Ñкачать - RusDeutsch
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Bildband zur Wanderausstellung<br />
im Rahmen des 250. Jubiläums der Übersiedlung<br />
der Deutschen nach Russland<br />
Презентационный альбом к передвижной выставке<br />
в рамках празднования 250-летия<br />
переселения немцев в Россию
Deutsche in der<br />
russischen Geschichte<br />
Bildband zur Wanderausstellung im Rahmen des 250. Jubiläums<br />
der Übersiedlung der Deutschen nach Russland.<br />
Немцы<br />
в российской истории<br />
Презентационный альбом к передвижной выставке в рамках<br />
празднования 250-летия переселения немцев в Россию<br />
Band 1 / Том 1<br />
Москва<br />
2012
УДК 94(470):39(=112.2)(084)<br />
ББК 63.3(2Рос=Нем)я6<br />
Н50<br />
Н50<br />
Немцы в российской истории. = Deutsche in der russischen Geschichte:<br />
Презентационный альбом к передвижной выставке в рамках празднования<br />
250-летия переселения немцев в Россию. В 2-х томах. Т. 1 / Мин-во регионального<br />
развития РФ, МВД Германии; отв. ред. А. Айсфельд, научн. ред. О. Айсфельд. – М.:<br />
Изд-во «МСНК-пресс», 2012. – 352 с., ил.<br />
ISBN 978-5-98355-092-6<br />
Со времен Петра I в России появились две группы немцев – уроженцы различных германских<br />
государств и территорий, поступившие на российскую службу, и лифляндские и эстляндские немцы,<br />
жившие на присоединенных к Российской империи прибалтийских землях. Екатерина II, продолжившая<br />
политику Петра I по укреплению и модернизации государства и его экономики, манифестом от<br />
22 июля 1763 г. пригласила иностранцев к переселению в Россию на льготных для них условиях. На<br />
протяжении трех столетий эти немцы, ставшие российскими подданными, внесли заметный вклад в<br />
развитие экономики, науки и культуры страны. Немалый вклад сделали и немцы, служившие России<br />
по контракту, но вернувшиеся на свою родину. Российско-немецкие связи стали за эти столетия<br />
прочным связующим звеном европейской и мировой культуры и экономики. Альбом отражает многогранность<br />
этих связей и взаимовлияние. Первый том включает статьи и материалы, охватывающие<br />
XVIII и XIX вв. и содержит многочисленные, порой совершенно неожиданные иллюстрации и много<br />
сюжетов, которые уже давно стали «истинно российским» и, в то же время, европейским достоянием.<br />
Рассчитан как на специалистов, так и на широкий круг читателей, интересующихся российской<br />
историей и историей российских немцев.<br />
УДК 94(470):39(=112.2)(084)<br />
ББК 63.3(2Рос=Нем)я6<br />
D48<br />
Deutsche in der russischen Geschichte: Bildband zur Wanderausstellung im<br />
Rahmen des 250. Jubiläums der Übersiedlung der Deutschen nach Russland. In 2 Bd.<br />
Bd. 1 / Ministerium für regionale Entwicklung Russlands, Bundesministerium des<br />
Innern; Verantwortlicher Redakteur: A. Eisfeld; Wiss. Redaktion: O. Eisfeld. – M.:<br />
Verlag „IVDK-press“, 2012. – 352 S.<br />
ISBN 978-5-98355-092-6<br />
Seit Peter I. traten in Russland zwei Gruppen von Deutschen in Erscheinung: in verschiedenen deutschen<br />
Staaten und Territorien Geborene, die in russische Dienste traten, und liv- und estländische Deutsche, die in<br />
dem Russischen Reich angegliederten Provinzen lebten. Katharina II., welche die Politik Peter I. zur Stärkung<br />
und Modernisierung des Staates und seiner Wirtschaft fortsetzte, lud mit ihrem Manifest vom 22. Juli 1763<br />
Ausländer zur Einwanderung nach Russland zu günstigen für sie Bedingungen ein. Im Verlauf von drei<br />
Jahrhunderten haben diese Deutschen, die russische Untertanen wurden, einen bedeutenden Beitrag zur<br />
Entwicklung der Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur des Landes geleistet. Einen nicht geringen Beitrag<br />
leisteten auch jene Deutschen, die Russland per Vertrag dienten, aber in ihre Heimat zurückkehrten. Die<br />
russisch-deutschen Beziehungen wurden über diese Jahrhunderte zu einem festen Bindeglied der europäischen<br />
und Weltkultur und -wirtschaft. Der Bildband widerspiegelt die Vielseitigkeit und Wechselseitigkeit<br />
der Beziehungen. Der 1. Band hat Beiträge und Materialien aufgenommen, die dem 18. Und 19. Jahrhundert<br />
gewidmet sind. Er enthält zahlreiche, oft völlig unerwartete Illustrationen, aber auch viele Sujets, die schon<br />
längst zu „echt russischen“ und gleichzeitig zu europäischem Gemeingut wurden.<br />
Der Band ist sowohl für Fachleute, als auch für eine breite Leserschaft gedacht, die sich für die russische<br />
Geschichte und die Geschichte der Russlanddeutschen interessiert.<br />
Издание осуществлено при финансовой поддержке<br />
Министерства регионального развития Российской Федерации<br />
и Министерства внутренних дел Германии.<br />
ISBN 978-5-98355-092-6<br />
© Министерство регионального развития<br />
Российской Федерации, 2012<br />
© АОО «Международный союз<br />
немецкой культуры», 2012<br />
© Издательство ЗАО «МСНК-пресс», 2012
Немцы в российской истории 3<br />
Inhalt<br />
Содержание<br />
Einleitung ................................ 4<br />
Deutsche im Militär- und Staatsdienst<br />
des Russischen Reiches ................... 12<br />
Die Akademie der Wissenschaften –<br />
Entwicklung von Wissenschaft und<br />
wissenschaftlichen Beziehungen . ........ 30<br />
Die deutsche Kolonisierung<br />
im 18. Jahrhundert ....................... 65<br />
Die ausländische Kolonisierung<br />
im Süden Russlands im<br />
18. und 19. Jahrhundert . ................ 75<br />
Die Wolhyniendeutschen ................. 99<br />
Deutsche Kolonien<br />
im asiatischen Russland . ................. 113<br />
Russlanddeutsche Unternehmer<br />
in 19. Jahrhundert und zu Beginn<br />
des 20. Jahrhunderts ..................... 130<br />
Der deutsche Faktor in<br />
der russischen Architektur ................ 165<br />
Deutsche im Verlagswesen Russlands .... 189<br />
Wechselwirkungen in der Literatur ....... 211<br />
Religion und Kirche . ..................... 221<br />
Deutsche unter russischer Flagge . ....... 263<br />
Deutsche in Politik und Gesellschaft<br />
Russlands in der Postreformperiode ...... 282<br />
Ethnografie ............................... 307<br />
Unsere Autoren .......................... 348<br />
Введение ................................ 4<br />
Немцы на военной и государственной<br />
службе Российской империи ............ 12<br />
Академия наук – развитие науки<br />
и научных связей ........................ 30<br />
Немецкая колонизация<br />
в XVIII в. ................................. 65<br />
Иностранная колонизация<br />
на юге России в XVIII–XIX вв. ............ 75<br />
Немцы Волыни .......................... 99<br />
Немецкие колонии<br />
в Азиатской России ...................... 113<br />
Предпринимательство<br />
российских немцев<br />
в XIX – начале ХХ в. ..................... 130<br />
Немецкий фактор<br />
в архитектуре России .................... 165<br />
Немцы в издательской жизни<br />
России ................................... 189<br />
Взаимопроникновение<br />
в литературе ............................. 211<br />
Религия и церковь ....................... 221<br />
Немцы под стягом России . ............. 263<br />
Немцы в политической<br />
и общественной жизни России<br />
в пореформенный период .............. 282<br />
Этнография . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307<br />
Наши авторы ............................ 348
4 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Einleitung<br />
Введение<br />
H. Martens (Moskau),<br />
A. Eisfeld (Göttingen)<br />
Г. Мартенс (Москва),<br />
А. Айсфельд (Гёттинген)<br />
Erste Kontakte zwischen Russen und Deutschen gab<br />
es schon im Mittelalter, als die Siedlungsräume<br />
von Ostslawen und germanischen Völkern nicht<br />
aneinander grenzten und die Überwindung der dazwischen<br />
liegenden Gebiete mit erheblichen Schwierigkeiten<br />
verbunden war. Dessen ungeachtet führte das beiderseitige<br />
Interesse zu zahlreichen, mehr oder weniger intensiven<br />
und dauerhaften Kontakten. Zu den bekanntesten frühen<br />
Episoden dieser jahrhundertelangen Geschichte gehört die<br />
militärische Konfrontation zwischen den Truppen des Livländischen<br />
Ordens und Groß-Nowgorods auf dem Eis des<br />
Peipussees im Jahre 1242. Kontakte ganz anderer Art zwischen<br />
der Rus und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher<br />
Nation gab es jedoch schon weit früher. Den Anfang<br />
machten Kaufleute, Diplomaten und Missionare.<br />
Im Jahre 959 weilte eine Gesandtschaft der Kiewer Fürstin<br />
Olga am Hofe des deutschen Königs Otto, des späteren Kaisers<br />
Otto I. der Grossen, in Quedlinburg. Die Fürstin hatte<br />
darum gebeten, zur Christianisierung ihrer Untertanen<br />
einen Bischof und Missionare nach Kiew zu entsenden. Für<br />
die Historiker gilt dieses Ereignis als der Beginn deutschrussischer<br />
Beziehungen, obwohl der Besuch selbst vermuten<br />
lässt, dass man in Kiew bereits über das damalige Deutschland<br />
und dessen Herrscher informiert war. Die Mission des<br />
Bischofs Adalbert von Magdeburg, den man 961 nach Kiew<br />
schickte, war jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Der Kiewer<br />
Fürst Wladimir ließ sich 988 von byzantinischen Priestern<br />
nach den Riten der Ostkirche taufen.<br />
Erfolgreicher gestalteten sich die dynastischen Beziehungen.<br />
Die Tochter des Kiewer Großfürsten Wsewolod, Eupraxia<br />
von Kiew oder Adelheid von Kiew, wie sie sich nach<br />
ihrer Konvertierung zum Katholizismus nannte, wurde die<br />
Gemahlin Heinrichs IV. und war von 1089 bis 1094/95 deutsche<br />
Königin und Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches<br />
Deutscher Nation. Dynastische Beziehungen zwischen<br />
deutschen Herrscherhäusern und Fürstengeschlechtern der<br />
Abb. 1 Илл. 1<br />
Первые контакты между русскими и немцами<br />
имели место в средневековье, когда ареалы<br />
проживания восточных славян и германских<br />
народов не соприкасались, а преодоление лежащих<br />
между ними пространств было сопряжено с немалыми<br />
трудностями. Тем не менее обоюдный интерес<br />
привел к многочисленным различным по интенсивности<br />
и продолжительности контактам. Одним<br />
из наиболее известных ранних сюжетов этой многовековой<br />
истории является вооруженное столкновение<br />
между войсками Ливонского ордена и Великого<br />
Новгорода на льду Чудского озера в 1242 г. Контакты<br />
между Русью и Священной Римской империей германской<br />
нации начались, однако, гораздо раньше и<br />
имели другую направленность. Начало было положено<br />
купцами, дипломатами и миссионерами.<br />
В 959 г. посольство киевской княгини Ольги находилось<br />
с визитом при дворе германского короля Оттона I<br />
Великого в Кведлинбурге. Княгиня желала прибытия<br />
в Киев епископа и миссионеров для христианизации<br />
своих подданных. Историки считают это событие<br />
точкой отсчета российско-немецких отношений, хотя<br />
сам визит позволяет предполагать, что в Киеве имелась<br />
информация о тогдашней Германии и ее правителе.<br />
Миссия епископа Адалберта Магдебургского, направленного<br />
в Киев в 961 г., осталась безуспешной. Киевский<br />
князь Владимир принял в 988 г. крещение по восточному<br />
обряду от византийских священников.<br />
Успешнее складывались династические связи. Дочь<br />
великого князя Киевского Всеволода, Евпраксия Киевская,<br />
после обращения в католичество – Адельгейда,<br />
став супругой Генриха IV, являлась с 1089 по 1094/95 г.<br />
германской королевой и императрицей Священной<br />
Римской империи германской нации. Династические<br />
связи правящих немецких династий с княжескими<br />
родами восточных славян в последующие столетия
Немцы в российской истории 5<br />
Ostslawen waren in den folgenden Jahrhunderten kein Einzelfall.<br />
Im Verlaufe der 300 Jahre während der Herrschaft<br />
des Hauses Romanow wurden sie zur Tradition. Besonders<br />
eng waren die Beziehungen zu den Häusern Württemberg,<br />
Hessen-Darmstadt, Braunschweig, Holstein und Preußen.<br />
Peter III. und Katharina II. bestiegen gar den russischen<br />
Thron. Kaiserin Katharina wird von Historikern und Publizisten<br />
oft als „deutsche Kaiserin auf dem russischen Thron“<br />
bezeichnet. Ihrer Herkunft nach war sie das sicherlich auch.<br />
Sophie Auguste Friederike war eine Prinzessin aus dem<br />
kleinen Herzogtum Anhalt-Zerbst. Nach ihrer Thronbesteigung<br />
wurde sie zur Alleinherrscherin Russlands und<br />
nahm die Interessen des russischen Thrones war. Es sollte<br />
noch mehr als ein Jahrhundert vergehen, bis Kategorien wie<br />
„Ergebenheit“ und „Dienst nach Vertrag“ von den Ideen<br />
des Nationalstaates und der Nation abgelöst wurden. In<br />
der vornationalen Periode waren vorherrschende Motive<br />
der Nutzen für die der Dynastie gehörenden Gebiete und<br />
der Treueschwur.<br />
Erste Nachrichten über das Auftauchen deutscher Kaufleute<br />
aus Bayern im Siedlungsgebiet der Ostslawen, insbesondere<br />
in Wolhynien, reichen bis in die zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts<br />
zurück. Zu Beginn des 11. Jahrhunderts begannen<br />
sich kleine Gruppen von Deutschen aus Wien, Regensburg,<br />
Mainz und Lübeck in Wladimir und Luzk niederzulassen,<br />
um sich dort ihren Handelsgeschäften zu widmen. Infolge<br />
ehelicher Verbindungen zwischen wolhynischen Fürsten<br />
und dem deutschen Adel sowie deren militärischer und diplomatischer<br />
Kontakte zu den unterschiedlichsten deutschen<br />
politischen Gruppierungen waren verschiedene namhafte<br />
deutsche Geschlechter und deutsche Militärs in Wolhynien<br />
präsent. Zur Zeit des Fürstentums Galizien-Wolhynien<br />
tauchten hier auch deutsche Handwerker auf. Chroniken<br />
belegen, dass es im 13. Jahrhundert in einigen Städten<br />
kleine Kolonien von Handwerkern und Kaufleuten gab. Im<br />
Abb. 2<br />
не были единичным явлением, а за 300 лет правления<br />
дома Романовых стали традиционными. Особо тесными<br />
они были с Вюрттембергом, Гессен-Дармштадтом,<br />
Брауншвейгом, Гольштинией и Пруссией, а на российский<br />
престол взошли Петр III и Екатерина II. Императрицу<br />
Екатерину историки и публицисты часто<br />
называют «немецкой императрицей на российском<br />
троне». По происхождению это, несомненно, так. София<br />
Августа Фридерика была принцессой небольшого<br />
герцогства Ангальт-Цербст. Взойдя на трон, она стала<br />
самодержицей российской и преследовала интересы<br />
российского трона. Пройдет еще более столетия<br />
до того времени, когда категории «подданство» и<br />
«служба по контракту» уступят место идее национального<br />
государства и национальности. В донациональный<br />
период истории преобладающими мотивами<br />
являлись польза для династии от освоения принадлежащих<br />
ей территорий и верность присяге.<br />
Самые ранние сведения о появлении в восточнославянском<br />
ареале, на Волыни, немецких купцов из Баварии<br />
относятся ко второй половине ІХ в. С начала<br />
ХІ в. небольшие группы немцев из Вены, Регенсбурга,<br />
Майнца, Любека стали оседать во Владимире и Луцке<br />
и вести здесь торговые дела. Следствием матримониальных<br />
союзов волынских князей с немецкой знатью<br />
и их военно-дипломатических контактов с разными<br />
немецкими политическими группами стало появление<br />
на Волыни представительниц некоторых знатных<br />
германских родов и немецких воинов. В период<br />
Галицко-Волынского княжества здесь появились<br />
немецкие ремесленники. Летописи свидетельствуют<br />
о существовании в ХІІІ в. в некоторых городах небольших<br />
ремесленно-купеческих колоний. На протяжении<br />
XIV – первой половины XVI вв. немцы присутствовали<br />
среди жителей волынских городов благодаря<br />
Илл. 2<br />
1. Епископ Адальберт Магдебургский (910–981).<br />
С гравюры В. Гофманна. 1830<br />
Bischof Adalbert von Magdeburg (910–981).<br />
Stich von W. Hoffmann. 1830<br />
1<br />
2. Карл Петр Ульрих Гольштейн-Готторпский<br />
(будущий Петр III) и София Августа<br />
Фридерика Ангальт-Цербст-Дорнбургская<br />
(будущая Екатерина II). Г. Х. Гроот. 1745.<br />
Государственный Русский музей, С.‐Петербург<br />
Karl Peter Ulrich von Hollstein-Gottorp<br />
(später: Peter III.) und Sophia Augusta<br />
Friederika von Anhalt-Zerbst-Dornburg<br />
(später: Katharina II.). G. Ch. Groot. 1745.<br />
Staatliches Russisches Museum, St. Petersburg<br />
2
6 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 3<br />
Abb. 4–6<br />
Abb. 7<br />
Abb. 8, 9<br />
14. Jahrhundert bis hin zur ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts<br />
erfreuten sich deutsche Bewohner in wolhynischen<br />
Städten als Händler, Bedienstete in den Schlössern, Erbauer<br />
von Befestigungs- und Wehranlagen sowie Waffenmeister<br />
verschiedener Privilegien und Vergünstigungen durch die<br />
litauischen Fürsten und polnischen Könige.<br />
Nach der Zersplitterung der Kiewer Rus verlor das ferne<br />
Kiew seine einstige Bedeutung als politisches und Handelszentrum.<br />
Allmählich gewann das Moskauer Fürstentum<br />
die Oberhand, zunächst als Großfürstentum, später auch<br />
als Zarenreich. Deutsche Kaufleute suchten und fanden<br />
Handelswege in den Osten Europas über die Ostsee und<br />
gründeten in russischen Städten ihre Handelskontore.<br />
Eine besondere Rolle in diesen Handelsgeschäften spielte<br />
Groß-Nowgorod. Die Hanse hatte hier über einen langen<br />
Zeitraum eine ständige Niederlassung, in der im 15. Jahrhundert<br />
bis zu 200 Kaufleute gleichzeitig tätig waren. Die<br />
Livländer, die in Konkurrenz zu den Kaufleuten der Hanse<br />
standen, wickelten ihre Handelsgeschäfte direkt mit den<br />
benachbarten Teilfürstentümern ab.<br />
Großfürst Iwan III. (1440–1505), der mehrere Teilfürstentümer<br />
unter der Vorherrschaft Moskaus vereinte, holte zur<br />
Festigung seines Staates ausländische Baumeister, Waffenschmiede,<br />
Gold- und Silberschmiedemeister, Drechsler,<br />
Schiffsbauer, Ärzte, Agronomen und andere Fachleute ins<br />
Land. 1492 bat er den sächsischen Kurfürsten, Bergbauspezialisten<br />
die Ausreise nach Moskau zu gestatten. Nach<br />
dem Anschluss von Groß-Nowgorod verlegte Iwan III. die<br />
Faktoreien der ausländischen Kaufleute nach Moskau. Daraus<br />
entstand die Deutsche Vorstadt. Wissenschaftlichen<br />
Berechnungen zufolge lebten in den 1660er Jahren in<br />
der Moskauer Deutschen Vorstadt etwa 1 200 Menschen,<br />
davon 1 000 Deutsche.<br />
Der Moskauer Großfürst Wassili III. schloss 1514 ein<br />
Bündnis mit Maximilian I., Kaiser des Heiligen Römischen<br />
Илл. 3<br />
Илл. 4–6<br />
Илл. 7<br />
Илл. 8, 9<br />
привилегиям и льготам, полученным от литовских<br />
князей и польских королей, занимаясь торговлей,<br />
несением замковой службы, принимая участие в возведении<br />
фортификационных и гражданских сооружений,<br />
работая мастерами-оружейниками.<br />
Находившийся на бóльшем удалении Киев после раздробления<br />
Киевской Руси со временем утратил свое<br />
былое значение политического и торгового центра.<br />
Первенство постепенно приобретало Московское княжество,<br />
ставшее сначала великим княжеством, а затем<br />
и царством. Немецкие купцы искали и находили торговые<br />
пути на восток Европы через Балтийское море,<br />
создавая в русских городах свои конторы. Великий<br />
Новгород играл в этой торговле особую роль. Здесь<br />
Ганзейский союз продолжительное время имел свое<br />
постоянное подворье, при котором в XV в. находилось<br />
до 200 купцов одновременно. Лифляндцы, конкурируя<br />
с ганзейскими купцами, вели торговлю со смежными<br />
удельными русскими княжествами напрямую.<br />
Великий князь Иван III (1440–1505), объединивший<br />
под началом Москвы ряд удельных княжеств, использовал<br />
для усиления своего государства иностранных<br />
строителей, оружейников, золотых и серебряных дел<br />
мастеров, токарей, кораблестроителей, медиков, агрономов<br />
и других специалистов. В 1492 г. он просил<br />
саксонского курфюрста о разрешении для мастеров<br />
горного дела на выезд в Москву. После присоединения<br />
Великого Новгорода Иван III перевел фактории иностранных<br />
купцов в Москву, где впоследствии возникла<br />
Немецкая слобода. По подсчетам исследователей,<br />
в 1660‐е гг. население московской Немецкой слободы<br />
состояло приблизительно из 1200 чел., в числе которых<br />
около 1 000 были немцы.<br />
Московский великий князь Василий III в 1514 г. заключил<br />
союз с императором Священной Римской империи<br />
3. Новгородцы, предлагающие пушнину<br />
и воск на продажу штральзундским<br />
купцам немецкого двора в Новгороде.<br />
Фрагмент резной панели деревянной<br />
скамьи в церкви св. Николая<br />
в Штральзунде (Германия).<br />
Ок. 1360–1370<br />
Nowgoroder bieten Pelze und Wachs<br />
zum Kauf Stralsunder Kaufleuten im<br />
Deutschen Hof zu Nowgorod an.<br />
Fragment eines Gestühls in der<br />
St. Nikolaikirche in Stralsund<br />
(Deutschland). Ca. 1360–1370<br />
3
4<br />
6<br />
4. Великий князь Московский Иван III (1440–1505).<br />
С немецкой гравюры XVI в.<br />
Moskauer Großfürst Iwan III. (1440–1505).<br />
Deutscher Holzschnitt 16. Jh.<br />
5. Печать Ивана III с изображением двуглавого орла. 1497<br />
Siegel Iwan III. mit dem Doppeladler. Urkunde.1497<br />
5<br />
6. Император Священной Римской<br />
империи Сигизмунд I (1378–1437)<br />
с атрибутами императорской и<br />
королевской власти. Гравюра из хроники<br />
У. фон Рихтенталя. 1536<br />
Kaiser des Heiligen Römischen Reiches<br />
Sigismund I. (1378–1437) mit Attributen<br />
der kaiserlichen und königlichen Macht.<br />
Holzschnitt aus der Chronik des<br />
U. von Richtental. 1536<br />
7<br />
7. Немецкая слобода в Москве.<br />
Рисунок из альбома имперского посла<br />
барона А. Мейерберга. 1661–1662<br />
Moskauer Deutsche Vorstadt.<br />
Zeichnung aus dem Album des kaiserlichen<br />
Gesandten Baron A. Meierberg. 1661–1662<br />
8. Великий князь Московский Василий III<br />
(1479–1533). С немецкой гравюры XVI в.<br />
Moskauer Großfürst Wasilij III. (1479–1533).<br />
Deutscher Holzschnitt. 16. Jh.<br />
9. Император Священной Римской империи<br />
Максимилиан I (1459–1519). А. Дюрер. 1519.<br />
Музей истории искусств, Вена<br />
Kaiser des Heiligen Römischen Reiches<br />
Maximilian I. (1459–1519). A. Dürer. 1519.<br />
Kunsthistorisches Museum, Wien<br />
8 9
8 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Reiches Deutscher Nation. In der Urkunde Maximilians<br />
an Wassili ist die Rede vom Beginn einer ewig währenden<br />
guten Freundschaft zwischen beider Staaten und Kindern,<br />
von einem Militärbündnis gegen gemeinsame Feinde<br />
und von freier Durchreise für Gesandte und Kaufleute.<br />
Maximilian nannte Wassili „Cäsar von Gottes Gnaden“,<br />
also Kaiser oder Imperator.<br />
Im 16. und 17. Jahrhundert stieg die Zahl der in russischen<br />
Diensten stehenden Deutschen auf mehrere Tausend an.<br />
In Archangelsk entstand zu Beginn des 17. Jahrhunderts<br />
ein neues Handelszentrum mit ausländischen Kaufleuten,<br />
das man später Deutsche Vorstadt nannte. Zur gleichen<br />
Zeit tauchen auch in der Deutschen Vorstadt in Pskow<br />
Kaufleute der Hanse auf.<br />
Unter Peter I. nahm Russland eine stürmische Entwicklung,<br />
die auf den wissenschaftlichen und beruflichen Kenntnissen<br />
und Fertigkeiten ausländischer Fachleute basierte. Bereits in<br />
jungen Jahren lernte Peter, der sich für das Leben und die<br />
Denkweise der Ausländer, darunter auch der Deutschen,<br />
in der Deutschen Vorstadt an der Jausa, einem Moskauer<br />
Flüsschen, interessierte, viel Nützliches für Russland kennen,<br />
widmete sich selbst modernen Wissenschaften und Gewerken,<br />
und regte auch seine Umgebung dazu an. Bekannt sind<br />
seine Auslandsreisen, auf denen er große Anstrengungen<br />
unternahm, um die für Russlands Entwicklung so dringend<br />
benötigten Gelehrten, Ingenieure, Ärzte, Militärs und Handwerksmeister<br />
zu gewinnen. Auch in St. Petersburg entstand<br />
eine Deutsche Vorstadt, in der sich hauptsächlich Offiziere,<br />
ausländische Gesandte, Höflinge, deutsche Handwerker und<br />
Kaufleute sowie Seeleute niederließen.<br />
Kaiserin Elisabeth I., die Peter auf dem russischen Thron<br />
folgte, setzte die von ihm begonnene Expansion in den<br />
Süden, zum Asowschen und Schwarzen Meer, erfolgreich<br />
fort. Um die eroberten Gebiete zu erschließen, begann<br />
sie verschiedene Gruppen von Ausländern zu holen.<br />
Abb. 10, 11 Илл. 10, 11<br />
германской нации Максимилианом I. В грамоте Максимилиана<br />
Василию говорится об установлении между<br />
государями и детьми их доброй дружбы навечно,<br />
о военном союзе против общих врагов, свободном<br />
проезде посланников и торговых людей. Василия<br />
Максимилиан именовал «божьей милостью цесарь»,<br />
т. е. император.<br />
В XVI–XVII вв. количество немцев на русской службе<br />
возросло до нескольких тысяч. В Архангельске<br />
с начала XVII в. развивается новый центр торговли<br />
с иностранными купцами, получивший впоследствии<br />
название Немецкой слободы. С этого же времени<br />
ганзейские купцы появляются в Немецкой слободе<br />
Пскова.<br />
При Петре I Россия вступила в эпоху бурного развития,<br />
в основу которого легли научные и профессиональные<br />
знания и навыки иностранных<br />
специалистов. Уже в юношеском возрасте Петр, познакомившийся<br />
в Немецкой слободе на Яузе с бытом<br />
и образом мышления иностранцев, в том числе<br />
немцев, увидел там много полезного для России и сам<br />
обучался новым наукам и ремеслам, сподвигая на это<br />
же свое окружение. Общеизвестны его зарубежные<br />
путешествия, во время которых он прикладывал<br />
немало усилий, чтобы заполучить необходимых для<br />
развития России ученых, инженеров, медиков, военных,<br />
мастеров различных профессий. В Санкт-<br />
Петербурге также появилась Немецкая слобода,<br />
где, как правило, селились офицеры, иностранные<br />
посланники, царские придворные, немецкие ремесленники<br />
и купцы, матросы.<br />
Преемница Петра на российском престоле, императрица<br />
Елизавета I успешно продолжала начатую им<br />
экспансию на юг, к Азовскому и Черному морям. Для<br />
освоения новоприобретенных территорий она начала<br />
10 11
Немцы в российской истории 9<br />
Diese ausländische Kolonisierung erreichte aber nur ein<br />
bescheidenes Ausmaß.<br />
Mit der Inthronisierung Katharinas II. erhielt die innen-<br />
und außenpolitische Entwicklung, wie schon unter<br />
Peter I., einen mächtigen Impuls. Sie verpflichtete nicht<br />
nur Ausländer per Vertrag zum Dienst für Russland,<br />
sondern setzte auch auf die damals in Europa populäre<br />
Theorie des Bevölkerungswachstums im eigenen Staat. Mit<br />
dem Manifest vom 4. Dezember 1762 lud sie Ausländer<br />
dazu ein, sich in Russland niederzulassen, und versuchte<br />
einst ins Ausland geflüchtete russische Untertanen in<br />
ihre Heimat zurück zu holen. Dieses Manifest wurde in<br />
mehreren europäischen Sprachen und sogar in Arabisch<br />
veröffentlicht. Einen Zustrom von Ausländern bewirkte<br />
es allerdings nicht.<br />
Das Manifest vom 22. Juli 1763, in dem allen Ausländern<br />
erlaubt wurde, nach Russland zu kommen und sich, ausgestattet<br />
mit bestimmten Privilegien, in einem Gouvernement<br />
ihrer Wahl niederzulassen, stieß in dem von den Folgen des<br />
Siebenjährigen Krieges (1756–1763) arg in Mitleidenschaft<br />
gezogenen Mitteleuropa, vor allem aber in den deutschen<br />
Ländern, auf großes Interesse. Die für alle Zeiten in Aussicht<br />
gestellten Freiheiten bei der Religionsausübung und<br />
die Befreiung vom Wehrdienst versprachen Frieden und<br />
Wohlstand, was Zehntausende dazu bewegte, sich auf den<br />
Weg nach Russland zu machen. Nach ihrer Ankunft auf<br />
russischem Boden und dem Treuegelöbnis gegenüber dem<br />
russischen Thron wurden sie russische Untertanen. In den<br />
folgenden 250 Jahren erlebte Russland die Napoleonischen<br />
Kriege, den Ersten und Zweiten Weltkrieg, wirtschaftlichen<br />
Aufschwung und Hungersnöte. Auch die Beziehungen zu<br />
Deutschland waren voller Widersprüche. So gab es dynastische<br />
Beziehungen zwischen den Monarchen und Militärbündnisse,<br />
aber auch Konfrontationen, die bis zu den beiden<br />
Weltkriegen und dem späteren Kalten Krieg führten.<br />
Abb. 12<br />
Abb. 13, 14<br />
привлекать различные группы иностранцев. Большого<br />
размаха эта иностранная колонизация, однако, не<br />
получила.<br />
С восхождением на престол Екатерины II внутриполитическое<br />
и внешнеполитическое развитие вновь, как и<br />
при Петре, получило мощный импульс. Она не только<br />
привлекла иностранцев на российскую службу по контракту,<br />
но и применила популярную в то время в Европе<br />
теорию приращения населения в своем государстве.<br />
Манифестом от 4 декабря 1762 г. она пригласила иностранцев<br />
к переселению в Россию, а бежавших ранее<br />
за границу российских подданных к возвращению<br />
в свое отечество. Этот манифест был опубликован<br />
на нескольких европейских языках, а также арабском,<br />
но притока иностранцев не вызвал.<br />
Манифест «О дозволении всем иностранцам, в Россию<br />
въезжающим, поселяться в которых губерниях<br />
они пожелают и о дарованных им правах» от 22 июля<br />
1763 г. вызвал большой интерес в пострадавшей в результате<br />
Семилетней войны (1756–1763) Центральной<br />
Европе, прежде всего в немецких государствах. Дарованные<br />
на вечные времена свобода вероисповедания<br />
и освобождение от военной службы сулили мир и<br />
благополучие, ради которых десятки тысяч людей<br />
разных сословий подались в Россию. После прибытия<br />
на российскую землю и принятия присяги на верность<br />
российскому престолу они становились российскими<br />
подданными. За прошедшие с тех пор два с половиной<br />
века Россия пережила наполеоновские войны, Первую<br />
и Вторую мировые войны, экономический подъем<br />
и трагедии голода. Взаимоотношения с Германией<br />
также были полны противоречий. Они включали как<br />
династические связи монархов и военные союзы, так<br />
и противостояние, вылившееся в две мировые войны<br />
и времена «холодной войны».<br />
Илл. 12<br />
Илл. 13, 14<br />
10. Имперский дипломат С. Герберштейн (1486–1566)<br />
в русском одеянии, пожалованном ему великим князем<br />
Василием III. С немецкой гравюры. 1526<br />
Kaiserlicher Gesandter S. Herberstein (1486–1566) in einem<br />
vom Großfürsten Wasilij III. geschenkten Gewand. Deutscher<br />
Holzschnitt. 1526<br />
11. Посольство Ивана IV Грозного в Регенсбурге в 1576 г.<br />
С гравюры XVI в.<br />
Gesandtschaft Iwans IV. Schrecklichen in Regensburg<br />
1576. Holzschnitt. 16. Jh.<br />
12. Императрица российская Екатeрина II (1729–1796).<br />
Ф.С. Рокотов. 1763. Государственная Третьяковская<br />
галерея, Москва<br />
Russische Kaiserin Katharina II. (1729–1796).<br />
F. S. Rokotow. 1763. Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau<br />
12
Немцы в российской истории 11<br />
Die Ausstellung „Deutsche in der russischen Geschichte“,<br />
die dem 250. Jahrestag der Einladung von Kolonisten durch<br />
Kaiserin Katharina II. gewidmet ist, hat sich zum Ziel gesetzt,<br />
die Geschichte der deutschen Bevölkerung in Russland,<br />
deren vielschichtigen und innovativen Beitrag zur Entwicklung<br />
des Landes, die tragischen Seiten der Geschichte des<br />
20. Jahrhunderts und die gegenwärtige Situation darzustellen.<br />
Die Ausstellung und der Bildband dazu umfassen einen<br />
Zeitraum von mehr als drei Jahrhunderten, beginnend mit<br />
der Epoche Peters I. Viel Platz wird den Geschehnissen im<br />
20. Jahrhundert eingeräumt, die vielen Zeitgenossen noch<br />
gut in Erinnerung sind und entscheidend zur Herausbildung<br />
der Identität der heute lebenden Generationen beigetragen<br />
haben. Die Wissenschaftler konnten noch nicht abschließend<br />
klären, ob die Russlanddeutschen ein Teil der Akkulturation<br />
und Assimilation unterliegenden Deutschen Kulturnation,<br />
ob sie eine nationale bzw. ethnische Gruppe, eine nationale<br />
Minderheit, eine Subethnie oder bereits eine eigene Ethnie<br />
verkörpern. Mehr als zwei Drittel von ihnen siedelten<br />
im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts nach Deutschland<br />
über, das sie selbst als „historische Heimat“ bezeichnen,<br />
und ein Drittel lebt in der Russischen Föderation und in<br />
den Ländern der GUS. Sie alle haben darüber hinaus noch<br />
ihre sogenannte „Kleine Heimat“, den Ort, an dem ihre<br />
Vorfahren lebten, wo sie selbst und ihre Kinder geboren<br />
wurden. Gutnachbarschaftliche Beziehungen zwischen der<br />
Russischen Föderation und Deutschland und die Unterstützung<br />
der Russlanddeutschen durch beide Staaten haben<br />
Bedingungen geschaffen, unter denen es möglich wurde,<br />
sich selbst zu verwirklichen, welche Wahl auch immer sie<br />
trafen. Viele sehen die Russlanddeutschen als Bindeglied,<br />
als eine Brücke der Freundschaft zwischen Russland und<br />
Deutschland.<br />
Выставка «Немцы в российской истории», посвященная<br />
250-летию приглашения колонистов<br />
императрицей Екатериной II, имеет целью показать<br />
историю немецкого населения России, его<br />
многогранный инновационный вклад в развитие<br />
страны, трагические стороны в период ХХ в. и<br />
положение на современном историческом этапе.<br />
Выставка и альбом к ней охватывают более трех<br />
столетий, начиная с эпохи Петра I. Много места<br />
уделено событиям ХХ в., которые еще свежи<br />
в памяти современников и оказали значительное<br />
влияние на формирование идентичности<br />
ныне живущих поколений. Ученые еще не смогли<br />
однозначно определить, являются ли российские<br />
немцы частью подверженной аккультурации и ассимиляции<br />
немецкой культурной нации (Deutsche<br />
Kulturnation) или национальной (этнической) группой,<br />
национальным меньшинством, субэтносом<br />
или уже сформировавшимся этносом. Более двух<br />
третей из них переселились в последней четверти<br />
ХХ в. в Германию, которую они называют своей<br />
исторической Родиной, а около трети проживают<br />
в Российской Федерации и странах СНГ. У<br />
них есть еще и так называемая малая родина,<br />
местность, в которой жили их предки, родились<br />
они сами и их дети. Добрососедские отношения<br />
между Российской Федерацией и Германией, поддержка<br />
обоими государствами российских немцев<br />
создали условия, при которых стало возможным<br />
реализовать себя, какой бы выбор они ни сделали.<br />
Многие из них видят российских немцев связующим<br />
звеном, мостом дружбы между Россией<br />
и Германией.<br />
13. Карта немецких колоний на Волге. А. Трипер. 1777.<br />
© Государственный исторический музей, Москва<br />
Karte der deutschen Kolonien an der Wolga. A. Triper. 1777.<br />
© Staatliches Historisches Museum, Moskau<br />
14. Эскиз медали в память приглашения иностранных колонистов<br />
в Россию. 1760-e гг. Российский государственный архив<br />
древних актов, Москва. Прорисовка Г. Вильмса<br />
Skizze einer Medaille zur Erinnerung an die Einladung<br />
ausländischer Kolonisten nach Russland. 1760er Jahre. Russisches<br />
Staatsarchiv Alter Akten, Moskau. Zeichnung von G. Willms<br />
14
12 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Deutsche im Militär- und<br />
Staatsdienst des Russischen Reiches<br />
Немцы на военной и государственной<br />
службе Российской империи<br />
S. Nelipowitsch (Moskau)<br />
С. Нелипович (Москва)<br />
Erstmals treten Deutsche im 16. Jahrhundert als<br />
Angehörige des Standes „bediensteter Ausländer“<br />
im Militärdienst des Russischen Staates in Erscheinung.<br />
So merkwürdig es klingen mag, waren doch die<br />
Konflikte der Moskauer Großfürsten mit Litauen und<br />
dem Livländischen Orden der Auslöser für die Anwerbung<br />
von Ausländern zum Militärdienst, da sich die eigenen<br />
Truppen für den aus damaliger Sicht modernen Krieg als<br />
zu schlecht ausgebildet erwiesen. Ähnlich war die Situation<br />
in jener Zeit auch im Königreich Polen, seit Ende<br />
des 16. Jahrhunderts Rzeczpospolita, wohin es ebenfalls<br />
Militärs aus deutschen Ländern zog. Damals tobten in<br />
den deutschen Fürstentümern Religionskriege, wodurch<br />
es dort eine Menge Berufssoldaten gab, die bereit waren,<br />
ihren Degen teuer zu verkaufen, sowie eine Vielzahl von<br />
Spezialisten, die ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten unter<br />
ruhigeren Verhältnissen einsetzen wollten. Im Großen<br />
und Ganzen konnte der Moskauer Staat solche stabilen<br />
Einkommen bieten, auch wenn man zu den Ausländern<br />
eine gewisse Distanz hielt und versuchte, ihnen den<br />
eigenen Glauben aufzudrängen. In den 150 Jahren, in<br />
denen Militärs hauptsächlich aus deutschen Ländern in<br />
der russischen Armee dienten, führten sie hier, vor allem<br />
während der Herrschaft der ersten Romanows, Elemente<br />
westeuropäischer Kriegskunst und Lebensart ein.<br />
Bis zur Regierungszeit Peters I. war diese Gruppe zahlenmäßig<br />
gar nicht so groß und hielt sich, bedingt durch den<br />
Alltag, die Besonderheiten des Dienstes und des Glaubens,<br />
abseits von der russischen Gesellschaft. Aber bereits zu<br />
Beginn des 19. Jahrhunderts waren die aus Deutschland<br />
stammenden Militärs und Teile des baltischen Adels, der<br />
schon seit Generationen im russischen Militärdienst stand,<br />
völlig in das russische Offiziers- und Beamtenkorps integriert,<br />
unterschieden sich kaum noch von diesen und lebten<br />
nach den Regeln des adeligen Standes. Das war eine Folge<br />
der Liberalisierung des höfischen und städtischen Lebens<br />
Немцы на военной службе Русского государства<br />
появляются в XVI в. как часть<br />
сословия «служилых иноземцев». Как ни<br />
странно это может показаться, побудительной причиной<br />
для приглашения на военную службу стали<br />
конфликты московских великих князей с Литвой<br />
и Ливонским орденом, в ряде которых проявилась<br />
неподготовленность московских поместных ратей<br />
к современной для той эпохи войне. Схожие процессы<br />
наблюдались в это время и в Польском королевстве<br />
(с конца ХVI в. – Речь Посполитая), куда<br />
также устремились выходцы из германских земель.<br />
Германские княжества в этот период были охвачены<br />
религиозными войнами, что дало массу профессиональных<br />
военных, готовых дорого продать<br />
свою шпагу, и большое количество специалистов,<br />
желавших использовать свои навыки и способности<br />
в более стабильной обстановке. Московское<br />
государство в целом могло обеспечить такой стабильный<br />
заработок, несмотря на определенное отчуждение<br />
и попытки навязать свою веру. На протяжении<br />
полутораста лет немецкие выходцы служили<br />
в основном в русском войске, постепенно привнося<br />
в него, особенно в царствование первых Романовых,<br />
элементы западноевропейского военного искусства<br />
и черты быта.<br />
Вплоть до царствования Петра I эта группа не являлась<br />
многочисленной и была обособлена от русского<br />
общества – бытом, особенностями службы, религией.<br />
Но уже к началу XIX в. выходцы из Германии и<br />
часть остзейского дворянства, поколениями находившегося<br />
на военной службе, полностью сливаются<br />
с российским офицерским и чиновным корпусом,<br />
не выделяются из него и живут по законам дворянского<br />
сосло вия. Это последствие либерализации<br />
дворянского и городского быта при Петре Великом
Немцы в российской истории 13<br />
unter Peter dem Großen sowie der Angleichung der Rechte<br />
von ausländischen und baltischen Offizieren an die Rechte<br />
russischer Offiziere unter der Zarin Anna Iwanowna.<br />
Mit der Bildung des Russischen Reiches in den ersten<br />
zwanzig Jahren des 18. Jahrhunderts unter Peter dem<br />
Großen, der sich an den fortschrittlichen Erkenntnissen<br />
Westeuropas orientierte, lud man militärische und zivile<br />
Spezialisten unterschiedlichster Fachbereiche ein, in russische<br />
Dienste zu treten. Auch qualitativ änderte sich die<br />
Zusammensetzung der in russischen Diensten stehenden<br />
Deutschen. Während unter den ersten Zaren in der russischen<br />
Armee neben Offizieren auch einfache Söldner<br />
aus westeuropäischen Ländern dienten, waren Anfang<br />
des 18. Jahrhunderts Ausländer nur noch in den Führungsebenen<br />
vertreten. Nach 1711 befehligten Offiziere<br />
aus Deutschland 20 von 50 Infanterieregimentern und 13<br />
von 34 Dragonerregimentern. Ohne Hilfe der deutschen<br />
Offiziere wäre der Sieg Russlands über Schweden im<br />
Nordischen Krieg kaum möglich gewesen.<br />
Nach der Eingliederung Livlands und Estlands ins Russische<br />
Reich war auch der dort ansässige deutsche Adel zum<br />
Militärdienst für die russischen Herrscher verpflichtet. Bereits<br />
in der „Admiralitätsordnung“ von 1716 hieß es, dass<br />
den in Russland geborenen Nachkommen von Ausländern<br />
„die gleiche Ehre wie russischen Staatsbürgern zu erweisen<br />
ist“. Trotzdem gab es bis zur Inthronisierung Anna Iwanownas<br />
noch gravierende Unterschiede bei der Besoldung<br />
beider Kategorien. So erhielt ein ausländischer Oberst das<br />
Dreifache und der Sohn eines Ausländers das Doppelte<br />
vom Sold eines Obersts „russischer Abstammung“.<br />
Von 1730 bis1734 wurden in der russischen Armee unter<br />
Führung des Präsidenten des Militärkollegiums, Generalfeldmarschall<br />
Burkhard Christoph von Münnich, die<br />
notwendigen Reformen durchgeführt. So war ab 1731<br />
die Besoldung für alle Offiziere, unabhängig von ihrer<br />
Abb. 15, 16<br />
Abb. 17<br />
и уравнения в правах офицеров иностранного и<br />
балтийского происхождения с русскими при Анне<br />
Иоанновне.<br />
С образованием Российской империи в первое двадцатилетие<br />
XVIII в. при Петре Великом, ориентировавшемся<br />
на передовой опыт Западной Европы,<br />
на русскую службу стали приглашать как военных,<br />
так и гражданских специалистов различных областей.<br />
Качественно меняется состав прибывающих на службу<br />
немцев. Если при первых царях в русском войске<br />
наряду с офицерами служили и рядовые наемники<br />
из стран Западной Европы, то к началу XVIII в. иностранцы<br />
представлены только командным составом.<br />
После 1711 г. выходцы из Германии командуют 20 пехотными<br />
полками из 50 и 13 драгунскими полками<br />
из 34. Без помощи немецких офицеров победа России<br />
над Швецией в Великой Северной войне вряд ли была<br />
бы возможна.<br />
После включения в состав империи Лифляндии и Эстляндии<br />
местное немецкое дворянство также оказалось<br />
обязанным военной службой российским государям.<br />
Уже в Адмиралтейском регламенте 1716 г. подчеркивалось,<br />
что потомки иноземцев, родившиеся в России,<br />
«яко россияне почтены имеют быть». Тем не менее<br />
вплоть до воцарения Анны Иоанновны жалованье<br />
этих категорий серьезно различалось. Так, полковникиноземец<br />
получал в три раза, а сын иностранного<br />
выходца в два раза больше, чем полковник «из природных<br />
россиян».<br />
В 1730–1734 гг. под руководством президента Военной<br />
коллегии генерал-фельдмаршала Б.К. фон Миниха<br />
(правильнее Мюнних) в русской армии были<br />
проведены необходимые реформы. В частности,<br />
с 1731 г. все офицеры независимо от происхождения<br />
были уравнены в жалованье, вместо беспорядочных<br />
Илл. 15, 16<br />
Илл. 17<br />
15 16<br />
15. Великое посольство Петра I в страны Западной Европы 1697–1698.<br />
С гравюр Маркуса. [1699]<br />
Grosse Gesandtschaft Peters I. nach Westeuropa 1697–1698.<br />
Radierungen von Markus. [1699]<br />
16. Второе издание принятого Петром I<br />
«Устава воинского …» на русском и немецком<br />
языках. Титульный лист. 1737<br />
Zweite Auflage des von Peter I. bestätigten<br />
„Kriegsreglement…“ in russischer und deutscher<br />
Sprache. Titelblatt. 1737
14 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 18<br />
Abb. 19, 20<br />
Abb. 21, 22<br />
Abstammung, gleich, und die chaotische Aushebung von<br />
Rekruten wurde durch ein Lossystem ersetzt, wobei Alleinernährer<br />
einer Familie vom Militärdienst frei gestellt waren.<br />
Diese Regelung galt mit einigen Änderungen bis zur Oktoberrevolution<br />
im Jahre 1917. Der Dienst für gemeine Soldaten<br />
wurde auf zehn Jahre begrenzt, es gab einen halbjährlichen<br />
Urlaub für Soldaten, und es wurde die erste militärische Lehranstalt<br />
in Russland, das Adelige Kadettenkorps der Infanterie<br />
gegründet, in dem der baltische Adel jährlich zu 25 % vertreten<br />
sein sollte. Darüber hinaus wurden Regimentsschulen<br />
eröffnet und Offiziersprüfungen eingeführt. Es entstanden<br />
erste Regimenter der schwere Kavallerie (Kürassiere) und<br />
der leichten Kavallerie (Husaren).<br />
Mit dem Namen Münnichs verbinden sich die ersten glorreichen<br />
Siege über die Franzosen bei der Festung Weichselmünde<br />
(1734), über das Osmanisches Reich bei Stawutschany (1739)<br />
oder bei der Eroberung Danzigs (1734). Später wird man<br />
die Regierungszeit der Zarin Anna Iwanowna als „deutsche<br />
Vorherrschaft“ abstempeln. Die Fakten sprechen aber eine<br />
andere Sprache. In der russischen Generalität kamen auf<br />
zehn Deutsche 68 Russen, also viel mehr, als beispielsweise<br />
während des Vaterländischen Krieges von 1812. Im zivilen<br />
Dienst waren unter den Beamten der ersten drei Ränge lediglich<br />
sieben Deutsche, aber 55 Russen.<br />
Die Regierungszeit Peters des Großen bot Deutschen nicht<br />
nur beim Militär, sondern auch im zivilen Bereich große<br />
Möglichkeiten. Für das Land, das durch seine Veränderungen<br />
im Konzert der europäischen Großmächte mitspielen durfte,<br />
war das diplomatische Parkett von herausragender Bedeutung.<br />
Neben der gängigen Praxis, zeitlich begrenzte oder ständige<br />
Aufträge an Ausländer in verschiedenen Ländern zu vergeben,<br />
entstand allmählich ein Korps ständiger Vertreter (Minister,<br />
Räte, Sekretäre) an den europäischen Höfen und an der<br />
Hohen Pforte, und es wurde ein Kollegium für auswärtige<br />
Angelegenheiten gegründet. Die herausragende Persönlichkeit<br />
Илл. 18<br />
Илл. 19, 20<br />
Илл. 21, 22<br />
рекрутских наборов введен набор по жребию<br />
с освобождением от службы единственных кормильцев<br />
семей (просуществовал с некоторыми<br />
изменениями вплоть до Октябрьской революции<br />
1917 г.). Служба рядовых солдат была ограничена<br />
10 годами, введены полугодовые отпуска для солдат,<br />
основано первое в России военно-учебное заведение<br />
– Шляхетский сухопутный кадетский корпус<br />
(ежегодно 25 % от набора должны были составлять<br />
остзейские дворяне), устроены полковые школы,<br />
экзамены на офицерский чин. Были образованы<br />
первые полки тяжелой кавалерии (кирасиры) и<br />
легкой кавалерии (гусары).<br />
С именем Миниха были связаны первые громкие победы<br />
над французами при Вейксельмюнде (1734), над<br />
Османской империей под Ставучанами (1739), взятие<br />
Данцига (1734). Впоследствии правление Анны<br />
Иоанновны назовут «немецким засильем», однако<br />
факты этому противоречат – среди российского<br />
генералитета на 10 немцев приходилось в то время<br />
68 русских – куда больше, чем, например, во время<br />
Отечественной войны 1812 г. На гражданской службе<br />
среди чиновников первых трех классов немцев<br />
было 7, а русских – 55.<br />
Эпоха Петра Великого открыла возможности выходцам<br />
из немецких земель не только для военной,<br />
но и для гражданской службы. Важнейшее значение<br />
для страны, введенной путем преобразований<br />
в «концерт» великих держав Европы, имело дипломатическое<br />
поприще. Наряду с временными или<br />
даже постоянными дипломатическими поручениями<br />
иностранцам создается штат постоянных представителей<br />
(министров, советников, секретарей) при европейских<br />
дворах и Оттоманской Порте, образуется<br />
Коллегия иностранных дел. Наиболее выдающимся<br />
18<br />
17. Фельдмаршал граф Б.-К. фон Миних (1683–1767).<br />
С гравюры Е. Чемесова. 1764<br />
Feldmarschall Graf B.-Ch. von Münnich (1683–1767).<br />
Radierung von E. Tschemesow. 1764<br />
17<br />
18. Шляхетский кадетский корпус на плане С.-Петербурга.<br />
Фрагмент плана. 1853<br />
Schlachta-Kadettenkorps auf dem Plan von St. Petersburg.<br />
Fragment des Stadtplans. 1853
19<br />
19. Сражение при Ставучанах (1739) между турецкой армией<br />
и российской, под командованием Миниха.<br />
Фрагмент плана битвы. [1840]<br />
Schlacht nahe Stawutschany (1739) zwischen der türkischen Armee<br />
und der russischen Armee unter dem Befehl von Münnichs.<br />
Fragment des Schlachtplans. [1840]<br />
20. Ладожский канал, завершенный в бытность Б. Миниха генералгубернатором<br />
Ингерманландии, Карелии и Финляндии.<br />
Картуш и фрагмент карты И. Е. Гриммеля. 1742<br />
Ladoga-Kanal, fertiggestellt in der Dienstzeit B. Münnichs als<br />
General-Gouverneur von Ingermanland, Karelien und Finnland.<br />
Kartusche und Fragment der Karte. J. E. Grimmel. 1742<br />
20<br />
21. Барон Иероним фон Мюнхгаузен (1720–1797),<br />
историческое лицо и литературный персонаж,<br />
15 лет состоял на военной службе в России.<br />
Портрет по фотографии утерянной картины<br />
Г. Брукнера (1752). 2007. Музей Мюнхгаузена,<br />
Боденвердер<br />
Hieronymus Baron von Münchhausen (1720–1797).<br />
Person und literarische Gestalt, stand 15 Jahre lang<br />
im russischen Kriegsdienst. Ölbild nach einem Foto<br />
des verschollenen Portraits von G. Bruckner (1752).<br />
2007. Münchhausen-Museum, Bodenwerder<br />
22. Мюнхгаузен верхом на ядре. Иллюстрация<br />
к «Приключениям Мюнхгаузена». С гравюры<br />
А. фон Вилле. Середина XIX в.<br />
Münchhausens Ritt auf der Kanonenkugel.<br />
Illustration zu „Münchhausens einzig wahre<br />
Erlebnisse …“. Nach einer Radierung<br />
von A. von Wille. Mitte des 19. Jh.<br />
22<br />
21
16 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 23<br />
Abb. 24<br />
Abb. 25–27<br />
unter den Deutschen im außenpolitischen Dienst Russlands in<br />
der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war zweifellos Heinrich<br />
Johann Friedrich Graf Ostermann, der vom Sekretär bis zum<br />
Kanzler und Großadmiral aufstieg.<br />
Er war es auch, der 1725 die Aufgaben der Außenpolitik des<br />
Russischen Reiches und die Perspektiven der Beziehungen zu<br />
den führenden Großmächten Europas formulierte. Sein Kurs<br />
auf ein Bündnis mit dem Kaiserreich Österreich ermöglichte die<br />
Festigung und Sicherung der neuen Grenzen Russlands, zwang<br />
die Nachbarn, die Eroberungen Peters I. anzuerkennen, bereitete<br />
der ständigen Angst vor dem Krim-Khanat ein Ende und<br />
ermöglichte wieder den Zugang zum Asowschen Meer. Dank<br />
der Bemühungen Ostermanns gab es einen 30 Jahre währenden<br />
Frieden in den Beziehungen zum Osmanischen Reich und<br />
festigten sich die Positionen der russischen Kaufleute in den<br />
Ländern des Orients. Russland etablierte sich als Schiedsrichter<br />
für Europa. Auch die beiden Söhne Ostermanns vertraten<br />
Russlands Interessen auf internationalem Parkett.<br />
Für die Entwicklung des Bergbaus engagierte Peter I. ebenfalls<br />
ausländische Fachleute. Dabei ging es um Bergbauingenieure<br />
und Techniker, die in erster Linie aus Sachsen kamen und<br />
auf Vertragsbasis arbeiteten. Zu den Ersten gehörte der<br />
sächsische Bergmeister Johann Friedrich Blüher, einer der<br />
Begründer des Bergbaus und Gründer des Bergkollegiums,<br />
dessen 30-jährige Tätigkeit eng mit dem Bau der ersten<br />
Bergwerke im Ural und der Erkundung von Erzlagerstätten<br />
in verschiedenen Regionen des Landes verbunden ist. Bekannt<br />
ist auch der Kupfergießmeister Johann Gottlieb Uhlig, der<br />
die Bergbauindustrie im Ural und in Sibirien aufbaute. Eine<br />
Sonderstellung unter den Bergleuten nimmt der aus Siegen<br />
stammende Georg Wilhelm de Hennin ein, den Peter I.<br />
1697 ins Land holte: ein begabter Ingenieur, Festungsbauer,<br />
Architekt und glänzender Organisator. Er gründete Jekaterinburg<br />
und mehr als ein Dutzend Bergbaubetriebe, brachte es<br />
bis zum russischen General und stand mehr als 50 Jahre in<br />
Илл. 23<br />
Илл. 24<br />
Илл. 25–27<br />
немцем на внешнеполитической службе России<br />
первой половины XVIII в., безусловно, является<br />
граф А. И. Остерман, прошедший путь от секретаря<br />
до канцлера и гросс-адмирала.<br />
Именно он в 1725 г. сформулировал задачи внешней<br />
политики Российской империи и перспективы развития<br />
отношений с ведущими державами Европы.<br />
Его курс на союз с Австрийской империей позволил<br />
укрепить и гарантировать новые границы России,<br />
заставить соседей признать петровские завоевания,<br />
покончить с постоянным страхом перед Крымским<br />
ханством, вернуть выход в Азовское море. Усилиями<br />
А. И. Остермана был обеспечен 30-летний мирный<br />
период отношений с Османской империей, укреплены<br />
позиции русского купечества в странах Востока.<br />
Россия стала арбитром Европы. Представляли интересы<br />
России на международной арене и оба сына<br />
А. И. Остермана.<br />
Для развития горного дела Петр I также привлек иностранных<br />
специалистов. Это были горные и технические<br />
мастера, прежде всего из Саксонии, работавшие<br />
на контрактной основе. В числе первых – саксонский<br />
мастер И. Ф. Блюэр, один из основателей горного<br />
дела, инициатор создания Берг-коллегии, чья 30-летняя<br />
деятельность связана со строительством первых<br />
горных заводов на Урале, поиском руд в различных<br />
регионах. Также известен медеплавильный мастер<br />
И. Улих – организатор горной отрасли на Урале<br />
и в Сибири. Особое место среди горных деятелей<br />
занимает уроженец Зигена В. И. де Геннин, приглашенный<br />
Петром I в 1697 г. Искусный инженер,<br />
фортификатор, архитектор, блестящий организатор,<br />
основатель Екатеринбурга и создатель более десятка<br />
горнопромышленных предприятий, он стал российским<br />
генералом и более 50 лет посвятил служению<br />
24<br />
24. Оттиск печати И. Ф. Блюэра<br />
(1674 – после 1731).<br />
Прорисовка В. Топоркова<br />
Abdruck des Siegels von<br />
J. F. Bluher (1674 – nach 1731).<br />
Zeichnung von V. Toporkow<br />
23 25<br />
23. Граф А. И. Остерман (1687–1747). Неизвестный художник.<br />
1730-е гг. © Государственный исторический музей, Москва<br />
Graf A. I. Ostermann (1687–1747). Unbekannter Maler.<br />
1730er Jahre. © Staatliches Historisches Museum, Moskau.<br />
25. Генерал В. де Геннин (1676–1750). Неизвестный художник.<br />
1740-е гг. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />
General W. de Hennin (1676–1750). Unbekannter Maler.<br />
1740er Jahre. Staatliche Eremitage, St. Petersburg
Немцы в российской истории 17<br />
russischen Diensten. Zu seinem Nachlass gehört das erste<br />
Handbuch Russlands für Bergbau und Metallurgie.<br />
In der Regierungszeit Anna Iwanownas, die sich ebenfalls<br />
auf die sächsischen Erfahrungen im Bergbau stützte, holte<br />
man auf die gleiche Weise Fachleute aus dem Ausland.<br />
Sie kamen über die Route Freiberg–Danzig–St. Petersburg.<br />
Dutzende Deutsche zogen an verschiedene Orte in<br />
ganz Russland. Unter ihnen auch Johann Christiani, der<br />
Begründer der Silberschmelze im Altai, der die Vorhaben<br />
des Erfinders I. I. Polsunow unterstützte und diesen beim<br />
Bau seiner „Feuermaschine“ tatkräftig unterstützte.<br />
Das Wissen der Ausländer, das man bei der Erkundung von<br />
Erzlagern, beim Bau staatseigener Bergwerke, beim Ausbau<br />
von Gruben, Bergwerken und Vorkommen sowie zur Verbesserung<br />
technischer Verfahren nutzte, ermöglichte den<br />
Aufbau der Kupfer- und Eisenproduktion und in der Folge<br />
die Modernisierung metallurgischer Betriebe und Gießereien.<br />
Eine Bedingung in den Verträgen mit Ausländern war,<br />
dass sie ihre russischen Schüler „nach bestem Wissen und<br />
Gewissen“ unterrichteten. Die Ausbildung verlief so erfolgreich,<br />
dass schon bald in der gesamten Bergbaubranche ausgebildete<br />
russische Fachkräfte zur Verfügung standen.<br />
Groß war auch der Anteil der Deutschen an der Entwicklung<br />
der Waffenproduktion und Münzprägung. Der Metallurge<br />
Johann Schlatter verfasste die ersten russischsprachigen Handbücher<br />
für die Gold- und Silbermetallurgie und entwickelte ein<br />
Verfahren zur Gewinnung von Gold aus goldhaltigem Silber,<br />
das von 1746 bis 1820 unverändert angewandt wurde.<br />
Zunehmend wurden auch ausländische Wissenschaftler<br />
eingeladen, in russische Dienste zu treten. Da im Russischen<br />
Reich alle wissenschaftlichen Einrichtungen staatliche<br />
Institutionen waren, gab es im 18. Jahrhundert das einmalige<br />
Phänomen von Wissenschaftlern im Staatsdienst. An<br />
der neueröffneten Akademie der Wissenschaften wirkten<br />
die deutsche Wissenschaftler Johann Christian Buxbaum,<br />
Abb. 28–33<br />
России. Его наследие – первое в России руководство<br />
по горному и металлургическому делу.<br />
В правление Анны Иоанновны, ориентировавшейся<br />
на саксонский горный опыт, усиленно практиковался<br />
тот же способ привлечения специалистов из-за<br />
границы. Их прибытие осуществлялось по маршруту<br />
Фрейберг–Данциг–Петербург. Десятки немцев<br />
отправились в различные уголки России. Среди них<br />
И. Христиани – основатель сереброплавильного дела<br />
на Алтае, поддерживавший начинания изобретателя<br />
И. И. Ползунова, которому оказал значительную<br />
помощь в строительстве «огненной машины».<br />
Знания приглашенных иностранцев, использовавшиеся<br />
для разведки руд, при строительстве казенных<br />
горных заводов, в обустройстве рудников, приисков<br />
и копей, для совершенствования технических<br />
приемов, позволили наладить медеплавильное дело,<br />
выплавку чугуна и выделку железа, а впоследствии<br />
модернизировать металлургическое и литейное производство.<br />
Одним из условий контрактов с иностранцами<br />
являлось обучение ими «по чистой совести»<br />
русских учеников, продвигавшееся настолько<br />
