

сократились.<br />

С интересной характеристикой взаимоотношений<br />

между немцами различных сословий в провинциальном<br />

Харькове XIX в. можно познакомиться<br />

685<br />

686 687


688. Художественный<br />

театр в поволжской<br />

колонии<br />

Екатариненштадт.<br />

Почтовая карточка<br />

Начало ХХ в.<br />

Schauspielhaus<br />

in der Kolonie<br />

Katharinenstadt an<br />

der Wolga.<br />

Postkarte. Anfang<br />

20. Jh.<br />

688<br />

689. Бывший Московский<br />

немецкий клуб.<br />

Фото. 2009<br />

Ehemaliger Moskauer<br />

Deutscher Klub.<br />

Foto. 2009<br />

689<br />

685. Эмблема Московского общества квартетного пения «Лидертафель», девиз которого был: «Гнетет ли горе, волнует<br />

ли радость, да здравствует вечно немецкая песнь!».<br />

Wahrzeichen der Moskauer „Liedertafel“, deren Motto war: „Ob Sorge Droht, ob Freude blüht, Hoch immerdar<br />

das deutsche Lied!“<br />

686. Объявление о публичной лекции на немецком языке «О кольце Нибелунгов» в Русской палате Славянского базара<br />

в пользу Евангелического попечительства о бедных женщинах и детях (Москва). 1889<br />

Anzeige über einen öffentlichen Vortrag in deutscher Sprache „Über den Ring der Nibelungen“ im Russischen Saal<br />

des Slawischen Basars zu Gunsten des Evangelischen Hilfsvereins für arme Frauen und Kinder (Moskau). 1889<br />

687. Устав общества «Гармония» в Одессе. 1864<br />

Statuten der Gesellschaft „Harmonia“ in Odessa. 1864


294 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

spielte auch der Umstand, dass die Deutschen stets Unterstützung<br />

bei ihren Landsleuten fanden, die einen hohen<br />

Posten in der Gouvernementsverwaltung bekleideten oder<br />

eine einflussreiche Stellung in der Gesellschaft einnahmen.<br />

Den deutschen Beamten und Intelligenzlern muss man<br />

zu Gute halten, dass sie nicht die Gesellschaft deutscher<br />

Schuster und Tischler scheuten: In ihrem Kirchenrat und<br />

in Wohltätigkeitsvereinen der deutschen Kolonie saßen<br />

Staatsräte, manchmal sogar ein richtiger Freiherr, neben<br />

dem einfachen Schuhmacher. Die Staatsräte mieden auch<br />

nicht in lockerer Atmosphäre den Umgang mit ihren<br />

Landsleuten, den einfachen Schuhmachern: Sowohl die<br />

einen, als auch die anderen verbrachten ihre Abende zusammen<br />

bei einem Krug Bier [in einer der damals bekannten<br />

deutschen Gaststätten].“ Und weiter: „Die Deutschen<br />

scheuten auch nicht die einheimische Bevölkerung. Sie<br />

öffneten russischen Kindern weit die Türen ihrer Schulen<br />

und setzten sich vehement für das Recht auf gemeinsamen<br />

Unterricht für Vertreter beider Nationalitäten in ihrer<br />

Schule ein, während der Obrigkeit der Gedanke an solch<br />

eine Gemeinsamkeit wohl eher Unbehagen bereitete …<br />

Obwohl die Deutschen den Russen nicht aus dem Weg<br />

gingen, gaben sie in ihren privaten Beziehungen doch<br />

eher der Gesellschaft ihrer Landsleute den Vorzug.“<br />

Wie wichtig diese Solidarität war, sieht man am Beispiel<br />

der caritativen Tätigkeit verschiedener Gemeinden, vor<br />

allem in Katastrophenjahren. An der Wolga gab es häufig<br />

Dürreperioden, die zu Missernten und in der Folge zu<br />

Hungersnöten führten. So war es auch 1880/81, als es<br />

dort außerdem keine Vorräte an Getreide mehr gab, die<br />

bis zur Auflösung des Saratower Kontors für ausländische<br />

Ansiedler im Jahre 1877 immer obligatorisch gewesen<br />

waren. In der ev.-luth. St. Marienkirche in Saratow wurde<br />

ein Komitee zur Unterstützung der Hungernden gegründet,<br />

dem Pastor K. Kossmann vorstand. Hilfe kam von<br />

Einzelpersonen, aber auch von Gemeinden in Moskau,<br />

Riga, Kostroma, St. Petersburg und anderen Städten, und<br />

es gelang, den Hunger zu besiegen. Aus der Erfahrung<br />

dieser Aktion wurde 1888 in der St. Marienkirche der<br />

Verein „Barmherzigkeit“ als ständige Institution ins Leben<br />

gerufen. Es vergingen keine drei Jahre, bis Dürre und<br />

Missernte erneut eine schwere Hungersnot verursachten.<br />

Um helfen zu können, wurde zunächst ein provisorisches<br />

Pastorenkomitee und später das Komitee für Hungerhilfe<br />

gegründet. Es gelang, Hilfeleistungen in Form von Geld,<br />

Kleidung, Saatgut und vor allem Lebensmitteln aus den<br />

wohlhabenderen Gouvernements im Nordwesten und Süden<br />

Russlands und sogar aus den USA zu organisieren. Im<br />

Herbst 1891 richtete die Gemeinde eine kostenlose Tafel<br />

für Bedürftige ein, an der täglich 400 bis 500 Menschen<br />

verschiedener Konfessionen eine kostenlose Mahlzeit erhielten.<br />

Infolge der Hungersnot brach eine Typhus- und<br />

Choleraepidemie aus, der allein 415 Menschen der St. Mariengemeinde<br />

zum Opfer fielen.<br />

Auch die Landbevölkerung brauchte Hilfe, die sie aber<br />

nicht in ausreichendem Maße bekam, auch nicht von<br />

der Regierung. Viele Dorfbewohner sahen sich daher<br />

gezwungen, einen Ausweg aus dieser Lage zu suchen,<br />

indem sie zum Broterwerb in die Städte an der Wolga<br />

в вышедшей в свет в 1912 г. истории этого города.<br />

«Немалую роль играло и то обстоятельство, что немцы<br />

всегда находили поддержку в своих компатриотах,<br />

занимавших видные должности в губернском<br />

управлении или пользовавшихся влиятельным положением<br />

в обществе. К чести немцев-чиновников<br />

и интеллигентов нужно сказать, что они не чуждались<br />

общества немцев-сапожников и столяров:<br />

в их церковном совете и в благотворительных учреждениях<br />

немецкой колонии Staatsrath‘ы [статские<br />

советники], иногда даже из настоящих Freiherr‘ов<br />

[баронов], сидели рядом с простыми Schumacher‘ами<br />

[сапожниками]. Не чуждались Staatsrath‘ы общения<br />

с компатриотами-сапожниками и в сфере развлечений:<br />

и те и другие проводили свои вечера сидя<br />

рядом за кружкой пива [в известных в свое время<br />

немецких ресторанах]». И далее: «Немцы не чуждались<br />

местного населения. Они широко открыли<br />

для русских детей двери своей школы и энергично<br />

отстаивали право на совместное обучение в ней<br />

представителей обеих национальностей, когда у высшего<br />

начальства возникла было мысль о неудобстве<br />

такого соединения… Не чуждаясь русских, немцы<br />

все же, однако, предпочитали в частных сношениях<br />

держаться общества своих компатриотов».<br />

Насколько важной была такая солидарность, можно<br />

увидеть на примере благотворительной деятельности<br />

различных общин, в особенности в годы<br />

бедствий. В Поволжье нередко случалась засуха,<br />

вызывавшая неурожай и, как следствие – голод. Так<br />

было в 1880–1881 гг., когда сказалось еще и отсутствие<br />

запасов зерна, которые в немецких колониях<br />

были обязательными вплоть до упразднения Саратовской<br />

конторы иностранных поселенцев в 1877 г.<br />

При евангелическо-лютеранской церкви св. Марии<br />

в Саратове был создан Комитет помощи голодающим<br />

во главе с пастором К. Коссманом. Помощь<br />

поступала как от отдельных лиц, так и от общин<br />

Москвы, Риги, Костромы, Петербурга и других<br />

городов и помогла преодолеть голод. По опыту<br />

этой акции помощи в 1888 г. при церкви св. Марии<br />

было создано постоянно действующее Общество<br />

милосердия. Не прошло и трех лет, как засуха и<br />

неурожай опять стали причинами тяжелого голода.<br />

Для оказания помощи был создан временный комитет<br />

пасторов, а затем Комитет помощи голодающим.<br />

Он смог организовать получение помощи деньгами,<br />

одеждой, семенами и, прежде всего, продуктами<br />

питания из более благополучных губерний северо-запада<br />

и юга России, а также из США. Осенью<br />

1891 г. приход устроил бесплатную столовую для<br />

нуждающихся, в которой ежедневно получали пищу<br />

400–500 чел. различного вероисповедания. Вслед<br />

за голодом разразилась эпидемия тифа и холеры,<br />

от которых в одной лишь общине св. Марии умерли<br />

415 чел.<br />

Помощь была необходима и сельскому населению,<br />

но ее поступало недостаточно. Не было необходимой<br />

помощи и со стороны правительства. Это заставило


Немцы в российской истории 295<br />

und im Kaukasus zogen. Andere suchten die Rettung in<br />

Sibirien oder versuchten, nach Übersee zu emigrieren.<br />

Der Verein „Barmherzigkeit“ wurde zu einer ständigen<br />

Wohltätigkeitseinrichtung, die Kranken und Alten, Arbeitslosen<br />

und Obdachlosen, Hungernden und Bettlern<br />

half und in den Jahren des Ersten Weltkrieges ein Lazarett<br />

mit 50 Betten für Verwundete eröffnete.<br />

Die Reformen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

führten zu einschneidenden Veränderungen im Leben der<br />

deutschen Kolonisten. Die Verordnung über die Institutionen<br />

der Landschaftsvertretungen vom 1. Januar 1864<br />

wurde zu einem Wendepunkt in der Entwicklung der<br />

Selbstverwaltungsinstitutionen auf Gouvernements- und<br />

Bezirksebene. Den Landschaftsverwaltungen und Landschaftsämtern<br />

wurden in einigen Gouvernements und<br />

deren Bezirken bestimmte Vollmachten in kommunalen<br />

und wirtschaftlichen Fragen übertragen. Aufgrund des<br />

Ständewahlsystems war die Bauernschaft in den Landschaftsverwaltungen<br />

in deutlich geringerer Zahl vertreten,<br />

als es ihrem Anteil an Stimmberechtigten entsprach. Die<br />

Deutschen hatten schon einige Jahrzehnte Erfahrungen<br />

mit Wahlen von Verantwortungsträgern aus ihren Reihen<br />

und der Verwaltungsarbeit auf der Ebene der Gemeinden<br />

und Kolonistenbezirke. Daher waren sie in einer Reihe<br />

von Bezirken der Gouvernements Bessarabien, Cherson,<br />

Taurien, Samara und Saratow zahlenmäßig viel stärker<br />

vertreten, als es ihrem Anteil an der Bevölkerung dieser<br />

Bezirke entsprach. So wurden bereits für die zweite<br />

Wahlperiode von drei Jahren (1868–1871) von den Landschaftsabgeordneten<br />

des Bezirkes Odessa aus den Reihen<br />

der Grundbesitzer acht Kolonisten (40 %) und aus der<br />

Bauernschaft vier Kolonisten (30,77 %) gewählt. Für die<br />

dritte Wahlperiode (1871–1874) wurden aus den Reihen<br />

der Grundbesitzer des Bezirks 15 Deutsche (75 %) und aus<br />

der Bauernschaft fünf (35,71 %) gewählt.<br />

Abb. 690<br />

значительную часть сельского населения искать выход<br />

из создавшегося положения в городах Поволжья<br />

и Кавказа – уходить туда на заработки. Другие искали<br />

спасения в Сибири или пытались эмигрировать<br />

за океан. Общество милосердия стало постоянно<br />

действующим благотворительным заведением, оказывавшим<br />

помощь больным и престарелым, безработным<br />

и лишившимся крова, голодным и нищим,<br />

а в годы Первой мировой войны открыло лазарет<br />

для раненых на 50 коек.<br />

Реформы второй половины XIX в. привнесли значительные<br />

изменения в жизнь немецких колонистов.<br />

Положение о земских учреждениях (1 января 1864 г.)<br />

стало поворотным пунктом в развитии институтов<br />

самоуправления на уездном и губернском уровнях.<br />

Земскому собранию и земской управе ряда губерний<br />

и входящих в их состав уездов были переданы определенные<br />

полномочия в хозяйственно-экономических<br />

вопросах. При сословной избирательной системе<br />

представительство крестьян в земских собраниях<br />

было намного ниже, чем их доля от имевших право<br />

голоса. Немецкие колонисты на протяжении десятилетий<br />

уже имели опыт выборов должностных лиц<br />

из своей среды и участия в управлении на уровне<br />

общин и колонистских округов. Благодаря этому<br />

их представительство в ряде уездов Бессарабской,<br />

Херсонской, Таврической, Самарской, Саратовской<br />

губерний было значительно выше их доли от всего<br />

населения этих уездов. Так, уже на второе трехлетие<br />

(1868–1871) земскими гласными Одесского уезда<br />

от землевладельцев было избрано 8 колонистов<br />

(40 %), а от сельских сословий – 4 колониста (30,77 %).<br />

На третье трехлетие (1871–1874) от уездных землевладельцев<br />

было избрано 15 (75 %) и от сельских<br />

сословий 5 (35,71 %) немцев.<br />

Илл. 690<br />

690. Серебряный венок от московского земства к памятнику<br />

Александру II в ознаменование 50-летия земской реформы<br />

(председатель губернской земской управы Ф. В. Шлиппе (слева) и<br />

губернский предводитель дворянства А. Д. Самарин).<br />

Фото А. Савельева. 1914<br />

Silberner Kranz, der vom Moskauer Landschaftsverband anlässlich des<br />

50. Jahrestages der Landschaftsreform am Denkmal für Alexander II.<br />

niedergelegt wurde (Vorsitzender der Landschaftsverwaltung<br />

des Gouvernements F. W. Schlippe (links) und der Adelsmarschall<br />

des Gouvernements A. D. Samarin). Foto von A. Sawjeljew. 1914<br />

690


296 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

691, 692<br />

Abb. 693<br />

Die Wolgadeutschen beteiligten sich aktiv an der Arbeit der<br />

Landschaftsversammlungen. P. Lauck, Dorfschulze in der<br />

Kolonie Talowka, der damals bereits über entsprechende<br />

Erfahrungen und ein gewisses Ansehen verfügte, besaß so<br />

viel Vertrauen, dass er zwischen 1866 und 1891 achtmal<br />

in eine leitende Funktion der Landschaftsverwaltung des<br />

Bezirkes Kamyschin gewählt wurde. Und er war nicht der<br />

einzige Interessenvertreter der Wolgadeutschen, der große<br />

Anerkennung genoss. Von 26 gewählten Vertretern in der<br />

Landschaftsversammlung des Bezirkes Kamyschin waren<br />

in der Wahlperiode 1909–1912 sieben Deutschen. In der<br />

folgenden Wahlperiode 1912–1915 waren unter den 22 gewählten<br />

Vertretern ebenfalls sieben Deutsche.<br />

In einigen Fällen hatte die deutsche Bevölkerung eine kleinere<br />

Zahl von gewählten Vertretern in der Landschaftsversammlung<br />

des Bezirkes, da die Bevölkerungszahl ihrer Amtsbezirke<br />

deutlich größer war als die der benachbarten Amtsbezirke.<br />

Eine solche Einschränkung ihrer Rechte wollten die Kolonisten<br />

nicht hinnehmen. Mehrmals machten sie auf den Seiten<br />

der Saratower deutschen Zeitung darauf aufmerksam. Kurz<br />

vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges konnten sie eine Teilung<br />

der Amtbezirke Katharinenstadt, Torgun und Nischnij-<br />

Jeruslan erreichen, wodurch sich die Zahl der Abgeordneten<br />

aus der deutschen Bevölkerung erhöhte.<br />

In der Stadtduma von Saratow waren zwischen 1913 und 1916<br />

von 82 Abgeordneten zwölf Deutsche, das entsprach 14,6 % der<br />

Abgeordneten bei einem Bevölkerungsanteil der Deutschen<br />

von 6,7 %. In der Landschaftsversammlung des Bezirkes Saratow<br />

waren zwischen 1912 und 1915 unter den 36 Abgeordneten<br />

vier Deutsche. In diesem Bezirk gab es nicht so viele<br />

Deutsche und auch nur wenige Kolonien. Der Vorsitzende<br />

der Landschaftsverwaltung des Gouvernements Saratow war<br />

1915 der Abgeordnete der 3. Staatsduma, K. Grimm.<br />

Die Deutschen mit russischer Staatszugehörigkeit beteiligten<br />

sich nicht nur in den Siedlungen, in denen Deutsche<br />

Илл.<br />

691, 692<br />

Илл. 693<br />

Активным было участие в работе земских собраний<br />

поволжских немцев. Имевший к тому времени опыт<br />

и определенный имидж староста колонии Таловка<br />

П. Ляук пользовался таким доверием, что с 1866<br />

по 1891 г. восемь раз избирался на руководящие<br />

должности Камышинского уездного земства. Он был<br />

не единственным признанным представителем интересов<br />

поволжских немцев. Среди 26 гласных Камышинского<br />

уездного земского собрания (1909–1912)<br />

было 7 немцев. На следующее трехлетие (1912–1915)<br />

среди 22 гласных было также 7 немцев.<br />

В некоторых случаях немецкое население имело<br />

меньшее представительство в уездном земском собрании,<br />

потому что их волости по численности<br />

населения были намного больше соседних волостей.<br />

Такое ущемление в правах колонистов не<br />

устраивало. Они неоднократно обращали на это<br />

внимание на страницах Саратовской немецкой газеты.<br />

Незадолго до начала Первой мировой войны<br />

удалось добиться разделения Екатариненштадтской,<br />

Торгунской и Нижне‐Ерусланской волостей, за счет<br />

чего увеличилось количество гласных от немецкого<br />

населения.<br />

В Саратовской городской думе 1913–1916 гг. среди<br />

82 гласных значилось 12 немцев (14,6 % гласных при<br />

6,7 % немецкого населения). В Саратовском уездном<br />

земском собрании 1912–1915 гг. среди 36 гласных<br />

были 4 немца (в этом уезде количество немецкого<br />

населения и колоний было невелико). Председателем<br />

Саратовской губернской земской управы в 1915 г. был<br />

депутат III Государственной думы К. Гримм.<br />

Российскоподданные немцы принимали активное<br />

участие в работе органов самоуправления не только<br />

в местах компактного поселения, но и в тех уездах<br />

и городах, где не было достаточного немецкого<br />

691. Списки гласных Саратовского<br />

губернского земского собрания<br />

от Аткарского и Камышинского<br />

уездов на 1877–1880 гг.<br />

Verzeichnis der Abgeordneten<br />

der Bezirke Atkarsk und Kamyschin<br />

in der Landschaftsversammlung<br />

des Gouvernements Saratow für die<br />

Jahre 1877–1880<br />

692. Списки гласных Камышинского<br />

уездного земского собрания<br />

от землевладельцев,<br />

предпринимателей и сельских<br />

обществ на 1877–1880 гг.<br />

Verzeichnis der Abgeordneten der<br />

Landschaftsversammlung des Bezirks<br />

Kamyschin von den Grundbesitzern,<br />

Unternehmern und Landgemeinden<br />

für die Jahre 1877–1880<br />

691 692


Немцы в российской истории 297<br />

kompakt lebten, aktiv an der Arbeit in den Gremien der<br />

Selbstverwaltung, sondern auch in den Städten und Bezirken,<br />

in denen es keine so große deutsche Wählerschaft gab. In Tula<br />

wurde E. I. Wiegand zum Abgeordneten der Stadtduma und<br />

Mitglied der Stadtverwaltung, zum Abgeordneten der Landschaftsversammlung<br />

des Bezirks und des Gouvernements<br />

sowie zum Friedensrichter ehrenhalber gewählt. In Pskow<br />

saß I. Schmidt in der Stadtduma und war stellvertretendes<br />

Stadtoberhaupt sowie Friedensrichter ehrenhalber. In den<br />

Gedenkbüchern mehrerer Gouvernements lassen sich viele<br />

solcher Beispiele finden.<br />

Eine Folge der Agrarreform von 1861 war, dass immer mehr<br />

Land von Grundbesitzern zur Pacht oder zum Verkauf angeboten<br />

wurde, da nach der Aufhebung der Leibeigenschaft<br />

ein Mangel an Arbeitskräften herrschte. Nach der Auflösung<br />

des Fürsorgekomitees für ausländische Ansiedler in Südrussland<br />

und des Saratower Kontors für ausländische Ansiedler<br />

bekamen die deutschen Kolonisten den Status von Siedlern-<br />

Eigentümern. Im Unterschied zum Wolgagebiet mit der dort<br />

erfolgten Aufteilung des Landes auf alle erwachsenen Männer,<br />

blieb es in der Schwarzmeerregion dabei, dass nur einer der<br />

Söhne den Hof erbte und die übrigen ohne Land blieben. Die<br />

Überbevölkerung konnte reduziert werden, indem ein Teil<br />

der jungen Menschen in einen Handwerkerberuf wechselte.<br />

Eher noch versuchten die Gemeinden aber Land von Grundbesitzern<br />

zu pachten oder zu kaufen, um in sogenannten<br />

Tochterkolonien eigene Höfe zu errichten.<br />

Die gestiegene Nachfrage nach Land führte wiederum zu<br />

höheren Grundstückpreisen, die auch russische und ukrainische<br />

Bauern, die Land benötigten, nicht bezahlen konnten,<br />

selbst wenn sie einen Kredit in Höhe von 67 bis 91 % des<br />

Grundstückpreises bekamen. Landlosen Bauern blieb nichts<br />

anderes übrig, als in den Nordkaukasus umzusiedeln, wo die<br />

Bodenpreise damals noch niedrig waren. Das war ein Grund<br />

für das Aufkommen antideutscher Stimmungen. Ein anderer<br />

Abb. 694<br />

Abb. 695<br />

электората. В Туле Э. И. Виганд избирался гласным<br />

городской думы и членом городской управы,<br />

гласным уездного и губернского земских собраний,<br />

почетным мировым судьей. В Пскове И. Шмидт был<br />

гласным городской думы, заместителем городского<br />

головы, почетным мировым судьей. Таких примеров<br />

можно найти немало в памятных книжках различных<br />

губерний.<br />

Одним из последствий аграрной реформы 1861 г.<br />

было растущее предложение помещичьих земель<br />

для аренды или продажи из-за недостатка рабочей<br />

силы после освобождения крепостных крестьян.<br />

После упразднения Попечительного комитета об<br />

иностранных поселенцах Южного края России и Саратовской<br />

конторы иностранных поселенцев немцыколонисты<br />

получили статус поселян-собственников.<br />

В Причерноморье, в отличие от Поволжья, у них<br />

сохранялось наследование хозяйства только одним<br />

из сыновей, остальные оставались безземельными.<br />

Перенаселение можно было снизить переходом<br />

части молодого поколения к занятию ремеслами.<br />

Бóльшей частью общины старались арендовать или<br />

покупать землю у помещиков для создания своих хозяйств<br />

в так называемых дочерних колониях.<br />

Растущий спрос на землю, в свою очередь, привел<br />

к постоянно растущим ценам, которые так же нуждающимся<br />

в земле русским и украинским крестьянам<br />

часто были не под силу, даже при получении<br />

кредита в размере от 67 до 91 % от цены на землю.<br />

Безземельным крестьянам приходилось переселяться<br />

на Северный Кавказ, где земля в это время<br />

еще была дешевой. Это являлось одной из причин<br />

возникновения антинемецких настроений, другой<br />

причиной, несомненно, была политика ограничения<br />

аренды и покупки земли немцами-иностранцами<br />

Илл. 694<br />

Илл. 695<br />

693<br />

693. Депутат Государственной думы<br />

К. Н. Гримм (1858–1919). Фото. 1907<br />

Abgeordneter der Russischen Staatsduma<br />

K. N. Grimm (1858–1919). Foto. 1907<br />

694. Свод законов по устройству в России бывших колонистов. 1871<br />

Sammlung der Gesetze und Verordnungen Russlands über die Einrichtung<br />

der ehemaligen Kolonisten. 1871<br />

694


298 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb. 696<br />

Grund war zweifellos die politische Entscheidung von 1887,<br />

die Pacht und den Kauf von Land durch Auslandsdeutsche<br />

im Gouvernement Wolhynien zu begrenzen. Ab Herbst 1886<br />

befasste man sich zunächst in der Landschaftsversammlung<br />

des Bezirks Jekaterinoslaw, später, im Jahre 1891, auch in<br />

den Landschaftsversammlungen des Bezirks Werchnedneprowsk<br />

und des Gouvernements Jekaterinoslaw mit der<br />

Begrenzung deutschen Grundbesitzes, der als ausländischer<br />

Grundbesitz bezeichnet wurde. In den Diskussionen, die<br />

sich mit wechselndem Erfolg über mehrere Jahre hinzogen,<br />

wies der Abgeordnete der Landschaftsversammlung des Bezirks,<br />

F. Thyssen, darauf hin, dass deutsche Grundbesitzer,<br />

ehemalige Kolonisten, zur autochthonen Bevölkerung des<br />

Gouvernements Jekaterinoslaw gehören, da sie bereits seit<br />

Beginn der Besiedlung dieser Region dort lebten. Sie seien<br />

russische Untertanen und ihr Recht auf Erwerb von Grund<br />

und Boden einzuschränken, käme einer unzulässigen Beschneidung<br />

allgemeiner Bürgerrechte gleich.<br />

Die Regierungskommission, die die Bodenbewirtschaftung<br />

der Deutschen untersuchte, kam 1890 zu dem Schluss,<br />

dass keine Notwendigkeit für irgendwelche Beschränkungen<br />

bestünde. Die nationalistische Presse und die Slawophilen<br />

jedoch griffen die These von der „friedlichen Eroberung“<br />

Südrusslands auf. A. A. Welizyn empfahl in seinem Buch<br />

„Deutsche in Russland“, den Grundbesitz deutscher Siedler-<br />

Eigentümer als „nichtrussischen Besitz“ zu klassifizieren,<br />

womit er den polemischen Ton vorgab, der in den Jahren des<br />

Ersten Weltkrieges zu gesetzlich verankerten Begrenzungen<br />

und Repressalien gegen die Russlanddeutschen führte.<br />

Die Übersiedlung deutscher Grundbesitzer von der Wolga,<br />

aus Wolhynien und aus Neurussland nach Sibirien begann<br />

Anfang der 1890er Jahre und verstärkte sich noch in Folge<br />

der Revolution von 1905 sowie der Hungersnot im Jahre<br />

1907. Neue Kolonien wurden im Altai, in Westsibirien und<br />

in Nordkasachstan gegründet. 1915 gab es dort bereits mehr<br />

Илл. 696<br />

в Волынской губернии в 1887 г. С осени 1886 г. сначала<br />

в Екатеринославском уездном земстве, а затем,<br />

1891 г., в Верхнеднепровском уездном и Екатеринославском<br />

губернском земствах поднимался вопрос<br />

об ограничении немецкого земле владения, которое<br />

преподносилось как иностранное. В обсуждениях,<br />

длившихся несколько лет с переменным успехом,<br />

гласный уездного земства Ф. Тиссен указывал на то,<br />

что немецкие земледельцы, бывшие колонисты,<br />

в Екатеринославской губернии являются автохтонным<br />

населением, поскольку проживают там со<br />

времени заселения этого региона. Они являются<br />

российскими подданными, и ограничение их в праве<br />

приобретения земли было бы недопустимым<br />

ущемлением общегражданских прав.<br />

По результатам обследования немецкого землепользования<br />

правительственная комиссия в 1890 г. пришла<br />

к выводу, что нет необходимости принимать<br />

какие-либо ограничительные меры. Националистическая<br />

пресса и славянофилы, однако, подхватили<br />

тезис о «мирном завоевании» юга России. А. А. Велицын<br />

в книге «Немцы в России» предложил считать<br />

землевладение немецких поселян-собственников<br />

«нерусским землевладением», задав тем самым тон<br />

полемики, приведшей к законодательным ограничениям<br />

и репрессиям против российских немцев<br />

в годы Первой мировой войны.<br />

Переселение поволжских, волынских и новороссийских<br />

земледельцев-немцев в Сибирь началось<br />

в начале 1890‐х гг. и усилилось в результате революции<br />

(1905) и голода (1907). Новые колонии были<br />

созданы на Алтае, в Западной Сибири и Северном<br />

Казахстане. К 1915 г. там насчитывалось уже более<br />

80 000 немцев, владевших или арендовавших<br />

750 000 дес. земли.<br />

695. Антинемецкая публикация<br />

А. Липранди «Как остановить<br />

мирное завоевание наших<br />

окраин?». Киев, 1890<br />

Antideutsche Veröffentlichung<br />

von A. Liprandi „Wie ist<br />

die friedliche Eroberung<br />

unserer Randgebiete<br />

aufzuhalten“. Kiew, 1890<br />

696. Титульный лист книги<br />

А. Велицына. 1893<br />

Titelblatt des Buches von<br />

A. Welizyn. 1893<br />

695 696


Немцы в российской истории 299<br />

als 80 000 Deutsche, die 750 000 Desjatinen Land besaßen<br />

oder gepachtet hatten.<br />

In den Gouvernements an der Wolga mit ihrem Gemeindeeigentum<br />

an Grund und Boden sowie häufigen Missernten und<br />

Hungersnöten, wie in den Jahren 1879/80, 1891, 1898, 1901,<br />

1905/06 und 1911/12, erfolgte die soziale Differenzierung<br />

viel später, als in den Gouvernements Neurusslands. Bereits<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte das Handwerk aufgrund<br />

der Notwendigkeit, sich vor allem im Winter selbst versorgen<br />

zu müssen, einen deutlichen Aufschwung. Aus den Kolonisten<br />

gingen Unternehmer wie Borell, Reinecke und die Brüder<br />

Schmidt hervor, die eigene Firmen und Handelshäuser in<br />

Saratow, Kamyschin und Wolsk gründeten. Die Masse der<br />

Wolgadeutschen aber lebte weiter in der Enge der Dorfgemeinschaft,<br />

auf Land, das sie kaum zu ernähren vermochte.<br />

Von der Stolypinschen Reform konnten die Wolgadeutschen<br />

nur in den drei Jahren vor Kriegsausbruch profitieren, als<br />

mehr als 70 % der Wirte durch Aufteilung des Gemeinschaftsbesitzes<br />

eine eigene Scholle (otrub) bekamen, aber ihre Höfe<br />

in der Ortschaft beließen. Diese Aufteilung des Landes machte<br />

den Bauern zum Privateigentümern, das Land reichte aber<br />

nicht für ein auskömmliches Leben. Neben der Übersiedlung<br />

nach Sibirien war es unter den Wolgadeutschen zu Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts auch weit verbreitet, in die Städte an<br />