успешно, что довольно скоро во всех областях горнозаводского<br />
производства уже были подготовлены<br />
русские кадры.<br />
Велик вклад немцев в развитие оружейного и монетного<br />
дел. Металлург И. А. Шлаттер, ставший автором<br />
первых русскоязычных руководств по металлургии<br />
золота и серебра, разработал метод извлечения золота<br />
из золотистого серебра, который в неизменном<br />
виде использовался в течение 1746–1820 гг.<br />
Получило развитие и приглашение на российскую<br />
службу зарубежных ученых. Поскольку научные<br />
учреждения в Российской империи имели исключительно<br />
государственный статус, в XVIII в. во многом<br />
Илл. 28–33<br />
26. Екатеринбург. С гравюры Н. Я. Саблина. 1769<br />
Jekaterinburg. Nach einem Kupferstich von N. Ja. Sablin. 1769<br />
26
18 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Georg Bernhard Bilfinger, Johann und Samuel Gmelin, Peter<br />
Simon Pallas, Johann Gottlieb Georgi und August Ludwig<br />
von Schlözer. Zur zweiten Generation der im Staatsdienst<br />
stehenden Deutschen gehörten u. a. Johann Albrecht Euler<br />
und Gerhard Friedrich Müller.<br />
Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeichnete sich unter<br />
den Ausländern im Staatsdienst zunehmend die Tendenz ab,<br />
immer länger in russischen Diensten zu bleiben. Die Deutschen<br />
aus Deutschland, aus Kurland, das seit 1772 zum Russischen<br />
Reich gehörte, und aus dem Ermland wurden in die Körperschaften<br />
adeliger Staatsdiener aufgenommen. Dieser Vorgang<br />
fand in der Regierungszeit Katharinas II. und Pauls I. seinen<br />
Abschluss. Von den hohen Militärs aus jener Zeit sind u. a. die<br />
Generale Johann Michelsohn, Wilhelm Derfelden und Friedrich<br />
Graf von Anhalt bekannt, die sich während der Kriege Russlands<br />
gegen Schweden, das Osmanische Reich und die polnische<br />
Konföderation, während des Pugatschow-Aufstandes sowie auf<br />
Posten in der Verwaltung auszeichnen konnten.<br />
Viele der zu unterschiedlichen Zeiten eingestellten Bergbauspezialisten<br />
blieben auch nach dem Ablauf ihrer Verträge<br />
in Russland und wurden dessen Untertanen. So entstanden<br />
solche bekannten Bergbau-Dynastien wie die von A. Herrmann,<br />
A. A. Jossa, J. Schlatter oder W. Zimmermann, deren<br />
Angehörige über mehrere Generationen zum Wohle des<br />
Landes wirkten.<br />
Im Verlaufe von 100 Jahren stellten die ausländischen Staatsdiener<br />
aus Deutschland und dem Baltikum nicht nur einen<br />
gewichtigen Teil des russischen Adels, in dem sie fest verwurzelt<br />
waren, sondern nahmen auch spürbaren Einfluss<br />
auf die Entwicklung dieses Standes. Gerade zum Ende des<br />
18. Jahrhunderts gewannen die staatlichen Institutionen des<br />
Russischen Reiches und die städtischen Körperschaften zweifellos<br />
unter dem Einfluss der Deutschen ihre endgültige Form.<br />
Nicht mehr wegzudenken sind die Wappen des Adels und der<br />
Städte, die von einer Kommission unter Burkhard Christoph<br />
заметно уникальное явление – государственная<br />
служба ученых мужей. Во вновь открытой Академии<br />
наук трудились немецкие ученые И. К. Буксбаум,<br />
Г. Б. Бильфингер, Иоганн и Самуил Гмелины,<br />
П. С. Паллас, И. Г. Георги, А. Л. фон Шлёцер. Ко второму<br />
поколению служилых немцев принадлежали<br />
И. А. Эйлер, Г. Ф. Миллер и др.<br />
Со второй половины XVIII в. среди «служилых иноземцев»<br />
все более проявляется тенденция к длительному<br />
пребыванию на российской службе. Выходцы<br />
из германских земель, как и немцы Курляндии<br />
(с 1772 г. в составе Российской империи) и Эрмланда,<br />
вливаются в служилые корпорации русского дворянства.<br />
Этот процесс завершается во время правления<br />
Екатерины II и Павла I. Из военных деятелей<br />
этого времени известны генералы И. И. Михельсон,<br />
В. Х. Дерфельден, Ф. Е. Ангальт и др., отличившиеся<br />
как во время войн России против Швеции, Османской<br />
империи, польских конфедератов и восстания Е. Пугачева,<br />
так и на административных должностях.<br />
Многие из приглашенных в разное время горных<br />
специалистов и после окончания контрактов оставались<br />
в России, принимая ее подданство. А. Герман,<br />
А. А. Иосса, И. Шлаттер, В. Циммерман и др. стали<br />
родоначальниками известных горных династий,<br />
представители которых на протяжении поколений<br />
трудились на пользу страны.<br />
За 100 лет «служилые иноземцы» из Германии и<br />
Прибалтики не только составили значительную часть<br />
российского дворянства и укоренились в нем, но и<br />
наложили отпечаток на развитие этого сословия.<br />
Именно к концу XVIII в. безусловно под влиянием<br />
немецких выходцев приобретают законченный<br />
характер государственные учреждения Российской<br />
империи, городские корпорации. Неотъемлемой<br />
28<br />
29<br />
30<br />
31<br />
32<br />
33<br />
27. Титульный лист рукописи В. де Геннина. 1735<br />
Titelblatt der Handschrift von W. de Hennin. 1735<br />
27<br />
Оттиски печатей саксонских горных специалистов, работавших в России<br />
в XVIII в. Прорисовка В. Топоркова<br />
Abdrucke der Siegel sächsischer Bergleute, die im 18. Jh. in Russland<br />
arbeiteten. Zeichnung von V. Toporkow<br />
28. В. де Геннин / W. de Hennin<br />
29. С. Асман / S. Assmann<br />
30. К. Беме / K. Böhme<br />
31. И. Гейденрейх / J. Heidenreich<br />
32. И. Келлер / J. Keller<br />
33. И. Улих / J. Uhlich
Немцы в российской истории 19<br />
von Münnich ursprünglich für Regimentsfahnen entworfen<br />
wurden. Heute weiß kaum jemand mehr, dass das Wappen<br />
Moskaus mit dem Heiligen Georg, dem Drachentöter, ursprünglich<br />
die Fahne des 1. Moskauer Infanterieregiments<br />
zierte, während der Reiter, der die Stempel Moskaus und<br />
die Münzen bis Mitte des 18. Jahrhunderts schmückte, den<br />
Heiligen Märtyrer Theodor Stratilatus darstellt, der mit dem<br />
„Großen Herrscher“ assoziiert wurde.<br />
Nach deutschem Vorbild wurden die Fahnen von Kaiser<br />
Paul I. zur Reliquie erklärt. Bis dahin waren sie einfach<br />
Eigentum des jeweiligen Regiments. Im Denken des adeligen<br />
Standes vollzog sich eine radikale Wende: Man leistete den<br />
Dienst nicht, um Posten, Vergütungen oder Ländereien zu<br />
erhalten, sondern für das Heimatland. Die Treue galt nicht<br />
einem Herrscher, sondern dem Staat. Nicht von ungefähr<br />
antwortete gerade General Derfelden Suworow während<br />
eines Militärrates auf dem Schweizer Feldzug: „Wir sind<br />
Russen, wir kommen durch!“<br />
Ein Meilenstein, der die Integration der im russischen Staatsdienst<br />
stehenden Deutschen in den einheimischen Adel vollendete,<br />
waren die Napoleonischen Kriege, insbesondere der<br />
Vaterländische Krieg von 1812. Das Militärbündnis Russlands<br />
mit Preußen und Österreich und die Auflösung des Heiligen<br />
Römischen Reiches Deutscher Nation durch Napoleon führte<br />
viele deutsche Offiziere in den russischen Dienst, da sie mit<br />
Russland ihre Hoffnungen auf die Befreiung Deutschlands<br />
von der französischen Vorherrschaft verbanden. Dies war<br />
die letzte Welle, mit der noch einmal zahlreiche Emigranten,<br />
wie auch gefangen genommene Offiziere in den russischen<br />
Dienst kamen. Während des Krieges wurde eine deutsche<br />
Legion aufgestellt. Auf den Schlachtfeldern taten sich Generale<br />
wie Levin August von Bennigsen, Hans Karl von<br />
Diebitsch-Sabalkanski, Herzog Alexander von Württemberg<br />
und sein Sohn Prinz Eugen von Württemberg, Prinz Karl von<br />
Mecklenburg oder Karl Wilhelm Graf von Toll hervor.<br />
Abb. 34<br />
Abb. 35<br />
частью как дворянства, так и городов, становятся<br />
гербы, первоначально разработанные комиссией<br />
Б. К. фон Миниха для полковых знамен. Сейчас уже<br />
мало кто вспомнит о том, что герб Москвы – св. Георгий<br />
Победоносец – первоначально был изображен<br />
на знамени 1-го Московского пехотного полка. Всадник<br />
же на московских печатях и деньгах до середины<br />
XVIII в. изображал св. Феодора Стратилата и ассоциировался<br />
с «великим государем».<br />
Сами знамена, в соответствии с немецкой военной<br />
традицией, объявляются императором Павлом I реликвией<br />
(до этого считались полковым имуществом).<br />
Совершился поворот в сознании дворянского сословия:<br />
служба не за место, пожалование, поместье,<br />
а за отечество, верность не государю, но государству.<br />
Неслучайно именно генерал Дерфельден ответил<br />
А. В. Суворову на военном совете во время Швейцарского<br />
похода: «Мы русские – мы пройдем!».<br />
Определенным рубежом в завершении процесса вхождения<br />
немецких выходцев на государственной службе<br />
России в местное дворянство стали наполеоновские<br />
войны, и именно Отечественная война 1812 г. Военный<br />
союз России с Пруссией и Австрией, ликвидация<br />
Наполеоном Священной Римской империи<br />
германской нации привлекли на российскую службу<br />
многих немецких офицеров, которые связывали именно<br />
с Россией надежды на освобождение Германии<br />
от французского владычества. Это была последняя<br />
волна массового перехода на русскую службу как<br />
эмигрантов, так и попавших в плен офицеров. В ходе<br />
войны формируется Германский легион. На полях сражений<br />
отличились такие генералы, как Л. Л. Беннигсен,<br />
И. И. Дибич, герцог Александр Вюртембергский и<br />
его сын принц Евгений Вюртембергский, принц Карл<br />
Мекленбургский, К. Ф. фон Толь.<br />
Илл. 34<br />
Илл. 35<br />
34 35<br />
34. Граф Л.Л. Беннигсен (1745–1826). Дж. Доу. 1820.<br />
Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />
Graf L.L. Bennigsen (1745–1826). G. Dawe. 1820.<br />
Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />
35. Герцог А. Вюртембергский (1771–1833). Дж. Доу. 1823–1825.<br />
Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />
A. Herzog von Württemberg (1771–1833). G. Dawe. 1823–1825.<br />
Staatliche Eremitage, St. Petersburg
20 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 36<br />
Abb. 37<br />
Der Krieg gegen Napoleon brachte aber auch Feldherrn<br />
hervor, die bereits in Russland geboren wurden, wie etwa<br />
Pjotr Christianowitsch Graf zu Sayn-Wittgenstein (Sohn<br />
eines preußischen Offiziers, der in den russischen Dienst<br />
gewechselt war), Fürst Michail Bogdanowitsch Barclay de<br />
Tolly oder Fabian Wilhelmowitsch von der Osten-Sacken<br />
(Vertreter des baltischen Adels). Insgesamt dienten in der<br />
Kaiserlich-Russischen Armee während der Napoleonischen<br />
Kriege 129 Generale deutscher Abstammung (fast ein Viertel<br />
der gesamten Generalität). Bei den Stabs- und Oberoffizieren<br />
machte der Anteil an Deutschen fast zehn Prozent<br />
aus. Viele von ihnen bewiesen auf den Schlachtfeldern ihre<br />
Tapferkeit und fassten wichtige strategische Entschlüsse. So<br />
lange es den höchsten Militärischen Orden des Hl. Georg<br />
gab, wurden mit dem Georgskreuz Erster Klasse drei Russlanddeutsche<br />
(Barclay de Tolly, Bennigsen und Diebitsch)<br />
ausgezeichnet, mit dem Georgskreuz Zweiter Klasse 25<br />
Russlanddeutsche, das war jeder dritte Ausgezeichnete,<br />
und mit dem Georgskreuz 3. Klasse 200 Russlanddeutsche<br />
von insgesamt 543 Ordensträgern.<br />
Die Erfolge Napoleons im Krieg gegen Preußen von 1806<br />
machten den Bedarf an mehr Waffen von besserer Qualität<br />
deutlich. Nach wie vor kamen deutsche Fachleute auf<br />
Vertragsbasis in russischen Dienst. 1807 wurde mit dem<br />
Bau der Waffenfabrik in Ischewsk begonnen, die zusammen<br />
mit dem Werk in Wotkinsk zu den Kama-Werken<br />
gehörte. Waffenschmiedemeister wurden in Hannover,<br />
Sachsen, Lüttich und anderen Staaten angeworben. Die<br />
ersten Gruppen von Waffenschmieden kamen im Herbst<br />
1807 im Werk von Ischewsk an. Bis 1809 stieg ihre Zahl auf<br />
134 Personen. Ab den 1820er Jahren arbeiteten Deutsche<br />
dort als Meister, aber auch in der Werksverwaltung.<br />
Von 1814 bis 1816 wurde im Werk Slatoust eine Fabrik für die<br />
Herstellung blanker Waffen errichtet. Zwischen 1815 und 1818<br />
trafen dort Waffenschmiede und Fachleute für die Herstellung<br />
Илл. 36<br />
Илл. 37<br />
Война против Наполеона выдвинула и других полководцев,<br />
уже родившихся в России, как, например,<br />
П. Х. фон Витгенштейна (сын перешедшего на российскую<br />
службу прусского офицера), М. Б. Барклая<br />
де Толли, Ф. В. фон дер Остен-Сакена (представители<br />
остзейского дворянства). Всего в российской<br />
императорской армии в эпоху наполеоновских войн<br />
служили 129 генералов немецкого происхождения<br />
(почти четверть от генеральского корпуса). Среди<br />
штаб- и обер-офицеров немцев было до 10 %. Многие<br />
из них проявили храбрость на полях сражений,<br />
вырабатывали и принимали важные стратегические<br />
решения. За все время существования высшего военного<br />
ордена Святого великомученика и победоносца<br />
Георгия его знаками 1‐й степени были награждены<br />
3 российских немца (М. Б. Барклай де Толли, Л. Л. Беннигсен,<br />
И. И. Дибич), 2‐й степени – 25 (каждый третий<br />
из награжденных), 3‐й степени – 200 (из 543<br />
награжденных).<br />
Успехи Наполеона в войне против Пруссии в 1806 г.<br />
сделали очевидной потребность в увеличении выпуска<br />
оружия и его качественном улучшении. По-прежнему<br />
практиковалось приглашение немецких специалистов<br />
на российскую службу по контрактам. В 1807 г. начато<br />
строительство Ижевского оружейного завода, входившего<br />
вместе с Воткинским в Камские заводы. Вербовка<br />
оружейных дел мастеров проводилась в Ганновере,<br />
Саксонии, Люттихе и других государствах. Первые<br />
партии мастеров прибыли на Ижевский завод осенью<br />
1807 г., а до 1809 г. их число выросло до 134 чел.<br />
С 1820‐х гг. немцы были как среди мастеров, так и<br />
в администрации завода.<br />
В 1814–1816 гг. при Златоустовском заводе организована<br />
фабрика холодного оружия. В 1815–1818 гг. сюда<br />
прибыли оружейники и специалисты по производству<br />
36
Немцы в российской истории 21<br />
von Stahlklingen aus Solingen und Klingenthal ein, von denen<br />
es dort bald doppelt so viele wie Russen gab. Bekannt von<br />
den 115 deutschen Fachleuten ist der Name von W. Schaf,<br />
einem Meister für die Gravur blanker Waffen.<br />
Die Modernisierung im Bergbau basierte auf den Erfahrungen<br />
aus den Bergbaugebieten der deutschen Länder:<br />
Es wurden Bergbaubezirke gebildet, in denen ein Großteil<br />
der Bevölkerung für die Bergbaubetriebe arbeitete. Die<br />
Einführung deutscher Technik und moderner Technologien<br />
in der Eisen- und Stahlproduktion wurde von zahlreichen<br />
Verbesserungen und Neuentwicklungen begleitet.<br />
All das war von großer Bedeutung für die Entwicklung<br />
des Bergbauwesens in Russland.<br />
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begleiteten<br />
Deutschstämmige immer noch wichtige Posten in Staat<br />
und Armee des Russischen Reiches. Zunehmend wurden<br />
Militärs auf Posten in der Verwaltung, als Gouverneure<br />
und Generalgouverneure eingesetzt. So brachte es Paul<br />
Demetrius Graf Kotzebue, Sohn des russischen Konsuls in<br />
Königsberg, bis zum höchsten Generalsrang, war Teilnehmer<br />
der Kriege gegen Persien und das Osmanische Reich<br />
von 1826 bis 1829 und des Krimkrieges von 1853 bis 1854.<br />
Von 1862 bis 1874 war er Generalgouverneur von Neurussland<br />
und Befehlshaber der Truppen des Militärbezirks<br />
Odessa. Er setzte sich für die bauliche Gestaltung Odessas,<br />
die Eröffnung der Neurussischen Universität in Odessa<br />
(1865), die Installation einer Gasbeleuchtung für die Stadt<br />
(1866) und für die Verlegung von Wasserleitungen (1873)<br />
ein. Außerdem machte sich Kotzebue einen Namen, weil<br />
er die deutschen und bulgarischen Schwarzmeerkolonien<br />
förderte und sich für den Schutz ihrer Rechte und Interessen<br />
einsetzte. Von 1874 bis 1880 war er Generalgouverneur<br />
von Warschau sowie Befehlshaber der Truppen des<br />
Militärbezirks Warschau und leitete von 1881 bis 1884 die<br />
Kommission des Staatsrates zur Überprüfung des Systems<br />
Abb. 38<br />
стали для клинков из Золингена и Клингенталя, которых<br />
было здесь вдвое больше, чем русских. Среди<br />
115 немецких специалистов этого времени известна семья<br />
В. Шафа – мастера декора холодного оружия.<br />
Модернизация горного дела опиралась на опыт горнопромышленных<br />
областей германских государств –<br />
были созданы горные округа, в пределах которых<br />
значительная часть населения была занята на обслуживании<br />
горных предприятий. Внедрение немецкой<br />
техники и передовой технологии приготовления<br />
железа и стали сопровождалось многочисленными<br />
усовершенствованиями и новшествами. Все это имело<br />
большое значение для развития горнозаводского производства<br />
в России.<br />
В первой половине ХIХ в. немецкие представители<br />
продолжали занимать важные посты на военной и<br />
гражданской службе Российской империи. Получило<br />
развитие и назначение военных на административные<br />
должности – губернаторов и генерал-губернаторов.<br />
Сын российского консула в Кёнигсберге, П. Е. Коцебу<br />
дослужился до чина полного генерала, участвовал<br />
в войнах против Персии и Османской империи<br />
в 1826–1829 гг., Крымской войне 1853–1854 гг. В 1862–<br />
1874 гг. он был новороссийским генерал-губернатором<br />
и командующим войсками Одесского военного округа.<br />
Его усилиями проведены работы по благоустройству<br />
Одессы, открыт Новороссийский университет (1865),<br />
устроено газовое освещение города (1866), проведен<br />
водопровод (1873). Известен Коцебу и поддержкой<br />
развития причерноморских колоний немецких и болгарских<br />
поселенцев, защитой их прав и интересов.<br />
В 1874–1880 гг. он был варшавским генерал-губернатором<br />
и командующим войсками Варшавского военного<br />
округа, в 1881–1884 гг. председательствовал<br />
в комиссии Государственного совета для пересмотра<br />
Илл. 38<br />
36. Сражение при Клястицах (1812),<br />
в котором победу одержали<br />
русские войска под командованием<br />
П. Витгенштейна. П. фон Гесс. 1840-е гг.<br />
Государственный Эрмитаж, С.‐Петербург<br />
Schlacht bei Kljastizy (1812), in der die<br />
russischen Truppen unter dem Befehl von<br />
P. Wittgenstein siegten. P. von Hess.<br />
1840er Jahre. Staatliche Eremitage,<br />
St. Petersburg<br />
37. Большая Немецкая улица<br />
в Златоустовском заводе.<br />
Иностранные мастера на досуге.<br />
С акварели Ф. Чернявского. 1819.<br />
Краеведческий музей, Златоуст<br />
Grosse Deutsche Strasse an der<br />
Waffenschmiede in Slatoust.<br />
Ausländische Meister in der Freizeit. Nach<br />
einer Aquarell von F. Tschernjawskij. 1819.<br />
Heimatkundemuseum, Slatoust<br />
37
22 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 39<br />
Abb. 40<br />
Abb. 41<br />
Abb. 42<br />
der Militärverwaltung. Sein Bruder Otto von Kotzebue war<br />
Marineoffizier und wurde durch geografische Entdeckungen<br />
im Pazifikbecken bekannt. Auch der Marineminister Baron<br />
Ferdinand von Wrangel war ein bekannter Seefahrer und<br />
Geograph, der viele neue Territorien entdeckte.<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts gab es unter den Militärs auch<br />
herausragende Ingenieure. Der aus Hessen-Darmstadt gebürtige<br />
Karl Oppermann entwarf für die Westgrenze des<br />
Russischen Reiches ein System von Festungen, das von<br />
Wyborg bis Odessa reichte, womit er die Grundlage für<br />
die Weiterentwicklung des Festungsbaus in Russland legte.<br />
Die nach seinen Entwürfen errichteten Festungen Wyborg,<br />
Helsingfors, Dünamünde, Kowno, Grodno, Warschau, Modlin,<br />
Brest-Litowsk und Kiew-Petscherskij überstanden beide<br />
Weltkriege des 20. Jahrhunderts.<br />
Sein Schüler war der Held der Verteidigung von Sewastopol<br />
Eduard Iwanowitsch Totleben, der viele Jahre das Ingenieurbaudepartment<br />
im Kriegsministerium leitete. Unter<br />
seiner Führung wurden nach dem Krimkrieg die Festung<br />
von Kertsch errichtet und weitere Festungen ausgebaut.<br />
Zu Ruhm und Ehren gelangte er aber nicht nur durch die<br />
Verteidigung von Sewastopol 1853–1855, sondern auch im<br />
Russisch-Osmanischen Krieg 1877–1878 bei der Belagerung<br />
von Plewna während der Befreiung Bulgariens. Seine letzten<br />
Lebensjahre verbrachte er als Generalgouverneur von<br />
Odessa und danach von Wilna.<br />
Mit der Entwicklung der Eisenbahn in Russland verbindet<br />
sich der Name von Graf Pjotr Andrejewitsch Kleinmichel.<br />
Er war Teilnehmer der Schlacht bei Borodino, Adjutant der<br />
Kaiser Alexander I. und Nikolai I., Restaurator des Winterpalais<br />
(nach dem Brand von 1837) und wurde 1842 zum Chefverwalter<br />
für Verkehrswege und öffentliche Bauten bestellt,<br />
womit er Herzog Eugen von Württemberg auf diesem Posten<br />
ablöste. Das bedeutendste Projekt seines Lebens aber war<br />
Илл. 39<br />
Илл. 40<br />
Илл. 41<br />
Илл. 42<br />
системы военного управления. Его брат, О. Е. Коцебу<br />
– морской офицер, прославился географическими<br />
открытиями в бассейне Тихого океана. Как<br />
первооткрыватель многих земель, мореплаватель<br />
и географ прославился и морской министр барон<br />
Ф. П. фон Врангель.<br />
Среди военных середины ХIХ в. выдвинулись также<br />
видные специалисты инженерного дела. Трудами<br />
К. И. Оппермана, уроженца Гессен-Дармштадта, была<br />
разработана система крепостей на западной границе<br />
Российской империи от Выборга до Одессы, заложившая<br />
основы для дальнейшего развития русской<br />
фортификации. Крепости, созданные по его проектам<br />
(Выборгская, Гельсингфорсская, Дюнамюндская,<br />
Ковенская, Гродненская, Варшавская, Новогеоргиевская,<br />
Брест-Литовская, Киево-Печерская), пережили<br />
две мировые войны ХХ в.<br />
Его учеником был герой обороны Севастополя<br />
Э. И. Тотлебен, много лет руководивший Инженерным<br />
департаментом Военного министерства. Под<br />
его руководством после Крымской войны выстроена<br />
крепость Керчь, укреплены другие крепости. Прославился<br />
он не только при обороне Севастополя в 1853–<br />
1855 гг., но и в русско-турецкой войне 1877–1878 гг.<br />
за освобождение Болгарии – при осаде Плевны.<br />
Последние годы жизни он также занимал посты одесского,<br />
а затем виленского генерал-губернатора.<br />
С развитием железных дорог в России связано имя<br />
графа П. А. фон Клейнмихеля. Участник Бородинского<br />
сражения, адъютант императоров Александра I и<br />
Николая I, реставратор Зимнего дворца (после пожара<br />
1837 г.), в 1842 г. он был назначен главноуправляющим<br />
путями сообщения и публичными зданиями<br />
(сменил на посту герцога Евгения Вюртембергского).<br />
38<br />
39<br />
38. П. Е. Коцебу (1801–1884). С литографии. Середина XIX в.<br />
P. E. Kotzebue (1801–1884). Lithographie. Mitte des 19. Jh.<br />
39. Брестская крепость, выстроенная в 1842 г. по проекту<br />
К. И. Оппермана. Фото. 2010<br />
Festung Brest, erbaut 1842 nach einem Projekt<br />
von K. I. Oppermann. Foto. 2010
Немцы в российской истории 23<br />
der Bau der Eisenbahnstrecke zwischen St. Petersburg und<br />
Moskau (die Nikolajewskaja-Eisenbahn), die 1851 in Betrieb<br />
genommen wurde. Mit seiner Mitwirkung und Unterstützung<br />
begann der Bau von Drehbrücken über die Newa.<br />
Einen unschätzbaren Beitrag zur Entwicklung der Kartographie<br />
leistete Fjodor Fjodorowitsch Schubert, Leiter des<br />
Kartographie-Departments im Hauptstab. Unter seiner Führung<br />
und persönlichen Mitwirkung erstellten Offiziere des<br />
kartographischen Dienstes in der 1850er bis 1880er Jahren<br />
einen Satz topographischer Karten des Russischen Reiches.<br />
Genauigkeit und Detailtreue der Karten waren so hoch, dass<br />
die sogenannten Schubert-Karten als Grundlage für spätere<br />
geodätische Untersuchungen bis zum Übergang zu Luft- und<br />
Satellitenaufnahme Ende des 20. Jahrhundert dienten.<br />
Zur Zeit der großen Reformen Alexanders II. arbeiteten<br />
in zahlreichen Komitees und Behörden hervorragende Finanzfachleute<br />
und Juristen, dank derer viele Veränderungen<br />
ihre vollendete Form erhielten. Zu diesem Personenkreis<br />
gehörten etwa Iwan Kondratjewitsch Babst, Pjotr Fjodorowitsch<br />
Brock, Modest Andrejewitsch von Korff, Graf<br />
W. A. Adlerberg, Alexander Konstantinowitsch Giers, Graf<br />
K. von der Pahlen, Nikolaj Christianowitsch Bunge und<br />
Konstantin Karlowitsch Grot.<br />
Etwas anders sah es im 19. Jahrhundert mit der Rolle von<br />
Russlanddeutschen im diplomatischen Dienst aus. Auf dem<br />
höchsten Posten des Kanzlers (Außenministers) folgten<br />
sowohl die Beamten russischer Abstammung als auch die<br />
Beamten, die aus anderen Ländern stammten, hauptsächlich<br />
dem Kurs, den der Monarch und seine unmittelbare<br />
Umgebung vorgaben. Diese Tendenz, die sich erstmals<br />
unter Alexander I. und seinem „Zirkel junger Freunde“<br />
zeigte, setzte sich fort. Unter dem willensstarken Nikolai I.<br />
war es erst recht schwierig, eine andere Auffassung zur<br />
außenpolitischen Situation des Landes zu vertreten.<br />
Abb. 43<br />
Abb. 44<br />
Abb. 45<br />
Главным делом его жизни стало строительство железной<br />
дороги от Санкт-Петербурга до Москвы<br />
(Николаевской), движение по которой открылось<br />
в 1851 г. При его участии и содействии началось<br />
строительство разводных мостов через Неву.<br />
Неоценимый вклад в развитие картографии внес<br />
Ф. Ф. Шуберт, управляющий Картографическим департаментом<br />
Главного штаба. Под его руководством<br />
и при личном участии офицеры картографической<br />
службы в 1850–1880 гг. создали комплекс топографических<br />
карт Российской империи. Их точность<br />
и подробность были столь высоки, что так называемые<br />
карты Шуберта служили основой для<br />
последующих геодезических исследований вплоть<br />
до перехода к аэрокосмической спутниковой съемке<br />
в конце ХХ в.<br />
В период великих реформ Александра II в многочисленных<br />
комитетах и ведомствах трудились выдающиеся<br />
финансисты и юристы, благодаря которым<br />
многие преобразования получили законченный<br />
вид: И. К. Бабст, П. Ф. Брок, барон М. А. Корф, граф<br />
В. А. Адлерберг, А. К. Гирс, граф К. фон дер Пален,<br />
Н. Х. Бунге, К. К. Грот.<br />
Несколько иной была в ХIХ в. роль российских немцев<br />
на дипломатической службе. Занимая высший<br />
пост канцлера (министра иностранных дел), деятели<br />
русского происхождения и выходцы из других государств<br />
в большей мере следовали в фарватере курса,<br />
который формулировал монарх и его ближайшее<br />
окружение. Эта тенденция, проявившаяся впервые<br />
при Александре I («кружок молодых друзей»), продолжалась<br />
и в дальнейшем. При волевом Николае I<br />
было довольно сложно отстаивать иную точку зрения<br />
на внешнеполитическую ситуацию империи.<br />
Илл. 43<br />
Илл. 44<br />
Илл. 45<br />
40 41<br />
40. Генерал Э. И. Тотлебен (1818–1881).<br />
С гравюры Ю. Барановского по рисунку<br />
П. Ф. Бореля. Середина 1870-х гг.<br />
General E. I. Totleben (1818–1881).<br />
Radierung von Ju. Baranowskij nach einer<br />
Zeichnung von P. F. Borell. Mitte der 1870er Jahre<br />
41. Крымская война. Оборона Севастополя, одно из укреплений Малахова<br />
кургана. Фрагмент панорамы Ф. Рубо. 1901–1904. Музей-панорама «Оборона<br />
Севастополя 1854–1855 гг.», Севастополь<br />
Krimkrieg. Verteidigung von Sewastopol. Eine der Befestigungen auf dem Malachow-<br />
Hügel. Fragment des Panorama von F. Roudaud. 1901–1904. Panorama-Museum<br />
„Verteidigung von Sewastopol 1854–1955“, Sewastopol
42. Граф П. А. Клейнмихель (1793–1869).<br />
Ф. Крюгер. 1851. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />
Graf P. A. Kleinmichel (1793–1869).<br />
F. Krüger. 1851. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />
43. Встреча графом Клейнмихелем императорской семьи,<br />
прибывшей в Москву по С.‐Петербурго-Московской<br />
железной дороге 19 августа 1851 г. С литографии из Русского<br />
художественного листка В. Тимма. 1851<br />
Graf Kleinmichel empfängt die kaiserliche Familie, die<br />
am 19. August 1851 mit einem Zug der St. Petersburg-<br />
Moskauer Bahn in Moskau eintraf. Nach einer Lithographie aus<br />
„Russkij chudoschestwennyj listok“ von W. Timm. 1851<br />
44. Ф. Ф. фон Шуберт (1789–1865). С гравюры Э. Кенедея. 1838<br />
F. F. von Schubert (1789–1865). Radierung von E. Quenedey. 1838<br />
42<br />
45. Александр II с группой военных в готическом интерьере.<br />
С акварели М. Зичи. 1870-е гг. Государственный Эрмитаж,<br />
С.‐Петербург<br />
Alexander II. mit Offizieren in einem gotischen Interieur. Aquarell<br />
von M. Zichy. 1870er Jahre. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />
43<br />
44<br />
46. К. фон Нессельроде (1780–1862).<br />
Ф. Крюгер. 1840–1850. Государственный<br />
Эрмитаж, С.-Петербург<br />
K. von Nesselrode (1780–1862). F. Krüger.<br />
1840–1850. Staatliche Eremitage,<br />
St. Petersburg<br />
47. Н. К. Гирс (1820–1895). С литографии. 1879<br />
N. K. Giers (1820–1895). Nach einer<br />
Lithographie. 1879<br />
45
Немцы в российской истории 25<br />
Der letzte „echte“ Ausländer in russischen Diensten war<br />
Karl Robert Graf von Nesselrode (russ.: Karl Wassiljewitsch<br />
Nesselrode), der 40 Jahre, von 1816 bis 1856, das russische<br />
Außenministerium führte. Dies war die Zeit der „Heiligen<br />
Allianz“, da auf dem Wiener Kongress nach dem Willen der<br />
Schöpfer des neuen europäischen Konzerts die Interessen<br />
zum Schutz allgemeiner zivilisatorischer Werte über den<br />
Interessen von Ländern und Monarchien stehen sollten.<br />
Als Verfechter dieser Ideen, die u. a. die Unverletzlichkeit<br />
der Grenzen und die Unantastbarkeit der Gesellschaftsordnung<br />
der europäischen Staaten beinhalteten, setzte sich<br />
Nesselrode gegen die Einmischung sowohl Russlands, als<br />
auch anderer Großmächte in die Befreiungsbewegung der<br />
Griechen ein und unterstütze unmittelbar die Niederschlagung<br />
der Revolution von 1848/49 in Ungarn. Sehr enttäuscht<br />
von der „Heiligen Allianz“ zeigten sich Nesselrode und<br />
andere Anhänger dieses politischen Systems während des<br />
Krimkrieges (Orientkrieges) 1853–1856, in dem Russland<br />
fast völlig isoliert war. Im Unterschied zu vielen anderen<br />
Amtsträgern, die einen Zusammenbruch von Illusionen und<br />
das Scheitern von Bemühungen erlebten, brachte Nesselrode<br />
den Mut auf, den 40-jährigen außenpolitischen Kurs des<br />
Reiches und seine eigene Handlungsweise als fehlerhaft<br />
anzuerkennen. In einer vor seinem Abschied verfassten<br />
„Notiz“ betonte der alte Diplomat, dass der Staat auf den<br />
Schutz fremder Interessen verzichten und sich auf die<br />
eigenen Vorteile in der internationalen Arena sowie auf<br />
die Entwicklung der produktiven und geistigen Kräfte des<br />
Volkes im eigenen Land konzentrieren sollte.<br />
Mit dem Namen von Nikolaj Karlowitsch de Giers, der ab<br />
1882 das russische Außenministerium leitete, zuvor ab 1875<br />
bereits stellvertretender Minister und Leiter der Asienabteilung<br />
war, ist die Entwicklung der außenpolitischen Ausrichtung<br />
des Russischen Reiches vom Dreikaiserbund 1881<br />
zum russisch-französischen Militärblock 1893 verbunden.<br />
Abb. 46<br />
Abb. 47<br />
Последний «чистый» иностранец на российской<br />
службе, граф К. В. Нессельроде, возглавлял<br />
Министерство иностранных дел России 40 лет<br />
(1816–1856). Это была эпоха Священного союза,<br />
когда, по идее основателей нового «европейского<br />
концерта» на Венском конгрессе, интересы защиты<br />
общих ценностей цивилизации должны были<br />
превалировать над интересами стран и монархов.<br />
Выступая выразителем этих идей, подразумевавших<br />
также незыблемость границ и общественного<br />
устройства европейских государств, Нессельроде<br />
возражал против вмешательства как России, так и<br />
других великих держав в освободительное движение<br />
греков, оказал прямое содействие подавлению<br />
революции 1848–1849 гг. в Венгрии. Разочарованием<br />
в Священном союзе стала для Нессельроде и для<br />
других сторонников этой политической системы<br />
Крымская (Восточная) война 1853–1856 гг. и почти<br />
полная изоляция России во время этого конфликта.<br />
В отличие от многих сановников, испытавших крах<br />
своих иллюзий и усилий, Нессельроде нашел в себе<br />
мужество признать ошибочным 40-летний внешнеполитический<br />
курс империи и свои собственные<br />
действия. В составленной перед отставкой записке<br />
старый дипломат подчеркивал, что государство<br />
должно отказаться от защиты чуждых интересов,<br />
сосредоточиться на собственных выгодах на международной<br />
арене и развитии производительных и<br />
духовных сил народа внутри страны.<br />
С именем Н. К. Гирса, возглавившего российское<br />
Министерство иностранных дел в 1882 г. (товарищем<br />
министра и главой Азиатского департамента<br />
был с 1875 г.), связана эволюция внешнеполитической<br />
ориентации Российской империи от «Союза<br />
трех императоров» 1881 г. к русско-французскому<br />
Илл. 46<br />
Илл. 47<br />
46<br />
47
26 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 48<br />
In dieser Zeit der Herrschaft Alexanders III. bestanden<br />
die Hauptaufgaben in der Sicherung einer Friedensperiode<br />
zur Entwicklung des Landes und der Garantie der Unverletzlichkeit<br />
der westlichen Grenzen nach dem Berliner<br />
Kongress von 1878/79. Wie sich Zeitgenossen erinnerten,<br />
gelang es Giers, seine Auffassung zur Außenpolitik des<br />
Landes gegenüber dem Kaiser durchzusetzen. Der Kaiser<br />
überhäufte ihn nicht mit Orden und mochte ihn auch nicht<br />
sonderlich, schätzte ihn aber für seine Weitsicht. Trotzdem<br />
betonte Giers nach 1887 wiederholt, wie ungünstig für<br />
Russland die Existenz des mächtigen Deutschen Reiches<br />
im Herzen Europas sei. Er neigte immer mehr zum Abschluss<br />
eines russisch–französischen Bündnisses als Gegengewicht<br />
zu dem Dreierbund Deutschland – Österreich-<br />
Ungarn – Italien. Nichtsdestotrotz widersetzte sich Giers<br />
bis Ende 1893 dem Druck aus dem Kriegsministerium,<br />
das, wie die französische Seite auch, auf den Abschluss<br />
eines Militärabkommens drängte. Bei der Unterzeichnung<br />
des von Alexander III. genehmigten Vertrages soll Giers<br />
ein Kreuz geschlagen und gesagt haben: „Ich habe den<br />
Herrgott gebeten, meine Hand zu stoppen, falls dieses<br />
Bündnis entgegen allen Voraussagen, entgegen meinem<br />
eigenen Verstand für Russland verhängnisvoll sein sollte“.<br />
Niemand stoppte die Hand von Giers, und das Russische<br />
Reich steuerte seinem Untergang entgegen.<br />
Auch Wladimir Nikolajewitsch Graf Lamsdorf, ein Mitstreiter<br />
von Giers und Direktor der Kanzlei des Außenministeriums,<br />
unternahm Ende des 19. Jahrhunderts viele<br />
Anstrengungen für eine Annäherung von Russland und<br />
Frankreich. 1900 wurde er Außenminister. Die Zeitgenossen<br />
lobten seine Klugheit, Bescheidenheit, Geduld<br />
und Loyalität. Viele Jahre hütete er das Geheimarchiv<br />
der russischen Diplomatie sowie sämtliche Chiffren und<br />
Schlüssel, aber keiner lebenden Seele wurde ohne kaiserliche<br />
Genehmigung der Zugriff gestattet. Als Chef der<br />
russischen Diplomatie steuerte Lamsdorf von 1900 bis<br />
1906 einen Kurs zur Pflege friedlicher Beziehungen mit<br />
Japan im Fernen Osten. Er trat für die Anerkennung der<br />
Rechte Japans an Korea ein und erwartete im Gegenzug die<br />
Anerkennung der Rechte Russlands an der Mandschurei.<br />
Als sich aber die sogenannte Besobrasow-Clique mit ihrem<br />
Kurs durchsetzen konnte, reichte er seinen Rücktritt ein,<br />
der von Nikolai II. aber nicht angenommen wurde. Nach<br />
Ausbruch des Russisch-Japanischen Krieges bemühte sich<br />
Lamsdorf um die Normalisierung der russisch-britischen<br />
Beziehungen. Im Bestreben, das europäische Gleichgewicht<br />
zu wahren, ergriff er 1905 Maßnahmen, um den Björkö-<br />
Vertrag zwischen den Kaisern Russlands und Deutschlands<br />
außer Kraft zu setzen. Mit seinem Namen sind auch<br />
weitgehende Garantien Russlands für die Balkanländer<br />
im Falle eines Konflikts mit der Türkei verbunden.<br />
Nach der Regierungszeit von Kaiserin Anna Iwanowna bekleideten<br />
erst Anfang des 20. Jahrhunderts Russlanddeutsche<br />
wieder das Amt des Regierungschefs. In erster Linie<br />
wäre hier Graf Sergej Juljewitsch Witte zu nennen. Nach<br />
dem Abschluss der Neurussischen Universität Odessa<br />
leitete er die Südwest-Eisenbahn und das Department für<br />
Eisenbahnwesen, wurde 1892 Minister für Verkehrswesen<br />
Илл. 48<br />
военному блоку 1893 г. В эти годы правления<br />
Александра III главными задачами были обеспечение<br />
мирного периода развития страны и гарантия<br />
незыблемости западных границ после Берлинского<br />
конгресса (1878–1879). Как вспоминали современники,<br />
Гирсу удавалось отстаивать перед императором<br />
свое видение внешней политики страны.<br />
Государь не одаривал его наградами и недолюбливал,<br />
но ценил за осторожность. После 1887 г.<br />
Гирс неоднократно подчеркивал невыгодность для<br />
России существования в центре Европы мощной<br />
Германской империи. Постепенно он склонялся<br />
к созданию русско-французского союза в качестве<br />
противовеса Тройственному союзу (Германия,<br />
Австро-Венгрия, Италия). Тем не менее вплоть<br />
до конца 1893 г. Н. К. Гирс сопротивлялся давлению<br />
представителей Военного министерства, настаивавших,<br />
как и французская сторона, на заключении<br />
военной конвенции. Подписывая конвенцию,<br />
одобренную Александром III, Гирс, как говорят,<br />
перекрестился и воскликнул: «Я просил Господа<br />
Бога остановить мою руку, если вопреки всем<br />
предположениям, вопреки моему разумению этот<br />
союз должен стать пагубным для России». Никто<br />
руку Гирса не остановил – Российская империя<br />
двинулась навстречу краху.<br />
Соратник Гирса – директор канцелярии Министерства<br />
иностранных дел В. Н. Ламздорф – также<br />
приложил немало усилий для сближения России и<br />
Франции в конце ХIХ в. В 1900 г. он стал министром<br />
иностранных дел. Современники подчеркивали его<br />
ум, скромность, терпение, лояльность. На протяжении<br />
многих лет он был хранителем секретного<br />
архива российской дипломатии, всех шифров и<br />
ключей к ним, ни одна живая душа не получила<br />
к ним доступа без высочайшего разрешения.<br />
Как глава российской дипломатии в 1900–1906 гг.,<br />
Ламздорф проводил курс на поддержание мирных<br />
отношений с Японией на Дальнем Востоке, выступал<br />
за признание ее прав на Корею в обмен<br />
на признание прав России на Маньчжурию. После<br />
победы курса так называемой безобразовской<br />
клики он пытался уйти в отставку, но Николай II<br />
ее не принял. После начала русско-японской войны<br />
В. Н. Ламздорф предпринял усилия по нормализации<br />
русско-английских отношений, в 1905 г. принял<br />
меры для фактической денонсации Бьёркского<br />
договора между императорами России и Германии,<br />
пытаясь поддержать «европейское равновесие».<br />
С его именем связаны и широкие гарантии балканским<br />
странам со стороны России в случае их<br />
конфликта с Турцией.<br />
После эпохи императрицы Анны Иоанновны российские<br />
немцы вновь занимали пост главы правительства<br />
только в начале ХХ в. Прежде всего<br />
речь идет о графе С. Ю. Витте. После окончания<br />
Новороссийского университета он руководил Юго-<br />
Западными железными дорогами, Департаментом
Немцы в российской истории 27<br />
und später Finanzminister. Seine Vorstellungen von der<br />
Wirtschaft fanden ihren Ausdruck im Bau eines weiten<br />
Eisenbahnnetzes in Russland (23 000 km). Unter seiner<br />
Leitung entstand das heutige Streckennetz der Eisenbahn.<br />
1894 wurde auf Anregung Wittes das Staatsmonopol für<br />
den Verkauf von Wodka eingeführt. Eine wichtige Errungenschaft<br />
war auch die Währungsreform von 1897, durch<br />
die der Rubel mit Gold abgesichert und Russland bis 1914<br />
eine stabile Währung beschert wurde. 1903 wurde Witte<br />
zum Vorsitzenden des Ministerkomitees ernannt und diente<br />
von 1905 bis 1906 als Vorsitzender des neu gegründeten<br />
Ministerrates. Allerdings sah er sich auf diesem Posten aus<br />
dem Umfeld Nikolajs II. mit der Weigerung konfrontiert,<br />
für das Land so dringend erforderliche soziale Umgestaltungen<br />
vorzunehmen und auf außenpolitische Abenteuer<br />
zu verzichten. Nach seinem Rücktritt wurden seine Ideen<br />
über den freien Austritt der Bauern aus den Gemeinden<br />
von Stolypin aufgegriffen.<br />
Mehr als 200 Jahre in staatlichen Diensten führten auch<br />
bei den Russlanddeutschen zu beträchtliche Veränderungen.<br />
Während unter Peter I. die Gruppen der im<br />
Staatsdienst stehenden Deutschen, Livländer und Kurländer<br />
noch deutlich als solche auszumachen waren,<br />
verschmolzen Anfang des 20. Jahrhunderts die beamteten<br />
Russlanddeutschen völlig mit dem russischen Adel und<br />
zum Teil mit den nichtadligen Intellektuellen (Rasnotschincy).<br />
Viele Familien aus dem Hochadel traten zum<br />
orthodoxen Glauben über. Nach mehreren Generationen<br />
war Deutsch nicht mehr die Muttersprache oder<br />
die Sprache, die man im Familienkreis pflegte. Auch<br />
im Königreich Polen integrierten sich deutsche Beamte<br />
entweder im russischen oder polnischen Adel. Diese<br />
Besonderheit der Beamtenschaft und vor allem des Offizierskorps<br />
kam in den Jahren des Ersten Weltkrieges<br />
(1914–1918) zum Tragen.<br />
Im August 1914 waren mehr als 20 % der russischen<br />
Generalität deutscher Abstammung. Unter den Spitzenrängen<br />
der Generäle waren Russlanddeutsche sogar mit<br />
31 % vertreten. Zu Kriegsbeginn kommandierten sie vier<br />
von insgesamt acht Armeen (Baron Paul Georg von Rennenkamp,<br />
Alexej Jermolajewitsch Ewert, Pawel Adamowitsch<br />
Plewe und Konstantin Petrowitsch van der Vliet)<br />
sowie elf von 38 Korps. An der Spitze der Baltischen und<br />
Schwarzmeerflotte standen die Vizeadmirale N. O. von Essen<br />
bzw. A. A. Eberhard. Die Generale und Offiziere der<br />
Kaiserlich-Russischen Armee zeichneten sich vielfach auf<br />
den Schlachtfeldern aus.<br />
Aber die lange Dauer des Krieges und schwere Niederlagen<br />
in mehreren Kriegsoperationen im Herbst 1914 führten<br />
dazu, dass die militärpolitische Führung des Russischen<br />
Reiches auf eine Nationalisierung des Konfliktes zusteuerte.<br />
„Der Deutsche“ wurde sowohl in der internationalen<br />
Arena als auch im eigenen Land zum historischen Feind<br />
des russischen Volkes erklärt. Die einsetzende antideutsche<br />
Kampagne griff auch auf das Offizierskorps über. Ungeachtet<br />
ihrer Verdienste wurde ein Teil der Generale deutscher<br />
Abstammung zwischen 1914 und 1917 entlassen,<br />
darunter die Armeebefehlshaber P. G. von Rennenkampff,<br />
Abb. 49<br />
железнодорожных дел, в 1892 г. стал министром<br />
путей сообщения, а затем министром финансов.<br />
Его экономические взгляды проявились в организации<br />
широкого железнодорожного строительства<br />
в России (23 тыс. км). Существующая сеть железных<br />
дорог страны сложилась именно под его<br />
руководством. В 1894 г. по инициативе Витте была<br />
введена государственная монополия на продажу<br />
водки. Важнейшим достижением стала денежная<br />
реформа 1897 г., вводившая золотое обеспечение<br />
рубля и давшая России устойчивую валюту<br />
до 1914 г. В 1903 г. Витте назначен председателем<br />
Комитета министров, а в 1905–1906 гг. служил<br />
председателем вновь созданного Совета министров.<br />
Однако на этих постах он столк нулся с нежеланием<br />
окружения Николая II проводить необходимые<br />
стране социальные преобразования и отказаться<br />
от внешнеполитических авантюр. После отставки<br />
его идеи свободного выхода крестьян из общины<br />
были использованы П. А. Столыпиным.<br />
Более чем 200-летний период государственной<br />
службы российских немцев привел к значительным<br />
изменениям среди них самих. Если в эпоху Петра I<br />
еще выделялись служилые корпорации немцев,<br />
лифляндцев, курляндцев, то к началу ХХ в. российские<br />
немцы, имеющие классные чины, практически<br />
слились с российским дворянством и отчасти<br />
с разночинцами. Большое число родовитых семей<br />
приняло православие; в семьях нескольких поколений<br />
немецкий язык перестал быть родным или<br />
домашним. В царстве Польском служилые немцы<br />
также прочно влились в корпорации российского<br />
либо польского дворянства. Эта особенность чиновного<br />
и особенно офицерского корпуса проявилась<br />
в годы Первой мировой войны (1914–1918).<br />
К августу 1914 г. более 20 % русского генералитета<br />
имело немецкое происхождение; среди полных генералов<br />
российские немцы составляли 31 %. В начале<br />
войны они командовали 4-мя армиями из 8 (барон<br />
П. К. фон Ренненкампф, А. Е. Эверт, П. А. Плеве,<br />
К. П. Фан-дер-Флит) и 11‐ю корпусами из 38. Балтийским<br />
и Черноморским флотами командовали<br />
соответственно вице-адмиралы Н. О. фон Эссен и<br />
А. А. Эбергард. Генералы и офицеры российской<br />
императорской армии неоднократно отличались<br />
на полях сражений.<br />
Однако затяжной характер войны и крупные поражения<br />
в нескольких операциях осенью 1914 г.<br />
привели к курсу военно-политического руководства<br />
Российской империи на «национализацию»<br />
конфликта. «Немец» был объявлен историческим<br />
врагом русского народа как на внешней арене, так<br />
и внутри страны. Начавшиеся антинемецкие кампании<br />
затронули и офицерский корпус. Несмотря<br />
на боевые заслуги, часть генералов немецкого происхождения<br />
в 1914–1917 гг. была отрешена от должностей<br />
(из командующих армиями – П. К. Ренненкампф,<br />
С. М. Шейдеман, В. Е. Флуг, Л. В. Леш).<br />
Илл. 49
28 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 50<br />
S. M. Scheidemann, W. E. Flug, L. W. Lesch. Einige Offiziere<br />
wurden gezwungen, ihre Namen in „russischer“<br />
klingende Varianten umzuwandeln. So wurde z. B. aus<br />
W. A. Irmann – Irmanow. Auch G. E. Berchmann war<br />
Verfolgungen und nationalistischem Druck ausgesetzt:<br />
Die Erfolge aus seinem Sieg bei Sarykamysch schrieb sich<br />
N. N. Judenitsch gut. Das Gleiche betraf auch A. E. Ewert,<br />
den Oberbefehlshaber der Armeen der Westfront.<br />
Im Frühjahr 1915 befahl der Imperator in einer geheimen<br />
Verordnung, Personen mit deutschen Namen aus<br />
den Stäben zu entfernen. Im Februar 1917 wurde vorgeschlagen,<br />
sie auch aus Kampfeinheiten zu entfernen. Es<br />
wurde verboten, Deutschstämmige in Fähnrichschulen<br />
oder andere militärische Lehranstalten aufzunehmen. Ab<br />
Herbst 1914 sollte die zaristische Zensur alle Briefe und<br />
Artikel „über die Lage, die Lebensbedingungen und Aktivitäten<br />
von Deutschen mit russischer und ausländischer<br />
Staatsbürgerschaft“ abfangen. Ende 1916 ging der Anteil<br />
der Generale deutscher Abstammung fast um die Hälfte<br />
zurück, „deutsche“ Offiziere und Generale wurden bei<br />
Auszeichnungen für Heldentaten übergangen.<br />
In dieser Zeit kam auch die volle Ergebenheit der Amtsträger<br />
gegenüber ihrem Staat zum Vorschein: Manche<br />
russlanddeutsche Militärs und Politiker beteiligten sich<br />
aktiv an antideutschen Kampagnen, wie z. B. der Oberbefehlshaber<br />
der Armeen der Nordfront P. A. Plewe bei<br />
der Deportation von Kolonien in Livland und bei der<br />
Schließung der Universität Dorpat oder der Befehlshaber<br />
der 2. Armee S. M. Scheidemann bei der Aussiedlung deutscher<br />
Bauern aus dem Gouvernement Warschau.<br />
Bezeichnend für eine Dienstlaufbahn jener Zeit war<br />
das Schicksal von Boris Stürmer. Als Sohn und Enkel<br />
deutschstämmiger Beamter wurde er bereits nach orthodoxem<br />
Ritus getauft und stellte in der Öffentlichkeit<br />
Илл. 50<br />
Некоторые офицеры были вынуждены сменить<br />
фамилию на более «русскую» – В. А. Ирман стал<br />
Ирмановым. Подверглись гонениям и националистическому<br />
давлению Г. Э. Берхман (плоды его победы<br />
под Сарыкамышем присвоил себе Н. Н. Юденич),<br />
главнокомандующий армиями Западного фронта<br />
А. Е. Эверт.<br />
Весной 1915 г. император отдал секретное распоряжение<br />
об удалении из штабов «лиц с немецкими фамилиями».<br />
В феврале 1917 г. предполагалось удалить<br />
их и из боевых частей. Был запрещен прием немцев<br />
в школы прапорщиков и военные училища. С осени<br />
1914 г. царская цензура должна была перехватывать<br />
все письма и статьи «по вопросу о положении, условиях<br />
проживания и деятельности немцев русского<br />
и иностранного подданства». К концу 1916 г. доля<br />
генералов немецкого происхождения сократилась<br />
почти вдвое; офицеров и генералов «из немцев»<br />
обходили при награждении за подвиги.<br />
В то же время сказалась полная привязанность<br />
сановников к государству: некоторые военные и<br />
политические деятели из российских немцев приняли<br />
деятельное участие в антинемецкой кампании<br />
(главнокомандующий армиями Северного фронта<br />
П. А. Плеве – в депортации колоний Лифляндии<br />
и закрытии Дерптского (Юрьевского) университета,<br />
командующий 2‐й армией С. М. Шейдеман –<br />
в выселении немецких крестьян из Варшавской<br />
губернии).<br />
Ярким примером служебной карьеры того времени<br />
стала судьба Б. В. Штюрмера. Сын и внук служилого<br />
российского немца, он был крещен уже<br />
по православному обряду и прилюдно подчеркивал<br />
свою «русскость». С 1905 г. он возглавлял<br />
49<br />
48. С. Ю. Витте (1849–1915) на посту министра<br />
финансов. С гелиогравюры. 1902<br />
Finanzminister S. Ju. Witte (1849–1915).<br />
Helioradierung. 1902<br />
49. Золотой рубль С. Витте.<br />
Goldener Rubel von S. Witte<br />
48
Немцы в российской истории 29<br />
stets sein russisches Wesen zur Schau. Ab 1905 stand er<br />
im Staatsrat an der Spitze einer äußerst rechten Gruppe<br />
von Bürokraten, die gegen jegliche Modernisierung der<br />
Selbstherrschaft eintraten. 1916 wurde Stürmer, der aktiv<br />
die antideutsche Hysterie am Hofe mittrug, Innen- und<br />
Außenminister, Oberbefehlshaber eines selbstständigen<br />
Gendarmeriekorps, Vorsitzender des Ministerrates und<br />
Vorsitzender der Sonderkommission für Staatsverteidigung.<br />
Aber gerade sein deutscher Name, den zu wechseln<br />
ihm untersagt worden war, lieferte letztendlich im<br />
November 1916 den Grund für seine Entlassung aus<br />
sämtlichen Ämtern.<br />
Die Russlanddeutschen, die in Russland durch den Wechsel<br />
in den militärischen oder Staatsdienst eine neue<br />
Heimat gefunden hatten, waren in der russischen Gesellschaft<br />
sehr bald kein Fremdkörper mehr. Ab Mitte des<br />
19. Jahrhunderts erhielt diese Gruppe von Staatsdienern<br />
keinen Zulauf mehr aus dem Ausland, auch nicht beim<br />
Anschluss neuer Territorien im Westen. Die Offiziere und<br />
Beamten deutscher Abstammung hatten sich praktisch im<br />
russischen Adel integriert und größtenteils ihre spezifische<br />
Art eingebüßt. Nur der baltische Adel behielt zum<br />
Teil noch aufgrund der Besonderheiten des Baltikums<br />
seine sprachlichen, religiösen und sonstigen kulturellen<br />
Besonderheiten bei, was in Regierungskreisen oft zu Gereiztheit<br />
führte. Dabei haben die in russischen Diensten<br />
stehenden Russlanddeutschen, die in allen Bereichen, in<br />
denen sie ihre Kenntnisse und Erfahrungen einbrachten<br />
und dafür viel Anerkennung fanden, dem Staat in<br />
schweren Zeiten stets die Treue gehalten, wesentlichen<br />
Einfluss auf die Entwicklung der Verwaltungsstrukturen<br />
des Reiches genommen und zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
ihr Schicksal voll und ganz mit dem Schicksal des<br />
Landes verbunden.<br />
в Государственном совете группу крайне правых<br />
бюрократов, выступавших против какой-либо<br />
модернизации самодержавия. Активно поддерживающий<br />
в придворных кругах антинемецкую<br />
истерию, Штюрмер в 1916 г. назначается одновременно<br />
министром внутренних дел, министром<br />
иностранных дел, главнокомандующим Отдельным<br />
корпусом жандармов, председателем Совета министров<br />
и Особого совещания по обороне государства.<br />
Однако именно немецкая фамилия (которую ему не<br />
позволили сменить) стала окончательной причиной<br />
его отставки со всех постов в ноябре 1916 г.<br />
Российские немцы, обретшие в России новое<br />
отечество в результате перехода на военную или<br />
гражданскую службу, довольно скоро перестали<br />
быть чужеродным телом в русском обществе.<br />
С середины ХIХ в. эта служилая корпорация уже<br />
не пополнялась из-за рубежа или в связи с присоединением<br />
новых территорий на западном направлении.<br />
Военные и гражданские деятели немецкого<br />
происхождения практически слились<br />
с российским дворянством, в большинстве своем<br />
утратив самобытность. Отчасти только балтийское<br />
дворянство, в силу особенностей Прибалтийского<br />
края, сохраняло языковые, религиозные и иные<br />
культурные отличия, нередко вызывая этим раздражение<br />
правящих кругов России. Тем не менее,<br />
оставив по себе добрую славу во всех отраслях, где<br />
прилагались их знания и опыт, пронеся верность<br />
государству через испытания времени, оказав существенное<br />
влияние на развитие управленческих<br />
структур империи, служилые российские немцы<br />
в начале ХХ в. полностью разделили свою судьбу<br />
с судьбой страны.<br />
50. Б. В. Штюрмер (1848–1917). Фото. 1913<br />
B. W. Stürmer (1848–1917). Foto. 1913<br />
50
30 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Die Akademie der Wissenschaften – Entwicklung von<br />
Wissenschaft und wissenschaftlichen Beziehungen<br />
Академия наук – развитие науки<br />
и научных связей<br />
I. Tscherkasjanowa (St. Petersburg) И. Черказьянова (Санкт-Петербург)<br />
Die Vorliebe Peters I. für die Wissenschaften zeigte<br />
sich bereits in jungen Jahren und hatte ganz praktische<br />
Gründe. Für die Einführung technischer<br />
Neuerungen wurden nicht nur Fachleute benötigte, es war<br />
auch erforderlich, die Bodenschätze rationell zu nutzen. Eine<br />
Voraussetzung dafür war wiederum die Untersuchung naher<br />
und weit entfernt liegender Gebiete, die Erkundung von<br />
Lagerstätten sowie die Förderung und Weiterverarbeitung<br />
von Bodenschätzen. Die Einladung ausländischer Fachleute<br />
war unter Peter I. sehr verbreitet. Jedoch beschränkte er sich<br />
nicht nur auf den Einsatz von Ausländern mit kurzfristigen<br />
Verträgen, sondern bemühte sich auch um die Gründung<br />
entsprechender Einrichtungen, die dazu dienen sollten,<br />
kontinuierliche und systematische Forschung zu betreiben,<br />
die Erfahrungen der Ausländer an russische Untertanen<br />
weiterzugeben und Russen in allen für die Modernisierung<br />
Russlands erforderlichen Fachbereichen auszubilden.<br />
Bei der Gründung und Entwicklung der Russischen Akademie<br />
der Wissenschaften (auch: Akademie der Wissenschaften<br />
und Künste, Petersburger Akademie oder Kaiserliche<br />
Akademie der Wissenschaften) wie auch bei der Entwicklung<br />
der russischen Wissenschaft im 18. und 19. Jahrhundert<br />
insgesamt spielten aus Deutschland und Russland stammende<br />
deutsche Wissenschaftler eine wichtige Rolle. Bereits<br />
bei der Planung der Akademie orientierte sich Peter I. an<br />
europäischen Erfahrungen. Über die kulturellen Wandlungen<br />
in Russland korrespondierte er mit dem deutschen<br />
Wissenschaftler Gottfried Wilhelm Leibnitz (1646–1716),<br />
dem Begründer und Präsidenten der Kurfürstlich-Brandenburgischen<br />
Sozietät der Wissenschaften in Berlin. Viele<br />
Empfehlungen des Philosophen hatten einen großen<br />
Einfluss auf die Reformen des Zaren. Am 28. Januar 1724<br />
unterzeichnete Peter I. den Erlass „Über die Gründung der<br />
Akademie und die für deren Unterhalt von den Städten<br />
Narwa, Dorpat, Pernow und Arensburg zu erhebenden<br />
Zoll- und Lizenzeinnahmen“. Die offizielle Eröffnung fand<br />
Abb. 51 Илл. 51<br />
Abb. 52<br />
Илл. 52<br />
Стремление Петра I к наукам проявилось уже<br />
в юном возрасте и имело прикладной характер.<br />
Для введения технических новшеств<br />
необходимы были не только специалисты, но и<br />
рациональное использование природных богатств.<br />
Предпосылками для этого, в свою очередь, были<br />
изучение дальних и ближних владений, разведка<br />
ископаемых, их добыча и использование. Приглашение<br />
иностранных специалистов в царствование<br />
Петра I стало распространенным явлением. Но он<br />
не ограничился трудом иноземцев, работавших<br />
по краткосрочным контрактам, а стремился создать<br />
учреждения, которые осуществляли бы последовательные<br />
и системные исследования с передачей опыта<br />
иностранцев российским подданным и обучение<br />
россиян необходимым для модернизации России<br />
специальностям.<br />
В создании и развитии Российской Академии наук<br />
(Академии наук и художеств, Петербургской, Императорской<br />
Академии наук), как и в целом в развитии<br />
российской науки XVIII–XIX вв., важную роль<br />
сыграли немецкие ученые, уроженцы Германии и<br />
России. Еще при разработке проекта академии Петр I<br />
обратился к европейскому опыту. Он вел переписку<br />
о культурных преобразованиях в России с немецким<br />
ученым Готфридом Вильгельмом Лейбницем (1646–<br />
1716), создателем и президентом научного общества<br />
в Берлине. Многие рекомендации философа оказали<br />
влияние на реформы царя. 28 января 1724 г. Петр I<br />
издал указ «Об учреждении Академии и о назначении<br />
для содержания оной доходов таможенных и лицентных,<br />
собираемых с городов Нарвы, Дерпта, Пернова<br />
и Аренсбурга». Ее официальное открытие состоялось<br />
27 декабря 1725 г. В тот же день прошло первое публичное<br />
собрание, на котором присутствовала дочь<br />
Петра I – герцогиня Гольштинская Анна.