der Wolga und in die Erdölindustrie in Baku abzuwandern<br />

oder zum Arbeiten in die USA zu emigrieren.<br />

Ein Wesenszug der deutschen Bevölkerung in der postreformatorischen<br />

Periode war ihr Streben nach Bildung.<br />

Neben den Schulen der Kirchengemeinden, in die in den<br />

Städten auch Kinder anderer Nationalitäten und anderer<br />

Konfessionen gingen, besuchten deutsche Kinder, vor allem<br />

aus Familien von Kaufleuten, Unternehmern und Freiberuflern,<br />

auch staatliche und private Schulen, in denen der<br />

Unterricht in russischer Sprache abgehalten wurde. Das<br />

eröffnete ihnen die Möglichkeit, aufs Gymnasium zu gehen<br />

und anschließend an einer Universität zu studieren. 1897<br />

konnten ca. 32 % der deutschen Bevölkerung Russlands, die<br />

älter als zehn Jahre waren, russisch lesen, wobei ca. 36 %<br />

der männlichen Stadtbevölkerung und 32 % der männlichen<br />

Landbevölkerung über diese Fertigkeit verfügten.<br />

Der Grad der Beherrschung der russischen Sprache lag in<br />

der weiblichen Bevölkerung jeweils bei 28 % bzw. bei etwas<br />

mehr als 20 %.<br />

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Russlanddeutschen<br />

eines der gebildetsten Völker Russlands, das aktiv am<br />

wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben<br />

teilnahm. Die Revolution der Jahre 1905 bis 1907 tangierte<br />

ihre Siedlungen und Stadtviertel nur peripher. Eine Ausnahme<br />

bildeten die baltischen Gouvernements, in denen die<br />

nationale Befreiungsbewegung der estnischen und lettischen<br />

Bauern zugleich eine Bauernbewegung gegen die adligen<br />

deutschen Grundbesitzer war. Um die eigenen Positionen zu<br />

stärken und eine deutsche Bauernschaft zu bilden, wurden<br />

auf Initiative von deutschen Grundbesitzern zwischen 1906<br />

und 1914 15 000 bis 20 000 landlose Bauern aus Wolhynien<br />

nach Kurland, Estland und Livland umgesiedelt.<br />

Die „Deutschen Vereine“, die zunächst in den baltischen<br />

Gouvernements zur Konsolidierung der deutschen Bevölkerung<br />

und zur Verstärkung der politischen Arbeit in<br />

Abb. 697<br />

Abb. 698<br />

Abb. 699<br />

В поволжских губерниях с их общинной формой<br />

землевладения и частыми неурожаями и голодом<br />

(1879–1880, 1891, 1898, 1901, 1905–1906, 1911–1912)<br />

социальная дифференциация (из-за общинного<br />

владения землей) происходила гораздо позже,<br />

чем в новороссийских губерниях. Уже с середины<br />

XIX в. значительное развитие получили ремесла<br />

из-за необходимости населения обеспечить себя,<br />

особенно в зимнее время. Из колонистской среды<br />

вышли предприниматели, основавшие предприятия<br />

и торговые дома в Саратове, Камышине, Вольске<br />

(братья Шмидт, Борель, Рейнеке), но основная<br />

масса поволжских немцев оставалась в сельских<br />

обществах в стесненных условиях (на земле, которая<br />

не могла их прокормить). Столыпинской реформой<br />

поволжские немцы воспользовались лишь<br />

в три предвоенных года, когда более 70 % домохозяев<br />

вышли из сельских общин на отруба, став<br />

частными хозяевами земли. Помимо переселения<br />

в Сибирь среди поволжских немцев в начале ХХ в.<br />

распространенным было отходничество на заработки<br />

в города Поволжья, нефтепромыслы Баку и<br />

трудовая миграция в США.<br />

Одной из характерных черт немецкого населения<br />

в пореформенный период было его стремление к образованию.<br />

Помимо церковно-приходских училищ,<br />

которые в столицах и городах посещали и дети других<br />

национальностей и вероисповеданий, немецкие<br />

дети, особенно из семей купцов, предпринимателей,<br />

людей свободных профессий, посещали государственные<br />

и частные учебные заведения с преподаванием<br />

предметов на русском языке. Это открывало<br />

им возможность поступления в гимназии, а по их<br />

окончании – в университеты. К 1897 г. около 32 % немецкого<br />

населения России в возрасте старше 10 лет<br />

умели читать по-русски, причем эти навыки имели<br />

около 36 % городского и 32 % сельского мужского<br />

населения. Уровень владения русским языком у<br />

женского населения был соответственно около 28 %<br />

и более 20 %.<br />

В ХХ в. российские немцы вступили как один из самых<br />

грамотных народов России, принимавший активное<br />

участие в экономической, общественной,<br />

политической и культурной жизни. Революция<br />

1905–1907 гг. обошла их населенные пункты и городские<br />

кварталы стороной. Исключение составили<br />

прибалтийские губернии, где национально-освободительное<br />

движение эстонских и латышских крестьян<br />

являлось одновременно аграрным движением,<br />

направленным против немецких дворян-землевладельцев.<br />

С целью укрепления своих позиций и<br />

создания немецкой крестьянской прослойки по их<br />

инициативе в 1906–1914 гг. в Курляндию, Эстляндию<br />

и Лифляндию были переселены 15–20 тыс. безземельных<br />

волынских немцев.<br />

«Немецкие союзы», созданные сначала в прибалтийских<br />

губерниях для консолидации немецкого<br />

населения и усиления политической работы,<br />

в местах компактного проживания немцев<br />

Илл. 697<br />

Илл. 698<br />

Илл. 699


697<br />

697. Фабрика сельскохозяйственных машин<br />

А. Г. Вильмса в Давлеканово в Уфимской губернии.<br />

Фото. 1905. Издательство «Заменкорн»,<br />

Штейнхаген (Германия)<br />

Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen von<br />

A.G. Willms in Dawlekanowo, Gouvernement Ufa.<br />

Foto. 1905. Verlag „Samenkorn“, Steinhagen<br />

(Deutschland)<br />

698. Хутор Г. Эппа в Самарской губернии –<br />

образцовое хозяйство, которое посетил в 1910 г.<br />

премьер‐министр П. Столыпин.<br />

Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Der Gutshof von G. Epp war eine Musterwirtschaft.<br />

Minister-Präsident P. Stolypin besuchte ihn 1910.<br />

Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />

698<br />

699. Прошение будущего депутата Государственной<br />

думы Л. Люца, окончившего Ананьевскую<br />

гимназию, о зачислении в Новороссийский<br />

университет. 1900. Государственный архив<br />

Одесской области, Одесса<br />

Gesuch des zukünftigen Abgeordneten der<br />

Staatsduma L. Lutz, Absolvent des Gymnasiums<br />

in Ananjew, über die Immatrikulation an der<br />

Neurussischen Universität. 1900. Staatliches<br />

Gebietsarchiv Odessa<br />

699


Немцы в российской истории 301<br />

den kompakten Siedlungsorten der Deutschen gegründet<br />

wurden, spielten außerhalb des Baltikums diesbezüglich<br />

keine Rolle und waren bestenfalls gesellschaftliche Organisationen,<br />

die in gewissem Maße Kultur- und Bildungsaufgaben<br />

wahrnahmen. Einer Vereinigung der gesamten<br />

deutschen Bevölkerung Russlands standen erhebliche<br />

soziale, wirtschaftliche und kulturelle Unterschiede im<br />

Wege. Religiöse Unterschiede zwischen Lutheranern, Katholiken<br />

und Mennoniten bildeten selbst auf der Ebene<br />

der einzelnen Siedlungsregionen ein unüberwindbares<br />

Hindernis für einen Zusammenschluss der Deutschen.<br />

Nur im Königreich Polen und in den baltischen Gouvernements<br />

entstanden nach 1905 deutsche politische<br />

Parteien. In beiden Hauptstädten und in den russischen<br />

Gouvernements nahm die deutsche Bevölkerung am politischen<br />

und gesellschaftlichen Leben teil, wobei sie sich<br />

entsprechend ihrer sozialen Lage und ihren politischen<br />

Ansichten orientierte. Nur in St. Petersburg und Moskau<br />

wurden „Deutsche Gruppen“ gebildet, die zum „Verband<br />

vom 17. Oktober“, den Oktobristen, gehörten und in dieser<br />

Partei sowie deren Parlamentsarbeit in der Staatsduma<br />

Russlands eine gewichtige Rolle spielten.<br />

Im Wolgagebiet wurden H. Schellhorn, Amtsbezirks-<br />

Vorsteher und Abgeordneter der Landschaftsversammlung<br />

des Gouvernements Samara, der sich der Kadetten-Partei<br />

angeschlossen hatte, sowie der Trudowik Ja. Dietz, Rechtsanwalt<br />

und Zeitungsverleger aus dem Gouvernement<br />

Saratow, in die 1. Duma gewählt. Aus der Semstwo-Bewegung<br />

kamen A. A. Widmer (Gouvernement Bessarabien),<br />

Graf P. A. Heyden (Gouvernement Pskow), I. L. Schrag<br />

(Gouvernement Tschernigow), I. Ch. Münch (Gouvernement<br />

Cherson), der Unternehmer und Adelsmarschall<br />

aus Kolomenskoje, Baron A. A. Krüdener-Struve (Gouvernement<br />

Moskau), sowie Baron F. R. Steinheil (Kiew)<br />

und E. G. Stolp (Gouvernement Kiew) als Vertreter der<br />

Abb. 700<br />

Abb. 701<br />

Abb. 702<br />

за пределами Прибалтики этой роли не сыграли.<br />

Они стали лишь общественными организациями,<br />

выполнявшими в какой-то мере культурные и образовательные<br />

задачи. Единению всего немецкого<br />

населения России препятствовали значительные социальные,<br />

экономические и культурные различия.<br />

Религиозные различия между лютеранами, католиками<br />

и меннонитами были непреодолимой преградой<br />

для объединения немцев даже на уровне отдельных<br />

регионов поселения. Лишь в Царстве Польском и<br />

прибалтийских губерниях после 1905 г. возникли<br />

немецкие политические партии. В обеих столицах и<br />

российских губерниях немецкое население принимало<br />

участие в политической и общественной жизни,<br />

ориентируясь в соответствии со своим социальным<br />

положением и политическими взглядами. В Петербурге<br />

и Москве были созданы «Немецкие группы»,<br />

вошедшие в «Союз 17 октября» и сыгравшие в этой<br />

партии и ее деятельности в Государственной думе<br />

России значительную роль.<br />

В Поволжье в I Думу были избраны Г. Шельгорн<br />

(волостной старшина, гласный самарского губернского<br />

земства), примкнувший к партии конституционных<br />

демократов, и трудовик Я. Дитц (адвокат,<br />

издатель газеты в Саратовской губ.). Из земского<br />

движения вышли А. А. Видмер (Бессарабская губ.),<br />

граф П. А. Гейден (Псковская губ.), И. Л. Шраг (Черниговская<br />

губ.), И. Х. Минх (Херсонская губ.), барон<br />

А. А. Крюденер-Струве (Московская губ.), который<br />

был предпринимателем и коломенским предводителем<br />

дворянства, а барон Ф. Р. Штейнгель (Киев) и<br />

Е. Г. Шольп (Киевская губ.) были из интеллигенции.<br />

В справочнике «Государственная дума Российской<br />

империи. 1906–1917» (2006) Шольп и Шраг значатся<br />

православными украинцами, бароны Штейнгель и<br />

Илл. 700<br />

Илл. 701<br />

Илл. 702<br />

Депутаты I Государственной думы:<br />

Abgeordnete der I. Staatsduma:<br />

700. Г. Х. Шельгорн (1860–?).<br />

Фото. Начало ХХ в.<br />

H. Ch. Schellhorn (1860–?).<br />

Foto. Anfang 20. Jh.<br />

701. Я. Диц (1864–1917).<br />

Фото. Начало ХХ в.<br />

Ja. Dietz (1864–1917).<br />

Foto. Anfang 20. Jh.<br />

702. Граф П. А. Гейден (1840–1907). Фото. 1906<br />

Graf P. A. Heyden (1840–1907). Foto. 1906


703<br />

704<br />

703. Заседание III Государственной думы. Фото. 1915<br />

Sitzung der III. Staatsduma. Foto. 1915<br />

704. Собрание членов «Союза 17 октября» в Московской городской думе. Фото. [1913]<br />

Versammlung der Mitglieder des „Verbands vom 17. Oktober“ in der Moskauer Stadtduma. Foto. [1913]


Немцы в российской истории 303<br />

Intelligenzler. Im Handbuch „Die Staatsduma des Russischen<br />

Reiches. 1906–1917“ von 2006 werden Stolp und<br />

Schrag als orthodoxe Ukrainer, die Barone Steinheil und<br />

Krüdener-Struve als ev.-luth. Glaubens aus russifizierten<br />

Geschlechtern geführt. Ähnlich war auch die Zusammensetzung<br />

der Abgeordneten mit deutschen Familiennamen<br />

in der 2. bis 4. Duma. Ein Großteil von ihnen gehörte<br />

der Fraktion der Oktobristen an, es gab aber auch Rechte,<br />

Progressisten und Nationalisten. Eine deutsche Gruppe<br />

oder Fraktion gab es in der Staatsduma nicht.<br />

Herausragende Persönlichkeiten waren Baron Alexander<br />

von Meyendorff (stellvertretender Vorsitzender der<br />

3. Staatsduma und Vorsitzender mehrerer Kommissionen<br />

der 3. und 4. Duma) und der Nachfahre von Kolonisten<br />

aus dem Gouvernement Cherson, Ludwig Lutz,<br />

Abgeordneter der 2. bis 4. Duma und Mitglied mehrerer<br />

Duma-Kommissionen.<br />

Trotz der positiven wirtschaftlichen Entwicklung und<br />

der aktiven Teilnahme der Russlanddeutschen am gesellschaftlichen<br />

und politischen Leben des Landes endete<br />

die postreformatorische Periode im Leben der Deutschen<br />

Russlands in einer zuvor nicht vorstellbaren Katastrophe.<br />

Nationalistisch eingestellte Kreise warfen immer wieder,<br />

vor allem mit Blick auf den Grundbesitz der deutschen<br />

Siedler-Eigentümer, der ehemaligen Kolonisten, die sogenannte<br />

deutsche Frage auf. Im Jahre 1910, lange vor dem<br />

Ersten Weltkrieg, legte P. A. Stolypin, Vorsitzender des<br />

Ministerrates, der Staatsduma einen Gesetzentwurf zur<br />

Beratung vor, dem zufolge allen Personen ausländischer<br />

Herkunft sowie den deutschen Siedlern in den Gouvernements<br />

Kiew, Wolhynien und Podolien zukünftig das<br />

Recht entzogen werden sollte, Grundbesitz außerhalb von<br />

Städten und Marktflecken zu erwerben, zu pachten oder zu<br />

vererben. Auf Initiative von Karl Lindemann, Mitglied des<br />

Zentralkomitees des „Verbands vom 17. Oktober“ fanden im<br />

Abb. 703<br />

Abb. 704<br />

Abb. 705<br />

Abb. 706<br />

Крюденер-Струве – евангелическо-лютеранского вероисповедания<br />

из обрусевших немецких родов. Подобным<br />

был состав депутатов с немецкими фамилиями<br />

в Думе второго – четвертого созывов. Бо´льшая их<br />

часть состояла членами фракции «Союза 17 октября»,<br />

но были и правые, прогрессисты, националисты. Немецкой<br />

группы или фракции в Государственной думе<br />

не существовало.<br />

Наиболее яркими фигурами являлись барон<br />

А. Ф. Мейен дорф (товарищ председателя III Государственной<br />

думы, председатель ряда комиссий III и<br />

IV Думы) и выходец из колонистов Херсонской губернии<br />

Л. Лютц, депутат Думы второго – четвертого<br />

созывов, принимавший участие в работе ее<br />

комиссий.<br />

Закончился пореформенный период жизни немцев<br />

России, несмотря на их положительное экономическое<br />

развитие и активное участие в общественной<br />

и политической жизни страны, немыслимой до того<br />

катастрофой. Националистически настроенные круги<br />

систематически подогревали «немецкий вопрос»,<br />

имея в виду, прежде всего, землевладение немецких<br />

поселян-собственников (бывших колонистов). Еще<br />

задолго до Первой мировой войны, в 1910 г., председателем<br />

Совета министров П. А. Столыпиным был<br />

внесен на обсуждение Государственной думы проект<br />

закона, предполагавший лишить всех лиц иностранного<br />

происхождения и немецких поселян Киевской,<br />

Волынской и Подольской губерний права впредь<br />

покупать, арендовать или передавать по наследству<br />

земельные владения вне городов и местечек. По инициативе<br />

члена ЦК «Союза 17 октября» К. Линдемана<br />

в руководстве партии были проведены слушания,<br />

в результате которых ее фракция в Думе отвергла<br />

этот законопроект.<br />

Илл. 703<br />

Илл. 704<br />

Илл. 705<br />

Илл. 706<br />

705. Барон А. Ф. Мейендорф (1869–1964).<br />

Фото. Начало ХХ в.<br />

Baron A. F. Meyendorff (1869–1964).<br />

Foto. Anfang 20. Jh.<br />

706. Профессор К. Линдеман (1844–1929).<br />

Фото. 1920-е гг.<br />

Professor K. Lindeman (1844–1929).<br />

Foto. 1920er Jahre<br />

705 706


304 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Kreis der Parteispitze Anhörungen statt, in deren Folge die<br />

Fraktion in der Duma diesen Gesetzentwurf ablehnte.<br />

1912 legte die Regierung der Duma einen neuen Gesetzentwurf<br />

„Über den Schutz russischen Grundbesitzes in den<br />

Gouvernements Kiew, Wolhynien, Podolien und Bessarabien“<br />

vor, der einen Begriff enthielt, der sich jedweder juristischen<br />

Definition und Auslegung entzog: „Ausländer, welche sich die<br />

russische Nationalität nicht aneigneten“. Das Zentralkomitee<br />

der Oktobristen beschäftigte sich auf einer erneuten Tagung<br />

mit diesem Thema, in dessen Ergebnis der Vorsitzende<br />

des ZK, A. I. Gutschkow, zu dem Schluss kam, dass „weder<br />

für die russische Kultur, noch für den russischen Staat eine<br />

Gefahr von deutschen Siedlungen in den Randgebieten<br />

Russlands ausgeht“ und „man Maßnahmen ergreifen soll,<br />

die zum kulturellen Aufschwung und zur Verbesserung der<br />

wirtschaftlichen Lage der russischen Bevölkerung in den<br />

Gouvernements an unser Westgrenze führen“ würden.<br />

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges heizte sich die Situation<br />

auf. Am 19. Juli 1914 fand in der Hauptkathedrale der<br />

ev.-luth. Kirche Russlands, in St. Petersburg, ein feierlicher<br />

Fürbittgottesdienst für den Sieg Russlands über den Feind<br />

statt, aber am 22. und 23. Juli fiel eine große Menschenmenge<br />

nicht nur über die zu diesem Zeitpunkt bereits geräumte<br />

Deutsche Botschaft her, sondern verwüstete auf dem Weg<br />

dorthin auch Geschäfte und Cafés von Eigentümern mit<br />

deutscher Staatsangehörigkeit, aber auch von Deutschen mit<br />

russischer Staatsangehörigkeit. Auf der Sitzung der Duma<br />

am 26. Juli 1914 versicherte Baron G. E. Voelkersahm, Abgeordneter<br />

für das Gouvernement Kurland, den anwesenden<br />

Nikolaj II. der Bereitschaft der treuergebenen deutschen<br />

Bevölkerung des Baltikums, für den Schutz von Thron und<br />

Vaterland einzustehen. Eine ähnliche Erklärung gab auch<br />

L. G. Lutz, Abgeordneter für das Gouvernement Cherson,<br />

namens der Siedler-Eigentümer und aller Deutschen mit russischer<br />

Staatsangehörigkeit ab. Auch in anderen Städten des<br />

Reiches wurden Gottesdienste abgehalten. Allerorts begann<br />

man Spenden für die russische Armee zu sammeln.<br />

Ungeachtet dessen verschärfte sich der Ton antideutscher Veröffentlichungen<br />

in einer Reihe von Zeitungen und Zeitschriften.<br />

Von der Gesellschaft und den Regierungsmitgliedern<br />

wurden sie unterschiedlich reflektiert. Es gab Aufrufe, in den<br />

gefordert wurde, zwischen Reichsdeutschen und Deutschen<br />

mit russischer Staatsangehörigkeit zu unterscheiden, und<br />

Regierungschef I. L. Gorjemkin wertete in der Sitzung des<br />

Ministerrates am 28. Oktober 1914 mit Blick auf die Ausfälle<br />

der Presse die „täglich und allabendlich stattfindende Hetzjagd<br />

auf die Deutschen“ als unzulässig. Der Justizminister<br />

I. G. Schtscheglowitow hingegen unterstützte die sich ausweitenden<br />

antideutschen Kampagnen. Später stand er sogar<br />

an der Spitze des sogenannten Kampfes gegen die „deutsche<br />

Vorherrschaft“ in der Wirtschaft, wobei sich dieser Kampf<br />

nicht nur gegen Staatsbürger aus Ländern, die mit Russland<br />

im Krieg standen, richtete, sondern auch gegen russische<br />

Staatsbürger, die aus solchen Ländern stammten. Ab dem<br />

22. September 1914 wurden mehrere Verordnungen des<br />

Ministerrates veröffentlicht, in denen Staatsangehörigen von<br />

Ländern, die mit Russland im Krieg stehen, das Verfügungsrecht<br />

über ihre Immobilien und ihr Kapital entzogen wurde,<br />

und am 2. Februar 1915 wurden drei Verordnungen des<br />

Abb. 707 Илл. 707<br />

Abb. 708<br />

Abb. 709<br />

Илл. 708<br />

Илл. 709<br />

В 1912 гг. правительство внесло на рассмотрение<br />

в Думу новый законопроект «Об ограждении русского<br />

землевладения в губерниях Киевской, Волынской,<br />

Подольской и Бессарабской», содержавший не<br />

поддающееся никакому юридическому определению<br />

и обоснованию понятие «инородцы, не усвоившие<br />

русскую национальность». ЦК «Союза 17 октября»<br />

вновь провел заседание по этому вопросу, в результате<br />

которого председатель ЦК А. И. Гучков<br />

пришел к выводу, что «ни русская культура, ни<br />

русская государственность не подвергаются опасности<br />

от немецких поселений на окраине России»<br />

и «надлежит принять меры к культурному подъему<br />

и улучшению экономического положения русского<br />

населения в губерниях, прилегающих к нашей западной<br />

границе».<br />

После начала Первой мировой войны обстановка<br />

накалилась. 19 июля 1914 г. в главном соборе<br />

евангелическо-лютеранской церкви в России<br />

в Санкт-Петербурге состоялся торжественный<br />

молебен в дарование победы над врагом, но<br />

22– 23 июля многочисленная толпа не только напала<br />

на уже опустевшее к тому времени германское<br />

посольство, но и громила по пути магазины и<br />

кафе германскоподданных владельцев, а заодно<br />

российскоподданных немцев. На заседании Думы<br />

26 июля 1914 г. депутат от Курляндской губернии<br />

барон Г. Е. Фелькерзам заверил присутствовавшего<br />

Николая II в готовности верноподданнического<br />

немецкого населения Прибалтийского края<br />

встать на защиту престола и отечества. Подобное<br />

заявление от имени поселян-собственников и<br />

всех российскоподданных немцев сделал депутат<br />

от Херсонской губернии Л. Г. Люц. Богослужения<br />

были проведены и в других городах империи. Повсеместно<br />

начался сбор пожертвований в пользу<br />

русской армии.<br />

Антинемецкие публикации в ряде газет и журналов,<br />

несмотря на это, принимали все более резкий тон.<br />

Воспринимались они общественностью и членами<br />

правительства неоднозначно. Раздавались призывы<br />

различать германцев от российскоподданных немцев,<br />

а глава правительства И. Л. Горемыкин на заседании<br />

Совета министров 28 октября 1914 г.,<br />

имея в виду выпады печати, оценил «ежедневную<br />

и ежевечернюю травлю немцев» как недопустимые<br />

факты. Свою поддержку развернувшейся антинемецкой<br />

кампании выразил министр юстиции<br />

И. Г. Щегловитов. В дальнейшем он возглавил так<br />

называемую борьбу с «немецким засильем» в сфере<br />

экономики, которая была нацелена не только<br />

на подданных воюющих с Россией держав, но и<br />

на выходцев из этих стран, состоявших в российском<br />

подданстве. Начиная с 22 сентября 1914 г.<br />

был издан целый ряд положений Совета министров,<br />

лишавших подданных воюющих с Россией<br />

стран права пользования своей недвижимостью и<br />

капиталом, а 2 февраля 1915 г. были подписаны<br />

три положения Совета министров, нацеленные


Немцы в российской истории 305<br />

Ministerrates unterzeichnet, die darauf abzielten, österreichischen,<br />

ungarischen, türkischen und deutschen Staatsangehörigen<br />

sowie russischen Untertanen, die aus Österreich, Ungarn<br />

und Deutschland stammten, Grundbesitz und Bodennutzung<br />

zu untersagen. Diese Verordnungen betrafen Grundbesitz<br />

und gepachtete Ländereien innerhalb eines 100 bis 150 Werst<br />

breiten Streifens zwischen Finnland und Transkaukasien. Ab<br />

Oktober 1914 wurde verfügt, deutsche Ortschaften im gesamten<br />

Reich umzubenennen. Es folgten Verbote für Zeitungen,<br />

Bücher und Bekanntmachungen in deutscher Sprache. Ab<br />

November waren in den lutherischen Kirchen Gottesdienste<br />

in deutscher Sprache und jegliche Zusammenrottungen in<br />

der Öffentlichkeit untersagt, ab Februar 1915 „Ansammlungen<br />

von mehr als zwei männlichen Deutschen, auch wenn<br />

sie russische Untertanen sind, sowohl in ihren Häusern als<br />

auch außerhalb“. Um die antideutschen Maßnahmen der<br />

Regierung zu koordinieren wurde in Verantwortung des<br />

Justizministers und des Ministers für Handel und Industrie<br />

eine Interministerielle Beratung gegründet. Im März 1916<br />

wurde mit Genehmigung Nikolajs II. das Sonderkomitee zur<br />

Bekämpfung der deutschen Vorherrschaft gebildet.<br />

Unter dem Eindruck dieser Politik änderte sich rasch die<br />

öffentliche Meinung und wurde gegenüber den Deutschen<br />

zunehmend aggressiver. Vom 27. bis 29. Mai 1915 kam<br />

es in Moskau zu antideutschen Pogromen, wobei 475 unterschiedliche<br />

Betriebe und 217 Häuser und Wohnungen<br />

vollständig oder teilweise zerstört wurden. Der Schaden<br />

wurde auf eine Summe von ca. 30 Millionen Rubeln beziffert.<br />

Pogrome dieses Ausmaßes wurden von den Behörden später<br />

nicht mehr geduldet, aber die Verordnungen über die Liquidierung<br />

deutschen Grundbesitzes und deutscher Bodennutzung<br />

wurden Schritt für Schritt auf andere Gouvernements<br />

ausgeweitet und hatten im Februar 1917 das gesamte Territorium<br />

Russlands erfasst. Nur der Sturz der Selbstherrschaft<br />

verhinderte deren vollständige Umsetzung.<br />

Abb.<br />

710, 711<br />

на прекращение землевладения и землепользования<br />

как австрийских, венгерских, турецких и германских<br />

подданных, так и австрийских, венгерских<br />

и германских выходцев. Они распространялись<br />

на владения и арендованные земли в пределах<br />

100-верстной и 150-верстной полосы от Финляндии<br />

до Закавказья. С октября 1914 г. санкционировалось<br />

переименование немецких населенных<br />

пунктов по всей империи, последовали запреты<br />

на издание газет, книг и объявлений на немецком<br />

языке, в ноябре – на проведение богослужения<br />

в лютеранских церквях на немецком языке и всякие<br />

скопления на улицах, а в феврале 1915 г. – на «сборища<br />

взрослых мужчин немцев более двух, даже<br />

из числа русскоподданных, как в своих жилищах,<br />

так и вне их». Для координации антинемецких мер<br />

правительства при министре юстиции и министре<br />

торговли и промышленности функционировали<br />

междуведомственные совещания, а в марте 1916 г.<br />

создан Особый комитет по борьбе с немецким засильем,<br />

утвержденный Николаем II.<br />

Общественное мнение под влиянием этой политики<br />

быстро менялось, становясь по отношению<br />

к немцам все более агрессивным. 27–29 мая 1915 г.<br />

состоялись антинемецкие погромы в Москве, в ходе<br />

которых 475 различных предприятий и 217 домов и<br />

квартир были полностью или частично уничтожены.<br />

Убытки оценивались на сумму около 30 млн руб.<br />

Таких масштабных погромов власти в дальнейшем<br />

не допускали, но постановления о ликвидации немецкого<br />

землевладения и землепользования постепенно<br />

распространялись и на другие губернии,<br />

охватив в феврале 1917 г. всю территорию России.<br />

Лишь свержение самодержавия помешало их полной<br />

реализации.<br />

Илл.<br />

710, 711<br />

707. «Прощание Пурталеса<br />

с германским посольством» –<br />

карикатура на германского посла<br />

в России графа Ф. фон Пурталеса<br />

из российского журнала «Новый<br />

Сатирикон», вышедшего через<br />

неделю после погрома посольства.<br />

31 июля 1914<br />

„Abschied des F. von Pourtales<br />

von der deutschen Botschaft“,<br />

eine Karikatur auf den deutschen<br />

Botschafter in Russland Graf<br />

F. von Pourtales aus der russischen<br />

Zeitschrift „Neues Satirikon“, die<br />

eine Woche nach der Verwüstung<br />

der Botschaft erschienen ist.<br />

31. Juli 1914<br />

708. Карикатура на тему борьбы<br />

с немецким засильем. 1915<br />

Karikatur zum Thema<br />

„Kampf mit der deutschen<br />

Übermacht“. 1915<br />

707 708


709 710<br />

711<br />

709. Неофициальное комментированное издание ликвидационного закона от 2 февраля 1915 г. Одесса, 1916<br />

Nichtamtliche kommentierte Ausgabe des Liquidationsgesetzes vom 2. Februar 1915. Odessa, 1916<br />

710. Остатки магазина немецкого предпринимателя после антинемецкого погрома в Москве. Фото. 1915<br />