51<br />
52<br />
51. Петр I (1672–1725).<br />
А. П. Антропов. 1770.<br />
Фрагмент. Государственный<br />
Русский музей, С.-Петербург<br />
Peter I. (1672–1725).<br />
A. P. Antropow. 1770.<br />
Fragment. Staatliches Russisches<br />
Museum, St. Petersburg<br />
52. Г. В. Лейбниц (1646–1716).<br />
Б.Х. Франкен. Около 1700.<br />
Музей герцога Антона Ульриха,<br />
Брауншвейг<br />
G. W. Leibniz (1646–1716).<br />
B. Ch. Francken. Ca. 1700.<br />
Herzog Anton Ulrich-Museum,<br />
Braunschweig<br />
53<br />
53. Фасады Академии наук.<br />
С гравюры Х. А. Вортмана.<br />
1741. Фрагмент<br />
Fassade der Akademie<br />
der Wissenschaften.<br />
Radierung von Ch. A. Wortmann.<br />
1741. Fragment<br />
54. Разрез здания библиотеки<br />
и Кунсткамеры.<br />
С гравюры Ф. Маттарнови.<br />
1741. Фрагмент<br />
Durchschnitt der Bibliothek<br />
und Kunstkammer.<br />
Radierung von Ph. Mattarnovy.<br />
1741. Fragment<br />
54
32 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 53, 54<br />
Abb. 55<br />
am 27. Dezember 1725 statt. Am gleichen Tag fand die erste<br />
öffentliche Sitzung statt, an der auch Anna Petrowna Herzogin<br />
von Holstein, die Tochter Peters I., teilnahm.<br />
Deutsche Mitglieder<br />
der Akademie der Wissenschaften<br />
des 18. Jahrhunderts<br />
Besonders spürbar war der Beitrag deutscher Wissenschaftler<br />
zur Entwicklung der Wissenschaften Russlands im 18. Jahrhundert,<br />
als sich noch keine einheimische akademische Elite<br />
entwickelt hatte. Für den ersten Mitgliederbestand der Akademie<br />
wurden im Laufe von 1725 13 Professoren, ab 1747 Akademiemitglieder,<br />
eingeladen, unter denen neun Deutsche waren.<br />
Im 18. Jahrhundert waren von 111 ordentlichen Mitgliedern<br />
der Akademie der Wissenschaften 67 Deutsche. Ein Teil von ihnen<br />
verließ Russland nach langjähriger Arbeit, während andere<br />
hier ihre zweite Heimat fanden. In den „Werken“ der Akademie<br />
von 1742 bis 1822 wurden 161 Arbeiten aus der Zoologie,<br />
Physiologie, Anatomie und Paläontologie, davon 97 Beiträge<br />
von deutschen Wissenschaftlern veröffentlich.<br />
Einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Akademie<br />
der Wissenschaften hatte der deutsche Philosoph, Mathematiker<br />
und Physiker Christian Wolff (1679–1754), der<br />
als Professor in Halle tätig war. Das Angebot, die Leitung<br />
der Russischen Akademie zu übernehmen, lehnte er ab,<br />
half jedoch im Weiteren als Vermittler und Berater bei der<br />
Gewinnung deutscher Wissenschaftler für die Akademie.<br />
1725 wurde er zum ersten Ehrenmitglied der Akademie der<br />
Wissenschaften gewählt. In Marburg studierten bei Wolff<br />
russische Studenten, und einer von ihnen war das spätere<br />
Akademiemitglied M. W. Lomonossow.<br />
Deutliche Spuren hinterließen in der Wissenschaft die deutschen<br />
Akademiemitglieder der ersten Generation. Gottlieb<br />
Siegfried Bayer (1694–1738) kam als bereits europaweit<br />
Илл. 53, 54<br />
Илл. 55<br />
Илл. 56, 57<br />
Немцы – члены Академии наук<br />
XVIII в.<br />
Особенно ощутим вклад немецких ученых в науку<br />
России в XVIII в., когда отечественная академическая<br />
элита еще не сформировалась. В первый состав<br />
академии в течение 1725 г. были приглашены 13 профессоров<br />
(с 1747 г. – академики), из них 9 были<br />
немецкими учеными. Из 111 действительных членов<br />
Академии наук XVIII в. 67 были немцами. Часть их<br />
покинула Россию после многих лет работы, другие<br />
же обрели здесь вторую родину. В «Трудах» академии<br />
в 1742–1822 гг. издана 161 работа по зоологии, физиологии,<br />
анатомии и палеонтологии. Из них на долю<br />
немецких ученых приходится 97 статей.<br />
Большое влияние на формирование Академии наук<br />
оказал немецкий философ, математик и физик, профессор<br />
в Галле Христиан Вольф (1679–1754). Он отказался<br />
от предложения возглавить российскую<br />
академию, но в дальнейшем выступал в качестве<br />
посредника и консультанта по подбору немецких<br />
ученых. Его избрали первым почетным членом Академии<br />
наук (1725). У Вольфа в Марбурге обучались<br />
российские студенты, среди которых был и будущий<br />
академик М.В. Ломоносов.<br />
Заметный след в науке оставили немецкие члены<br />
Академии наук первого состава. Готлиб Зигфрид<br />
Байер (1694–1738) поступил в академию уже будучи<br />
хорошо известным в Европе ученым, специалистом<br />
по восточным языкам, древней российской истории<br />
и античности. По оценке А. Л. Шлецера, это<br />
был один «из величайших гуманистов и историков<br />
своего столетия». Юрист Иоганн Симон Бекенштейн<br />
(1684–1742), приехавший из Кёнигсбергского университета,<br />
составил первое в России руководство<br />
по геральдике. Ботаник Иоганн Христиан Буксбаум<br />
56 57<br />
55
Немцы в российской истории 33<br />
renommierter Wissenschaftler zur Akademie. Er war Fachmann<br />
für orientalische Sprachen, altrussische Geschichte und<br />
Antike. Nach A. L. Schlözers Einschätzung war er „einer der<br />
größten Humanisten und Historiker seines Jahrhunderts“. Von<br />
dem Juristen Johann Simon Beckenstein (1684–1742), der von<br />
der Universität Königsberg kam, wurde die erste Anleitung<br />
Russlands über Heraldik verfasst. Der Botaniker Johann Christian<br />
Buxbaum (1693–1730) war Autor der ersten in Russland<br />
veröffentlichten botanischen Arbeit, die von ihm zusammengestellten<br />
Pflanzensammlungen bildeten den Grundstock für<br />
das Herbarium der Akademie der Wissenschaften.<br />
Aus dem Bereich der exakten und Naturwissenschaften sind<br />
besonders zu nennen: der Physiker, Mathematiker und Astronom<br />
G. W. Krafft (1701–1754), der Naturforscher und Chemiker<br />
I. G. Gmelin (1709–1755), der Anatom und Physiologe<br />
C. F. Wolf (vor 1734–1794) sowie der Chemiker und Physiker<br />
C. E. Hellert (1713–1795). Eine herausragende Persönlichkeit<br />
war der Mathematiker Leonhard Euler (1707–1783), der mit<br />
seinen ca. 900 Arbeiten auf dem Gebiet der mathematischen<br />
Analyse, der Zahlentheorie, der Theorie spezieller Funktionen<br />
und der Variationsrechnung ein riesiges wissenschaftliches<br />
Erbe hinterlassen hat. Die theoretischen Untersuchungen<br />
dieses Wissenschaftlers sind eng mit Problemen der Mechanik,<br />
der Physik, der Ballistik und des Schiffsbaus verknüpft.<br />
Euler war im 18. Jahrhundert in Vielem ein Vorreiter der<br />
physikalisch-mathematischen Wissenschaften und beeinflusste<br />
deren Entwicklung bis hinein ins 19. Jahrhundert.<br />
In der wissenschaftlich-organisatorischen Arbeit wird ebenfalls<br />
die Präsenz der Deutschen am Beispiel der Führung der Akademie<br />
der Wissenschaften sichtbar. Ihr erster Präsident war von<br />
1725 bis 1733 der Leibarzt Peters I., Laurentius Blumentrost<br />
(1692–1755), der aus einer angesehenen deutschen Moskauer<br />
Arztfamilie stammte. Fünf der ihm im Laufe der gesamten Zeit<br />
bis zur Revolution im Amt noch folgenden elf Präsidenten<br />
waren Deutsche: Herrmann Karl von Kayserling (1733–1734),<br />
Abb. 56, 57<br />
Abb. 58<br />
(1693–1730) стал автором первой ботанической работы,<br />
опубликованной в России, а собранные им<br />
коллекции растений положили начало гербарию<br />
Академии наук.<br />
В области естественных и точных наук выделяются<br />
физик, математик, астроном Г. В. Крафт (1701–1754),<br />
естествоиспытатель, химик И. Г. Гмелин (1709–1755),<br />
анатом, физиолог К. Ф. Вольф (до 1734–1794), химик,<br />
физик Х. Э. Геллерт (1713–1795). Выдающейся личностью<br />
является математик Леонард Эйлер (1707–1783),<br />
оставивший огромное научное наследие – около<br />
900 работ в области математического анализа, теории<br />
чисел, теории специальных функций, вариационного<br />
исчисления. Теоретические исследования ученого<br />
тесно увязаны с проблемами механики, физики,<br />
баллистики, кораблестроения. Деятельность Эйлера<br />
во многом предопределила развитие физикоматематических<br />
наук в XVIII в. и продолжала оказывать<br />
влияние в XIX в.<br />
В научно-организационной деятельности присутствие<br />
немцев ярко прослеживается на примере руководства<br />
Академией наук. Первым ее президентом<br />
(1725–1733) стал лейб-медик Петра I Лаврентий<br />
Лаврентьевич Блюментрост (1692–1755), происходивший<br />
из известной немецкой семьи московских<br />
врачей. За весь дореволюционный период из следующих<br />
за ним одиннадцати президентов пятеро<br />
были немецкого происхождения: Герман Карл фон<br />
Кейзерлинг (1733–1734), Иоганн Альбрехт фон Корф<br />
(1734–1740), Карл фон Бреверн (1740 –1741), Андрей<br />
Львович фон Николаи (Генрих Людвиг, 1798–1803),<br />
адмирал, граф Федор Петрович Литке (Фридрих<br />
Беньямин, 1864–1882).<br />
Первым директором академической библиотеки стал<br />
Иоганн Даниель Шумахер (1690–1761), старейший<br />
Илл. 58<br />
55. Х. фон Вольф (1679–1754). С гравюры И. Г. Вилле. XVIII в.<br />
Ch. Freiherr von Wolff (1679–1754). Kupferstich von J. G. Wille. 18 Jh.<br />
56, 57. Титульный лист и иллюстрация из сочинения И.С. Бекенштейна<br />
«Краткое введение в искусство геральдики», напечатанного<br />
в академической типографии. 1731<br />
Titelblatt und Illustration von J. S. Beckensteins „Kurtze Einleitung<br />
zur Wappen-Kunst“. Gedruckt in der Druckerei der Akademie. 1731<br />
58. Лейб-медик Л. Л. Блюментрост (1692–1755) – первый президент<br />
Академии наук. С литографии П. А. Андреева. 1837<br />
Leibarzt L. L. Blumentrost (1692–1755). Erster Präsident der Akademie<br />
der Wissenschaften. Lithographie von P. A. Andrejew. 1837<br />
58
59. Внутренний вид библиотеки.<br />
С гравюры Х. А. Вортмана по рисунку<br />
Дж. Бона. 1741<br />
Innenansicht der Bibliothek.<br />
Radierung von Ch. A. Wortmann nach<br />
einer Zeichnung von G. Bon. 1741<br />
59<br />
60. Внутренний вид Кунсткамеры.<br />
С гравюры А. Полякова. 1741. Фрагмент<br />
Innenansicht der Kunstkammer.<br />
Radierung von A. Poljakow. 1741. Fragment<br />
60<br />
61, 62.<br />
Титульные листы каталогов академических<br />
коллекций, напечатанных в академической<br />
типографии. 1745<br />
Titelblätter von Katalogen der Sammlungen der<br />
Akademie der Wissenschaften, gedruckt in der<br />
Druckerei der Akademie. 1745<br />
61 62
Немцы в российской истории 35<br />
Johann Albrecht von Korff (1734–1740), Karl von Brevern<br />
(1740–1741), Heinrich Ludwig von Nikolai (1798–1803) und<br />
Admiral Graf Friedrich Benjamin Lütke (1864–1882).<br />
Der erste Direktor der Akademiebibliothek war Johann Daniel<br />
Schumacher (1690–1761), dienstältester Mitarbeiter der<br />
Akademie der Wissenschaften. Seine Karriere in Russland<br />
begann er als Bibliothekar der Büchersammlung Peters I.<br />
und Kustos der zur Bibliothek gehörenden Kunstkammer.<br />
Nach der Eröffnung der Akademie waren Bibliothek und<br />
Kunstkammer deren erste Einrichtungen. Schumacher blieb<br />
bis 1761. Er wirkte bei der Organisation von Hilfseinrichtungen<br />
für die Akademie, wie der Druckerei, der Gravierwerkstatt,<br />
der Buchhandlung und der Buchbinderei mit.<br />
Direktoren des Botanischen Gartens der Akademie der Wissenschaften<br />
waren im 18. Jahrhundert hauptsächlich Wissenschaftler<br />
deutscher Abstammung, darunter: J. Amman von<br />
1735 bis 1741, J. G. Siegesbeck von 1741 bis 1746, J. G. Gmelin<br />
1747, J. C. Hebenstreit von 1749 bis 1751 und 1756 bis 1759,<br />
J. G. Kölreuter von 1759 bis 1761, S. G. Gmelin 1767, J. Gärtner<br />
von 1768 bis 1770 und C. F. Wolf von 1770 bis 1773.<br />
Die wissenschaftlichen Kontakte zwischen Russland und<br />
Deutschland gestalteten sich im 18. Jahrhundert in den für<br />
jene Zeit traditionellen Formen: Wissenschaftler wurden zur<br />
Mitarbeit nach Russland eingeladen, russische Studenten<br />
studierten an deutschen und anderen europäischen Universitäten,<br />
Wissenschaftler führten eine rege Korrespondenz,<br />
um ihre Erkenntnisse miteinander auszutauschen, was im<br />
Wesentlichen die heutigen wissenschaftlichen Konferenzen<br />
und wissenschaftlichen Publikationen ersetzte.<br />
Der gebürtige Schweizer Leonhard Euler war eine zentrale<br />
Figur in der Entwicklung der deutsch-russischen Wissenschaftsbeziehungen<br />
in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.<br />
Er wirkte bei der Auswahl und Berufung von Wissenschaftlern<br />
für Russland mit, und bei ihm in Berlin lebten<br />
und studierten russische Studenten. Einen unschätzbaren<br />
Abb. 59, 60<br />
Abb. 61, 62<br />
Abb. 63–66<br />
сотрудник Академии наук. Он начал карьеру в России<br />
в должности библиотекаря книжного собрания<br />
Петра I и хранителя Кабинета редкостей (Кунсткамеры),<br />
находившегося при библиотеке. После открытия<br />
академии Библиотека и Кунсткамера стали одними<br />
из первых ее учреждений. Директором библиотеки<br />
Шумахер оставался до 1761 г. Он способствовал организации<br />
вспомогательных учреждений при академии:<br />
типографии, гравировальной палаты, книжной<br />
лавки и переплетной мастерской.<br />
Директорами Ботанического сада Академии наук<br />
в XVIII в. были в основном ученые немецкого происхождения:<br />
И. Амман (1735–1741), И. Г. Сигезбек<br />
(1741–1746), И. Г. Гмелин (1747), И. Х. Гебенштрейт<br />
(1749–1751, 1756–1759), И. Г. Кельрейтер (1759–<br />
1761), С. Г. Гмелин (1767), И. Гертнер (1768–1770),<br />
К. Ф. Вольф (1770–1773).<br />
Научные контакты России и Германии в XVIII в. выражались<br />
в традиционных для того времени формах:<br />
ученых приглашали для работы в Россию, русские<br />
студенты получали образование в германских и<br />
других европейских университетах, между учеными<br />
шла оживленная научная переписка с изложением<br />
собственных достижений, во многом заменявшая<br />
современные научные конференции и публикации<br />
в научных изданиях.<br />
Л. Эйлер, уроженец Швейцарии, стал центральной<br />
фигурой в развитии русско-немецких научных связей<br />
во второй половине XVIII в. Он принимал участие<br />
в подборе и приглашении ученых для России,<br />
у него в Берлине жили и учились русские студенты.<br />
Неоценимый вклад в изучение истории России и развитие<br />
научных контактов немецких университетов<br />
с Россией внес профессор истории Петербургской<br />
Академии наук Август Людвиг Шлецер (1735–1809).<br />
Илл. 59, 60<br />
Илл. 61, 62<br />
Илл. 63–66<br />
Илл. 67<br />
63<br />
63. Аптекарский огород на Аптекарском острове.<br />
Фрагмент плана С.-Петербурга<br />
Й. Делисле. 1737<br />
Apothekengarten auf der Apothekerinsel.<br />
Fragment des Plans von St. Petersburg.<br />
J. N. Delisle (L‘Isle). 1737<br />
64. Ботанический сад на Васильевском острове – детище И. Аммана.<br />
С гравюры Ф. Маттарнови. 1739<br />
Botanischer Garten auf der Wasiljewskij-Insel – ein Werk von J. Amman.<br />
Radierung von Ph. Mattarnovy. 1739<br />
64
65<br />
65, 66.<br />
Титульный лист и иллюстрации из труда И. Аммана о дикорастущих<br />
растениях России, напечатанного в академической типографии. 1739<br />
Titelblatt und Illustrationen aus J. Ammans Werk über wildwachsende<br />
Pflanzen Russlands, gedruckt in der Druckerei der Akademie. 1739<br />
66<br />
67 68<br />
67. А. Л. фон Шлёцер (1735–1809). Неизвестный художник. 1779.<br />
Коллекция Гёттингенского университета, Гёттинген<br />
A. L. von Schlözer (1735–1809). Maler unbekannt. 1779. Sammlung<br />
der Universität Göttingen<br />
68. Г. А. фон Мюнхгаузен (1688–1770), первый куратор Гёттингенского<br />
университета. Неизвестный художник. XVIII в. Городской музей,<br />
Гёттинген<br />
G. A. Freiherr von Münchhausen (1688–1770), erster Kurator der<br />
Georg-August Universität Göttingen. Maler unbekannt. 18. Jh.<br />
Stadtmuseum, Göttingen
Немцы в российской истории 37<br />
Beitrag zur Erforschung der Geschichte Russlands und zur<br />
Entwicklung der wissenschaftlichen Kontakte deutscher<br />
Universitäten mit Russland leistete der Professor für Geschichte<br />
an der Petersburger Akademie der Wissenschaften<br />
August Ludwig von Schlözer (1735–1809). In St. Petersburg<br />
bereitete er in den 1760er Jahren die Drucklegung bedeutender<br />
historischer Quellen vor, darunter die Nikonsche<br />
Chronik, die „Russkaja Prawda“ in einer Fassung der Akademie<br />
und die Gesetzessammlung Iwans des Schrecklichen.<br />
Außerdem erarbeitete er zwischen von 1763 bis 1764 eine<br />
Grammatik der russischen Sprache. An der ersten kritischen<br />
Ausgabe der Nestorchronik arbeitete Schlözer von<br />
1802 bis 1809 in Göttingen. Diese Arbeit war die erste<br />
grundlegende quellenkundliche Untersuchung in der russischen<br />
Geschichtswissenschaft, die großen Einfluss auf die<br />
nachfolgende Generation russischer Historiker hatte.<br />
Dank Schlözer wurden im letzten Drittel des 18. Jahrhundert<br />
die Kontakte zwischen Russland und der damals<br />
besten Universität Europas in Göttingen angebahnt, an der<br />
es ebenfalls bereits Tendenzen zu einer Annäherung gab.<br />
Die Tätigkeit Schlözers in St. Petersburg fiel zeitlich mit<br />
der Absicht des Kurators der Universität Göttingen, Baron<br />
G. A. von Münchhausen zusammen, die Göttinger Universität<br />
zu einem Zentrum für das Studium russischer Geschichte<br />
und Literatur zu machen. Genau hier gab es 1762 das erste<br />
Semester mit Vorlesungen zur russischen Geschichte. Damit<br />
war das Aufspüren von Quellen zur russischen Geschichte,<br />
u. a. auch in deutschen Archiven, die Schlözer vornehmen<br />
sollte, nicht nur für die Petersburger Akademie, sondern<br />
auch für die Universität Göttingen von Interesse.<br />
Als Schlözer 1765 St. Petersburg vorübergehend verließ,<br />
nahm er vier russische Studenten zum Studium an der<br />
Universität Göttingen mit. Das war der Beginn ständiger<br />
Kontakte, die sich im folgenden Jahrhundert fortsetzten. Die<br />
Studenten, die in den Folgejahren nach Göttingen kamen,<br />
Abb. 67<br />
Abb. 68, 69<br />
В Петербурге в 1760‐е гг. он подготовил к публикации<br />
важнейшие исторические источники: Никоновскую<br />
летопись, «Русскую правду» по Академическому<br />
списку, Судебник Ивана Грозного, составил<br />
грамматику русского языка (1763–1764). Первое критическое<br />
издание «Повести временных лет» Шлецер<br />
осуществил в Гёттингене (1802–1809). Работа явилась<br />
первым фундаментальным источниковедческим<br />
исследованием в российской исторической науке,<br />
оказавшим огромное влияние на последующее поколение<br />
русских историков.<br />
Во многом благодаря Шлецеру в последней трети<br />
XVIII в. были налажены связи между Россией<br />
и лучшим в Европе того времени Гёттингенским<br />
университетом, где наметились встречные<br />
тенденции к сближению. Деятельность Шлецера<br />
в Петербурге совпала по времени с появлением<br />
у куратора Гёттингенского университета, барона<br />
Г. А. фон Мюнхгаузена намерения сделать свой<br />
университет центром изучения русской истории и<br />
литературы. Именно здесь впервые был прочитан<br />
курс лекций по русской истории (1762). Поэтому<br />
выявление источников по русской истории, которое<br />
должен был провести Шлецер, в том числе и в немецких<br />
архивах, представляло интерес не только для<br />
Петербургской академии, но и для Гёттингенского<br />
университета.<br />
Временно покинув Петербург (1765), Шлецер взял<br />
с собой четырех русских студентов для обучения<br />
в университете. С этого времени начинается период<br />
постоянных контактов, продолжавшихся и в следующем<br />
столетии. Студенты, приезжавшие в Гёттинген<br />
в последующие годы, по-прежнему находили в лице<br />
ученого надежного покровителя. Шлецер, некогда<br />
обвиненный Ломоносовым в «презрении» ко всему<br />
Илл. 68, 69<br />
69. Здание Гёттингенского университета и<br />
библиотеки. С гравюры Г. Х. Грапе. 1815<br />
Göttinger Universitäts- und Bibliotheksgebäude.<br />
Kupferstich von H. Chr. Grape. 1815<br />
69
71<br />
70. Процессия студенческих корпораций в Гёттингене<br />
по случаю 100-летия университета 17 cентября 1837 г.<br />
С литографии К. Роде. 1837<br />
Prozession der studentischen Korporationen in Göttingen anlässlich<br />
des 100jährigen Universitäts-Jubiläums am 17. September 1837.<br />
Nach einer Lithographie von C. Rohde. 1837<br />
70<br />
71. Академия наук и Кунсткамера. С гравюры Г. Качалова по рисунку<br />
М. Махаева. Фрагмент. 1761<br />
Akademie der Wissenschaften und Kunstkammer. Radierung von<br />
G. Katschalow nach einer Zeichnung von M. Machajew. Fragment. 1761<br />
72<br />
72. Карта академических путешествий в Российской империи в XVIII в.: Д. Мессершмидт, И. Гмелин, Г. Стеллер,<br />
П. Паллас, С. Гмелин, И. Гюльденштедт, И. Георги, И. Фальк, И. Лепехин, В. Зуев, Н. Рычков. [1785]<br />
Landkarte zur Übersicht der akademischen Reisen im Russischen Reich in 18 Jh.: D. Messerschmidt, J. Gmelin,<br />
G. Steller, P. Pallas, S. Gmelin, J. Güldenstädt, J. Georgi, J. Falck, I. Lepjochin, W. Sujew, N. Rytschkow. [1785]<br />
73<br />
73. Венерин башмачок. Рисунок из материалов экспедиции Д. Мессершмидта. С рисунка К. Шульмана. 1720.<br />
С.‐Петербургский филиал архива РАН, С.-Петербург<br />
Cypripedium macranthon. Sammlung der Expedition von D. Messerschidt. Zeichnung K. Schulmann. 1720.<br />
St. Petersburger Filiale des Archivs der Russischen Akademie der Wissenschaften, St. Petersburg
Немцы в российской истории 39<br />
fanden in dem Wissenschaftler stets einen zuverlässigen Betreuer.<br />
Schlözer, dem Lomonossow seinerzeit Verachtung für<br />
alles Russische vorgeworfen hatte, erwies sich in Wirklichkeit<br />
als glühender russischer Patriot, der sich um mehrere<br />
Generationen russischer Burschen kümmerte, die an der<br />
Universität studierten. Zu seinen Schülern gehörten spätere<br />
russische Akademiemitglieder, Universitätsprofessoren,<br />
Staatsmänner und Personen des öffentlichen Lebens.<br />
Schlözers Engagement führte 1804 zur Gründung der ersten<br />
universitären Wissenschaftsgesellschaft Russlands, der<br />
„Gesellschaft für Geschichte und russische Altertümer“.<br />
In einer seiner Reden schlug der Wissenschaftler vor, „die<br />
Regierungszeit Alexanders I. durch die Herausgabe einer<br />
vollständigen Sammlung aller erhalten gebliebenen alten<br />
Chroniken zu verewigen“. Die Idee stieß auf Zustimmung. Zu<br />
deren Umsetzung sollte eine wissenschaftliche Gesellschaft<br />
gegründet werden, mit deren Organisation die Moskauer<br />
Universität beauftragt wurde.<br />
Wissenschaftliche Expeditionen<br />
im 18. Jahrhundert<br />
Wissenschaftler deutscher Herkunft beteiligten sich aktiv<br />
an Expeditionen der Akademie, mit denen der Grundstein<br />
zur regelmäßigen Erforschung der gewaltigen russischen<br />
Gebiete gelegt wurde.<br />
Besonders reichhaltiges und unterschiedlichstes Material<br />
wurde von den Teilnehmern der Zweiten Kamtschatka-Expedition<br />
(der Großen Nordexpedition) zwischen 1733 und<br />
1743 gesammelt. Ihre Forschungsgruppen zogen entlang<br />
der arktischen Küste Sibiriens bis zur Küste Nordamerikas<br />
und Japans. Die Leistungen von G. F. Müller, J. G. Gmelin,<br />
G. W. Steller, J. E. Fischer und anderer Wissenschaftler<br />
bildeten den Auftakt für die wissenschaftliche Erforschung<br />
Sibiriens, seiner Geschichte und Natur.<br />
Gerhard Friedrich Müller, russ.: Fjodor Iwanowitsch (1705–<br />
1783), Historiker und seit 1725 ordentliches Mitglied der<br />
Akademie der Wissenschaften kam als 20-jähriger junger<br />
Mann aus Herford in Westfalen nach Russland. Während<br />
der Expedition leitete er eine Gruppe, untersuchte und<br />
beschrieb die Archive von mehr als 20 Städten und trug<br />
eine umfangreiche Sammlung von Dokumentenkopien zur<br />
russischen Geschichte zusammen. Das Hauptwerk seines<br />
Lebens war die mehrbändige „Geschichte Sibiriens“, die<br />
1750 erstmals in russischer Sprache unter dem Titel „Beschreibung<br />
des Sibirischen Reiches und aller darin erfolgten<br />
Dinge von Anbeginn“ erschien. Ursprünglich unterrichtete<br />
Müller am Gymnasium der Akademie, war Gehilfe des Bibliothekars<br />
der Akademie Johann Daniel Schumacher und<br />
wirkte bei der Einrichtung des Akademiearchivs und der Bibliothek<br />
mit. 1728 gründete er unter dem Titel „Monatliche<br />
historische, genealogische und geografische Notizen in den<br />
Nachrichten“, eine Monatsbeilage zu den „St. Petersburger<br />
Nachrichten“. Das war die erste russische populärwissenschaftliche<br />
und Literaturzeitschrift. 1732 wurde von ihm<br />
die erste russische historische Zeitschrift, die „Sammlung<br />
russischer Geschichte“ gegründet, in der erstmals, in deutscher<br />
Sprache, Auszüge aus der „Ersten russischen Chronik“<br />
veröffentlicht wurden.<br />
Abb. 70, 71<br />
Abb. 72, 73<br />
Abb. 74<br />
Abb. 75<br />
Abb. 76<br />
русскому, на деле оказался искренним русским патриотом,<br />
взяв на себя заботу о нескольких поколениях<br />
русских юношей, обучавшихся в университете.<br />
Его учениками были будущие российские академики,<br />
профессора университетов, общественные и государственные<br />
деятели.<br />
Активность Шлецера привела к возникновению<br />
первого в России университетского научного общества<br />
– Общества истории и древностей российских<br />
(1804). В одном из обращений ученый предлагал<br />
«увековечить царствование императора Александра<br />
I выпуском полного свода всех сохранившихся<br />
древних летописей». Идея была одобрена. Для<br />
ее осуществления планировалось создать научное<br />
общество, организация которого была доверена Московскому<br />
университету.<br />
Экспедиционная деятельность<br />
ученых в XVIII в.<br />
Ученые немецкого происхождения приняли деятельное<br />
участие в академических экспедициях, положивших<br />
начало регулярному изучению огромных<br />
российских пространств.<br />
Особенно богатый и разнообразный материал получен<br />
участниками Второй Камчатской (Великой<br />
Северной) экспедиции (1733–1743). Ее отряды<br />
были направлены вдоль арктического побережья<br />
Сибири, к берегам Северной Америки и Японии.<br />
Усилиями Г. Ф. Миллера, И. Г. Гмелина, Г. В. Стеллера,<br />
И. Э. Фишера и других ученых было положено<br />
начало научному изучению Сибири, ее истории и<br />
природы.<br />
Герхард Фридрих Миллер (Федор Иванович, 1705–<br />
1783), историк, действительный член Академии<br />
наук с 1725 г., прибыл в Россию 20-летним юношей<br />
из Герфорда (Вестфалия). Во время экспедиции, возглавляя<br />
отряд, он обследовал и описал архивы более<br />
20 городов, собрал огромную коллекцию копий<br />
документов по русской истории. Главным трудом<br />
его жизни стала многотомная «История Сибири»,<br />
впервые изданная на русском языке в 1750 г. под<br />
названием «Описание сибирского царства и всех<br />
происшедших в нем дел от начала». Первоначально<br />
Миллер преподавал в академической гимназии, был<br />
помощником академического библиотекаря Шумахера,<br />
участвовал в организации академического архива<br />
и библиотеки. В 1728 г. основал приложение<br />
к «Санкт-Петербургским ведомостям» – «Месячные<br />
исторические, генеалогические и географические<br />
примечания в Ведомостях», ставшее первым русским<br />
литературным и научно-популярным журналом.<br />
В 1732 г. он основал первый русский исторический<br />
журнал «Sammlung Russischer Geschichte» («Собрание<br />
русской истории»), где впервые (на немецком<br />
языке) были опубликованы отрывки из «Начальной<br />
русской летописи».<br />
Помощником Миллера во время экспедиции<br />
был академик Иоганн Георг Гмелин (1709–1755),<br />
Илл. 70, 71<br />
Илл. 72, 73<br />
Илл. 74<br />
Илл. 75<br />
Илл. 76<br />
Илл. 77
75<br />
76<br />
74. Г. Ф. Миллер (1705–1783). Э. В. Козлов.<br />
Конец ХХ в. С.‐Петербургский государственный<br />
университет, С.‐Петербург<br />
G. F. Müller (1705–1783). E. W. Koslow.<br />
Ende 20. Jh. St. Petersburger Staatsuniversität,<br />
St. Petersburg<br />
74<br />
75. Титульный лист сочинения Г. Миллера «Описание сибирского царства …»,<br />
напечатанного в академической типографии. 1750<br />
Titelblatt G. Müllers „Beschreibung des Sibirischen Zarenreiches…“,<br />
gedruckt in der Druckerei der Akademie 1750<br />
76. «Собрание русской истории», печатавшееся при Академии наук в 1732–1766 гг.<br />
„Sammlung russischer Geschichte“, veröffentlich von der Akademie 1732–1766<br />
78<br />
79<br />
80<br />
77. И. Г. Гмелин (1709–1755). С гравюры И. Я. Гайда.<br />
Середина XVIII в.<br />
J. G. Gmelin (1709–1755). Schabkunstblatt von J. Ja. Haid.<br />
Mitte 18. Jh.<br />
77<br />
78. Титульный лист труда И. Г. Гмелина «Путешествие по Сибири»,<br />
изданного в Гёттингене. 1752<br />
Titelblatt des Werkes J.G. Gmelins „Reise durch Sibirien“.<br />
Veröffentlicht in Göttingen. 1752<br />
79, 80.<br />
Страницы из труда И. Г. Гмелина «Флора Сибири». 1747<br />
Auszug aus J. G. Gmelins „Flora Sibirica“. 1747
Немцы в российской истории 41<br />
Müllers Mitarbeiter während der Expedition war Akademiemitglied<br />
Johann Georg Gmelin (1709–1755), geboren<br />
in Tübingen. Zwischen 1751 und 1755 veröffentlichte er in<br />
Göttingen sein vierbändiges Expeditionstagebuch „Reise durch<br />
Sibirien von dem Jahr 1733 bis 1743“. Darin hatte er auch<br />
Aufzeichnungen festgehalten, in denen er sich missbilligend<br />
über die Arbeit russischer Behörden in Sibirien äußerte, was<br />
die russische Regierung erregte. In der Akademie der Wissenschaften<br />
wurde beschlossen, die Ausführungen Gmelins zu<br />
dementieren. Den Text dazu sollten G. F. Müller und M. W. Lomonossow<br />
verfassen. Beide weigerten sich. Aus Gründen der<br />
Zensur wurden die Bücher nicht ins Russische übersetzt. Erst<br />
vor kurzem, im Jahre 2009, erschien in St. Petersburg eine<br />
Reprint-Ausgabe. Zwischen 1747 und 1769 gab die Akademie<br />
der Wissenschaften das Hauptwerk Gmelins „Flora Sibirica“<br />
heraus. Das vierbändige Werk beinhaltet 294 Abbildungen<br />
und 1 178 Beschreibungen von Pflanzenarten, von denen<br />
500 überhaupt zum ersten Mal beschrieben wurden.<br />
Auf der Liste der herausragenden Teilnehmer der Kamtschatka-Expedition<br />
steht auch der Name des aus Franken<br />
stam menden Naturforschers Georg Steller (1709–1746),<br />
der als Regimentsarzt nach Russland kam. Er schloss sich<br />
1737 in Sibirien der Expedition an. Zu seinen Verdiensten<br />
gehört die Erforschung Jakutiens, Kamtschatkas und<br />
Nordwestamerikas. Er verfasste als erster ein Werk über<br />
die Tierwelt Russlands unter dem Titel „De bestiis marinis“,<br />
und von ihm stammt auch die erste ethnographische<br />
Beschreibung der Alëuten. 1741 entdeckte er ein heute<br />
bereits ausgestorbenes Seesäugetier, das ihm zu Ehren den<br />
Namen Stellersche Seekuh erhielt.<br />
1767 setzte eine neue Welle wissenschaftlicher Expeditionen<br />
ein, die unter der Schirmherrschaft Katharinas II. organisiert<br />
wurden. Die Forschungsgruppen unter der Leitung von<br />
P. S. Pallas, S. G. Gmelin, J. G. Georgi, J. P. Falk, I. I. Lepjochin<br />
und J. A. Güldenstädt erforschten im Laufe von sieben<br />
Abb. 77<br />
Abb. 78<br />
Abb. 79, 80<br />
Abb. 81<br />
Abb. 82<br />
Abb. 83<br />
уроженец Тюбингена. В 1751–1755 гг. в Гёттингене<br />
он опубликовал в 4‐х томах свои экспедиционные<br />
дневники «Reise durch Sibirien von dem Jahr<br />
1733 bis 1743» («Путешествие по Сибири с 1733<br />
по 1743 гг.»). В них содержались записи c неодобрительными<br />
отзывами о деятельности российских<br />
властей в Сибири, что вызвало раздражение у российского<br />
правительства. Академия наук приняла<br />
решение выступить с опровержением Гмелина, написать<br />
которое было поручено Г. Ф. Миллеру и<br />
М. В. Ломоносову. Они отказались. По цензурным<br />
соображениям книги на русский язык не переводились.<br />
Лишь в 2009 г. в Петербурге вышло их<br />
репринтное издание. В 1747–1769 гг. Академия наук<br />
издала главный труд Гмелина «Флора Сибири».<br />
В 4-томное издание включены изображения 294 и<br />
описание 1 178 видов растений, из которых более<br />
500 были описаны впервые.<br />
В списке выдающихся участников Камчатской экспедиции<br />
стоит имя естествоиспытателя Георга Стеллера<br />
(1709–1746), уроженца Франконии, попавшего<br />
в Россию в качестве полкового врача. Он примкнул<br />
к экспедиции в 1737 г. уже в Сибири. В числе его<br />
заслуг изучение Якутии, Камчатки, Северо-Западной<br />
Америки. Он первым составил труд по фауне России<br />
«Морские животные», ему же принадлежит<br />
первое научное этнографическое описание алеутов.<br />
В 1741 г. им открыто ныне вымершее морское млекопитающее,<br />
получившее название в честь ученого –<br />
Стеллерова корова.<br />
С 1767 г. началась новая волна академических экспедиций,<br />
организованных под покровительством Екатерины<br />
II. Отряды под руководством П. С. Палласа,<br />
С. Г. Гмелина, И. Г. Георги, И. П. Фалька, И. И. Лепехина,<br />
И. А. Гильденштедта в течение 7 лет (1768–1774)<br />
Илл. 78<br />
Илл. 79, 80<br />
Илл. 81<br />
Илл. 82<br />
Илл. 83<br />
83<br />
81 82<br />
81. Титульный лист труда Г. Стеллера «Описание земли Камчатка»,<br />
изданного в Германии. 1774<br />
Titelblatt des Werkes G. Stellers „Beschreibung von dem Lande<br />
Kamtschatka“, herausgegeben in Deutschland. 1774<br />
82. Титульный лист сочинения Г. Стеллера «Описание странных морских<br />
животных», напечатанного в Галле. 1753<br />
Titelblatt des Werkes von G. Steller «Beschreibung von sonderbaren<br />
Meerthieren». Gedruckt in Halle. 1753<br />
83. Стеллерова корова. Фрагмент карты восточного побережья<br />
Камчатки. С рисунка С. Хитрова. 1744. Центральный военноморской<br />
архив, С.‐Петербург<br />
Stellersche Seekuh. Ausschnitt aus einer Karte der Ostküste von<br />
Kamtschatka. Nach einer Zeichnung von S. Chitrow. 1744. Zentrales<br />
Kriegsmarine-Archiv, St. Petersburg
42 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 84<br />
Abb. 85<br />
Abb. 86, 87<br />
Abb. 88<br />
Abb. 89–92<br />
Jahren, von 1768 bis 1774, solche gewaltigen Gebiete wie das<br />
Gouvernement Archangelsk, die Nordpolarmeerküste von<br />
der Dwina bis zum Ural, die Wolgaregion und die Gebiete<br />
hinter der Wolga, Baschkirien, den Südural, den Altai, das<br />
südliche Sibiren bis hinter den Baikalsee, die Kaspische Küste,<br />
den Nordkaukasus, Georgien, das Gebiet am Asowschen<br />
Meer, den Schwarzmeerraum und das Krim-Khanat. Eines<br />
der wichtigsten Ergebnisse dieses Großvorhabens war 1776<br />
die Herausgabe der neuen „Generalkarte Russlands“.<br />
Von großer Bedeutung für die russische Wissenschaft war<br />
das Wirken des Naturforschers Peter Simon Pallas (1741–<br />
1811), der 33 Jahre, von 1767 bis 1810, in Russland lebte<br />
und sich mit Botanik, Zoologie, Geologie, Geographie und<br />
anderen Wissensgebieten befasste. Die von ihm geleitete<br />
Expedition durchstreifte von 1768 bis 1774 das Gebiet am<br />
Unterlauf der Wolga, den Ural, Westsibirien, den Altai und<br />
Transbaikalien. Von 1793 bis 1794 setzte er seine Untersuchungen<br />
am Unterlauf der Wolga, im Nordkaukasus und<br />
auf der Krim fort. Der von Pallas verwandte Ansatz bei der<br />
Beschreibung von Tierarten (Lebensraum, genetische Variabilität,<br />
Wanderverhalten, Ernährung, Verhaltensweise) lässt<br />
in seinen Werken Anfänge der Biogeographie und Ökologie<br />
erkennen. Das Fazit seines Lebens bildete die fundamentale<br />
Arbeit „Zoographia Rosso Asiatica“, die 1811 zum Druck<br />
vorbereitet wurde, aufgrund von Schwierigkeiten bei der<br />
Herstellung der Abbildungen jedoch erst 20 Jahre später<br />
das Licht der Welt erblickte. Sie enthielt die Beschreibungen<br />
von über 900 Tierarten und blieb bis Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
das Hauptwerk über die Tierwelt Russlands.<br />
Akademiemitglied Johann Gottlieb Georgi (1729–1802),<br />
Teilnehmer der ersten Expedition Pallas’, erforschte und<br />
beschrieb die Natur am Baikalsee und veröffentlichte die<br />
erste in Russland verallgemeinernde ethnographische Arbeit<br />
unter dem Titel „Rußland, Beschreibung aller Nationen des<br />
russischen Reichs, ihrer Lebensart, Religionen, Gebräuche,<br />
Илл. 84<br />
Илл. 85<br />
Илл. 86, 87<br />
Илл. 88<br />
Илл. 89–92<br />
исследовали огромные территории: Архангельскую<br />
губернию, побережье Ледовитого океана от Двины<br />
до Урала, Поволжье и заволжские территории,<br />
Башкирию, Южный Урал, Алтай, Южную Сибирь<br />
до Забайкалья, Каспийское побережье, Северный<br />
Кавказ, Грузию, Приазовье, Причерноморье, Крымское<br />
ханство. Одним из важнейших результатов этого<br />
предприятия стало издание новой «Генеральной<br />
карты России» (1776).<br />
Значимой для российской науки стала деятельность<br />
естествоиспытателя Петра Симона Палласа<br />
(1741–1811), прожившего в России 33 года (1767–<br />
1810) и проявившего себя в ботанике, зоологии,<br />
геологии, географии и других областях научного<br />
знания. Возглавляемая им экспедиция (1768–1774)<br />
побывала в Нижнем Поволжье, на Урале, в Западной<br />
Сибири, на Алтае и в Забайкалье, в 1793–1794 гг.<br />
он также обследовал Нижнее Поволжье, Северный<br />
Кавказ и Крым. Примененный Палласом подход<br />
в описании видов животных (ареал, изменчивость,<br />
миграция, питание, поведение) позволяет усматривать<br />
в его трудах зарождение идей биогеографии и<br />
экологии. Итогом его жизни стала фундаментальная<br />
работа «Зоография» («Zoographia»), подготовленная<br />
в 1811 г., но из-за сложности изготовления иллюстраций<br />
изданная спустя 20 лет. Она содержала описание<br />
более 900 видов животных и до начала ХХ в. оставалась<br />
главным трудом о животных России.<br />
Участник первой экспедиции Палласа академик Иоганн<br />
Готлиб Георги (1729–1802) исследовал и описал<br />
природу озера Байкал и Забайкалья, издал первую<br />
в России обобщающую этнографическую работу<br />
«Описание всех в Российском государстве обитающих<br />
народов». В честь ученого названо завезенное<br />
из Мексики растение – георгин.<br />
84. П. С. Паллас (1741–1811).<br />
Я. Вебер. 1926. Краеведческий<br />
музей, Энгельс<br />
P. S. Pallas (1741–1811).<br />
Ja. Weber. 1926. Heimatkunde-<br />
Museum in Engels<br />
85. Титульный лист одного<br />
из сочинений П. С. Палласа<br />
о флоре России. 1784<br />
Titelblatt aus einem Werk<br />
von P. S. Pallas über die Flora<br />
Russlands. 1784<br />
85<br />
84
86<br />
87<br />
86. Титульный лист сочинения<br />
П. С. Палласа «Путешествие по разным<br />
провинциям Российской империи»,<br />
изданного при Академии наук. 1773<br />
Titelblatt des Werkes von P. S. Pallas<br />
„Reisen durch verschiedene Provinzen<br />
des Russischen Reiches“, herausgegeben<br />
von der Akademie. 1773<br />
87. Крымский верблюд. С гравюры<br />
Х. Г. Гейслера. 1793–1794<br />
Das zweibucklige krimsche Kamel.<br />
Radierung von Ch. G. Geissler.<br />
1793–1794<br />
89<br />
90<br />
91<br />
92<br />
88<br />
88. И. Г. Георги (1729–1802). С гравюры XVIII в.<br />
J. G. Georgi (1729–1802). Radierung. 18. Jh.<br />
Иллюстрации из книги Г. Георги «Описание всех в Российском государстве<br />
обитающих народов». С гравюр Х. Рота и Д. Шлеппера. 1776–1780<br />
Illustrationen aus dem Werk von G. Georgi „Beschreibung aller im Russischen Reich<br />
lebenden Völker“. Radierungen von Ch. Rot und D. Schlepper. 1776–1780<br />
89. Мордовка / Eine Morduanerin (Mordwinin)<br />
90. Мечерячка / Eine Metscheräkin<br />
91. Русский крестьянин / Ein russischer Bauer<br />
92. Мокшанка / Eine Mockschanka (Mokschanin)
44 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 93<br />
Abb. 94<br />
Wohnungen, Kleidungen und übrigen Merkwürdigkeiten“.<br />
Nach ihm wurde eine aus Mexiko eingeführte Pflanze, die in<br />
Deutschland als Dahlie bekannt ist, Georgine genannt.<br />
Eine Expedition nach Südrussland und Persien unternahm<br />
von 1769 bis 1773 der Naturforscher und Forschungsreisende,<br />
Dr. med. Samuel Gottlieb Gmelin (1745–1774), der<br />
1767 von der Akademie der Wissenschaften dazu eingeladen<br />
worden war. Im Ergebnis dieser Forschungsreise entstand<br />
sein Werk mit dem Titel „Reise durch Russland zur Untersuchung<br />
der drey Naturreiche“, das von der Akademie<br />
in drei Bänden in deutscher und danach vierbändig in<br />
russischer Sprache herausgegeben wurde und sich großer<br />
Bekanntheit erfreute. 1774 wurde die von Gmelin geführte<br />
Forschungsgruppe ausgeraubt, er selbst geriet bei Derbent<br />
in die Hände des Khans und starb an Erschöpfung.<br />
Das aus Riga stammende Akademiemitglied J. A. Güldenstädt<br />
(1745–1781), ein Biologe, unternahm im Auftrag<br />
der Akademie der Wissenschaften von 1768 bis 1775 im<br />
Rahmen der Expedition Gmelins eine Forschungsreise ins<br />
Gouvernement Astrachan und in den Kaukasus. Sein Expeditionstagebuch<br />
war die erste systematische Beschreibung<br />
der Pflanzen- und Tierwelt des Kaukasus.<br />
DEUTSCHE WISSENSCHAFTLER<br />
RUSSLANDS IM 19. JAHRHUNDERT<br />
Die Wissenschaft des 19. Jahrhunderts hat ebenfalls einer<br />
großen Zahl herausragender russischer Wissenschaftler<br />
deutscher Abstammung viel zu verdanken. Viele wichtige<br />
wissenschaftliche Entdeckungen sind Wissenschaftlern mit<br />
einem deutschen Namen zuzuordnen. So formulierte der<br />
Physiker Akademiemitglied Heinrich Friedrich Emil Lenz,<br />
(1804–1865) das Gesetz über die thermische Wirkung von<br />
elektrischem Stroms und leitete die Grundregel zur Bestimmung<br />
der Flussrichtung induzierter Ströme ab. Der aus<br />
Илл. 93<br />
Илл. 94<br />
Экспедицию на юг России и в Персию предпринял<br />
в 1769–1773 гг. натуралист-путешественник, доктор<br />
медицины Самуил Георг Гмелин (1745–1774), приглашенный<br />
для этой цели Академией наук (1767).<br />
Итогом путешествия стал труд под названием «Путешествие<br />
по России для исследования трех царств<br />
природы» («Reise durch Russland zur Untersuchung der<br />
drey Naturreiche»), изданный академией в 3‐х томах<br />
на немецком, а затем в 4‐х томах и на русском языке,<br />
и получивший широкую известность. В 1774 г. отряд,<br />
возглавляемый Гмелиным, был ограблен, а сам<br />
он в окрестностях Дербента попал в плен к хану, где<br />
умер от истощения.<br />
Академик Иоганн Антон Гильденштедт (1745–1781),<br />
уроженец Риги, биолог, по заданию Академии наук<br />
в 1768–1775 гг. совершил путешествие в составе<br />
экспедиции Гмелина в Астраханскую губернию и<br />
на Кавказ. Его экспедиционный дневник стал первым<br />
систематическим описанием кавказской флоры<br />
и фауны.<br />
Немецкие ученые России<br />
в XIX в.<br />
Наука XIX в. также во многом обязана плеяде<br />
выдающихся российских ученых немецкого происхождения.<br />
Многие важные научные открытия<br />
принадлежат носителям немецких имен. Физик,<br />
академик Эмилий Христианович Ленц (1804–1865)<br />
сформулировал закон теплового действия тока и<br />
вывел фундаментальное правило, определяющее направление<br />
индуцированных токов. Физик, электротехник<br />
Борис Семенович Якоби (Мориц Герман,<br />
1801–1874), уроженец Потсдама и выпускник Гёттингенского<br />
университета, в 1837 г. был приглашен<br />
93 94<br />
93. Титульный лист сочинения Гюльденштедта «Путешествие по России и в Кавказских горах», напечатанного при Академии наук. 1787<br />
Titelblatt des Werkes von Güldenstädt „Reisen durch Rußland und im Caucasischen Gebürge“. Veröffentlicht von der Akademie. 1787<br />
94. Новое здание Академии наук (1783–1789) и Кунсткамера. С гравюры Ф. Дюрфельдта. 1792<br />
Das neue Gebäude der Akademie der Wissenschaften (1783–1789) und die Kunstkammer. Radierung von F. Dürfeldt. 1792
Немцы в российской истории 45<br />
Potsdam gebürtige Physiker und Elektrotechniker Moritz<br />
Hermann Jacobi (1801–1874), Absolvent der Universität<br />
Göttingen, wurde 1837 nach St. Petersburg eingeladen. Seine<br />
Leistung waren die Erfindung der Galvanoplastik und die<br />
Entwicklung eines Fernschreibgerätes.<br />
Der Physiker, Chemiker, Mineraloge und Meteorologe Akademiemitglied<br />
Adolph Theodor Kupffer (1799–1865) nahm<br />
1821 erstmals eine genaue kristallographische Vermessung<br />
verschiedener Mineralien vor. 1829 führte er erstmals in<br />
Russlands eine Luftanalyse und im selben Jahr ebenfalls als<br />
Erster eine thermische Analyse von Metalllegierungen durch.<br />
1849 regte er den Bau eines physikalischen Hauptobservatoriums<br />
an und wurde dessen erster Direktor. Kupffer legte<br />
die Grundlagen für den russischen Wetterdienst und nahm<br />
während des Krimkrieges ein System zur telegrafischen Übermittlung<br />
von Wetterdaten in Betrieb. Von ihm stammte der<br />
Plan für die Einführung eines einheitlichen Maßsystems für<br />
das gesamte russische Territorium. Er leitete die Entwicklung<br />
eines wissenschaftlich fundierten Systems russischer Maße<br />
und schuf die ersten Eichmaße für Masse- Längeneinheiten:<br />
Platin-Pfund und Platin-Saschen als Eichmaße für Masse und<br />
Länge sowie Mustermaße für das Volumen in Form von Kübel<br />
und Scheffel. Die Ergebnisse seiner Arbeiten erhielten 1835<br />
per kaiserlichen Erlass Gesetzeskraft. Nach einem Entwurf<br />
Kupffers wurde auch ein Eichamt gegründet.<br />
Der Bau und die Eröffnung des Pulkowo-Observatoriums<br />
im Jahre 1839 sowie die ersten Jahrzehnte seines Bestehens<br />
sind mit dem Namen von Akademiemitglied Friedrich Georg<br />
Wilhelm Struve (1793–1864), einem Fachmann für Astronomie<br />
und Geodäsie, verbunden. Struve, der aus Altona in<br />
Deutschland stammte, absolvierte 1810 die Universität Dorpat<br />
und wurde 1832 zum ordentlichen Mitglied der Akademie<br />
der Wissenschaften gewählt. Von 1818 bis 1838 leitete Struve<br />
das Observatorium in Dorpat und von 1839 bis 1862 das Pulkowo-Observatorium.<br />
Nach seinen Vorgaben wurden für das<br />
neue Observatorium astronomische Geräte angefertigt, deren<br />
Bauweise von ihm wesentlich verbessert wurde. Dank der<br />
außerordentlichen Ergebnisse in der Grundlagenastrometrie,<br />
bei der Bestimmung der Koordinaten von Himmelskörpern,<br />
und bei der Zusammenstellung von Sternkatalogen erwarb<br />
sich das Pulkowo-Observatorium den Ruf als „Astronomie-<br />
Metropole der Welt“. Einen herausragenden Beitrag leistete<br />
der Wissenschaftler auf dem Gebiet der Geodäsie und praktischen<br />
Astronomie. Unter der Leitung Struves und des Militärgeodäten<br />
General K. I. Tenner wurde zwischen 1816 und 1855<br />
eines der weltweit bekanntesten Vorhaben, die Gradmessung<br />
des Meridianbogens von Hammerfest am Nordpolarmeer<br />
in Norwegen bis Staraja Nekrassowka in der Ukraine im<br />
Donau-Delta realisiert, womit eigentlich fast ein Vierzehntel<br />
des Erdumkreises vermessen wurde. Diese Messung wurde in<br />
wissenschaftlichen Kreisen als russischer Meridianbogen oder<br />
Struve-Bogen bekannt. Zweiter Direktor des Observatoriums<br />
wurde Struves Sohn, Akademiemitglied Otto Wilhelm Struve<br />
(1819–1905). Das Geschlecht der russischen Familie Struve<br />
geht auf einen deutschen Bauern namens Jakob Struve zurück.<br />
Viele Mitglieder dieser Familie haben sich einen Namen als<br />
Wissenschaftler gemacht. Die vom älteren Struve begonnene<br />
Bestimmung der exakten Sternenkoordinaten wurde später<br />
von seinem Sohn fortgesetzt.<br />
Abb. 95, 96<br />
Abb. 97<br />
Abb. 98<br />
Abb. 99<br />
Abb. 100<br />
Abb.<br />
101–103<br />
Abb. 104<br />
в Петербург. В числе его заслуг изобретение техники<br />
гальванопластики и буквопечатающего телеграфного<br />
аппарата.<br />
Академик Адольф Яковлевич Купфер (1799–1865),<br />
физик, химик, минералог и метеоролог, впервые<br />
произвел точные кристаллографические измерения<br />
различных минералов (1821) и первый в России<br />
анализ воздуха (1829), впервые ввел термический<br />
анализ металлических сплавов (1829), был инициатором<br />
строительства Главной физической обсерватории<br />
(1849) и ее первым директором. Купфер<br />
заложил основы российской службы погоды, введя<br />
в действие во время Крымской войны систему телеграфных<br />
сообщений о погоде. Он предложил план<br />
введения единой системы мер на всей территории<br />
России, руководил разработкой научно обоснованной<br />
системы российских мер и созданием первых<br />
эталонов единиц массы и длины – платиновых фунта<br />
и сажени, а также образцовых мер объема – ведра<br />
и четверика. Результаты его работ были узаконены<br />
императорским указом (1835). По проекту Купфера<br />
создана Палата мер и весов.<br />
Постройка и открытие в 1839 г. Пулковской астрономической<br />
обсерватории и первые десятилетия<br />
ее существования связаны с именем академика<br />
Василия Яковлевича Струве (Фридрих Георг Вильгельм,<br />
1793–1864), специалиста в области астрономии<br />
и геодезии. Родившийся в Альтоне (Германия),<br />
он окончил Дерптский университет (1810), в 1832 г.<br />
был избран в действительные члены Академии наук.<br />
В 1818–1838 гг. Струве возглавлял обсерваторию<br />
в Дерпте, а в 1839–1862 гг. – Пулковскую обсерваторию.<br />
По его указаниям для новой обсерватории<br />
были изготовлены астрономические инструменты,<br />
в конструкцию которых он внес много усовершенствований.<br />
Благодаря выдающимся результатам<br />
по фундаментальной астрометрии, определению<br />
координат небесных светил и составлению<br />
звездных каталогов, Пулковская обсерватория завоевала<br />
славу «астрономической столицы мира».<br />
Выдающийся вклад был сделан ученым в области<br />
геодезии и практической астрономии. Под руководством<br />
Струве и военного геодезиста генерала<br />
К. И. Теннера в 1816–1855 гг. была выполнена одна<br />
из самых известных в мире работ – проведено градусное<br />
измерение дуги меридиана, простирающейся<br />
от Северного Ледовитого океана (г. Гаммерфест,<br />
Норвегия) до устья Дуная (с. Старая Некрасовка,<br />
Украина), т. е. измерена почти 1/14 окружности<br />
земного шара. Измерение получило широкую научную<br />
известность под названием «русская дуга<br />
меридиана», «дуга Струве». Вторым директором<br />
обсерватории стал сын В. Струве академик Отто<br />
Вильгельм Струве (1819–1905). Российский род<br />
Струве берет начало от немецкого крестьянина<br />
Якоба Струве. Многие представители этого рода<br />
прославились в науке. При старшем Струве были<br />
начаты, а его сыном продолжены определения точных<br />
координат звезд.<br />
Илл. 95, 96<br />
Илл. 97<br />
Илл. 98<br />
Илл. 99<br />
Илл. 100<br />
Илл.<br />
101–103<br />
Илл. 104
96<br />
95. А. Я. Купфер (1799–1865). XIX в. Метеорологический<br />
музей Главной геофизической обсерватории<br />
им. А. Воейкова, С.‐Петербург<br />
A. Ja. Kupffer (1799–1865). 19. Jh. Meteorologisches<br />
Museum des geophysikalischen Hauptobservatoriums<br />
A. Wojejkow, St. Petersburg<br />
96. Титульный лист «Свода магнитных<br />
и метеорологических наблюдений за 1845 г.»,<br />
изданного под руководством А. Купфера. 1848<br />
Titelblatt des „Berichts über magnetische und<br />
meteorologische Beobachtungen im Jahre 1845“;<br />
veröffentlicht unter der Leitung von A. Kupffer. 1848<br />
95<br />
97<br />
97. Главная физическая обсерватория в С.-Петербурге,<br />
построенная в 1849 г. Фото. 2010<br />
Physikalisches Hauptobservatorium in St. Petersburg.<br />
Errichtet 1849. Foto. 2010<br />
98. В. Струве (1793–1864). С литографии А. Мюнстера. 1860-е гг.<br />
W. Struve (1793–1864). Nach einer Lithographie<br />
von A. Münster. 1860er Jahre<br />
98
100<br />
99<br />
99. Титульный лист сочинения В. Струве «Описание обсерватории Пулково»<br />
с ее изображением. 1845<br />
Titelblatt des Werkes von W. Struve „Beschreibung des Observatoriums Pulkowo“<br />
mit dessen Ansicht. 1845<br />
100. Большой вертикальный круг Пулковской обсерватории. Фото. 2010<br />
Grosser Vertikalkreis des Observatoriums Pulkowo. Foto. 2010<br />
101. Единственный пункт дуги Струве в России на о. Гогланд в Финском заливе. Фото. 2010<br />
Einziger Punkt des Struve-Bogens in Russland. Insel Hogland im Finnischen Meerbusen.<br />
Foto. 2010<br />