Reste eines Ladens eines deutschen Unternehmers nach dem gegen Deutsche gerichteten Pogrom in Moskau. Foto. 1915<br />

711. Рисунок из немецкого социал-демократического сатирического журнала «Правдивый Якоб», обсуждавшего антинемецкий погром в Москве. 1915<br />

Zeichnung aus der deutschen sozial-demokratischen Satirezeitschrift „Der wahre Jakob“ mit Darstellung des gegen Deutsche gerichteten Pogroms in Moskau. 1915


Немцы в российской истории 307<br />

Ethnografie<br />

Этнография<br />

T. Smirnowa (Omsk) Т. Смирнова (Омск)<br />

Die Mentalität und die Lebensweise der deutschen Bevölkerung<br />

in Städten und ländlichen Kolonien haben<br />

im 18. und 19. Jahrhundert häufig die Aufmerksamkeit<br />

von Reisenden wie I. I. Lepjochin, J. A. Güldenstedt,<br />

P. S. Pallas, S. G. Gmelin oder J. G. Kohl auf sich gezogen, die<br />

uns Beschreibungen des Alltagslebens und der Kleidung, der<br />

Einrichtung der Wohnhäuser und der Wirtschaftsführung in<br />

einzelnen Kolonien an der Wolga und in Neurussland hinterlassen<br />

haben. Auch lutherische und orthodoxe Geistliche<br />

sowie Beamte der Vormundschaftsbehörden interessierten<br />

sich dafür. Informationen dieser Art kann man auch den<br />

kurzen Abrissen über die Gründung und Entwicklung der<br />

Kolonien entnehmen, die 1848 auf Anregung der Verwaltung<br />

für jede Kolonie Neurusslands geschrieben wurden.<br />

Die ethnografische Erforschung der Deutschen Russlands<br />

begann in den 1860er Jahren, als in Vorbereitung auf die<br />

1. Gesamtrussische ethnografische Ausstellung im Sommer<br />

1867 in Moskau eine Kollektion von Damen- und Herrenbekleidung<br />

der Kolonisten an der Wolga, Transkaukasiens<br />

und der Ukraine zusammengestellt wurde. Die Kollektion<br />

umfasste 27 Teile aus den 1820er und 1830er Jahren und<br />

wurde nach Ausstellungsschluss dem Daschkow-Museum<br />

für Ethnografie übergeben. Heute gehört die Sammlung<br />

zum Bestand des Russischen Ethnografischen Museums in<br />

St. Petersburg. Diese Sammlung der materiellen Kultur wird<br />

durch Erinnerungen des aus der Wolga-Kolonie Schilling<br />

stammenden P. K. Galler über den Alltag deutscher Kolonisten<br />

in den 1860er Jahren ergänzt.<br />

Einige Beschreibungen des Alltags der Wolgadeutschen, ihres<br />

Kulturerbes und ihrer Bräuche wurden am Vorabend des<br />

150. Jahrestages der Gründung der ersten deutschen Kolonien<br />

an der Wolga veröffentlicht. Dazu gehört eine Sammlung<br />

von 280 Volksliedern und Kindergedichten der Wolgadeutschen,<br />

herausgegeben von P. Sinner und J. Erbes. Auch<br />

Aufzeichnungen von J. Dietz aus dem Jahr 1914 über Leben,<br />

Charakter, Sitten und Bräuche der Kolonisten an der Wolga<br />

Abb.<br />

712–714<br />

Abb. 715<br />

Abb. 716<br />

Менталитет и образ жизни немецкого населения<br />

городов и сельских колоний неоднократно<br />

притягивали к себе внимание<br />

путешественников XVIII–XIX вв. (И. И. Лепехин,<br />

И. А. Гюльденштедт, П. С. Паллас, С. Г. Гмелин,<br />

И. Г. Коль и др.), оставивших описания быта и<br />

одежды, интерьера и ведения хозяйства в отдельных<br />

колониях Поволжья и Новороссии. Эти вопросы<br />

интересовали также лютеранское и православное<br />

духовенство, чиновников попечительных<br />

органов. Составленные по инициативе начальства<br />

в 1848 г. каждой из новороссийских колоний краткие<br />

описания их основания и развития содержат<br />

много информации подобного характера.<br />

Начало этнографического изучения немцев России<br />

можно датировать 1860‐ми гг., когда при подготовке<br />

к 1‐й Всероссийской этнографической выставке,<br />

проходившей в Москве летом 1867 г., была собрана<br />

коллекция мужской и женской одежды колонистов<br />

Поволжья, Закавказья и Украины. Она включала<br />

в себя 27 предметов 20–30‐х гг. XIX в. и после<br />

выставки была передана в Дашковский этнографический<br />

музей, а ныне находится в фондах<br />

Российского этнографического музея (Петербург).<br />

Эту коллекцию материальной культуры дополняют<br />

воспоминания уроженца поволжской колонии<br />

Шиллинг П. К. Галлера о быте немцев-колонистов<br />

в 1860‐е гг.<br />

Несколько описаний быта поволжских немцев,<br />

их культурного наследия и нравов были изданы<br />

в преддверии 150-летнего юбилея основания первых<br />

немецких колоний в Поволжье. В их числе<br />

собрание из 280 народных песен и детских стишков<br />

поволжских немцев, опубликованное П. Зиннером<br />

и Й. Эрбесом. Сохранились и сделанные Я. Дицем<br />

в 1914 г. записи о жизни, характере, нравах и<br />

Илл.<br />

712–714<br />

Илл. 715<br />

Илл. 716


712, 713.<br />

Немцы-колонисты Саратовской губернии<br />

в национальной одежде, приобретенной для русской<br />

этнографической выставки 1867 г. в Москве.<br />

Фото манекенов Т. Митрейтера. Середина XIX в.<br />

Российский этнографический музей, С.‐Петербург<br />

Deutsche Kolonisten des Saratower Gouvernements<br />

in Volkstracht, die für die russische ethnographische<br />

Ausstellung von 1867 in Moskau erworben wurde.<br />

Fotos von Modellpuppen T. Mitreiters. Mitte 19. Jh.<br />

Russisches ethnographisches Museum, St.‐Petersburg<br />

714. Описание одежды немцев-колонистов<br />

Саратовской губернии в указателе экспонатов<br />

этнографической выставки. Москва, 1867<br />

Beschreibung der Kleidung deutscher<br />

Kolonisten des Gouvernements Saratow im<br />

Exponaten-Verzeichnis der ethnographischen<br />

Ausstellung. Moskau, 1867<br />

715. Воспоминания П. Галлера. Саратов, 1927<br />

Erinnerungen von P. Galler. Saratow, 1927<br />

712 713<br />

716. Собрание песен поволжских немцев,<br />

изданное к 150-летнему юбилею основания<br />

колоний. Саратов, 1914<br />

Wolgadeutsches Liederbuch, herausgegeben zum<br />

150. Gründungstag der Kolonien. Saratow, 1914<br />

717. Открытие выставки Омского<br />

государственного историко-краеведческого<br />

музея «Немцы в Сибири» в Славгороде<br />

(Алтайский край). Фото. 1996<br />

Eröffnung der Ausstellung des Staatlichen<br />

historisch-heimatkundlichen Museums Omsk<br />

„Die Deutschen Sibiriens“ in Slawgorod<br />

(Region Altaj). Foto. 1996<br />

718. Каталог немецкой коллекции Саратовского<br />

областного музея краеведения, собранной<br />

в ХХ в. 1998<br />

Katalog der Deutschen Sammlung des Saratower<br />

Heimatkundemuseums, die im 20. Jh.<br />

entstanden ist. 1998<br />

714<br />

715 716


Немцы в российской истории 309<br />

sind erhalten geblieben. Der erste Weltkrieg unterbrach die<br />

Vorbereitungen auf das Jubiläum und die im Zusammenhang<br />

damit geplanten Forschungen und Veröffentlichungen.<br />

Eine neue Etappe bei der Erforschung der Kultur der deutschen<br />

Kolonien begann in den 1920er Jahren an der Wolga<br />

und in der Ukraine. Diese Untersuchungen wurden noch<br />

vor der Deportation eingestellt, und später kamen solche<br />

Expeditionen erst recht nicht mehr in Frage. In der gesamten<br />

Nachkriegszeit erschienen nur einige wenige Arbeiten über<br />

die Deutschen im Altai und in Transkarpatien. In den 1990er<br />

Jahren kamen die historisch-ethnografischen Forschungen<br />

wieder in Gang. In allen Regionen, in denen Deutsche nach<br />

der Deportation kompakt lebten sowie in Gegenden, in denen<br />

Reste der materiellen Kultur der Russlanddeutschen erhalten<br />

geblieben sind, werden Expeditionen durchgeführt.<br />

All diese Untersuchungen zeigen die große Vielfalt deutscher<br />

Traditionen und die große Zahl ortsspezifischer kultureller<br />

Traditionen in Abhängigkeit von den jeweiligen natürlichen<br />

und klimatischen Verhältnissen, denn deutsche Kolonien<br />

wurden sowohl im Vorgebirge, als auch im Flachland,<br />

in der heißen, trockenen Steppe oder in der rauen Taiga<br />

gegründet. Aber nicht nur veränderte natürliche Bedingungen<br />

und die Notwendigkeit, sich diesen Bedingungen<br />

anpassen zu müssen, bewirkten eine Transformation der<br />

russlanddeutschen Kultur. Seit Ende der 1920er Jahre waren<br />

wesentliche kulturelle Transformationen auch auf politische<br />

Entscheidungen zurückzuführen. So hatte die Kollektivierung<br />

der Landwirtschaft die Auflösung der traditionellen<br />

Einzelhofwirtschaft und das Ende traditioneller Formen<br />

der Bewirtschaftung zur Folge. Die Deportation änderte<br />

radikal sämtliche Bereiche der Alltagskultur. Unter diesen<br />

Bedingungen konnte von einer vollständigen Fortsetzung<br />

alter Traditionen beim Hausbau, bei der Ernährung oder<br />

beim Nähen von Kleidern keine Rede mehr sein, denn<br />

es ging nur noch ums pure Überleben. Hinzu kam, dass<br />

Abb.<br />

717, 718<br />

обычаях колонистов Поволжья. Первая мировая<br />

война прервала подготовку к юбилею и связанные<br />

с ним исследования и публикации.<br />

Новый этап изучения культуры немецких колоний<br />

начался в 1920‐е гг. в Поволжье и Украине.<br />

Эти исследования были свернуты еще до депортации,<br />

а позже не могло идти и речи о проведении<br />

каких-либо экспедиций. За весь послевоенный<br />

период вышло несколько работ о немцах Алтая<br />

и Закарпатья. С 1990‐х гг. наблюдается всплеск<br />

историко-этнографических исследований, экспедиции<br />

проводятся во всех регионах, где немцы<br />

после депортации проживали компактно, а также<br />

в местах, где сохранились остатки материальной<br />

культуры российских немцев.<br />

Все эти исследования показывают большое разнообразие<br />

немецких традиций, наличие множества локальных<br />

типов традиционной культуры в зависимости<br />

от природно-климатических условий, поскольку<br />

немецкие колонии были основаны и в предгорьях,<br />

и на равнинах, и в жарких засушливых степях, и<br />

в суровой тайге. Но не только изменения природных<br />

условий и необходимость адаптации к этим условиям<br />

привели к трансформации культуры российских<br />

немцев. С конца 1920‐х гг. значительные культурные<br />

трансформации происходили в результате принятия<br />

политических решений. Так, коллективизация<br />

привела к ликвидации традиционного хуторского<br />

типа поселений и традиционного хозяйства. Кардинально<br />

изменила все сферы бытовой культуры<br />

депортация. В этих условиях не могло идти речи о<br />

полном воспроизводстве традиций строительства,<br />

питания, изготовления одежды, которые существовали<br />

раньше, поскольку речь шла об элементарном<br />

физическом выживании. К тому же в результате<br />

Илл.<br />

717, 718<br />

717 718


310 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

die Deutschen in Folge der Deportation über ein riesiges<br />

Territorium verteilt wurden. Die kompakte Lebensweise,<br />

ein wesentlicher Faktor für die Reproduktion kultureller<br />

Traditionen, war zerstört, die deutsche Kultur stand nun<br />

unter dem starken Einfluss der Traditionen benachbarter<br />

Völker und der Verbreitung von Massenkultur.<br />

Ungeachtet aller globalen Ereignisse des 20. Jahrhunderts<br />

und zahlreicher Massenumsiedlungen und trotz Assimilation<br />

konnte die Kultur der Russlanddeutschen in ihren<br />

Grundlagen erhalten bleiben und sich weiterentwickeln.<br />

Sie verkörpert eine einzigartige Verschmelzung von Traditionen,<br />

die die Übersiedler aus verschiedenen deutschen<br />

Ländern nach Russland mitbrachten, mit den Traditionen,<br />

die sich in den Kolonien an der Wolga, im Nordwesten<br />

und im Süden Russlands vor der Deportation entwickelten<br />

sowie denen, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

und gegenwärtig verbreitet wurden und werden. Die<br />

beständigsten Traditionen stehen im Zusammenhang mit<br />

kalendarischen Ereignissen und Familienbräuchen, mit der<br />

nationalen Küche und dem Kunstgewerbe, mit der Siedlung<br />

und dem Wohnhaus.<br />

депортации произошло расселение, распыление немцев<br />

по огромной территории. Компактный характер<br />

проживания, который является одним из основных<br />

факторов воспроизводства культурных традиций,<br />

был нарушен, большое влияние на немецкую культуру<br />

стали оказывать традиции окружающих народов<br />

и распространение массовой культуры.<br />

Несмотря на все глобальные события ХХ в., многочисленные<br />

массовые переселения и ассимиляцию,<br />

культура российских немцев сохранила свои основы,<br />

постоянно развивалась и представляет собой уникальный<br />

сплав традиций, которые были принесены<br />

в Россию переселенцами из разных германских государств,<br />

традиций, сформировавшихся в колониях<br />

Поволжья, северо-запада и юга России до депортации,<br />

и традиций, которые получили распространение<br />

во второй половине ХХ в. и в настоящее время.<br />

Наиболее устойчивые из них сохраняются в календарной<br />

и семейной обрядности, национальной кухне,<br />

декоративно-прикладном искусстве, поселениях и<br />

жилище.<br />

SIEDLUNGEN UND HEIMSTÄTTEN<br />

Die Gründung der Kolonien wurde wie der gesamte Prozess<br />

der Kolonisierung vom Staat gesteuert. Die Wahl der<br />

Standorte für die Gründung neuer Siedlungen an der Wolga<br />

richtete sich nach den Vorstellungen über die Zweckmäßigkeit<br />

der Lage einer Kolonie und der zu bildendenden<br />

Kolonistenkreise. Der für das Wolgagebiet entwickelte Musterplan<br />

einer Kolonie, dem der Gedanke zugrunde lag, allen<br />

Bewohnern gleiche Lebensbedingungen zu verschaffen,<br />

konnte aufgrund der Beschaffenheit des Geländes nicht<br />

überall realisiert werden. In manchen Fällen wählte man<br />

Siedlungsformen, die weder für die betreffende Region,<br />

Abb. 149 Илл. 149<br />

Поселения и жилище<br />

Создание колоний, как и сам и процесс колонизации,<br />

были управляемыми государством явлениями.<br />

Выбор места для основания новых поселений в Поволжье<br />

проводился в соответствии с представлениями<br />

о целесообразности и удобстве расположения<br />

колонии и устройства колониальных округов. Разработанный<br />

для Поволжья образцовый план колонии,<br />

предусматривавший создание одинаковых условий<br />

для всех ее жителей, из-за рельефа местности не<br />

везде можно было реализовать. В некоторых случаях<br />

избирали совершенно иные, нетипичные ни для<br />

719, 720.<br />

План колонии Орловская и различные типы<br />

планировки поволжских колоний. Фрагмент карты<br />

Саратовского и Золотовского округов. Р. Степанов<br />

и Я. Оболдуев. 1767. Российский государственный<br />

военно-исторический архив, Москва<br />

Plan der Kolonie Orlowskaja und unterschiedliche<br />

Grundrißtypen von Kolonien an der Wolga.<br />

Kartenfragment der Kreise Saratow und Solotoje.<br />

R. Stepanow und Ja. Oboldujew. 1767. Russisches<br />

Militär-Historisches Staatsarchiv, Moskau<br />

719


Немцы в российской истории 311<br />

noch für die Kolonisten typisch waren. So wurde z. B.<br />

die Kolonie Orlowskaja zu Ehren des Grafen G. Orlow<br />

O-förmig angelegt. Vorzugsweise wurden Kolonien in<br />

der Nähe von Gewässern, überwiegend an kleinen Flüssen<br />

oder Bächen, errichtet. In Neurussland traten diese<br />

Flüsse während des Frühjahrshochwassers über die Ufer<br />

und überfluteten nicht nur bestellte Ackerflächen, sondern<br />

auch Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude. So mussten<br />

Kolonien an einen neuen verlegt werden.<br />

Die für Deutsche eigentlich typischen Haufensiedlungen<br />

gab es in Russland kaum, da alle Kolonien nach<br />

Regierungsvorgaben gebaut wurden und einen linearen<br />

Grundriss aufwiesen. Die Kolonien hatten in der Regel<br />

mehrere Straßen, von denen eine die Hauptstraße war,<br />

und alle Straßen wurden von Gassen gekreuzt. In der<br />

Mitte der Siedlung wurde ein Platz für die Kirche und<br />

die Schule angelegt.<br />

Deutsche Gehöfte weisen in ihrer Anordnung und Bebauung<br />

eine große Vielfalt aus. Am weitesten verbreitet waren<br />

Gehöfte mit paralleler Anordnung, in U-Form, in lockerer<br />

oder zusammenhängender Einreichen-Anordnung. Im<br />

ersteren Fall lag das Wohnhaus auf der rechten Seite des<br />

Gehöfts, die Wirtschaftsgebäude lagen auf der linken Seite,<br />

wobei die Fenster der Sommerküche in der Regel der Straße<br />

zugewandt waren. Daran schlossen sich einreihig die übrigen<br />

Wirtschaftsgebäude an. In der Mitte des Gehöfts gibt es<br />

einen Hof, und dahinter liegt der Gemüsegarten. Im zweiten<br />

Fall sind das Wohnhaus und die Wirtschaftsgebäude durch<br />

Speicher, Pferdestall oder Scheune U-förmig miteinander<br />

verbunden. Bei freier Anordnung liegt das Wohnhaus in<br />

der Mitte des Gehöfts, während die Wirtschaftsgebäude<br />

locker, vorwiegend am Rande des Hofes, verteilt sind.<br />

Bei zusammenhängender einreihiger Anordnung sind<br />

das Wohnhaus und die Wirtschaftsgebäude miteinander<br />

zu einem einheitlichen Langbau verbunden, wobei ein<br />

Abb. 719<br />

Abb. 720<br />

Abb.<br />

721–723<br />

региона поселения, ни для колонистов, формы селения.<br />

Так, колония Орловская была заложена в форме<br />

буквы «О» в честь графа Г. Орлова. Предпочтение для<br />

основания колонии отдавалось местам вблизи водоемов,<br />

чаще – мелких рек или на берегу ручья. В Новороссии<br />

такие речки в период весеннего половодья<br />

выходили из берегов, затопляя не только возделанные<br />

участки земли, но и жилые дома с хозяйственными<br />

постройками. Это вынуждало к переносу колонии<br />

на новое место.<br />

В России практически отсутствовала типичная для<br />

немцев кучевая форма поселений, поскольку все колонии<br />

застраивались в соответствии с правительственными<br />

инструкциями и имели линейную планировку.<br />

Как правило, все колонии имели несколько улиц,<br />

одна из которых была центральной, и эти улицы<br />

пересекались переулками. В центре поселения устраивалась<br />

площадь, на которой располагались церковь<br />

и школа.<br />

Немецкие усадьбы отличаются большим разнообразием<br />

планировки и традиций застройки, но наиболее<br />

распространенными являются усадьбы с параллельной,<br />

П-образной, свободной и слитной однорядной<br />

планировкой. В первом случае жилой дом расположен<br />

с правой стороны усадьбы, хозяйственные постройки<br />

– с левой стороны (как правило, окнами на улицу<br />

выходит летняя кухня, к ней последовательно<br />

пристраиваются другие хозяйственные помещения).<br />

В центре усадьбы – двор, за которым начинается<br />

огород. Во втором случае жилые и хозяйственные<br />

постройки соединены между собой амбаром, конюшней<br />

или сараем в форме буквы «П». При свободной<br />

планировке в центре усадьбы находится жилой дом,<br />

а хозяйственные постройки располагаются хаотично,<br />

в основном по периметру усадьбы. В случае слитной<br />

Илл. 719<br />

Илл. 720<br />

Илл.<br />

721–723<br />

720


721. Типичный колонистский двор<br />

(Екатериненштадт Самарской губ.).<br />

Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />

Typischer Kolonistenhof<br />

(Katharinenstadt, Gouvernement<br />

Samara). Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />

721<br />

722. Колонистский двор (Бальцер<br />

Саратовской губ.). Фото. Начало ХХ в.<br />

Землячество немцев из России,<br />

Штутгарт<br />

Kolonistenhof (Balzer, Gouvernement<br />

Saratow). Foto. Anfang 20. Jh.<br />

Landsmannschaft der Deutschen aus<br />

Russland, Stuttgart<br />

722<br />

723. Типичный меннонитский двор второй<br />

половины XIX в. (Александерталь<br />

Самарской губ.). С рисунка А. Гардера.<br />

Середина ХХ в.<br />

Typischer Mennonitenhof der<br />

2. Hälfte des 19. Jh. (Alexandertal,<br />

Gouvernements Samara). Nach einer<br />

Zeichnung von A. Harder. Mitte 20. Jh.<br />

723


Немцы в российской истории 313<br />

Gebäude am anderen angebaut wird. Solche Langhäuser<br />

konnten sowohl parallel zur Straße, als auch im rechten<br />

Winkel dazu errichtet werden. Im letzten Fall schlossen<br />

die Wirtschaftsgebäude wie Stall, Speicher und Scheune<br />

am hinteren Teil des Wohnhauses, zum Gemüsegarten<br />

hin, an. Bei den Russlanddeutschen war es weit verbreitet,<br />

Wohn- und Wirtschaftsräume unter einem Dach zu vereinen,<br />

weil man dann in kalten Wintern weniger häufig ins<br />

Freie musste und die Wärme besser halten konnte.<br />

Im 18. und 19. Jahrhundert betrieben die deutschen Kolonisten<br />

Naturalwirtschaft, mit dem vollständigen Zyklus<br />

der Verarbeitung und Speicherung der landwirtschaftlichen<br />

Erzeugnisse. Dazu wurden Mühlen, Trockenkeller<br />

unter den Wohnhäusern, Eiskeller und im Wolgagebiet<br />

mit seinen Holzbauten zusätzlich und in einer gewissen<br />

Entfernung zum Wohnhaus ein Keller zur Lagerung von<br />

Kleidung und eines Teils des Hausrates gebaut, falls während<br />

der Arbeit auf den entfernt Feldern auf dem Hof ein<br />

Feuer ausbrechen sollte.<br />

Das Baumaterial und die Techniken des Hausbaus unterschieden<br />

sich je nach Region in Abhängigkeit von lokalen<br />

Gegebenheiten deutlich voneinander. Fast überall, insbesondere<br />

in den ersten Jahren der Ansiedlung, wurden aus<br />

Rasenfilzplatten sogenannte Wiesen- oder Plattenhütten<br />

gebaut. Diese Behausungen zerfielen aber bald, weil die<br />

Graswurzeln, die die Rasenfilzplatten zusammenhielten,<br />

austrockneten, so dass die Siedler, nachdem sie sich am<br />

neuen Standort eingerichtet hatten, begannen, Häuser aus<br />

langlebigerem Material zu bauen. Daneben übernahmen<br />

russische Kaufleute als Auftragnehmer und russische Bauern<br />

mit Erfahrungen beim Bau von Holzhäusern die Erstbebauung<br />

von Kolonien an der Wolga.<br />

In Neurussland stand am Anfang vieler Kolonien der<br />

Bau von Erdhütten. Da es hier komplizierter war, Holz<br />

zu den Baustellen zu flößen, war es auch entsprechend<br />

Abb. 724<br />

Abb. 725<br />

Abb.<br />

726–728<br />

Abb.<br />

729–731<br />

Abb. 732<br />

однорядной планировки жилой дом и хозяйственные<br />

помещения соединены между собой в одно длинное<br />

строение, они пристраиваются последовательно друг<br />

к другу. Такие длинные дома могут располагаться как<br />

параллельно линии улицы, вдоль нее, так и перпендикулярно,<br />

когда хлев, амбар и сараи пристраиваются<br />

к задней части дома, со стороны огорода. Соединение<br />

под одной крышей жилых и хозяйственных помещений<br />

было очень распространено у российских немцев,<br />

поскольку позволяло холодными зимами реже выходить<br />

на улицу и сохранять тепло.<br />

В XVIII–XIX вв. немецкие колонисты вели натуральное<br />

хозяйство с полным циклом переработки<br />

и хранения сельскохозяйственных продуктов. Для<br />

этого строились мельницы, сухие погреба под домами,<br />

погреба-ледники, а в Поволжье с его деревянной<br />

застройкой – погреба для хранения одежды и части<br />

утвари на случай пожара во время полевых работ<br />

на участках в отдалении от жилых домов.<br />

Строительные материалы и техника возведения домов<br />

очень сильно различались в разных регионах в зависимости<br />

от местных условий. Почти повсеместно, особенно<br />

в первые годы после переселения, дома строили<br />

из земляных пластов, так называемые «луговые дома»,<br />

или «пластянки». Эти постройки быстро разрушались<br />

из-за усыхания корней травы, скрепляющих землю,<br />

поэтому, обустроившись на новом месте, переселенцы<br />

начинали возводить дома из более долговечных<br />

материалов. Наряду с этим первая застройка колоний<br />

в Поволжье производилась русскими купцами-подрядчиками<br />

и русскими же крестьянами, имевшими<br />

навыки в строительстве срубных домов.<br />

В Новороссии многие колонии начинались со строительства<br />

землянок. Доставка строительного леса сплавом<br />

к месту строительства была намного сложнее.<br />

Илл. 724<br />

Илл. 725<br />

Илл.<br />

726–728<br />

Илл.<br />

729–731<br />

Илл. 732<br />

724. Типичный двор<br />

в причерноморских<br />

колониях. Фото<br />

А. Айсфельда. 1998<br />

Typischer Hof<br />

in Kolonien des<br />

Schwarzmeergebiets.<br />

Foto von A. Eisfeld.<br />

1998<br />

724


725. Мельницы. Фото. Начало ХХ в.<br />

Землячество немцев из России,<br />

Штутгарт<br />

Mühlen. Foto. Anfang 20. Jh.<br />

Landsmannschaft der Deutschen<br />

aus Russland, Stuttgart<br />

725<br />

726–728.<br />

Погреб (ледник), колодец или<br />

цистерна были обязательны в каждом<br />

колонистском хозяйстве:<br />

Keller (Eiskeller), Brunnen oder<br />

eine Zisterne waren in jeder<br />

Kolonistenwirtschaft obligatorisch:<br />

726. Погреба во дворах (Зельц<br />

Херсонской губ.). Фото. Начало<br />

ХХ в. Землячество немцев из<br />

России, Штутгарт<br />

Keller im Hof (Selz, Gouvernement<br />

Cherson). Foto. Anfang 20. Jh.<br />

Landsmannschaft der Deutschen<br />

aus Russland, Stuttgart.<br />

726<br />

727 728<br />

727. Вход в погреб (Херсонская губ.). Фото А. Айсфельда. 2007.<br />

Eingang in den Keller (Gouvernement Cherson). Foto von A. Eisfeld. 2007<br />

728. Цистерна (Нейбург Херсонской губ.). Фото А. Айсфельда. 1998<br />

Zisterne (Neuburg, Gouvernement Cherson). Foto von A. Eisfeld. 1998


729<br />

729. Проект колонистского дома<br />

в Санкт‐Петербургской губернии [А. Воронихин].<br />

1809. Фрагмент. Российский государственный<br />

исторический архив, С.‐Петербург<br />

Projekt eines Kolonistenhauses für das<br />

Gouvernement St. Petersburg. [A. Woronichin].<br />

1809. Fragment. Russisches Historisches Staatsarchiv,<br />

St. Petersburg<br />

730. Деревянный колонистский дом второго периода<br />

застройки (Орловское Самарской губ.).<br />

Фото А. Айсфельда. 2007<br />

Kolonisten-Holzhaus der 2. Bauphase (Orlowskoje,<br />

Gouvernement Samara). Foto von A. Eisfeld. 2007<br />

730<br />

731. Типичный меннонитский дом второй<br />

половины XIX в., крытый черепицей (Кеппенталь<br />

Самарской губ.). Фото. Начало ХХ в.<br />

Typisches Mennonitenhaus der 2. Hälfte des 19. Jh.<br />

mit Dachpfannen (Köppental, Gouvernement<br />

Samara). Foto. Anfang 20. Jh.<br />

731<br />

732. Землянка (Причерноморье). Фото. Начало ХХ в.<br />

Землячество немцев из России, Штутгарт<br />

Erdhütte (Schwarzmeergebiet). Foto. Anfang 20. Jh.<br />

Landsmannschaft der Deutschen aus Russland,<br />

Stuttgart.<br />

732


316 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

733–741<br />

Abb. 742<br />

Abb. 743<br />

Abb. 744<br />

Abb. 745<br />

teuer. Das war ein Grund dafür, dass man hier auf anderes<br />

Baumaterial wie Muschelkalkstein, Lehm, oder Ziegel<br />

zurückgriff. In den Wald- und Taiga-regionen, so in<br />

Wolhynien, im Ural und Sibirien, baute man mit Holz, in<br />

den Steppengebieten an der Wolga, bei Orenburg oder in<br />

der Kulundasteppe, waren ungebrannte Lehmziegel und in<br />

sumpfigen Gegenden Schilfbündel weit verbreitet. Die für<br />

Westfalen, das Rheingebiet, die hessischen Fürstentümer<br />

und Süddeutschland typischen Fachwerkhäuser wurden<br />

nur sehr selten gebaut.<br />

Trotz unterschiedlicher Baumaterialien und Bautechniken<br />

gab es im deutschen Hausbau feste Traditionen, wie beispielsweise<br />

sein Grundriss (Anordnung der Räume entlang<br />

oder quer zum Dachfirst), die Ausrichtung der Häuser<br />

nach Himmelsrichtungen für eine bessere Sonneneinstrahlung<br />

und traditionelle Öfen (meistens „holländische“<br />

Öfen, die so aufgestellt wurden, dass man damit alle<br />

Zimmer beheizen konnte). Neben „holländischen“ Öfen<br />

gab es auch Mehrzwecköfen mit einem Heizkessel und<br />

einer Herdstelle für die Zubereitung von Speisen. Es gab<br />

Öfen mit eingebauten Kesseln zum Erhitzen von Wasser<br />

und Ausschmelzen von Fett und mit Backröhren zum<br />

Brotbacken. Früher, als noch mit Stroh geheizt wurde,<br />

hatte man in den Rauchabzugskaminen Räucherkammern<br />

eingerichtet. Die Öfen wurden aus ungebrannten<br />

Lehmziegeln gebaut. Die Oberfläche wurde mit weißem<br />

Lehm bestrichen. Heute werden die Öfen weiß gekalkt.<br />

Die Küche diente gleichzeitig als Badestube. Mit dem<br />

Bau von Dampfbädern begannen die Deutschen erst<br />

in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert unter dem<br />

Einfluss der Russen. Als unentbehrliche Elemente eines<br />

deutschen Gehöfts bleiben der Vorderhof (als Haupteingag<br />

mit Blumengarten), der Hinterhof für das Vieh, die<br />

Sommerküche, Räucherstellen und die Sommeröfen zum<br />

Brotbacken bzw. für die Futterzubereitung.<br />

Илл.<br />

733–741<br />

Илл. 742<br />

Илл. 743<br />

Илл. 744<br />

Илл. 745<br />

Это делало его дорогим и стало одной из причин<br />

применения иных строительных материалов: камняракушечника,<br />

глины, кирпича. В лесных и таежных<br />

местностях (на Волыни, Урале и в Сибири) строили<br />

из дерева, в степных зонах (Поволжье, Оренбуржье,<br />

Кулунда и др.) наиболее распространенным был необожженный<br />

кирпич (саман), в болотистой местности<br />

– связки камыша. Типичные для Вестфалии, Рейнской<br />

провинции, гессенских княжеств и юга Германии<br />

фахверковые постройки возводились редко.<br />

Несмотря на различия в материалах и строительной<br />

технике, в немецком жилище сохранялись устойчивые<br />

традиции, например, его планировка (с продольным<br />

или поперечным коньку крыши делением на помещения),<br />

ориентирование домов по сторонам света для<br />

лучшего солнечного освещения, традиционные печи<br />

(в основном «голландки», которые устанавливались<br />

таким образом, чтобы можно было обогревать все<br />

комнаты). Кроме «голландок» существовали печи<br />

смешанного типа, с отопительным котлом и плитой<br />

для приготовления пищи. Встречаются печи со<br />

встроенными котлами для нагрева воды и вытапливания<br />

жира, духовыми шкафами для выпечки хлеба.<br />

Раньше, когда в качестве топлива использовалась<br />

солома, в дымоходах устраивали камеры для копчения<br />

продуктов. Печи клали из сырцовых глиняных<br />

кирпичей. Их поверхность обмазывали белой<br />

глиной. В настоящее время печи белят известью.<br />

Кухня использовалась и в качестве ванной комнаты.<br />

Бани немцы стали строить только во второй половине<br />

ХХ в. под влиянием русских. Обязательными<br />

элементами немецкой усадьбы остаются передний<br />

(парадный, с цветником) двор и задний двор для<br />

скота, летняя кухня, коптильни и летние печи для<br />

хлеба и кормов.<br />

733. Колонистский дом из ракушечника,<br />

построенный на средства казны в 1811 г.<br />

(Шпейер Херсонской губ.).<br />

Фото. 1911. Землячество немцев<br />

из России, Штутгарт<br />

Kronshäuschen aus Muschelkalk,<br />

erbaut 1811 auf Staatskosten (Speyer,<br />

Gouvernement Cherson). Foto. 1911.<br />

Landsmannschaft der Deutschen<br />

aus Russland, Stuttgart<br />

733


734. Изготовление самана<br />

(Причерноморье).<br />

Фото. Землячество немцев<br />

из России, Штутгарт<br />

Herstellung der Lehmziegel (Saman)<br />

im Schwarzmeergebiet. Foto.<br />

Landsmannschaft der Deutschen<br />

aus Russland, Stuttgart<br />

734<br />

735. Колонистский дом из кирпича<br />

конца XIX в. (Рейнвальд<br />

Самарской губ.). Фото. 2009<br />

Kolonistenhaus aus Ziegel von<br />

Ende des 19. Jh. (Reinwald,<br />

Gouvernement Samara).<br />

Foto. 2009<br />

735<br />

736. Сочетание кирпича и дерева<br />

в постройке конца XIX в.<br />

(Кольб Саратовской губ.).<br />

Фото. 2009<br />

Verwendung von Holz und Ziegel<br />

am Gebäude Ende des 19. Jh.<br />

(Kolb, Gouvernement Saratow).<br />

Foto. 2009<br />

736


737<br />

738<br />

739<br />

737. Глазурованная черепица – часто использовавшийся<br />

кровельный материал в причерноморских колониях<br />

(начало ХХ в.). Фото Е. А. Солодовой. 2009.<br />

Школьный историко-краеведческий музей, Ново-<br />

Софроновка Николаевской обл.<br />

Glasierte Dachpfannen, in den Kolonien des<br />

Schwarzmeergebiets häufig verwendetes<br />

Bedachungsmaterial (Anf. 20. Jh.). Foto von<br />

E. A. Solodowa. 2009. Historisch-heimatkundliches<br />

Schulmuseum, Nowo-Sofronowka, Gebiet Nikolajew.<br />

738. Станок для изготовления черепицы (начало ХХ в.,<br />

Арциз, Бессарабия). Фото Е. А. Солодовой. 2009.<br />

Арцизский районный историко-краеведческий<br />

музей, Арциз<br />

Vorrichtung zur Herstellung von Dachpfaffen<br />

(Anf. 20. Jh., Arzis, Bessarabien). Foto von<br />

E. A. Solodowa. 2009. Historisch-heimatkundliches<br />

Kreismuseum Arzis<br />

740<br />

739<br />

739. Крыша, крытая цветной глазурованной черепицей<br />

(Причерноморье). Фото А. Айсфельда. 1995<br />

Dach mit kolorierten glasierten Dachpfannen<br />

(Schwarzmeergebiet). Foto von A. Eisfeld. 1995<br />

740. Меннонитский дом из самана (Гохгейм,<br />

Кулундинская степь). Фото. Начало ХХ в.<br />

Землячество немцев из России, Штутгарт<br />

Mennonitenhaus aus Lehmziegeln (Hochheim,<br />

Kulundasteppe). Foto. Anfang 20. Jh.<br />

Landsmannschaft der Deutschen aus Russland,<br />

Stuttgart<br />

741. Дерновая крыша, перекрытая шифером во второй<br />

половине ХХ в. (Аполлоновка Омской обл.).<br />

Фото А. Айсфельда. 1995<br />

Grasdach, das in der 2. Hälfte des 20. Jh. mit Asbest-<br />

Zement-Platten überdeckt wurde (Apollonowka,<br />

Gebiet Omsk). Foto von A. Eisfeld. 1995<br />

741


743<br />

742<br />

745<br />

742. Традиционная планировка колонистского дома, перенесенная в дочернюю<br />

колонию Ней-Франк (Поволжье). Землячество немцев из России, Штутгарт<br />

Traditioneller Grundriss eines Kolonistenhauses, übertragen in die Tochterkolonie<br />

Neu-Frank (Wolgagebiet). Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />

743. Кухня в доме колониста. Фрагмент экспозиции «Немцы Причерноморья»<br />

в Одесском историко-краеведческом музее. Фото А. Айсфельда. 2003<br />

Küche im Kolonistenhaus. Fragment der Ausstellung „Die Schwarzmeerdeutschen“<br />

im Odessaer historisch-heimatkundlichen Museum. Foto von A. Eisfeld. 2003<br />

744. Летняя кухня (Причерноморье). Фото. Начало ХХ в. Землячество немцев<br />

из России, Штутгарт<br />

Sommerküche (Schwarzmeergebiet). Foto. Anfang 20. Jh. Landsmannschaft<br />

der Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />

745. Летняя кухня открытого типа на хозяйственном дворе меннонита Дёрксена<br />

(Аполлоновка Омской обл.). Фото А. Айсфельда. 1995<br />

Offene Sommerküche im Wirtschaftshof des Mennoniten Dörksen<br />

(Apollonowka, Gebiet Omsk). Foto von A. Eisfeld. 1995<br />

744


746, 747.<br />

Потолочная роспись в доме колониста (Маковка, Крым).<br />

Рубеж XIX–XX вв. Фото И. Сальникова, В. Темной. 2012. Крымский<br />

республиканский этнографический музей, Симферополь<br />

Deckenmalerei in einem Kolonistenhaus (Makowka, Krim). Foto von I. Salnikow,<br />

V. Temnaja. 2012. Ethnographisches Museum der Republik Krim, Simferopol<br />

747<br />

746<br />

748<br />

749<br />

750 751<br />

748. Панно («шпрух») семьи Шефер (1914, Карлсруэ Херсонской губ.).<br />

Фото Е. А. Солодовой. 2009. Музей истории, Степовое Одесской обл.<br />

Wandspruch der Familie Schäfer (1914, Karlsruhe, Gouvernement<br />

Cherson). Foto von E. A. Solodowa. 2009. Geschichtsmuseum,<br />

Stepowoje, Gebiet Odessa<br />

749. Настенные часы (Бессарабия). Й. Фаллер. Начало ХХ в.<br />

Фото Е. А. Солодовой. 2009. Краеведческий музей, Фрумушика-Нова<br />

Одесской обл.<br />

Wanduhr (Bessarabien). J. Faller. Anf. 20. Jh. Foto von E. A. Solodowa. 2009.<br />

Heimatkundemuseum, Frumuschika-Nowa, Gebiet Odessa<br />

750. Предметы гостиной в городском немецком доме.<br />

Экспозиция в Крымском республиканском этнографическом<br />

музее. Фото И. Сальникова, В. Темной. 2012<br />

Einrichtungsgegenstände einer „Guten Stube“ des deutschen<br />

Stadthauses. Ausstellung im Ethnographischen Museum der<br />

Republik Krim. Foto von I. Salnikow, V. Temnaja. 2012<br />

751. Мебель в жилище поволжского колониста.<br />

Книжная иллюстрация. 1914<br />

Möbel im Haus eines Kolonisten an der Wolga.<br />

Buchillustration. 1914


Немцы в российской истории 321<br />

Mit der Verbreitung von Typenhäusern im ländlichen Raum<br />

begannen die Unterschiede zwischen deutschen Häusern<br />

und denen ihrer Umgebung ab Mitte des 20. Jahrhunderts<br />

nach und nach zu verschwinden. Heute findet man diese<br />

Unterschiede bestenfalls noch in Details der Innenraumgestaltung<br />

und Einrichtung. Typisch für Deutsche ist ihr Hang<br />

zur Rationalisierung oder, wenn man es so ausdrücken<br />

will, die Mentalität eines Ingenieurs: Ständig müssen sie ihr<br />

Werkzeug, ihre Haushaltsgeräte und Gebrauchsgegenstände<br />

verbessern. Bei ihnen ist alles rationell eingerichtet, und<br />

beim Einrichten der Wohnräume war man darauf bedacht,<br />

alles bequem und zweckmäßig zu gestalten.<br />

Die Inneneinrichtung der Wohnräume hing von den Lebensverhältnissen<br />

und dem Wohlstand der Hausbewohner<br />

ab. Früher wurden die Wände und Decken der Innenräume<br />

verputzt und geweißt. Die Wandflächen wurden mit<br />

Ornamenten verziert, die entweder in den feuchten Lehm<br />

eingedrückt oder mit einer Mischung aus Ruß und Milch<br />

auf die Wände aufgetragen wurden. Leider sind heute so gut<br />

wie keine Muster dieser Bemalung mehr erhalten geblieben,<br />

da man in deutschen Häusern die Wände jedes Jahr<br />

frisch zu weißen pflegte, wobei in den letzten Jahrzehnten<br />

dazu nur noch Kalk verwendet wurde. In vielen Dörfern<br />

war es auch üblich, Decken und Öfen zu streichen.<br />

Bei der Übersiedlung nach Russland war es unter den damaligen<br />

Transportbedingungen kaum möglich, Möbel mitzunehmen.<br />

Es ist also davon auszugehen, dass nur Abbildungen,<br />

vielleicht auch Bauzeichnungen und natürlich die Erfahrungen<br />

aus der Herrstellung und der Nutzung der Möbel<br />

mitgebracht werden konnten. Es ist bekannt, wie angespannt<br />

Anfang des 19. Jahrhunderts die Situation beim Möbelkauf in<br />

den neuen Städten Südrusslands war. Als Herzog Richelieu<br />

Stadthauptmann von Odessa wurde, sah er sich selbst mit<br />

Problemen beim Einrichten seines Haushalts konfrontiert. So<br />

war er zwei Wochen lang auf der Suche, ohne dass es ihm<br />

gelang, ganz gewöhnliche Stühle für sein Haus aufzutreiben,<br />

so dass er sie sich schließlich aus Cherson liefern lassen<br />

musste. Die Situation verbesserte sich nach und nach, als<br />

von den Kolonisten Möbel selbst angefertigt wurden.<br />

In der heutigen Zeit gehören in Handarbeit hübsch gestaltete<br />

Zitate mit religiösem und belehrendem Inhalt, die sog.<br />

„Sprüche“, zu den beliebtesten Arten von Wandschmuck. In<br />

manchen Häusern gibt es noch altertümliche, sogenannte<br />

„holländische“ Uhren und Möbel, wie z. B. mit Sorgfalt<br />

gefertigte, mit Schnitzereien und Bemalungen verzierte Kleiderschränke<br />

aus Mahagoni, ausziehbare Sofas, Tische, Betten<br />

und Wiegen. Diese Möbelstücke wurden von Möbeltischlern<br />

gefertigt, die es früher in jeder Kolonie gab. Viele von ihnen<br />

übernahmen Auftragsarbeiten. Für die Möbel verwendete<br />

man alle einheimischen Holzarten, wobei Fichte und Eiche<br />

am beliebtesten waren. Die Holzbretter wurden zwei Jahre<br />

lang an einem sonnengeschützten Ort getrocknet, damit keine<br />

Risse entstanden. Das so vorbereitete Holz wurde zunächst<br />

zu Halbfertigteilen weiterverarbeitet. Früher verwendete man<br />

bei der Möbelherstellung keine Nägel. Für die Verbindung der<br />

Teile kamen Holzzapfen und Tischlerleim zum Einsatz, und<br />

in die Ränder der Halbfertigteile wurden Zinken geschnitten,<br />

die dann ineinander griffen. Die Zierteile wurden auf einer<br />

Drehbank gefertigt, halbiert und dann auf die Möbelstücke<br />

Abb.<br />

746, 747<br />

Abb. 748<br />

Abb. 749<br />

Abb.<br />

750, 751<br />

С середины ХХ в. в связи с широким строительством<br />

в сельской местности домов по типовым проектам<br />

различия между немецким жилищем и жилищем<br />

окружающего населения начинают постепенно стираться.<br />

Сейчас в большей степени они сохраняются<br />

в деталях интерьера и обустройстве дома. Для немцев<br />

вообще очень характерно рационализаторство, если<br />

так можно выразиться – «инженерный склад ума»:<br />

они постоянно усовершенствуют орудия труда, утварь,<br />

бытовые приспособления. У них все устроено<br />

с рациональной точки зрения, поэтому и при создании<br />

жилища все было сделано так, чтобы комфорт был<br />

максимальным.<br />

Интерьер жилища зависел и от условий проживания,<br />

и от состоятельности хозяев. Раньше стены и потолки<br />

внутренних помещений штукатурили и белили. Поверхность<br />

стен расписывалась орнаментом. Орнамент<br />

либо выдавливался по сырой глине, либо наносился<br />

на стену смесью, приготовленной из сажи и молока.<br />

К сожалению, образцов подобной росписи почти не<br />

сохранилось, так как в немецких домах принято производить<br />

побелку ежегодно, а в последние десятилетия<br />

для этих целей используется только известь. Во многих<br />

селах потолки и печи принято окрашивать.<br />

При переселении в Россию при тогдашних транспортных<br />

условиях вряд ли было возможно везти<br />

с собой мебель. Надо исходить из того, что удалось<br />

привезти лишь рисунки, возможно чертежи, и, конечно,<br />

опыт изготовления и пользования мебелью.<br />

Известно, насколько напряженной была ситуация<br />

с приобретением мебели в новых городах на юге<br />

даже в начале XIX в. При вступлении в должность<br />

градоначальника Одессы герцога Ришелье столкнулся<br />

с невозможностью наладить свой быт, потратив две<br />

недели на поиски обыкновенных стульев, которые<br />

в конце концов ему привезли из Херсона. Положение<br />

менялось постепенно в результате появления мебели,<br />

изготовленной самими колонистами.<br />

В настоящее время наиболее распространенным<br />

видом настенных украшений являются «шпрухи»<br />

(Sprüche) – красочно оформленные в рукоделии изречения<br />

религиозного и назидательного содержания.<br />

В некоторых домах сохранились старинные, так называемые<br />

«голландские», часы и мебель: добротные,<br />

из красного дерева, украшенные резьбой и росписью<br />

гардеробы, раздвижные диваны, столы, кровати, детские<br />

колыбели. Эта мебель изготавливалась столярами,<br />

которые раньше имелись в каждой колонии.<br />

Многие из них работали на заказ. Для мебели использовалась<br />

любая древесина местных пород, но предпочтение<br />

отдавалось сосне и дубу. Заготовленные доски<br />

сушили в течение двух лет в защищенном от солнца<br />

месте, чтобы не было трещин. Из подготовленного<br />

леса нарезали заготовки. Раньше при изготовлении<br />

мебели гвозди не использовались. Для скрепления<br />

деталей брали деревянные «шипы», столярный клей,<br />

а по краю заготовок нарезались зубцы, которые состыковывали<br />

между собой. Резные украшения для мебели<br />

вытачивали на токарном станке. Их распиливали<br />

Илл.<br />

746, 747<br />

Илл. 748<br />

Илл. 749<br />

Илл.<br />

750, 751


754<br />

752<br />

753 755<br />

752. Шкаф (1864, Молочная Таврической губ.), перевезен в Сибирь<br />

немцами-переселенцами в начале ХХ в. Фото А. Айсфельда. 2006.<br />

Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />

Kleiderschrank (1864, Molotschnaja, Gouvernement Taurien), von<br />

deutschen Umsiedlern Anfang des 20. Jh. nach Sibirien gebracht.<br />

Foto von A. Eisfeld. 2006. Staatliches historisch-heimatkundliches<br />

Museums Omsk<br />

753. Кровать односпальная (начало ХХ в., Зельц Херсонской губ.).<br />

Фото Е. А. Солодовой. 2009. Краеведческий музей, Лиманское<br />

Одесской обл.<br />

Einzelbett (Anf. 20. Jh., Selz, Gouvernement Cherson). Foto von<br />

E. A. Solodowa. 2009. Heimatkundemuseum, Limanskoje, Gebiet Odessa<br />

754. Скамья (начало ХХ в., Херсонская губ.). Фото Е. А. Солодовой.<br />

2009. Музей истории с. Катериновка (Катериненталь)<br />

Николаевской обл.<br />

Bank (Anf. 20. Jh., Gouvernement Cherson). Foto von<br />

E. A. Solodowa. Museum für die Geschichte von Katerinowka<br />

(Katharinental), Gebiet Nikolajew<br />

755. Плетеный стул для ребенка (1900-е гг., Херсонская губ.).<br />

Фото Е. А. Солодовой. 2009. Музей «Дом немца-колониста»,<br />

Катериновка (Катериненталь) Николаевской обл.<br />

Geflochtener Kindersitz (1900er Jahre, Gouvernement Cherson).<br />

Foto von E. A. Solodowa. 2009. Museum „Deutsches<br />

Kolonistenhaus“, Katerinowka (Katharinental), Gebiet Nikolajew


Немцы в российской истории 323<br />

geleimt. Ferner wurden auf Drehbänken auch Möbelbeine,<br />

Armlehnen und figürliche Teile hergestellt. Wie Alteingesessene<br />

erzählten, waren noch Ende des 19. und Anfang des<br />

20. Jahrhunderts Drehbänke mit Fußantrieb weit verbreitet.<br />

Fertige Möbel wurden zum Schluss lackiert.<br />

Möbeltischler fertigten Kleiderschränke, Sofas, Betten und<br />

Kommoden. Einfache Möbel wie Tische, Schemel, Bänke<br />

und Wiegen konnten nahezu von jedem Mann selbst angefertigt<br />

werden. Verbreitet waren auch Möbelstücke wie<br />

Küchenanrichten, Etagengestelle und Nachtschränkchen.<br />

In fast jeder Familie gab es eine Truhe zum Aufbewahren<br />

der Kleidung.<br />

Die Wohnräume wurden mit vielen von den Frauen angefertigten<br />

Handarbeiten geschmückt. Die Wände zierten<br />

handgefertigte Teppiche. Die Teppichweberei war bei den<br />

Deutschen nicht verbreitet, daher wurden die Teppiche<br />

entweder mit Wollgarn auf das mit einer Zeichnung versehenen<br />

Gewebe gestickt oder aus mit Ölfarben bemalter<br />

Leinwand hergestellt. In einigen Häusern gibt es heute<br />

noch handgewebte Läufer aus Schafswolle.<br />

Die Betten wurden von den Frauen geschmackvoll zurechtgemacht,<br />

was als besondere Kunst galt. Bettwäsche<br />

wurde mit Stickereien und geklöppelter Spitze verziert.<br />

Federdecken und Kissen wurden mit Gänsedaunen gefüllt.<br />

Viel Aufmerksamkeit widmete man auch der Ausstattung<br />

von Kinderbetten und Wiegen. Die Wiegen wurden<br />

von Generation zu Generation weitergegeben, und auch<br />

heute noch ziehen manche Familien sie modernen Kinderbetten<br />

vor.<br />

Ethnische Besonderheiten kommen auch heute noch<br />

in kunstvoller Handarbeit, z. B. beim Anfertigen von<br />

Ornamenten zu Ausdruck. Am weitesten verbreitet bei<br />

den Deutschen in Sibirien waren Schnitzen, Sticken,<br />

Stricken und Häkeln. Mit Holzschnitzereien beschäftigte<br />

man sich vor allem in den nördlichen Gebieten. Bei der<br />

Abb.<br />

752–755<br />

Abb. 756<br />

Abb. 757<br />

Abb. 758<br />

Abb. 759<br />

пополам и приклеивали к изделию. На токарном же<br />

станке вытачивали ножки для мебели, подлокотники<br />

и другие фигурные детали. По рассказам старожилов,<br />

токарные станки с ножным приводом были широко<br />

распространены еще в конце XIX – начале ХХ в.<br />

Готовую мебель покрывали лаком.<br />

Столяры-мебельщики делали платяные шкафы, диваны,<br />

кровати, комоды. Более простую в изготовлении<br />

мебель, например, столы, табуреты, скамьи, колыбели,<br />

мог изготовить практически каждый мужчина.<br />

Распространенными видами мебели были кухонные<br />

буфеты, этажерки, тумбы, почти в каждой семье был<br />

сундук для хранения одежды.<br />

Интерьер жилых помещений был наполнен предметами<br />

женского рукоделия. Стены украшали ковры<br />

ручной работы. У немцев ковроткачество развития<br />

не получило. Поэтому ковры либо вышивали шерстяными<br />

нитками по нанесенному на ткань рисунку,<br />

либо расписывали масляными красками холсты. В некоторых<br />

домах сохранились домотканые половики<br />

из овечьей пряжи.<br />

Особым искусством считалось умение женщины красиво<br />

застилать кровати. Постельное белье украшалось<br />

вышивкой и кружевом. Перины и подушки делали<br />

из гусиного пуха. Большое внимание уделялось убранству<br />

детских кроваток и колыбелей. Колыбели передавались<br />

из поколения в поколение, и сейчас некоторые<br />

семьи предпочитают их современным кроватям.<br />

Этническая специфика в достаточной степени сохраняется<br />

в декоративно-прикладном искусстве, в частности<br />

в орнаменте. Наиболее широкое распространение<br />

у немцев Сибири получили резьба по дереву, вышивка,<br />

вязание на спицах и крючком. Резьба по дереву была<br />

распространена в северных районах. При плоскорельефной<br />

контурной резьбе мастер изготавливал<br />

Илл.<br />

752–755<br />

Илл. 756<br />

Илл. 757<br />

Илл. 758<br />

Илл. 759<br />

756. Предметы из немецкой колонии<br />

Александровка.<br />

Александровское отделение<br />

им. А. К. Вормсбехера<br />

Азовского районного историкокраеведческого<br />

музея,<br />

Александровка Омской обл.<br />

Gegenstände aus der deutschen<br />

Kolonie Aleksandrowka.<br />

A.K. Wormsbecher-Abteilung<br />

des Historisch-heimatkundlichen<br />

Rayon-Museums Asowo,<br />

Aleksandrowka, Gebiet Omsk<br />

757. Сундук (вторая половина XIX в.,<br />

Причерноморье). Фото<br />

О. Айсфельд. 2011. Музей<br />

истории культуры российских<br />

немцев, Детмольд<br />

Truhe (2. Hälfte 19. Jh.,<br />

Schwarzmeergebiet). Foto von<br />

O. Eisfeld. 2011. Museum für<br />

russlanddeutsche Kulturgeschichte,<br />

Detmold<br />

756<br />

757


324 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

760–762<br />

Abb.<br />

763, 764<br />

Abb. 765<br />

Reliefschnitzerei fertigte der Meister einzelne geometrische<br />

Formen, an denen die Kanten häufig abgeschrägt waren.<br />

Diese Holzelemente wurden dann an der zu verzierenden<br />

Oberfläche im Wohnraum, am Tor oder an einem<br />

Möbelstück angebracht. Torpfosten und Fensterverkleidungen<br />

wurden mit Tief- bzw. Lochmusterschnitzereien<br />

geschmückt.<br />

Die meistverbreitete Form des Kunsthandwerks ist die<br />

Stickerei. Sticken konnten alle deutschen Frauen und das<br />

ist auch heute noch bei vielen sehr beliebt. Mit Handarbeiten<br />

wurde die gesamte arbeitsfreie Zeit ausgefüllt. Die<br />

Mädchen lernten von klein auf die Techniken der Ornamentgestaltung.<br />

Besonders viel Handarbeit fiel vor einer<br />

Hochzeit an. Fast alle Haushaltstextilien wie Handtücher,<br />

Bettlaken, Bettvolants, Gardinen, Kissenbezüge, Stores,<br />

Decken und Servietten wurden kunstvoll verziert. Auch<br />

Kleidungsstücke wie Blusen, Kleider und Schürzen wurden<br />

mit Stickereien verziert. Die Stickereien unterschieden<br />

sich voneinander sowohl in der Qualität des verwendeten<br />

Materials, als auch im Thema. Die wichtigste Technik<br />

war der Plattstich. Der Federstich kam seltener vor. Die<br />

Ränder von Handtüchern, Vorhängen und Bettvolants<br />

wurden mit einem Hohlsaum verziert.<br />

Traditionelle Ornamente bestanden aus Pflanzen- und<br />

Tiermotiven, geometrische Ornamente kamen viel seltener<br />

vor. Traditionell war die Darstellung von Tauben, Schwänen,<br />

Singvögeln und Enten. In vielen religiösen Sujets<br />

tauchte immer wieder die Sonne auf. Weit verbreitet war<br />

auch die Spitzenklöppelei.<br />

Илл.<br />

760–762<br />

Илл.<br />

763, 764<br />

Илл. 765<br />

отдельные геометрические формы, нередко со скошенными<br />

краями. Такая накладка в дальнейшем прибивалась<br />

на украшаемую поверхность жилища, ворот,<br />

мебели и т. д. Углубленной или выемчатой резьбой<br />

украшались стойки ворот, наличники.<br />

Самым распространенным видом прикладного народного<br />

творчества является вышивка. Вышивать умели<br />

все немецкие женщины, многие увлекаются вышиванием<br />

и сегодня. Рукоделием было заполнено все время,<br />

остававшееся от основной работы. Девочки обучались<br />

техническим приемам орнаментации с раннего возраста.<br />

Особенно много рукодельничали перед замужеством.<br />

С большим мастерством украшались почти<br />

все предметы бытового обихода: полотенца, простыни,<br />

подзоры, оконные занавески, наволочки, шторы, покрывала,<br />

салфетки и т. д. Вышивкой украшалась и<br />

одежда, в частности блузы, платья, фартуки. Вышивки<br />

отличались друг от друга как по качеству применяемого<br />

материала, так и по тематике. Основным видом<br />

техники являлось шитье гладью. Несколько реже применялось<br />

шитье тамбуром. Мережкой отделывали<br />

концы полотенец, занавесей, подзоров.<br />

Традиционный орнамент состоит из растительных<br />

и зооморфных мотивов, геометрический орнамент<br />

встречался гораздо реже. Традиционными были<br />

изображения голубей, лебедей, певчих птиц, уток.<br />

Изображения солнца присутствуют во многих религиозных<br />

сюжетах. Широко было распространено<br />

изготовление кружев.<br />

758<br />

758. Спальня в доме колониста. Фрагмент экспозиции «Немцы Причерноморья»<br />

в Одесском историко-краеведческом музее. Фото С. М. Дутки. 2010<br />

Schlafzimmer im Kolonistenhaus. Fragment der Ausstellung „Die Schwarzmeerdeutschen“<br />

im Odessaer historisch-heimatkundlichen Museum.<br />

Foto von S. M. Dutka. 2010<br />

759. Предметы женского рукоделия. Фрагмент выставки «Немцы в Сибири» Омского<br />

государственного историко-краеведческого музея. Фото П. Вибе. 1996<br />

Erzeugnisse von Frauenhandarbeit. Fragment der Ausstellung „Deutsche in Sibirien“ des<br />

Omsker staatlichen historisch-heimatkundlichen Museums. Foto von P. Wiebe. 1996<br />

759


760–762.<br />

Резьба по дереву в архитектуре колонистских построек в Поволжье.<br />

Фото А. Айсфельда. 1996, 2007<br />

Holzschnitzerei in der Architektur kolonistischer Bauten im Wolgagebiet.<br />

Foto von A. Eisfeld. 1996, 2007<br />

760<br />

761<br />

762<br />

763<br />

764<br />

765<br />

763. Полотенце (начало ХХ в., Бессарабия). Фото Е. А. Солодовой.<br />

2009. Тарутинский историко-краеведческий музей, Тарутино<br />

Одесской обл.<br />

Handtuch (Anf. 20. Jh., Bessarabien). Foto von E.A. Solodowa.<br />

Historisch‐heimatkundliches Museum Tarutino, Gebiet Odessa.<br />

764, 765.<br />

Рукоделие семьи Краубнер (конец XIX – начало ХХ в., Стрельна<br />

Санкт‐Петербургской губ.). Фото Н. П. Уральской (Краубнер). 2010.<br />

Erzeugnisse der Handarbeit der Familie Kraubner (Ende 19. – Anf. 20. Jh., Strelna,<br />