102. Один из 256 пунктов дуги Струве, охраняемых ЮНЕСКО (Беларусь). Фото. 2009<br />
Einer der von der UNESCO geschützten 256 Punkte des Struve-Bogens<br />
in Weißrussland. Foto. 2009<br />
101<br />
103<br />
102<br />
104<br />
103. Памятная серебряная<br />
монета «Дуга Струве»<br />
номиналом 20 руб.<br />
Беларусь. 2006<br />
Silberne Erinnerungsmünze<br />
„Struve-Bogen“,<br />
Wert 20 Rubel.<br />
Weißrussland. 2006<br />
104. О. Струве (1819–1905).<br />
И. Н. Крамской. 1886.<br />
Государственный Русский<br />
музей, С.‐Петербург<br />
O. Struve (1819–1905).<br />
I. N. Kramskoj. 1886.<br />
Staatliches Russisches<br />
Museum, St. Petersburg
48 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 105<br />
Abb. 106<br />
Abb.<br />
107, 108<br />
Abb. 109<br />
Abb. 110<br />
Abb.<br />
111, 112<br />
Der bedeutendste Biologe, der an der Akademie der Wissenschaften<br />
wirkte, war der Begründer der Embryologie Karl<br />
Ernst von Baer (1792–1876). Am bekanntesten wurden seine<br />
Untersuchungen zur Embryologie der Wirbeltiere. Er hat als<br />
erster die Eizelle und Chorda von Säugetieren, u. a. auch beim<br />
Menschen, beschrieben. Bei der Untersuchung der Keime von<br />
Vögeln, Kriechtieren, Amphibien, Fischen und Säugetieren<br />
entwickelte er eine Theorie der Keimblätter und formulierte<br />
die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten für die Entwicklung<br />
von Organismen. Die besonderen Verdienste des Akademikers<br />
liegen im Bereich der Anthropologie, so entwickelte<br />
er z. B. ein System zur Schädelmessung. Von Baer, der aus<br />
Estland stammte, absolvierte die Universität Dorpat und zog<br />
1834 nach Russland. 1837 war er Teilnehmer der Expedition<br />
nach Nowaja Semlja, und von 1853 bis 1856 nahm er an einer<br />
Expedition zum Kaspischen Meer teil. Wissenschaftliches<br />
Ergebnis der Forschungsreisen war eine geographische Beschreibung<br />
des Kaspischen Meeres und die Veröffentlichung<br />
einer Sonderreihe über die Geographie Russlands (Redakteur<br />
der „Materialien zur Erkenntnis des Russischen Reiches und<br />
der anliegenden Länder Asiens“ in 26 Bändern, 1839–1872).<br />
1862 kehrte er in die Heimat zurück.<br />
Akademiemitglied Johann Friedrich Brandt (1802–1879),<br />
Absolvent der Universität Berlin, baute 1832 das Zoologische<br />
Museum der Akademie der Wissenschaften auf und<br />
engagierte sich bis zu seinem Lebensende unermüdlich um<br />
die Verbesserung dieser Einrichtung. Ende der 1880er Jahre<br />
wurden die Absolventen der Universität Dorpat Leopold<br />
Peter Schrenk und Alexander Alexandrowitsch Strauch<br />
ordentliche Akademiemitglieder für Zoologie. Der Naturforscher<br />
und Ethnograph Leopold Peter Schrenk (1826–1894)<br />
leitete das Museum für Anthropologie und Ethnographie.<br />
Der Herpetologe Alexander Alexandrowitsch Strauch (1832–<br />
1893) war von 1879 bis 1890 Direktor des Zoologischen<br />
Museums, als der Nachfolger Brandts auf diesem Position.<br />
Strauchs wichtigstes wissenschaftliches Betätigungsfeld war<br />
die Systematik. Während seiner Amtszeit verwandelte sich<br />
das Museum in ein Forschungszentrum dieses Wissensgebietes.<br />
Auf Empfehlung Strauchs wurde der Oberkustos des<br />
Museums, Fjodor Dmitrijewitsch Pleske (1858–1932) zum<br />
korrespondierenden Mitglied der Akademie der Wissenschaften<br />
und 1893 zum außerordentlichen Akademiemitglied<br />
für Zoologie gewählt. Nach Strauchs Tod übernahm<br />
Pleske die Leitung des Museums (1890–1897). Er nutzte<br />
alle Möglichkeiten, auch seine Beziehungen in Regierungskreise,<br />
um das Museum in eine mustergültige Institution zu<br />
verwandeln. In seiner Amtszeit wurde das Museum offiziell<br />
zur „zentralen Institution des Reiches für die Gewinnung<br />
von Erkenntnissen aus der Tierwelt, hauptsächlich der<br />
russischen“ erklärt. Dank der Vermittlung seines Bruders,<br />
E. D. Pleske, der Direktor der Staatsbank war, wurden 1894<br />
für den Um- und Ausbau des Museums von der Staatskasse<br />
beträchtliche Mittel zur Verfügung gestellt.<br />
Auch in der Geschichte der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften<br />
stoßen wir auf zahlreiche Namen renommierter<br />
russlanddeutscher Wissenschaftler. Mit russischer Sprache<br />
und Literatur befassten sich die Akademiemitglieder Alexander<br />
Christophorowitsch Wostokow, dt.: Osteneck, (1781–<br />
1864) und Jakow Karlowitsch Grot (1812–1893). Grot legte<br />
Илл. 105<br />
Илл. 106<br />
Илл.<br />
107, 108<br />
Илл. 109<br />
Илл. 110<br />
Илл.<br />
111, 112<br />
Крупнейшим биологом, работавшим в Академии<br />
наук, был Карл Максимович Бэр (1792–1876), основатель<br />
эмбриологии. Наибольшую известность получили<br />
его исследования по эмбриологии позвоночных.<br />
Он впервые описал яйцеклетку и хорду<br />
у млекопитающих (в том числе у человека). Изучая<br />
развитие зародышей птиц, пресмыкающихся, земноводных,<br />
рыб и млекопитающих, он предложил<br />
теорию зародышевых листков и сформулировал<br />
основные закономерности развития организма.<br />
Особые заслуги ученого относятся к области антропологии,<br />
в частности, им создана система измерения<br />
черепов. Уроженец Эстляндии, Бэр окончил<br />
Дерптский университет и в 1834 г. переехал<br />
в Россию. Был участником экспедиций на Новую<br />
Землю (1837) и к Каспийскому морю (1853–1856).<br />
Научным результатом экспедиций стали географическое<br />
описание Каспия и специальная серия изданий<br />
по географии России (редактор «Материалов<br />
к познанию Российской империи и сопредельных<br />
стран Азии» в 26 томах, 1839–1872). В 1862 г. вернулся<br />
на родину.<br />
Академик Федор Федорович Брандт (Иоганн Фридрих,<br />
1802–1879), питомец Берлинского университета,<br />
был организатором Зоологического музея<br />
Академии наук (1832) и до конца жизни неустанно<br />
трудился над улучшением этого учреждения. В конце<br />
1880‐х гг. ординарными академиками по зоологии<br />
были воспитанники Дерптского университета<br />
Л. И. Шренк и А. А. Штраух. Леопольд Иванович<br />
Шренк (1826–1894), натуралист и этнограф, стоял<br />
во главе Музея по антропологии и этнографии.<br />
Герпетолог Александр Александрович Штраух<br />
(1832–1893) был директором Зоологического музея<br />
(1879–1890), сменив на этом посту Брандта.<br />
Основным направлением научной деятельности<br />
Штрауха была систематика, в годы его управления<br />
музей превратился в центр исследований в этой<br />
отрасли знания. По рекомендации Штрауха главный<br />
хранитель музея Федор Дмитриевич Плеске<br />
(1858–1932) был избран в члены-корреспонденты<br />
Академии наук, а в 1893 г. – экстраординарным академиком<br />
по зоологии. После смерти Штрауха Плеске<br />
возглавил музей (1890–1897). Он использовал все<br />
возможности, включая связи в правительственных<br />
кругах, для превращения музея в образцовый. При<br />
нем музей был официально объявлен «центральным<br />
учреждением в Империи для познания животного<br />
царства, преимущественно России». Благодаря<br />
помощи брата – Э. Д. Плеске, управляющего Госбанком,<br />
Государственное казначейство выделило<br />
значительные средства на строительные нужды<br />
музея (1894).<br />
Много ярких имен российско-немецких ученых<br />
находим в истории гуманитарных и общественных<br />
наук. Изучением русского языка и литературы занимались<br />
академики Александр Христофорович<br />
Востоков (Остенек, 1781–1864) и Яков Карлович<br />
Грот (1812–1893). Грот установил нормы русского
106<br />
107<br />
105. К. Э. фон Бэр (1792–1876). С гравюры. 1840<br />
K. E. von Baer (1792–1876). Radierung. 1840<br />
106. Иллюстрация из книги К. Бэра «Об истории развития животных»,<br />
напечатанной в Кёнигсберге. 1828<br />
Illustration aus K. Baers Buch «Über Entwicklungsgeschichte der<br />
Thiere», herausgegeben in Königsberg. 1828<br />
105<br />
107. Бронзовая медаль в честь К. Э. Бэра, выпущенная<br />
С.‐Петербургским монетным двором. И. И. Чукмасов. 1864<br />
Bronzemedaille zu Ehren von K. E. Baer, geprägt im<br />
St. Petersburger Münzhof. I. I. Tschukmasow. 1864<br />
108 109<br />
108. Скульптура К. Бэра в Зоологическом музее (С.‐Петербург). Фото. 2008<br />
K. Baer. Skulptur im Zoologischen Museum (St. Petersburg). Foto. 2008<br />
109. Экспонаты Зоологического музея. Фото. 2008<br />
Exponate im Zoologischen Museum. Foto. 2008
110. Титульный лист «Русской грамматики»<br />
А. Востокова. 1831<br />
Titelblatt der „Russischen Grammatik“<br />
von A. Wostokow. 1831<br />
110<br />
111 112<br />
111, 112<br />
Титульные листы публикаций Я. К. Грота о русской литературе и А. С. Пушкине. 1887, 1901<br />
Titelblätter von Publikationen Ja.K. Grots über die russische Literatur und A. S. Puschkin. 1887, 1901<br />
113<br />
113. П. И. Кеппен (1793–1864).<br />
Светопечать С. В. Кульженко (Киев).<br />
1890-е гг.<br />
P. I. Köppen (1793–1864).<br />
Lichtdruck S. W. Kulschenko (Kiew).<br />
1890er Jahre<br />
114. Письмо П. Кеппена меннониту<br />
И. Корнису в колонию Орлов.<br />
1846. Государственный архив<br />
Одесской области, Одесса<br />
Brief P. Köppens an den Mennoniten<br />
J. Cornies in der Kolonie Ohrloff. 1846.<br />
Staatliches Gebietsarchiv Odessa<br />
114
Немцы в российской истории 51<br />
die Regeln der russischen Rechtschreibung fest, die bis zur<br />
Rechtschreibreform von 1918 Bestand hatten. 1885 verfasste<br />
er außerdem das Lehrbuch „Die Russische Rechtschreibung“,<br />
das 22 Auflagen erlebte. „Nestor der europäischer Sanskrit-<br />
Forschung“ nannte man Otto von Böthlingk (1815–1904),<br />
der 1842 an die Akademie der Wissenschaften eingeladen<br />
wurde und dessen Name mit seinen beiden Sanskrit-<br />
Wörterbüchern untrennbar verbunden ist. Sehr produktiv<br />
war auch die Tätigkeit eines anderen Wissenschaftlers, des<br />
ordentlichen Mitglieds der Akademie der Wissenschaften<br />
Johann August Nauck (1822–1892), der 1859 auf Einladung<br />
aus Deutschland kam. Er galt unter Zeitgenossen als Spitzenkapazität<br />
für Altphilologe und Griechisch.<br />
Akademiemitglied Pjotr Iwanowitsch Köppen, Statistiker,<br />
Ethnograph und Bibliograph (1793–1864) erforschte von<br />
1829 bis 1834 die Krim und die Steppengebiete zwischen<br />
Dnestr und Wolga und sammelte große Mengen an geographischem<br />
und ethnographischem Material. Köppen organisierte<br />
die systematische Erfassung statistischer Daten über die<br />
nationale Zusammensetzung der Bevölkerung des Reiches<br />
und gab auf dieser Grundlage 1851 die erste „Ethnographische<br />
Karte europäischen Russlands“ heraus. Er war Mitbegründer<br />
der „Gesellschaft der Liebhaber russischer Literatur“<br />
und der „Russischen geographischen Gesellschaft“.<br />
Zu den Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften,<br />
die in den Geisteswissenschaften zu Ansehen gelangten,<br />
gehören der Forscher für altrussische Geschichte und Spezialist<br />
für Byzantologie Ernst Eduard Kunik (1814–1899),<br />
der Iranist Carl Gustav Salemann (1849–1916) sowie der<br />
Baltendeutsche Arabist Viktor Romanowitsch Rosen (1849–<br />
1908). Der gebürtige Berliner, Orientalist und Spezialist für<br />
türkische Sprachen, Ethnograph, Archäologe und Pädagoge<br />
Friedrich Wilhelm Radloff (1837–1918) war einer der<br />
Vorreiter für vergleichenden historische Untersuchungen<br />
der Turksprachen und türkischen Völker. Als er 1858 in<br />
Russland eintraf, begann er seine wissenschaftliche und<br />
pädagogische Tätigkeit in Barnaul im Altai, wo er die<br />
Turksprachen, die Folklore und Ethnographie der Bewohner<br />
dieser Region erforschte. Nach seiner Wahl zum ordentlichen<br />
Akademiemitglied im Jahre 1884 leitete er bis 1890<br />
das Asien-Museum und danach bis zu seinem Tode 1894<br />
das Museum für Anthropologie und Ethnographie.<br />
Abb.<br />
113, 114<br />
правописания, сохранявшиеся до орфографической<br />
реформы 1918 г., составил учебник «Русское<br />
правописание» (1885), выдержавший 22 издания.<br />
«Нестором европейских санскритологов» называли<br />
академика Оттона Николаевича фон Бётлингка<br />
(1815–1904), приглашенного в Академию наук<br />
в 1842 г., чье имя неразрывно связано с созданием<br />
двух санскритских словарей. Плодотворной была<br />
деятельность и другого, приглашенного в 1859 г.<br />
из Германии ученого, действительного члена Академии<br />
наук Августа Карловича Наука (1822–1892).<br />
Он занимал одно из первых мест среди современных<br />
ему филологов-классиков и знатоков греческого<br />
языка.<br />
Академик Петр Иванович Кеппен (1793–1864), статистик,<br />
этнограф и библиограф, исследовал Крым<br />
и степные пространства между Днестром и Волгой<br />
(1829–1834), собрал большой географический<br />
и этнографический материал. Кеппен организовал<br />
систематический сбор статистических данных о национальном<br />
составе населения империи и на их<br />
основании создал первую «Этнографическую карту<br />
Европейской России» (1851). Он стал одним из основателей<br />
Общества любителей российской словесности<br />
и Русского географического общества.<br />
Среди членов Академии наук, прославившихся в области<br />
гуманитарных наук, – исследователь древней<br />
русской истории и специалист в области византиноведения<br />
Арист Аристович Куник (1814–1899), иранист<br />
Карл Германович Залеман (1849–1916), арабист,<br />
потомок прибалтийских немцев Виктор Романович<br />
Розен (1849–1908). Василий Васильевич Радлов (Фридрих<br />
Вильгельм, 1837–1918), востоковед-тюрколог,<br />
этнограф, археолог и педагог, уроженец Берлина,<br />
был одним из пионеров сравнительно-исторического<br />
изучения тюркских языков и народов. Прибыв<br />
в Россию в 1858 г., он начал научно-педагогическую<br />
деятельность на Алтае (Барнаул), где изучал тюркские<br />
языки, фольклор и этнографию жителей этого<br />
региона. После избрания ординарным академиком<br />
(1884) возглавил Азиатский музей (до 1890), затем<br />
Музей антропологии и этнографии (1894), оставаясь<br />
на посту до кончины.<br />
Илл.<br />
113, 114<br />
Wissenschaftliche Expeditionen<br />
im 19. Jahrhundert<br />
Die wissenschaftlichen Expeditionen und Forschungsreisen<br />
im 19. Jahrhundert waren eine logische Fortsetzung<br />
der Arbeit der Wissenschaftler im 18. Jahrhundert. Die<br />
erste russische Weltumseglung von 1803 bis 1806 stand<br />
unter dem Kommando von Adam Johann von Krusenstern<br />
(1770–1846) und J. F. Lisjanskij. Die Beschreibung der Forschungsreise<br />
und die Ergebnisse der ozeanologischen und<br />
ethnographischen Untersuchungen hielt Krusenstern in<br />
dem dreibändigen Werk „Reise um die Welt in den Jahren<br />
1803, 1804, 1805 und 1806 auf den Schiffen ‚Nadeshda‘ und<br />
‚Newa‘“, erschienen 1809 bis 1812 fest.<br />
Russische geographische Entdeckungen dieser Zeit sind<br />
eng mit dem Namen des aus Estland stammenden<br />
Abb.<br />
115, 116<br />
Abb.<br />
117, 118<br />
Экспедиционная деятельность<br />
ученых в XIX в.<br />
Экспедиции и путешествия ученых в XIX в. стали<br />
логическим продолжением работ их предшественников<br />
XVIII в. Первая русская кругосветная экспедиция<br />
(1803–1806) состоялась под началом И. Ф. Крузенштерна<br />
(1770–1846) и Ю. Ф. Лисянского. Описание<br />
путешествия и результаты океанологических и этнографических<br />
исследований Крузенштерн изложил<br />
в 3-томном труде «Путешествие вокруг света в 1803,<br />
1804, 1805 и 1806 годах на кораблях „Надежда“ и<br />
„Нева“» (1809–1812).<br />
Русские географические открытия этого периода<br />
связаны в значительной степени с именем<br />
Илл.<br />
115, 116<br />
Илл.<br />
117, 118
115<br />
115. И. Ф. Крузенштерн (1770–1846). С гравюры XIX в.<br />
I. F. Krusenstern (1770–1846). Radierung. 19. Jh.<br />
116. Экслибрис И. Ф. Крузенштерна «Spe Fretus»<br />
(«Доверяющий надежде»)<br />
Exlibris I. F. Krusensterns „Spe Fretus“<br />
(„Der Hoffnung vertrauend“)<br />
117. Шлюп «Нева». М. Р. Майерс. ХХ в.<br />
Schluppe „Newa“. M. R. Myers. 20. Jh.<br />
117<br />
116<br />
118. Петропавловск, где в 1805 г. побывала экспедиция И. Крузенштерна. С гравюры А. Г. Ухтомского по рисунку В. Г. Тилезиуса. 1813<br />
Petropawlowsk, das 1805 von der Expedition von I. Krusenstern aufgesucht wurde. Kupferstich von A. G. Uchtomskij nach einer Zeichnung von W. G. Tilesius. 1813<br />
118
Немцы в российской истории 53<br />
Akademiemitglieds Alexander Theodor Middendorff<br />
(1815–1894), des Begründers einer Reihe wissenschaftlicher<br />
Disziplinen wie der Frostbodenkunde und Zoogeographie,<br />
verbunden. 1850 wurde er zum ordentlichen Akademiemitglied<br />
gewählt, und von 1855 bis 1857 war er ständiger<br />
Sekretär der Akademie. Middendorff war Teilnehmer der<br />
Expedition von K. Baer zur Kola-Halbinsel. Im Auftrag<br />
der Akademie der Wissenschaften unternahm er 1842 bis<br />
1844 eine Forschungsreise nach Sibirien, auf der er auf<br />
dem Jenissej von Krasnojarsk bis zur Taimyr-Mündung<br />
und anschließend von Krasnojarsk über Jakutsk bis zu den<br />
Schantar-Inseln zog. 1870 begleitete er den Großfürsten Alexej<br />
Alexandrowitsch auf dessen Reise über das Weiße Meer<br />
nach Nowaja Semlja, bei der er wichtige Beobachtungen<br />
zum Golfstrom östlich des Nordkaps (Norwegen) anstellte.<br />
Die Erkenntnisse Middendorffs in der Barentssee bestätigten<br />
die Annahme Petermanns über das Vorhandensein<br />
im Norden einer warmen Strömung, die von Middendorff<br />
Nordkap-Strömung genannt wurde. Dies war eine wichtige<br />
Erkenntnis im Bereich der Hydrographie der Nordmeere.<br />
Ihm zu Ehren wurden eine Bucht an der Taimyr-Halbinsel<br />
und ein Kap auf der Insel Nowaja Semlja genannt.<br />
Der Seemann und Geograph Fjodor Petrowitsch Litke, der<br />
1864 zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften<br />
gewählt wurde, wurde im fortgeschrittenen Alter in den<br />
Grafenstand erhoben, in erster Linie für seine wissenschaftlichen<br />
Verdienste um Russland. Litke war früh verwaist<br />
und konnte es mit eigener Kraft ohne jegliche Protektion<br />
sehr weit bringen und der Nachwelt gutes Gedenken hinterlassen.<br />
Die Teilnahme an der Weltumseglungsexpedition<br />
von W. M. Golownin auf der Schluppe „Kamtschatka“<br />
(1817–1819) war für ihn eine gute Lehre. Wie Litke selbst<br />
schrieb, hat er sich während dieser Expedition zum Seemann<br />
der Golownin-Schule entwickelt. 1821–1824 übernahm er<br />
die Führung einer Expedition für die Untersuchung der<br />
Küste der Nowaja Semlja, des Ostteils der Barentssee und<br />
des Weißen Meeres. Dies war die erste wissenschaftliche<br />
Erforschung des Archipels Nowaja Semlja und anliegender<br />
Gewässer und Küsten des europäischen Russlands.<br />
1826–1829 leitete er die Weltumseglungsexpedition auf der<br />
Schluppe „Senjawin“ und erstellte eine Beschreibung der<br />
Westküste des Beringmeeres, der Pribylow-, Bonin-Inseln<br />
und der Karolinen, wo von ihm 12 Inseln entdeckt wurden.<br />
Die Expedition brachte umfangreichen Stoff in der Ozeanographie,<br />
Ethnographie, Zoologie und Botanik zusammen.<br />
Ferner stammt von Litke die Idee des ersten Aufzeichnungsgeräts<br />
(Mareograph, 1839), einer Vorrichtung für die<br />
Messung und Erfassung von Meeresspiegelschwankungen,<br />
mit dem die Niedrigwasserzeiten und Überflutungen festgehalten<br />
werden können. Die Mareografen wurden an der<br />
Küste des Nordpolarmeeres und des Pazifischen Ozeans<br />
(1841) aufgestellt. Litke war ein führender Begründer der<br />
Russischen Geographie-Gesellschaft, die von ihm lange Jahre<br />
(1845–1850, 1857–1872) geleitet wurde.<br />
Abb. 119<br />
Abb. 120<br />
Abb.<br />
121–123<br />
академика Александра Федоровича Миддендорфа<br />
(1815–1894), уроженца Эстляндии, основоположника<br />
ряда научных дисциплин, например,<br />
мерзлотоведения и зоогеографии. В 1850 г. избран<br />
ординарным академиком, в 1855–1857 гг. –<br />
непременный секретарь академии. Миддендорф<br />
участвовал в экспедиции К. Бэра на Кольский<br />
полуостров. По поручению Академии наук совершил<br />
путешествие в Сибирь (1842–1844), пройдя<br />
по Енисею от Красноярска до устья р. Таймыр,<br />
а затем из Красноярска через Якутск до Шантарских<br />
островов. В 1870 г. он сопровождал великого<br />
князя Алексея Александровича в путешествии<br />
по Белому морю и на Новую Землю, во время<br />
которого сделал важные наблюдения относительно<br />
Гольфстрима к востоку от мыса Нордкап (Норвегия).<br />
Наблюдения Миддендорфа в Баренцевом<br />
море подтвердили гипотезу Петермана о наличии<br />
на севере теплого течения, которое Миддендорф<br />
назвал «Нордкапским». Это было крупное открытие<br />
в области гидрографии северных морей. Именем<br />
Миддендорфа названы залив на полуострове<br />
Таймыр и мыс на острове Новая Земля.<br />
Мореплаватель и географ Федор Петрович Литке,<br />
ставший в 1864 г. президентом Академии наук,<br />
получил графский титул в зрелом возрасте, прежде<br />
всего, за научные заслуги перед Россией. Рано<br />
осиротевший, Литке сумел собственными силами,<br />
без всякой протекции пробить дорогу в жизни<br />
и оставил потомкам добрую память о себе. Участие<br />
в кругосветном плавании В. М. Головнина<br />
на шлюпе «Камчатка» (1817–1819) стало основным<br />
временем учения. Как писал Литке, он стал<br />
за время плавания моряком школы Головнина.<br />
В 1821–1824 гг. он возглавил экспедицию по исследованию<br />
побережья Новой Земли, восточной<br />
части Баренцева и Белого морей. Это было первое<br />
научное обследование архипелага Новая Земля и<br />
ближайших вод и побережий Европейской России.<br />
В 1826–1829 гг. руководил кругосветной экспедицией<br />
на шлюпе «Сенявин», описал западное<br />
побережье Берингова моря, островá Прибылова,<br />
островá Бонин и Каролинский архипелаг, открыв<br />
в нем 12 островов. Экспедиция собрала обширный<br />
материал по океанографии, этнографии, зоологии,<br />
ботанике. Литке принадлежит идея первого записывающего<br />
«приливомера» (мареографа, 1839),<br />
прибора для измерения и регистрации колебаний<br />
уровня моря, фиксирующего отливы и наводнения.<br />
Мареографы были установлены на берегах Северного<br />
Ледовитого и Тихого океанов (1841). Литке<br />
был главным организатором Русского географического<br />
общества, которым руководил многие годы<br />
(1845–1850, 1857–1872).<br />
Илл. 119<br />
Илл. 120<br />
Илл.<br />
121–123
119<br />
119. Вице-адмирал Ф. П. Литке (1797–1882). С. К. Зарянко.<br />
Центральный военно-морской музей, С.-Петербург. 1854<br />
Vizeadmiral F. P. Litke (1797–1882). S. K. Sarjanko. Zentrales<br />
Kriegsmarine-Museum, St. Petersburg. 1854<br />
120. Мареограф в Кронштадте. Фото. 2008<br />
Mareograph in Kronstadt. Foto. 2008<br />
121. Золотая медаль имени Ф. П. Литке, учрежденная<br />
Русским географическим обществом в 1873 г.<br />
и присуждавшаяся русским ученым за труды<br />
по физической географии и иностранным –<br />
за физико-географическое изучение России<br />
Goldene F. P. Litke-Medaille der Russischen<br />
geografischen Gesellschaft, die 1873<br />
zur Auszeichnung von russischen<br />
Wissenschaftlern für Forschungen in<br />
physikalischer Geografie und von Ausländern<br />
für die physikalisch-geografische Erforschung<br />
Russlands gestiftet wurde<br />
121<br />
120<br />
122<br />
122. Почтовая марка, выпущенная к 100-летию<br />
Географического общества СССР, с изображением<br />
Ф. Литке. 1947<br />
Briefmarke zum 100. Gründungstag der Geografischen<br />
Gesellschaft der UdSSR mit der Darstellung<br />
von F. Litke. 1947<br />
123. Ледорез «III Интернационал», переименованный<br />
в 1920-е гг. в «Ф. Литке». Фото. Архангельск, 1935<br />
Eisbrecher „III. Internationale“, in den 1920er Jahren<br />
umgetauft in „F. Litke“. Foto. Archangelsk, 1935<br />
123
Немцы в российской истории 55<br />
„Russische“ Periode in<br />
der Geschichte der Akademie<br />
der Wissenschaften und<br />
die Rolle deutschstämmiger<br />
Akademiker bei der Entwicklung<br />
der Wissenschaft in der 2. Hälfte<br />
des 19. Jh. – Anfang des 20. Jh.<br />
Von den Forschern der Wissenschaftsgeschichte werden<br />
in der Geschichte der Akademie der Wissenschaften zwei<br />
Perioden herausgegliedert, nämlich die „ausländische“ bis in<br />
die 1840er Jahre hinein, wo ihre meisten Mitglieder (ca. 3/4)<br />
Ausländer waren, und die „russische“ nach 1850, als vorwiegend<br />
Russen zu Akademiemitgliedern gewählt wurden.<br />
Darin kam der damalige Zustand der russischen Gesellschaft<br />
zur Geltung, die vor der Wahl des weiteren Entwicklungsweges<br />
stand: Entweder sollten europäische Erfahrungen<br />
übernommen werden oder man sollte auf die Erkenntnisse<br />
Europas verzichten und seine Eigenart pflegen.<br />
1889 wurde zum Präsidenten der Akademie der Großfürst<br />
Konstantin Konstantinowitsch gewählt, der mit der aktiver Politik<br />
der „Russifizierung“ der Akademie begann. Zu jener Zeit<br />
ist das Prestige der „deutschen“ Akademie, wie man sie giftig<br />
nannte und die sich mehr der „reinen“ Wissenschaft zuwandte,<br />
drastisch gesunken. Der Präsident hoffte, diese Situation durch<br />
die Berufung begabter russischer Akademiker verbessern<br />
zu können. Gegen Ende 1889 wurde eine Evaluierung des<br />
Pulkowo-Observatoriums durchgeführt, wo unter Leitung von<br />
O. W. Struwe nahezu ausschließlich Deutsche arbeiteten. Die<br />
Arbeit des Observatoriums wurde negativ bewertet, wonach<br />
Struwe jun. seinen Abschied einreichte, aus der Akademie<br />
ausschied und Russland verließ. Kompliziert verliefen 1890<br />
die Wahlen eines Adjunkten für Zoologie. Dabei wurden von<br />
„deutscher“ und von „russischer“ Partei jeweils F. D. Pleske<br />
und A. O. Kowalewskij nominiert, wobei beide Kandidaten<br />
berufen wurden. Die Positionen der „deutschen“ Partei sind<br />
nach den Abschied des Hauptsekretärs K. S. Weseloskij (1890)<br />
bedeutend schwächer geworden.<br />
Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert erlangte die<br />
„russische“ Partei endgültig die Oberhand, so dass „Deutsche“<br />
sehr wenig Chancen hatten, zu ordentlichen Akademiemitglieder<br />
gewählt zu werden. Jedoch wurden Wissenschaftler<br />
deutscher Abstammung oder deutsche Untertanen ohne<br />
weiteres zu Ehren- und korrespondierenden Mitgliedern<br />
der Akademie gewählt, die auf den Lauf der Dinge in der<br />
Akademie keinen Einfluss nahmen. 1913 wurden zu korrespondierenden<br />
Mitgliedern der Akademie deutsche Wissenschaftler<br />
wie der Geologe C. W. F. von Branca (1844–1928),<br />
der Astronom H. von Seeliger (1849–1924), der Physiker<br />
M. K. E. L Planck (1858–1947), der Chemiker C. O. V. Engler<br />
(1842–1925) gewählt, der Chemiker H. E. Fischer (1852–<br />
1919) wurde Ehrenmitglied der Akademie.<br />
«Русский» период<br />
в истории Академии наук<br />
и роль немецких ученых<br />
в развитии науки<br />
во второй половине XIX –<br />
начале ХХ в.<br />
Исследователи истории науки выделяют два периода<br />
в существовании академии: «иностранный» –<br />
до 1840‐х гг., когда большинство ее членов (около<br />
¾) были иностранцами, и «русский» – после<br />
1850 г., когда вновь избираемые члены оказывались<br />
в подавляющем большинстве русскими. В этом отразилось<br />
состояние российского общества, оказавшегося<br />
перед выбором дальнейших путей развития<br />
страны: либо перенимать европейский опыт, либо<br />
отказываться от достижений Европы и сохранять<br />
самобытность.<br />
В 1889 г. президентом академии стал великий князь<br />
Константин Константинович, начавший активную<br />
политику «обрусения» академии. К тому времени<br />
престиж ушедшей в «чистую» науку «немецкой академии»,<br />
как ее язвительно называли, значительно<br />
снизился. Исправить положение президент надеялся<br />
путем привлечения в нее талантливых русских<br />
ученых. В конце 1889 г. проведено обследование<br />
Пулковской астрономической обсерватории, где под<br />
руководством О. В. Струве работали фактически<br />
одни немцы. Работа обсерватории получила отрицательный<br />
отзыв, после чего Струве-младший<br />
подал в отставку, выбыл из состава академии и<br />
покинул Россию. Сложно проходили выборы<br />
адъюнкта по зоологии в 1890 г. От «немецкой» и<br />
«русской» партий были выдвинуты Ф. Д. Плеске и<br />
А. О. Ковалевский соответственно, но прошли обе<br />
кандидатуры. Позиции «немецкой» партии сильно<br />
ослабели с отставкой непременного секретаря<br />
К. С. Веселовского (1890).<br />
На рубеже XIX–XX вв. окончательно восторжествовала<br />
«русская» партия, и «немцы» имели<br />
уже мало шансов попасть в действительные<br />
члены академии. Однако почетными членами и<br />
членами-корреспондентами, которые не влияли<br />
на ход дел в самой академии, по-прежнему без<br />
препятствий становились ученые немецкого происхождения<br />
или подданные Германии. В 1913 г.<br />
в члены-корреспонденты избраны ученые Германии:<br />
геолог В. К. Ф. фон Бранка (1844–1928),<br />
астроном Г. фон Зеелигер (1849–1924), физик<br />
М. К. Э. Л. Планк (1858–1947), химик К. О. В. Энглер<br />
(1842–1925), почетным членом стал химик<br />
Э. Фишер (1852–1919).
56 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Wendepunkte in der Geschichte<br />
Russlands und deutsch-russische<br />
wissenschaftliche Beziehungen<br />
im 20. JAHRHUNDERT<br />
Der Erste Weltkrieg leitete scharfe Veränderungen in der<br />
Entwicklung der Akademie der Wissenschaften ein, indem<br />
er die internationalen Beziehungen der Wissenschaftler für<br />
lange Zeit unterbrach. Die mit dem Ausbruch des Krieges<br />
entstandenen deutschfeindlichen Stimmungen waren auch<br />
in der Akademie zu spüren. Das 1888–1911 herausgegebene<br />
vielbändige „Wörterbuch türkischer Dialekte“ des<br />
Akademiemitglieds W. W. Radlow wurde als „Schmähung<br />
der Staatssprache in der russischen Akademie der Wissenschaften“<br />
abgestempelt. Von der Presse und seitens einiger<br />
politischer, Staats- und militärischer Funktionsträger wurde<br />
der Akademie die Präsenz zahlreicher deutscher Namen in<br />
der Liste der Ehren- und korrespondierenden Mitglieder<br />
vorgeworfen, sie wurde der „lakaienhaften Dienlichkeit<br />
gegenüber Deutschen“ bezichtigt und bekam sogar angekreidet,<br />
dass die Akademie vor dem Krieg Aufträge über<br />
die Errichtung eines neuen Gebäudes für die Akademiebibliothek<br />
an deutsche Unternehmen vergab (was sich<br />
eigentlich durch die Hoffnung auf größere Zuverlässigkeit<br />
deutscher Unternehmen sowie dadurch erklärte, dass manche<br />
Leistungen von russischen Firmen gar nicht angeboten<br />
wurden). Ferner gab es Vorwürfe, dass immer noch Werke<br />
in deutscher Sprache gedruckt wurden.<br />
Am 31. Oktober 1914 wurde vom Ministerrat die Verordnung<br />
„Über Ausschluss von Staatsbürgern der mit Russland im<br />
Krieg stehenden Länder aus Verbänden, Gesellschaften und<br />
sonstigen ähnlichen privaten, öffentlichen und Regierungsinstitutionen<br />
und Behörden“ erlassen, unter die ca. 60 ausländische<br />
Ehren- und korrespondierende Akademiemitglieder<br />
fielen. Jedoch wurde die Verordnung von der Führung der<br />
Akademie längere Zeit ignoriert. Vom Vize-Präsidenten der<br />
Akademie P. W. Nikitin und einer Gruppe russischer Akademiemitglieder<br />
wurde eine „Notiz“ (ihr Entwurf wurde am<br />
3. Februar 1915 dem Minister für Volksbildung vorgelegt)<br />
mit der Erklärung der Gründe verfasst, aus denen die Akademie<br />
keine Möglichkeit für die Erfüllung der Regierungsverordnung<br />
sah. Die dort formulierten Grundsätze lauteten:<br />
Der Ausschluss deutscher Ehren- und korrespondierenden<br />
Akademiemitglieder würde den internationalen Ruf der<br />
Akademie untergraben, Kontakte mit ausländischen wissenschaftlichen<br />
Gesellschaften abbrechen, die angefangenen<br />
Gemeinschaftsprojekte unbeendet lassen, ferner nehmen die<br />
Ehren- und Korrespondierenden Mitglieder keinen Anteil<br />
an den Aktivitäten der Akademie, sondern diese Titel sind<br />
vielmehr als Zeichen der Anerkennung wissenschaftlicher<br />
Verdienste der betreffenden Akademiker durch ihre Kollegen<br />
in Russland verliehen, so dass die Gültigkeit der Verordnung<br />
auf diese Personen nicht auszudehnen ist. Die Außerordentliche<br />
Vollversammlung der Akademie (vom 14. März 1915)<br />
weigerte sich, deutsche Wissenschaftler auszuschließen. Nur<br />
unter dem Druck seitens der Regierung musste sie am 6. Februar<br />
1916 auf diese Frage zurückkommen. Die Ausländer<br />
wurden ausgeschlossen, jedoch ohne Angabe ihrer Namen<br />
im Beschluss, so dass der Ausschluss anonym und somit<br />
aus der Sicht der Akademie nichtig war. Sie behielt sich das<br />
Переломные моменты<br />
в истории России и российскогерманские<br />
научные связи в ХХ в.<br />
Первая мировая война резко изменила ход развития<br />
Академии наук, надолго разорвав международные<br />
связи ученых. Антигерманские настроения,<br />
возникшие с началом войны, коснулись и<br />
академии. «Поруганием государственного языка<br />
в русской Академии наук» стал расцениваться напечатанный<br />
в 1888–1911 гг. многотомный «Словарь<br />
тюркских наречий» академика В. В. Радлова. Печать<br />
и некоторые политические, государственные<br />
и военные деятели ставили в упрек академии обилие<br />
немецких имен в списках почетных членов и<br />
членов-корреспондентов, обвиняли в «лакейском<br />
прислужничестве перед немцами» и даже в том,<br />
что накануне войны академия заключила подряды<br />
на строительство нового здания академической<br />
библиотеки с германскими фирмами (в действительности<br />
это объяснялось надеждой на бóльшую<br />
добросовестность германских фирм и тем, что некоторые<br />
виды работ российские фирмы не осуществляли).<br />
Упрекали и в том, что продолжалось<br />
печатание работ на немецком языке.<br />
31 октября 1914 г. Совет министров принял постановление<br />
«Об исключении подданных воюющих<br />
с Россией держав из состава союзов, обществ<br />
и других подобных частных, общественных и<br />
правительственных организаций и установлений»,<br />
под которое подпали около 60 иностранных<br />
почетных членов и членов-корреспондентов<br />
академии. Однако ее руководство долгое время<br />
игнорировало постановление. Вице-президент<br />
академии П. В. Никитин и группа русских академиков<br />
составили записку (ее проект представлен<br />
министру народного просвещения 3 февраля<br />
1915 г.) с объяснением причин, почему академия<br />
не может исполнить правительственное постановление.<br />
Сформулированные основные положения<br />
гласили: исключение германских почетных членов<br />
и членов-корреспондентов академии пагубно отразится<br />
на ее международном положении, прервет<br />
связи с иностранными научными обществами,<br />
оставит незаконченными начатые совместные проекты;<br />
почетные члены и члены-корреспонденты не<br />
участвуют в «деятельности» академии, эти звания<br />
являются отражением признания научных заслуг<br />
ученых их коллегами в России, поэтому действие<br />
постановления на этих людей не может распространяться.<br />
Экстраординарное Общее собрание<br />
академии (14 марта 1915 г.) отказалось исключить<br />
германских ученых из своего состава. Только<br />
под нажимом правительства академия вернулась<br />
к этому вопросу 6 февраля 1916 г. Иностранцев<br />
исключили, но в решении не были указаны<br />
их имена, т. е. исключение было анонимным и,<br />
по мнению академии, неправомочным. Она оставляла<br />
за собой право «по окончании войны<br />
иметь суждение о возможности восстановления
Немцы в российской истории 57<br />
Recht vor, „nach dem Kriegsschluss ihre Ansicht über die<br />
Möglichkeit der Wiederherstellung der genannten akademischen<br />
Ehrentitel der Ausgeschlossenen abzugeben“.<br />
Die Akademie der Wissenschaften bezog eine würdige Position<br />
auch betreffend ihrer Kollegen, deren Abstammung<br />
oder Namen die Gesellschaft irritierten. So wurde am 4. März<br />
1915 entschiedener Protest gegen den Artikel „Welchem Vaterland<br />
dienen deutsche Mitglieder der Russischen Akademie<br />
der Wissenschaften“ geäußert, der in der Zeitung „Nowoje<br />
Wremja“ („Neue Zeit“) gebracht wurde und falsche sowie den<br />
Namen des Akademiemitglieds O. A. Baklund schmählernde<br />
Angaben enthielt. Die Akademie und ihr Präsident, Großfürst<br />
Konstantin Konstantinowitsch setzten sich für den ins Gouvernement<br />
Tomsk verbannten Sanskrit-Forscher, Doktor der vergleichenden<br />
Sprachwissenschaft, Professor der St. Wladimir-<br />
Universität von Kiew F. I. Knauer ein. Der Professor bereitete<br />
im Auftrag der Akademie der Wissenschaften einen Text in<br />
Sanskrit für den Druck vor. Ferner setzte sich die Akademie<br />
der Wissenschaften für den Direktor des Historisch-Philologischen<br />
Instituts „Fürst Besborodko“ in Nezhin I. A. Lezius<br />
ein, der entlassen und nach Samara verbannt wurde.<br />
Die dramatischen Geschehnisse der Kriegszeit hatten negative<br />
Folgen für die internationalen Beziehungen der Wissenschaftler<br />
Russlands mit ihren Kollegen aus den mit Russland im<br />
Krieg stehenden Ländern, die gezwungenermaßen unterbrochen<br />
wurden. Ihre allmähliche Wiederherstellung dauerte bis<br />
in die 1920er Jahre hinein. Eine entscheidende Rolle spielte<br />
dabei der Abschluss des Rapallo-Vertrages zwischen der<br />
UdSSR und Deutschland (am 16. April 1922). Etwas früher,<br />
am 18. Februar 1922 wurde vom Hauptsekretär der Akademie<br />
S. F. Oldenburg an die Preußische Akademie der Wissenschaften<br />
ein Schreiben bzgl. Wiederaufnahme des Austausches<br />
der Werke und Fortsetzung gemeinsamer Arbeit bei der<br />
Herausgabe der Werke L. Eulers geschickt. Ein Jahr später<br />
wurde vom Vorsitzenden Sekretär der Preußischen Akademie<br />
der Wissenschaften H. Lüders an die Russische Akademie<br />
der Wissenschaften eine positive Antwort gerichtet.<br />
Seit Dezember 1922 wurde die Aufnahme deutscher Wissenschaftler<br />
zu korrespondierenden Mitgliedern der RAW<br />
wieder aufgenommen. Die ersten waren dabei der Mathematiker<br />
D. Gilbert (1862–1943), die Physiker M. Born<br />
(1882–1970) und A. Einstein (1879–1955). Bei den Feierlichkeiten<br />
anlässlich des 200. Gründungstages der Akademie<br />
(1925) in Leningrad war die deutsche Delegation mit<br />
28 Mitgliedern die zahlenmäßig größte. Sie stand unter<br />
der Leitung des Vorsitzenden Sekretärs der Preußischen<br />
Akademie der Wissenschaften Max Planck. An jenen Jubiläumstagen<br />
wurde von den Vorsitzenden der beiden<br />
Akademien ein Kooperationsprogramm erstellt, das einen<br />
kontinuierlichen Austausch zwischen den Akademikern,<br />
Durchführung gemeinsamer Expeditionen, gemeinsame<br />
Bekämpfung von Krankheiten beinhaltete. Im Rahmen<br />
dieses Programms wurde 1928 eine deutsch-russische Expedition<br />
ins Pamir-Gebirge organisiert. Im Laufe der Expedition<br />
wurde erstmals ein großer Bereich Westpamirs,<br />
einschließlich des Fedtschenko-Gletschers untersucht und<br />
kartografiert; es wurde unfangreicher geologischer, botanischer<br />
und zoologischer Stoff zusammengebracht, ein<br />
Wörterbuch der tadschikischen Dialekte des Bartang-Tals<br />
Abb.<br />
124–126<br />
Abb. 127<br />
исключаемых в указанных почетных академических<br />
званиях».<br />
Академия наук заняла достойную позицию и в отношении<br />
своих коллег, чье происхождение или<br />
фамилия стали раздражающим фактором в обществе.<br />
Так, 4 марта 1915 г. был выражен решительный<br />
протест по поводу статьи «Какому Отечеству<br />
служат немцы – члены Российской Императорской<br />
Академии наук», опубликованной в газете «Новое<br />
время», которая содержала неверные и порочащие<br />
имя академика О. А. Баклунда сведения. Академия<br />
и лично президент великий князь Константин<br />
Константинович выступили в защиту сосланного<br />
в Томскую губернию Ф. И. Кнауэра, санскритолога,<br />
доктора сравнительного языко знания, профессора<br />
Университета святого Владимира в Киеве.<br />
Профессор по просьбе Академии наук готовил<br />
к изданию санскритский текст. Академики также<br />
встали на защиту директора Нежинского<br />
историко-филологического института князя Безбородко<br />
И. А. Лециуса, отстраненного от должности<br />
и сосланного в Самару.<br />
Драматические события военного времени пагубным<br />
образом сказались на международных<br />
связях ученых России и воевавших с ней стран,<br />
которые были насильственно прерваны. Их постепенное<br />
восстановление происходит в 1920‐е гг.<br />
Определяющую роль в этом сыграло заключение<br />
Раппальского договора между СССР и Германией<br />
(16 апреля 1922 г.). Несколько раньше, 18 февраля<br />
1922 г., непременный секретарь академии<br />
С. Ф. Ольденбург направил в Прусскую академию<br />
наук письмо о возобновлении обмена трудами и<br />
продолжении совместных работ по изданию сочинений<br />
Л. Эйлера. Через год председательствующий<br />
секретарь Прусской академии наук Г. Людерс направил<br />
в РАН положительный ответ.<br />
С декабря 1922 г. возобновился прием германских<br />
ученых в число членов-корреспондентов РАН.<br />
Первыми были математик Д. Гилберт (1862–1943),<br />
физики М. Борн (1882–1970) и А. Эйнштейн (1879–<br />
1955). На праздновании в Ленинграде 200-летия<br />
академии (1925) самой большой была германская<br />
делегация (28 чел.). Ее возглавлял председательствующий<br />
секретарь Прусской академии наук Макс<br />
Планк. В дни юбилея представители обеих академий<br />
составили программу сотрудничества, которая<br />
включала постоянный обмен между учеными,<br />
проведение совместных экспедиций, совместную<br />
борьбу против болезней. В рамках программы<br />
в 1928 г. организована советско-германская Памирская<br />
экспедиция. В ходе экспедиции впервые<br />
исследован и нанесен на карту большой район<br />
Западного Памира, в том числе ледник Федченко;<br />
собран обширный геологический, ботанический и<br />
зоологический материал; составлен словарь таджикских<br />
наречий долины р. Бартанг. Экспедиция<br />
послужила стимулом для развития советского<br />
альпинизма.<br />
Илл.<br />
124–126<br />
Илл. 127
58 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
128, 129<br />
Abb. 130<br />
erstellt. Die Expedition hatte große Bedeutung für die Entwicklung<br />
des sowjetischen Bergsteigens.<br />
Die Vorkriegsgeschichte der Akademie der Wissenschaften<br />
ist aufs engste mit dem Namen des Akademiemitglieds<br />
Alexander Jewgenjewitsch Fersman (1883–1945) verbunden.<br />
Er war einer der Begründer der Geochemie und formulierte<br />
die Grundlagen mineralogischer und geochemischer Verfahren<br />
für die Erkundung der Bodenschätze. Fersman war<br />
einer der Begründer (1912) und Redakteur (1917–1930) der<br />
Zeitschrift „Priroda“ („Die Natur“), Autor der grundlegenden<br />
Arbeit „Geochemie“ (Bd. 1–4, 1933–1939). Ihm zu Ehren<br />
wurden die Mineralen Fersmanit und Fersmit genannt. Er<br />
arbeitete seit 1912 an der Akademie und wurde 1919 zum<br />
Akademiemitglied gewählt, indem dabei die Stufe des korrespondierenden<br />
Mitglieds übersprungen wurde. 1924–1927<br />
war er Akademiemitglied-Sekretär der Abteilung Physik und<br />
Mathematik, 1927–1929 Vize-Präsident der AdW der UdSSR,<br />
Mitglied des Präsidiums der AdW der UdSSR (1929–1945),<br />
Direktor akademischer Institutionen wie des Mineralkunde-Museums<br />
(1919–1930), des Lomonossow-Instituts für<br />
Kristall-, Mineralkunde und Geochemie (1930–1939), des<br />
Instituts für geologische Wissenschaften (1942–1945) und<br />
gleichzeitig Direktor des Radium-Instituts (1922–1926), Vorsitzender<br />
der Uraler Filiale der AdW der UdSSR (1932–1938)<br />
und des Kola-Standorts „S. M. Kirow“ (1930–1945).<br />
Als Wissenschaftler mit breitem Wissensspektrum tat sich<br />
der Mathematiker, Astronom, Geophysiker Akademiemitglied<br />
Otto Juljewitsch Schmidt (1891–1956) hervor, der<br />
Vize-Präsident der AdW der UdSSR war (1939–1942). 1937<br />
initiierte er die Gründung des Instituts für theoretische<br />
Geophysik der AdW der UdSSR (Direktor bis 1949). Er war<br />
ein renommierter Arktis-Forscher. In der Mitte der 1940er<br />
Jahre formulierte er eine neue, kosmogonische Hypothese<br />
über das Entstehen der Erde und der Planeten des Sonnensystems<br />
(Schmidt-Hypothese).<br />
Илл.<br />
128, 129<br />
Илл. 130<br />
Довоенная история Академии наук неразрывно<br />
связана с именем академика Александра Евгеньевича<br />
Ферсмана (1883–1945). Один из основоположников<br />
геохимии, он заложил научные основы<br />
минералого-геохимических методов поисков полезных<br />
ископаемых. Ферсман – один из основателей<br />
(1912) и редактор (1917–1930) журнала «Природа»,<br />
автор фундаментальной работы «Геохимия»<br />
(т. 1–4, 1933–1939). В его честь названы минералы<br />
– ферсманит, ферсмит. В академии работал<br />
с 1912 г., в академики избран в 1919 г., минуя<br />
ступень члена-корреспондента. В 1924–1927 гг. –<br />
академик-секретарь Физико-математического<br />
отделения, в 1927–1929 гг. – вице-президент<br />
АН СССР, член Президиума АН СССР (1929–1945),<br />
директор академических учреждений: Минералогического<br />
музея (1919–1930), Ломоносовского<br />
института кристаллографии, минералогии и геохимии<br />
(1930–1939), Института геологических наук<br />
(1942–1945), одновременно директор Радиевого<br />
института (1922–1926), председатель Уральского<br />
филиала АН СССР (1932–1938), Кольской базы<br />
им. С. М. Кирова (1930–1945).<br />
Ученым широкого профиля был академик Отто<br />
Юльевич Шмидт (1891–1956), математик, астроном,<br />
геофизик, вице-президент АН СССР (1939–1942).<br />
По его инициативе в 1937 г. организован Институт<br />
теоретической геофизики АН СССР (директор<br />
до 1949 г.). Это был крупный исследователь Арктики.<br />
В середине 1940‐х гг. он выдвинул новую космогоническую<br />
гипотезу об образовании Земли и планет<br />
Солнечной системы (гипотеза Шмидта).<br />
Репрессии в стране конца 1920–1930‐х гг. напрямую<br />
коснулись и Академии наук. В 1929 г. по указанию<br />
Политбюро ЦК ВКП(б) органами ОГПУ<br />
125<br />
124<br />
124,125.<br />
Памирская экспедиция. Фото. 1928<br />
Pamir-Expedition. Foto. 1928
126<br />
127<br />
126. Титульный лист предварительного отчета германских<br />
участников Памирской экспедиции 1928 г. Берлин, 1929<br />
Titelblatt des vorläufigen Berichts der deutschen Teilnehmer<br />
der Pamir Expedition 1928. Berlin, 1929<br />
127. Ледник Федченко. Фото НАСА. 2005.<br />
Fedtschenko-Gletscher. Foto NASA. 2005<br />
128. В поисках радиоактивных руд. Справа – А. Е. Ферсман.<br />
Фото. 1920-е гг. Фотоархив Минералогического музея<br />
им. А. Е. Ферсмана, Москва<br />
Beim Aufspüren radioaktiver Erze. Rechts: A. E. Fersman.<br />
Foto. 1920er Jahre. Fotoarchiv des Mineralogischen<br />
A. E. Fersman-Museums, Moskau<br />
128<br />
129<br />
130<br />
129. В. И. Вернадский и А. Е. Ферсман. Фото. Москва, 1941. Фотоархив<br />
Минералогического музея им. А. Е. Ферсмана, Москва<br />
W. I. Wernadskij und A. E. Fersman. Foto. Moskau, 1941. Fotoarchiv des<br />
Mineralogischen A. E. Fersman-Museums, Moskau<br />
130. Минералогический музей им. А. Е. Ферсмана РАН<br />
в Москве. Фото В. Колосова. 2011<br />
Mineralogisches A. E. Fersman-Museums der Russischen<br />
Akademie der Wissenschaften in Moskau.<br />
Foto von W. Kolosow. 2011
60 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
131, 132<br />
Die Akademie der Wissenschaften wurde von den Repressalien<br />
im Lande Ende der 1920er und in den 1930er<br />
Jahren direkt betroffen. 1929 wurde von den Organen der<br />
OGPU auf Weisung des Politbüros der ZK der WKP(B)<br />
ein „Akademie“-Fall inspiriert. Vom Herbst 1929 bis 1931<br />
liefen die Verhaftungen der Wissenschaftler. Als einer der<br />
angeblichen „Anleiter“ der erfundenen antisowjetischen<br />
Organisation wurde der Orientalist, Indologe und Ethnograph<br />
Gustav Hermann Christian Merwart (Alexander<br />
Michajlowitsch, 1884–1932) der Schaffung eines Netzes<br />
des deutschen Spionagedienstes beschuldigt. Nach seiner<br />
Verhaftung und anschließendem Tod wurde in der UdSSR<br />
die Untersuchung drawidischer Sprachen für lange Zeit unterbrochen.<br />
Als Mitglieder der „Spionagegruppe Mehrwarts“<br />
wurden auch die Historiker A. G. Wulfius und M. E. Liebtal<br />
sowie der Geologe P. W. Wittenburg verhaftet.<br />
In den 1920er Jahren entfaltete sich in Leningrad und Saratow<br />
sowie in der Südukraine aktive Arbeit zum Studium<br />
deutscher Dialekte und der Folklore, die von den Professoren<br />
W. M. Zhirmunskij und G. G. Dinges (1891–1932) geleitet<br />
wurden. Es wurden eine Karte der Dialekte des Wolgagebiets<br />
erstellt, kompakte Ansiedlungsstätten der Deutschen in der<br />
Ukraine, in Moldawien, Nordkaukasus und Nordwestrussland<br />
untersucht. Jedoch mussten diese Forschungen wegen<br />
repressiver Maßnahmen gegen die Organisatoren der Forschungsarbeiten<br />
unterbrochen werden. Die Dialektforschung<br />
konnte erst in der Nachkriegszeit durch die Bemühungen von<br />
A. P. Dulson (Tomsk), H. H. Jedig (Omsk), G. Ja. Pankratz<br />
(Alma-Ata / Minsk) wieder aufgenommen werden.<br />
In den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges (1941–<br />
1945) meldeten sich viele Wissenschaftler freiwillig an die<br />
Front. Unter ihnen war der Archäologe Otto Nikolajewitsch<br />
Bader (1903–1979, wissenschaftlicher Sekretär der Staatlichen<br />
Akademie für Geschichte der materiellen Kultur / Institut<br />
für Archäologie der AdW der UdSSR), der sich zum<br />
Илл.<br />
131, 132<br />
сфабриковано «академическое дело». Аресты ученых<br />
проходили с осени 1929 по 1931 г. В числе<br />
«руководителей» вымышленной антисоветской организации<br />
оказался востоковед-индолог и этнограф<br />
Александр Михайлович Мерварт (Густав Герман<br />
Христиан, 1884–1932), который обвинялся в создании<br />
шпионской сети германской разведки. С его<br />
арестом и последующей гибелью развитие в СССР<br />
дравидского языкознания надолго прекратилось.<br />
В составе «шпионской группы Мерварта» оказались<br />
историки А. Г. Вульфиус и М. Э. Либталь, геолог<br />
П. В. Виттенбург.<br />
В 1920‐е гг. развернулись активные работы по изучению<br />
немецких диалектов и фольклора в Ленинграде<br />
и Саратове, на юге Украины, которые возглавили<br />
профессора В. М. Жирмунский и Г. Г. Дингес<br />
(1891–1932). Была составлена карта диалектов Поволжья,<br />
обследованы места компактного проживания<br />
немцев в Украине, Молдавии, на Северном<br />
Кавказе и Северо-Западе. Но к концу 1930‐х гг.<br />
из-за репрессивных мер против организаторов этих<br />
работ исследования были прекращены. Диалектологические<br />
исследования возродились лишь в послевоенный<br />
период силами ученых А. П. Дульзона<br />
(Томск), Г. Г. Едига (Омск), Г. Я. Панкраца (Алма-<br />
Ата / Минск).<br />
В годы Великой Отечественной войны (1941–1945)<br />
многие ученые ушли добровольцами на фронт.<br />
Среди них был археолог Отто Николаевич Бадер<br />
(1903–1979, ученый секретарь ГАИМК / Институт<br />
археологии АН СССР), вступивший в московское<br />
ополчение. В конце 1941 г. он был отозван из регулярной<br />
армии и направлен в трудармию в Нижний<br />
Тагил. В сентябре 1941 г. в блокадном Ленинграде<br />
оставались 2 000 сотрудников АН СССР,<br />
131. Титульный лист автореферата<br />
докторской диссертации<br />
Г. Я. Панкраца.<br />
Ленинград, 1968<br />
Titelblatt des Autoreferats<br />
der Habilitationsschrift von<br />
G. Ja. Pankraz. Leningrad, 1968<br />
132. Титульный лист автореферата<br />
докторской диссертации<br />
Г. Г. Едига. Москва, 1971<br />
Titelblatt des Autoreferats<br />
der Habilitationsschrift von<br />
H. H. Jedig. Moskau, 1971<br />
131 132
Немцы в российской истории 61<br />
Moskauer Volksheer meldete. Ende 1941 wurde er aus der<br />
Armee abberufen und zur Arbeitsarmee nach Nischnij<br />
Tagil geschickt. Im September 1941 sind in Leningrad während<br />