Gouvernement St. Petersburg). Foto von N. P. Ural’skaja (Kraubner). 2010


326 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Die nationale Küche<br />

Die nationale Küche ist im Vergleich zu allen anderen Bereichen<br />

der materiellen Kultur der Russlanddeutschen noch<br />

am besten erhalten. Bis heute haben wir es im Wesentlichen<br />

noch mit dem gleichen Ernährungsmodell zu tun, wie es<br />

bereits Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

bestand. Es basiert auf Gerichten aus Mehl, Milch und<br />

Fleisch. In den Dörfern backen die Hausfrauen auch heute<br />

noch jeden Tag Brot aus Weizenmehl. Der Vorteig dafür<br />

wird mit Milch oder Wasser und selbstgemachter Hefe<br />

angesetzt. Früher hat man die Hefe aus Hopfen zubereitet,<br />

heute verwendet man fertige Hefe. Neben Hefeteig wird<br />

auch Mürbeteig zubereitet. Es gibt verschiedene Arten<br />

von Backwaren, wie den Riebele kuchen, der bei keinem<br />

Fest fehlen darf, geschlungene Krepple, glasierte süße<br />

Brötchen, Pfeffernüsse genannt, Zwieback usw. Kuchen aus<br />

Hefe- oder Mürbeteig wird zu jedem Feiertag gebacken.<br />

Aus Butterteig werden alle möglichen Arten von Brötchen,<br />

Rollen und Formgebäck hergestellt.<br />

Einen recht bedeutenden Platz nehmen in der Speisekarte<br />

die Suppen ein. Die Deutschen bevorzugen Nudelsuppen<br />

mit Hühnerfleisch, dicke Mehlsuppen und Knödelsuppen.<br />

Die beliebteste Speise ist die Nudelsuppe, die hausgemachte<br />

Nudelsuppe mit Hühnerfleisch. Kinder mögen<br />

besonders die Schnitzsuppe, die aus einem Sud von<br />

getrockneten Früchten und Beeren zubereitet wird. Es<br />

gib sie in verschiedenen Varianten: kalt oder heiß, mit<br />

Reis, Brot oder Klößchen, mit Schwitze oder Sauerrahm.<br />

Außer diesen Suppen kochen die Deutschen gern Bohnensuppe<br />

(„Schaubelsuppe“), Krautsuppe, geschmälzte<br />

Kartoffelsuppe oder Riebelеsuppe, eine Brühe mit einer<br />

Einlage aus Mehl und Eiern.<br />

Beim Fleisch bevorzugen die Deutschen Schweinefleisch,<br />

gefolgt vom Geflügelfleisch, Rindfleisch wird seltener<br />

gegessen. Sehr beliebt sind Fleisch, Speck, Geflügel, Fisch<br />

Национальная кухня<br />

Abb. 766<br />

Abb. 767<br />

Илл. 766<br />

Илл. 767<br />

Национальная кухня российских немцев имеет наибольшую<br />

сохранность из всех сфер материальной культуры.<br />

В настоящее время в целом характерна та же модель<br />

питания, которая существовала в конце XIX – начале<br />

XX в. Ее основу составляют мучные, молочные и мясные<br />

блюда. В деревнях хозяйки и сейчас каждый день пекут<br />

хлеб из пшеничной муки. Опару для хлеба ставят на молоке<br />

или воде на собственных дрожжах, которые раньше<br />

приготовлялись из хмеля, а сейчас используют готовые.<br />

Кроме дрожжевого теста делают и пресное. Существуют<br />

различные варианты блюд из теста: «ривелькухе» (Riebelekuchen),<br />

без которого не обходится ни один праздник,<br />

крученые булки «крепли» (Krepple), сладкие глазированные<br />

булочки «певернис» (Pfeffernüsse), двойные булочки<br />

«цвибак» (Zwieback) и многие другие. «Кухе» (Kuchen) –<br />

изделия из дрожжевого или пресного теста – обязательно<br />

пекут в праздничные дни. Из сдобного теста стряпают<br />

всевозможные булочки, рулеты, фигурное печенье.<br />

Довольно значительное место в рационе составляют<br />

супы. Немцы предпочитают куриную лапшу, густые<br />

мучные супы, супы с клецками. Самым популярным<br />

является «нудльсуп» (Nudelsuppe) – домашняя куриная<br />

лапша. Одним из наиболее любимых детьми первых блюд<br />

является «шницсуп» (Schnitzsuppe), основу которого составляет<br />

отвар из сушеных фруктов или ягод. Он бывает<br />

нескольких разновидностей: холодный и горячий, с рисом,<br />

хлебом, клецками, поджаренной мукой, сметаной.<br />

Кроме этих супов немцы варят фасолевый суп «шоблсуп»<br />

(Schaubelsuppe), суп с капустой «краутсуп» (Krautsuppe),<br />

суп с картофелем и яйцом «шмалсуп» (geschmälzte<br />

Kartoffelsuppe), суп с затертой мукой «ривельсуп» (Riebelesuppe)<br />

и др.<br />

Из всех видов мяса немцы предпочитают свинину.<br />

На втором месте по степени употребления стоит мясо<br />

767<br />

766. Предметы домашнего обихода в экспозиции Крымского республиканского<br />

этнографического музея. Фото И. Сальникова, В. Темной. 2012.<br />

766<br />

Haushaltsgeräte in der Ausstellung des Ethnographischen Museums der Republik<br />

Krim, Simferopol. Foto von I. Salnikow, V. Temnaja. 2012.<br />

767. Вафельница (нач. ХХ в., Бессарабия).<br />

Фото Е. А. Солодовой. 2009. Частный историкоэтнографический<br />

музей Эдвина Кельма,<br />

Мирнополье (Фриденсталь) Одесской обл.<br />

Herdwaffeleisen (Anf. 20. Jh., Bessarabien).<br />

Foto von E. A. Solodowa. 2009. Historischethnographisches<br />

Privatmuseum von Edwin Kelm,<br />

Mirnopolje (Friedenstal), Gebiet Odessa


Немцы в российской истории 327<br />

und Wurst, die man kalt oder heiß räuchert, um sie besser<br />

lagern zu können.<br />

Aus Fleisch und Innereien werden verschiedene Würste<br />

hergestellt. Hauptsächlich sind es zwei Arten: rohgeräucherte<br />

Wurst und Leberwurst. Zum Füllen der Würste<br />

werden spezielle Pressen eingesetzt. Außerdem werden mit<br />

Fleisch oder Brei gefüllte Magen („Schwademache“) geräuchert.<br />

Früher hat man sie zur Heumahd und zu anderen<br />

Feldarbeiten mitgenommen. Bei den Mennoniten wurde<br />

die Küche durch die Besonderheiten ihres Glaubens beeinflusst,<br />

so gibt es in ihrer Küche keine Blutwurst.<br />

Beeren und Früchte werden getrocknet oder zu Konfitüren<br />

verarbeitet. Neben den traditionellen Arten der Konfitüre<br />

aus Himbeeren, Johannisbeeren oder Äpfeln kochen die<br />

Deutschen Konfitüren auch aus Korallenkirschen, Rhabarber<br />

und Blasenkirschen, die in ihrer Umgebung als<br />

„deutsche Konfitüre“ bezeichnet wird. Diese Pflanzen,<br />

deren Früchte man „deutsche Beeren“ nennt, werden in<br />

den Gemüsegärten speziell dazu angebaut.<br />

Früher wurde kein Zucker gekauft, stattdessen verwendete<br />

man süßen Sirup. Für die Herstellung von Sirup wurden<br />

Zuckerrüben, seltener auch Möhren, Kürbisse oder Wassermelonen,<br />

gekocht, geschält und mit einer speziellen Presse<br />

ausgepresst. Der dabei entstehende süße Saft wurde zu<br />

einem dickflüssigen Sirup eingekocht und zur Aufbewahrung<br />

in Eimer oder Flaschen gefüllt. Dieser Sirup wurde<br />

Teig, Konfitüren und anderen Speisen zugegeben.<br />

In deutschen Dörfern ist die Milchverarbeitung gut entwickelt.<br />

Aus der Milch werden Sauerrahm, Butter, Quark<br />

und Käse zubereitet. Die Molke wird für den Teig verwendet.<br />

Als Nationalgetränk gilt Kaffee mit Sahne. Da echter<br />

Kaffee früher eine Seltenheit war, haben die Deutschen<br />

einen Kaffee-Ersatz bereitet, für deren Herstellung Zichorie<br />

sowie geröstete Gerste- und Weizenkörner gemahlen<br />

wurden. Manchmal gaben sie noch getrocknete und<br />

Abb. 768<br />

Abb.<br />

769, 770<br />

Abb. 771<br />

птицы, говядину едят реже. Весьма популярно копчение<br />

продуктов (мяса, сала, птицы, рыбы, колбас)<br />

горячим и холодным способом, которое применяется<br />

для заготовки продуктов впрок.<br />

Из мяса и субпродуктов изготавливают различные<br />

колбасы. В основном делают два вида колбас: сырокопченую<br />

и ливерную. Для набивки колбас используют<br />

специальные прессы. Кроме того, коптят желудки,<br />

фаршированные мясом или кашей «швадемахе»<br />

(Schwademagen). Раньше их обычно брали с собой<br />

на сенокос и другие полевые работы. Особенности<br />

религии меннонитов повлияли и на их кухню, в которой<br />

отсутствует кровяная колбаса.<br />

Ягоды и фрукты сушат или варят варенье. Кроме<br />

традиционных видов варенья (малинового, смородинового,<br />

яблочного), немцы варят варенье из паслена,<br />

ревеня и физалиса, которое окружающее население<br />

называет «немецким». Эти растения, плоды которых<br />

в окрýге называют «немецкой ягодой», специально<br />

выращивают на огородах.<br />

Сахар раньше не покупали, а вместо него использовали<br />

сладкий сироп. Для его приготовления сахарную<br />

свеклу (реже морковь, тыкву или арбуз) отваривали,<br />

чистили и давили специальным прессом. Полученный<br />

сладкий сок уваривали до густоты сиропа. Его хранили<br />

в ведрах или флягах. Сироп добавляли в тесто, варенье<br />

и другие продукты.<br />

В немецких деревнях хорошо развита переработка<br />

молока. Из него делают сметану, масло, творог, сыр.<br />

На сыворотке ставят тесто. Национальным напитком<br />

считается кофе со сливками. Поскольку раньше натуральный<br />

кофе был редкостью, немцы готовили<br />

заменители кофе: мололи цикорий, жареные зерна<br />

ячменя, пшеницы, иногда добавляли молотые сушеные<br />

горох, фасоль, морковь. Кроме кофе, в качестве<br />

Илл. 768<br />

Илл.<br />

769, 770<br />

Илл. 771<br />

768<br />

768. Варка арбузного меда. Я. Вебер. 1937. Энгельсский краеведческий музей, Энгельс<br />

Kochen von Wassermelonenhonig. Ja. Weber. 1937. Heimatkundemuseum, Engels


769 771<br />

770<br />

772<br />

769. Маслобойки в экспозиции Крымского республиканского<br />

этнографического музея. Фото И. Сальникова, В. Темной. 2012<br />

Butterfässer in der Ausstellung des Ethnographischen Museums<br />

der Republik Krim, Simferopol. Foto von I. Salnikow, V. Temnaja. 2012<br />

770. Маслобойка (1920-е гг.). Фото И. Черказьяновой. 1996.<br />

Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />

Butterfass (1920er J.). Foto von I. Tscherkazjanowa. 1996.<br />

Omsker staatliches historisch-heimatkundliches Museums, Omsk<br />

771. Ручная мельница (1890-е гг., импорт из Германии).<br />

Фото Е. А. Солодовой. 2009. Школьный историкоэтнографический<br />

музей, Базарьянка Одесской обл.<br />

Kaffeemühle (1890er J., importiert aus Deutschland).<br />

Foto von E. A. Solodova. 2009. Historisch-ethnographisches<br />

Schulmuseum. Basarjanka, Gebiet Odessa<br />

772. Виноградный пресс (начало ХХ в., Бессарабия).<br />

Фото Е. А. Солодовой. 2009. Частный историко-этнографический<br />

музей Эдвина Кельма, Мирнополье (Фриденсталь) Одесской обл.<br />

Traubenpresse (Anf. 20. Jh., Bessarabien). Foto von E. A. Solodowa.<br />

2009. Historisch-ethnographisches Privatmuseum von Edwin Kelm.<br />

Mirnopolje (Friedenstal), Gebiet Odessa<br />

773. Петр I в иноземном наряде. Н. В. Неверов. 1903. Ставропольский<br />

краевой музей изобразительных искусств, Ставрополь<br />

Peter I. in ausländischer Kleidung. N. W. Newerow. 1903. Museum<br />

der Region Stawropol für bildende Künste, Stawropol<br />

773


Немцы в российской истории 329<br />

gemahlene Erbsen, Bohnen oder Karotten hinzu. Neben<br />

Kaffee wurden oft Milchcrèmes mit Beeren, getrockneten<br />

Früchten und Blasenkirschen oder „Milch-Kissel“ serviert.<br />

An alkoholischen Getränken gab es hausgemachten Wein<br />

und selbstgebrannten Schnaps, hergestellt aus Zuckerrüben,<br />

Zuckermelasse, Weizen, Gerste oder Kartoffeln.<br />

Die Ernährungsmodelle hingen auch davon ab, was in den<br />

einzelnen Regionen angebaut wurde. In der Schwarzmeerregion<br />

überwogen Produkte aus dem Wein- und Gartenbau, an<br />

der Wolga waren es Gemüse, Obst und Melonen und in Sibirien<br />

einheimische Beeren, Pilze, Wild und Geflügel.<br />

Die Deutschen bereiten viele Gerichte zu, die sie aus der<br />

Küche benachbarter Völker, vor allem aus der russischen<br />

Küche, übernommen haben. In südlichen Regionen werden<br />

oft ukrainische Speisen wie Borschtsch oder Wareniki, mit<br />

Quark gefüllte Teigtaschen, zubereitet. Deutsche, die in<br />

Nachbarschaft mit Kasachen leben, zählen Beschbarmak,<br />

Plow oder Baursaken, frittierte Krapfen aus Hefeteig, zu<br />

ihren Nationalgerichten. Trotz dieser Einflüsse ist die traditionelle<br />

deutsche Küche noch recht gut erhalten.<br />

Abb. 772<br />

напитков часто употребляли молочные муссы с добавлением<br />

ягод, сухофруктов, физалиса и молочные<br />

кисели. Из алкогольных напитков распространены<br />

домашнее вино и самогон, который перегоняют<br />

из сахарной свеклы, патоки, пшеницы, ячменя,<br />

картофеля.<br />

Модели питания различались по регионам в зависимости<br />

от хозяйственных занятий. Например,<br />

в Причерноморье значительное место в рационе<br />

занимали продукты садоводства и виноградарства,<br />

в Поволжье – овощи, фрукты и бахчевые культуры,<br />

в Сибири – местные ягоды, грибы, мясо диких<br />

зверей и птиц.<br />

Немцы готовят множество блюд, заимствованных<br />

из кухни окружающих народов, особенно русских.<br />

В южных районах часто готовят украинские блюда<br />

(борщ, вареники). Немцы, живущие по соседству<br />

с казахами, считают своими национальными блюдами<br />

бешбармак, плов, баурсаки и т. д. Но несмотря<br />

на изменения традиционная немецкая кухня сохраняется<br />

достаточно хорошо.<br />

Илл. 772<br />

Kleidung<br />

Die Bemühungen Peters I. und seiner Nachfolger, in Russland<br />

europäische Mode und europäische Umgangsformen<br />

einzuführen und den oberen Gesellschaftsschichten die<br />

europäische Lebensweise näher zu bringen, waren die<br />

Voraussetzung dafür, dass von Ausländern nach Russland<br />

mitgebrachte Elemente der Bekleidung lange erhalten<br />

blieben. Dazu trug auch die Entwicklung des Handels,<br />

insbesondere des Imports von Stoffen, Spitzen, Knöpfen,<br />

Spangen und anderen Accessoires bei.<br />

Bei der Übersiedlung nach Russland trugen Deutsche und<br />

Mennoniten die für ihren sozialen Stand und ihre Region<br />

typischen Kleider und Schuhe, wodurch sie sich in ihrem<br />

Aussehen deutlich von der Umgebung in den neuen Siedlungsorten<br />

unterschieden. Nicht immer hatten die Siedler<br />

auch warme Kleidung dabei. Einige Gruppen, die Anfang<br />

des 19. Jahrhunderts ins Schwarzmeergebiet kamen, trugen<br />

nur Kaftane und Schirmmützen, ohne zu ahnen, dass es<br />

auch dort harte Winter geben kann. So mussten Beamte<br />

für die neuen Kolonisten in den umliegenden Dörfern<br />

Odessas Pelzmäntel aus Schafsfell kaufen.<br />

Förderlich für den Erhalt der traditionellen Kleidung und<br />

des traditionellen Schuhwerks bei den Kolonisten und<br />

ländlichen Handwerkern war deren abgeschiedene Lebensweise<br />

in der Gemeinde, die durch das Verbot, Grund und<br />

Boden an Nichtgemeindemitglieder zu verkaufen oder zu<br />

verpachten, vor dem Eindringen fremder Elemente bewahrt<br />

wurde. Weitere Voraussetzungen, die dazu beitrugen, nationale<br />

Besonderheiten der Bekleidung zu erhalten, waren<br />

die Forderungen von Kolonialbehörden und Kirche, ein<br />

sittsames Leben zu führen und die Kirchenfeiertage einzuhalten.<br />

Unter diesen Voraussetzungen kamen die Kolonisten<br />

in Kontakt zur übrigen Bevölkerung vor allem während des<br />

Besuchs der Märkte oder wenn Beamte und Händler in den<br />

Kolonien auftauchten. In den Kolonien Südrusslands waren<br />

vor allem in den Mennoniten-Kolonien in der Mitte des<br />

19. Jahrhunderts zahlreiche Saisonarbeiter aus russischen<br />

Abb. 773<br />

Abb.<br />

774–776<br />

Abb. 777<br />

Одежда<br />

Меры по введению европейской одежды, манер поведения<br />

и приобщения высших слоев общества к европейскому<br />

образу жизни, предпринятые Петром I и<br />

его преемниками, создали условия для длительного<br />

сохранения привнесенных иностранцами в Россию<br />

элементов одежды. Этому способствовало и развитие<br />

торговли в части импорта тканей, кружев, пуговиц,<br />

пряжек и других аксессуаров.<br />

При переселении в Россию немцы и меннониты имели<br />

одежду и обувь, характерные для их сословия и<br />

региона выхода, что визуально отличало их от окружающего<br />

населения в новых местах проживания.<br />

Не всегда поселенцы имели с собой теплую одежду.<br />

Некоторые группы, прибывшие в Причерноморье<br />

в начале XIX в., были одеты лишь в кафтаны и<br />

фуражки, видимо, не подозревая, что и здесь бывает<br />

суровая зима. К примеру, для новых колонистов под<br />

Одессой чиновники закупали в окрестных селах<br />

бараньи тулупы.<br />

Сохранению традиционной одежды и обуви у колонистов<br />

и сельских ремесленников способствовало<br />

обособленное проживание в своей общине, огражденной<br />

от проникновения в нее инородных элементов<br />

запретом продажи или сдачи в аренду земли не<br />

членам общины. Другими условиями, способствовавшими<br />

консервации национальных особенностей<br />

одежды, были требования колониального начальства<br />

и духовенства к ведению «пристойного» образа жизни<br />

и соблюдению церковных праздников. В этих<br />

условиях контакты колонистов с другим населением<br />

имели место, прежде всего, при посещении ими рынков<br />

и визитах в колонии чиновников или торговцев.<br />

В колониях юга России, особенно меннонитских,<br />

к середине XIX в. работало значительное количество<br />

сезонных рабочих из русских и украинских<br />

Илл. 773<br />

Илл.<br />

774–776<br />

Илл. 777


774<br />

775<br />

776<br />

777<br />

778


Немцы в российской истории 331<br />

und ukrainischen Dörfern beschäftigt. Sie hatten einen niedrigeren<br />

sozialen und wirtschaftlichen Status als ihre Arbeitgeber<br />

und übernahmen selbst deren deutsche Lebensweise.<br />

In der Zeit nach den Reformen war die deutsche Landbevölkerung<br />

deutlich mobiler geworden. Junge Männer leisteten<br />

ihren Wehrdienst in der russischen Armee, die überzählige<br />

Bevölkerung war in den Städten auf Arbeitssuche. Ein Teil<br />

der Wolgadeutschen suchte auch in Baku und den Industriegebieten<br />

Zentralrussland nach einem Broterwerb. Die<br />

Deutschen aus den Gouvernements St. Petersburg, Saratow<br />

und Samara sowie aus Südrussland nahmen intensiver<br />

am Warenaustausch mit der städtischen Bevölkerung teil,<br />

wodurch Stoffe und Konfektionsbekleidung, wie Kopfbedeckungen<br />

oder Winterbekleidung, Einzug in die Kolonien<br />

hielten. Diese Bekleidung wurde aus Stoffen hergestellt,<br />

die in Manufakturen produziert wurden und den für die<br />

Wolga-Region traditionellen hausgemachten Sarpinka-Stoff<br />

ablösten. Die Industrialisierung Ende des 19. und Anfang<br />

des 20. Jahrhunderts führte zur Verdrängung der Heimarbeit<br />

durch Fabrikerzeugnisse.<br />

Anfang des 21. Jahrhunderts findet man nur noch wenige<br />

traditionelle Elemente an der Bekleidung, da es die bäuerliche<br />

Volkstracht seit Anfang des 20. Jahrhunderts praktisch nicht<br />

mehr gibt. Die Kleidung orientierte sich jetzt am städtischen<br />

Schnitt und wurde mit wenigen Ausnahmen aus gekauften<br />

Stoffen gefertigt. Und dennoch wies die Kleidung der Deutschen<br />

Unterschiede zu anderen Volksgruppen auf. So trugen<br />

die Frauen noch lange Hauben und bestickte Schürzen. Auch<br />

bestimmte zeremonielle Kleidungsstücke, wie Hochzeitsoder<br />

Trauerkleidung, blieben in ihrer traditionellen Form<br />

erhalten. Es gab Traditionen, wie man sich an bestimmten<br />

kalendarischen Feiertagen kleiden sollte, und in vielen Familien<br />

wurden Schuhe mit Holzsohle gefertigt.<br />

In den 1930er Jahren verschwand aufgrund der schweren<br />

wirtschaftlichen Lage die Kleidung mit traditionellem<br />

Schnitt. Noch vorhandene Kleidungsstücke waren verschlissen,<br />

wurden umgenäht oder eingetauscht. Die Kontinuität<br />

Abb. 778<br />

Abb.<br />

779–781<br />

Abb.<br />

782–784<br />

Abb.<br />

785, 786<br />

Abb.<br />

787, 788<br />

Abb.<br />

789–791<br />

сел. По социальному и экономическому положению<br />

они были ниже своих работодателей и сами приобщались<br />

к немецкому образу жизни.<br />

В пореформенный период мобильность немецкого<br />

сельского населения значительно возросла. Молодые<br />

мужчины проходили военную службу в российской<br />

армии, избыточное население искало возможность<br />

заработка в городах. Часть немцев Поволжья уходила<br />

на заработки в Баку и Центральный промышленный<br />

район. Немцы Санкт-Петербургской, Саратовской,<br />

Самарской губерний и юга России интенсивнее приобщались<br />

к товарообмену с городским населением,<br />

что, в свою очередь, открыло доступ в колонии<br />

тканей и готовой одежды (головных уборов, зимней<br />

одежды), изготовленных из мануфактурных тканей,<br />

вместо традиционной для Поволжья домотканой<br />

сарпинки. Индустриализация конца XIX – начала<br />

XX в. привела к вытеснению домашних промыслов<br />

и их замене фабричными изделиями.<br />

Традиционных элементов в одежде к началу ХХI в.<br />

сохранилось очень мало, поскольку народный крестьянский<br />

костюм уже к началу ХХ в. практически<br />

перестал существовать. Одежда была городского<br />

типа и шилась, за редким исключением, из покупных<br />

тканей. И все же, одежда немцев имела отличия<br />

от одежды других этнических групп: например,<br />

длительное время в женском комплекте одежды<br />

сохранялись чепцы и украшенные вышивкой фартуки.<br />

Своеобразной была обрядовая, например,<br />

свадебная и похоронная, одежда, существовали<br />

традиции ряженья во время календарных праздников,<br />

во многих семьях изготавливали обувь<br />

на деревянной подошве.<br />

В 1930‐е гг., в связи с тяжелым экономическим положением,<br />

происходит исчезновение одежды традиционного<br />

покроя. Имеющаяся одежда изнашивалась,<br />

перешивалась, выменивалась. Так, фактически была<br />

Илл. 778<br />

Илл.<br />

779–781<br />

Илл.<br />

782–784<br />

Илл.<br />

785, 786<br />

Илл.<br />

787, 788<br />

Илл.<br />

789–791<br />

774. Портрет Зейферт (Покровская слобода Самарской губ.,<br />

ныне г. Энгельс). М. Головачев. 1832. Саратовский<br />

государственный художественный музей<br />

им. А. Радищева, Саратов<br />

Portrait Frau Seifert (Pokrowskaja Vorstadt,<br />

Gouvernement Samara; heute: Stadt Engels).<br />

M. Golowatschjew. 1832. Saratower A. Radischtschew-<br />

Museum für bildende Künste, Saratow<br />

775. Немецкие колонисты из окрестностей<br />

Санкт‐Петербурга на фоне типичного жилища.<br />

С литографии по рисунку Джиржановского. 1862<br />

Deutsche Kolonisten aus der Umgebung von<br />

St. Petersburg auf dem Hintergrund eines typischen<br />

Hauses. Lithographie nach einer Zeichnung<br />

von Dzierzanovsky. 1862<br />

776. Колонисты Рибенсдорфа Воронежской губернии.<br />

С литографии по рис. В. Тимма. Фрагмент. 1861<br />

Kolonisten aus Riebensdorf im Gouvernement Woronjesch.<br />

Lithographie nach einer Zeichnung von W. Timm. Fragment. 1861<br />

777. Воскресная одежда поволжских колонисток для посещения церкви.<br />

Фото. Конец XIX в. Землячество немцев из России, Штутгарт<br />

Festkleidung von Kolonistinnen des Wolgagebiets für den Kirchgang.<br />

Foto. Ende 19. Jh. Landsmannschaft der Deutschen aus Russland,<br />

Stuttgart<br />

778. Повседневная одежда поволжских колонистов.<br />

А. Я. Вебер. 1909. Частное собрание<br />

Alltagskleidung wolgadeutscher Kolonisten.<br />

A. Ja. Weber. 1909. Private Sammlung


779 780<br />

781<br />

779. Самопрялки, собранные в ходе<br />

экспедиций Омского университета.<br />

Фото А. Айсфельда. 2006.<br />

Spinnräder, geborgen während der Expeditionen<br />

der Universität Omsk. Foto von A. Eisfeld. 2006<br />

782<br />

780. Ткацкий станок (Бессарабия). Начало ХХ в.<br />

Фото Е. А. Солодовой. 2009. Частный<br />

историко-этнографический музей Эдвина<br />

Кельма, Мирнополье Одесской обл.<br />

Webstuhl (Bessarabien). Anfang 20. Jh.<br />

Foto von E. A. Solodowa. 2009. Historischethnographisches<br />

Privatmuseum von Edwin<br />

Kelm. Mirnopolje, Gebiet Odessa<br />

781. Повседневная одежда поволжских колонисток<br />

из сарпинки, традиционно с головным<br />

платком. Фото. Начало ХХ в. Землячество<br />

немцев из России, Штутгарт<br />

Alltagskleidung wolgadeutscher Kolonistinnen<br />

aus Sarpinka mit dem traditionellen Kopftuch.<br />

Foto. Anfang 20. Jh. Landsmannschaft der<br />

Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />

782. Одежда меннонитов (семья учителя<br />

П. Я. Нейфельда, Гальбштадт<br />

Таврической губ.). Фото. Начало ХХ в.<br />

Семейный архив И. И. Вильмсена<br />

Kleidung von Mennoniten (Familie des Lehrers<br />

P. Ja. Neufeld, Halbstadt, Gouvernement Taurien).<br />

Foto. Anfang 20. Jh. Familienarchiv von<br />

J. J. Wilmsen<br />

783. Праздничная одежда меннонитов (Аполлоновка Омского уезда). Фото. Начало ХХ в.<br />

Музей этнографии Омского государственного университета<br />

Festliche Kleidung von Mennoniten (Apollonowka, Bezirk Omsk). Foto. Anfang 20. Jh.<br />

Ethnographisches Museum der staatlichen Universität Omsk<br />

783


784 785<br />

784. Повседневная одежда фабричного производства у<br />

мужчин-колонистов. Фото. Начало ХХ в. Землячество<br />

немцев из России, Штутгарт<br />

Kleidung aus Fabrikherstellung, vor allem bei den<br />

Männern. Foto. Anfang 20. Jh. Landsmannschaft der<br />

Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />

785. Традиционный головной убор меннониток<br />

(Самарская губ.). Фото. Начало ХХ в. Издательство<br />

«Заменкорн», Штейнхаген<br />

Traditionelle Kopfbedeckungen mennonitischer Frauen<br />

(Gouvernement Samara). Foto. Anfang 20. Jh. Verlag<br />

„Samenkorn“, Steinhagen<br />

786. Передник (начало ХХ в., Причерноморье). Фото. 2003.<br />

Одесский историко-краеведческий музей, Одесса<br />

Schürze (Anf. 20. Jh., Schwarzmeergebiet). Foto. 2003.<br />

Odessaer historisch-heimatkundliches Museum, Odessa<br />

787. Курение трубки – традиционное занятие поволжских<br />

колонистов. Книжная иллюстрация. 1914<br />

Pfeife rauchen war eine traditionelle Beschäftigung der<br />

deutschen Kolonisten an der Wolga. Buchillustration. 1914<br />

788. Трубка курительная. Середина XIX в. Фото С. М. Дутки.<br />

2010. Одесский историко-краеведческий музей, Одесса<br />

Tabakspfeife. Mitte 19. Jh. Foto von S. M. Dutka. 2010.<br />

Odessaer historisch-heimatkundliches Museum, Odessa<br />

786<br />

788<br />

787


789. Немки-колонистки чинят одежду,<br />

за прялкой – девочка (АССР НП).<br />

Фото. 1927–1928. Российский<br />

государственный архив<br />

кинофотодокументов (РГАКФД),<br />

Красногорск<br />

Deutsche Kolonistinnen beim<br />

Ausbessern der Kleidung.<br />

Am Spinnrad – ein Mädchen<br />

(ASSRdWD). Foto. 1927–1928.<br />

Russisches Staatsarchiv für Filmund<br />

Fotodokumente (RGAKFD),<br />

Krasnogorsk<br />

789<br />

790. Одежда немцев-крестьян (собрание<br />

по вопросам организации колхоза,<br />

Сибирский край). Фото. 1930.<br />

РГАКФД, Красногорск<br />

Kleidung deutscher Bauern<br />

(Versammlung zur Gründung einer<br />

Kolchose, Sibirien). Foto. 1930.<br />

RGAKFD, Krasnogorsk<br />

790<br />

791 792<br />

791. Женщина-немка (колонистка). Я. Вебер. 1936.<br />

Частное собрание<br />

Deutsche Kolonistenfrau. Ja. Weber. 1936.<br />

Private Sammlung<br />

792. Проповедники и слушатели меннонитской библейской школы в зимней одежде<br />