der Blockade 2 000 Mitarbeiter der AdW der UdSSR<br />
geblieben, die Wissenschaftler der Akademie setzten die<br />
Arbeit an ihren Planthemen fort. Dabei sind der Entomologe,<br />
Abteilungsleiter des Zoologischen Museums der AdW<br />
der UdSSR Axel Nikolajewitsch Reinhardt (1888 – Januar<br />
1942), der Münzenkundler Alexander Nikolajewitsch Sograf<br />
(1896 – Februar 1942) verhungert. Unter den Mitarbeitern<br />
des Instituts für Orientalistik der AdW der UdSSR, die<br />
in Leningrad blieben, war auch der Spezialist für griechische<br />
und koptische Sprachen Pjotr Viktorowitsch Ernstedt<br />
(1890–1966, korrespondierendes Mitglied seit 1946).<br />
In den Kriegsjahren wurden einige Wissenschaftler deutscher<br />
Abstammung unbegründeten Repressalien ausgesetzt.<br />
Am 4. September 1941 wurde der Spezialist für dielektrische<br />
Physik Alexander Philippowitsch Walter (1898–1941, korrespondierendes<br />
Mitglied seit 1933) verhaftet. Er starb beim Gefangenentransport<br />
nach Nowosibirsk. Eine kurzfristige Haft<br />
musste auch das korrespondierende Mitglied, der Orientalist<br />
Jewgenij Eduardowitsch Bertels (1890–1957) durchmachen,<br />
der 1942 in einem schlechten Gesundheitszustand aus Leningrad<br />
evakuiert wurde. Im Frühjahr 1942 wurde auch<br />
Boris Wiktorowitsch Rauschenbach (1915–2001), Spezialist<br />
im Bereich der Steuerungstheorie, angewandten Mechanik,<br />
Ingenieurspsychologie in die Arbeitsarmee mobilisiert und<br />
befand sich im Lager des NKWD in Nischnij Tagil.<br />
Der Mongolist Nikolaj Nikolajewitsch Poppe (1897–1991,<br />
korrespondierendes Mitglied seit 1932) geriet 1942 in den<br />
von deutschen Truppen besetzten Raum im Kaukasus. Er<br />
wurde als Volksdeutscher auf administrativem Weg nach<br />
Deutschland umgesiedelt, wo es ihn gegen Kriegsende in<br />
die amerikanische Besatzungszone verschlagen hat. Von dort<br />
aus ist er in die USA ausgewandert (1949). Im September<br />
Abb. 133<br />
ученые продолжали работать над плановыми темами.<br />
От голода и истощения погибли энтомолог,<br />
заведующий отделом Зоологического института<br />
АН СССР Аксель Николаевич Рейхардт (1888 –<br />
январь 1942), нумизмат Александр Николаевич<br />
Зограф (1896 – февраль 1942). Среди оставшихся<br />
в Ленинграде сотрудников Института востоковедения<br />
АН СССР был специалист по истории<br />
греческого и коптского языков Петр Викторович<br />
Ернштедт (1890–1966, член-корреспондент<br />
с 1946 г.).<br />
В годы войны некоторые ученые немецкого происхождения<br />
подверглись необоснованным репрессиям.<br />
4 сентября 1941 г. арестован специалист<br />
по физике диэлектриков Александр Филиппович<br />
Вальтер (1898–1941, член-корреспондент с 1933 г.),<br />
умерший на этапе в Новосибирск. Кратковременному<br />
аресту подвергся член-корреспондент,<br />
востоковед Евгений Эдуардович Бертельс (1890–<br />
1957), в 1942 г. в тяжелом состоянии эвакуированный<br />
из Ленинграда. Весной 1942 г. в трудармию<br />
был мобилизован Борис Викторович Раушенбах<br />
(1915–2001), специалист в области теории автоматического<br />
управления, прикладной механики,<br />
инженерной психологии, находившийся в Тагильском<br />
лагере НКВД.<br />
Монголовед Николай Николаевич Поппе (1897–<br />
1991, член-корреспондент с 1932 г.) в 1942 г. оказался<br />
на оккупированной германскими войсками<br />
территории Кавказа. Как фольксдойче был вывезен<br />
в административном порядке в Германию, где к концу<br />
войны оказался в американской зоне оккупации<br />
и оттуда эмигрировал в США (1949). В сентябре<br />
1943 г., пока в СССР не было известно, где находится<br />
Поппе, его кандидатура выдвигалась на избрание<br />
Илл. 133<br />
133. Распоряжение о переводе трудармейца<br />
Б. В. Раушенбаха из Нижнего Тагила<br />
в конструкторское бюро в г. Щербаков.<br />
1947. Государственный архив Российской<br />
Федерации, Москва<br />
Verfügung über die Versetzung des<br />
Arbeitsarmisten B. W. Rauschenbach aus<br />
Nischnij Tagil in das Konstruktionsbüro in der<br />
Stadt Schtscherbakow. 1947. Staatsarchiv der<br />
Russischen Föderation, Moskau<br />
133
62 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 134<br />
1943, als in der UdSSR nichts über seinen Aufenthaltsort<br />
bekannt war, wurde seine Kandidatur für die Wahl in die<br />
Akademie aufgestellt, jedoch blieb die Wahl aus. 1946 wurde<br />
er aus der AdW der UdSSR ausgeschlossen.<br />
Ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung der sowjetischen Wissenschaft<br />
wurde in der Nachkriegszeit vom deutschstämmigen<br />
Physiker Igor Jewgenjewitsch Tamm (1895–1971, Akademiemitglied<br />
seit 1953) geleistet (Theodor Tamm, Großvater von<br />
Igor Tamm, wanderte Ende des 19. Jh. aus Thüringen nach<br />
Russland aus). Er arbeitete seit 1934 am P. N. Lebedew-Institut<br />
für Physik der AdW der UdSSR. Bis zu seinem Tode leitete<br />
Tamm die Abteilung für theoretische Physik. 1958 erhielten<br />
I. Tamm, I. Frank und P. Tscherenkow den Nobelpreis für<br />
Physik für die Entdeckung und Untersuchung des „Tscherenkow-Effekts“.<br />
Die Entdeckung von Tscherenkow (auch als<br />
Wawilow-Tscherenkow-Licht bekannt – eine Strahlung, die im<br />
transparenten Medium durch die Bewegung eines geladenen<br />
Teilchens mit konstanter, höherer Geschwindigkeit als die<br />
Lichtgeschwindigkeit in diesem jeweiligen Medium entsteht)<br />
wurde von Tamm und Frank mathematisch begründet.<br />
1946 wurde der Botaniker Alexander Alfonsowitsch Großheim<br />
(1888–1948, korrespondierendes Mitglied seit 1939,<br />
Akademiemitglied der AdfW der Aserbajdschanischen SSR<br />
seit 1945), Organisator und Direktor des Botanik-Institut der<br />
AdW Aserbajdschans (1936–1947), zum Akademiemitglied<br />
der AdW der UdSSR gewählt.<br />
1948 kehrte B. W. Rauschenbach aus der Sonderansiedlung<br />
nach Moskau zurück. Am Institut für angewandte Mathematik<br />
der AdW der UdSSR (Keldysch-Institut) befasste er sich<br />
mit der Theorie von Verbrennungsschwingungen, akustischen<br />
Schwingungen in Strahltriebwerken und wechselte dann<br />
zum Konstruktionsbüro von S. P. Koroljow über, wo er sich<br />
mit der Schaffung eines Orientierungssystems für die Weltraumschiffe<br />
in Bezug auf Erde und sonstige Himmelskörper<br />
befasste. Er leistete einen großen Beitrag zur Entwicklung<br />
Илл. 134<br />
в академики, но этого не произошло. В 1946 г. исключен<br />
из состава АН СССР.<br />
Важный вклад в развитие советской науки в послевоенный<br />
период внес физик Игорь Евгеньевич Тамм<br />
(1895–1971, академик с 1953 г.), потомок российского<br />
немца (дед Теодор Тамм приехал в Россию в конце<br />
XIX в. из Тюрингии). Он работал с 1934 г. в Физическом<br />
институте им. П. Н. Лебедева АН СССР. Тамм<br />
вплоть до своей кончины заведовал сектором теоретической<br />
физики. В 1958 г. И. Тамму, И. Франку<br />
и П. Черенкову была вручена Нобелевская премия<br />
по физике «за открытие и исследование эффекта<br />
Черенкова». Открытие Черенкова (излучение Вавилова–Черенкова<br />
– свечение, вызываемое в прозрачной<br />
среде заряженной частицей, которая движется<br />
с постоянной скоростью, превышающей скорость<br />
распространения света в этой среде) математически<br />
обосновали Тамм и Франк.<br />
В 1946 г. в число академиков АН СССР был избран<br />
ботаник Александр Альфонсович Гроссгейм<br />
(1888–1948, член-корреспондент с 1939, академик<br />
АН Азербайджанской ССР с 1945 г.), организатор<br />
и директор Ботанического института АН Азербайджана<br />
(1936–1947).<br />
В 1948 г. вернулся со спецпоселения в Москву<br />
Б. В. Рау шенбах. В Институте прикладной математики<br />
АН СССР (институт Келдыша) он занимался<br />
теорией вибрационного горения, акустическими<br />
колебаниями в прямоточных двигателях,<br />
затем перешел на работу в конструкторское бюро<br />
С. П. Королёва и занялся созданием системы ориентации<br />
космического аппарата относительно Земли<br />
и других небесных тел. Внес большой вклад в развитие<br />
ракетной техники и космонавтики. За участие<br />
в разработке системы фотографирования обратной<br />
134. Вручение Нобелевской премии<br />
по физике И. Е. Тамму. Фото. 1958<br />
Verleihung des Nobelpreises<br />
für Physik an I. E. Tamm. Foto. 1958<br />
134
Немцы в российской истории 63<br />
der Raketentechnik und Weltraumfahrt. Für seine Teilnahme<br />
an der Entwicklung eines Systems für die Fotoaufnahme der<br />
Mondrückseite wurde ihm der Leninpreis (1960) verliehen.<br />
1966 wurde er zum korrespondierenden Akademiemitglied<br />
und 1984 zum Akademiemitglied gewählt.<br />
1955 kehrte O. N. Bader in die akademische Wissenschaft<br />
zurück, der seit diesem Zeitpunkt und bis zu seinem Tode<br />
als leitender Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für<br />
Archäologie der AdW der UdSSR tätig war. Er war Leiter<br />
zahlreicher archäologischer Expeditionen. Seit 1957 leitete<br />
er systematische Arbeiten der altsteinzeitlichen Besiedlung<br />
Sungir bei Wladimir. Die von ihm 1967 entdeckte Grabstätte<br />
der zwei Jugendlichen bildete eine Weltsensation. Er ging<br />
in die Geschichte als Begründer der Permer Schule in der<br />
Archäologie ein.<br />
1990 wurde der Hydrogeologe und Geochemiker Jewgenij<br />
Wiktorowitsch Pinnecker (1926–2001) zum korrespondierenden<br />
Mitglied der AdW der UdSSR gewählt. 1941 wurde<br />
er zusammen mit seinen Angehörigen aus dem Wolgagebiet<br />
nach Westsibirien deportiert und stand bis 1948 unter der<br />
Aufsicht der Sonderkommandantur. Nach dem Abschluss<br />
der Polytechnischen Hochschule Tomsk (1950) arbeitete<br />
er seit 1955 am Institut für Erdrinde der AdW der UdSSR<br />
(Irkutsk). 1961 wurde er zum Vorsitzenden der Kommission<br />
für Untersuchung von Untergrundwasser Sibiriens und<br />
des Fernen Ostens an der Sibirischen Abteilung der AdW,<br />
von der alle hydrogeologischen Arbeiten in der Region<br />
vom Ural bis zur Pazifik koordiniert wurden. 1975 wurden<br />
vom Institut für Erdrinde in Zusammenarbeit mit anderen<br />
Instituten und Institutionen im Zusammenhang mit dem<br />
Bau der Baikal-Amur-Magistrale (BAM) umfangreiche wissenschaftliche<br />
Untersuchungen des Bereichs um die BAM-<br />
Strecke begonnen. Im Rahmen dieses Forschungsprogramms<br />
wurden unter Leitung von Pinnecker großangelegte theoretische<br />
und praktische Arbeiten im Bereich der regionalen<br />
Abb. 135<br />
Abb. 136<br />
стороны Луны удостоен Ленинской премии (1960).<br />
В 1966 г. избран членом-корреспондентом, в 1984 г. –<br />
академиком.<br />
В 1955 г. в академическую науку возвращается<br />
О. Н. Бадер, с этого времени и до смерти работавший<br />
старшим научным сотрудником в Институте<br />
археологии АН СССР. Он возглавлял многие<br />
археологические экспедиции. С 1957 г. руководил<br />
систематическими работами на стоянке эпохи палеолита<br />
Сунгирь под Владимиром. Открытое им<br />
в 1967 г. погребение двух подростков стало мировой<br />
сенсацией. В историю вошел как создатель пермской<br />
школы археологии.<br />
В 1990 г. членом-корреспондентом АН СССР был<br />
избран гидрогеолог и геохимик Евгений Викторович<br />
Пиннекер (1926–2001). Депортированный<br />
в 1941 г. из Поволжья вместе с членами семьи<br />
в Западную Сибирь, он до 1948 г. состоял на учете<br />
спецкомендатуры. Окончив Томский политехнический<br />
институт (1950), с 1955 г. работал в Институте<br />
земной коры СО АН СССР (Иркутск). В 1961 г. стал<br />
председателем Комиссии по изучению подземных<br />
вод Сибири и Дальнего Востока СО АН СССР,<br />
координировавшей все гидрогеологические работы<br />
в регионе от Урала до Тихого океана. В 1975 г.<br />
в связи с началом строительства Байкало-Амурской<br />
магистрали Институт земной коры совместно<br />
с другими институтами и учреждениями приступает<br />
к комплексным научным исследованиям зоны<br />
БАМа. В рамках выполнения программы этих исследований<br />
были проведены крупномасштабные<br />
теоретические и практические работы по региональной<br />
гидрогеологии под научным руководством<br />
Пиннекера. Он стал инициатором создания<br />
теоретического обобщения результатов мировой<br />
Илл. 135<br />
Илл. 136<br />
136<br />
135. Б.В. Раушенбах (1915–2001). Фото. 1990-е гг.<br />
B.W. Rauschenbach (1915–2001). Foto. 1990er Jahre<br />
135<br />
136. Е.В. Пиннекер (1926–2001). Фото. 1970-е гг.<br />
E.W. Pinneker (1926–2001). Foto. 1970er Jahre
64 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Hydrogeologie durchgeführt. Von ihm wurde die theoretische<br />
Zusammenfassung der Ergebnisse der weltweiten<br />
Hydrogeologie initiiert. Unter seiner Leitung entstand die<br />
sechsbändige Monographie „Grundlagen der Hydrogeologie“<br />
(1980–1984), die sowohl in der UdSSR, als auch im Ausland<br />
hohe Anerkennung fand.<br />
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Beziehungen<br />
der AdW der UdSSR zu westlichen Wissenschaftlern<br />
künstlich stillgelegt, die internationalen Kontakte der Akademie<br />
entwickelten sich nur im Rahmen der sozialistischen<br />
Staatengemeinschaft. 1945 wurden die Beziehungen zwischen<br />
der Preußischen AdW und der AdW der UdSSR wieder aufgenommen.<br />
Die Zusammenarbeit der Akademie mit DDR-Wissenschaftlern<br />
lief in erster Linie im Bereich der Landwirtschaft.<br />
Einen großen Beitrag zum Studium der deutsch-russischen<br />
wissenschaftlichen Beziehungen leistete der Historiker, Akademiemitglied<br />
E. Winter (Mitglied der AdW der DDR seit<br />
1948), Professor der Humboldt-Universität (Berlin).<br />
In den Jahren der Perestrojka erlebte die akademische und<br />
universitätsgestützte Wissenschaft schwere Zeiten, viele Wissenschaftler<br />
verließen die frühere UdSSR. Unter den Aussiedlern<br />
jener Zeit war auch der Russlanddeutsche Andrej<br />
Konstantinowitsch Heim, zurzeit holländischer Staatsbürger,<br />
Professor an der Universität Manchester, früherer Mitarbeiter<br />
des Instituts für Festkörperphysik der AdW der UdSSR. 2010<br />
wurde ihm und seinem Kollegen K. Nowosjolow der Nobelpreis<br />
im Bereich der Physik für die Entdeckung von Graphen,<br />
eines superfeinen und hochfesten Werkstoffs verliehen.<br />
Seit Ende der 1980er Jahre entfaltete sich die Untersuchung<br />
der deutsch-russischen Beziehungen und der deutschen<br />
Bevölkerung der UdSSR und deren Nachfolgestaaten. In<br />
St. Petersburg waren es die akademischen Seminare „Deutsche<br />
in Russland: Deutsch-russische wissenschaftliche und<br />
Kulturbeziehungen“ (seit 1990), „Deutsche in St. Petersburg:<br />
Biographischer Aspekt“ (seit 1999). Die Erforschung der<br />
deutschen Bevölkerung der früheren UdSSR läuft mit wenigen<br />
Ausnahmen außerhalb des Rahmens akademischer<br />
Institutionen. Forschungsschwerpunkte für die Erforschung<br />
der Russlanddeutschen entstanden auf der Basis der Universitäten<br />
Saratow, Omsk, Dnepropetrowsk, Wolgograd. Den<br />
wichtigsten Part spielt dabei die Internationale Assoziation<br />
für die Erforscher der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen<br />
(seit 1995) mit ihren turnusmäßigen wissenschaftlichen<br />
Konferenzen, die als „Anapa-Konferenzen“ bekannt<br />
sind (die seit 1998 in Moskau abgehalten werden).<br />
гидрогеологической науки. Под его редакцией создана<br />
6-томная монография «Основы гидрогеологии»<br />
(1980–1984), получившая высокую оценку как<br />
в СССР, так и за рубежом.<br />
После окончания Второй мировой войны связи<br />
АН СССР с западными учеными были искусственно<br />
свернуты, международные отношения академии<br />
развивались лишь в пределах социалистического<br />
лагеря. В 1945 г. восстановлены отношения<br />
между Прусской АН и АН СССР. Сотрудничество<br />
академии с немецкими учеными ГДР проходило<br />
главным образом в области сельского хозяйства.<br />
Большой вклад в изучение российско-немецких<br />
научных связей внес историк, академик Э. Винтер<br />
(член АН ГДР с 1948 г.), профессор Университета<br />
имени Гумбольдта (Берлин).<br />
В годы перестройки академическая и вузовская<br />
наука переживала тяжелое время, многие ученые<br />
покинули бывший СССР. В числе выехавших<br />
в 1990 г. – российский немец Андрей Константинович<br />
Гейм, ныне гражданин Нидерландов, профессор<br />
Манчестерского университета, в прошлом сотрудник<br />
Института физики твердого тела АН СССР.<br />
В 2010 г. он и его коллега К. Новоселов удостоены<br />
Нобелевской премии в области физики за открытие<br />
графена, нового сверхтонкого и сверхпрочного<br />
материала.<br />
С конца 1980‐х гг. развернулись активные исследования<br />
в области изучения русско-немецких научных<br />
связей и немецкого населения СССР и постсоветского<br />
пространства. В Петербурге действуют академические<br />
семинары «Немцы в России: русско-немецкие<br />
научные и культурные связи» (с 1990 г.), «Немцы<br />
в Санкт-Петербурге: биографический аспект»<br />
(с 1999 г.). Изучение немецкого населения бывшего<br />
СССР происходит, за редким исключением, за рамками<br />
академических учреждений. Исследовательские<br />
центры по изучению российских немцев сформировались<br />
на базе университетов в Саратове, Омске,<br />
Днепропетровске, Волгограде. Основную нагрузку<br />
выполняет Международная ассоциация исследователей<br />
истории и культуры российских немцев<br />
(с 1995 г.) и ее регулярные научные конференции,<br />
получившие наименование «анапских» (с 1998 г.<br />
проводятся в Москве).
Немцы в российской истории 65<br />
Die deutsche Kolonisierung<br />
im 18. Jahrhundert<br />
Немецкая колонизация<br />
в XVIII в.<br />
I. Plewe (Saratow)<br />
И. Плеве (Саратов)<br />
Infolge der territorialen Ausdehnung des russischen<br />
Staatsgebietes, die im 16. Jahrhundert begann, wurden<br />
nicht nur neue Handelsbeziehungen zu den eroberten<br />
Gebieten geknüpft, die russische Bevölkerung, die sich in<br />
diesen Gebieten ansiedelte, begann auch mit der Verwertung<br />
verschiedener natürlichen Ressourcen. Russische Kaufleute<br />
drangen weiter nach Osten, nach Sibirien vor, aber in<br />
den neuen Territorien war zu spüren, dass dort eine der<br />
russischen Krone gegenüber loyale seßhafte bäuerlichen<br />
Bevölkerung fehlte. Die Grenzgebiete an der Wolga waren<br />
ständigen Überfällen von Nomadenvölkern ausgesetzt, die bis<br />
zum Anschluss dieser Gebiete an Russland dort gelebt hatten.<br />
Die Vergabe der Ländereien an Adlige zur Erschließung<br />
des Landes durch die Umsiedlung von leibeigenen Bauern<br />
oder die Ansiedlung von Kosaken und ehemaligen Soldaten<br />
brachten nicht die gewünschten Ergebnisse. Und aufgrund<br />
der vorherrschenden Leibeigenschaft gab es auch kaum freie<br />
Bauern, die selbstständig hätten umsiedeln können. Nicht viel<br />
besser sah es bei der Erschließung Kleinrusslands aus.<br />
Kolonisationsmaßnahmen Preußens, Österreichs, Amerikas<br />
und anderer Staaten, zu denen es infolge der Bevölkerungspolitik<br />
in Westeuropa kam, brachten auch russische Politiker<br />
auf die Idee, in ihren Unruhegebieten Ausländer anzusiedeln,<br />
da die eigenen Ressourcen zur Besiedlung neuer Territorien<br />
des Russischen Reiches nicht ausreichten. Während der<br />
Regierungszeit Elisabeths I. wurden nach europäischem<br />
Vorbild allgemeine Regeln aufgestellt, um Ausländer aus<br />
Westeuropa einzuladen, und auch schon erste Versuche zur<br />
ausländischen Kolonisierung unternommen. Großer Erfolg<br />
war dieser Politik aber noch nicht beschieden.<br />
Nach der Inthronisierung Katharinas II., einer geborenen<br />
Prinzessin von Anhalt-Zerbst, ging die russische Regierung<br />
mit noch mehr Tatkraft daran, die Grenzen des Staates auszuweiten<br />
und die neuen Herrschaftsgebiete zu erschließen.<br />
Das Manifest vom 4. Dezember 1762, mit dem Ausländern,<br />
außer Juden, die Genehmigung erteilt wurde, nach Russland<br />
Территориальное расширение русского государства<br />
начиная с XVI в. сопровождалось не<br />
только установлением торговых связей с новоприобретенными<br />
территориями, но и освоением<br />
различных природных ресурсов переселившимся<br />
на эти земли русским населением. Русские купцы<br />
проникали все дальше на восток, в Сибирь, но<br />
на новых землях ощущался недостаток лояльного<br />
российскому престолу оседлого земледельческого<br />
населения. Пограничные территории в Поволжье<br />
подвергались набегам кочевых племен, обитавших<br />
там до их включения в состав России. Наделение<br />
землей дворян для ее освоения за счет переселения<br />
крепостных крестьян, поселение казаков и отставных<br />
солдат не давало желаемых результатов,<br />
а свободных крестьян, могущих самостоятельно<br />
переселиться, из-за крепостного права почти не<br />
было. Не лучше дело обстояло и в вопросе освоения<br />
Малороссии.<br />
Колонизационные мероприятия Пруссии, Австрии,<br />
Америки и других стран, вызванные политикой народонаселения<br />
в западноевропейских государствах,<br />
склоняют и российских государственных деятелей<br />
к мысли о заселении иностранцами своих беспокойных<br />
регионов, поскольку внутренние ресурсы для<br />
заселения новых земель в Российской империи оказались<br />
ограниченными. В царствование Елизаветы I<br />
на основе европейского опыта были выработаны<br />
общие положения для вызова иностранцев из Западной<br />
Европы и предприняты первые попытки<br />
иностранной колонизации, но большого размаха<br />
эта политика не получила.<br />
После восхождения на престол Екатерины II, урожденной<br />
принцессы Ангальт-Цербстской, российское<br />
правительство стало более энергично расширять границы<br />
государства и осваивать новоприобретенные
138<br />
137. Манифест Екатерины II от 22 июля 1763 г. о приглашении<br />
иностранных колонистов в Российскую империю<br />
Manifest der Zarin Katharina II. vom 22. Juli 1763 über die<br />
Berufung ausländischer Kolonisten in das Russische Reich<br />
137<br />
138. Граф Г. Г. Орлов (1734–1783), президент Канцелярии<br />
опекунства иностранных (1763–1775). Ф. С. Рокотов.<br />
1762–1763. Государственная Третьяковская галерея, Москва<br />
Graf G. G. Orlow (1734–1783). Präsident der Vormundschaftskanzlei<br />
für ausländische Ansiedler (1763–1775). F. S. Rokotow.<br />
1762–1763. Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau<br />
139 140<br />
Национальная одежда в местах выхода колонистов в Гессене.<br />
С литографий К. В. Шурига. 1840<br />
Volkstrachten in Auswanderungsgebieten der Kolonisten in Hessen.<br />
Nach Lithographien von K. W. Schurig. 1840<br />
139. Оденвальд / Odenwald<br />
140. Вецлар / Wetzlar
Немцы в российской истории 67<br />
zu kommen und sich hier niederzulassen sowie russischen<br />
Menschen, die ins Ausland geflohen waren, erlaubt wurde,<br />
aus freien Stücken in ihre Heimat zurückzukehren, war<br />
eigentlich nichts weiter als die Erklärung, dass nun auch<br />
Russland die in Europa bereits populäre Politik zur Vergrößerung<br />
der Bevölkerung durch Einladung von Ausländern<br />
betreiben wollte. Es bedeutete auch eine Amnestie für Untertanen<br />
Russlands, die unter vorangegangenen Herrschern<br />
ihre Heimat verlassen hatten.<br />
Das Manifest vom 22. Juli 1763, in dem allen Ausländern, die<br />
nach Russland kommen wollten, erlaubt wurde, sich in einem<br />
Gouvernement ihrer Wahl niederzulassen und verschiedene<br />
zugesicherte Rechte in Anspruch zu nehmen, war die organische<br />
Fortsetzung des vorangegangenen Manifests. Im ersten<br />
Teil des Manifests wurden die Einreisebedingungen und im<br />
zweiten Teil die den Kolonisten versprochenen Vergünstigungen<br />
und Privilegien erläutert. Mit der Organisation wurde<br />
entsprechend diesem Erlass eine speziell dafür geschaffene<br />
Vormundschaftskanzlei in St. Petersburg betraut.<br />
Zu den wichtigsten Vergünstigungen und Privilegien gehörten<br />
die freie Glaubensausübung und die Zuteilung von<br />
Ländereien. Die Siedler wurden außerdem für bis zu 30 Jahren<br />
von jeglichen Steuern befreit. Das Manifest versprach<br />
einen zinslosen Kredit mit einer Laufzeit von zehn Jahren<br />
für den Bau von Häusern und den Kauf von Lebensmitteln<br />
und Vieh. Allen Kolonisten wurden freie Selbstverwaltung<br />
sowie die Befreiung vom Wehrdienst und von zivilen Diensten<br />
zugesichert.<br />
Das Manifest stieß auf lebhaftes Interesse bei der Bevölkerung<br />
in den verschiedenen deutschen Ländern, die noch<br />
unter den Folgen des Siebenjährigen Krieg (1756–1763)<br />
litten. Besonders in den hessischen Ländern, den rheinischen<br />
Fürstentümern und Bistümern, im Elsass und in Lothringen,<br />
aber auch in Dänemark, Schwedisch-Pommern und Bayern<br />
gab es nicht wenige, die nach Russland übersiedeln wollten.<br />
Die Regierungen einiger deutscher Staaten hinderten ihre<br />
Untertanen daran fortzuziehen, andere unterstützten sie<br />
dabei. In Regensburg, Ulm und Frankfurt am Main waren<br />
russische Diplomaten mit der Anwerbung der Kolonisten<br />
befasst. In den Ländern, in denen es den Untertanen<br />
verboten war, wegzuziehen, wurde die Anwerbung durch<br />
Sonderemissäre und Lokatoren betrieben, die für ihre Bemühungen<br />
Belohnung und Privilegien bei der Ansiedlung<br />
von Kolonisten in Russland bekamen.<br />
Die größte Sammelstelle für Ausreisewillige, die ihr Glück<br />
in Russland suchen wollten, war Büdingen im Fürstentum<br />
Isenburg. Zu Beginn erfolgte die Übersiedlung der Kolonisten<br />
auf dem Landweg, aber ab Sommer 1764 wurde<br />
der Seeweg vom Hafen in Lübeck aus zur Hauptreiseroute.<br />
Die Kolonisten wurden mit Fuhrwerken und auf Kosten<br />
der russischen Staatskasse in Gruppen von 60 bis 100 Personen<br />
zunächst nach Lübeck und weiter per Schiff nach<br />
Petersburg gebracht.<br />
Die Siedler, die 1763 in Russland eintrafen, kamen in Petersburg,<br />
später in Oranienbaum, einem Vorort der Hauptstadt,<br />
unter. Hier befanden sie sich zunächst in Quarantäne und<br />
leisteten den Treuschwur auf die russische Krone. Im Frühjahr<br />
1764 begann dann die Kolonisierung der Wolgaregion<br />
durch Ausländer.<br />
Abb. 137<br />
Abb. 138<br />
Abb.<br />
139, 140<br />
Abb.<br />
141–143<br />
Abb. 144<br />
Abb. 145<br />
владения. Манифест «О позволении иностранцам,<br />
кроме жидов, выходить и селиться в России и<br />
о свободном возвращении в свое отечество русских<br />
людей, бежавших за границу» от 4 декабря 1762 г.<br />
стал своего рода декларацией о присоединении России<br />
к популярной в то время в Европе политике<br />
увеличения численности населения страны за счет<br />
привлечения иностранцев. Он означал и амнистию<br />
для подданных России, покинувших родину при<br />
прежних правителях.<br />
Манифест «О дозволении всем иностранцам, в Россию<br />
въезжающим, поселяться в которых губерниях<br />
они пожелают и о дарованных им правах»<br />
от 22 июля 1763 г. был органичным продолжением<br />
предыдущего манифеста. В первой его части<br />
объяснялись условия переезда в Россию, а во второй<br />
– льготы и привилегии колонистам. Занималась<br />
организацией переселения специально созданная<br />
по этому указу Канцелярия опекунства иностранных<br />
(С.-Петербург).<br />
Главными среди всех льгот и привилегий были<br />
свобода вероисповедания и наделение землей. Также<br />
переселенцы освобождались от всяких налогов<br />
до 30 лет. Манифест обещал беспроцентную ссуду<br />
на 10 лет для строительства домов, на закупку продовольствия<br />
и скота. Всем колонистам была дарована<br />
свобода самоуправления, они освобождались<br />
от несения воинской и гражданской службы.<br />
Манифест вызвал живой интерес среди населения<br />
различных немецких государств, изрядно пострадавших<br />
в ходе Семилетней войны (1756–1763).<br />
Особенно в гессенских государствах, прирейнских<br />
княжествах и церковных территориях, Эльзасе и<br />
Лотарингии, а также в Дании, Шведской Померании<br />
и Баварии нашлось немало желающих переселиться<br />
в Россию. Правительства ряда немецких государств<br />
препятствовали уходу своих подданных, другие<br />
этому способствовали. В городах Регенсбург, Ульм<br />
и Франкфурт-на-Майне набором колонистов занимались<br />
российские дипломаты. В государствах,<br />
запрещавших уход своим подданным, вербовкой<br />
колонистов занимались особые эмиссары – вызыватели,<br />
получившие за свои труды вознаграждение<br />
и привилегии при поселении колонистов<br />
в России.<br />
Самым крупным сборным пунктом желающих<br />
испытать свое счастье в России стал Бюдинген<br />
в княжестве Изенбург. Вначале для переселения<br />
колонистов использовался сухопутный путь, но<br />
с лета 1764 г. основным стал водный путь через<br />
порт Любека. Колонистов за счет российской казны<br />
группами по 60–100 чел. на повозках отправляли<br />
в Любек и далее на кораблях в Петербург.<br />
Переселенцы, прибывшие в Россию в 1763 г., размещались<br />
в Петербурге, позже – в пригороде столицы<br />
Ораниенбаум. Здесь они проходили карантин и<br />
принимали присягу на верность русской короне.<br />
С весны 1764 г. началась иностранная колонизация<br />
Поволжья.<br />
Илл. 137<br />
Илл. 138<br />
Илл.<br />
139, 140<br />
Илл.<br />
141–143<br />
Илл. 144<br />
Илл. 145
141 142<br />
141. Бюдинген. Фото. 1970-е гг.<br />
Büdingen. Foto. 1970er Jahre<br />
142. Церковь св. Марии в Бюдингене, где перед<br />
отъездом в Россию за первую половину 1766 г.<br />
обвенчались 375 пар колонистов. Фото. 2010<br />
Marienkirche in Büdingen. Hier wurden in der ersten<br />
Jahreshälfte 1766 375 Kolonistenpaare vor ihrer<br />
Ausreise nach Russland getraut. Foto. 2010<br />
143. Ведомость казначейства Вехтерсбах (княженство<br />
Изенбург-Бюдинген) об уплате податей<br />
эмигрантами, выехавшими в Россию. 1766<br />
Rentei-Rechnung Wächtersbach, Fürstentum<br />
Ysenburg-Büdingen. Abgaben von Auswanderern<br />
nach Russland. 1766<br />
143<br />
144. Пристань в Любеке. Фрагмент гравюры<br />
на плане города. М. Зойтер.<br />
Не позднее 1757<br />
Anlegestelle in Lübeck. Fragment einer<br />
Radierung auf dem Stadtplan. M. Seutter.<br />
Nicht nach 1757<br />
144<br />
145. Вид Петербурга. С гравюры И. Елякова<br />
по рисунку М. Махаева. Фрагмент. 1761<br />
Ansicht von St. Petersburg. Radierung<br />
von I. Jeljakow nach einer Zeichnung<br />
von M. Machajew. Fragment. 1761<br />
145
Немцы в российской истории 69<br />
Von März 1764 bis Mai 1766 erfolgten Projektierung und<br />
Bau der Kolonien. Auf den Ländereien der Krone ließen<br />
sich die Siedler in Kolonistenbezirken, die nach religiösen<br />
Gesichtspunkten gebildet wurden, nieder. Zwischen 1763<br />
und 1772 kamen 30 623 Kolonisten nach Russland. Von den<br />
26 676 Personen, die man zur Ansiedlung in der Gegend von<br />
Saratow geschickt hatte, starben unterwegs 3 293 Menschen.<br />
23 216 Personen kamen an der Wolga an. Das waren Lutheraner,<br />
Katholiken und Reformierte. Die berufliche Zusammensetzung<br />
der Neuankömmlinge war sehr breit gefächert.<br />
Sie kamen aus ca. 150 verschiedenen Berufen, darunter<br />
Bauern, Weber, Schuster, Müller und Apotheker. Aber mehr<br />
als die Hälfte der Kolonisten waren Bauern. Für die neuen<br />
Untertanen Russlands war die Übersiedlung ins Wolgagebiet<br />
eine schwere Prüfung. Die ungewohnten klimatischen Verhältnisse,<br />
kalte und schneereiche Winter führten zu einer<br />
hohen Sterblichkeit unter ihnen. Auch mit dem Bau und<br />
dem Einrichten der Häuser verlief nicht alles glatt.<br />
Jede Kolonistenfamilie bekam im Wolgagebiet ein Stück<br />
Land von 30 Desjatinen. Die Vergünstigungen und Privilegien<br />
bekamen nicht nur die Übersiedler, sondern auch deren<br />
Nachkommen, die in Russland geboren wurden.<br />
Die von Lokatoren angeworbenen Kolonisten gerieten in deren<br />
Abhängigkeit und mussten diesen Abgaben leisten, während<br />
die übrigen Siedler von Zahlungen noch befreit waren. Diese<br />
Tatsache und einige weitere Verletzungen der Vertragsbedingungen<br />
bei der Ansiedlung der Kolonisten waren der Grund,<br />
dass die von Lokatoren angeworbenen Kolonisten 1768 darum<br />
baten, aus dieser Abhängigkeit befreit, den Kolonisten der Krone<br />
(des Staates) zugeordnet und der Vormundschaftskanzlei<br />
für Ausländer unterstellt zu werden.<br />
Die erste Kolonie an der Wolga, Dobrinka, wurde am<br />
29. Juni 1764 gegründet. Insgesamt wurden in den ersten<br />
zehn Jahren 108 deutsche Kolonien gegründet. Die Kolonien<br />
wurden zunächst von der Wojewodschaftskanzlei verwaltet,<br />
ab 1766 vom Saratower Kontor der Vormundschaftskanzlei<br />
für ausländische Ansiedler. 1782 waren die Behörden der<br />
Meinung, dass die Siedler keiner besonderen Betreuung mehr<br />
bedürften und übergaben deren Verwaltung den Gouvernementsbehörden.<br />
Es zeigte sich aber, dass dieser Schritt zu<br />
früh kam. Im Gedächtnis der Kolonisten blieben die 15 Jahre<br />
jener Verwaltung als böse Jahre mit Not und Elend in Erinnerung,<br />
schlimmer als die Heimsuchungen durch Pugatschows<br />
Scharen oder die Verwüstungen durch die Nomaden. 1797<br />
änderte sich die Situation erneut. Die Verwaltung übernahm<br />
das wiedereröffnete Saratower Vormundschaftskontor für<br />
ausländische Ansiedler. Dessen Funktion blieb bis zur Auflösung<br />
der Kolonialverwaltung im Jahre 1871 erhalten.<br />
Ende des 18. Jahrhunderts war die Hauptbeschäftigung der<br />
Siedler die Landwirtschaft. Außerdem bauten sie Tabak an<br />
und stellten in Heimarbeit Sarpinka-Stoff her. Zu einem<br />
großen Zentrum von Handwerk und Handel entwickelte<br />
sich die Kolonie Katharinenstadt, die am 27. August 1766<br />
gegründet worden war.<br />
Nicht alle ausländischen Siedler, die nach 1763 nach Russland<br />
kamen, ließen sich bei Saratow an der Wolga nieder. Kleine<br />
Gruppen schickte man auch in die Gegend von St. Petersburg,<br />
nach Livland, nach Kleinrussland und in das Gebiet von<br />
Woronjesch. 1765 gründete die Herrenhuter Gemeinde in der<br />
Abb.<br />
146, 147<br />
Abb. 148<br />
Abb. 149<br />
Abb. 150<br />
Abb. 151<br />
Abb. 152<br />
Abb. 153<br />
Проектирование и строительство колоний на местах<br />
осуществлялось с марта 1764 по май 1766 г.<br />
Колонисты селились округами на казенных землях,<br />
которые создавались по религиозному принципу.<br />
С 1763 по 1772 г. в Россию прибыли 30 623 колониста.<br />
Из 26 676 чел., отправленных на поселение в район<br />
Саратова, в дороге умерли 3 293 чел. В Поволжье<br />
прибыли 23 216 чел. Это были лютеране, католики<br />
и реформаты. Разнообразным был и профессиональный<br />
состав прибывших – представителей около<br />
150 различных профессий: земледельцы, ткачи, сапожники,<br />
мельники, аптекари и др. Более половины<br />
колонистов были крестьянами. Переезд в Поволжье<br />
стал серьезным испытанием для новых подданных<br />
России. Непривычные климатические условия, холодные<br />
и снежные зимы привели к высокой смертности<br />
среди них. Не все гладко происходило с их<br />
обустройством и строительством домов.<br />
Каждой семье колониста в Поволжье предоставлялся<br />
земельный надел в размере 30 десятин. Льготы и<br />
привилегии получали не только прибывшие колонисты,<br />
но и их потомки, рожденные в России.<br />
Завербованные вызывателями колонисты попали<br />
под их зависимость и должны были платить им<br />
подати, в то время как остальные поселенцы еще<br />
были освобождены от платежей. Этот факт и ряд нарушений<br />
обязательств по обустройству колонистов<br />
послужили в 1768 г. поводом для ходатайств вызывательских<br />
колонистов об освобождении от этой<br />
зависимости и причислении их к коронным (казенным)<br />
колонистам с подчинением Канцелярии<br />
опекунства иностранных.<br />
Первая немецкая колония в Поволжье – Добринка –<br />
была основана 29 июня 1764 г. Всего за первые 10 лет<br />
было образовано 108 немецких колоний. Колонии<br />
находились сначала под управлением Воеводской<br />
канцелярии, а с 1766 г. – Саратовской конторы Канцелярии<br />
опекунства иностранных. В 1782 г. власти<br />
сочли, что поселенцы уже не нуждаются в особой<br />
опеке, и передали управление ими губернским учреждениям.<br />
Оказалось, шаг этот был преждевременным.<br />
В памяти колонистов 15 лет иного управления<br />
ассоциировались с лихолетьем и бедствиями, хуже,<br />
чем пугачевщина и разорения, приносимые кочевниками.<br />
В 1797 г. ситуация снова изменилась – в управление<br />
колониями вступила вновь организованная<br />
Саратовская контора опекунства иностранных.<br />
Ее функции сохранялись до упразднения колониального<br />
управления в 1871 г.<br />
В конце XVIII в. основными занятиями поселенцев<br />
были земледелие, выращивание табака, надомное<br />
текстильное производство (сарпинка). Крупным ремесленным<br />
и торговым центром стала колония Екатериненштадт,<br />
основанная 27 августа 1766 г.<br />
Не все иностранные поселенцы, прибывшие в Россию<br />
после 1763 г., расселились в Саратовском Поволжье.<br />
Небольшие их группы были размещены<br />
под Санкт-Петербургом, в Лифляндии, Малороссии,<br />
под Воронежем. В 1765 г. близ Царицына общиной<br />
Илл.<br />
146, 147<br />
Илл. 148<br />
Илл. 149<br />
Илл. 150<br />
Илл. 151<br />
Илл. 152<br />
Илл. 153
146<br />
147
146. Планы 102 колоний и г. Саратова на карте<br />
Саратовского и Золотовского округов.<br />
Р. Степанов и Я. Оболдуев. 1767. Российский<br />
государственный военно-исторический архив,<br />
Москва<br />
Pläne von 102 Kolonien und der Stadt Saratow<br />
auf der Karte der Bezirke Saratow und Solotoje.<br />
R. Stepanow und Ja. Oboldujew. 1767. Russisches<br />
Militär-Historisches Staatsarchiv, Moskau<br />
147. План типовой колонии для иностранных<br />
колонистов, в которой предусмотрены церковь,<br />
школа, кладбище, торговая площадь, пашни,<br />
сады, огороды, выгон и пр. Д. Смирнов. 1765.<br />
Российский государственный архив древних<br />
актов, Москва<br />
Plan einer Musterkolonie für ausländische<br />
Kolonisten, in der Kirche, Schule, Friedhof,<br />
Marktplatz, Äcker, Obst- und Gemüsegärten,<br />
Weide u.a. vorgesehen sind. D. Smirnow. 1765.<br />
Russisches Staatsarchiv Alter Akten<br />
148. Инструкция для иностранных поселенцев,<br />
составленная Саратовской конторой, наложила<br />
отпечаток на весь внутренний быт колонистов.<br />
Титульный лист. 1768. Государственный<br />
исторический архив немцев Поволжья, Энгельс<br />
Instruktion des Saratower Kontors für<br />
ausländischen Ansiedler, die den Alltag der<br />
Kolonisten prägte. Titelblatt. 1768. Staatliches<br />
Historisches Archiv der Wolgadeutschen, Engels<br />
148<br />
149<br />
150<br />
149. План колонии Нижняя Добринка. Фрагмент карты<br />
Саратовского и Золотовского округов. Р. Степанов<br />
и Я. Оболдуев. 1767. Российский государственный<br />
военно‐исторический архив, Москва<br />
Plan der Kolonie Nischnjaja Dobrinka. Kartenfragment der<br />
Bezirke Saratow und Solotoje. R. Stepanow und Ja. Oboldujew.<br />
1767. Russisches Militär-Historisches Staatsarchiv, Moskau<br />
150. Здание Саратовской конторы иностранных поселенцев,<br />
построенное в 1802 г. по проекту архитектора Х. И. Лоссе и<br />
снесенное в 1981 г. Фото Г. Рассветова. 1960‐е гг.<br />
Gebäude des Saratower Vormundschaftskontor für ausländische<br />
Ansiedler, errichtet in Saratow 1802 nach einem Projekt<br />
von Ch. J. Losse, abgetragen 1981. Foto von G. Rasswetow.<br />
1960er Jahre
72 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
154, 155<br />
Abb.<br />
156, 157<br />
Abb. 158<br />
Nähe von Zarizyn die Kolonie Sarepta, die einen Sonderstatus<br />
und die Genehmigung erhielt, unter der Bevölkerung der Umgebung,<br />
den Kalmücken, die christliche Lehre zu verbreiten. In<br />
den 1770er Jahren wurden aufgrund der Ereignisse in Polen<br />
und des Russisch-Türkischen Krieges (1768–1774) das Anwerben<br />
und Ansiedeln ausländischer Kolonisten eingestellt.<br />
Trotz der Vergünstigungen führten die Kolonisten keineswegs<br />
sofort ein Leben in Wohlstand. Die Ländereien einiger<br />
Kolonien erstreckten sich in einem schmalen Streifen vom<br />
Ufer der Wolga bis tief in die Steppe, was deren Bewirtschaftung<br />
erschwerte. Die Anpassung an die neuen natürlichen<br />
Verhältnisse dauerte ca. 45 Jahre. In dieser Zeit griff der<br />
Staat den Kolonisten mehrmals helfend unter die Arme,<br />
insbesondere in Jahren mit Missernten oder Naturkatastrophen,<br />
und er verlängerte die Fristen für die Rückzahlung<br />
des staatlichen Darlehens für die Überfahrt nach Russland<br />
und die wirtschaftliche Grundausstattung. Ende der 30er<br />
Jahre des 19. Jahrhunderts erstarkten die Wolgakolonien.<br />
Sie konnten die letzten Schulden begleichen und leisten nun<br />
auch Abgaben an die Staatskasse in der Höhe, wie sie auch<br />
für die Staatsbauern in den benachbarten Kreisen galten. Die<br />
größten Erfolge erzielten sie beim Anbau von Brotgetreide,<br />
das in den Mühlen von Saratov und in anderen Siedlungen<br />
des Wolgagebiets gemahlen wurde. Getreide und Mehl kam<br />
auf die Märkte der zentralen Gouvernements und wurde<br />
zum Teil auch exportiert. Die deutschen Kolonien an der<br />
Wolga wurden zu einer Kornkammer Russlands.<br />
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kam es durch den Gemeindebesitz<br />
des Bodens und der daraus resultierenden regelmäßig<br />
wiederkehrenden Umverteilung und Verkleinerung des Pro-<br />
Kopf-Anteils zu einer Stagnation der wirtschaftlichen Entwicklung<br />
der Kolonien. Da an der Wolga nicht mehr genug<br />
Boden zur Verfügung stand, siedelte die überzählige Bevölkerung<br />
auf der Suche nach neuen Existenzmöglichkeiten Ende<br />
des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in neue Kolonien<br />
um, die im Nordkaukasus, im Norden Kasachstans und in<br />
Sibirien gegründet wurden. Zum Teil zogen die Menschen<br />
auch in die Städte an der Wolga, nach Baku oder in die USA.<br />
In der Zeit zwischen der Aufhebung der Kolonialverwaltung<br />
im Jahre 1871 und dem Ersten Weltkrieg emigrierten etwa<br />
10 000 Wolgadeutsche nach Nord- und Südamerika und gründeten<br />
dort neue Kolonien, in denen sie noch viele Jahrzehnte<br />
ihre Sprache, ihre Sitten und Bräuche pflegten.<br />
Илл.<br />
154, 155<br />
Илл.<br />
156, 157<br />
Илл. 158<br />
гернгутеров основана колония Сарепта, получившая<br />
особый статус и разрешение проповедовать<br />
христианское веро учение среди окрестного нехристианского<br />
населения (калмыков). С 1770‐х гг. вызов<br />
и прием иностранных переселенцев в России был<br />
приостановлен вследствие событий в Польше и<br />
войны с Турцией (1768–1774).<br />
Несмотря на льготы, колонисты не сразу достигли<br />
хорошего уровня благосостояния. Земельные наделы<br />
отдельных колоний простирались узкой полосой<br />
от берега Волги вглубь степи, что делало затруднительным<br />
их возделывание. Период адаптации к новым<br />
природным условиям занял около 45 лет, на протяжении<br />
которых государство неоднократно оказывало<br />
колонистам помощь, особенно в годы неурожая и<br />
стихийных бедствий, предоставляло отсрочки для<br />
выплаты ими казенного долга по переезду в Россию и<br />
хозяйственному обустройству. К концу первой трети<br />
XIX в. поволжские колонии окрепли, смогли выплатить<br />
последние долги и платили казне подати в установленных<br />
для государственных крестьян смежных<br />
уездов размерах. Особого успеха они достигли в выращивании<br />
хлебного зерна, которое перерабатывалось<br />
на мельницах в Саратове и других городах и<br />
населенных пунктах Поволжья. Зерно и мука поступали<br />
на рынки центральных губерний и частично<br />
экспортировались за границу. Немецкие колонии<br />
Поволжья стали одной из житниц России.<br />
С середины XIX в. экономическое развитие колоний<br />
стеснялось общинным владением землей с периодическим<br />
переделом и уменьшением земли на душу.<br />
Из-за недостатка земли в Поволжье избыточное<br />
население к концу XIX – началу XX в. в поиске<br />
источников существования отчасти переселялось<br />
в новые колонии, созданные на Северном Кавказе,<br />
в Северном Казахстане и Сибири, отчасти уходило<br />
на заработки в города Поволжья, Баку или уезжало<br />
в США. В период между упразднением колониального<br />
управления в 1871 г. и Первой мировой войной<br />
около 10 тыс. поволжских немцев эмигрировали<br />
в Северную и Южную Америку, образовав там новые<br />
колонии, в которых на многие десятилетия<br />
сохраняли свой язык и обычаи.<br />
151. Плуг из колонии Ягодная Поляна<br />
(Саратовская губерния).<br />
Середина XIX в. Саратовский областной<br />
музей краеведения, Саратов<br />
Pflug aus der Kolonie Jagodnaja Poljana<br />
(Gouvernement Saratow).<br />
Mitte 19. Jh. Saratower Gebietsmuseum<br />
für Heimatkunde, Saratow<br />
151
152<br />
153 154<br />
155<br />
152. План колонии Екатериненштадт. Фрагмент карты Саратовского<br />
и Золотовского округов. Р. Степанов и Я. Оболдуев. 1767.<br />
Российский государственный военно‐исторический архив,<br />
Москва<br />
Plan der Kolonie Katharinenstadt. Kartenfragment der Bezirke<br />
Saratow und Solotoje. R. Stepanow und Ja. Oboldujew. 1767.<br />
Russisches Militär-Historisches Staatsarchiv, Moskau<br />
153. Немецкие колонисты на рынке в Санкт-Петербурге.<br />
С гравюры И. Г. Шеффнера по рисунку Х. Г. Гейслера. 1801<br />
Deutsche Kolonisten auf dem Markt in St. Petersburg. Radierung<br />
von J. G. Scheffner nach einer Zeichnung von Ch. G. Geissler. 1801<br />
154. Жалованная грамота Екатерины II о наделении 4 000 дес. земли<br />
между Царицыным и Астраханью для колонии Сарепта.<br />
1764. Архив Евангелического братства, Геррнгут (Германия)<br />
Donatationsbrief Katharina II. über die Zuteilung von 4 000 Desjatinen<br />
Land zwischen Zarizyn und Astrachan für die Kolonie Sarepta.<br />
1764. Unitätsarchiv der Evangelischen Brüder‐Unität, Herrnhut<br />
(Deutschland). R.1.F.2<br />
155. Сарепта. С литографии неизвестного. Начало XIX в. Архив<br />
Евангелического братства, Геррнгут (Германия)<br />
Sarepta. Lithographie eines Unbekannten. Anfang 19. Jh. Unitätsarchiv<br />
der Evangelischen Brüder-Unität, Herrnhut (Deutschland). Ts. Mp.281.10
156. Иностранные колонисты в<br />
Саратовской губернии на<br />
жнивье. С акварели 1830-х гг.<br />
Саратовский областной музей<br />
краеведения, Саратов<br />
Ausländische Kolonisten im<br />
Gouvernement Saratow bei der<br />
Ernte. Aquarell. 1830er Jahre.<br />
Saratower Gebietsmuseum<br />
für Heimatkunde, Saratow<br />
156<br />
157. Мельница Ф. Альтаха и<br />
И. Лисунова в колонии<br />
Екатериненштадт (построена<br />
в 1877 г.). Фото. 2008<br />
Mühle von F. Alltag und I. Lisunow<br />
in der Kolonie Katharinenstadt<br />
(errichtet 1877). Foto. 2008<br />
157<br />
158. Саратовская губерния.<br />
Иллюстрированная открытка.<br />
1856. Российская национальная<br />
библиотека, С.‐Петербург<br />
Gouvernement Saratow. Illustrierte<br />
Ansichtskarte. 1856. Russische<br />
Nationalbibliothek, St. Petersburg<br />
158
Немцы в российской истории 75<br />
Die ausländische Kolonisierung im Süden<br />
Russlands im 18. und 19. Jahrhundert<br />
Иностранная колонизация на юге России<br />
в XVIII–XIX вв.<br />
O. Eisfeld (Göttingen)<br />
О. Айсфельд (Гёттинген)<br />
Territoriale Erweiterungen in Russland waren stets<br />
von kolonialen Prozessen begleitet, denn neben militärischen<br />
Verteidigungszielen spielten dabei auch<br />
wirtschaftliche Motive eine gewichtige Rolle. Lange Zeit<br />
erfolgte in der russischen Geschichte die Erschließung<br />
hinzugewonnener Territorien u. a. dadurch, dass diese<br />
von der russischen Bevölkerung kolonisiert wurden.<br />
Bezeichnend für das 18. Jahrhundert war der Anschluss<br />
sehr großer Territorien, die südlich der im 17. Jahrhundert<br />
errichteten Befestigungslinie lagen. Im Ergebnis der Kriege<br />
gegen die Türkei hatte das Russische Reich beträchtliche<br />
dünn besiedelte Flächen im Schwarzmeergebiet, am<br />
Asowschen Meer und im Vorkaukasus hinzugewonnen.<br />
Die Befestigung der neuen Grenzen und der Aufbau einer<br />
funktionierenden Verwaltung waren die vordringlichsten<br />
Aufgaben der russischen Kolonisierung im Süden. Der<br />
stufenweise Aufbau der Ukrainischen Linie in den 1730er<br />
Jahren und der Dnjepr-Linie im Jahre 1770, die mit dem<br />
Anschluss neuer Territorien sehr bald an Bedeutung verloren,<br />
wurde durch die militärische Kolonisierung begleitet.<br />
Die Notwendigkeit einer Besiedelung ergab sich aus strategischen<br />
und wirtschaftlichen Gründen: Es war wichtig,<br />
grenznahe Gebiete zu befestigen und mit Lebensmitteln zu<br />
versorgen. Außerdem wurden Quartiere für die Truppen<br />
benötigt. Siedler aus anderen Regionen des Reiches lebten<br />
sich sehr schnell auf den Ländereien der liquidierten Saporoger<br />
Sitsch ein, die an den Staat gefallen waren.<br />
Auch im Vorkaukasus hatte die Regierung mit dem Aufbau<br />
eines einheitlichen Systems militärischer Befestigungen<br />
vom Schwarzen bis zum Kaspischen Meer begonnen,<br />
begleitet durch die Errichtung von Kosakensiedlungen<br />
entlang der Grenzlinie. Die neuen Besitztümer am rechten<br />
Ufer des Kuban, die Schwarzmeerregion, wurde 1792 für<br />
alle Zeiten den Schwarzmeerkosaken übergeben und mit<br />
25 000 Saporoger Kosaken besiedelt. Der von der Regierung<br />
geförderten Besiedlung durch die Kosaken folgte<br />
Abb. 159<br />
Территориальным приращениям в России сопутствовали<br />
колониальные процессы, так как<br />
наряду с военно-оборонительными целями<br />
важную роль играли побуждения экономического<br />
характера. На протяжении длительного периода<br />
российской истории освоение ее расширяющейся<br />
территории проходило, в том числе, путем колонизации<br />
русским населением.<br />
XVIII в. знаменателен масштабным присоединением<br />
обширных территорий, лежащих на юг от укрепленной<br />
черты, построенной в XVII в. В результате<br />
войн с Турцией Россия приобрела значительный<br />
массив малозаселенных земель в Северном Причерноморье,<br />
Приазовье, Предкавказье. Укрепление<br />
новых рубежей и организация действенной системы<br />
управления были основными задачами на южном направлении<br />
русской колонизации. Поэтапное сооружение<br />
«Украинской» (1730‐е гг.) и «Днепровской»<br />
(1770) линий, быстро терявших свое значение с присоединением<br />
новых земель, сопровождалось военной<br />
колонизацией. Необходимость заселения вызывалась<br />
стратегическими и хозяйственными задачами: пограничные<br />
районы важно было укрепить и обеспечить<br />
продовольствием, войска нуждались в жилищах.<br />
Быстрыми темпами осваиваются выходцами<br />
из других регионов империи земли ликвидированной<br />
Запорожской Сечи, поступившие в распоряжение<br />
государства.<br />
В Предкавказье правительство также предприняло<br />
возведение единой системы военных укреплений<br />
от Черного до Каспийского моря, которое сопровождалось<br />
устройством вдоль линии казачьих станиц.<br />
Новые владения на правом берегу Кубани, названные<br />
Черноморией, были отданы в вечное владение<br />
Черноморскому казачьему войску (1792) и заселены<br />
запорожскими казаками (25 тыс.). Поощряемая<br />
Илл. 159
159<br />
159. Западная часть Российской империи с новоприсоединёнными территориями к 1787 г. Карта К. Маннерта. Нюрнберг. 1794<br />
Westteil des Russischen Reiches mit bis 1787 angeschlossenen neuen Territorien. Karte von C. Mannert. Nürnberg. 1794<br />
160<br />
160. Новороссия на рубеже XVIII–XIX вв. Лист из атласа Российской империи. А. Вильбрехт. С.-Петербург. 1800<br />
Neurussland an der Wende vom 18. zum 19. Jh. Blatt aus dem Atlas von A. Wilbrecht. St. Petersburg. 1800
Немцы в российской истории 77<br />
die bäuerliche Kolonisierung der Steppen des Vorkaukasus<br />
und der Kuban-Region, in denen sich jetzt russische<br />
Siedlergruppen aus Zentralrussland niederließen. Das war<br />
der Auftakt für die russische Kolonisierung des Nord- und<br />
Nordwestkaukasus.<br />