(Самарская губ.). Фото. 1923. Издательство Ней-Самара, Варендорф<br />

Prediger und Schüler der mennonitischen Bibelschule in Winterkleidung<br />

(Gouvernement Samara). Foto. 1923. Verlag Neu Samara, Warendorf


Немцы в российской истории 335<br />

in der Entwicklung und Bereicherung der deutschen<br />

Nationaltracht war unterbrochen. Die Alltagskleidung<br />

wurde zu Hause genäht, Festkleidung ließ man von einer<br />

Schneiderin anfertigen. Frauen, die eine Nähmaschine<br />

besaßen, gingen oft von Haus zu Haus und nähten Bekleidung<br />

auf Bestellung. Die Festkleidung unterschied sich<br />

von der Alltagskleidung nicht durch den Schnitt, sondern<br />

dadurch, dass sie aus teureren Stoffen gefertigt wurde,<br />

reich verziert und neu war. War sie abgetragen, wurde sie<br />

oft zu Kindersachen umgenäht. Die Kinderkleidung war<br />

meistens eine Kopie der Erwachsenenkleidung. Die ganz<br />

kleinen Jungen und Mädchen steckte man in Kleider mit<br />

großen spitzenbesetzten Kragen, Pantalons und Hauben<br />

mit gehäkelten Spitzen. Kleine Jungen trugen ähnlich wie<br />

Mädchen Kleider und Hauben, für ältere Jungen wurden<br />

Hemden und Trägerhose genäht.<br />

Das raue Klima führte dazu, dass bei den Deutschen Winterkleidung<br />

mit vielen Elementen, die man von der einheimischen<br />

Bevölkerung übernommen hatte, aufkam. Dazu<br />

gehörten beispielsweise Filzstiefel, Schafsfellmäntel und<br />

-jacken, Pelzmützen und Wolltücher. Im Winter wurden<br />

gern Stricksachen aus Schafswolle, wie Fäustlinge, Socken,<br />

Pullover, Strümpfe und Kniestrümpfe, getragen.<br />

Heute findet man typische Elemente nur noch vereinzelt<br />

in der Kleidung älterer Leute. Das zeigt sich in Nuancen,<br />

z. B. darin, dass sie hell- und dunkelbraune, weiße und<br />

schwarze sowie gestreifte und karierte Stoffe bevorzugen.<br />

Die Tradition der Mennoniten, sich nur schwarz zu kleiden,<br />

war unter russischen Verhältnissen schwer einzuhalten.<br />

Daher waren sie bemüht, sich stets sehr einfach und<br />

bescheiden zu kleiden. Lange Zeit machten sie keinen<br />

Unterschied zwischen der Alltags- und Festkleidung und<br />

benutzten kein Beiwerk aus Metall.<br />

Die deutsche Volkstracht, wie sie sich zum Ende des<br />

19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter<br />

прервана линия постоянного развития и обогащения<br />

немецкого костюма. Повседневную одежду шили в домашних<br />

условиях. Праздничную одежду чаще шили<br />

портнихи. Те женщины, у которых были швейные машины,<br />

часто ходили по домам и шили на заказ. Праздничная<br />

одежда от будничной отличалась не покроем,<br />

а тем, что она шилась из более дорогих тканей, богато<br />

украшалась, была новой. Потом ее донашивали дома,<br />

часто перешивали на детские вещи. Детская одежда<br />

чаще всего копировала взрослую. Совсем маленьких<br />

мальчиков и девочек одевали в платья с большими<br />

кружевными воротниками, панталоны и чепчики,<br />

которые также украшались кружевом, связанным<br />

крючком. Маленьких мальчиков одевали так же, как<br />

и девочек, в платья и чепчики, а мальчикам постарше<br />

шили рубашечки и штанишки на лямках.<br />

Суровый климат привел к появлению у немцев зимнего<br />

комплекта одежды, многие элементы которого были<br />

позаимствованы у местного населения, например, валенки,<br />

овчинные шубы и полушубки, меховые шапки<br />

и шерстяные шали. Зимой носили много вязаных<br />

вещей из овечьей пряжи: варежки, носки, жилеты,<br />

свитера, чулки и гольфы.<br />

В настоящее время незначительная специфика сохраняется<br />

лишь в одежде пожилых людей. Она заключается<br />

в нюансах, например, в предпочтении коричневого,<br />

болотного, белого и черного цветов, клетки и полоски.<br />

Существующая у меннонитов традиция одеваться<br />

только в черное в российских условиях была трудно<br />

выполнима. Поэтому они старались носить простую,<br />

скромную одежду. У них долгое время не было различия<br />

между праздничной и повседневной одеждой,<br />

они не использовали металлическую фурнитуру.<br />

Немецкий народный костюм, сложившийся в конце<br />

XIX – начале XX в. в русле общеевропейских<br />

Abb. 792 Илл. 792<br />

Abb.<br />

793, 794<br />

Илл.<br />

793, 794<br />

793. Зимняя юбка с лифом (начало ХХ в., Поволжье).<br />

Саратовский областной музей краеведения,<br />

Саратов<br />

Stickrock mit Bluse (Anf. 20. Jh., Wolgagebiet).<br />

Saratower Gebietsmuseum für Heimatkunde,<br />

Saratow<br />

794. Вязаные чулки с вышивкой (начало ХХ в.,<br />

Поволжье). Саратовский областной музей<br />

краеведения, Саратов<br />

Strickstrümpfe mit Stickerei (Anf. 20. Jh.,<br />

Wolgagebiet). Saratower Gebietsmuseum<br />

für Heimatkunde, Saratow<br />

793 794


336 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

dem Einfluss allgemeiner europäischer Bekleidungstrends entwickelt<br />

hatte, konnte bis in die 1930er Jahre hinein eine Reihe<br />

spezifischer Merkmale bewahren. Danach ist die traditionelle<br />

Kleidung nahezu völlig verschwunden und nur noch in Form<br />

einzelner Elemente der Tracht erhalten.<br />

тенденций развития одежды, сохранял в себе ряд<br />

самобытных черт вплоть до 1930‐х гг. В дальнейшем<br />

традиционный комплекс одежды был почти полностью<br />

утрачен, сохраняясь в отдельных элементах<br />

лишь в обрядовой одежде.<br />

Familienbräuche und -Riten<br />

Семейные обряды и обычаи<br />

Abb. 795<br />

Abb. 796<br />

Familienbräuche und -riten spielen in der Kultur eines jeden<br />

Volkes eine wichtige Rolle. Gerade in der Familie werden<br />

traditionelle Beziehungen, Verhaltensnormen, Besonderheiten<br />

aus dem Alltag und die Muttersprache fortwährend<br />

reproduziert. Familiäre Traditionen gibt es sehr viele und<br />

unterschiedliche, aber aus ihnen heben sich drei besonders<br />

beständige Gruppen von Riten und Bräuchen heraus, die mit<br />

den wichtigsten Momenten im Leben eines jeden Menschen<br />

verbunden sind, nämlich mit der Geburt, der Gründung<br />

einer Familie und dem Tod. Dabei geht es um Geburts-,<br />

Hochzeits- und Trauerbräuche.<br />

Die traditionelle deutsche Familie war kinderreich. Daher<br />

wurde die Geburt eines Kindes, wenn ein neuer Mensch auf<br />

die Welt kam, von einer Vielzahl an Riten und Bräuchen<br />

begleitet. Das waren beispielsweise Bräuche, die mit der<br />

Schwangerschaft zu tun hatten und auf die Gesundheit der<br />

Mutter, eine leichte und unkomplizierte Entbindung sowie<br />

die Geburt eines gesunden Kindes abzielten. Dazu gehörten<br />

zahlreiche Verbote, wie das Verbot, Zähne zu ziehen, Haare zu<br />

schneiden, zu spinnen oder einem Brand zuzuschauen. Nach<br />

der Geburt des Kindes folgten zahlreiche reinigende Riten und<br />

Riten, die die Gesundheit des Kindes in der Anfangsphase<br />

seines Lebens sichern sollten. Bei Lutheranern und Katholiken<br />

war es üblich, Kinder so früh wie möglich zu taufen, daher<br />

folgte als nächstes der Ritus der Taufe.<br />

War kein Pfarrer vor Ort, tauften Alte, die sich in den<br />

Bräuchen gut auskannten, das Kind. Bei der Taufe gaben<br />

Илл. 795<br />

Илл. 796<br />

Семейные обряды и обычаи играют очень важную<br />

роль в культуре любого народа. Именно в семье<br />

воспроизводятся традиционные отношения, нормы<br />

поведения, бытовая специфика и родной язык. Семейные<br />

традиции многочисленны и разнообразны,<br />

но среди них выделяются три наиболее устойчивые<br />

группы обрядов и обычаев, связанные с самыми важными<br />

моментами в жизни любого человека – рождением,<br />

созданием семьи и смертью. Это родильные,<br />

свадебные и похоронные обряды и обычаи.<br />

В традиционной немецкой семье было много детей.<br />

Поэтому рождение ребенка, появление человека<br />

на свет, сопровождалось большим комплексом обрядов<br />

и обычаев. Это, например, обычаи, связанные<br />

с беременностью, которые были направлены<br />

на здоровье матери, легкие и благополучные роды<br />

и рождение здорового ребенка. Эти обычаи включали<br />

в себя многочисленные запреты (удалять зубы,<br />

стричь волосы, прясть, смотреть на пожар и т. д.).<br />

После рождения ребенка следовал цикл очищающих<br />

обрядов и тех обрядов, которые должны были<br />

обеспечить здоровье в начальный период жизни<br />

малыша. У лютеран и католиков было принято<br />

крестить детей как можно раньше, поэтому далее<br />

следовал обряд крещения.<br />

Если не было священника, то детей крестили старики,<br />

которые хорошо знали обычаи. Во время крещения<br />

795<br />

795. Хроника семьи Швинд (Норка, Поволжье).<br />

Традиция ведения семейной хроники привнесена в Россию<br />

немецкими колонистами. XVIII–XIX вв.<br />

Chronik der Familie Schwindt (Norka, Wolgagebiet).<br />

Das Führen einer Familienchronik wurde von deutschen<br />

Kolonisten nach Russland mitgebracht. 18.–19. Jh.<br />

796. Распашонка для крещения (начало ХХ в., Поволжье).<br />

Саратовский областной музей краеведения, Саратов<br />

Taufjäckchen (Anf. 20. Jh., Wolgagebiet). Saratower<br />

Gebietsmuseum für Heimatkunde, Saratow<br />

796


Немцы в российской истории 337<br />

sie dem Kind seinen Namen. Unter Deutschen war es weit<br />

verbreitet, das erste Kind nach dem Großvater bzw. nach<br />

der Großmutter und das zweite nach dem Vater bzw. nach<br />

der Mutter zu nennen. Um Kinder gleichen Namens voneinander<br />

unterscheiden zu können, dachte man sich für sie<br />

familieninterne Kosenamen aus. Die mit der Geburt eines<br />

Kindes verbundenen Bräuche und Riten hatten als feste Traditionen<br />

bis in die 1950er und 1960er Jahre hinein Bestand.<br />

Mit der Entwicklung des Gesundheitswesens verlagerte sich<br />

die Entbindung immer mehr in medizinische Einrichtungen,<br />

so dass viele Bräuche nun der Vergangenheit angehörten.<br />

Trotzdem haben sich bis heute noch viele Traditionen erhalten,<br />

vor allem solche, die die geistliche Seite der Bräuche<br />

anlässlich einer Geburt betreffen.<br />

Nach seiner Geburt absolvierte ein Mensch eine Reihe von<br />

Riten im Zusammenhang mit dem Übergang von einem Lebensabschnitt<br />

zum nächsten. Am allerwichtigsten in der traditionellen<br />

Kultur waren dabei die Hochzeitsrituale.<br />

Das Hochzeitsbrauchtum kann man in drei Teile gliedern:<br />

die Bräuche und Riten vor der Hochzeit, die Hochzeit<br />

selbst und die Riten danach. In der Vergangenheit spielten<br />

die Bräuche und Riten vor der Hochzeit eine weit wichtigere<br />

Rolle, als das heutzutage der Fall ist. Ihr Sinn bestand<br />

darin, das Einverständnis beider Seiten zur Eheschließung<br />

einzuholen und die wirtschaftlichen Fragen der künftigen<br />

Familie zu regeln.<br />

Wenn einem Burschen ein Mädchen gefiel, konnte er das ihr<br />

zu verstehen geben, indem er vor dem Tor ihres Hauses eine<br />

Birke oder ein anderes grünes Bäumchen, einen Maibaum,<br />

aufstellte. Hatten sich der junge Mann und seine Eltern für<br />

ein Mädchen entschieden, schickten sie Brautwerber aus.<br />

Heute kommt der Brautwerbung nur noch eine formale<br />

Bedeutung zu, da junge Leute selbst über ihr Schicksal<br />

bestimmen. Im traditionellen Ritus kam dem Werben oder<br />

Freien eine sehr wichtige Rolle zu, denn am Ende stand die<br />

Abb. 797<br />

ребенку давали имя. Во многих группах немцев<br />

существовала традиция называть первого ребенка<br />

в честь деда или бабушки, а второго – в честь отца<br />

или матери. Чтобы не запутаться в детях с одинаковыми<br />

именами, им придумывали внутрисемейные,<br />

обычно уменьшительные, имена. Обряды и обычаи,<br />

связанные с рождением ребенка, сохранялись как<br />

устойчивая традиция до 1950–1960‐х гг. С развитием<br />

системы здравоохранения детей стали рожать<br />

в медицинских учреждениях, поэтому постепенно<br />

большая часть обычаев ушла в прошлое. Но многие<br />

традиции, особенно связанные с духовной стороной<br />

родильных обрядов, сохраняются и сейчас.<br />

После своего рождения человек проходил через<br />

целый ряд обрядов перехода, связанных с определенными<br />

возрастными этапами, но наиболее значимыми<br />

в традиционной культуре являются обряды<br />

свадебные.<br />

Весь комплекс свадебной обрядности можно разделить<br />

на три части: досвадебные обряды и обычаи, собственно<br />

свадьба и послесвадебные обряды. В прошлом<br />

досвадебные обряды и обычаи играли гораздо более<br />

значимую роль, чем сейчас. Их смысл заключался в достижении<br />

согласия на брак обеих сторон и урегулировании<br />

экономических вопросов будущей семьи.<br />

Если парню нравилась девушка, то он мог дать ей<br />

понять об этом, поставив перед ее воротами березу<br />

или другое зеленое деревце (Maibaum). После того,<br />

как молодой человек и его родители определялись<br />

с выбором девушки, они засылали сватов. В настоящее<br />

время сватовство носит формальный характер,<br />

так как молодые люди сами решают свою судьбу.<br />

В традиционном обряде сватовство (Werbung, Freien)<br />

играло очень важную роль, так как оно заканчивалось<br />

принципиальным согласием сторон на брак. Это был<br />

Илл. 797<br />

797. Первое святое причастие у католиков<br />

(Красноярск). Фото. 1956. Землячество<br />

немцев из России, Штутгарт<br />

Erste Heilige Kommunion (Krasnojarsk).<br />

Foto. 1956. Landsmannschaft der Deutschen<br />

aus Russland, Stuttgart<br />

797


798. Колонистская свадьба,<br />

инсценированная<br />

Немецким драматическим<br />

театром Темиртау<br />

в Нижней Добринке<br />

Волгоградской области.<br />

Фото Й. Байера. 1989<br />

Kolonistenhochzeit,<br />

nachgestellt vom Deutschen<br />

Dramentheater Temirtau<br />

in Nischnjaja Dobrinka,<br />

Gebiet Wolgograd.<br />

Foto von J. Bayer. 1989<br />

798<br />

799<br />

800<br />

799. Свадебная повозка<br />

(Причерноморье). Фото.<br />

Начало ХХ в. Землячество немцев<br />

из России, Штутгарт<br />

Hochzeitskutsche (Schwarzmeergebiet).<br />

Foto. Anf. 20. Jh.<br />

Landsmannschaft der Deutschen<br />

aus Russland, Stuttgart<br />

800. Свадебные песни к бракосочетанию<br />

меннонитов И. Корниса и Т. Тиссен<br />

(Таврическая губ.). Эльбинг, 1848.<br />

Государственный архив Одесской<br />

области, Одесса<br />

Trauungs-Gesänge für die<br />

Vermählungsfeier der Mennoniten<br />

J. Cornies und T. Tiessen<br />

(Gouvernement Taurien).<br />

Elbing, 1848. Staatliches<br />

Gebietsarchiv Odessa<br />

801. Свадебный венок невесты<br />

и букетик жениха (из семьи Тилль,<br />

Поволжье). Саратовский областной<br />

музей краеведения, Саратов<br />

Brautkranz und Sträußchen des<br />

Bräutigams (Familie Till, Wolgagebiet).<br />

Saratower Gebietsmuseum für<br />

Heimatkunde, Saratow<br />

801


Немцы в российской истории 339<br />

prinzipielle Zustimmung beider Seiten zur Hochzeit. Das<br />

war eine Art mündlicher Vertragsabschluss zwischen den<br />

Familien, bei dem alle Seiten des künftigen Ehebündnisses<br />

besprochen wurden. Nach der Brautwerbung galten die<br />

jungen Leute offiziell als Braut und Bräutigam.<br />

Nach der Brautwerbung vergingen noch etwa drei bis vier<br />

Wochen bis zur Hochzeit. Früher wurden die meisten<br />

Hochzeiten nach der Ernte gefeiert, wenn die Feldarbeiten<br />

abgeschlossen und die Vorratskammern gut gefüllt waren.<br />

Zwischen Brautwerbung und Hochzeit lag die Zeit der unmittelbaren<br />

Hochzeitsvorbereitungen. Braut und Bräutigam<br />

tauschten Geschenke aus. Eine Woche vor der Hochzeit<br />

wurden die Gäste eingeladen. Die Einladung war eine<br />

laute und lustige Angelegenheit. Die zentralen Gestalten<br />

dabei waren die Hochzeitsbitter, Hochzeitsvater, Brautdiener<br />

und Hochzeitslader. Sie trugen einen speziellen, oben<br />

mit Blumen geschmückten Hochzeitsstab oder -stock, den<br />

sogenannten Freierstock (Perstock). Jeder, der zur Hochzeit<br />

eingeladen wurde, musste am Hochzeitsstab ein buntes<br />

Band befestigen. Anhand der Bänder wurden die geladenen<br />

Gäste gezählt.<br />

Die Hochzeit wurde üblicherweise am Samstag und Sonntag<br />

gefeiert, während am Tag zuvor, am Freitag, der Polterabend<br />

stattfand. In den Gemeinden der Baptisten und Mennoniten<br />

fand die Hochzeit am Sonntag statt, am Samstag gab<br />

es die Geschenke. Der Polterabend war der Abschied von<br />

der Jugendzeit, zu dem sich die Burschen und Mädchen<br />

im Haus der Braut versammelten, mit den mitgebrachten<br />

Speisen und Getränken ein Festmahl veranstalten, spielten,<br />

tanzten, Geschirr zerschlugen und viel Lärm machten.<br />

Von alters her war es üblich, mit der Hochzeit am Vormittag,<br />

bei Sonnenaufgang zu beginnen. Zu den Hochzeitsbräuchen<br />

gehörte ein Umzug des Bräutigams durch das Dorf zum<br />

Haus der Braut, deren oft scherzhaft inszenierter Loskauf,<br />

das Überwinden von Hindernissen, die Eintragung der Ehe<br />

ins Trauungsbuch bzw. die Trauung und das Festmahl.<br />

Der Höhepunkt einer Hochzeitsfeier war das rituelle Abnehmen<br />

des Brautkranzes. Um Mitternacht wurde das Brautpaar<br />

in die Mitte des Zimmers gesetzt, und die Gäste sangen ein<br />

Lied, meistens „Schön ist die Jugend“. Der Kranz wurde der<br />

Braut vom Kopf genommen und an ein anderes Mädchen<br />

weitergegeben. Fast jedes Dorf hatte bei diesem Ritual seine<br />

Besonderheiten.<br />

Am zweiten Hochzeitstag gab es Unterhaltung, Spiel und<br />

Spaß, Prüfungen sowie Geldgeben für das junge Paar. Sehr<br />

oft wurde am zweiten Hochzeitstag eine „zweite Hochzeit“<br />

gefeiert. Das war eine heitere Aufführung, dessen Drehbuch<br />

die richtige Hochzeit in lustiger Form wiederholte.<br />

Auf die Hochzeitstafel kam eine Vielzahl an Speisen. Brot,<br />

Kaffee und Nudelsuppe gehörten immer dazu. Noch in jüngster<br />

Vergangenheit war es üblich, dass Freunde des Brautpaars<br />

durch das Dorf zogen und Hühner einsammelten, die sie<br />

manchmal auch einfach stahlen. Ein Huhn wurde an einen<br />

langen Stock gebunden, und mit Scherzen und Possen zog<br />

man mit dem Huhn durchs Dorf. Dieser Brauch, Hühner zu<br />

stehlen und verkleidet mit einem Huhn durch das Dorf zu<br />

ziehen sowie der letzte Hochzeitstag selbst wurden Hochzeitsschwanz<br />

genannt, denn die Hochzeitsfeier galt als beendet,<br />

wenn der letzte Hühnerschwanz gegessen war.<br />

Abb.<br />

798–800<br />

Abb. 801<br />

своего рода устный договор между семьями, обговаривающий<br />

все стороны будущего брачного союза.<br />

С момента сватовства молодые люди официально считались<br />

женихом (Bräutigam) и невестой (Braut).<br />

Период между сватовством и свадьбой обычно составлял<br />

3–4 недели. Наибольшее количество свадеб<br />

раньше справлялось после уборки урожая, когда полевые<br />

работы закончились и было много продуктов.<br />

В период между сватовством и свадьбой шли активные<br />

приготовления. Жених и невеста обменивались<br />

подарками. За неделю до свадьбы приглашались<br />

гости. Приглашение устраивалось шумное и веселое.<br />

Центральной фигурой становились специальные<br />

распорядители свадебного торжества (Hochzeitsbitter,<br />

Hochzeitsvater, Brautdiener, Hochzeitslader).<br />

Они несли специальный свадебный жезл или посох,<br />

украшенный сверху цветами (Freierstock, Perstock).<br />

Каждый, кого приглашали на свадьбу, должен был<br />

завязать цветную ленту на посохе. По количеству<br />

лент считали приглашенных гостей.<br />

Свадьбу обычно играли в субботу и воскресенье,<br />

а накануне в пятницу устраивали полтерабент (в общинах<br />

баптистов и меннонитов – свадьба в воскресенье,<br />

а в субботу – вечер подарков). Полтерабент<br />

(Polterabend, букв. вечер шума, грохота) – это вечер<br />

прощания с молодостью, когда парни и девушки<br />

собирались в доме невесты, приносили с собой угощение,<br />

устраивали застолье, игры и танцы, били<br />

посуду, шумели.<br />

С древних времен было принято начинать свадьбу<br />

до полудня, на подъеме солнца. Свадебные обряды<br />

включали в себя проход жениха через деревню<br />

к дому невесты, ее выкуп (часто шуточный), преодоление<br />

препятствий, регистрацию брака или венчание,<br />

свадебное застолье.<br />

Кульминацией свадебного торжества является ритуал<br />

снятия венка с невесты. В полночь новобрачных<br />

усаживают в центре комнаты, гости поют песню,<br />

чаще всего – «Schön ist die Jugend». С головы невесты<br />

снимают свадебный венок и передают его<br />

другой девушке. Почти в каждой деревне были свои<br />

особенности проведения этого ритуала.<br />

Второй день свадьбы – это развлечения, игры, шутки,<br />

испытания молодых, сбор для них денег. Очень<br />

часто во второй день устраивали «вторую свадьбу»<br />

(zweite Hochzeit). Разыгрывалось представление, сценарий<br />

которого повторял настоящую свадьбу, но<br />

в шуточном виде.<br />

На свадебном столе находилось множество блюд,<br />

но обязательно были хлеб, кофе и куриная лапша<br />

(Nudelsuppe). В недавнем прошлом друзья молодоженов<br />

ходили по дворам, собирая кур, иногда<br />

воруя их. Курицу привязывали на длинный шест<br />

и ходили с ним по деревне, всячески дурачась.<br />

Обычай воровать кур, шествие ряженых с курицей<br />

по деревне и сам последний день свадьбы называют<br />

«свадебным хвостом» (Hochzeitsschwanz), потому<br />

что свадьбу было принято заканчивать тогда, когда<br />

съедали последний куриный хвост.<br />

Илл.<br />

798–800<br />

Илл. 801


340 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Abb.<br />

802, 803<br />

Die Hochzeit war und ist auch heute noch ein Wendepunkt<br />

im Leben eines Menschen. Mit der Heirat begann ein neuer<br />

Lebensabschnitt. Die Gründung einer Familie war ein derart<br />

wichtiges Ereignis, dass es den Brauch gab, unverheiratet<br />

verstorbene junge Menschen, ja sogar Kinder in Hochzeitskleidern<br />

zu bestatten. Dadurch wurden die noch vor der<br />

Eheschließung verstorbenen jungen Menschen quasi durch<br />

die Ehephase ihres Lebens geführt. Diesen Brauch nannte<br />

man Totenhochzeit.<br />

Im Volksmund heißt es, dass der Erfolg eines jeden Unterfangens<br />

von seinem Anfang bestimmt wird. Da eine<br />

Hochzeit den Beginn des Familienlebens bedeutet, verbindet<br />

man mit ihr viele Vorzeichen, die über die Zukunft der<br />

neuen Familie entscheiden. So gibt es bei den Deutschen<br />

den Spruch: „Wie man die Hochzeit feiert, so verbringt man<br />

das ganze Leben.“<br />

Die Übergangsriten, die am Ende des Lebensweges eines<br />

Menschen stehen, sind Trauerbräuche und -riten. In ihrer<br />

Struktur und Symbolik sind sie denen bei Geburt und<br />

Hochzeit ähnlich, denn ihr Sinn besteht ebenfalls im Übergang<br />

des Menschen von einem Zustand in einen anderen.<br />

Der Mensch geht hinüber in eine andere Welt, ins Jenseits,<br />

zum ewigen Leben, und im allgemeinsten Sinne besteht das<br />

Ziel der Trauerbräuche und -riten darin, diesen Übergang<br />

zu unterstützen.<br />

Илл.<br />

802, 803<br />

Свадьба являлась и является переломным моментом<br />

в жизни человека. С момента женитьбы начинался совершенно<br />

новый этап его жизненного пути. Создание<br />

семьи считалось настолько важным событием, что<br />

существовал обычай хоронить еще не вступивших<br />

в брак юношей и девушек (даже детей) в свадебной<br />

одежде. Этот обычай как бы проводил молодых людей,<br />

умерших до создания семьи, через этап брачной жизни<br />

и назывался «свадьба усопшего» (Totenhochzeit).<br />

В народном сознании существует представление,<br />

согласно которому начало любого дела определяет<br />

его успех. Так как свадьба является началом новой,<br />

семейной, жизни, с ней связано множество народных<br />

примет, по которым определяют будущее новой<br />

семьи. У немцев существует поговорка: «Как свадьбу<br />

проведешь, так всю жизнь и проживешь».<br />

Завершающими жизненный цикл человека обрядами<br />

перехода являются похоронные обряды и обычаи.<br />

По своей структуре и символике они сходны<br />

с родильными и свадебными, поскольку их смысл<br />

заключается в переходе человека из одного состояния<br />

в другое. Человек переходит в иной мир, «на тот<br />

свет», в вечную жизнь, и в самом общем смысле<br />

целью похоронных обрядов и обычаев является<br />

содействие этому переходу.<br />

Kalendarische Feiertage<br />

Календарные праздники<br />

Kalendarische Feiertage sind der wichtigste Teil russlanddeutscher<br />

Traditionen. Ihre Besonderheit besteht darin,<br />

dass sie an ein bestimmtes Kalenderdatum gebunden sind<br />

und sich jedes Jahr wiederholen. Ein Kalenderjahr kann<br />

man, wenn man so will, in drei Zyklen unterteilen: Winterzeit,<br />

Frühlingszeit und die Sommer- und Herbstzeit. Die<br />

meisten kalendergebundenen Bräuche stehen im engen<br />

Календарные праздники – важнейшая часть традиций<br />

российских немцев. Их отличительной<br />

особенностью является то, что они приурочены<br />

к датам календарного цикла и повторяются из года<br />