Im Reich gab es nach wie vor ein doppeltes Problem: die<br />
dünne Besiedlung riesiger Flächen einerseits und die äußerst<br />
ungleichmäßige Bevölkerungsverteilung andererseits. Der<br />
etappenweise, aber zügige Anschluss der südlichen Steppengebiete<br />
an Russland erforderte nicht nur deren baldige<br />
Besiedlung, sondern auch eine wirtschaftliche und vor allem<br />
landwirtschaftliche Erschließung. Auf diesen Territorien<br />
entstand ein einheitlicher Wirtschaftsraum. Die Regierung<br />
unterstützte die Übersiedlung nahezu aller ethnischen,<br />
sozialen und konfessionellen Gruppen. Geknüpft an die Bedingung,<br />
Grund und Boden zu erschließen und zu bewirtschaften<br />
sowie Bauern anzusiedeln, wurden die Ländereien<br />
an Gutsbesitzer, Militärs und Beamte unterschiedlichen<br />
Ranges vergeben. Unter den Siedlern waren Leibeigene<br />
und Flüchtige, darunter auch Altgläubige und Angehörige<br />
von Sekten, deren Ansiedlung in den neuen Regionen die<br />
Regierung de facto legalisierte. Sie initiierte und organisierte<br />
die Übersiedlung von Ökonomiebauern, 24 000 Personen<br />
im Jahre 1781, sowie Staatsbauern aus den zentralen Gouvernements<br />
auf staatseigene Ländereien.<br />
Innerhalb von zehn Jahren, zwischen 1775 und 1785,<br />
wurden in Neurussland fast 4,5 Mio. Desjatinen Land an<br />
Gutsbesitzer und zur Gründung staatseigener Siedlungen<br />
vergeben, wo sich insgesamt 97 609 Personen niederließen.<br />
Im Schnitt entfielen auf jeden männlichen Bewohner mehr<br />
als 83 Desjatinen Land. Ende des 18. Jahrhunderts war die<br />
Bevölkerungszahl in der Region um 86 % gestiegen. Die<br />
Vergabe von Land im großen Stil wurde fortgesetzt.<br />
Nach dem Anschluss der Gebiete des Krim-Khanats an<br />
Russland im Jahre 1783 und der Gebiete zwischen Bug<br />
und Dnjestr im Jahre 1791 blieben die wirtschaftlichen<br />
und strategischen Ziele zur Besiedlung und Erschließung<br />
weiter aktuell. Sie wurden auch mit den gleichen Methoden<br />
umgesetzt. Im Gebiet zwischen Bug und Dnjestr wurden<br />
an Gutsbesitzer 1 634 000 Desjatinen und an staatseigene<br />
Siedler 545 000 Desjatinen Land vergeben. Nach dem Anschluss<br />
Bessarabiens im Jahre 1812 stellten sich erneut die<br />
gleichen Aufgaben.<br />
Der Zuwachs an Untertanen ging nicht immer in ausreichendem<br />
Maße mit der territorialen Erweiterung Russlands<br />
einher. Die ursprünglich dort ansässige Bevölkerung verließ<br />
oft aus unterschiedlichen Gründen die angestammten Gebiete.<br />
Die Vorherbestimmung und später der Anschluss der<br />
Krim bewogen einen beträchtlichen Teil der Krimtataren,<br />
einigen Angaben zufolge ca. 300 000, und Kuban-Nogaier,<br />
in mehreren Etappen ins Osmanische Reich auszuwandern.<br />
Die frei werdenden Ländereien wurden an russische Adelige<br />
vergeben. Nach 1812 verließ die moslemische Bevölkerung<br />
in großen Massen Bessarabien und die Krim.<br />
Im Volk und nicht in den leeren Weiten von Territorien<br />
sah M. W. Lomonossow, der 1761 die Aufnahme von Ausländern<br />
als eine Möglichkeit des Bevölkerungszuwachses in<br />
Russland vorgeschlagen hatte, Größe, Macht und Reichtum<br />
eines Staates.<br />
Abb. 160<br />
Abb.<br />
161, 162<br />
правительством казачья колонизация повлекла<br />
за собой крестьянскую колонизацию степного Предкавказья<br />
и Кубани, обусловившую появление здесь<br />
населения из Центральной России. Это положило<br />
начало русской колонизации на Северном и Северо-<br />
Западном Кавказе.<br />
В империи продолжала существовать двоякая проблема:<br />
слабая заселенность огромных пространств<br />
и крайне неравномерное распределение населения.<br />
Поэтапное, но достаточно быстрое присоединение<br />
к России степных пространств на юге требовало не<br />
только скорого заселения, но и их хозяйственного,<br />
в первую очередь сельскохозяйственного, освоения.<br />
На этих территориях создавалось единое экономическое<br />
пространство. Правительство поощряло<br />
переселение практически любых этнических,<br />
социальных и конфессиональных групп. С условием<br />
освоения земли, ее обработки и заселения<br />
крестьянами территории раздавались помещикам,<br />
военным и гражданским чиновникам различных<br />
рангов. В числе переселенцев оказались крепостные<br />
и беглые крестьяне, в том числе старообрядцы и<br />
сектанты, обустройство которых на новых землях<br />
правительство фактически легализовало. Оно инициировало<br />
и организовывало переселение на казенные<br />
земли экономических (24 тыс., 1781 г.) и<br />
казенных крестьян из внутренних губерний.<br />
В течение 10 лет (1775–1785) в Новороссии помещикам<br />
и под казенные селения было роздано<br />
почти 4,5 млн дес., на которых поселились 97 609 чел.<br />
В среднем на мужскую душу приходилось более<br />
83 дес. К концу XVIII в. население в регионе выросло<br />
на 86 %. Массовая раздача земли продолжалась.<br />
После присоединения к России территорий Крымского<br />
ханства (1783) и земель между Бугом и Днестром<br />
(1791) хозяйственные и стратегические задачи<br />
заселения и освоения оставались актуальными.<br />
Осуществлялись они теми же методами. В междуречье<br />
Буга и Днестра помещикам было роздано<br />
1 млн 634 тыс. дес., казенным поселенцам – 545 тыс.<br />
Присоединение в 1812 г. к России Бессарабии ставило<br />
те же задачи.<br />
Не всегда территориальное расширение России<br />
влекло за собой достаточное приращение числа<br />
подданных. Коренное население по тем или иным<br />
причинам покидало свои исконные территории.<br />
Предопределенность, а позже присоединение Крыма<br />
побудили значительную часть крымских татар<br />
(по некоторым данным около 300 тыс.) и кубанских<br />
ногайцев в несколько этапов эмигрировать в Османскую<br />
империю. Опустевшие земли раздавались<br />
российскому дворянству. После 1812 г. массы мусульманского<br />
населения оставили Бессарабию и<br />
Крым.<br />
В народе, а не в пустой обширности территорий<br />
видел величие, могущество и богатство государства<br />
М. В. Ломоносов, предлагавший прием иностранцев<br />
как один из способов приращения населения<br />
России (1761 г.).<br />
Илл. 160<br />
Илл.<br />
161, 162
161<br />
163<br />
162<br />
161, 162.<br />
Трактат М. В. Ломоносова о приращении российского<br />
народа с предложением поселять в России<br />
иностранцев (1761), опубликованный в 1819 г.<br />
Traktat von M. W. Lomonossow über die Vermehrung<br />
der Bevölkerung Russlands mit dem Vorschlag zur<br />
Ansiedlung von Ausländern (1761), veröffentlicht 1819<br />
163. Елизавета I (1709–1761), начавшая с 1751 г. заселение южных<br />
окраин России иностранными колонистами. И. Вишняков. 1743.<br />
Государственная Третьяковская галерея, Москва<br />
Elisabeth I. (1709–1761) begann 1751 mit der Ansiedlung ausländischer<br />
Kolonisten an der südlichen Peripherie Russlands. I. Wischnjakow. 1743.<br />
Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau<br />
165<br />
164<br />
164. Новая Сербия – губерния Новороссии, заселенная выходцами<br />
из Австро-Венгерской империи. Карта Г. Л. ле Руже. Париж, 1769<br />
Neu-Serbien, eine mit Zuwanderern aus dem Kaiserreich<br />
Österreich-Ungarn besiedelte Provinz Neurusslands.<br />
Karte von G. L. Le Rouge. Paris, 1769<br />
165. Имение графа П. А. Румянцева-Задунайского Вишенки<br />
(Малороссийской губ.), где в 1770 г. он поселил иностранных<br />
колонистов-гуттеров. С акварели А. Кунавина. Конец XVIII в.<br />
Национальный художественный музей Украины, Киев<br />
Landgut des Grafen P. A. Rumjanzew-Zadunajskij Wischenki<br />
(Gouvernement Kleinrussland), auf dem er 1770 ausländische Kolonisten,<br />
Hutterer, angesiedelt hat. Nach einem Aquarell von A. Kunawin. Ende<br />
18. Jh. Nationale Gemäldegalerie der Ukraine, Kiew
Немцы в российской истории 79<br />
Das Bestreben der russischen Regierung, die südlichen<br />
Randgebiete mit ausländischen Kolonisten zu besiedeln,<br />
kam Mitte des 18. Jahrhunderts zum Tragen, als für<br />
die Besiedlung der an die Ukrainische Linie angrenzenden<br />
Steppen Südslawen, darunter Serben, Bulgaren,<br />
Moldawier, Walachen und Montenegriner, aus der Österreich-Ungarischen<br />
Monarchie angeworben wurden,<br />
die wie die Bevölkerung Russlands den selben orthodoxen<br />
Glauben hatten. Zu ihren Aufgaben gehörte es, das<br />
Land urbar zu machen, Höfe zu errichten, Häuser und<br />
Dörfer aufzubauen und zugleich die Grenze militärisch<br />
abzusichern.<br />
Ausländer waren auch die christlichen Bewohner der<br />
Krim, Griechen, Armenier und Georgier, die 1778/79 ins<br />
Gouvernement Asow umgesiedelt wurden (31 000 Personen).<br />
Auch die orthodoxen Bulgaren von den Ufern der<br />
Donau, die 1792 entlang von Bug und Dnjestr angesiedelt<br />
wurden, waren Ausländer. Als türkische Untertanen erhielten<br />
die Bulgaren, Rumelier und Gagausen, die nach 1812<br />
das Donau-Gebiet verließen und sich auf Staatsländereien<br />
des angeschlossenen Bessarabiens niederließen, den Status<br />
ausländischer Kolonisten (1819).<br />
Die Regierung versuchte, die moslemische und heidnische<br />
Bevölkerung Russlands auch mit Hilfe christlicher Ausländer<br />
zu christianisieren. Zu diesem Zweck entstanden<br />
eine Kolonie Baseler Missionare in der Provinz Karabach<br />
(bei Schuscha) und eine schottische Kolonie im Kaukasus-<br />
Gebiet (nahe Karras).<br />
Ausländische Kolonisten wurden auch von Gutsbesitzern<br />
angeworben. Als Ackerbauern, Viehzüchter und Handwerker<br />
ließen sich u. a. auf den Ländereien der Fürsten<br />
А. А. Prosorowskij, G. A. Potjomkin und P. Ch. Wittgenstein<br />
sowie des Grafen P. A. Rumjanzew-Zadunajskij freie<br />
Siedler aus deutschen Staaten, wenn auch nur in geringer<br />
Zahl, nieder.<br />
Einen Präzedenzfall für die vom Staat getragene landwirtschaftliche<br />
Kolonisierung durch Bevölkerungsgruppe aus<br />
deutschen Staaten schuf Katharina II., die 1763 Deutsche<br />
einlud, sich auf Staatsländereien in der Umgebung von<br />
St. Petersburg und am Unterlauf der Wolga anzusiedeln.<br />
Ab Ende der 80er Jahre ließen sich deutsche Kolonisten<br />
aus Westpreußen, Mennoniten und Lutheraner, in Neurussland<br />
nieder. Um die Jahrhundertwende gab es auf den<br />
Staatsländereien dieser Region 14 deutsche Kolonien mit<br />
etwas mehr als 3 000 Deutschen.<br />
Der Zustrom deutscher Kolonisten nach Russland war<br />
nicht immer gleichmäßig und hing von äußeren sowie<br />
inneren Faktoren ab. Für die Auswanderung aus<br />
Baden, Hessen, Württemberg (Pietisten), Bayern und<br />
verschiedenen deutschen Fürstentümern gab es sehr<br />
unterschiedliche Motive: die Folgen der Napoleonischen<br />
Kriege, religiöse Verfolgung oder wirtschaftliche und<br />
soziale Gründe. Anfang des 19. Jahrhunderts gab es im<br />
Süden Russlands mehrere Kolonisierungswellen, die mehr<br />
oder weniger große Gruppen von Deutschen mit sich<br />
brachten. Diese wurden in den Gouvernements Cherson,<br />
Jekaterinoslaw und Taurien, in Bessarabien sowie im<br />
Kaukasus angesiedelt.<br />
Abb. 163<br />
Abb. 164<br />
Abb. 165<br />
Abb. 166<br />
Abb.<br />
167–178<br />
Стремление российского правительства заселять<br />
южные окраины иностранными колонистами проявляется<br />
в середине XVIII в., когда для заселения<br />
примыкающих к «Украинской» линии степей были<br />
привлечены южные славяне из Австро-Венгерской<br />
империи, единые по вере православному населению<br />
России: сербы, болгары, молдаване, валахи, черногорцы<br />
и др. В их задачу входило распахать земли,<br />
завести хозяйства, выстроить дома и деревни, одновременно<br />
неся пограничную военную службу.<br />
Иностранцами являлись также греки, армяне<br />
и грузины – христиане Крыма, переселенные<br />
в 1778–1779 гг. в Азовскую губернию (31 тыс.). Иностранцами<br />
были и православные болгары с берегов<br />
Дуная, поселенные вдоль Днестра и Буга в 1792 г.<br />
Бывшие подданные Турции – болгары, румелийцы<br />
и гагаузы, вышедшие из-за Дуная после 1812 г. и<br />
поселившиеся на казенных землях присоединенной<br />
Бессарабии, получили статус иностранных колонистов<br />
(1819).<br />
Правительством предпринимались попытки христианизации<br />
мусульманского и языческого населения<br />
России при помощи христиан-иностранцев.<br />
Колонии базельских миссионеров в Карабахской<br />
провинции (близ Шуши) и шотландских миссионеров<br />
в Кавказской области (близ Карраса) были<br />
организованы с этой целью.<br />
Привлекались иностранные колонисты и помещиками.<br />
В качестве земледельцев, скотоводов и<br />
ремесленников на землях князей А. А. Прозоровского,<br />
Г. А. Потемкина, П. Х. Витгенштейна,<br />
графа П. А. Румянцева-Задунайского и др. обосновались<br />
свободные переселенцы из германских<br />
государств, но в небольшом количестве.<br />
Прецедент правительственной земледельческой<br />
колонизации посредством населения из германских<br />
государств создала Екатерина II, пригласив<br />
в 1763 г. к поселению на казенных землях вблизи<br />
Санкт‐Петербурга и в Нижнем Поволжье немцев.<br />
В конце 1780‐х гг. местом заселения немецкими<br />
колонистами из Западной Пруссии (меннонитами<br />
и лютеранами) становится Новороссия. На рубеже<br />
веков на казенных землях в этом регионе существовало<br />
14 немецких колоний и проживали чуть более<br />
3 тыс. немцев.<br />
Потоки немецких колонистов в Россию не были<br />
постоянными. Они обусловливались внешними<br />
и внутренними факторами. Выход эмигрантов<br />
из Бадена, Гессена, Вюртемберга (пиетистов), Баварии<br />
и различных немецких княжеств происходил<br />
по разным мотивам (в результате наполеоновских<br />
войн, религиозных притеснений, экономических и<br />
социальных причин). В начале ХIХ в. по югу России<br />
прокатилось несколько колонизационных волн,<br />
принесших более или менее значительные группы<br />
немцев. Их поселение осуществлялось в Херсонской,<br />
Екатеринославской, Таврической губерниях,<br />
Бессарабии, на Кавказе.<br />
Илл. 163<br />
Илл. 164<br />
Илл. 165<br />
Илл. 166<br />
Илл.<br />
167–178
166. Окрестности г. Данциг, откуда в 1787–1788 гг.<br />
началось переселение в Новороссию первых<br />
колонистов. Фрагмент карты Западной Пруссии<br />
И. Ф. Эндерша. 1789 г.<br />
Umgebung von Danzig, aus der 1887–88 die Auswanderung<br />
der ersten Kolonisten nach Neurussland begann. Fragment<br />
der Karte Westpreußens von J. F. Endersch. 1789<br />
Некоторые места выхода колонистов в Вюртемберге:<br />
Einige Auswanderungsort von Kolonisten in Württemberg:<br />
167. Лауффен. С акварели неизвестного художника.<br />
Около 1800<br />
Lauffen. Nach einem Aquarell eines unbekannten<br />
Künstlers. Ca. 1800<br />
168. Безиггейм. Фото. 2011<br />
Besigheim. Foto. 2011<br />
169. Маркгрёнинген. Фото. 2011<br />
Markgröningen. Foto. 2011<br />
166<br />
167<br />
168<br />
169
Типы национальной одежды в местах выхода колонистов / Volkstrachten von Auswanderungsorten der Kolonisten<br />
170<br />
171 172<br />
173<br />
170. Крестьянки Баллингена (Вюртемберг) в 1790.<br />
С рисунка Ф. Готтенрота. Вторая половина XIX в.<br />
Bäuerinnen aus Balingen (Württemberg) um 1790.<br />
Nach einer Zeichnung von F. Hottenroth. 2. Hälfte des 19. Jh.<br />
171. Крестьяне Горнберга (Баден) в 1800.<br />
С рисунка Ф. Готтенрота. Вторая половина XIX в.<br />
Bauern aus Hornberg (Baden) um 1800.<br />
Nach einer Zeichnung von F. Hottenroth. 2. Hälfte des 19. Jh.<br />
172. Горожанка (Бамберг, Бавария) и крестьянка (Шпессарт,<br />
Гессен) в начале XIX в. С рисунка Ф. Готтенрота.<br />
Вторая половина XIX в.<br />
Städterin (Bamberg, Bayern) und Bäuerin (Spessart, Hessen)<br />
Anfang 19. Jh. Nach einer Zeichnung von F. Hottenroth.<br />
2. Hälfte des 19. Jh.<br />
173. Пивовары-швабы (Вюртемберг) во второй половине XVIII в.<br />
С рисунка Ф. Готтенрота. Вторая половина XIX в.<br />
Schwäbische Bierbrauer (Württemberg), 2. Hälfte 18. Jh.<br />
Nach einer Zeichnung von F. Hottenroth. 2. Hälfte des 19. Jh.<br />
174. С. М. фон Бетман (1768–1826) – российский генеральный консул<br />
во Франкфурте-на-Майне, выдавший в 1809 г. паспорта для<br />
переселения в Россию около 2 тыс. семей. И. Я. де Лозе. 1812<br />
S. M. von Bethmann (1768–1826), Russischer Generalkonsul in<br />
Frankfurt am Main, stellte 1809 für ca. 2000 Familien Reisepässe für die<br />
Umsiedlung nach Russland aus. J. Ja. de Lose. 1812<br />
174
175. Паспорт колониста Вейденбаха для переселения<br />
в Россию, подписанный С. М. Бетманом.<br />
Франкфурт-на-Майне, 1809. Государственный архив<br />
Одесской области, Одесса<br />
Reisepass des Kolonisten Weidenbach für die Umsiedlung<br />
nach Russland, unterschrieben von S. M. Bethmann.<br />
Frankfurt am Main, 1809. Staatliches Gebietsarchiv<br />
Odessa, Odessa<br />
176. Ульм – в начале XIX в. пункт отправки вюртембергских<br />
колонистов в Новороссию по Дунаю на речных<br />
судах – «ульмских коробках». Вид города с «ульмской<br />
коробкой» на Дунае. С акварели И. Ганса. 1810.<br />
Центральный музей дунайских швабов, Ульм<br />
Ulm war Anfang des 19. Jh. der Abreisepunkt<br />
württembergischer Kolonisten, die mit Ulmer Schachteln<br />
die Donau hinab nach Neurussland fuhren. Ansicht der<br />
Stadt Ulm mit einer Ulmer Schachtel auf der Donau. Nach<br />
einem Aquarell von J. Hans. 1810. Donauschwäbisches<br />
Zentralmuseum, Ulm<br />
176<br />
175<br />
177<br />
177. «Ульмская коробка» близ замка Вакерштейн (Бавария) на пути следования колонистов по Дунаю.<br />
С литографии А. Кунике по рисунку Я. Альта. 1825<br />
Ulmer Schachtel auf der Donau bei Schloss Wackerstein (Bayern).<br />
Lithographie von A. Kunike nach einer Zeichnung von Ja. Alt. 1825
178<br />
178. Маршруты переселения немецких колонистов в Россию в XVIII–XIX вв.<br />
Auswanderung von deutschen Kolonisten nach Russland im 18.–19. Jh.
84 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 179<br />
Abb.<br />
180, 181<br />
In Neurussland gab es zu dieser Zeit kaum noch freie<br />
Staatsländereien für die kompakte Ansiedlung von Kolonisten.<br />
Die lokalen Behörden waren auf der Suche nach<br />
Ländereien, die nicht mehr im Wirtschaftskreislauf waren.<br />
Es wurde nach Möglichkeiten gesucht, die staatseigenen<br />
Ländereien durch den Kauf von Ländereien aus privater<br />
Hand oder durch Enteignung von Grundstücken, wenn<br />
diese den Bedingungen nicht entsprechend besiedelt und<br />
bewirtschaftet wurden, aufzustocken. Danach wurden diese<br />
Ländereien dem Neurussischen Vormundschaftskontor<br />
zur Besiedlung übergeben. Aus diesen Gründen war die<br />
Frage nach dem Siedlungsort oft noch nicht gelöst, wenn<br />
die Kolonisten bereits angekommen waren.<br />
Da die Kolonien auf Wunsch der Siedler deutsche Namen<br />
erhielten, gab es in den Steppen Neurusslands dann Orte<br />
wie München, Kassel, Landau, Karlsruhe, Worms oder<br />
Rastatt. Nur in Bessarabien erhielten deutsche Siedlungen<br />
sofort die Namen von Orten, wo im vergangenen<br />
Krieg gegen das Napoleonische Frankreich (1812–1814)<br />
bedeutende Schlachten stattgefunden hatten: Borodino,<br />
Beresina, Malojaroslawez, Tarutino oder Leipzig.<br />
1826 gab es in Neurussland und Bessarabien 169 deutsche<br />
Kolonien, in denen 48 000 Menschen lebten. Das waren<br />
52 % aller ausländischen Kolonisten der Region.<br />
In Neurussland ließen sich deutsche Kolonisten aufgrund<br />
des Manifests von 1763 nieder. Als man Ende des<br />
18. Jahrhunderts in der Statthalterschaft Jekaterinoslaw<br />
die Ergebnisse der ausländischen Kolonisierung prüfte<br />
und feststellen musste, dass die Siedler, die 1803 nach<br />
Neurussland geströmt waren, in ihrer sozialen Struktur<br />
inhomogen und fast mittellos waren, wurden vom<br />
Innenministerium 1804 sofort neue Regeln für Siedler<br />
aufgestellt. Die Anforderungen an potenzielle Siedler,<br />
deren Vermögen sowie die berufliche und moralische<br />
Eignung wurden verschärft. Außerdem beschränkte man<br />
Илл. 179<br />
Илл.<br />
180, 181<br />
Свободных казенных земель для компактного поселения<br />
колонистов в Новороссии в этот период почти<br />
не оставалось. Местные власти находились в поиске<br />
участков, выпавших из хозяйственного оборота.<br />
Изыскивалась возможность пополнения казенного<br />
фонда путем покупки участков у частных лиц или<br />
отчуждения их за невыполнение условий заселения<br />
и освоения. Затем земли отдавались колониальному<br />
ведомству для заселения. Поэтому порой, когда<br />
колонисты прибывали, вопрос о месте поселения<br />
был еще не решен.<br />
Поскольку названия колониям давались немецкие,<br />
по желанию поселенцев в степях Новороссии<br />
появились Мюнхен, Кассель, Ландау, Карлсруэ,<br />
Вормс, Раштат и др. Лишь в Бессарабии немецкие<br />
поселения сразу получили названия населенных<br />
пунктов, где в минувшую войну с наполеоновской<br />
Францией (1812–1814) происходили значительные<br />
битвы: Бородино, Березина, Малоярославец, Тарутино,<br />
Лейпциг и др.<br />
К 1826 г. в Новороссийском крае и Бессарабии<br />
насчитывалось 169 немецких колоний, в которых<br />
проживали 48 тыс. чел., что составляло 52 % всех<br />
иностранных колонистов региона.<br />
Немецкие колонисты начали селиться в Новороссии<br />
на основании манифеста 1763 г. Проанализировав<br />
итоги иностранной колонизации конца XVIII в.<br />
в Екатеринославском наместничестве и столкнувшись<br />
с неоднородным социальным и порой неимущим<br />
составом иммигрантов, хлынувших в Новороссию<br />
в 1803 г., Министерство внутренних дел<br />
сразу же (1804) выработало для поселенцев новые<br />
правила. Они ужесточили требования к претендентам<br />
на переселение, их имущественному цензу,<br />
профессиональным и моральным качествам. Прием<br />
179<br />
179. Типичная линейная планировка южных колоний. Фрагмент плана. М. Силенский. 1820. Государственный архив Херсонской области, Херсон<br />
Typische Straßendorf-Anlage südlicher Kolonien. Fragment eines Plans von M. Silenskij. 1820. Staatliches Archiv des Gebiets Cherson, Cherson
180<br />
180. Рескрипт Александра I, при котором прилагались<br />
новые правила приема и поселения колонистов<br />
на Юге России, присланные херсонскому военному<br />
губернатору Розенбергу. Автограф. 1804.<br />
Государственный архив Одесской области, Одесса<br />
Reskript Alexander I., mit für den Chersoner<br />
Militärgouverneur Rosenberg beigefügten neuen Regeln<br />
für die Aufnahme und Ansiedlung von Kolonisten<br />
in Südrussland. Unterschrift von Alexander I. 1804.<br />
Staatliches Archiv des Gebietsarchivs Odessa, Odessa<br />
181. Александр I (1777–1825). Неизвестный художник.<br />
1800-е гг. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />
Alexander I. (1777–1825). Unbekannter Maler.<br />
1800er Jahre. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />
181
182<br />
182. Паспорт вюртембергского колониста для переселения в Росcию. Лицевая и обратная стороны с отметками различных учреждений<br />
по пути следования. Бакнанг, 1840. Государственный архив Одесской области, Одесса<br />
Reisepass eines nach Russland ausgewanderten württembergischen Kolonisten. Vorder- und Rückseite mit Stempeln verschiedener Behörden<br />
des Reisewegs. Baknang, 1840. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa
Немцы в российской истории 87<br />
die Aufnahme von Siedlern auf jährlich 200 Familien.<br />
Nach wie vor wurde Ackerbauern der Vorzug gegeben.<br />
Den Handwerkern blieben die Hafenstädte Odessa und<br />
Feodossija vorbehalten. Man erwartete, dass die neuen<br />
Kolonisten europäische Methoden in der Landwirtschaft,<br />
beim Anbau neuer Kulturen, bei der Zucht von Schafen,<br />
Vieh und Seidenraupen sowie europäische handwerkliche<br />
Erfahrungen nach Russland mitbringen.<br />
Erste Einschränkungen bei der deutschen Kolonisierung<br />
auf staatseigenen Ländereien gab es 1810, als Neusiedler<br />
keine Beihilfen mehr bekamen. Ab 1819 war dann jegliche<br />
Umsiedlung verboten. Jedoch konnten auch später noch<br />
mit einer kaiserlichen Sonderverfügung Kolonisten aufgenommen<br />
werden. Endgültig wurde die Immigration 1848<br />
im Zusammenhang mit den „aufrührerischen Ereignissen“<br />
in Europa verboten.<br />
Nach dem Treueschwur gegenüber Russland gewährt<br />
man den Kolonisten, die nun russische Staatsbürger<br />
waren, weiterhin Religionsfreiheit, Land und Privilegien,<br />
allerdings wurde die abgabenfreie Zeit auf zehn<br />
Jahre verkürzt. Gleichzeitig waren sie verpflichtet, die<br />
für ihre Ansiedlung geleisteten Auslagen mit der Zeit<br />
an die Staatskasse zurück zu zahlen, und zehn Jahre<br />
nach ihrer Ankunft in Russland wurden sie in den<br />
Steuerkreislauf Russlands einbezogen. Nach den Regeln<br />
von 1804 mussten sie nun ihre jährlichen finanziellen<br />
Abgaben leisten und Naturalleistungen erbringen. So lag<br />
die Bodenabgabe für den Hof eines Kolonisten bei 15 bis<br />
20 Kopeken pro Desjatine, nach weiteren zehn Jahren<br />
hatte sie das Niveau der Abgaben erreicht, die auch die<br />
benachbarten Staatsbauern zahlten. Die Landschaftsleistungen<br />
mussten die Kolonisten sofort nach Ablauf der<br />
zehn Freijahre gleich den russischen Untertanen in ihrer<br />
Umgebung erbringen.<br />
Ein wesentliches Privileg blieb für sie die Befreiung vom<br />
Militär- und Zivildienst. Eine Kolonistenfamilie bekam in<br />
Neurussland 60 Desjatinen Land, eine Mennonitenfamilie<br />
65 Desjatinen. Das wurde in der Regel auch eingehalten.<br />
Eine Ausnahme bildeten einige Ende des 18. Jahrhunderts<br />
gegründete Kolonien, in denen die Kolonisten 32,5 Desjatinen<br />
pro Familie (Josefstal) bzw. 15 Desjatinen pro Kopf<br />
(Danzig und Jamburg) erhielten.<br />
Als die vom Senat zur Zeit Pauls I. vorgenommenen Revisionen<br />
in den Kolonien bei Saratow und in Neurussland die<br />
erschreckende Lage der Siedler aufgedeckt hatten, wurde<br />
für die Kolonien ein neues Verwaltungssystem geschaffen.<br />
Seine wichtigsten Einrichtungen bildeten die Vormundschaftskontore<br />
für Ausländer in Saratow und Jekaterinoslaw.<br />
Sie übernahmen unter Leitung eines Oberrichters<br />
die unmittelbare administrative, polizeiliche, juristische<br />
und wirtschaftliche Verwaltung der Kolonien. Angesichts<br />
der gestiegenen Zahl von Kolonisten und Kolonien wurde<br />
1818 deren Verwaltung im Süden durch die Eröffnung<br />
von zwei weiteren Kontoren in Bessarabien und Odessa<br />
sowie durch eine neue Behörde, das Fürsorgekomitee für<br />
ausländische Ansiedler im Süden Russlands verstärkt. Für<br />
die Verwaltung der in Georgien angesiedelten Kolonisten<br />
wurde dort ein provisorisches Kontor eröffnet. 15 Jahre<br />
später wurden die Kontore nicht mehr benötigt und daher<br />
Abb. 182<br />
Abb. 183<br />
Abb. 184<br />
ограничивался 200 семьями в год. По-прежнему<br />
предпочтение отдавалось хлебопашцам. Для ремесленников<br />
намечались портовые города Одесса и<br />
Феодосия. Предполагалось, что новые колонисты<br />
принесут в Россию европейские методы ведения<br />
сельского хозяйства, возделывания новых культур,<br />
разведения овец, скота и шелковичных червей, европейский<br />
ремесленный опыт.<br />
Ограничение немецкой колонизации на казенных<br />
землях начинается с 1810 г., когда прекращается<br />
выдача новоселам пособий, а в 1819 г. следует запрет<br />
на всякое переселение. Однако и позже по личному<br />
распоряжению императора прием колонистов допускался.<br />
Окончательный запрет на иммиграцию<br />
последовал в 1848 г. в связи со «смутными происшествиями»<br />
в Европе.<br />
Присягая на верность России и становясь ее подданными,<br />
колонисты по-прежнему получали свободу<br />
вероисповедания, землю и льготы, но количество<br />
безналоговых лет снижалось до 10. Вместе с тем<br />
они обязывались со временем вернуть в казну затраченные<br />
на их поселение средства, а по истечении<br />
10 лет с момента появления в России включались<br />
в налоговый оборот империи и начинали исполнять<br />
ежегодные денежные и натуральные повинности,<br />
обусловленные правилами 1804 г. Так, поземельная<br />
подать с хозяйства колониста предусматривала плату<br />
за каждую десятину от 15 до 20 коп., еще через<br />
10 лет она уравнивалась с податью, которую платили<br />
соседние казенные крестьяне. Земские повинности<br />
колонисты несли сразу же по истечении 10 льготных<br />
лет наравне с российскими подданными, в соседстве<br />
с которыми они обитали.<br />
Существенной привилегией для них оставалось<br />
освобождение от воинской повинности и гражданской<br />
службы. Земельный надел на семью немецкого<br />
колониста в Новороссии равнялся 60 дес.,<br />
меннонита – 65 дес. Как правило, это соблюдалось.<br />
Исключением оказались некоторые колонии, основанные<br />
в конце XVIII в., где колонисты получили<br />
на семью 32,5 дес. (Йозефсталь) и 15 дес. на каждую<br />
душу (Данциг и Ямбург).<br />
После основательных сенатских ревизий саратовских<br />
и новороссийских колоний в правление<br />
Павла I, вскрывших ужасающее положение поселенцев,<br />
была организована новая система управления<br />
колониями. Ее опорными структурами стали<br />
конторы опекунства иностранных поселенцев<br />
в Саратове и Екатеринославе. Они осуществляли<br />
непосредственное административно-полицейское,<br />
судебное и хозяйственное управление колониями<br />
во главе с главным судьей. В 1818 г. в результате<br />
увеличившегося количества колонистов и колоний<br />
управление ими на юге было усилено образованием<br />
еще двух контор (в Бессарабии и Одессе) и нового<br />
органа – Попечительного комитета об иностранных<br />
поселенцах Южного края России. Для управления<br />
колонистами, поселенными в Грузии, была создана<br />
временная контора. Через 15 лет необходимость<br />
Илл. 182<br />
Илл. 183<br />
Илл. 184
184<br />
184. Оттиск печати Новороссийской конторы иностранных<br />
поселенцев в г. Екатеринославе. 1805. Государственный<br />
архив Одесской области, Одесса<br />
Siegelabdruck des Neurussischen Vormundschaftskontors<br />
für ausländische Ansiedler (Stadt Jekaterinoslaw). 1805.<br />
Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />
183. Павел I (1754–1801). С. С. Щукин. 1798. Национальный<br />
художественный музей Республики Беларусь, Минск.<br />
Paul I. (1754–1801). S. S. Schtschukin. 1798. Nationale<br />
Gemäldegalerie der Republik Belarus, Minsk.<br />
185<br />
186 187
Немцы в российской истории 89<br />
mit einem Mal aufgelöst. Erster und einziger Oberrichter<br />
der Kolonien in Neurussland war der gebürtige Schlesier<br />
Samuel Contenius, dessen guter Ruf noch lange unter den<br />
Kolonisten weiter lebte.<br />
Seinem Status nach war das Fürsorgekomitee den Institutionen<br />
auf Gouvernementsebene gleichgestellt und<br />
unterstand unmittelbar dem Innenministerium, ab 1837<br />
dem Ministerium der Reichsdomänen. Den Vorsitz im<br />
Komitee hatte ein vom Kaiser zu bestätigender Hauptfürsorger.<br />
Solange das Komitee bestand, waren sechs seiner<br />
acht Vorsitzenden Deutsche aus den baltischen Gouvernements,<br />
unter ihnen E. von Hahn, F. F. von Rosen, Baron<br />
Mestmacher und F. von Lisander. 1848 regte E. von Hahn<br />
an, einen kurzen Abriss der Gründungsgeschichte und<br />
Entwicklung einer jeden Kolonie zu schreiben. Mit dieser<br />
Arbeit wurden die Dorfschulzen und Schullehrer betraut.<br />
Dadurch verfügen wir heute über Quellen, die uns helfen,<br />
die Geschichte der Siedlungen zu rekonstruieren.<br />
Eine Gruppe von Kolonien bildete eine spezielle territoriale<br />
Verwaltungseinheit, den Kolonistenbezirk. Diese<br />
Kolonistenbezirke lagen auf dem Territorium eines oder<br />
mehrerer Bezirke und grenzten an die Amtsbezirke der<br />
staatseigenen Bauern. Die Fläche der Kolonistenbezirke<br />
war unterschiedlich groß, und die Grenzen wurden von<br />
den Grenzen des Grundbesitzes der dazu gehörenden<br />
Kolonien bestimmt. In den Kolonistenbezirken gab es<br />
keine Amtsbezirke. In Neurussland gab es Mitte des<br />
19. Jahrhunderts 16 deutscher Kolonistenbezirke, und<br />
diese Zahl veränderte sich auch nicht mehr. Die Anzahl<br />
der Kolonien in den einzelnen Kolonistenbezirken war<br />
unterschiedlich groß und lag zwischen 4 und 46. Der<br />
größte war der Mennonitenbezirk Molotschansk. Eine<br />
abseits und weit entfernt von anderen Siedlungsgruppen<br />
gelegene Kolonie wurde keinem Kolonistenbezirk zugeordnet<br />
und als einzelne Kolonie geführt.<br />
Abb. 185<br />
Abb.<br />
186, 187<br />
Abb. 188<br />
в конторах отпала, и они разом были упразднены.<br />
Первым и единственным главным судьей колоний<br />
в Новороссии был силезец С. Контениус, добрая<br />
память о котором долго сохранялась среди жителей<br />
колоний.<br />
По статусу Попечительный комитет приравнивался<br />
к учреждениям губернского уровня и подчинялся<br />
непосредственно Министерству внутренних дел,<br />
а с 1837 г. – Министерству государственных имуществ.<br />
Председательствовал в комитете главный попечитель,<br />
утверждаемый императором. За историю<br />
существования комитета из восьми его председателей<br />
шесть были немцами из прибалтийских губерний –<br />
фон Е. Ган, фон Ф. Ф. Розен, барон П. Местмахер,<br />
Ф. фон Лизандер и др. В 1848 г. Е. Ган инициировал<br />
составление коротких обзоров по истории создания<br />
и развития каждой колонии, поручив их написание<br />
старостам и школьным учителям. Благодаря этому<br />
сегодня существует источник, помогающий воссоздать<br />
историю поселений.<br />
Группа колоний составляла специальное административно-территориальное<br />
образование – колонистский<br />
округ. Округа располагались на территории<br />
одного или нескольких уездов, соседствуя с волостями<br />
казенных крестьян. Их площадь была различна,<br />
а границы обусловливались границами земельных<br />
владений входящих колоний. Волостей на территории<br />
округов не существовало. В Новороссии число<br />
немецких округов (16) окончательно установилось<br />
к середине ХIХ в. и более уже не изменялось. Количество<br />
колоний в округах различалось – от 4 до 46.<br />
Самым большим оказался Молочанский меннонитский<br />
округ. Колония, расположенная отдельно и<br />
вдалеке от какой-либо группы поселений, в округ<br />
не входила, так и называясь «отдельная».<br />
Илл. 185<br />
Илл.<br />
186, 187<br />
Илл. 188<br />
185. С. Х. Контениус (1748–1830). Неизвестный художник. [1830 или<br />
1850‐е гг.]. Одесский историко-краеведческий музей, Одесса<br />
S. Ch. Contenius (1748–1830). Unbekannter Maler. [1830 oder<br />
1850er Jahre]. Odessaer historisch-heimatkundliches Museum, Odessa<br />
186. Оформление бланка для письма Попечительного комитета об<br />
иностранных поселенцах Южного края России. 1861. Государственный<br />
архив Одесской области, Одесса<br />
Briefpapier des Fürsorgekomitees für ausländische Ansiedler in Südrussland.<br />
1861. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />
187. Оформление бланка для письма Попечительного комитета об<br />
иностранных поселенцах Южного края России. 1863. Государственный<br />
архив Одесской области, Одесса<br />
Briefpapier des Fürsorgekomitees für ausländische Ansiedler in Südrussland.<br />
1863. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />
188. Е. Ф. фон Ган (1807–1874). Фото. Вторая половина XIX в.<br />
E. F. von Hahn (1807–1874). Foto. 2. Hälfte des 19. Jh.<br />
188
189<br />
190<br />
191 192<br />
189. Устав иностранных колоний в России 1857 г., изданный<br />
на немецком языке. Титульный лист. С.-Петербург, 1862<br />
Verordnungen für die ausländischen Kolonien in Russland<br />
von 1857, veröffentlicht in deutscher Sprache. Titelblatt.<br />
St. Petersburg, 1862<br />
190. Оттиск печати сельского приказа колонии Кассель. 1842.<br />
Государственный архив Одесской области, Одесса<br />
Siegelabdruck des Gemeindeamtes der Kolonie Kassel. 1842.<br />
Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />
191. Оттиск печати Хортицкого окружного приказа. 1850.<br />
Государственный архив Одесской области, Одесса<br />
Siegelabdruck des Bezirksamtes Chortitza. 1850. Staatliches<br />
Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />
192. Оформление бланка для письма смотрителя колоний<br />
Мариупольского округа. 1848. Государственный архив<br />
Одесской области, Одесса<br />
Briefpapier des Aufsehers des Kolonistenbezirks Mariupol. 1848.<br />
Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa.
Немцы в российской истории 91<br />
Ausländische Kolonisten, also auch die Deutschen, waren<br />
als russische Untertanen den allgemein gültigen russischen<br />
Gesetzen unterworfen, so wie Staatsbauern, die sie im<br />
rechtlichen Sinne waren, nur eben mit der Besonderheit<br />
ihrer spezifischen Rechte und Privilegien, wie der Befreiung<br />
von der Wehrpflicht. Die Gerichtsbarkeit und das Strafsystem<br />
unterschieden sich im Grunde genommen nicht von<br />
dem, das für andere Kategorien von Staatsbauern galt. Für<br />
Kolonisten spezifische Alltagsprobleme wurden von speziell<br />
dafür geschaffenen Institutionen auf der Grundlage von<br />
Sonderverordnungen geregelt. Die das Leben aller Kolonien<br />
in Russland betreffenden geltenden Gesetze wurden 1857<br />
in einem Gesetzbuch zusammengefasst und gingen in das<br />
„Reglement für Ausländerkolonien im Reich“ ein.<br />
In jeder Kolonie wurde eine Gemeindeverwaltung eingerichtet,<br />
der ein Dorfschulze mit seinen beiden Gehilfen<br />
vorstand. In der Hauptkolonie des Kolonistenbezirks gab<br />
es eine Bezirksverwaltung mit einem Oberschulzen und<br />
ebenfalls zwei Gehilfen. Diese Posten waren Wahlämter,<br />
die aber der Bestätigung durch die Kolonialverwaltung<br />
bedurften. Die Besten der Besten wurden hier mit einer<br />
Funktion betraut. Die Gewählten nahmen fiskalische und<br />
polizeiliche Aufgaben wahr und waren befugt, kleinere<br />
Streitigkeiten zwischen den Kolonisten zu regeln. Als<br />
Vermittler der Beschlüsse der Kolonialverwaltung für alle<br />
Lebensbereiche waren sie dieser unterstellt und ihr gegenüber<br />
für das Geschehen in ihren Kolonien verantwortlich.<br />
So sah die Selbstverwaltung aus.<br />
Als Vertreter der Kolonialverwaltung gab es in den Kolonien<br />
Aufseher, die dort ihren ständigen Wohnsitz hatten<br />
und die Handlungen der gewählten Vertreter sowie den<br />
Zustand der Wirtschaft in den ihnen unterstellten Siedlungen<br />
kontrollierten. Sie waren gewissermaßen die Mittler<br />
zwischen den Kolonisten und den Behörden, an die sich<br />
die Siedler bei Bedarf wenden konnten.<br />
Bei der Schaffung dieses Verwaltungssystems legte der<br />
Staat die Zuständigkeiten aller Instanzen genau fest. Die<br />
zu jener Zeit in Regierungskreisen populäre Idee der<br />
fürsorglichen Vormundschaft wurde mit diesen Strukturen<br />
umgesetzt. Die Kolonisten galten quasi als nicht voll<br />
mündig, was eine ständige Fürsorge und Kontrolle erforderte.<br />
Zu den Hauptaufgaben der Verwaltung gehörten<br />
die Aufrechterhaltung der Ordnung und das Erheben der<br />
Steuern, wobei darauf zu achten war, dass die Kolonien<br />
nicht verarmten. Zuvor kam es jedoch darauf an, die Höfe<br />
der Kolonisten durch Fleiß und Disziplin zu konsolidieren.<br />
Zum System der fürsorglichen Vormundschaft gehörte<br />
als unentbehrliches Element auch die Bestrafung Fauler,<br />
Nachlässiger und Aufsässiger, was bis zu Enteignung und<br />
Verbannung nach Sibirien oder Ausweisung aus Russland<br />
führen konnte. Diese Maßnahmen wurden häufig angewandt,<br />
und selbst die aufgeklärtesten Fürsorger schreckten<br />
nicht vor körperlichen Züchtigungen zurück.<br />
Die Verwaltung der Kolonien war insgesamt ein mehrstufiges<br />
und vielseitiges System. Die Kolonisten, die durch gewählte<br />
Vertreter, Aufseher, Vormundschaftsstelen, Kirche<br />
und staatliche Institutsionen, praktisch unter fünffacher<br />
Aufsicht standen, konnten nach und nach die Schwierigkeiten<br />
meistern. Wie der Abgeordnete der Staatsduma J. Dietz<br />
Abb. 189<br />
Abb. 190<br />
Abb. 191<br />
Abb. 192<br />
Иностранные колонисты (в том числе немцы), будучи<br />
российскими подданными, подлежали действию общих<br />
норм российского законодательства, как государственные<br />
крестьяне, частью каковых в правовом смысле<br />
они являлись, но с учетом их прав и преимуществ<br />
(например, освобождение от рекрутской повинности).<br />
Суд и расправа над ними, по сути, ничем не отличались<br />
от применяемых к другим категориям государственных<br />
крестьян. Житейские вопросы, свойственные быту<br />
колонистов, решались особыми, созданными для них<br />
учреждениями в соответствии с особыми постановлениями.<br />
Действующие законодательные акты, касающиеся<br />
жизнедеятельности всех колоний в России,<br />
окончательно были кодифицированы в 1857 г. и вошли<br />
в Устав о колониях иностранцев в империи.<br />
В каждой колонии учреждался сельский приказ<br />
во главе с шульцем (старостой) и двумя его помощниками.<br />
В главной колонии округа находился<br />
окружной приказ во главе с обер-шульцем (главным<br />
старостой) и двумя его помощниками. Все должности<br />
были выборными, но результаты выборов утверждались<br />
колониальным органом. Их доверяли лучшим<br />
из лучших. На выборных возлагались фискальные<br />
и полицейские функции, им давалось право решать<br />
мелкие споры между колонистами. Являясь проводниками<br />
решений колониального начальства во всех<br />
сферах жизни, они были подотчетны ему и ответственны<br />
за происходящее в своих колониях. Таково<br />
было самоуправление.<br />
Представителями колониального управления в колониях<br />
стали смотрители колоний, которые постоянно<br />
там жили, осуществляя контроль над действиями<br />
выборных и хозяйственным состоянием подведомственных<br />
поселений. Они являлись своего рода посредниками<br />
между колонистами и властью, к которой<br />
через них поселенцы могли апеллировать в случае<br />
необходимости.<br />
Учреждая эту систему управления, государство подробно<br />
определило границы компетенций всех органов.<br />
Распространенная в то время в правительственных<br />
кругах идея попечительной опеки в полной мере воплотилась<br />
в этих структурах. Колонисты признавались<br />
как бы не вполне дееспособными, что требовало<br />
постоянной опеки и контроля над ними. Основными<br />
задачами управления были поддержание порядка и<br />
сбор налогов, при этом колонии не должны были<br />
оскудеть. Но предварительно необходимо было хозяйство<br />
колонистов укрепить, залогом чего являлись<br />
дисциплина и трудолюбие. Система попечительной<br />
опеки предполагала в качестве необходимого элемента<br />
наказание в отношении ленивых, нерадивых и непокорных,<br />
вплоть до лишения хозяйства, высылки<br />
в Сибирь или выдворения из России. Это широко<br />
применялось, и даже самые просвещенные попечители<br />
не гнушались мысли о телесных наказаниях.<br />
В целом управление колониями оказалось многоступенчатым<br />
и многоплановым. Находясь под пятикратным<br />
надзором (выборных, смотрителей, попечительных<br />
органов, церкви, общих государственных<br />
Илл. 189<br />
Илл. 190<br />
Илл. 191<br />
Илл. 192
92 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
feststellte, war ihr Schicksal „die unmittelbare Folge ihrer<br />
Verwaltung durch ihre Vormundschaftsobrigkeit“.<br />
Die Siedler, die es in die menschenleere Steppe verschlagen<br />
hatte, eingezwängt in ein Korsett von Verordnungen<br />
und Vorschriften, die die Kolonisten vor eine Fülle von<br />
Aufgaben bei der Urbarmachung dieser Steppe stellten,<br />
oft ohne die erforderlichen Fertigkeiten, jedoch im Besitz<br />
von Vergünstigungen, ohne Kenntnisse der russischen<br />
Gesetzgebung und der russischen Sprache und mit recht<br />
eingeschränkten Kontakten außerhalb ihrer Kolonien,<br />
brauchten eine gewisse Zeit, um sich anzupassen und<br />
sich, nachdem sie die wichtigste Aufgabe, nämlich zu<br />
überleben, gelöst hatten, tatsächlich als vollwertige Wirte<br />
zu fühlen. Und es dauerte noch mehrere Jahrzehnte, bis<br />
sie den Wohlstand erreichten, der in den Aufzeichnungen<br />
von Reisenden so malerisch beschrieben wurde.<br />
Im Unterschied zu den Kolonien an der Wolga, war in<br />
den Kolonien Neurusslands die Gemeinde Eigentümer des<br />
Landes, die Hofstelle bildete aber eine Einheit, die von einer<br />
Familie bewirtschaftet wurde. Das Land wurde nicht auf die<br />
wachsende Anzahl der Steuerseelen umverteilt. Dadurch<br />
waren auch der Verkauf oder die Verpachtung an Personen,<br />
die keine Gemeindemitglieder waren, ausgeschlossen. Das<br />
verstärkte noch die Absonderung der Kolonisten.<br />
Die Vormundschaftsstellen waren bemüht, Ackerbau,<br />
Viehzucht (rotes deutsches Rind), Schafzucht (insbesondere<br />
feinwollige Rassen), Garten-, Wein- und Seidenbau<br />
zu entwickeln. Es wurde versucht, für diese Gegend<br />
exotische Rassen, wie Angoraziegen, Kulturen, wie Mais,<br />
Färberkrapp oder Sesam, und Bäume, wie Akazien, Pappeln,<br />
Walnuss- und Perückenbäume, einzuführen. Auch<br />
beim Kartoffelanbau konnte den Deutschen niemand das<br />
Wasser reichen. Der Tabakanbau begann. Da man die klimatischen<br />
Besonderheiten der Regionen berücksichtigen<br />
musste, überwog an verschiedenen Orten der eine oder<br />
Abb.<br />
193, 194 Илл.<br />
193, 194<br />
учреждений), колонисты постепенно смогли преодолеть<br />
трудности. Как заметил депутат Государственной<br />
думы Я. Диц, их судьба «есть непосредственный<br />
результат управлениями ими их попечительного начальства».<br />
Доставленные в необжитую степь, втиснутые в рамки<br />
инструкций и предписаний, поставивших перед колонистами<br />
множество задач по освоению этой степи,<br />
зачастую не имеющие необходимых навыков, но наделенные<br />
льготами, не знающие российского законодательства,<br />
не владеющие русским языком, с весьма<br />
ограниченными контактами вне колоний, не скоро<br />
смогли переселенцы адаптироваться, чтобы вслед<br />
за первостепенной задачей выживания почувствовать<br />
себя полноценными хозяевами. Понадобилось еще<br />
несколько десятилетий для достижения благополучия,<br />
о котором так живописно повествовали заметки<br />
путешественников.<br />
В отличие от поволжских колоний, землевладение<br />
в новороссийских колониях было общинноподворным<br />
– собственником земли являлась община,<br />
владение было подворным. Это исключало ее продажу<br />
или передачу в аренду любым лицам, не являвшимся<br />
членами общины. Тем самым закреплялась обособленность<br />
колонистов.<br />
Попечительные органы принимали меры для развития<br />
земледелия, скотоводства (красная немецкая корова),<br />
овцеводства (особенно тонкорунного), садоводства,<br />
виноградарства, шелководства. Предпринимались попытки<br />
разводить экзотические для этих мест скот<br />
(ангорских коз), культуры (маис, марену, кунжут),<br />
деревья (акацию, тополь, грецкий орех, париковое<br />
дерево). В выращивании картофеля немцы не знали<br />
себе равных. Начал культивироваться табак. Учитывались<br />
климатические особенности регионов. Поэтому<br />
194<br />
193. Садоводство, виноградарство, древонасаждение в Новороссии на рисунках<br />
Ф. Гросса. 1850-е гг. Государственный архив Одесской области, Одесса<br />
Gartenbau, Weinanbau, Aufforstung in Neurussland auf Zeichnungen von<br />
F. Gross. 1850er Jahre. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />
193<br />
194. Корова красной степной породы, выведенная колонистами<br />
в Таврической губернии и распространенная<br />
по югу России и Сибири. Фото. 2005<br />
Rote Steppenkuh, gezüchtet von Kolonisten des Gouvernements<br />
Taurien, verbreitet in Südrussland und Sibirien.<br />
Foto. 2005
Немцы в российской истории 93<br />
andere Zweig der Landwirtschaft. Auf der Krim war es<br />
der Garten- und Weinbau. Unschätzbar war der Beitrag<br />
der Kolonisten zur Bewaldung der Steppe. Eine Errungenschaft<br />
waren auch öffentliche Gärten, Baumschulen<br />
und mustergültige Waldplantagen. Entlang der Straßen<br />
wurden Alleebäume gepflanzt.<br />
Das Fürsorgekomitee kontrollierte und analysierte kontinuierlich<br />
die wirtschaftliche Entwicklung der Kolonien,<br />
u. a. auch deshalb, um die Erfolge der einen zur Belehrung<br />
der anderen verwenden zu können. Die Kolonisten bekamen<br />
auch agronomische Hilfe. Die besten Wirte wurden<br />
mit neuen Samensorten versorgt.<br />
Eine wichtige Rolle für die Bildung der Kolonisten spielte<br />
das „Unterhaltungsblatt für deutsche Ansiedler im südlichen<br />
Russland“, das ab 1846 in Odessa erschien. Die Idee,<br />
ein offizielles Blatt herauszugeben, das die Kolonisten auf<br />
ihren aktuellen Stand aufmerksam macht und sie über neue<br />
Verfahren zur Entwicklung von Landwirtschaft und Handwerk<br />
informiert, stammte vom Minister P. D. Kisseljow. Die<br />
Zeitung hatte darüber hinaus den Auftrag, „den Wissensdrang<br />
und Wettbewerbsgeist zu wecken sowie eine angenehme<br />
und zugleich lehrreiche Lektüre zu bieten“.<br />
Als sich die Kolonisten unter den für sie ungewohnten<br />
Bedingungen niedergelassen hatten, bearbeiteten sie unter<br />
den neuen Verhältnisse den Boden in gewohnter Art und<br />
Weise, mussten sich aber sehr bald davon überzeugen, dass<br />
diese Methoden den Eigenschaften der hiesigen Böden und<br />
dem Klima nicht entsprachen. Die Ackerbaugeräte waren<br />
in einem miserablen Zustand. Pflüge und Fuhrwerke waren<br />
zusammengestückelt. So gab es etwa Hakenpflüge aus Neurussland<br />
mit deutschen Rädern, deutsche Fuhrwerke mit<br />
Rädern neurussischer Fuhrwerke und umgekehrt. In der<br />
Eingewöhnungsphase versuchte man auch, die Erfahrungen<br />
der Einheimischen zu nutzen und neue, eigene Erfahrungen<br />
zu sammeln. Der Kolonist J. Cornies entwickelte<br />
Abb. 195<br />
Abb. 196<br />
Abb. 197<br />
в местах поселения преобладала та или иная отрасль<br />
сельского хозяйства, например, в Крыму садоводство<br />
и виноградарство. Неоценим вклад колонистов в степное<br />
лесоразведение. Достижением стало устройство общественных<br />
садов и питомников, образцовых лесных<br />
плантаций. Вдоль дорог высаживались аллеи.<br />
Со стороны Попечительного комитета постоянно шел<br />
контроль и анализ хозяйственного развития колоний,<br />
в том числе для демонстрации успехов одних в назидание<br />
другим. Колонистам оказывалась агрономическая<br />
помощь. Лучшие хозяева снабжались новыми<br />
сортами семян.<br />
Немаловажную роль в их просвещении сыграл «Собеседник<br />
для немецких колонистов Южной России»<br />
(«Unterhaltungsblatt für deutsche Ansiedler im südlichen<br />
Rußland»), начавший выходить в Одессе с 1846 г. Идея<br />
создания официального органа, который бы обратил<br />
внимание колонистов на их современное состояние и<br />
познакомил с новыми методами, позволяющими развивать<br />
сельское хозяйство и ремесло, принадлежала<br />
министру П. Д. Киселеву. Газета была также призвана<br />
«пробудить в них тягу к знаниям и состязанию,<br />
предоставить приятное и поучительное чтиво».<br />
Поселившись в непривычных для себя условиях,<br />
колонисты автоматически переносили свои навыки<br />
в обработке почвы, но очень скоро убедились в несовместимости<br />
этих методов со свойствами местных<br />
почв и климата. Земледельческие орудия были<br />
в жалком состоянии. Плуги и возы представляли<br />
собой смешанный тип, например, малороссийская<br />
соха на немецких колесах, немецкая повозка с чумацкими<br />
колесами или наоборот. Адаптационный<br />
период включал в себя и попытку заимствования<br />
опыта местных жителей, и накопление собственного<br />
нового опыта. Колонистом И. Корнисом путем<br />
Илл. 195<br />
Илл. 196<br />
Илл. 197<br />
Abb. 198 Илл. 198<br />
195<br />
195. Вид колонии Грунау. Фрагмент литографии Л. Нитцше. Одесса, 1880. Государственный архив Одесской области, Одесса.<br />
Ansicht der Kolonie Grunau. Fragment einer Lithographie von L. Nitzsche. Odessa, 1880. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa.
94 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
nach entsprechenden Beobachtungen und Experimenten<br />
ein neues Agrarverfahren, um unter Nutzung von Schwarzbrache<br />
die Feuchtigkeit im Boden zu halten. Es wurde die<br />
Notwendigkeit für einen regelmäßigen Fruchtwechsel bei<br />
Getreidekulturen auf den Feldern begründet. Die Vierfelderwirtschaft<br />
mit Schwarzbrache brachte zweifellos große<br />
Vorteile mit sich, was das Vormundschaftskomitee bewog,<br />
dieses System großflächig einzuführen.<br />
1845 lebten in Neurussland 95 700 deutsche Kolonisten.<br />
Trotz schwieriger Entwicklungsbedingungen gelangten viele<br />
Kolonien mit der Zeit zu Wohlstand. Dank intensiver Fürsorge<br />
durch geistliche und weltliche Institutionen wurden<br />
sie zu mehr oder weniger wohlhabenden Inseln.<br />
Sie waren aber keineswegs ein „Staat im Staate“. Die an<br />
dem Fluss Molotschnaja angesiedelten Mennoniten beeinflussten<br />
unverkennbar die in der Nachbarschaft lebenden<br />
Nogaier, die gerade den Übergang vom Nomadenleben zur<br />
sesshaften Lebensweise vollzogen. Die besten Ackerbauern<br />
unter den Mennoniten wurden als Musterwirte in jüdische<br />
Ackerbauerkolonien umgesiedelt.<br />
Weiterentwickeltes landwirtschaftliches Gerät wurde gern von<br />
der einheimischen Bevölkerung gekauft, Saisonarbeiter aus<br />
ukrainischen Dörfern versuchten hier gemachte Erfahrungen<br />
beim Führen der Wirtschaft und beim Anbau von Kulturen<br />
möglichst auch in der eigenen Wirtschaft umzusetzen. Man<br />
übernahm auch den Lebensstil der Kolonisten, der sich<br />
durch eine pflichtbewusste Arbeitseinstellung, insbesondere<br />
bei der Feldarbeit, die Einhaltung hygienischer Grundregeln<br />
und eine eher enthaltsame Lebensweise auszeichnete.<br />
Dank ihrer rationellen Bewirtschaftung erzielten die Kolonisten<br />
überdurchschnittlich hohe Erträge, die über dem<br />
Stand der angrenzenden Amtsbezirke lagen. Im zweiten<br />
Drittel des 19. Jahrhunderts produzierten sie fast durchweg,<br />
insbesondere in der Nähe von Städten, Lebensmitte für die<br />
Belieferung der städtischen Märkte.<br />
наблюдения и эксперимента был найден новый<br />
аграрный прием с использованием черного пара<br />
как средства для задержания влаги. Была обоснована<br />
необходимость периодической смены зерновых<br />
культур на полях. Четырехполье с черным паром<br />
имело несомненное преимущество. Попечительный<br />
комитет широко внедрял эту систему в хозяйственную<br />
жизнь.<br />
В 1845 г. в Новороссии проживали 95 700 немецких<br />
колонистов. Несмотря на сложные условия развития,<br />
многие колонии со временем достигли благосостояния.<br />
Они стали островками большего или меньшего<br />
благополучия в результате интенсивного попечения<br />
со стороны духовных и светских властей.<br />
Вряд ли можно видеть в них государство в государстве.<br />
Поселенные на р. Молочной меннониты оказали<br />
несомненное влияние на соседних ногайцев,<br />
переходивших от кочевого образа жизни к оседлому.<br />
Лучшие земледельцы из меннонитов были переселены<br />
в еврейские земледельческие колонии в качестве образцовых<br />
хозяев.<br />
Усовершенствованные сельскохозяйственные орудия<br />
охотно покупались окрестным населением, а сезонные<br />
работники из украинских сел перенимали опыт<br />
ведения хозяйства и возделывания культур, по возможности<br />
применяя его. Перенимался и стиль жизни<br />
колонистов, что проявлялось обязательным отношением<br />
к труду, особенно в период полевых работ,<br />
соблюдением санитарных норм, трезвым образом<br />
жизни.<br />
Ведя хозяйство рациональным способом, колонисты<br />
получали урожай значительно выше среднего в окружающих<br />
волостях и во второй трети ХIХ в. почти<br />
повсеместно, особенно вблизи городов, производили<br />
продукцию для поставки на городские рынки.<br />
196<br />
196. «Собеседник для немецких колонистов Южной России». № 1. 1846<br />
„Unterhaltungsblatt für deutsche Ansiedler im südlichen Russland“. Nr. 1. 1846<br />
197. Министр государственных имуществ П. Д. Киселев (1788–1872).<br />
Ф. Крюгер. 1851. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />
Minister der Staatsdomänen P. D. Kiseljow (1788–1872).<br />
F. Krüger. 1851. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />
197
Немцы в российской истории 95<br />
Die meisten Kolonistenfamilien, insbesondere die Mennoniten,<br />
waren kinderreich. Nach alten Traditionen und<br />
Regeln wurde die Wirtschaft dem jüngsten Sohn vererbt.<br />
Daher stand man vor dem Problem, jungen Kolonisten eigene<br />
Höfe zuteilen zu müssen. Aus diesem Grund schickte<br />
man die Kinder oft zu einem Handwerker in die Lehre,<br />
was wiederum der Verbreitung des Handwerks und der<br />
Handwerksbetriebe in den Kolonien diente und auch zu<br />
einem gewissen Bevölkerungsabfluss aus den Kolonien<br />
beitrug. In den Städten ließen sich die Kolonisten in<br />
den Kleinbürger- oder kaufmännischen Stand eintragen.<br />
Gefragte Werkstätten und Handwerksbetriebe wurden<br />
später zu großen Werken und Industriebetrieben.<br />
1846 gab es in den Kolonien Neurusslands 3 720 deutsche<br />
Handwerkerfamilien. Neues landwirtschaftliches Gerät<br />
verbreitete sich schnell über die Grenzen der Kolonien<br />
hinaus. Neben der Entwicklung neuer Ackerbaugeräte<br />
modifizierten die Kolonisten den deutschen Pflug, indem<br />
sie ihn an die Schwarzerdeböden anpassten. Geschickte<br />
und erfolgreiche Handwerker waren die Mennoniten,<br />
die verschiedene Arten von Fuhrwerken herstellten. Ihre<br />
Transportwagen wurden gern von russischen und ukrainischen<br />
Gutsbesitzern, aber auch von der Armee gekauft.<br />
Aber noch beliebter war die Tatschanka, ein leichter,<br />
offener und gefederter Pferdewagen.<br />
Um junge Kolonisten ansiedeln und ihnen Land und<br />
Hof zuweisen zu können, wurde anfangs staatseigenes<br />
Land zur Verfügung gestellt, auf dem Tochterkolonien<br />
entstanden. Später gründete man deutsche Siedlungen auf<br />
Ländereien, die man käuflich erworben oder gepachtet<br />
hatte. Trotzdem stieg die Zahl landloser Kolonisten an.<br />
Tochterkolonien entstanden in benachbarten Bezirken und<br />
Gouvernements sowie im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts<br />
im Nordkaukasus und Südural, in Nordkasachstan<br />
und Westsibirien.<br />
Abb.<br />
199, 200<br />
Abb.<br />
201, 202<br />
Abb.<br />
203, 204<br />
Abb. 205<br />
Большинство семей колонистов, особенно меннонитов,<br />
были многодетными. По установившейся традиции и<br />
правилам хозяйство передавалось по наследству младшему<br />
сыну. В силу этого остро стоял вопрос о наделении<br />
молодых колонистов собственными хозяйствами.<br />
Поэтому часто детей отдавали в обучение ремеслу, что<br />
в свою очередь дало толчок распространению ремесел<br />
и кустарных промыслов в колониях, а также способствовало<br />
некоторому оттоку населения из колоний.<br />
В городах колонисты записывались в мещанское или<br />
купеческое сословие. Востребованные ремесленные мастерские<br />
и фабрики впоследствии превратились в крупные<br />
заводы и промышленные предприятия.<br />
К 1846 г. в колониях Новороссии насчитывалось<br />
3 720 семей немцев-ремесленников. Новый сельскохозяйственный<br />
инвентарь быстро распространялся<br />
за пределы колоний. Помимо создания новых пахотных<br />
орудий, колонисты модифицировали немецкий<br />
плуг, приспособив его для использования на черноземных<br />
почвах. Искусными и успешными ремесленниками<br />
были меннониты, изготовлявшие разные<br />
виды повозок. Их транспортные телеги охотно приобретались<br />
русскими и украинскими помещиками,<br />
закупались для армии. Еще большей популярностью<br />
пользовалась легкая повозка – тачанка.<br />
Для поселения молодых колонистов-земледельцев и<br />
наделения их землей и двором на первых порах выделялись<br />
земли казенные, где возникли дочерние колонии.<br />
Дальнейшее образование немецких поселений<br />
происходило на купленных или арендованных обществами<br />
землях. Тем не менее количество безземельных<br />
колонистов возрастало. Дочерние колонии создавались<br />
в смежных уездах и губерниях, а в последней<br />
трети ХIХ в. – на Северном Кавказе, Южном Урале,<br />
в Северном Казахстане и Западной Сибири.<br />
Илл.<br />
199, 200<br />
Илл.<br />
201, 202<br />
Илл.<br />
203, 204<br />
Илл. 205<br />
198. Колонист И. Корнис (1789–1848).<br />
Неизвестный художник. Середина XIX в.<br />
Kolonist J. Cornies (1789–1848).<br />
Unbekannter Maler. Mitte 19. Jh.<br />
199. Дом колониста в ремесленной колонии Одессы.<br />
Проект архитектора Ф. Фраполли. 1815. Государственный<br />
архив Одесской области, Одесса<br />
Haus eines Kolonisten in der Handwerkerkolonie von Odessa.<br />
Projekt Arch. F. Frapolli. 1815. Staatliches Gebietsarchiv<br />
Odessa, Odessa<br />
198 199
200. Магазин колониста –<br />
мебельного мастера<br />
Ф. Геммерле в Одессе.<br />
С литографии Д. Клёнова<br />
по рисунку К. Боссоли<br />
на счете магазина. 1837.<br />
Государственный архив<br />
Одесской области, Одесса<br />
Handelshaus des Kolonisten-<br />
Möbelmeisters F. Hemmerle<br />
in Odessa. Lithographie<br />
von D. Kljonow nach<br />
einer Zeichnung von<br />
C. Bossoli. Fragment einer<br />
Rechnung. 1837. Staatliches<br />
Gebietsarchiv Odessa,<br />
Odessa<br />
200<br />
201. Сконструированное<br />
меннонитами<br />
приспособление для<br />
истребления саранчи.<br />
1855. Государственный<br />
архив Одесской области,<br />
Одесса<br />
Von Mennoniten<br />
konstruierte Vorrichtung<br />
zur Vertilgung<br />
der Heuschrecken.<br />
1855. Staatliches<br />
Gebietsarchiv Odessa,<br />
Odessa<br />
201<br />
202. Усовершенствованный<br />
плуг меннонита Д. Дика<br />
(Хортица). Рисунок. 1844.<br />
Государственный архив<br />
Одесской области, Одесса<br />
Verbesserter Pflug des<br />
Mennoniten D. Dyck<br />
(Chortitza). Zeichnung.<br />
1844. Staatliches<br />
Gebietsarchiv Odessa,<br />
Odessa<br />
202
203 204<br />
203. Колонистская повозка – бричка.<br />
Фото. Начало ХХ в.<br />
Kolonistenwagen «Britschka».<br />
Foto. Anfang 20. Jh.<br />
204. Колонистская повозка – тачанка<br />
периода гражданской войны<br />
1918 –1920 гг. Фото. 2010<br />
Kolonistenwagen „Tatschanka“<br />
der Bürgerkriegsjahre 1918–1920.<br />
Foto. 2010<br />
205. Типичная планировка дочерних колоний<br />
в Новороссии. 1850-е гг. Г. Янцен.<br />
Государственный архив Одесской области,<br />
Одесса<br />
Typische Anlage einer Tochterkolonie in<br />
Neurussland. 1850er Jahre. Grundriss<br />
H. Janzen. Staatliches Gebietsarchiv Odessa,<br />
Odessa<br />
205<br />
206<br />
206. Правила об устройстве поселян-собственников (бывших колонистов), водворенных на казенных землях. 1871<br />
Regeln für die Organisation der Lebensverhältnisse der auf Kronländereien angesiedelten Landbesitzer (bisherigen Kolonisten). 1871
98 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Innerhalb von 100 Jahren, bis 1864, haben ausländische Siedler<br />
in Russland 549 Kolonien gegründet, von denen die meisten<br />
deutsche waren. Die den Kolonisten gewährten Rechte und<br />
Privilegien, das entstandene besondere System zur Verwaltung<br />
der Kolonien, darunter auch der deutschen, förderten den<br />
Aufbau, die Entwicklung und das Erblühen der Kolonien.<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts jedoch wurde das Leben in den<br />
Kolonien vielschichtiger. Die für die Kolonisten spezifische<br />
Gesetzgebung entsprach nicht mehr den Erfordernissen der<br />
Zeit und behinderte das Verschmelzen mit der übrigen Bevölkerung<br />
des Reiches. Während der großen Reformen der<br />
1860er Jahre, die die Modernisierung des Russischen Staates<br />
einleiteten, wurden im Rahmen neuer Gesetze die Zuständigkeiten<br />
der Vormundschaftsstellen eingeschränkt. 1864 wurden<br />
in Folge der Justizreform Gerichts- und Ermittlungsverfahren<br />
aus deren Zuständigkeitsbereich genommen, und im Zuge der<br />
Landschaftsreform entfielen auch Funktionen, die nun in die<br />
Kompetenz der Semstwo, der Landschaftsverwaltung, fielen.<br />
Mit dem Jahr 1871 änderte sich auch radikal der Status der<br />
ausländischen Kolonisten auf staatseigenen Ländereien. Sie<br />
wurden zu Siedlern-Eigentümern, für die die allgemeinen<br />
Grundsätze der Bauernverordnung von 1861 galten. Die Vormundschaftsstellen<br />
wurden abgeschafft, die Kolonistenbezirke<br />
aufgelöst, und auf ihren Territorien entstanden Amtsbezirke.<br />
Die ehemaligen Kolonisten wurden jetzt von den Institutionen<br />
des Gouvernements und der Bezirke verwaltet. Mit<br />
der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahre 1874<br />
verloren sie auch ihr letztes Privileg.<br />
Bereits im 19. Jahrhundert gingen aus den Reihen der<br />
Kolonisten Neurusslands zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten<br />
hervor, die über die Grenzen ihrer Region hinaus<br />
von Bedeutung waren. Dazu zählen u. a. die Abgeordneten<br />
der Staatsduma G. Bergmann und L. Lutz, die Semstwo-<br />
Funktionäre und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens<br />
J. Kundert, L. Reichert und G. Tauberger, die Generäle<br />
A. Schaible und G. Schöll, Bischof A. Zerr, die Pastoren<br />
Ja. Stach und I. Winkler, der Kolonist J. Cornies, die Unternehmer<br />
J. Höhn, W. Sanzenbacher, J. Niebuhr und<br />
die Lepps, der Grundbesitzer Falz-Fein, Professor F. Knauer,<br />
der Arzt N. Käfer, der Kunstmaler F. Gross und der Architekt<br />
C. Beutelspacher.<br />
Abb. 206 Илл. 206<br />
За 100 лет (к 1864 г.) иностранными поселенцами<br />
в России было основано 549 колоний, большинство<br />
из них немецких. Предоставленные колонистам права<br />
и преимущества, сложившаяся особенная система<br />
управления колониями, в том числе немецкими,<br />
способствовали их устройству, развитию и процветанию.<br />
Но к середине XIX в. жизнь в них стала<br />
сложнее, и законодательство о колонистах перестало<br />
соответствовать требованиям времени, препятствуя<br />
их слиянию с остальным населением империи. В период<br />
великих реформ 60‐х гг. XIX в., положивших<br />
начало новой модернизации Российского государства,<br />
начался процесс ограничения обязанностей<br />
попечительных органов в рамках новых законов.<br />
В 1864 г. в результате судебной реформы из их<br />
ведения была исключена функция судебно-следственного<br />
разбирательства, а в результате земской<br />
реформы изъяты функции, которые теперь входили<br />
в компетенцию земства. 1871 г. привел к радикальному<br />
изменению статуса иностранных колонистов<br />
на казенных землях. Они стали поселянами-собственниками,<br />
и к ним применялись общие начала<br />
Положения о крестьянах 1861 г. Попечительные<br />
органы были упразднены, колониальные округа<br />
расформированы, а на их территории образованы<br />
волости. Управление бывшими колонистами осуществлялось<br />
губернскими и уездными структурами.<br />
С введением в 1874 г. всеобщей воинской повинности<br />
они лишились своей последней льготы.<br />
Из среды колонистов-земледельцев Новороссии уже<br />
в XIX в. вышел целый ряд замечательных личностей,<br />
принесших пользу не только своему краю. Это депутаты<br />
Государственной думы Г. Бергман и Л. Лютц,<br />
земские и общественные деятели И. Кундерт, Л. Рейхерт,<br />
Г. Таубергер, генералы А. Шайбле и Г. Шелль,<br />
епископ А. Церр, священники Я. Штах и И. Винклер,<br />
колонист И. Корнис, предприниматели И. Ген,<br />
В. Санценбахер, Я. Нибур, Леппы, землевладельцы<br />
Фальц-Фейн, профессор Ф. Кнауэр, врач Н. Кефер,<br />
художник Ф. Гросс, архитектор Х. Бейтельспахер и<br />
многие другие.
Немцы в российской истории 99<br />
Die Wolhyniendeutschen<br />
Немцы Волыни<br />
M. Kostjuk (Luzk) М. Костюк (Луцк)<br />
Erste Nachrichten über deutsche Kaufleute aus Bayern<br />
im Siedlungsgebiet Wolhynien reichen bis in die<br />
zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts zurück. Zu Beginn<br />
des 11. Jahrhunderts begannen sich kleine Gruppen von<br />
Deutschen aus Wien, Regensburg, Mainz und Lübeck in<br />
Wladimir und Luzk niederzulassen, um dort ihren Handelsgeschäften<br />
nachzugehen. Sie waren zugleich die ersten<br />
deutschen Siedler in Wolhynien. Infolge ehelicher Verbindungen<br />
zwischen wolhynischen Fürsten und dem deutschen<br />
Adel sowie deren militärischer und diplomatischer<br />
Kontakte zu den unterschiedlichsten deutschen politischen<br />
Gruppierungen waren verschiedene namhafte deutsche<br />
Geschlechter und deutsche Militärs in Wolhynien präsent.<br />
Zur Zeit des Fürstentums Galizien-Wolhynien tauchten<br />
hier auch deutsche Handwerker auf. Chroniken belegen,<br />
dass es im 13. Jahrhundert in einigen wolhynischen Städten<br />
kleine Kolonien von Handwerkern und Kaufleuten gab<br />
und einzelne deutsche Siedler einflussreiche Positionen<br />
in der herrschenden Oberschicht der Städte innehatten.<br />
Im 14. Jahrhundert bis hin zur ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts<br />
gehörten sie dank verschiedener Privilegien und<br />
Vergünstigungen, die ihnen litauische Fürsten und polnische<br />
Könige gewährten, zu den Bürgern in wolhynischen<br />
Städten. Sie trieben Handel, dienten in den Schlössern<br />
oder als Kanoniere, arbeiteten als Waffenschmiede und<br />
waren am Bau von Befestigungs- und Wehranlagen beteiligt.<br />
Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war<br />
die Zahl deutscher Siedler in Wolhynien rückläufig, und<br />
bis zum Ende des 18. Jahrhunderts tauchten sie nur noch<br />
sporadisch in der Region auf.<br />
Das 19. Jahrhundert schlug eine neue Seite in der Geschichte<br />
der deutschen Ansiedlungen in Wolhynien auf. In<br />
der zweiten Hälfte kam es zu einer zahlenmäßig starken<br />
Einwanderung deutscher Kolonisten in dieser Region.<br />
Die erste deutsche Immigrationswelle in Wolhynien fiel<br />
ins erste Drittel des 19. Jahrhunderts und war durch ein<br />
Abb.<br />
207–210<br />
Самые ранние сведения о появлении на Волыни<br />
немецких купцов из Баварии относятся<br />
ко второй половине ІХ в. С начала ХІ в. небольшие<br />
группы немцев из Вены, Регенсбурга, Майнца,<br />
Любека оседают во Владимире и Луцке и начинают<br />
вести здесь торговые дела. Они и стали первыми<br />
немецкими поселенцами на Волыни. Вследствие матримониальных<br />
союзов волынских князей с немецкой<br />
знатью и их военно-дипломатических контактов<br />
с разными немецкими политическими группировками<br />
на Волыни появляются представительницы некоторых<br />
знатных германских родов и немецкие воины.<br />
В период Галицко-Волынского княжества на Волыни<br />
поселяются немецкие ремесленники. Летописные источники<br />
свидетельствуют, что в ХІІІ в. в некоторых<br />
волынских городах существовали небольшие ремесленно-купеческие<br />
колонии, а отдельные немецкие<br />
поселенцы занимали влиятельное положение в правящей<br />
городской верхушке. На протяжении XIV –<br />
первой половины XVI вв. немцы присутствовали<br />
среди жителей волынских городов благодаря привилегиям<br />
и льготам, полученным от литовских князей и<br />
польских королей. Они занимались торговлей, несли<br />
замковую службу, выполняли обязанности пушкарей,<br />
работали мастерами-оружейниками, принимали<br />
участие в возведении фортификационных и гражданских<br />
сооружений. Со второй половины XVI в. количество<br />
немецких поселенцев на Волыни сократилось,<br />
и до конца XVIII в. их появление в регионе носило<br />
эпизодический характер.<br />
ХІХ в. открыл новую страницу в истории немецкого<br />
переселения на Волынь. А вторую половину столетия<br />
можно назвать периодом массовой немецкой колонизации<br />
в этом регионе. Первая волна немецкой иммиграции<br />
на Волынь охватывала первую треть столетия и<br />
характеризовалась медленными темпами переселения<br />
Илл.<br />
207–210
207<br />
207. Волынь в составе Великого княжества Литовского.<br />
Фрагмент карты Г. Янсониуса. 1613<br />
Wolhynien im Bestand des Großfürstentums Litauen.<br />
Fragment der Karte von G. Jansonius. 1613<br />
208<br />
209<br />
210<br />
208, 209.<br />
Немецкая улица в Ровно, упоминаемая с XVII в. Фото. 2010<br />
Deutsche Straße in Rowno, erste Erwähnung im 17. Jh. Foto. 2010<br />
210. Дом купца Клейна в г. Новоград-Волынский.<br />
Фото. 1990-е гг.<br />
Haus des Kaufmanns Klein in Nowograd-Wolynsk.<br />
Foto. 1990er Jahre<br />
211. План материнских колоний Анетта и Йозефина,<br />
основанных в 1816 г. Ф. Ринк. 1950-е гг.<br />
Землячество немцев из России, Штутгарт<br />
Plan der 1816 gegründeten Mutterkolonien Annette<br />
und Josephine. F. Rink. 1950er Jahre. Landsmannschaft<br />
der Deutschen aus Russland e. V., Stuttgart<br />
211
Немцы в российской истории 101<br />
langsames Tempo bei der Umsiedlung sowie eine geringe<br />
Anzahl an Siedlern geprägt. Das Ergebnis waren fünf<br />
Kolonien und 1 001 Bewohner. Der Zustrom im zweiten<br />
Drittel des 19. Jahrhunderts war deutlich größer, so dass<br />
in der Folge bereits 11 424 Kolonisten registriert werden<br />
konnten, die 139 Kolonien gründeten. Der dritte und zahlenmäßig<br />
stärkste Zuwachs an deutschen Übersiedlern in<br />
den 1860er und 1890er Jahren war eine Folge der Aufhebung<br />
der Leibeigenschaft in Russland und des polnischen<br />
Aufstandes von 1863. So lebten 1897 im Gouvernement<br />
Wolhynien bereits 171 133 Deutsche, was einem Anteil<br />
von 5,73 % der Gesamtbevölkerung des Gouvernements<br />
entsprach. Sie lebten nun in mehr als 500 Kolonien und<br />
nahmen hinter Ukrainern, Polen und Juden den 4. Platz<br />
ein. In ländlichen Gegenden lag der Bevölkerungsanteil<br />
der Deutschen bei 6,14 %. Das bedeutete den 3. Platz<br />
hinter Ukrainern und Juden. In Städten und Marktflecken<br />
belegten die Deutschen den 5. Platz hinter Juden, Ukrainern,<br />
Russen und Polen, wobei der prozentuale Anteil<br />
lediglich bei 0,86 % lag.<br />
Die Standeszugehörigkeit der Deutschen in Wolhynien<br />
verteilte sich wie folgt: 64,02 % Bauern, 28,9 % Kleinbürger,<br />
0,19 % Adelige, 0,08 % Ehrenbürger und Kaufleute,<br />
0,02 % Geistliche, 0,05 % Vertreter sonstiger Stände und<br />
6,21 % ausländische Untertanen. Kolonisten lebten in allen<br />
zwölf Bezirken des Gouvernements, der größte Anteil<br />
wurde jedoch in den Bezirken Schitomir, Nowograd-Wolynskij,<br />
Luzk, Rowno und Wladimir-Wolynskij registriert.<br />
Zwei Drittel kamen ursprünglich aus den Weichsel-Gouvernements<br />
in Polen, der Rest aus Preußen, Österreich und<br />
anderen deutschen Ländern. Nach der Anzahl deutscher<br />
Siedler nahm das Gouvernement Wolhynien den zweiten<br />
Platz hinter dem Gouvernement Samara ein. Keine andere<br />
Region Russlands wurde von Deutschen so schnell,<br />
so zahlreich und in so kurzer Zeit besiedelt. Man kann<br />
Abb. 211<br />
Abb.<br />
212–215<br />
Abb. 216<br />
и малочисленностью поселенцев. Ее результатом стали<br />
5 колоний и 1001 житель. На второе тридцатилетие<br />
ХІХ в. приходится более многочисленный поток<br />
переселения, в результате которого в регионе было<br />
зафиксировано уже 11 424 колониста, обосновавших<br />
139 колоний. Третий, самый массовый, миграционный<br />
поток немецких переселенцев был обусловлен отменой<br />
крепостного права в России, польским восстанием<br />
1863 г. и пришелся на 60–90‐е гг. ХІХ в. В результате<br />
по состоянию на 1897 г. в Волынской губернии проживали<br />
171 133 немца, что составляло 5,73 % всего<br />
населения губернии. Они жили более чем в 500 колониях<br />
и занимали 4‐е место после украинцев, поляков<br />
и евреев. В сельской местности немцы составляли<br />
6,14 % сельского населения и занимали 3‐е место после<br />
украинцев и евреев. В городах и местечках немцы<br />
занимали 5‐е место после евреев, украинцев, русских<br />
и поляков, а в процентном отношении их число составляло<br />
всего 0,86 %.<br />
По сословному признаку волынские немцы распределялись<br />
таким образом: крестьяне – 64,02 %, мещане<br />
– 28,9 %, дворяне – 0,19 %, почетные граждане и купцы<br />
– 0,08 %, лица духовного сословия – 0,02 %, другие<br />
сословия – 0,05 %, иностранные подданные – 6,21 %.<br />
Проживали колонисты во всех 12 уездах губернии,<br />
но наибольшее их количество было зафиксировано<br />
в Житомирском, Новоград-Волынском, Луцком, Ровенском<br />
и Владимир-Волынском. По своему происхождению<br />
⅔ из них были выходцами из привислинских<br />
губерний Польши, остальные – из Пруссии, Австрии<br />
и других немецких земель. По количеству немецких<br />
поселенцев Волынская губерния занимала 2‐е место<br />
после Самарской. Ни один другой регион России не<br />
был заселен немцами такими быстрыми темпами,<br />
в таком значительном количестве и на протяжении<br />
Илл. 211<br />
Илл.<br />
212–215<br />
Илл. 216<br />
212<br />
212. Дом колониста на Волыни. Фото. Начало ХХ в. Землячество<br />
немцев из России, Штутгарт.<br />
Kolonistenhaus in Wolhynien. Foto. Anfang 20 Jh. Landsmannschaft<br />
der Deutschen aus Russland e. V., Stuttgart.<br />
213. Деревянный дом колониста в колонии Анетта (середина XIX в.).<br />
Фото В. Бунковского. 2010<br />
Holzhaus eines Kolonisten in der Kolonie Annette (Mitte 19. Jh.).<br />
Foto von W. Bunkowski. 2010<br />
213
214<br />
215<br />
214. Оттиск печати общества колонистов колонии Анетта.<br />
1890. Коллекция М. Костюка<br />
Siegelabdruck der Kolonisten-Gemeinde Annette.<br />
1890. Sammlung M. Kostjuk<br />
216<br />
217<br />
215. Дом землевладельца, уездного гласного А. Ая (начало ХХ в.) в г. Новоград‐Волынский,<br />
в 1920–1930-е гг. немецкая школа, в которой учились будущие немецкие писатели<br />
Э. Кончак (1903–1979) и Г. Генке (1913–1999), работал автор книги «Немцы на Волыни»<br />
С. Никель. Фото В. Бунковского. 2010<br />
Haus des Grundbesitzers und Bezirksabgeordneten A. Ei (Anfang 20. Jh.) in Nowograd-<br />
Wolynsk, in den 1920er–1930er Jahren. Deutsche Schule, in der die zukünftigen deutschen<br />
Schriftsteller E. Kontschak (1903–1979) und H. Henke (1913–1999) lernten und der<br />
Verfasser des Buches „Die Deutschen in Wolhynien“, S. Nickel, unterrichtete.<br />
Foto von W. Bunkowski. 2010<br />
216. Депутат I Государственной думы, политик и дипломат, барон Ф.Р. Штейнгель<br />
(1870–1946), землевладелец Волынской губернии. Фото. Начало ХХ в.<br />
Baron F. R. Steinheil (1870–1946), Abgeordneter der I. Russischen Staatsduma, Politiker<br />
und Diplomat, Grundbesitzer im Gouvernement Wolhynien. Foto. Anfang 20 Jh.<br />
217. Свидетельство волынского губернатора на право покупки 25 дес. земли колонисту<br />
Г. Гофману. 1908. Коллекция М. Костюка<br />
Bescheinigung des Gouverneurs von Wolhynien für den Kolonisten H. Hoffmann über<br />
das Recht auf Erwerb von 25 Des. Land. 1908. Sammlung von M. Kostjuk<br />
218. Особенности Волынской губернии. Иллюстрированная открытка. 1856.<br />
Российская национальная библиотека, С.-Петербург<br />
Besonderheiten des Gouvernements Wolhynien. Illustrierte Ansichtkarte. 1856.<br />
Russische Nationalbibliothek, St. Petersburg<br />
218
Немцы в российской истории 103<br />
hier gewissermaßen von einem ethnischen Boom innerhalb<br />
der ansonsten so ruhigen nationalen Struktur der<br />
Region sprechen. Zugleich war es aber auch der letzte<br />
große Zustrom in der langen Geschichte der deutschen<br />
Immigration ins Russische Reich.<br />
Im Unterschied zu anderen Regionen Russlands waren<br />
es vorwiegend einheimische Gutsbesitzer, die die deutsche<br />
Besiedlung Wolhyniens initiierten. Daher wurde die<br />
Kolonisierung eine Zeit lang auch nicht von staatlichen<br />
Behörden überwacht und geregelt. Erst in den 1880er und<br />
1890er Jahren wurde ein ganzes Paket kolonistenfeindlicher<br />
Gesetze verabschiedet, die den Prozess der deutschen Immigration<br />
praktisch zum Erliegen brachten und die Ansiedler<br />
in das bestehende System der örtlichen Selbstverwaltung<br />
einschlossen. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts,<br />
vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, emigrierte ein Teil<br />
der Wolhyniendeutschen nach Übersee. Aufgrund des<br />
natürlichen Bevölkerungszuwachses stieg die Zahl jedoch<br />
weiter an und lag 1914 fast bei 210 000 Personen.<br />
Die Deutschen, die sich vorwiegend zu beiden Seiten der<br />
Straße von Kiew nach Brest auf den preiswerten Ländereien<br />
von Wolhynisch-Polesien niederließen, betrieben vorwiegend<br />
Ackerbau und Viehzucht, was auch dem bäuerlichen<br />
Charakter der deutschen Kolonisierung Wolhyniens<br />
entsprach. Nach und nach entstand ein System deutschen<br />
Grundbesitzes, dessen Fläche dank günstiger Pacht- und<br />
Kaufpreise für Grund und Boden schnell größer wurde.<br />
Während Deutsche im Jahre 1871 im Gouvernement<br />
72 000 Desjatinen Land bewirtschafteten, waren es 1882<br />
bereits 400 000 Desjatinen und 1897 – 627 000 Desjatinen.<br />
Das entsprach 9,56 % der Gesamtfläche des Gouvernements.<br />
1911 waren es fast 700 000 Desjatinen.<br />
Die Hauptform der Bodennutzung war die kurzzeitige,<br />
zwölf Jahre währende Pacht von Ländereien, die vorwiegend<br />
Gutsbesitzern, seltener dem Staat gehörten, mit der<br />
Option auf Verlängerung. Gleichzeitig entstand auch deutsches<br />
Privateigentum an Grund und Boden, obwohl die Behörden<br />
Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
bemüht waren, das weitere Wachstum zu zügeln. In der<br />
Regel waren die Grundstücke der deutschen Kolonisten<br />
nicht größer als 50 Desjatinen und wurden zumeist lokalen<br />
Gutsbesitzern abgekauft, wobei sie häufig die Dienste der<br />
Bauern-Agrarbank in Anspruch nahmen.<br />
Brachland, mit Bäumen und Sträuchern bewachsene Flächen<br />
oder versumpfte Parzellen hatten zwar einen niedrigen<br />
Kaufpreis, kosteten aber viel Schweiß und Mühe, bis sie<br />
erschlossen waren. Die deutschen Kolonisten mussten die<br />
erworbenen Ländereien roden, von den Wurzeln befreien,<br />
meliorieren und düngen, um sie endlich in fruchtbare und<br />
gepflegte Plantagen verwandeln zu können. Jeder Wirt betrieb<br />
seine Wirtschaft individuell, obwohl die Grundstücke<br />
oft gemeinschaftlich gepachtet wurden. Die Wolhyniendeutschen<br />
betrieben die Landwirtschaft praktisch auf Einzelgehöften<br />
und ermunterten durch die offensichtlichen<br />
Vorteile die einheimischen Bauern dazu, sich während<br />
der Stolypinschen Agrarreform entschlossener für Einzelgehöfte<br />
zu entscheiden. Deutsche Höfe in Wolhynien<br />
nutzte man gern auch zu Agitationszwecken. Sie wurden<br />
Bauerndelegationen aus den inneren Gouvernements<br />
Abb. 217<br />
Abb. 218<br />
сравнительно небольшого промежутка времени.<br />
Это был своеобразный этнический взрыв в относительно<br />
стабильной национальной структуре региона<br />
и последний массовый поток в длительном процессе<br />
немецкой иммиграции в Российскую империю.<br />
В отличие от других регионов России, немецкая колонизация<br />
на Волыни инициировалась преимущественно<br />
местными земледельцами и поэтому некоторое время<br />
была не контролированной и не урегулированной органами<br />
государственной власти. Только в 80–90‐е гг.<br />
ХІХ в. был принят целый пакет антиколонистских<br />
законов, практически остановивших процесс немецкой<br />
иммиграции в регионе и включивших поселенцев<br />
в существующую систему местного самоуправления.<br />
В предвоенное десятилетие часть волынских немцев<br />
эмигрировала за океан. Но их численность продолжала<br />
увеличиваться за счет естественного прироста<br />
и составила в 1914 г. почти 210 тыс. чел.<br />
Поселяясь преимущественно по обеим сторонам<br />
Киево-Брестского шоссе на дешевых землях Волынского<br />
Полесья, немцы в основной своей массе занимались<br />
земледелием и животноводством, что и<br />
определило аграрный характер немецкой колонизации<br />
на Волыни. Постепенно сложилась система немецкого<br />
землевладения, площадь которого быстро возрастала<br />
благодаря низким ценам на аренду и покупку земельных<br />
участков. Если в 1871 г. немцы в губернии<br />
пользовались 72 тыс. дес. земли, то в 1882 г. эта цифра<br />
возросла почти до 400 тыс., в 1897 г. – до 627 тыс. дес.,<br />
что составляло 9,56 % всей площади земли в губернии.<br />
В 1911 г. эта цифра достигла почти 700 тыс. дес.<br />
Основной формой землепользования была краткосрочная<br />
аренда (12 лет) с правом продления преимущественно<br />
помещичьих и реже – казенных земель.<br />
Одновременно стало формироваться и частное немецкое<br />
землевладение, хотя власти в конце ХІХ и начале<br />
ХХ в. предпринимали попытки сдержать масштабы его<br />
увеличения. В подавляющем большинстве площади<br />
частных земельных участков колонистов не превышали<br />
50 дес., и выкупали они их преимущественно у<br />
местных помещиков, часто пользуясь услугами Крестьянского<br />
поземельного банка.<br />
Неосвоенные земли, лесные и кустарниковые поруби,<br />
заболоченные участки, несмотря на свою дешевизну,<br />
требовали значительных физических усилий для их<br />
освоения. В результате вырубки, выкорчевывания, проведения<br />
мелиоративных работ и внесения удобрений<br />
приобретенные участки превращались колонистами<br />
в плодородные и ухоженные плантации. Каждый хозяин<br />
вел свое хозяйство индивидуально, хотя землю часто<br />
арендовали коллективно. Фактически волынские немцы<br />
использовали хуторную форму сельскохозяйственного<br />
производства, наглядно показав ее преимущества<br />
местным крестьянам, тем самым подталкивая их к более<br />
активному выходу на хутора и отруба в годы проведения<br />
столыпинской аграрной реформы. Немецкие<br />
хозяйства на Волыни использовались в агитационных<br />
мероприятиях. Их демонстрировали как образцовые<br />
для крестьянских делегаций из глубинных губерний<br />
Илл. 217<br />
Илл. 218
104 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 219<br />
Abb. 220<br />
im europäischen Teil Russlands als Vorzeigeobjekte präsentiert.<br />
1908 empfahl die Bodennutzungskommission<br />
des Gouvernements, Wolhyniendeutsche, deren Frist für<br />
gepachtete Ländereien auslief, beim käuflichen Erwerb<br />
bankeigener Ländereien in den Gouvernements Saratow<br />
und Samara zu unterstützen, wo sie der dort ansässigen<br />
Bevölkerung mit ihren Erfahrungen beim Aufbau von<br />
Einzelgehöften als Beispiel dienen sollten.<br />
Die hohe Produktivität der von Kolonisten geführten<br />
Höfe war auf die Drei-, Vier- und Fünf-Felderwirtschaft<br />
im Ackerbau, die richtige Fruchtfolge, eine ausreichende<br />
Menge organischen Düngers vom dafür gehaltenen Vieh,<br />
den Einsatz verbesserter landwirtschaftlicher Maschinen<br />
und Geräte, die Verwendung von Mineraldünger und auf<br />
den Einsatz moderner agrotechnischer Verfahren zurückzuführen.<br />
Die Kolonisten bauten vorwiegend Getreide,<br />
insbesondere Roggen und Weizen an, seltener Gerste,<br />
Hafer, Hirse und Buchweizen. Große Flächen wurden für<br />
Kartoffeln genutzt, außerdem wurden Futterrüben, Erbsen,<br />
Raps, Leinen, Hanf und mehrjährige Gräser angebaut.<br />
Die Kolonisten reagierten schnell auf die sich ändernde<br />
Nachfrage auf dem Agrarmarkt. Mit der aufkommenden<br />
Zuckerindustrie im Gouvernement begannen die Kolonisten<br />
auch Zuckerrüben anzubauen. Von tschechischen<br />
Kolonisten Wolhyniens übernahmen die Wolhyniendeutschen<br />
mit Erfolg deren Erfahrungen beim Hopfenanbau<br />
und setzten sie auf ihren Feldern um. Sehr ertragreich<br />
war auch der Obst- und Gemüseanbau der Siedler.<br />
Der hochproduktive Ackerbau war auch die Grundlage<br />
für eine erfolgreiche Viehzucht. Jeder Wirt war bemüht,<br />
eine ausreichende Zahl an Pferden, Kühen, Schweinen und<br />
Schafen sowie verschiedene Arten Hausgeflügel zu halten.<br />
In erster Linie dienten die landwirtschaftlichen Produkte<br />
der Befriedigung des Bedarfs der eigenen Familie. Mit<br />
der Zeit wurde ein Großteil der Produktion jedoch auf<br />
Илл. 219<br />
Илл. 220<br />
Европейской России. А в 1908 г. сотрудники губернской<br />
землеустроительной комиссии рекомендовали содействовать<br />
волынским немцам, у которых заканчивались<br />
сроки аренды, в деле покупки ими банковских земель<br />
в Саратовской и Самарской губерниях, где они могли<br />
бы своим опытом устройства хуторского хозяйства<br />
стать примером для местного населения.<br />
Высокая эффективность колонистских хозяйств обеспечивалась<br />
за счет использования 3‐х, 4‐х и 5-польной<br />
системы земледелия, правильного севооборота, достаточного<br />
органического удобрения почвы (для чего<br />
они содержали много домашнего скота), усовершенствованных<br />
сельскохозяйственных орудий, механизмов<br />
и минеральных удобрений, а также внедрения новых<br />
прогрессивных агротехнических методов хозяйствования.<br />
Преобладало у колонистов выращивание зерновых<br />
культур, особенно ржи и пшеницы, меньше – ячменя,<br />
овса, проса, гречки. Значительные площади отводились<br />
под картошку, выращивались кормовая свекла, горох,<br />
рапс, лен, конопля, многолетние травы. Колонисты<br />
быстро реагировали на смену спроса на рынке сельскохозяйственной<br />
продукции. В связи с развитием сахарной<br />
промышленности в губернии колонисты стали<br />
культивировать сахарную свеклу. Волынские немцы<br />
успешно заимствовали у чешских колонистов Волыни<br />
опыт хмелеводства и стали широко использовать его<br />
в своих хозяйствах. Много и результативно поселенцы<br />
занимались огородничеством и садоводством.<br />
Высокоэффективное земледелие стало основой для<br />
успешного развития животноводства. Каждый хозяин<br />
стремился содержать достаточное количество лошадей,<br />
коров, свиней, овец, разных видов домашней<br />
птицы. Сельскохозяйственная продукция в первую<br />
очередь использовалась для удовлетворения потребностей<br />
семьи. Но со временем ее значительная часть<br />
219<br />
219. Реклама предприятий сельскохозяйственной техники<br />
инженера А. Гендзеля в Ровно. 1913<br />
Werbung des Betriebs für landwirtschaftlichen Maschinenbau<br />
des Ingenieurs A. Hendsel in Rowno. 1913<br />
220. Здание для сушки хмеля (начало ХХ в.) в колонии Нейдорф<br />
(Солодыри). Фото В. Бунковского. 2010<br />
Gebäude zum trocknen von Hopfen (Anfang 20. Jh.) in der Kolonie<br />
Neudorf (Solodyri). Foto von W. Bunkowski. 2010<br />
220
Немцы в российской истории 105<br />
den Märkten angeboten, wodurch der Wohlstand der<br />
Kolonistenfamilien stieg.<br />
Neben der landwirtschaftlichen Produktion betrieben die<br />
Kolonisten auch verschiedene Handwerke. Am weitesten<br />
verbreitet waren Schusterei, Weberei, Näherei, Holzbearbeitung<br />
und das Schmiedehandwerk. Ein Teil der Wolhyniendeutschen<br />
arbeitete in der Industrieproduktion,<br />
vor allem in der Holzverarbeitung, der Tuchweberei, der<br />
Papierherstellung und in der Metallindustrie. Sehr häufig<br />
waren sie in der Mühlenindustrie anzutreffen. Mit der industriellen<br />
Bierbrauerei in Wolhynien haben Deutsche begonnen.<br />
In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg gründeten<br />
wolhynische Kolonisten erste Genossenschaften.<br />
Ein untrennbarer Bestandteil der Kultur der Wolhyniendeutschen<br />
war deren tiefe Religiosität. 1897 waren 98,72 %<br />
von ihnen Protestanten verschiedener Glaubensströmungen<br />
und nur 1,18 % waren anderen Glaubens. Unter den<br />
Protestanten gab es 95,71 % Lutheraner. Diese Situation<br />
hatte bis zum Ersten Weltkrieg Bestand. Der Anteil von<br />
Vertretern anderer protestantischen Richtungen erhöhte<br />
sich nur unwesentlich, am deutlichsten noch bei den<br />
Baptisten.<br />
Die evangelisch-lutherischen Gemeinden Wolhyniens unterstanden<br />
dem Petersburger Konsistorium, das seinerseits<br />
dem evangelisch-lutherischen Generalkonsistorium unterstellt<br />
war. Die erste Kirchengemeinde entstand 1801 in<br />
Schitomir. Da in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die<br />
Zahl der Kolonisten stark anstieg, wurden neue Gemeinden,<br />
Adjunkturen und Filialen in Roschischtsche im Bezirk Luzk<br />
(1862), Staraja Buda (Heimtal) im Bezirk Schitomir (1869),<br />
Tutschin im Bezirk Rowno (1888), Nowograd-Wolynskij<br />
(1889), Wladimir-Wolynskij (1891), Jemeltschin im Bezirk<br />
Nowograd-Wolynskij (1896), Luzk (1899) und Rowno<br />
(1902) eingerichtet. Gleichzeitig errichteten die Kolonisten<br />
mit großem Eifer sakrale Gebäude, die zu einem nicht mehr<br />
реализовывалась на рынках, что давало возможность<br />
повышать благосостояние колонистских семей.<br />
Кроме сельскохозяйственного производства колонисты<br />
занимались разнообразными ремеслами. Наиболее<br />
развитыми были сапожное, ткацкое, портняжное,<br />
деревообрабатывающее, кузнечное. Часть волынских<br />
немцев была задействована и в промышленности,<br />
в частности, в таких отраслях, как лесоперерабатывающая,<br />
суконная, бумажная, металлообрабатывающая.<br />
Особенно широко они были представлены<br />
в мукомольной отрасли. Промышленное пивоварение<br />
на Волыни начали немцы. В предвоенные годы в среде<br />
волынских колонистов начали возникать первые<br />
кооперативные общества.<br />
Глубокая религиозность была неотъемлемой чертой<br />
культурной жизни волынских немцев. 98,72 % из них<br />
в 1897 г. принадлежали к протестантам различного<br />
толка и лишь 1,18 % – к другим вероисповеданиям.<br />
95,71 % из числа протестантов были лютеранами. Такая<br />
ситуация сохранялась вплоть до Первой мировой<br />
войны. Произошло лишь незначительное увеличение<br />
доли представителей других протестантских направлений,<br />
особенно баптистов.<br />
Евангелическо-лютеранские приходы Волыни подчинялись<br />
Петербургской (провинциальной) консистории,<br />
которая в свою очередь была подведомственна<br />
Генеральной евангелическо-лютеранской консистории.<br />
Первый приход был создан в 1801 г. в Житомире.<br />
В связи со значительным увеличением числа<br />
колонистов во второй половине ХІХ в. были учреждены<br />
новые приходы, их адъюнктуры и филиалы<br />
в Рожище Луцкого уезда (1862), Старой Буде (Геймталь)<br />
Житомирского уезда (1869), Тучине Ровенского<br />
уезда (1888), Новоград-Волынске (1889), Владимир-<br />
Волынске (1891), Емельчине Новоград-Волынского<br />
Abb. 221 Илл. 221<br />
221. Кузнечные работы при производстве телег.<br />
Фото. Около 1910. Историческое общество<br />
«Волынь». Визентгейд, Германия<br />
Schmiedearbeiten beim Wagenbau.<br />
Foto. Ca. 1910. Historischer Verein<br />
Wolhynien e. V. Wiesentheid, Deutschland<br />
221
106 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
222–224<br />
Abb. 225<br />
Abb. 226<br />
Abb.<br />
227, 228<br />
wegzudenkenden Attribut vieler Kolonien wurden. 1900<br />
gab es im Gouvernement 237 solcher Gebäude, davon sechs<br />
Kirchen und 231 Bethäuser. Aufgrund der großen Zahl<br />
von Kolonisten und dem Mangel an Pfarrern wurden viele<br />
kirchliche Zeremonielle in den Kolonien von Küstern oder<br />
Kantoren übernommen. Für die Ausbildung qualifizierter<br />
Küster wurde 1904 in der Kolonie Staraja Buda eine Küsterschule<br />
unter Leitung von Ortspastor Johanson eröffnet.<br />
Das gesamte Gemeinde- und Familienleben, die Erziehung<br />
und der Alltag im Umfeld der Kolonisten beruhten auf den<br />
Regeln der lutherischen Glaubenslehre.<br />
Ein weiteres festes Element des geistigen Lebens der<br />
Wolhyniendeutschen war das weit verzweigte Netz von<br />
Schulen. Der Bau einer Schule war schon in den ersten<br />
Jahren nach der Niederlassung ein erstrangiges Anliegen<br />
jeder Gemeinde, die für diesen Zweck ein spezielles Schulbzw.<br />
Kantorgrundstück mit einer Fläche von zwei bis drei<br />
Hektar zur Verfügung stellte und aus eigenen Mitteln einen<br />
Lehrer bezahlte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
wuchs die Zahl von Schulen rasant an. Während es 1851<br />
nur zehn Schulen gab, waren es bereits 34 Schulen im<br />
Jahre 1865, 306 Schulen mit 12 625 Schülern im Jahre<br />
1885, 373 Schulen 1887 und 392 Schulen 1891. Infolge der<br />
kolonistenfeindlichen Gesetze in den 1880er und 1890er<br />
Jahren begann Anfang des 20. Jahrhunderts die Zahl deutscher<br />
Schulen in der Region zurückzugehen. 1911 gab es<br />
im Gouvernement noch 271 deutsche Schulen mit 12 254<br />
Schülern. Die Kinder gingen zwischen dem siebten und<br />
15. Lebensjahr zur Schule. Der Schulbesuch dauerte in<br />
der Regel drei bis sechs Jahre. Der Unterricht fand in der<br />
von Feldarbeiten freien Zeit statt. Die Kolonistenschulen<br />
standen unter ständiger Kontrolle der Kirche.<br />
Als die deutschen Schulen am 8. Oktober 1887 dem<br />
Volksbildungsministerium unterstellt wurden, setzte eine<br />
Reorganisation ein, mit der man die Grundsätze, nach<br />
Илл.<br />
222–224<br />
Илл. 225<br />
Илл. 226<br />
Илл.<br />
227, 228<br />
уезда (1896), Луцке (1899) и Ровно (1902). В этот же<br />
период колонисты активно строили культовые сооружения,<br />
ставшие неотъемлемыми атрибутами многих<br />
колоний. На 1900 г. их было в губернии 237 (6 кирх<br />
и 231 молитвенный дом). Из-за большого количества<br />
колонистов и нехватки пасторов многие религиозные<br />
обряды в колониях выполняли кистеры или канторы.<br />
С целью подготовки квалифицированных кистеров<br />
в 1904 г. в колонии Старая Буда была открыта кистерская<br />
школа, которую возглавлял местный пастор Иогансон.<br />
Вся общинная и семейная жизнь, воспитание<br />
и быт в среде колонистов строились на религиозных<br />
началах лютеранского вероучения.<br />
Еще одной неотъемлемой чертой духовной жизни волынских<br />
немцев была разветвленная система школ.<br />
Постройка школы уже с первых лет обоснования была<br />
первоочередной заботой каждой общины, выделявшей<br />
для этой цели специальный участок «школьной» или<br />
«канторской» земли площадью 2–3 га и на свои средства<br />
содержавшей учителя. Во второй половине ХІХ в. число<br />
школ стремительно возросло. Если в 1851 г. их было<br />
всего 10, то в 1865 г. уже 34, в 1885 г. – 306 (обучались<br />
в них 12 625 учеников), в 1887 г. – 373, а в 1891 г. – 392.<br />
В связи с принятием в 80–90‐е гг. ХІХ в. антиколонистских<br />
законодательных актов число немецких школ<br />
в регионе в начале ХХ в. начало сокращаться. В 1911 г.<br />
в губернии зафиксирована 271 немецкая школа, где обучались<br />
12 254 ученика. Посещали школу дети в возрасте<br />
от 7 до 15 лет. Чаще всего обучение длилось 3–6 лет.<br />
Занятия проводились в свободное от сельскохозяйственных<br />
работ время. Колонистские школы были под<br />
постоянным контролем духовенства.<br />
После передачи 8 октября 1887 г. немецких школ в ведение<br />
Министерства народного просвещения начался<br />
процесс их реорганизации, направленный на подрыв<br />
222 223<br />
222. Баптистская церковь в немецкой колонии Солодыри (1907).<br />
Фото В. Бунковского. 2010<br />
Baptistisches Bethaus in der deutschen Kolonie Solodyri (1907).<br />
Foto von W. Bunkowski. 2010<br />
223. Евангелическо-лютеранская кирха в с. Щитники. Фото. Начало ХХ в.<br />
Историческое общество «Волынь». Визентгейд, Германия<br />
Evangelisch-lutherische Dorfkirche in Schtschitniki. Foto. Anfang 20. Jh.<br />
Historischer Verein Wolhynien e. V. Wiesentheid, Deutschland
224. Евангелическо-лютеранская кирха в г. Луцк (1906–1907,<br />
архитектор Х. Бейтельспахер). Фото Ю. Черняка. 2010<br />
Evangelisch-lutherische Kirche in Luzk (1906–1907,<br />
Arch.: Ch. Beutelspacher). Foto von Ju. Tschernjak. 2010<br />
225. Пасторский дом в Тучине (1897). Фото. Начало ХХ в.<br />
Историческое общество «Волынь». Визентгейд, Германия.<br />
Evangelisch-lutherisches Pfarrhaus in Tutschin. (1897).<br />
Foto. Anfang 20. Jh. Historischer Verein Wolhynien e. V.<br />
Wiesentheid, Deutschland<br />
226. Учительская семинария в колонии Геймталь (Старая Буда).<br />
Фото. 1942. Землячество немцев из России, Штутгарт<br />
Lehrerseminar in der Kolonie Heimtal (Staraja Buda).<br />
Foto. 1942. Landsmannschaft der Deutschen aus Russland<br />
e. V. Stuttgart<br />
227. Школа в с. Березовка (1910), построенная<br />
и содержавшаяся на средства семьи Арндт. Фото. 2000<br />
Schule in Beresowka (1910), errichtet und unterhalten<br />
von der Familie Arndt. Foto. 2000<br />
228. Немецкая школа в г. Звягель (Новоград-Волынский).<br />
Фото. 1942. Землячество немцев из России, Штутгарт<br />
Die deutsche Volksschule in Zwiahel (Nowograd-Wolynsk).<br />
Foto. 1942. Landsmannschaft der Deutschen aus Russland<br />
e. V. Stuttgart<br />
224<br />
225<br />
226<br />
227<br />
228
108 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
denen die Schulen errichtet und betrieben wurden, untergrub.<br />
Hauptziel war deren Russifizierung. Das Ministerium<br />
forderte russischsprachigen Unterricht, die Befreiung der<br />
Lehrer vom Einfluss der Kirche sowie ein nur begrenztes<br />
Mitspracherecht der Kolonistengemeinden bei der Auswahl<br />
und Bezahlung der Lehrer. In der Realität stießen<br />
diese und ähnliche Maßnahmen vielerorts auf den Widerstand<br />
von Kolonisten und Kirche. Letztendlich führte<br />
die Russifizierungspolitik an den Kolonistenschulen Wolhyniens<br />
nicht zum erhofften Ziel. Der, im Vergleich mit<br />
anderen Gouvernements, niedrigste Schuletat überhaupt<br />
führte zusammen mit mangelhaft ausgebildeten Lehrern<br />
dazu, dass die Zahl deutscher Schulen in der Region<br />
weiter zurückging, die materielle Ausstattung der Schulen<br />
sich verschlechterte und das Bildungsniveau sank.<br />
Auch die Beziehungen der wolhynischen Kolonisten zur<br />
einheimischen ukrainischen Bevölkerung gestalteten sich<br />
zwiespältig. Heftige Auseinandersetzung zwischen ihnen<br />
gab es recht selten und wenn, ging es um Bodennutzung<br />
und Landbesitz. In vielen Fällen waren das provozierende<br />
Verhalten ortsansässiger Gutsbesitzer und das Fehlen klarer<br />
gesetzlicher Regeln für die Pachtverhältnisse, insbesondere<br />
für die Beendigung derselben, der Grund von Auseinandersetzungen.<br />
Wenn man dabei noch die Unterschiede<br />
im Glauben, im Bildungsniveau, im nationalen Selbstbewusstsein,<br />
in den Traditionen des Gemeinde- und Familienlebens,<br />
im Alltag, in den Moralvorstellungen, bei der<br />
gesellschaftlichen Selbstverwaltung sowie die Existenz eines<br />
sich selbsttragenden Wirtschaftssystems an sich und die Abgeschiedenheit<br />
und Geschlossenheit des Gemeindelebens<br />
der Kolonisten bedenkt, gab es in der zweiten Hälfte des<br />
19. Jahrhunderts in Wolhynien in der Tat keine realistische<br />
Gelegenheit für eine Annäherung zwischen Deutschen<br />
und Ukrainern. Daher wären die Beziehungen zwischen<br />
ihnen gerechterweise eher als friedlich und distanziert,<br />
denn als freundschaftlich und harmonisch zu bezeichnen.<br />
Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Leben der<br />
deutschen Kolonien etwas offener, was aber nur andeutungsweise<br />
eine Tendenz zu intensiveren Kontakten mit<br />
der einheimischen Bevölkerung bedeutete. Nach wie vor<br />
war die auch weiterhin bestehende Distanz spürbar.<br />
In den Beziehungen zu den Behörden waren die Kolonisten<br />
Wolhyniens um Loyalität bemüht. Nur wenn lebenswichtige<br />
Interessen bei der Bodennutzung bedroht waren oder<br />
Einmischungen im geistigen Bereich drohten, griffen die<br />
Kolonisten zu verschieden Formen des Widerstandes. Allerdings<br />
kam es nur sehr selten zum offenen Widerstand<br />
gegen lokale Behörden.<br />
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges machte sich in<br />
Wolhynien eine antideutsche Stimmung breit. Nach der<br />
Verabschiedung des Gesetzes vom 2. Februar 1915 „Über<br />
den Landbesitz und die Bodennutzung einiger Kategorien<br />
russischer Staatsbürger österreichischer, ungarischer und<br />
deutscher Herkunft“ begannen die Behörden des Gouvernements<br />
Immobilien der Deutschen im Südwesten<br />
zu liquidieren. Die Niederlagen der russischen Armee<br />
in der ersten Hälfte des Jahres 1915 bewogen die oberste<br />
Militärführung zur Deportation von Deutschen aus<br />
grenznahen Gouvernements. Entsprechend dem Beschluss<br />