в год. Календарный год можно условно разделить<br />

на три цикла: зимний, весенний и летне-осенний.<br />

Большинство календарных обычаев тесно связано<br />

803<br />

802<br />

803. Надгробный крест фамильного<br />

захоронения конца XIX в. (Самарская губ.).<br />

Фото А. Айсфельда. 1995<br />

Grabkreuz eines Familiengrabes<br />

(Ende 19. Jh., Gouvernement Samara).<br />

Foto von A. Eisfeld. 1995<br />

802. Последний поклон. Книжная иллюстрация. 1914<br />

Der letzte Gruss. Buchillustration. 1914


Немцы в российской истории 341<br />

Zusammenhang mit der Landwirtschaft und den dabei anfallenden<br />

Arbeiten. Die Bräuche sind vor allem darauf gerichtet,<br />

eine gute Ernte zu sichern, die Viehbestände zu vergrößern<br />

und Erfolg bei allen Unternehmungen zu haben.<br />

Die kalendergebundenen Feiertage der Russlanddeutschen<br />

zeichnen sich je nach Region, Herkunftsort und konfessioneller<br />

Zugehörigkeit durch eine große Vielfalt aus, die<br />

außerdem noch davon abhängig ist, welche alten Bräuche<br />

noch erhalten geblieben sind. Neben lokalen Besonderheiten<br />

ist für kalendergebundene Bräuche aber auch die Übernahme<br />

kultureller Elemente durch Überlagerung oder Verschmelzung<br />

charakteristisch: Übernommene Elemente verdrängen<br />

aber nicht die Althergebrachten, sondern bestehen gleichberechtigt<br />

und parallel zu diesen. Zum Beispiel begehen<br />

die Deutschen alle Feiertage nach beiden Kalendern, nach<br />

dem Julianischen und dem Gregorianischen. In den letzten<br />

Jahren kam noch eine weitere kulturelle Ebene hinzu, die<br />

Feierkultur des modernen Deutschlands, die über Literatur,<br />

Videos sowie private Kontakte und Eindrücke aktiv Eingang<br />

ins Leben der Russlanddeutschen findet.<br />

In der Struktur kalendergebundener Bräuche nimmt das<br />

Weihnachtsfest, das am 25. Dezember gefeiert wird, einen<br />

besonderen Platz ein. In den Häusern wird ein Weihnachtsbaum<br />

aufgestellt, den man mit Weihnachtsschmuck<br />

und Konfekt, mit Kerzen oder Lichterketten schmückt. Der<br />

Weihnachtsbaum bleibt bis zum 14. Januar, dem Neujahrsfest<br />

nach dem alten Kalender, in den Häusern stehen. Außerdem<br />

schmückt man die Wohnräume mit grünen Zweigen von<br />

Laubbäumen, die man extra dafür bereits Anfang Dezember<br />

ins Wasser gestellt hat.<br />

Ein festes Element der Weihnachtsfeier sind Umzüge durchs<br />

Dorf mit Masken und Kostümen. Die wichtigsten Figuren<br />

im Weihnachtsumzug sind das Christkind und der Pelznickel.<br />

Das Christkind wird von einem Mädchen in einem<br />

weißen Gewand und mit verschleiertem Gesicht dargestellt.<br />

Der Pelznickel trägt einen Pelzmantel linksherum und ist<br />

mit Ketten und anderen Gegenständen aus Metall behängt.<br />

Sein Gesicht ist mit Ruß geschwärzt, von einer schwarzen<br />

Maske verhüllt oder bis zur Unkenntlichkeit bunt bemalt.<br />

Am Weihnachtsabend besuchen das Christkind und der<br />

Pelznickel die Häuser, in denen es kleine Kinder gibt. Die<br />

Kinder müssen ein Gedicht vortragen, ein Gebet sprechen<br />

oder ein Lied singen und werden dafür vom Christkind<br />

beschenkt. Der Pelznickel kann ungehorsame Kinder bestraften,<br />

so dass man, ganz anders als beim Christkind, versucht,<br />

ihn nicht ins Haus zu lassen. Er zieht durch die Straßen des<br />

Dorfes, erschreckt und fängt Passanten. Diejenigen, die er<br />

erwischt, zwingt er, an den Ketten, mit denen er behängt<br />

ist, zu nagen oder stattdessen Zwiebeln und Knoblauch zu<br />

essen. Neben dem Pelznickel konnten an diesem Straßenumzug<br />

auch andere Masken wie Knecht Ruprecht, Luzifer<br />

und Polterklaus teilnehmen. Äußerlich ähnelten sie dem<br />

Pelznickel, sie trugen ebenfalls die Pelzmäntel linksherum,<br />

hatten Bärenmasken oder rußgeschwärzte Gesichter. Bei den<br />

Wolhyniendeutschen hieß der Pelznickel Pelzboсk. In manchen<br />

Dörfern hatten solche Straßenumzüge viele Teilnehmer:<br />

Die Männer zogen Frauenröcke oder Kleider an und banden<br />

sich Kopftücher um, die Gesichter waren rußgeschwärzt. Die<br />

Frauen trugen Pelzjacken und Hüte linksherum, außerdem<br />

Abb.<br />

804, 805<br />

Abb. 806<br />

с хозяйственными занятиями и имеет главную<br />

цель – обеспечить хороший урожай, приплод скота<br />

и удачу во всех делах.<br />

Для календарных праздников российских немцев<br />

характерна очень большая вариативность в зависимости<br />

от региона проживания, мест выхода и сохранившихся<br />

архаичных обычаев, конфессиональной<br />

принадлежности. Помимо сохранения локальных<br />

особенностей, для календарной обрядности характерно<br />

такое явление, как заимствование культурных<br />

элементов в форме наложения или совмещения:<br />

заимствованные элементы чаще всего не вытесняют<br />

бытовавшие прежде, а начинают существовать наравне<br />

с ними, параллельно. Например, все праздники<br />

немцы отмечают по двум календарям – юлианскому<br />

и григорианскому. В последние годы добавился еще<br />

один культурный пласт – праздничная культура<br />

современной Германии, которая через литературу,<br />

видео, личные контакты и впечатления активно<br />

проникает в жизнь российских немцев.<br />

В структуре немецкой календарной обрядности<br />

особое место занимает Рождество (Weihnacht), которое<br />

празднуют 25 декабря. В доме ставится елка,<br />

которую украшают игрушками, сластями, свечами<br />

или гирляндами огней. Елка стоит в доме до старого<br />

Нового года (14 января). Кроме этого, жилище<br />

украшается распустившимися зелеными ветками<br />

лиственных деревьев, которые заранее, в начале<br />

декабря, ставятся в воду.<br />

Одним из непременных элементов празднования<br />

Рождества является хождение ряженых по деревне.<br />

Главные персонажи рождественского ряженья –<br />

Крискинде (Christkind) и Пельцникель (Pelznickel).<br />

Крискинде – это девочка или девушка в белой<br />

одежде, лицо которой закрыто вуалью. Пельцникель<br />

одет в вывернутую наизнанку шубу, обвешан<br />

цепями и другими металлическими предметами.<br />

Его лицо измазано сажей, либо спрятано под черную<br />

маску, либо раскрашено до неузнаваемости.<br />

Крискинде и Пельцникель в рождественскую ночь<br />

ходят в те дома, где есть маленькие дети. Дети<br />

должны прочитать стихотворение или молитву,<br />

спеть песню, за что Крискинде дарит им подарки.<br />

Пельцникель может наказать непослушного ребенка.<br />

В отличие от Крискинде, его стараются не<br />

пустить в дом. Он ходит по улицам села, пугает<br />

и ловит гуляющих. Тех, кого ему удалось поймать,<br />

он заставляет «есть» цепи, которые на нем висят,<br />

или лук, чеснок. Кроме Пельцникеля в этой<br />

процессии могли участвовать и другие маски:<br />

Кнехт Рупрехт (Knecht Ruprecht), Люцер (Luzifer),<br />

Полтерклаус (Polterklaus). Внешне они похожи<br />

на Пельцникеля, также одеты в вывернутые шубы,<br />

в медвежьих масках или с лицами, черненными сажей.<br />

У волынских немцев Пельцникель назывался<br />

Пельцебок (Pelzboсk). В некоторых деревнях процессии<br />

ряженых были довольно многочисленны:<br />

мужчины надевали женские юбки, платки, лицо<br />

мазали сажей, женщины – вывернутые полушубки,<br />

Илл.<br />

804, 805<br />

Илл. 806


804. Приложение к журналу поволжских колонистов<br />

«Фриденсботе» на рождественскую тему. 1894<br />

Beilage zur Weihnachtsausgabe der wolgadeutschen<br />

Zeitschrift „Friedensbote“. 1894<br />

805. Рождественское пожелание и новогодняя просьба<br />

в журнале «Фриденсботе». Саратов, 1894<br />

Weihnachtswunsch und Neujahrsbitte in der Zeitschrift<br />

„Friedensbote“. Saratow, 1894<br />

806. Облачение Пельцникеля. Фото. Минусинск, 1999<br />

Gewand des Pelznickels. Foto. Minusinksk, 1999<br />

804<br />

805<br />

806


Немцы в российской истории 343<br />

verschlissene Hosen. Manche hatten Trommeln dabei, sie<br />

lärmten und klapperten.<br />

Nächtliche Feste und Umzüge waren vor allem typisch für<br />

die Dörfer der Lutheraner und Katholiken. In Dörfern, in<br />

den mehrheitlich Mennoniten und Baptisten lebten, gab es<br />

solche lauten Feiern nicht. Zu Weihnachten traf man sich<br />

mehrmals zum Gebet. Die Kinder wurden von den Eltern<br />

oder den Gemeindemitgliedern beschenkt, wenn man<br />

sich zum gemeinsamen Gebet versammelte. Jedoch gab es<br />

bei den Mennoniten eine ähnliche Gestalt wie Väterchen<br />

Frost bei den Russen. Das war der Weihnachtsmann. In<br />

manchen Dörfern trug er wie der Pelznickel einen Pelzmantel<br />

linksherum und eine Pelzmütze, das Gesicht war<br />

mit einem Bart und einem Schnurrbart beklebt, und er<br />

trug eine Brille. Seit einigen Jahren unterscheidet sich der<br />

Weihnachtsmann äußerliche nicht mehr von Väterchen<br />

Frost und trägt einen normalen Pelzmantel mit Gürtel,<br />

eine rote Mütze und einen weißen Bart. Im Unterschied<br />

zum Pelznickel hat er nie Kinder bestraft, er verteilte nur<br />

Geschenke, die er aus einem Sack holte.<br />

Die Woche vom 25. bis zum 31. Dezember war eine besondere,<br />

die Weihnachtswoche. In dieser Zeit sollte man<br />

sehr vorsichtig sein und vorsorglich einmal mehr beten.<br />

Es war verboten, nachts spazieren zu gehen, unflätige<br />

Worte zu verwenden oder zu fluchen. Auf gar keinen Fall<br />

sollte der Teufel erwähnt werden, auch Karten spielen war<br />

verboten. Man sagte, dass sich in dieser Zeit allerlei böse<br />

Geister herumtreiben, die danach trachten, den Menschen<br />

Schaden zuzufügen.<br />

In der Nacht vom 31. Dezember zum 1. Januar wird das<br />

Neujahrsfest gefeiert, das bei den Deutschen zu Ehren<br />

eines Heiligen, dessen Namenstag auf den 31. Dezember<br />

fällt, Silvester heißt.<br />

Die Neujahrsbräuche und -riten ähneln den Weihnachtsbräuchen.<br />

Die ganze Familie versammelt sich an einer<br />

üppig gedeckten Tafel, und verkleidete Menschen ziehen<br />

durch das Dorf. Allerdings verlagern sich die Feiern zum<br />

Neujahrsfest aus der Familie in die Gemeinde. Dieses<br />

Fest ist eher noch als Weihnachten ein kollektives, gemeinschaftliches<br />

Fest. Zum Jahreswechsel läuteten die<br />

Glocken, alle liefen hinaus auf die Straßen, schossen mit<br />

Gewehren, zündeten Feuerwerkskörper, schrien, sangen<br />

und wünschten sich gegenseitig viel Glück. Zu Neujahr<br />

war es in deutschen Dörfern üblich, Verwandte und Nachbarn<br />

zu besuchen, ihnen Glückwünsche und Geschenke<br />

zu überreichen. Dabei sollte, bevor man das Haus betrat,<br />

möglichst viel Lärm gemacht werden. Man stampfte mit<br />

den Füßen, klopfte laut an die Tür, die Männer schossen<br />

mit ihren Gewehren, die zum Neujahrsfest mit roten Bändern<br />

geschmückt waren, in die Luft. Die Gäste mussten<br />

ein Gedicht aufsagen oder spezielle Neujahrswünsche<br />

überbringen. Dazu wurden die Gastgeber von den Gästen<br />

mit Weizenkörnern überschüttetet. Es hieß, dass es dann<br />

eine gute Ernte geben werde.<br />

Bei den Russlanddeutschen, wie auch in Deutschland, endet<br />

die Weihnachts- und Neujahrszeit am 6. Januar, wenn die<br />

christliche Kirche Epiphanias, die Erscheinung des Herrn,<br />

feiert. Bei den Russlanddeutschen, hauptsächlich bei den<br />

Katholiken, ist dieser Tag als Dreikönigstag oder, bei den<br />

вывернутые шляпы, рваные штаны. Некоторые были<br />

с барабанами, они шумели, гремели.<br />

Ночные гулянья и хождения ряженых были характерны<br />

в основном для тех деревень, где жили лютеране<br />

и католики. В деревнях, где большинство составляли<br />

меннониты и баптисты, шумных праздников не<br />

устраивали, а на Рождество проводили несколько<br />

молитвенных собраний. Подарки детям дарили либо<br />

родители, либо члены общины на молитвенном собрании.<br />

Однако и у меннонитов есть персонаж, которого<br />

обычно сравнивают с русским Дедом Морозом.<br />

Это Вайнахтсман (Weihnachtsmann) – рождественский<br />

человек. В некоторых деревнях он одевался так же,<br />

как и Пельцникель: в вывернутую шубу, лохматую<br />

шапку, на лицо клеил бороду и усы, надевал очки.<br />

В последние годы Вайнахтсман уже ничем внешне не<br />

отличался от Деда Мороза – обычная шуба с поясом,<br />

красная шапка, белая борода. В отличие от Пельцникеля,<br />

он никогда не наказывал детей, а только дарил<br />

им подарки, которые доставал из мешка.<br />

С 25 до 31 декабря была особая неделя – рождественская<br />

(Weihnachtswoche). В это время нужно было вести<br />

себя очень осторожно и на всякий случай почаще<br />

молиться. Нельзя было гулять ночью, сквернословить<br />

(особенно поминать черта и материться), играть в карты.<br />

Считалось, что в это время по небу носится всякая<br />

нечисть, которая старается навредить людям.<br />

В ночь с 31 декабря на 1 января празднуется Новый<br />

год. Новогодний праздник немцы называют Сильвестр<br />

(Silvester), в честь святого, чей день поминовения<br />

приходится на 31 декабря.<br />

Новогодние обряды и обычаи во многом похожи<br />

на рождественские (так же вся семья собирается<br />

за обильным столом, ходят ряженые по деревне), но<br />

на Новый год центр празднования переносится из семьи<br />

в общину, этот праздник является в большей степени<br />

коллективным и общественным, чем Рождество.<br />

В момент наступления Нового года звонили колокола,<br />

все выходили на улицу, стреляли из ружей, устраивали<br />

фейерверки, кричали, пели, желали друг другу счастья.<br />

В Новый год в немецких селах было принято ходить<br />

в гости к родственникам и соседям с поздравлениями<br />

и подарками. При этом перед тем как зайти в дом,<br />

нужно было произвести как можно больше шума.<br />

С этой целью топали ногами, громко стучали в дверь,<br />

мужчины стреляли в воздух из ружей, специально<br />

к Новому году украшенных красными лентами.<br />

Гости должны были рассказать стихотворение или<br />

произнести специальное новогоднее пожелание, называвшееся<br />

«виндши» (Wünsche). Одновременно с пожеланиями<br />

гости осыпали хозяев зернами пшеницы.<br />

Считалось, что это будет способствовать хорошему<br />

урожаю в наступающем году.<br />

Рождественско-новогодний цикл у российских немцев,<br />

как и в Германии, заканчивается 6 января, когда христианская<br />

церковь отмечает праздник Богоявления (Эпифании).<br />

У российских немцев он известен как День трех королей<br />

(Heiligedreikönigstag) – в основном у католиков, или<br />

Большой Новый год (Grossneujahr) – преимущественно


344 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Protestanten als Groß-Neujahr bekannt. Dieser Feiertag steht<br />

im Zusammenhang mit der Überlieferung von den heiligen<br />

drei Königen, die zur Anbetung Jesu Christi kamen.<br />

Die Zeit von Ende Dezember bis Anfang Januar, die ohnehin<br />

schon mit Feiertagen gefüllt ist, war für die Deutschen<br />

in Russland besonders kompliziert, weil hier deutsche und<br />

russische Feiertage zusammenfielen. Da religiöse Feiertage<br />

in Russland nach dem Julianischen Kalender gefeiert werden,<br />

feiern viele Deutsche zunächst deutsche Weihnachten,<br />

dann das Neujahrsfest, danach den Tag der Heiligen Drei<br />

Könige, am 7. Januar das „russische“ Weihnachtsfest und<br />

am 14. Januar schließlich das „alte“ Neujahrsfest, Neujahr<br />

nach der alten Zeitrechnung.<br />

Russische Traditionen beeinflussten in starkem Maße auch<br />

die Bräuche zum Ende der Winterzeit, was bei den Feiern<br />

in der Fastnachtswoche zum Ausdruck kommt. In der<br />

Fastnachtswoche wird großer Wert auf das Essen gelegt.<br />

Die Fülle an Speisen ist darauf zurückzuführen, dass dies<br />

die letzten Tage vor der Fastenzeit sind. Besonders beliebt<br />

in der Fastnachtswoche sind Bliny, Pfannkuchen, die oft<br />

mit Hackfleisch gefüllt werden, aber auch andere gebackene<br />

Speisen wie Piroggen, Krapfen und Puffer.<br />

Die Fastnachtsbräuche der Russlanddeutschen sind im Vergleich<br />

zum Fasching in Deutschland weniger grell, da wegen<br />

des kälteren Klimas in Russland der Frühling um diese Zeit<br />

noch nicht so zu spüren ist. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

begannen Deutsche und Russen gemeinsam die<br />

Verabschiedung des russischen Winters zu feiern, so dass die<br />

beiden Feiern schließlich miteinander verschmolzen.<br />

An diesem Tag fanden verschiedene Wettbewerbe statt.<br />

Pferderennen der jungen Burschen gehörten unbedingt dazu.<br />

Diese fanden auf der Hauptstraße des Dorfes statt und zogen<br />

viele Zuschauer an. Die Pferde wurden mit Bändern und<br />

Papierblumen geschmückt. Es gab Tanzveranstaltungen und<br />

Schlittenfahrten. Familien fuhren in Schlitten rund ums Dorf,<br />

manchmal aber auch die Jugendlichen und Kinder separat<br />

von den Erwachsene. Einen Höhepunkt des Festes bildete<br />

das Fastnachtsfeuer. Das Brennmaterial dazu wurde im<br />

Voraus vorbereitet. Kinder und Jugendliche zogen von Haus<br />

zu Haus und sammelten alte Sachen und Müll. In manchen<br />

Dörfern war der Platz für das Fastnachtsfeuer stets derselbe,<br />

so dass manche Hausherren nicht mehr benötigte Sachen<br />

schon selbst dort ablegten. Dieser Platz lag normalerweise<br />

außerhalb des Dorfes auf einer Waldwiese. In dem Feuer<br />

wurde eine Strohpuppe, die den Winter symbolisieren sollte,<br />

verbrannt. In manchen Dörfern gab es keine Strohpuppe,<br />

sondern es wurde einfach Stroh verbrannt. Wenn die Strohpuppe<br />

brannte, wurde gelärmt und gesungen, und die jungen<br />

Leute tanzten ums Feuer. Die Burschen sprangen über das<br />

Feuer. Das fröhliche Fest dauerte bis weit in die Nacht.<br />

Nach der Fastnachtswoche begann die Fastenzeit, und auf die<br />

40 Tage währende Fastenzeit folgte das Osterfest, die Feier<br />

der Auferstehung Jesu Christi. Ostern ist ein bewegliches<br />

Fest, das zwischen dem 22. März und dem 25. April am<br />

Sonntag nach dem ersten Vollmond, der der Frühlings-<br />

Tagundnachtgleiche folgt, gefeiert wird. Es heißt, dass die<br />

deutsche Bezeichnung dieses Festes vom Namen der Frühlings-<br />

und Fruchtbarkeitsgöttin Ostara abgeleitet ist, die im<br />

Altertum von den europäischen Völkern angebetet wurde<br />

у протестантов. Этот праздник связан с преданием<br />

о трех царях-волхвах, пришедших поклониться новорожденному<br />

Иисусу Христу.<br />

Период конца декабря – начала января, и без того<br />

насыщенный праздничными обычаями, у немцев<br />

в России имеет более сложный характер из-за совмещения<br />

русских и немецких праздников. Поскольку<br />

в России религиозные праздники отмечаются<br />

по юлианскому календарю, многие немцы празднуют<br />

сначала «немецкое Рождество», потом – Новый<br />

год, затем – День трех королей, 7 января – «русское<br />

Рождество» и 14 января – Cтарый Новый год.<br />

Русские традиции оказали большое влияние и<br />

на праздничные обряды конца зимнего цикла, что<br />

проявляется в праздновании Масленицы (Fastnacht).<br />

Большое внимание на Масленицу уделяется пище.<br />

Изобилие съестного объясняется тем, что это последние<br />

дни перед Великим постом. Самой популярной<br />

едой на Масленицу являются блины, которые<br />

часто фаршируют мясом, а также другие мучные<br />

изделия – пироги, пончики, оладьи.<br />

Масленичная обрядность российских немцев является<br />

менее яркой по сравнению с проведением<br />

Карнавала в Германии, потому что из-за холодного<br />

климата в России наступление весны в это время<br />

ощущается меньше. Во второй половине XX в. немцы<br />

вместе с русскими начинают праздновать Проводы<br />

русской зимы, и эти два праздника практически<br />

совмещаются.<br />

В этот день устраивались всевозможные состязания.<br />

Обязательными были скачки молодых парней на лошадях.<br />

Они происходили на главной улице деревни<br />

и собирали большое количество зрителей. Лошадей<br />

украшали лентами, бумажными цветами. Устраивались<br />

танцы, катания на санях, вокруг деревни<br />

катались семьями, причем иногда молодежь и дети<br />

отдельно от взрослых. Кульминационным моментом<br />

в праздновании является масленичный костер. Топливо<br />

для костра заготавливалось заранее. Дети и<br />

молодежь ходили по домам и собирали старые вещи,<br />

мусор. В некоторых селах место для костра из года в<br />

год не менялось, и хозяева сами приносили туда ненужные<br />

вещи. Обычно оно находилось за деревней,<br />

в лесу, на поляне. В этом костре сжигали соломенное<br />

чучело, олицетворявшее зиму. В некоторых селах<br />

специального чучела не было, просто жгли солому.<br />

Сожжение чучела сопровождалось шумом, песнями,<br />

молодежь в этот момент танцевала вокруг костра.<br />

Молодые парни прыгали через костер. Веселье длилось<br />

до поздней ночи.<br />

После Масленицы наступает Великий пост, а после<br />

40‐дневного поста – Пасха (Ostern), или Воскресение<br />

Христово. Пасха является подвижным праздником<br />

и отмечается в период с 22 марта по 25 апреля,<br />

в воскресенье после первого полнолуния, которое<br />

наступает после весеннего равноденствия. Считается,<br />

что немецкое название праздника произошло<br />

от имени богини весны и плодородия Остары, которой<br />

в древности поклонялись европейские народы


Немцы в российской истории 345<br />

und der zur Tagundnachtgleiche im Frühjahr ein Fest<br />

gewidmet war. Daher sind Hase und Ei, Sinnbilder für<br />

Fruchtbarkeit und Wiedergeburt und Hauptattribute der<br />

Ostara, auch Symbole für das Osterfest.<br />

Die im zeitlichen Ablauf folgenden Maifeierlichkeiten, die<br />

in Deutschland mit viel Lärm und sehr lustig begangen<br />

werden, waren bei den Russlanddeutschen nicht sehr verbreitet.<br />

Dies liegt ebenfalls daran, dass aufgrund des kälteren<br />

Klimas die Feldarbeiten etwas später beginnen. Während<br />

in Deutschland Anfang Mai die Frühjahrsbestellung im<br />

Wesentlichen bereits abgeschlossen ist, ist sie in Russland<br />

noch in vollem Gange, so dass den Bauern in dieser Zeit<br />

nicht nach Feiern zumute ist. Viele Maibräuche wurden<br />

daher bei Russlanddeutschen auf einen späteren Zeitpunkt,<br />

in der Regel auf Pfingsten, verlegt.<br />

Das Fest, das den Frühjahrszyklus abschließt und den vollen<br />

Triumph des Frühlings versinnbildlicht, ist das Pfingstfest.<br />

Bei den Deutschen in Russland pflegte man zu Pfingsten<br />

Bräuche, die in Deutschland mit den Feiern zum 1. Mai,<br />

dem Fest des 50. Tages (dem 50. Tag nach Ostern) und dem<br />

Tag des Heiligen Geistes verbunden sind. Im Unterschied<br />

zu den orthodoxen Christen fallen die Pfingsten der Katholiken<br />

und Protestanten nicht mit der „Feier des fünfzigsten<br />

Tages“ zusammen, die 50 Tage nach Ostern begangen wird.<br />

Pfingsten wird am Sonntag nach dem „fünfzigsten Tag“<br />

gefeiert und ist dem Tag gewidmet, da der Heilige Geist<br />

auf die Apostel und Jünger herabkam. Wie Ostern gehört<br />

auch Pfingsten zu den großen christlichen Festen. Im Volk<br />

wird es als das Ende des Frühlings und der Beginn des<br />

Sommers gefeiert.<br />

Abb. 807<br />

Abb. 808<br />

и посвящали праздник в день весеннего равноденствия.<br />

Поэтому символами Пасхи являются заяц и<br />

яйцо (главные атрибуты Остары), олицетворяющие<br />

плодовитость и возрождение.<br />

Следующие по срокам – Майские праздники, шумно<br />

и весело отмечаемые в Германии, в среде российских<br />

немцев не получили широкого распространения.<br />

Это также связано со смещением сельскохозяйственных<br />

работ на более поздние сроки из-за холодного<br />

климата. Если в Германии к началу мая основные<br />

весенние полевые работы уже заканчиваются, то<br />

в России они находятся в самом разгаре, и крестьянам<br />

в это время не до праздников. Поэтому<br />

многие майские обычаи у российских немцев были<br />

перенесены на более поздние сроки, в основном<br />

на Троицу.<br />

Праздником, заканчивающим весенний цикл и<br />

символизирующим полное торжество весны, была<br />

Троица (Pfingsten). У немцев в России к Троице<br />

были приурочены обряды и обычаи, связанные<br />

в Германии с празднованием 1 Мая, Пятидесятницы<br />

и Духовым днем. У католиков и протестантов,<br />

в отличие от православных христиан, Троица не<br />

совпадает с Пятидесятницей, которая празднуется<br />

на 50‐й день после Пасхи. Троица отмечается в следующее<br />

за Пятидесятницей воскресенье и посвящена<br />

сошествию Святого духа на апостолов. Троица, как<br />

и Пасха, является одним из великих христианских<br />

праздников. В народе же он знаменует окончание<br />

весны и наступление лета.<br />

Илл. 807<br />

Илл. 808<br />

808<br />

807<br />

808. Майский танец. Танцуют участники обрядового семинара.<br />

Фото Е. М. Шишкиной-Фишер. Ижевск, 1999<br />

Maitanz. Getanzt von Teilnehmern eines Brauchtum-Seminars.<br />

Foto von E. M. Schischkina-Fischer. Ischewsk, 1999<br />

807. Пасхальные открытки. Начало ХХ в.<br />

Osterpostkarten. Anfang 20. Jh.


809<br />

811<br />

810<br />

812<br />

809. Обряд крещения баптистов (Неудачино Новосибирской обл.). Фото. 1994<br />

Tauffest bei Baptisten (Neudatschino, Gebiet Nowosibirsk). Foto. 1994<br />

810. «Пирамида» из лучших фруктов и овощей – обязательный атрибут<br />

Праздника урожая меннонитов в Аполлоновке Омской обл.<br />

Фото. 1980-е гг. Издательство «Заменкорн», Штейнхаген<br />

Eine Pyramide aus den besten Früchten und Gemüse ist beim Erntedankfest<br />

der Mennoniten in Apollonowka (Gebiet Omsk) obligatorisch.<br />

Foto. 1980er Jahre. Verlag „Samenkorn“, Steinhagen<br />

812. Адвент. Иллюстрация из Библейского букваря.<br />

И. и П. Циммерманн. Омск, 1993<br />

Advent. Illustration aus der Bibel-Fibel.<br />

I. und P. Zimmermann. Omsk, 1993<br />

813<br />

811. Праздник забоя скота (Крым). Фото. Начало ХХ в. Землячество немцев<br />

из России, Штутгарт<br />

Schlachtfest (Krim). Foto. Anfang 20. Jh. Landsmannschaft der Deutschen<br />

aus Russland, Stuttgart<br />

813. Кристкинд и Вайнахтсманн. Рождественский мотив<br />

из журнала «Фриденсботе». Саратов, 1894<br />

Kristkind und Weihnachtsmann. Weihnachtsmotiv aus<br />

der Zeitschrift „Friedensbote“. Saratow, 1894


Немцы в российской истории 347<br />

Der bedeutendste Feiertag der Sommerzeit ist der Geburtstag<br />

Johannes’ des Täufers am 24. Juni. Die Deutschen<br />

nennen ihn Johannistag oder einfach Johanni. Zu diesem<br />

christlichen Feiertag gehörten Bräuche, die in grauer Vorzeit<br />

mit der Sonnenwende zusammenhingen: Feiern der<br />

jungen Leute, das Binden von Kränzen aus Gräsern und<br />

Wiesenblumen, Springen über das Feuer, Wahrsagen und<br />

vor allem mit Wasser verbundene Bräuche, wie rituelle<br />

Bäder und Begießen mit Wasser. In den Kirchengemeinden<br />

der Baptisten und Mennoniten wurden an diesem Feiertag<br />

Massentaufen in offenen Gewässern vorgenommen.<br />

Das wichtigste Fest im Herbst war dem Ende der Erntezeit<br />

gewidmet. Die am weitesten verbreitete Bezeichnung für<br />

dieses Fest bei den Deutschen in Russland war Erntedankfest.<br />

Wie der Name sagt, wird es nach der Ernte, in der Regel<br />

Ende Oktober gefeiert. Mit dem Erntedankfest ist auch das<br />

Schlachtfest aufs engste verbunden. Das Schlachtfest hatte<br />

weder einen festen Termin, noch irgendeinen Bezug zum<br />

christlichen Kalender. In der Regel fand es nach dem ersten<br />

Frost, Anfang bis Mitte November statt. Dieses Fest schloss<br />

den Herbstzyklus der Bräuche ab und kann als Grenze<br />

zwischen Herbst und Winter gesehen werden.<br />

Vier Wochen vor Weihnachten beginnt mit dem Advent<br />

die Vorbereitung auf das Fest, und der Jahreskreis schließt<br />

sich. Damit symbolisieren die kalendarischen Feiertage,<br />

die sich Jahr für Jahr zu gleichen Zeit wiederholen und<br />

damit dem Werden und Vergehen der Natur folgen, den<br />

kontinuierlichen Lauf des Lebens. Die enorme Bedeutung<br />

dieser Feiertage fand ihren Niederschlag in der Vielzahl<br />

der sie begleitenden Riten und Bräuche, die von Generation<br />

zu Generation weitergegeben werden und eine feste<br />

Tradition darstellen.<br />

Die in Russland lebenden Deutschen sind Träger einer<br />

eigenen und einzigartigen Kultur. In ihr verbinden sich<br />

organisch Traditionen, die bereits in ihren deutschen<br />

Herkunftsländern existierten, mit Traditionen, die erst in<br />

Russland entstanden sind. Da die Deutschen nicht nur<br />

in unmittelbarer Nachbarbarschaft mit Russen, sondern<br />

auch mit Kasachen, Tataren, Ukrainern, Litauern, Esten,<br />

Polen, Tschuwaschen und anderen Völkern lebten und mit<br />

ihnen Umgang pflegten, verwoben sich viele Elemente aus<br />

den unterschiedlichsten kulturellen Bereiche miteinander.<br />

Großen Einfluss auf die Entwicklung der Traditionen<br />

hatte auch die Modernisierung der Kultur, nicht zuletzt<br />

durch Entlehnungen aus der heutigen Nationalkultur in<br />

Deutschland. Und vermutlich haben dabei die Migrationsprozesse,<br />

also die wiederholte, freiwillige oder erzwungene,<br />

Übersiedlung von Russlanddeutschen den größten<br />

Einfluss auf die Traditionen ausgeübt. Ethnografische<br />

Untersuchungen helfen dabei, diese einzigartige Kultur der<br />

Russlanddeutschen als ein Ergebnis der Anpassung an die<br />

Bedingungen andauernder Migration aufzufassen.<br />

Abb. 809<br />

Abb. 810<br />

Abb. 811<br />

Abb. 812<br />

Abb. 813<br />

Самым значительным летним праздником является Рождество<br />

Иоанна Крестителя, которое отмечается 24 июня.<br />

Немцы называют этот праздник Днем святого Иоанна<br />

(Johannistag), а чаще – «Йоганни» (Johanni). В этот христианский<br />

праздник были включены обряды, в древности<br />

связанные с летним солнцестоянием. Это совместные<br />

гулянья молодежи, плетение венков из полевых трав<br />

и цветов, прыжки через костры, гадания, а главное – обряды,<br />

связанные с водой, например, ритуальные купания<br />

и обливания водой. В религиозных общинах баптистов<br />

и меннонитов к этому празднику приурочены массовые<br />

крещения в открытых водоемах.<br />

Главным осенним праздником был праздник по случаю<br />

окончания уборки урожая. Наиболее распространенное<br />

название этого праздника у немцев в России –<br />

Erntedankfest (Праздник благодарения за урожай). Как<br />

следует из названия, его отмечают после уборки, обычно<br />

в конце октября. Тесно связан с праздником урожая<br />

Праздник забоя скота – «шлахтфест» (Schlachtfest).<br />

Он не имеет точной даты и какой-либо связи с христианским<br />

календарем и отмечается с наступлением морозов,<br />

обычно в начале-середине ноября. Этот праздник,<br />

завершающий осенний цикл обрядов, можно считать<br />

границей между осенью и зимой.<br />

За четыре недели до Рождества начинается Адвент<br />

(Advent) – время приготовления к празднику. С его<br />

окончанием завершается и календарный цикл. Таким<br />

образом, календарные праздники, повторяясь в определенное<br />

время из года в год, следуя за угасанием и<br />

возрождением природы, символизируют собой непрерывность<br />

жизни. Огромное значение этих праздников<br />

нашло отражение в комплексе сопровождающих их<br />

обрядов и обычаев, которые передаются из поколения<br />

в поколение и являются устойчивой традицией.<br />

Немцы, проживающие в России, являются носителями<br />

своеобразной, уникальной культуры. В ней органично<br />

сочетаются традиции, существовавшие еще в германских<br />

землях и сформировавшиеся уже в России. То, что<br />

немцы проживали в непосредственной близости и общались<br />

не только с русскими, но и с казахами, татарами,<br />

украинцами, латышами, эстонцами, поляками, чувашами<br />

и другими народами, привело к взаимному проникновению<br />

многих элементов в различных сферах культуры.<br />

Большое влияние на развитие традиций оказали<br />

процессы модернизации культуры, в том числе за счет<br />

заимствований из современной национальной культуры<br />

Германии. И, пожалуй, главное влияние на традиции<br />

оказывали миграции, постоянные переселения российских<br />

немцев, как добровольные, так и принудительные.<br />

Этнографические исследования помогают представить<br />

уникальную культуру российских немцев как результат<br />

адаптации к условиям постоянных миграций.<br />

Илл. 809<br />

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Илл. 813


348 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

Unsere Autoren<br />

Наши авторы<br />

Alfred EISFELD,<br />

geb. 1951 (Siedlung Uwa, ASSR Udmurtien), Ausbildung:<br />

Ludwig-Maximilians-Universität München, Dr. phil., Historiker<br />

der Länder Ost- und Südosteuropas. Dienststelle:<br />

Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen in<br />

Nordosteuropa e. V. (IKGN e. V.) an der Universität Hamburg,<br />

Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission<br />

für die Deutschen in Russland und der GUS. Forschungsschwerpunkte:<br />

Geschichte Russlands und der UdSSR,<br />

Nationalitätenpolitik der UdSSR, Geschichte und Kultur<br />

der Russlanddeutschen, Zivilbevölkerung in der Zeit des<br />

Ersten und Zweiten Weltkrieges, deutsch-sowjetische/<br />

russische Beziehungen. Publikationen: Die Russland-Deutschen.<br />

München, 1992, 1999 2 (als Mitautor); Deutsche<br />

Kolonien an der Wolga 1917–1919 und das Deutsche<br />

Reich. Wiesbaden, 1985; Bearbeiter und Herausgeber von<br />

Dokumenteneditionen und Sammelbänden etc.; Beiträge<br />

in Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften<br />

Deutschlands, Russlands, der Ukraine, Kasachstans,<br />

Aserbaidschans.<br />

Olga Wladimirowna EISFELD (Konowalowa),<br />

geb. 1961 (Odessa, Ukrainische SSR). Ausbildung: Staatliche<br />

I. I. Metschnikow-Universität Odessa, Historikerin/<br />

Archivarin, Dienststelle: Staatliches Gebietsarchiv Odessa<br />

(1984–1999). Wissenschaftliches Interessengebiet: Geschichte<br />

der Russlanddeutschen, Archeographie, Archivwesen,<br />

historische Biographie, Genealogie. Publikationen:<br />

Wissenschaftliche Redakteurin annotierter Findbücher<br />

von Aktenbeständen der Staatlichen Gebietsarchive von<br />

Odessa, Cherson, Nikolajew, der Staatsarchive der Republik<br />

Aserbaidschan und der Autonomen Republik<br />

Krim, Bearbeiterin editionen von Dokumenten und Autorin<br />

wissenschaftlicher Beiträge über die Geschichte der<br />

Russlanddeutschen.<br />

Айсфельд Альфред,<br />

род. 1951 (пос. Ува, УдмАССР), образование:<br />

ун-т Людвига-Максимилиана в Мюнхене, д-р философии,<br />

историк стран Восточной и Юго-Восточной<br />

Европы. Место работы: Институт культуры и истории<br />

немцев Северо-Восточной Европы при ун-те<br />

г. Гамбург; Председатель научной комиссии по изучению<br />

немцев из России и в СНГ. Область научных<br />

интересов: история России и СССР, национальная<br />

политика СССР, история и культура российских<br />

немцев, гражданское население во время Первой<br />

и Второй мировых войн, советско/российско-германские<br />

отношения. Публикации: Die Russland-<br />

Deutschen. München, 1992, 1999 2 (в соавторстве);<br />

Deutsche Kolonien an der Wolga 1917–1919 und das<br />

Deutsche Reich. Wiesbaden, 1985; составитель и издатель<br />

сборников документов и др.; статьи в сборниках<br />

и научных журналах Германии, России, Украины,<br />

Казахстана, Азербайджана.<br />

Айсфельд (Коновалова) Ольга<br />

Владимировна,<br />

род. 1961 (г. Одесса, УкрССР), образование: Одесский<br />

гос. ун-т им. И. И. Мечникова, историк-архивист.<br />

Место работы: Гос. архив Одесской области<br />

(1984–1999). Область научных интересов: история<br />

российских немцев, археография, архивное дело,<br />

историческая биография, генеалогия. Публикации:<br />

Научный редактор аннотированных описей фондов<br />

и тематических перечней архивных дел государственных<br />

областных архивов Одессы, Херсона,<br />

Николаева, государственных архивов Республики<br />

Азербайджан и Автономной республики Крым; составитель<br />

сборников документов и автор научных<br />

статей по истории российских немцев.


Немцы в российской истории 349<br />

Pjotr Petrowitsch WIEBE,<br />

geb. 1955 (Omsk, RSFSR), Ausbildung: Staatliche Universität<br />

Omsk, Dr. habil. der historischen Wissenschaften,<br />

Professor. Dienststelle: Direktor des Staatlichen historischheimatkundlichen<br />

Museums Omsk (seit 1993). Wissenschaftliches<br />

Interessengebiet: Geschichte und Kultur der<br />

Russlanddeutschen, Geschichte Sibiriens, Museumskunde.<br />

Publikationen: Deutsche Kolonien in Sibirien unter Bedingungen<br />

der sozialen Umgestaltungen Ende des 19. – erstes<br />

Drittel des 20. Jh., Omsk, 2011; Deutsche Kolonien in<br />

Sibirien: sozialökonomischer Aspekt, Omsk, 2007; Beiträge<br />

über Geschichte und Kultur der Deutschen Sibiriens und<br />

Geschichte Sibiriens in Sammelbänden und wissenschaftlichen<br />

Zeitschriften Russlands und Deutschlands.<br />

Heinrich HEIDELBRECHT,<br />

geb. 1958 (Nowosibirsk, RSFSR), Ausbildung: Staatliche<br />

Universität Nowosibirsk, Architekt. Dienststelle: Architekt<br />

in Stuttgart. Wissenschaftliches Interessengebiet: Deutschrussische<br />

Wechselbeziehungen in Architektur und Städtebau.<br />

Publikationen: Carl Schmidt. Ein Architekt in St. Petersburg<br />

1866–1945. Augsburg, 2007 (als Mitautor); Deutsche Baumeister<br />

in Russland: 18. Jahrhundert. Stuttgart, 1996; Beiträge<br />

in Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften<br />

Deutschlands und Russlands.<br />

Michail Petrowitsch KOSTJUK,<br />

geb. 1960 (Dorf Oschiw, Gebiet Wolhynien, Ukrainische<br />

SSR), Ausbildung: Staatliche Universität Lwow, Kandidat<br />

der historischen Wissenschaften, Dienststelle: Pädagogische<br />

Fachschule Lutzk (1984–2000), Staatliche Technische Universität<br />

Lutzk (seit 2003). Wissenschaftliches Interessengebiet:<br />

Geschichte und Ethnographie Wolhyniens, Charakter<br />

und Mentalität des ukrainischen Volkes. Publikationen: Die<br />

deutschen Kolonien in Wolhynien im 19. und am Anfang<br />

des 20. Jahrhunderts. Wiesenheid, 2006; Німецькі колонії<br />

на Волині (XIX – початок XX ст.). Тернопіль, 2003;<br />

Beiträge über Geschichte und Ethnographie der Wolhynien-<br />

Deutschen in Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften<br />

der Ukraine, Russlands und Deutschlands.<br />

Gottfried KRATZ,<br />

geb. 1947 (Kramberg/Lahn, Deutschland), Ausbildung: Universität<br />

Frankfurt/Main; Dr. der Philologie. Dienststelle: Akademie<br />

für Weiterbildung der Kunst-, Kulturschaffenden und<br />

Tourismus-Mitarbeiter (2006–2010), Universität Münster.<br />

Wissenschaftliches Interessengebiet: Verlags- und Biblio thekswesen.<br />

Publikationen: Beiträge über Verlags- und Bibliothekswesen<br />

in Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften<br />

Deutschlands, Russlands, der USA, Kanadas.<br />

Olga Andrejewna Litzenberger,<br />

geb. 1971 (Saratow, RSFSR), Ausbildung: Staatliche<br />

N. G. Tschernyschewskij-Universität Saratow, Dr. habil.<br />

der historischen Wissenschaften, Professorin. Dienststelle:<br />

Prorektorin für internationale Beziehungen der P. A. Stolypin‐Wolga-Akademie<br />

für Staatsdienst. Wissenschaftliches<br />

Interessengebiet: Geschichte der Russlanddeutschen, christliche<br />

Konfessionen, Beziehungen zwischen Staat und Kirche<br />

Вибе Петр Петрович,<br />

род. 1955 (г. Омск, РСФСР), образование: Омский<br />

гос. ун-т, д. и. н., проф. Место работы: директор Омского<br />

гос. историко-краеведческого музея (с 1993).<br />

Область научных интересов: история и культура<br />

российских немцев, история Сибири, музеология.<br />

Публикации: Немецкие колонии в Сибири в условиях<br />

социальных трансформаций конца XIX – первой<br />

трети XX вв. Омск, 2011; Немецкие колонии в<br />

Сибири: социально-экономический аспект. Омск,<br />

2007; статьи по истории и культуре немцев Сибири<br />

и истории Сибири в сборниках и научных журналах<br />

России и Германии.<br />

Гейдебрехт Генрих,<br />

род. 1958 (г. Новосибирск, РСФСР), образование:<br />

Ново сибирский гос. ун-т, архитектор. Место работы:<br />

архи тектор в Штутгарте. Область научных<br />

интересов: немецко-русское взаимовлияние в архитектуре<br />

и градостроительстве. Публикации: Carl<br />

Schmidt. Ein Architekt in St. Petersburg 1866–1945.<br />

Augsburg, 2007 (в соавторстве); Deutsche Baumeister<br />

in Rußland: 18. Jahrhundert, Stuttgart, 1996; статьи<br />

в сборниках и научных журналах Германии<br />

и России.<br />

Костюк Михаил Петрович,<br />

род. 1960 (с. Ошив, Волынская обл., УкрССР), образование:<br />

Львовский гос. ун-т, к. и. н. Место работы:<br />

Луцкое педучилище (1984–2000), Луцкий гос. тех.<br />

ун-т (с 2003). Область научных интересов: история<br />

и этнография Волыни, характер и менталитет<br />

украинского этноса. Публикации: Die deutschen<br />

Kolonien in Wolhynien im 19. und am Anfang des<br />

20. Jahrhunderts. Wiesenheid, 2006; Німецькі колонії<br />

на Волині (XIX – початок XX ст.). Тернопіль, 2003;<br />

статьи по истории и этнографии волынских немцев<br />

в сборниках и научных журналах Украины, России<br />

и Германии.<br />

Кратц Готфрид,<br />

род. 1947 (г. Крамберг/Лан, Германия), образование:<br />

ун-т г. Франкфурт-на-Майне, д-р. филологии. Место<br />

работы: Академия переподготовки работников<br />

искусства, культуры и туризма (2006–2010), ун-т<br />

г. Мюнстер. Область научных интересов: издательское<br />

и библиотечное дело. Публикации: Статьи по<br />

издательскому и библиотечному делу и немецко-российскому<br />

влиянию в сборниках и научных журналах<br />

Германии, России, США, Канады.<br />

Лиценбергер Ольга Андреевна,<br />

род. 1971 (г. Саратов, РСФСР), образование: Саратовский<br />

гос. ун-т им. Н. Г. Чернышевского; д. и. н.,<br />

проф. Место работы: проректор по межд. связям<br />

Поволжской акад. гос. службы им. П. А. Столыпина.<br />

Область научных интересов: история российских<br />

немцев, христианские конфессии в России, государственно-церковные<br />

отношения в современной


350 Deutsche in der russischen Geschichte<br />

im heutigen Russland, Geschichte des russischen Straf-, Zivilund<br />

Familienrechts. Publikationen: Geschichte der deutschen<br />

Ansiedlungen im Wolgagebiet. Teil. 1. Lutheraner: A-M. Saratow,<br />

2011; Evangelisch-lutherische Kirche in der russischen<br />

Geschichte (16.–20. Jh.). Minsk, 2003; Römisch-katholische<br />

Kirche in Russland: Geschichte und Rechtslage. Saratow,<br />

2001; Evangelisch-lutherische Kirche und der Sowjetstaat<br />

(1917–1938). Moskau, 1999; Beiträge in Sammelbänden<br />

und wissenschaftlichen Zeitschriften Russlands, Moldawiens,<br />

Deutschlands, der USA, Italiens, Finnlands.<br />

Genrich Genrichowitsch MARTENS,<br />

geb. 1956 (Donezk, Ukrainische SSR), Ausbildung: Polytechnische<br />

Hochschule Donezk, Bergbauingenieur, gesellschaftlicher<br />

und politischer Funktionsträger, Vorsitzender des IVDK<br />

(seit 1991), Präsident der national-kulturellen Autonomie der<br />

Russlanddeutschen (seit 2009).<br />

Sergej Gennadjewitsch NELIPOWITSCH<br />

geb. 1963 (Moskau, RSFSR), Ausbildung: Moskauer Staatliche<br />

Hochschule für Geschichte und Archivwesen, Kandidat der<br />

historischen Wissenschaften. Dienststelle: Russisches Staatliches<br />

Militärhistorisches Archiv (1984–1997), Leiter der<br />

Archivabteilung der Stadtverwaltung Balaschicha (seit 1997).<br />

Wissenschaftliches Interessengebiet: Russisch-österreichische<br />

Beziehungen im 18. Jh., Erster Weltkrieg. Publikationen:<br />

Beiträge über die Geschichte des Ersten Weltkrieges in Sammelbänden<br />

und wissenschaftlichen Zeitschriften Russlands,<br />

Deutschlands, Italiens.<br />

Jurij Alexandrowitsch PETROW,<br />

geb. 1955 (Zagorsk, RSFSR), Ausbildung: Moskauer Staatliche<br />

Universität, Dr. habil. der historischen Wissenschaften.<br />

Dienststelle: Direktor des Instituts für russische Geschichte der<br />

Russischen Akademie der Wissenschaften (seit 2010). Wissenschaftliches<br />

Interessengebiet: Geschichte des Bankwesens und<br />

Privatunternehmertums im Vorrevolutions-Russland. Publikationen:<br />

Angestellte Geschäftsführer in Russland. Erfahrungen<br />

der Business-Elite des 19.–20.Jh. Moskau, 2007; Geschichte der<br />

Sparbank (Sberbank) Russlands, 1841–1991. Moskau, 2007;<br />

Geschichte der Steuern in Russland. 9. Jh. – Anfang des 20.<br />

Jh. Moskau, 2006; Kapitalschutz. Erfahrungen der russischen<br />

Business-Elite des 19. – Anfang des 20. Jh. Moskau, 2006; Ein<br />

Jahrhundert von Aktien, Renten und Obligationen. Wertpapiere<br />

des Russischen Reiches. Moskau, 2005; Die Moskauer Bourgeoisie<br />

Anfang des 20. Jh.: Unternehmertum und Politik. Moskau,<br />

2002; Geschäftsbanken Moskaus. Ende des 19. Jh. – 1914.<br />

Moskau, 1998; Familie Rjabuschinskij. Moskau, 1997; Beiträge<br />

in Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften.<br />

Igor Rudolfowitsch PLEWE,<br />

geb. 1958 (Prokopjewsk, Gebiet Kemerowo, RSFSR), Ausbildung:<br />

Staatliche Universität Kemerowo „N. G. Tschernyschewskij“,<br />

Dr. habil. der historischen Wissenschaften.<br />

Dienststelle: Rektor der Staatlichen Technischen Universität<br />

Saratow (seit 2008). Wissenschaftliches Interessengebiet: Geschichte<br />

der Wolga-Deutschen. Publikationen: „Die Listen der<br />

Kolonisten, die 1766 in Russland ankamen, Iwan Kulberg‘s<br />

Rapporte“. Saratow, 2010; Einwanderung in das Wolga-Gebiet<br />

России, история российского уголовного, гражданского<br />

и семейного права. Публикации: История немецких<br />

поселений Поволжья. Ч. 1. Лютеране: А-М.<br />

Саратов, 2011; Евангелическо-лютеранская церковь<br />

в Российской истории (XVI–XX вв.). Минск, 2003;<br />

Римско-католическая церковь в России: история и<br />

правовое положение. Саратов, 2001; Евангелическо-лютеранская<br />

церковь и советское государство<br />

(1917–1938). Москва, 1999; статьи в сборниках и<br />

научных журналах России, Молдавии, Германии,<br />

США, Италии, Финляндии.<br />

Мартенс Генрих Генрихович,<br />

род. 1956 (г. Донецк, УкрССР), образование: Донецкий<br />

политехнический ин‐т, горный инженер; общественный<br />

и политический деятель, председатель<br />

МСНК (с 1991), президент Федеральной нац.-культ.<br />

автономии рос. немцев (с 2009).<br />

Нелипович Сергей Геннадьевич,<br />

род. 1963 (г. Москва, РСФСР), образование: Московский<br />

гос. историко-архивный ин-т, к. и. н. Место<br />

работы: РГВИА (1984–1997), начальник архивного<br />

отд. Админи страции гор. окр. Балашиха (с 1997).<br />

Область научных интересов: русско-австрийские<br />

отношения в XVIII в., Первая мировая война.<br />

Публикации: Статьи по истории периода Первой<br />

мировой войны в сборниках и научных журналах<br />

России, Германии, Италии.<br />

Петров Юрий Александрович,<br />

род. 1955 (г. Загорск, РСФСР), образование: Московский<br />

гос. ун-т, д. и. н. Место работы: директор<br />

Института российской истории РАН (с 2010). Область<br />

научных интересов: история банковского дела<br />

и частного предпринимательства в дореволюционной<br />

России. Публикации: Наёмные управляющие в<br />

России. Опыт бизнес-элиты XIX–XX вв. Москва,<br />

2007; История Сбербанка России. 1841–1991 гг. Москва,<br />

2007; История налогов в России. IX – начало<br />

XX в. Москва, 2006; Защита капитала. Опыт российской<br />

бизнес-элиты XIX – начала XX века. Москва,<br />

2006; Век акций, рент и облигаций. Ценные бумаги<br />

Российской империи. Москва, 2005; Московская<br />

буржуазия в начале XX в.: предпринимательство<br />

и политика. Москва, 2002; Коммерческие банки<br />

Москвы. Конец XIX – 1914 г. Москва, 1998; Династия<br />

Рябушинских. Москва, 1997; статьи в сборниках и<br />

научных журналах.<br />

Плеве Игорь Рудольфович,<br />

род. 1958 (г. Прокопьевск, РСФСР), образование:<br />

Саратовский гос. ун-т им. Н. Г. Чернышевского,<br />

д. и. н. Место работы: ректор Саратовского гос.<br />

техн. ун-та (с 2008). Область научных интересов:<br />

история немцев Поволжья. Публикации: Списки<br />

колонистов, пибывших в Россию в 1766 г. «Рапорты<br />

Ивана Кульберга». Саратов 2010; Einwanderung<br />

in das Wolgagebiet 1764–1767. Bd. 1-4. Göttingen,


Немцы в российской истории 351<br />

1764–1767. Bd. 1-4. Göttingen, 1999–2008; Deutsche Kolonien<br />

an der Wolga in der zweiten Hälfte des 18. Jh. Moskau,<br />

1998; Beiträge in Sammelbänden und wissenschaftlichen<br />

Zeitschriften Russlands, Deutschlands, der USA.<br />

Tatjana Borisowna SMIRNOWA,<br />

geb. 1963 (Saratow, RSFSR). Ausbildung: Staatliche Universität<br />

Omsk, Dr. habil. der historischen Wissenschaften,<br />

Professorin. Dienststelle: Professorin des Lehrstuhls für Ethnographie<br />

und Museumswesen der Staatlichen F. M. Dostojewskij‐Universität<br />

Omsk. Wissenschaftliches Interessengebiet:<br />

Ethnographie, Ethnologie, soziokulturelle Anthropologie.<br />

Publikationen: Deutsche Sibiriens: Ethnische Prozesse und<br />

ethnokulturelle Wechselbeziehungen. Nowosibirsk, 2003;<br />

Traditionelles Brauchtum der Deutschen Sibiriens. Omsk,<br />

1998 (als Mitautorin); Beiträge in Sammelbänden und wissenschaftlichen<br />

Zeitschriften Russlands und der USA<br />

Irina Wassiljewna TSCHERKASJANOWA<br />

geb. 1955 (Karaganda, Kasachische SSR), Ausbildung; Staatliche<br />

Universität Karaganda, Dr. habil. der historischen Wissenschaften.<br />

Dienststelle: Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

der St. Petersburger Filiale des S. I. Wawilow-Instituts für<br />

Geschichte der Naturkunde und Technik der Russischen<br />

Akademie der Wissenschaften (1998–2009). Wissenschaftliches<br />

Interessengebiet: Geschichte Russlands (Ende des<br />

19. Jh. – 1930er Jahre), Geschichte der Wissenschaft und<br />

des Bildungswesens, Historiographie, Geschichte und Kultur<br />

der Russlanddeutschen. Publikationen: Die Deutschen<br />

Leningrads: Schicksal der Kriegsgenerationen (1941–1955).<br />

St. Petersburg, 2011; Schulbildung der Russlanddeutschen:<br />

Probleme der Entwicklung und Bewahrung der deutschen<br />

Schule in Sibirien im 18.–20. Jh. Moskau, 2004; Beiträge in<br />

Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften Russlands,<br />

der Ukraine, Deutschlands, Kanadas.<br />

Hannelore ENGEL-BRAUNSCHMIDT<br />

geb. 1941 (Königsberg, Deutschland), Ausbildung: Universitäten<br />

Göttingen, München, Zürich, Hamburg, Slawistin,<br />

Dr. habil. der Philologie, Professorin. Dienststelle: Universität<br />

Kiel. Wissenschaftliches Interessengebiet: Deutsch-russische<br />

Wechselbeziehungen im Kulturbereich, Literatur und Kultur<br />

der Russlanddeutschen. Publikationen: Bibliographie der sowjetdeutschen<br />

Literatur 1960–1985. Köln, 1997 (als Mitautorin);<br />

Ins Gestern Tauche Ich Ein: Eine Dokumentation Der Tagung<br />

Sowjetdeutsche Literatur Heute in Berlin, 18.–20. Oktober<br />

1990. Künstlergilde, 1994 (als Mitautorin); Bibliographie der<br />

sowjetdeutschen Literatur von den Anfängen bis 1941. Köln,<br />

1990 (als Mitautorin); Sammlung Sowjetdeutscher Dichtung.<br />

Hildesheim, 1990 (als Mitautorin); Deutsche Dichter in Russland<br />

im 19. Jahrhundert. N. V. Gerbel’s „Deutsche Dichter<br />

in Biographien und Proben“ als Zentrum der Kenntnis und<br />

Verbreitung deutscher Dichtung. Paderborn, 1973; Beiträge in<br />

Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften.<br />

1999–2008; Немецкие колонии на Волге во второй<br />

половине XVIII века. Москва, 1998; статьи в<br />

сборниках и научных журналах России, Германии,<br />

США.<br />

Смирнова Татьяна Борисовна,<br />

род. 1963 (г. Сара тов, РСФСР); образование: Омский<br />

гос. ун-т; д. и. н., проф. Место работы: проф. каф.<br />

этнографии и музееведения Омского гос. ун-та<br />

им. Ф. М. Достоевского. Область научных интересов:<br />

этнография, этнология, социально-культурная<br />

антропология. Публикации: Немцы Сибири: этнические<br />

процессы и этнокультурное взаимодействие.<br />

Новосибирск, 2003; Традиционная обрядность немцев<br />

Сибири. Омск, 1998 (в соавторстве); статьи в<br />

сборниках и научных журналах России и США.<br />

Черказьянова Ирина Васильевна,<br />

род. 1955 (г. Караганда, КазССР); образование:<br />

Карагандинский гос. ун-т, д. и. н. Место работы:<br />

ст. науч. сотр. С.-Петербургского филиала Института<br />

истории естествознания и техники им.<br />

С. И. Вавилова РАН (1998–2009). Область научных<br />

интересов: история России (конец XIX в. – 1930-е<br />

гг.), история науки и образования, историография,<br />

история и культура российских немцев. Публикации:<br />

Ленинградские немцы: судьба военных поколений<br />

(1941–1955 гг.). С.‐Петербург, 2011; Школьное<br />

образование российских немцев: проблемы развития<br />

и сохранения немецкой школы в Сибири<br />

в ХVIII–ХХ вв. Москва, 2004; статьи в сборниках<br />

и научных журналах России, Украины, Германии,<br />

Канады.<br />

Энгель(-Брауншмидт) Аннелора,<br />

род. 1941 (г. Кёнигсберг, Германия), образование: унты<br />

гг. Гёттинген, Мюнхен, Цюрих, Гамбург, славист,<br />

д-р филологии, проф. Место работы: ун-т г. Киль.<br />

Область научных интересов: немецко-русское<br />

культурное взаимовлияние, литература и культура<br />

российских немцев. Публикации: Bibliographie<br />

der sowjetdeutschen Literatur 1960–1985. Köln, 1997<br />

(в соавторстве); Ins Gestern Tauche Ich Ein: Eine<br />

Dokumentation Der Tagung Sowjetdeutsche Literatur<br />

Heute in Berlin, 18.–20. Oktober 1990. Künstlergilde,<br />

1994 (в соавторстве); Bibliographie der sowjetdeutschen<br />

Literatur von den Anfängen bis 1941. Köln, 1990<br />

(в соавторстве); Sammlung Sowjetdeutscher Dichtung.<br />

Hildesheim, 1990 (в соавторстве); Deutsche Dichter in<br />

Russland im 19. Jahrhundert. N. V. Gerbel’s «Deutsche<br />

Dichter in Biographien und Proben» als Zentrum<br />

der Kenntnis und Verbreitung deutscher Dichtung.<br />

Paderborn, 1973; статьи в сборниках и научных<br />

журналах.


Немцы в российской истории<br />

Презентационный альбом к передвижной выставке в рамках<br />

празднования 250-летия переселения немцев в Россию<br />

Том 1<br />

Идея и концепция проекта: Г. Мартенс<br />

Руководитель проекта: О. Мартенс<br />

Менеджер проекта: Н. Везнер<br />

Научный руководитель: А. Айсфельд<br />

Научный редактор: О. Айсфельд<br />

Перевод на немецкий язык: Н. Краллеманн, М. Текигалиева<br />

Корректор русских текстов: М. Лищинская, Т. Анисимова<br />

Корректор немецких текстов: А. Паисов, М. Посметная<br />

Дизайн: Х. Винклер, А. Иксти<br />

Верстка: А. Иксти, Т. Серегина<br />

Цветокоррекция, ретушь: Н. Митрошина<br />

Обложка: Х. Винклер<br />

Издание осуществлено при финансовой поддержке<br />

Министерства регионального развития Российской Федерации<br />

и Министерства внутренних дел Германии.<br />

Формат издания 70х100/8. Бумага мелованная. Печать офсетная.<br />

Усл. печ. л. 44. Тираж 1 000 экз.<br />

Издано ЗАО «МСНК-пресс» по заказу<br />

АОО «Международный союз немецкой культуры».<br />

119435, Москва, ул. Малая Пироговская, 5, оф. 51.<br />

Тел./факс (495) 531-68-88

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