тех принципов, на которых они строились и функционировали.<br />
Главной целью стало их «обрусение».<br />
Министерство требовало перевести преподавание<br />
на русский язык, вывести учителей из-под зависимости<br />
духовенству, ограничить влияние колонистских<br />
общин на подбор учителей и их финансовое содержание.<br />
В реальной жизни эти и другие мероприятия<br />
властей вызвали во многих местностях сопротивление<br />
колонистов и духовенства. В результате политика<br />
русификации колонистских школ на Волыни не дала<br />
желаемых результатов. А самый низкий (по сравнению<br />
с другими губерниями) уровень финансирования<br />
и слабая квалификация учителей привели<br />
к сокращению количества немецких школ в регионе,<br />
ухудшению их материального состояния и снижению<br />
уровня образования.<br />
Взаимоотношения волынских колонистов с местным<br />
украинским населением складывались неоднозначно.<br />
Острые формы противостояния между ними возникали<br />
нечасто и, как правило, в вопросах землепользования<br />
и землевладения. Причем во многих случаях<br />
причиной конфликтов было провокационное поведение<br />
местных землевладельцев, а также отсутствие<br />
четких законодательных норм, регулирующих условия<br />
арендного владения и, особенно, его прекращения.<br />
Но если учесть различия в религии, уровне образования<br />
и национального самосознания, разные традиции<br />
общинной и семейной жизни, быта и морали,<br />
общественного самоуправления, наличие собственной<br />
самообеспечивающей системы хозяйствования,<br />
а также замкнутость и обособленность внутренней<br />
общинной жизни колонистов, то становится понятно,<br />
что условий для реального сближения между немцами<br />
и украинцами на Волыни во второй половине ХІХ в.<br />
не имелось. Поэтому взаимоотношения между ними<br />
было бы справедливо охарактеризовать, скорее, как<br />
мирные и сдержанные, чем дружественные и гармоничные.<br />
Только в начале ХХ в. жизнь немецких колоний<br />
стала несколько более открытой, что заложило<br />
лишь тенденцию активизации отношений с местным<br />
населением. Но дистанция все-таки была очевидной<br />
и продолжала существовать.<br />
В отношениях с властями волынские колонисты<br />
пытались демонстрировать лояльность. И только<br />
в тех случаях, когда затрагивались их жизненные<br />
интересы, касавшиеся землепользования или же<br />
вмешательства в сферу духовной жизни, колонисты<br />
проявляли разные формы сопротивления. Но факты<br />
открытого противостояния местным властям случались<br />
крайне редко.<br />
С началом Первой мировой войны на Волыни распространились<br />
антинемецкие настроения. После принятия<br />
закона от 2 февраля 1915 г. «О землевладении<br />
и землепользовании некоторых разрядов состоящих<br />
в русском подданстве австрийских, венгерских и германских<br />
выходцев» губернские органы приступили<br />
к ликвидации недвижимого имущества немцев Юго-<br />
Западного края. В результате поражений российской<br />
армии в первой половине 1915 г. высшее военное
Немцы в российской истории 109<br />
einer Sonderkommission im Hauptquartier des Oberbefehlshabers<br />
vom 23. Juni 1915 wurden die Deutschen<br />
aus den Gouvernements Wolhynien, Podolien und Kiew<br />
deportiert, in aller Regel auf Kosten der Kolonisten mit<br />
Pferdefuhrwerken oder mit der Bahn. Die Deportation<br />
erfolgte in mehreren Etappen und erfasste 1916 auch die<br />
von der russischen Armee befreiten westlichen Bezirke<br />
Wolhyniens. Unterschiedlichen Angaben zufolge wurden<br />
zwischen 150 000 und 200 000 Deutsche aus dem Südwesten<br />
Russlands deportiert. Die harten Lebensbedingungen<br />
unterwegs und in den neuen Siedlungsorten hatten eine<br />
hohe Sterblichkeit bei Kindern und alten Menschen zur<br />
Folge. Die Deportierten wurden vorwiegend in Gouvernements<br />
an der Wolga gebracht, einzelne Gruppen auch<br />
nach Sibirien und in andere Regionen Russlands.<br />
Aus sozialrechtlicher Sicht hatten die Deportierten den<br />
Status von Flüchtlingen und damit Anspruch auf eine<br />
tägliche Verpflegungsration im Wert von 25 Kopeken,<br />
obwohl sie diesen Betrag nicht immer und nicht überall<br />
bekamen. Familien von Männern, die gerade aktiven<br />
Wehrdienst leisteten, hatten Anspruch auf zusätzliche<br />
Beihilfen, aber auch diese wurden nicht immer oder<br />
nicht im vollen Umfang gewährt. Die Deportierten standen<br />
unter Aufsicht der örtlichen Polizeibehörden und<br />
konnten nur mit deren Erlaubnis in einen anderen Ort<br />
umziehen. Mit der Unterbringung der Deportierten, der<br />
Regelung der Alltagsprobleme und der Arbeitsvermittlung<br />
befassten sich die örtlichen Filialen des Allrussischen<br />
Semstvo-Verbandes, gesellschaftliche Organisationen und<br />
lokale Behörden. Realistische Aussichten auf eine feste<br />
Anstellung hatten nur Personen mit einem Handwerksberuf.<br />
Alle übrigen mussten sich als Tagelöhner oder<br />
Saisonarbeiter verdingen.<br />
Die Immobilien der zur Deportation vorgesehenen Kolonisten<br />
sollten beschlagnahmt und alles bewegliche Hab<br />
und Gut, wie landwirtschaftliches Gerät, landwirtschaftliche<br />
Produkte, Vieh und Hausrat, liquidiert werden. Dazu<br />
war vorgesehen, von speziellen Liquidationskommissionen<br />
den Wert ermitteln und eine Ausgleichszahlung leisten<br />
zu lassen. Einen Teil ihrer Habe konnten die Kolonisten<br />
trotz Verbot an Aufkäufer oder ortsansässige Bauern<br />
verkaufen. Bedingt durch die Hektik und die Willkür<br />
der Liquidatoren war es an der Tagesordnung, dass Teile<br />
des Besitzes ungerecht bewertet oder überhaupt nicht in<br />
Listen erfasst wurden.<br />
Nach der Februarrevolution von 1917 kehrte ein Teil der<br />
Wolhyniendeutschen auf eigene Faust nach Wolhynien<br />
zurück, die meisten aber kamen erst nach der Unterzeichnung<br />
des Friedensvertrags von Brest-Litowsk im März<br />
1918 zurück. Manche nutzten auch die Gelegenheit, um<br />
nach Deutschland auszureisen. Viele Rückkehrer fanden<br />
ihre Kolonien zerstört und verwüstet vor, und ihre Häuser<br />
waren mit Flüchtlingen belegt. Es begann die schwere Zeit<br />
des Aufbaus nach dem Krieg.<br />
Nach dem Rigaer Friedensvertrag von 1921 wurde Wolhynien<br />
in zwei Teile, einen sowjetischen und einen<br />
polnischen geteilt. Die Geschichte dieser einzigartigen<br />
regionalen Gruppe der Wolhyniendeutschen nahm nun<br />
unterschiedliche Wege.<br />
Abb. 229<br />
Abb.<br />
230–232<br />
Abb. 233<br />
Abb. 234<br />
Abb.<br />
235, 236<br />
Abb.<br />
237, 238<br />
руководство приступило к депортации немцев из приграничных<br />
губерний. Немцев Волыни, Подольской<br />
и Киевской губерний подвергли выселению после<br />
принятия соответствующего постановления Особого<br />
совещания Ставки Верховного главнокомандующего<br />
от 23 июня 1915 г. Депортация осуществлялась<br />
в основном за счет колонистов гужевым или железнодорожным<br />
транспортом. Проводилась она в несколько<br />
этапов и продолжалась в 1916 г. даже из освобожденных<br />
российской армией западных уездов<br />
Волыни. По разным данным было выселено от 150<br />
до 200 тыс. немцев Юго-Западного края. Тяжелые<br />
условия переезда и новых мест водворения вызвали<br />
высокую смертность среди детей и стариков. Отправляли<br />
депортированных преимущественно в поволжские<br />
губернии, некоторые партии – в Сибирь и<br />
другие регионы России.<br />
В социально-правовом отношении депортированные<br />
имели статус беженцев, что давало им возможность<br />
получать паек в сумме 25 коп. в день, хотя реально эту<br />
сумму они получали не всегда и не везде. Семьи, в которых<br />
были мужчины, призванные в действующую<br />
армию, имели право на получение дополнительного<br />
пособия, но оно часто не выдавалось или же выдавалось<br />
в неполном объеме. Депортированные находились<br />
под контролем местных полицейских властей и<br />
переселяться из одного населенного пункта в другой<br />
могли лишь с их разрешения. Вопросами обустройства<br />
депортированных, решением их бытовых проблем<br />
и поиском работы занимались местные отделения<br />
Всероссийского земского союза, другие общественные<br />
организации и местные администрации. Реальные<br />
перспективы найти постоянную работу имели лица<br />
ремесленных профессий. Остальные жили поденными<br />
и сезонными заработками.<br />
Недвижимое имущество выселяемых колонистов подлежало<br />
секвестру, а движимое (сельскохозяйственный<br />
инвентарь и продукция, скот, домашняя утварь) –<br />
ликвидации в форме оценки и выплаты денежной<br />
компенсации. Производили ее специальные ликвидационные<br />
комиссии. Часть имущества колонисты,<br />
несмотря на запреты, успевали продать скупщикам<br />
или местным крестьянам. Спешка, произвол ликвидаторов,<br />
несправедливость оценки и невключение части<br />
имущества в описи были массовым явлением.<br />
После Февральской революции 1917 г. часть волынских<br />
немцев самовольно начала возвращаться на Волынь,<br />
но основная масса вернулась после подписания<br />
Брестского мира в марте 1918 г. Некоторые воспользовались<br />
возможностью эмигрировать в Германию.<br />
Многие возвратившиеся застали свои колонии уничтоженными<br />
или разоренными, дома были заняты<br />
беженцами. Начался тяжелый период послевоенного<br />
восстановления.<br />
По Рижскому мирному договору 1921 г. Волынь<br />
была разделена на две части – советскую и польскую.<br />
Дальнейшая история своеобразной этнорегиональной<br />
группы волынских немцев продолжалась<br />
по-разному.<br />
Илл. 229<br />
Илл.<br />
230–232<br />
Илл. 233<br />
Илл. 234<br />
Илл.<br />
235, 236<br />
Илл.<br />
237, 238
229<br />
230<br />
231<br />
232
229. Удостоверение выселяемого<br />
немца‐колониста А. Упенека на право<br />
проезда с багажом по железной дороге<br />
в вагоне 3–4 класса. 1915. Российский<br />
государственный военно-исторический<br />
архив, Москва<br />
Bescheinigung des auszusiedelnden deutschen<br />
Kolonisten A. Upeneck über die Berechtigung<br />
zur Fahr per Eisenbahn im Wagen der<br />
3.–4. Klasse und der Mitnahme von Gepäck.<br />
1915. Russisches militärhistorisches<br />
Staatsarchiv, Moskau<br />
230. Повагонные и поездная карточки,<br />
регистрировавшие беженцев (выселенных<br />
волынских немцев). 1916. Государственный<br />
исторический архив Украины, Киев<br />
Registrierkarten zur Erfassung der deportierten<br />
Wolhyniendeutschen pro Wagen und Zug.<br />
1916. Staatliches historisches Archiv der<br />
Ukraine, Kiew<br />
231. Поездная карточка, составленная на поезд<br />
беженцев (выселенных волынских немцев)<br />
из 18 вагонов. 1916. Государственный<br />
исторический архив Украины, Киев<br />
Registrierkarte für einen aus 18 Wagen<br />
bestehenden Zug mit Flüchtlingen (deportierten<br />
Wolhyniendeutschen). 1916. Staatliches<br />
Historisches Archiv der Ukraine, Kiew<br />
233<br />
232. Посемейная карточка выселенного<br />
немца‐колониста А. Генцеля.<br />
1916. Государственный исторический<br />
архив Украины, Киев<br />
Registrierkarte der Familie des deportierten<br />
deutschen Kolonisten A. Hensel.<br />
1916. Staatliches Historisches Archiv<br />
der Ukraine, Kiew<br />
233. Акт секвестра недвижимого имущества<br />
немца‐колониста И. Вольфа (к. Габровка),<br />
высланного по распоряжению военных<br />
властей. 1916. Государственный архив<br />
Житомирской области, Житомир.<br />
Sequester-Akte über das immobile Eigentum<br />
des Kolonisten J. Wolf (Kolonie Gabrowka),<br />
der auf Beschluss der Militärbehörden<br />
ausgesiedelt wurde. 1916. Staatliches<br />
Gebietsarchiv Schitomir, Schitomir.<br />
234. Ликвидационная карточка на имущество<br />
немца-колониста Ф. Неймана (к. Йозефин),<br />
высланного по распоряжению военных<br />
властей. 1916. Государственный архив<br />
Житомирской области, Житомир.<br />
Karteikarte über die Liquidation des Eigentums<br />
des deutschen Kolonisten F. Neumann<br />
(Kolonie Josephine), der auf Beschluss der<br />
Militärbehörden ausgesiedelt wurde. 1916.<br />
Staatliches Gebietsarchiv Schitomir, Schitomir.<br />
234
235. Землянка была жилищем многих<br />
волынских немцев, вернувшихся в 1918 г.<br />
из депортации. Фото. 1918. Историческое<br />
общество «Волынь»; Визентгейд, Германия<br />
Eine Erdhütte war die Behausung vieler1918<br />
aus der Deportation zurükgekehrten<br />
Wolhyniendeutschen. Foto. 1918.<br />
Historischer Verein Wolhynien e.V.;<br />
Wiesentheid, Deutschland<br />
235<br />
236. Внутренний вид землянки.<br />
Фото. 1918. Историческое общество<br />
«Волынь»; Визентгейд, Германия<br />
Innenansicht einer Erdhütte.<br />
Foto. 1918. Historischer Verein Wolhynien<br />
e.V.; Wiesentheid, Deutschland<br />
236<br />
238<br />
237<br />
237, 238.<br />
Один из выдающихся пианистов ХХ ст. – С.Т. Рихтер (1915–1997), уроженец<br />
Житомира. Конверты пластинок с записями концертов. 1980-е гг.<br />
S.T. Richter (1915–1997), geb. in Schitomir, einer der berühmten Pianisten<br />
des 20. Jh. Plattenhüllen von Konzertaufzeichnungen der 1980er Jahre
Немцы в российской истории 113<br />
Deutsche Kolonien<br />
im asiatischen Russland<br />
Немецкие колонии<br />
в Азиатской России<br />
P. P. Wiebe (Omsk) П. П. Вибе (Омск)<br />
Einstellung des Staates zur<br />
deutschen Besiedlung des<br />
asiatischen Russlands. Gründe<br />
und Charakter der deutschen<br />
Übersiedlung hinter den Ural<br />
Отношение государства<br />
к немецкой колонизации<br />
Азиатской России.<br />
Причины и характер<br />
миграций немцев за Урал<br />
Процесс формирования немецкой диаспоры в Азиатской<br />
России начался в конце XIX – начале XX в. и<br />
во многом был связан с крестьянской колонизацией<br />
восточных окраин империи. В общем переселенческом<br />
потоке на новые земли отправились и немцы<br />
из материнских колоний Поволжья, Новороссии и<br />
других регионов Европейской России.<br />
Переселения немцев в Сибирь и Среднюю Азию и<br />
их обустройство были сопряжены с целым рядом<br />
ограничений, инициированных представителями<br />
центральных и местных властей, стремившихся не<br />
допустить колонистов на лучшие земли. Их рассматривали<br />
как элемент, способный, благодаря<br />
своей высокой культуре, освоить самые труднодоступные<br />
районы и оказать положительное влияние<br />
на местное и переселенческое население. В результате<br />
немцам отводились, как правило, участки, не<br />
пользовавшиеся спросом у других переселенцев и не<br />
всегда пригодные для ведения сельского хозяйства.<br />
С заботой о том, чтобы немцы не создавали конкуренцию<br />
русским крестьянам при выборе участков<br />
водворения, их направляли в наиболее трудные для<br />
освоения районы. При этом местная администрация<br />
рассчитывала, что благодаря своей настойчивости<br />
и трудолюбию немцы смогут закрепиться на непопулярных<br />
у переселенцев землях. Такой откровенный<br />
прагматизм местных властей в совокупности<br />
с явно недостаточной правительственной<br />
помощью не позволял немецким переселенцам<br />
в полной мере реализовать свои колонизационные<br />
возможности.<br />
Der Entstehungsprozess der deutschen Diaspora im<br />
asiatischen Russland begann Ende des 19. – Anfang des<br />
20. Jh. und wurde wesentlich mit der Bauernbesiedlung<br />
der östlichen Randgebiete des Russischen Reiches verbunden.<br />
Im Rahmen des gesamten Übersiedlerstroms<br />
begaben sich auch Deutschen aus den Mutterkolonien<br />
des Wolgagebietes, Tauriens und aus anderen Regionen<br />
europäischen Russlands auf die Suche nach neuen<br />
Ländereien.<br />
Die Übersiedlung der Deutschen nach Sibirien und Zentralasien<br />
und ihre Niederlassung dort waren mit einer ganzen<br />
Reihe von Einschränkungen verbunden, initiiert von<br />
den Vertretern zentraler und lokaler Behörden, die bestrebt<br />
waren, beste Ländereien den Kolonisten vorzuenthalten.<br />
Die Kolonisten galten als ein Element, das dank seiner<br />
hohen Kultur in der Lage war, schwierigste Gegenden zu<br />
erschließen und die lokale und die Umsiedlerbevölkerung<br />
positiv zu beeinflussen. Im Ergebnis bekamen die Deutschen<br />
in der Regel diejenigen Grundstücke zugeteilt, die<br />
bei anderen Umsiedlern keine Nachfrage fanden und für<br />
die Agrarbewirtschaftung nicht immer geeignet waren. Damit<br />
Deutsche keinen Wettbewerb für russische Bauern bei<br />
der Wahl besserer Siedlungsgrundstücke bildeten, wurden<br />
ihnen schwierigste Gegenden zugewiesen. Dabei rechnete<br />
die lokale Administration damit, dass Deutsche mit ihrer<br />
Tüchtigkeit und Beharrlichkeit in der Lage sein werden,<br />
sich auch in den bei Siedlern unpopulären Gegenden<br />
wohnlich einzurichten. So unverhohlener Pragmatismus<br />
der lokalen Macht im Zusammenspiel mit ungenügender<br />
Regierungshilfe behinderten die Deutschen bei der Entfaltung<br />
ihrer Potentiale.<br />
Abb. 239<br />
Abb. 240<br />
Илл. 239<br />
Илл. 240
239. Немецкий хутор<br />
в урманах в Тарском уезде<br />
Тобольской губернии.<br />
Фото П. Павлова.<br />
Начало ХХ в. Омский<br />
государственный<br />
историко-краеведческий<br />
музей, Омск<br />
Deutscher Einsiedlerhof<br />
in der westsibirischen<br />
Taiga (urman) im Bezirk<br />
Tarsk, Gouvernement<br />
Tobolsk. Foto P. Pawlow.<br />
Anfang 20. Jh. Staatliches<br />
historisch-heimatkundliches<br />
Museum Omsk, Omsk<br />
239<br />
240. Немецкая колония<br />
в 18 верстах от Омска.<br />
Фото. Конец XIX в.<br />
Омский государственный<br />
историко-краеведческий<br />
музей, Омск<br />
Deutsche Kolonie<br />
in 18 Werst von Omsk.<br />
Foto. Ende 19. Jh.<br />
Staatliches historischheimatkundliches<br />
Museum<br />
Omsk, Omsk<br />
240<br />
241. Имение К. Дридигера<br />
близ станции<br />
Москаленки в Омском<br />
уезде Акмолинской<br />
области. Фото.<br />
Начало ХХ в. Омский<br />
государственный<br />
историко-краеведческий<br />
музей, Омск<br />
Gehöft von K. Driediger<br />
nahe der Bahnstation<br />
Moskalenki im Bezirk Omsk,<br />
Gebiet Akmolinsk. Foto.<br />
Anfang 20. Jh. Staatliches<br />
historisch-heimatkundliches<br />
Museum Omsk, Omsk<br />
241
Немцы в российской истории 115<br />
Die Gründe, die Deutsche Ende des 19. Jh. – Anfang<br />
des 20. Jh. zum freiwilligen Umzug in den Osten<br />
bewogen, waren unterschiedlich. Jedoch bestand der<br />
wichtigste Beweggrund für die Übersiedlung im relativen<br />
wie auch absoluten Mangel an Land in den<br />
Mutterkolonien. Aus den Gouvernements Südrusslands<br />
zogen die Kolonisten um, die wegen des dort<br />
bestehenden Majoratserbrechts ohne Land blieben.<br />
Ihre Übersiedlung erfolgte in aller Regel mit Unterstützung<br />
von Mutterkolonien und vorwiegend auf<br />
staatseigenes Land. Aus diesen Gouvernements zogen<br />
auch wohlhabende Kolonisten, die sich vom preiswerten<br />
sibirischen Land angezogen fühlten. Diese ließen<br />
sich auf käuflich erworbenen oder beim Staat oder<br />
beim Sibirischen Kosakenheer gepachteten Grundstücken<br />
nieder, um dort Farmen aufzubauen. Bedeutende<br />
Ausmaße hatte auch der Siedlerfluss aus den Wolga-<br />
Kolonien, der aus armen Gemeindebauern bestand.<br />
Sie ließen sich hauptsächlich auf den Übersiedlerparzellen<br />
nieder.<br />
In Russland gab es drei Arten der Übersiedlung: freiwillige,<br />
gezwungene (wie Evakuierung, Flüchtlinge)<br />
und Zwangsumsiedlung (Deportation). Die Bildung<br />
der deutschen Kolonien im asiatischen Russland Ende<br />
des 19. Jh. – Anfang des 20. Jh. erfolgte hauptsächlich<br />
durch freiwillige Übersiedlung, die sich ihrerseits in<br />
eigenmächtige und staatlich organisierte (offizielle)<br />
unterteilte. Dabei ging es um recht ruhige, sich evolutionär<br />
entwickelnde Übersiedlungen. Gleichzeitig<br />
gab es in den Zeiten des Ersten Wertkrieges und<br />
des Bürgerkrieges erzwungene Übersiedlungen und<br />
Zwangsumsiedlungen der deutschstämmigen Bevölkerung<br />
in das asiatische Russland, die durch die Flucht<br />
der Kolonisten vor Hunger und die Deportation von<br />
Wolhyniendeutschen verursacht waren.<br />
Abb. 241<br />
Abb. 242<br />
Причины, по которым немцы в конце XIX – начале<br />
XX в. добровольно переселялись на восток, были<br />
различны. Но главным побудительным мотивом<br />
к переселению было малоземелье в материнских<br />
колониях, как абсолютное, так и относительное.<br />
Из южнороссийских губерний переселялись колонисты,<br />
оставшиеся без земли в силу существовавшего<br />
там майоратного порядка наследования.<br />
Их переселение осуществлялось, как правило, при<br />
поддержке материнских колоний и, главным образом,<br />
на казенные земли. Из тех же губерний переселялись<br />
и зажиточные колонисты, которых привлекали<br />
дешевые сибирские земли. Они селились<br />
на купленных или арендованных у государства или<br />
Сибирского казачьего войска участках с целью создания<br />
на них фермерских хозяйств. Значительным<br />
по масштабам был поток мигрантов из поволжских<br />
колоний, основу которых составляли бедные<br />
крестьяне-общинники. Они селились в основном<br />
на переселенческих участках.<br />
В России осуществлялись три основных вида переселений:<br />
добровольные, вынужденные (эвакуация,<br />
беженство) и принудительные. Образование немецких<br />
колоний в Азиатской России в конце XIX – начале<br />
XX в. происходило, в основном, в результате<br />
добровольных переселений, которые, в свою очередь,<br />
подразделялись на самовольные и организованные<br />
государством (официальные). Это были<br />
относительно спокойные, эволюционно развивавшиеся<br />
переселения. Вместе с тем в годы Первой<br />
мировой и Гражданской войн также имели место<br />
вынужденные и принудительные миграции немецкого<br />
населения в Азиатскую Россию, вызванные<br />
беженством колонистов от голода и депортацией<br />
волынских немцев.<br />
Илл. 241<br />
Илл. 242<br />
242. Немцы из Саратовской губернии<br />
в Акмолинской области.<br />
Фото Г. Е. Катанаева. Конец XIX в.<br />
Омский государственный<br />
историко-краеведческий музей,<br />
Омск<br />
Deutsche aus dem Gouvernement<br />
Saratow im Gebiet Akmolinsk.<br />
Foto von G. E. Katanajew.<br />
Ende 19. Jh. Staatliches historischheimatkundliches<br />
Museum Omsk,<br />
Omsk<br />
242
243 244<br />
245<br />
246
Немцы в российской истории 117<br />
Entstehen deutscher Kolonien<br />
im asiatischen Russland<br />
Die ersten deutschen Siedlungen im Zentralasien entstanden<br />
Anfang der 1880er Jahre mit Unterstützung des Generalgouverneurs<br />
Turkestans K. P. von Kaufmann im Bezirk<br />
Aulie-Ata des Gebiets Syr-Darja. Sie wurden von Mennoniten<br />
aus den Bezirken Nowouzensk (Gouv. Samara) und<br />
Berdjansk (Gouv. Taurien) gegründet. Ca. 100 Mennonitenfamilien<br />
gründeten 1882 vier Siedlungen im Talas-Tal,<br />
die sich zur Nikolaipol-Gemeinschaft zusammenschlossen.<br />
Anfang der 1890er Jahre entstand im Bezirk Taschkent die<br />
Siedlung Konstantinowskij, gegründet durch die Abgänger<br />
von der Wolga.<br />
In den Jahren der Stolypin-Agrarreform setzte sich die<br />
Übersiedlung der Deutschen ins Gebiet Syr-Darja fort.<br />
Gegen 1912 zählte die ländliche deutsche Bevölkerung<br />
bereits 3 320 Personen. Dabei ging auch die Besiedlung des<br />
Gebiets Turgaj aktiv vor sich. 1914 machte dort die ländliche<br />
deutsche Bevölkerung 11 561 Personen aus.<br />
Das erste größere Ballungsgebiet deutscher Bauernbesiedlung<br />
in der Steppenregion (Stepnoj Kraj) entstand<br />
auf staatseigenen Land im Bezirk Omsk des Gebiets<br />
Akmolinsk, wo Mitte der 1890er Jahre von deutschen<br />
Kolonisten (hauptsächlich lutherischen Glaubens) aus den<br />
Gouvernements Saratow und Samara die Umsiedlerdörfer<br />
gegründet wurden. Mitte der 1890er Jahre entstand im<br />
Bezirk Omsk der Amtsbezirk (Wolost) Alexanrowka, der<br />
immer neue Kolonisten anzog, die auf der Suche nach<br />
freien Ländereien hinter den Ural zogen.<br />
Ende des 19. Jh. – Anfang des 20. Jh. entstanden deutsche<br />
Ansiedlungen in den Bezirken Akmolinsk, Koktschetaw,<br />
Atbassar und Petropawlowsk.<br />
Bis 1915 wurden im Gouvernement Akmolinsk auf<br />
staatseigenem Land 56 deutsche Ansiedlungen mit einem<br />
Landanteil von über 260 Tausend Desjatinen und einer<br />
Bewohnerzahl von ca. 27 Tausend Personen gegründet.<br />
Im Gebiet Semipalatinsk lebten bis dahin bereits ca. 6 Tausend<br />
Deutsche in acht deutschen Umsiedlerdörfer und<br />
mehreren Siedlungen, wo sie neben den Russen lebten.<br />
In diesem Gouvernement besaßen die Deutschen mehr<br />
als 60 Tausend Desjatinen Land.<br />
Образование немецких колоний<br />
в Азиатской России<br />
Abb. 243<br />
Abb. 244<br />
Abb. 245<br />
Abb. 246<br />
Первые немецкие поселения в Средней Азии возникли<br />
при поддержке генерал-губернатора Туркестана<br />
К. П. фон Кауфмана в начале 1880‐х гг. в Аулиеатинском<br />
уезде Сыр-Дарьинской области. Их основали<br />
немцы-меннониты из Новоузенского уезда Самарской<br />
и Бердянского уезда Таврической губерний. Около<br />
100 семей меннонитов основали в Таласской долине<br />
в 1882 г. четыре селения, которые объединились<br />
в одно Николайпольское общество. В начале 1890‐х гг.<br />
в Ташкентском уезде выходцами из Поволжья был<br />
основан поселок Константиновский.<br />
В годы столыпинской аграрной реформы переселение<br />
немцев в Сыр-Дарьинскую область возобновилось.<br />
К 1912 г. сельское немецкое население области насчитывало<br />
уже 3 320 чел. Активно шло заселение<br />
немцами и Тургайской области. К 1914 г. сельское<br />
немецкое население в ней составляло 11 561 чел.<br />
Первый крупный очаг немецкой крестьянской колонизации<br />
в Степном крае возник в Омском уезде<br />
Акмолинской области на государственных землях, где<br />
в середине 1890‐х гг. немцами-колонистами (в большинстве<br />
своем лютеранского вероисповедания) из Саратовской<br />
и Самарской губерний были образованы<br />
переселенческие поселки. В середине 90‐х гг. XIX в.<br />
в Омском округе была образована Александровская<br />
волость, которая притягивала к себе новые партии<br />
колонистов, отправлявшихся за Урал в поисках свободных<br />
земель.<br />
В конце XIX – начале XX в. возникли немецкие селения<br />
в Акмолинском, Кокчетавском, Атбасарском и<br />
Петропавловском уездах.<br />
К 1915 г. на казенных землях в Акмолинской губернии<br />
было образовано 56 немецких поселков с наделом<br />
более 260 тыс. дес. и населением около 27 тыс. чел.<br />
В Семипалатинской области к этому времени около<br />
6 тыс. немцев проживали в 8 немецких переселенческих<br />
поселках и некоторых поселках, где они жили<br />
совместно с русскими. В этой губернии немцы владели<br />
более 60 тыс. дес. земли.<br />
Илл. 243<br />
Илл. 244<br />
Илл. 245<br />
Илл. 246<br />
243. Генерал К. П. фон Кауфман (1818–1882). С литографии Л. Серякова по рисунку К. Брожа. 1870-е гг.<br />
General K. P. von Kaufmann (1818–1882). Lithographie von L. Serjakow nach einer Zeichnung von K. Brosch. 1870er Jahre.<br />
244. Карта заимок и немецких колоний в районе Сибирской железной дороги, между станциями Исиль-Куль и Омск. 1910<br />
Kartenskizze der Bauernsiedlungen und deutschen Kolonien entlang der Sibirischen Eisenbahn zwischen den Stationen Isil-Kul und Omsk. 1910<br />
245. Поселок Чукреевка в Омском уезде Акмолинской области. Фото. Начало ХХ в. Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />
Siedlung Tchukreevka im Bezirk Omsk, Gebiet Akmolinsk. Foto. Anfang 20. Jh. Staatliches historisch-heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />
246. Карта-схема расположения немецких переселенческих поселков в Павлодарском уезде Семипалатинской области в 1900–1914 гг.<br />
Kartenskizze der 1900–1914 im Bezirk Pawlodar, Gebiet Semipalatinsk gegründeten Niederlassungen deutscher Umsiedler
118 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
In den sibirischen Gouvernements ließen sich Ende des<br />
19. Jh. – Anfang des 20. Jh. die meisten Deutschen nieder,<br />
die ins asiatische Russland zogen. Die wichtigsten<br />
Siedlungsgebiete der deutschen bäuerlichen Kolonisation<br />
waren dort die Bezirke Tara und Tjukalinsk im Gouvernement<br />
Tobolsk; die Bezirke Barnaul, Smeinogorsk und<br />
Kainsk des Gouverements Tomsk.<br />
Die massenhafte deutsche bäuerlichen Kolonisation des<br />
Gouvernements Tomsk begann in den Jahren der Stolypin-<br />
Agrarreform. Die meisten Umsiedlerdörfer entstanden<br />
1907–1909 in der Kulunda-Steppe. Schließlich entstanden<br />
im Bezirk Barnaul zwei Deutsche Amtsbezirk: Orlowskaja<br />
und Noworomanowskaja.<br />
Nach Angaben der Gouvernements-Verwaltung Tomsk<br />
zählte das Gouvernement 1915 bereits 113 deutsche<br />
Siedlungen. Von ihnen befanden sich 93 Siedlungsorte<br />
im Bezirk Barnaul, 11 im Bezirk Smeinogorsk und<br />
9 im Bezirk Kainsk. Dort wie auch in einigen russischen<br />
Umsiedlerdörfern lebten ca. 36 Tausend deutsche<br />
Kolonisten, die mehr als 220 Tausend Desjatinen Land<br />
bearbeiteten.<br />
В сибирских губерниях в конце XIX – начале XX в.<br />
поселилась бóльшая часть немцев, переселившихся<br />
в Азиатскую Россию. Основными районами немецкой<br />
крестьянской колонизации здесь были Тарский<br />
и Тюкалинский уезды Тобольской губернии; Барнаульский,<br />
Змеиногорский и Каинский уезды Томской<br />
губернии.<br />
Массовая немецкая крестьянская колонизация Томской<br />
губернии началась в годы столыпинской аграрной<br />
реформы. Большинство переселенческих поселков возникло<br />
в 1907–1909 гг. в Кулундинской степи. В результате<br />
в Барнаульском уезде были образованы две немецкие<br />
волости – Орловская и Новоромановская.<br />
К 1915 г., по данным Томского губернского управления,<br />
в губернии насчитывалось уже 113 немецких селений.<br />
Из них 93 поселка находилось в Барнаульском<br />
уезде, 11 – в Змеиногорском и 9 – в Каинском уезде.<br />
В них, а также в некоторых русских переселенческих<br />
поселках проживали около 36 тыс. немцев-колонистов,<br />
имевших в пользовании более 220 тыс. дес.<br />
Abb. 247<br />
Sozialökonomische<br />
Entwicklung der deutschen<br />
Kolonien Ende des 19. Jh. –<br />
Anfang des 20. Jh.<br />
Die Modernisierungsprozesse, die in Umsiedlerdörfern<br />
des asiatischen Russlands vor sich gingen, verliefen in<br />
deutschen Kolonien dynamischer und tiefgründiger.<br />
In meisten Fällen erwiesen sich deutsche Wirtschaften<br />
nicht nur wohlhabender als diejenigen, die sie in ihren<br />
Ausgangsorten hinterlassen hatten, sondern sie unterschieden<br />
sich günstig von denen anderer Umsiedler. Verbesserte<br />
Viehrassen und das bessere Saatgut, die sie mitbrachten,<br />
Илл. 247<br />
Социально-экономическая<br />
эволюция немецких колоний<br />
в конце XIX – начале XX в.<br />
Модернизационные процессы, имевшие место в переселенческой<br />
деревне Азиатской России, в немецких<br />
колониях протекали более динамично и глубинно.<br />
Хозяйства немцев в большинстве случаев не только<br />
оказались зажиточнее тех, которые они оставили<br />
в местах выхода, но и выгодно отличались от хозяйств<br />
других переселенцев. Привезенные с собой улучшенные<br />
породы скота и сорта семян немцы смогли адаптировать<br />
к местным условиям. В немецких колониях<br />
получили распространение сложные земледельческие<br />
248<br />
247. Двор И. Ф. Матиса в Чунаевке Омского уезда. Фото. Начало ХХ в.<br />
Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />
Bauernhof von I. Ph. Matis in Tschunaevka, Bezirk Omsk. Foto. Anfang<br />
20. Jh. Staatliches historisch-heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />
247<br />
248. Мельница в с. Александровка (ныне Азовский<br />
немецкий национальный район Омской области).<br />
Фото А. Айсфельда. 1996<br />
Mühle in Alexandrowka (jetzt: Deutscher<br />
nationaler Rayon Asowo, Gebiet Omsk).<br />
Foto von A. Eisfeld. 1996
Немцы в российской истории 119<br />
konnten von ihnen an neue Verhältnisse angepasst werden.<br />
In den deutschen Kolonien waren komplizierte Ackerbaugeräte<br />
und -maschinen verbreitet, nicht selten gab es auch<br />
Mühlen mit Ölmotoren. Ferner waren die deutschen Wirtschaften<br />
im Vergleich zu anderen Siedlergruppen besser<br />
mit Vieh, Inventar und Saatgut versorgt und bemühten<br />
sich um die Erweiterung ihrer Warenproduktion. Daher<br />
kann man behaupten, dass sie einen beträchtlichen Beitrag<br />
zur wirtschaftlichen Erschließung der Region leisteten.<br />
Die lokale Bevölkerung und benachbarte Umsiedlerdörfer<br />
übernahmen bereitwillig von deutschen Umsiedlern<br />
fortschrittliche Wirtschaftsverfahren, Agrikultur, kauften<br />
bei ihnen Saatgut, Vieh und Arbeitsgeräte.<br />
Die Erfolge der deutschen Kolonisten ließen sich nicht<br />
nur durch ihr Wirtschaftspotential, enge Beziehungen<br />
zwischen die Tochter- und Mutterkolonien, sondern auch<br />
durch ein höheres Niveau der sozialökonomischen Motivation<br />
erklären, mit der sie auf neue Ländereien zogen.<br />
Sie zeichneten sich durch einen höheren Bildungsstand,<br />
durch Tüchtigkeit, Rationalismus, gegenseitige Hilfe und<br />
Nüchternheit aus. Dies alles steigerte ihre Möglichkeiten<br />
bei der Besiedlung, erleichterte die Anpassung an neue<br />
Verhältnisse und gab ihnen Vorteile gegenüber anderen<br />
Umsiedlern.<br />
Deutsche Farmwirtschaften<br />
in Sibirien Anfang des 20. Jh.<br />
Neben den Umsiedlerdörfern, die auf staatseigenem Land<br />
entstanden, wurden von den Deutschen in Sibirien mehrere<br />
Dutzend Einzelgehöfte und Siedlungen gegründet, die<br />
auf privatem oder auf dem vom Staat oder vom Sibirischen<br />
Kosakenheer gepachteten Grund und Boden lagen,<br />
sowie größere und mittlere Privatanwesen. Die wichtigsten<br />
Tätigkeitsrichtungen der deutschen Unternehmer waren<br />
der Getreideanbau und die Viehzucht. Viele deutsche<br />
Privatunternehmen erreichten in ihrer jeweiligen Gegend<br />
Spitzenerfolge nach der Produktion und Verarbeitung der<br />
Agrarprodukte, zeichneten sich einen hohen Grad der<br />
Mechanisierung und Zuchtarbeit aus.<br />
Deutschen, die sich auf Ländereien des Sibirischen Kosakenheeres<br />
niederließen, stammten i. d. R. aus den Gouvernements<br />
Cherson, Taurien und Jekaterinoslaw.<br />
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges bestanden auf Kosakenland<br />
bereits mehrere sehr große deutsche Landwirtschaftsbetriebe.<br />
Dazu gehörten u. a. der Landwirtschaftsbetrieb<br />
des Baron Wladimir Rudolfowitsch von<br />
Steingel, 20 Werst von Omsk entfernt. Er belieferte den<br />
lokalen Markt und die Armee mit Pferden. Der Landwirtschaftsbetrieb<br />
verfügte über eine Dampfdreschmaschine,<br />
20 Pflüge, 8 Sämaschinen, 100 Eggen, 6 Garbenbindemaschinen,<br />
4 Mäher und 30 Pferdewagen mit Eisenrädern.<br />
Im Sommer wurden 200 und im Winter 100 Lohnarbeiter<br />
beschäftigt.<br />
Der Landwirtschaftsbetrieb der in Omsk bekannten Persönlichkeit<br />
des öffentlichen Lebens Philipp Philippowitsch<br />
Stumpf lag am Ufer des Irtysch, 12 Werst von der Stadt entfernt.<br />
Seine wichtigste Branche war der Acker- und Pflanzenbau,<br />
es wurden Versuchsaaten durchgeführt. Mit der<br />
Abb. 248<br />
Abb. 249<br />
Abb.<br />
250, 251<br />
орудия и сельскохозяйственные машины, нередкими<br />
были мельницы с нефтяными двигателями. Хозяйства<br />
немцев, в сравнении с хозяйствами других переселенческих<br />
групп, значительно лучше были обеспечены<br />
скотом, инвентарем, посевом и стремились расширить<br />
свое товарное производство. Все это позволяет<br />
говорить о том, что немцы внесли значительный<br />
вклад в хозяйственное освоение региона. Местное<br />
население и соседние переселенческие поселки охотно<br />
перенимали у немецких переселенцев передовые<br />
методы хозяйствования, агрокультурную практику,<br />
приобретали семена, скот, орудия труда.<br />
Успехи немецких колонистов объяснялись не только<br />
их экономическим потенциалом, тесными связями<br />
дочерних и материнских колоний, но и более высоким<br />
уровнем социально-экономической мотивации, с которой<br />
они пришли на новые земли. Они отличались<br />
высоким уровнем образования, трудолюбием, рационализмом,<br />
взаимовыручкой, трезвостью. Все это<br />
усиливало их колонизационные возможности, облегчало<br />
процесс адаптации к новым условиям и давало<br />
преимущества перед другими переселенцами.<br />
Немецкие фермерские хозяйства<br />
в Сибири в начале XX в.<br />
Наряду с переселенческими поселками, появившимися<br />
на государственных землях, немцы основали<br />
в Сибири несколько десятков хуторов и поселков, возникших<br />
на частных и арендованных у государства или<br />
Сибирского казачьего войска землях, а также крупные<br />
и средние частновладельческие имения. Основными<br />
направлениями деятельности немецких предпринимателей<br />
были возделывание зерновых культур и<br />
животноводство. Многие из немецких предпринимательских<br />
хозяйств стали в своих регионах передовыми<br />
по производству и переработке сельскохозяйственной<br />
продукции, отличались высокой степенью механизации<br />
и селекционной работы.<br />
Селившиеся на землях Сибирского казачьего войска<br />
немцы были, как правило, выходцами из Херсонской,<br />
Таврической и Екатеринославской губерний.<br />
К началу Первой мировой войны на казачьих землях<br />
существовало уже несколько очень крупных немецких<br />
хозяйств. Таким, например, было хозяйство барона<br />
Владимира Рудольфовича Штейнгеля, находившееся<br />
в 20 верстах от Омска. Оно поставляло лошадей<br />
на местный рынок и в армию. В хозяйстве имелись<br />
паровая молотилка, 20 плугов, 8 сеялок, 100 борон,<br />
6 сноповязалок, 4 жнейки и 30 телег на железном<br />
ходу. Рабочих нанималось летом 200, а зимой –<br />
100 чел.<br />
Хозяйство Филиппа Филипповича Штумпфа, известного<br />
в Омске общественного деятеля, располагалось<br />
в 12 верстах от города, на берегу Иртыша. Его главной<br />
отраслью считалось полеводство, производились<br />
опытные посевы. Со временем оно стало одним из ведущих<br />
в крае по разведению улучшенных пород<br />
рабочих упряжных лошадей. В хозяйстве широко<br />
Илл. 248<br />
Илл. 249<br />
Илл.<br />
250, 251
249<br />
250<br />
251<br />
249. Усадьба К. А. Нейфельда. Омский государственный<br />
историко‐краеведческий музей, Омск<br />
Gehöft von K. A. Neufeld. Staatliches historisch-heimatkundliches<br />
Museum Omsk, Omsk<br />
250. Ф. Ф. Штумпф (1864–1921), гласный Омской городской думы,<br />
предприниматель и общественный деятель.<br />
Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />
Ph. Ph. Stumpf (1864–1921), Abgeordneter der Stadt-Duma von<br />
Omsk, Unternehmer, Persönlichkeit des öffentlichen Lebens.<br />
Staatliches historisch-heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />
251. План земли, арендованной Ф. Ф. Штумпфом. Начало ХХ в.<br />
Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />
Lageplan des gepachteten Landgutes Ph. Ph. Stumpfs. Anfang 20. Jh.<br />
Staatliches historisch-heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />
252<br />
252. И. Ф. Вибе с сыном. Фото. 1907. Омский государственный<br />
историко-краеведческий музей, Омск<br />
J. F. Wiebe mit Sohn. Foto. 1907. Staatliches historischheimatkundliches<br />
Museum Omsk, Omsk
Немцы в российской истории 121<br />
Zeit wurde es zu einem der führenden Landwirtschaftsbetriebe<br />
der Region für die Zucht verbesserter Zugpferderassen.<br />
Dort wurden Landmaschinen und -mechanismen breit<br />
angewandt, ferner gab es dort eine Wind-Dampf-Mühle<br />
und eine Käserei. Im Sommer wurden 60–70 und im<br />
Winter 30–35 Lohnarbeiten eingesetzt.<br />
1912 lagen 53 (ca. 46,0 %) der insgesamt 115 im „Gedenkbuch<br />
des Gebiets Akmolinsk von 1912“ erwähnten<br />
Großanwesen im deutschen Besitz.<br />
Deutsche Großfarmen entstanden auch im Bezirk<br />
Tjukalinsk des Gouvernements Tobolsk. So gab es z. B.<br />
1913 im Gutshof von G. A. Braun eine Ölmühle mit stationärem<br />
Ölmotor, von dem auch eine Dreschmaschine<br />
betrieben wurde. Darüber hinaus gab es eine Ölmühle<br />
mit Pferdeantrieb und eine Separiermaschine mit einer<br />
Stundenleistung von 55 Eimer Fertigprodukt.<br />
Einer der größten deutschen Gutsbesitze (mit 6 400 Desjatinen<br />
Land) Sibiriens befand sich im Amtsbezirk Krasnojarsk,<br />
Bezirk Ischim, Gouvernement Tobolsk und gehörte<br />
den Mennoniten I. F. Wiebe und I. I. Wiebe.<br />
Die Wirtschaftstätigkeit der deutschen Unternehmer wurde<br />
1911 auf der Ersten Westsibirischen Agrar-, Forst-,<br />
Industrie- und Handelsmesse in Omsk, wo sowohl russische,<br />
als auch ausländische Firmen aus Deutschland,<br />
Schweden, England, den USA, Österreich vertreten waren,<br />
hoch eingeschätzt. Russlanddeutsche Unternehmer waren<br />
hauptsächlich im Agrarbereich der Messe vertreten.<br />
Die Vertreter des deutschen Agrarunternehmertums, die<br />
eine zahlenmäßig unbedeutende Gruppe der ländlichen<br />
Bourgeoisie Sibiriens ausmachten, nahmen eine sehr wichtige<br />
Nische in der sozialen Struktur der Gesellschaft ein und<br />
spielten eine beträchtliche Rolle im wirtschaftlichen und<br />
sozialkulturellen Leben der Region. Als angesehene Vertreter<br />
der deutschen Diaspora in Sibirien spielten sie neben<br />
den führenden Vertretern der religiösen Gemeinden eine<br />
konsolidierende Rolle in der deutschen Diaspora.<br />
Abb. 252<br />
Abb.<br />
253–255<br />
использовались сельскохозяйственные машины и<br />
механизмы, также имелись ветряно-паровая мельница<br />
и сыроварня. Рабочих нанимали летом 60–70,<br />
а зимой – 30–35 чел.<br />
В 1912 г. из 115 крупных владений, описанных в «Памятной<br />
книжке Акмолинской области на 1912 год»,<br />
немцам принадлежали 53 (или 46,0 %).<br />
Крупные немецкие фермерские хозяйства появились и<br />
в Тюкалинском уезде Тобольской губернии. В имении<br />
Г. А. Брауна, например, по данным за 1913 г., находился<br />
маслобойный завод со стационарным нефтяным<br />
двигателем, обслуживающим и молотилку. Кроме него<br />
имелся маслодельный завод с конным приводом и<br />
сепаратором на 55 ведер в час.<br />
Одно из наиболее крупных частных немецких земельных<br />
владений (6400 дес.) в Сибири распоагалось<br />
в Красноярской волости Ишимского уезда Тобольской<br />
губернии и принадлежало меннонитам И. Ф. Вибе и<br />
И. И. Вибе.<br />
Хозяйственную деятельность немецких предпринимателей<br />
высоко оценили в 1911 г. на Первой<br />
Западно-Сибир ской сельскохозяйственной, лесной и<br />
торгово-промышленной выставке в Омске, где были<br />
представлены как российские, так и зарубежные фирмы<br />
из Германии, Швеции, Англии, США, Австрии. Российские<br />
немцы-предприниматели участвовали главным<br />
образом в сельскохозяйственных разделах.<br />
Представители немецкого сельскохозяйственного<br />
предпринимательства, составляя незначительную<br />
по численности группу сельской буржуазии Сибири,<br />
занимали очень важную нишу в социальной структуре<br />
общества и играли заметную роль в экономической<br />
и социально-культурной жизни края. Являясь<br />
наиболее авторитетными представителями немецкой<br />
диаспоры в Сибири, они, наряду с лидерами религиозных<br />
общин, выполняли консолидирующую роль<br />
в немецкой диаспоре.<br />
Илл. 252<br />
Илл.<br />
253–255<br />
DER ERSTE Weltkrieg<br />
Der Ausbruch des Krieges rief eine Intensivierung deutschfeindlicher<br />
Stimmungen in Russland hervor. Unter neuen<br />
Bedingungen äußerte der Generalgouverneur der Steppenregion<br />
(Stepnoj Kraj) E. O. von Schmitt sofort klipp und<br />
klar seine Einstellung zu deutschen Kolonien. Er sprach<br />
empört über „deutschen Separatismus“, den Unwillen der<br />
Kolonisten, die russische Sprache zu sprechen. „Und das<br />
zu einer Zeit“, rief er aus, „wo selbst die einheimische<br />
kirgisische Bevölkerung dank meinen Forderungen nach<br />
und nach anfängt russisch zu sprechen, und sich die russische<br />
Kultur zu eigen macht“. Es ist bemerkenswert, dass<br />
eine Person mit dem deutschen Namen E. O. von Schmitt<br />
der Begründer der Assimilationspolitik gegenüber den<br />
Deutschen in Sibirien war. Er rief die ihm unterstellten<br />
Polizeiorgane zum „repressiven Kampf gegen die Kolonien<br />
der Deutschen in unserem Heimatland“ auf.<br />
Den größten Widerhall in den Kreisen der sibirischen<br />
Administration fand in den Jahren des Ersten Weltkrieges<br />
die Idee der Liquidierung des deutschen Grund- und<br />
Bodenbesitzes und der Bodennutzung.<br />
Abb. 256<br />
Первая мировая война<br />
Начало войны вызвало активизацию антинемецких<br />
настроений в России. Сразу же и совершенно<br />
определенно обозначил свое отношение к немецким<br />
колониям в новых условиях генерал-губернатор Степного<br />
края Е. О. Шмит. Его возмущал «немецкий сепаратизм»,<br />
нежелание колонистов говорить по-русски.<br />
«… И это в то время, – восклицал генерал, – когда<br />
рядом туземное киргизское население, благодаря<br />
моим требованиям, постепенно начинает говорить порусски<br />
и приобщается к русской культуре». Носитель<br />
немецкой фамилии Е. О. Шмит положил начало ассимиляционной<br />
политике в отношении немцев в Сибири.<br />
Он призывал подведомственные ему полицейские<br />
органы к «репрессивной борьбе с колониями немцев<br />
внутри нашего отечества».<br />
Наиболее популярной в кругах сибирской администрации<br />
в годы Первой мировой войны была идея<br />
ликвидации немецкого землевладения и землепользования.<br />
Илл. 256
253<br />
254<br />
255
Немцы в российской истории 123<br />
Für die Liquidierung von Grundbesitz und Bodennutzung<br />
der Deutschen setzte sich in seiner Steppenregion der Generalgouverneur<br />
N. A. Suchomlinow ein. Aus seiner Sicht<br />
haben die Deutschen die in sie gesteckten Hoffnungen<br />
nicht erfüllt, „die russische Bevölkerung in modernere<br />
Methoden der landwirtschaftlichen Betätigung einzuführen“.<br />
Gleichen Standpunkt vertraten auch die Beamten<br />
für Übersiedlungsfragen im Gebiet Semipalatinsk, die<br />
meinten, dass kein Bedarf mehr besteht, Deutsche in<br />
der Steppenregion zu behalten. Im Ergebnis wurden am<br />
6. Februar 1917 die Liquidationsgesetze von 1915–1916<br />
auch auf die Gebiete Akmolinsk und Semipalatibnsk,<br />
Bezirke Barnaul und Smeinogorsk des Gebiets Tomsk und<br />
die Ländereien des Sibirischen Kosakenheeres ausgedehnt.<br />
Infolgedessen befanden sich Anfang 1917 viele deutsche<br />
Ansiedlungen, die auf privatem und gepachtetem Land<br />
entstanden, am Rande der Vernichtung. Ihre Vernichtung<br />
wurde nur durch den Sturz der Selbstherrschaft verhindert.<br />
Am 11. März 1917 wurde von der Provisorischen<br />
Regierung eine Verordnung über die Aussetzung der Liquidationsgesetze<br />
bis zum Beschluss der Konstituierenden<br />
Versammlung verabschiedet.<br />
Настойчиво добивался ликвидации немецкого землевладения<br />
и землепользования в своем крае Степной<br />
генерал-губернатор Н. А. Сухомлинов. По его мнению,<br />
немцы-колонисты не оправдали возлагавшихся на них<br />
надежд «приспособить русское население к более<br />
усовершенствованным способам ведения сельского<br />
хозяйства». Той же точки зрения придерживались и<br />
переселенческие чиновники в Семипалатинской области,<br />
которые полагали, что нет никакой надобности<br />
в дальнейшем оставлять немцев в Степном крае.<br />
В результате 6 февраля 1917 г. ликвидационные законы<br />
1915–1916 гг. были распространены также на Акмолинскую<br />
и Семипалатинскую области, Барнаульский<br />
и Змеиногорский уезды Томской области и земли<br />
Сибирского казачьего войска. В итоге в начале 1917 г.<br />
многие немецкие поселения, возникшие на частных и<br />
арендованных землях, оказались на грани уничтожения.<br />
И лишь свержение самодержавия предотвратило<br />
их гибель. 11 марта 1917 г. Временное правительство<br />
приняло постановление о приостановлении действия<br />
ликвидационных законов вплоть до решения Учредительного<br />
собрания.<br />
Autonomiebewegung<br />
der Deutschen in den Jahren<br />
der Revolution<br />
Nach dem Sturz der Selbstherrschaft standen vor den<br />
Kolonisten des asiatischen Russlands zwei Problemkomplexe<br />
– der sozialökonomische und national-kulturelle,<br />
von deren Lösung ihre Zukunft abhing. Die auf dem Anteilland<br />
lebenden Kolonisten waren nicht abgeneigt, ihre<br />
Bodenanteile zu erweitern und qualitativ zu verbessern.<br />
Für nicht eingetragene Umsiedler, deren Zahl sich in den<br />
Jahren des ersten Weltkrieges stark erhöhte, war die Frage<br />
Автономистское движение<br />
немцев в годы революции<br />
После свержения самодержавия перед колонистами<br />
Азиатской России стояли два комплекса проблем,<br />
от решения которых зависело их будущее: социально-экономический<br />
и национально-культурный. Колонисты,<br />
жившие на надельной земле, не прочь были<br />
увеличить или качественно улучшить свои наделы.<br />
Для неприписанных переселенцев, число которых<br />
в годы Первой мировой войны значительно возросло,<br />
главным был вопрос о землеустройстве. Хозяева<br />
Выставочные павильоны на Первой Западно-Сибирской сельскохозяйственной,<br />
лесной и торгово-промышленной выставке (г. Омск). Фото А. А. Антонова. 1911.<br />
Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск:<br />
Ausstellungs-Pavillons auf der I. Westsibirischen Landwirtschafts-, Forst-, Handelsund<br />
Industrie-Messe (Omsk). Foto von A. A. Antonow. 1911. Staatliches historischheimatkundliches<br />
Museum Omsk, Omsk:<br />
253. Переселенческий павильон<br />
Umsiedler-Pavillon<br />
254. Павильон Товарищества сельскохозяйственных машин М. Гельферих-Саде<br />
Pavillon der Gesellschaft für Landmaschinenbau M. Helferich-Sade<br />
255. Сельскохозяйственная мельница<br />
Landwirtschaftliche Mühle<br />
256. Е.О. Шмит (1844–1915), генерал-губернатор Степного края.<br />
Фото А.А. Антонова. Начало ХХ в. Омский государственный<br />
историко‐краеведческий музей, Омск<br />
E.O. Schmidt (1844–1915), Generalgouverneur der Steppe. Foto von A.A. Antonow.<br />
Anfang 20. Jh. Staatliches historisch‐heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />
256
257<br />
259<br />
258<br />
257. Лютеранский пастор Я. Штах (1865–1944), один<br />
из инициаторов немецкого движения в Сибири<br />
в 1917 г. Фото. Начало ХХ в.<br />
Evangelisch-lutherischer Pastor Ja. Stach (1865–1944),<br />
einer der Initiatoren der deutschen Autonomiebewegung<br />
in Sibirien 1917. Foto. Anfang 20. Jh.<br />
258. Делегатская карточка пастора Я. Штаха на I Сибирский<br />
областной съезд. 1917. Государственный архив<br />
Томской области, Томск<br />
Delegiertenkarte von Pastor Ja. Stach, I. Sibirischer Gebietskongress.<br />
1917. Staatliches Gebietsarchiv Tomsk, Tomsk<br />
259. Депутаты Сибирской областной думы:<br />
сидят Ф. Ф. Фрезе, И. Г. Реннер, Г. И. Шварц;<br />
стоят Г. Г. Больдт, П. П. Больдт. Фото. 1918.<br />
Омский государственный историко-краеведческий<br />
музей, Омск<br />
Abgeordnete der Sibirischen Gebiets-Duma<br />
sitzend: F. F. Fröse, J. G. Renner, G. J. Schwarz;<br />
stehend: H. H. Boldt, P. P. Boldt. Foto. 1918. Staatliches<br />
historisch-heimatkundliches Museum Omsk, Omsk<br />
260. Прошение о регистрации учредителей Всесибирского союза сибирских<br />
граждан немецкой национальности. 1918. Государственный архив Омской<br />
области, Омск<br />
Antrag der Vereinsgründer auf Registrierung der Satzung des „Allsibirischen<br />
Verbandes sibirischer Bürger deutscher Volkszugehörigkeit“.<br />
1918. Staatliches Gebietsarchiv Omsk, Omsk<br />
260
Немцы в российской истории 125<br />
nach der Landzuteilung von erstrangiger Bedeutung. Die<br />
Besitzer privater und gepachteter Agrarbetriebe waren<br />
bemüht, ihre Anwesen und die dort eingerichteten Agrarproduktionen<br />
zu bewahren. Alle Kolonisten träumten<br />
von stabiler positiver Einstellung der lokalen und zentralen<br />
Macht ihnen gegenüber, die für erfolgreiche Wirtschaftsführung<br />
so unentbehrlich war.<br />
Äußerst wichtig war für die Kolonisten die Bewahrung ihrer<br />
nationalen Eigenart, die ihren Ausdruck in bestimmten<br />
religiösen, kulturellen, wirtschaftlichen Traditionen fand.<br />
Die Kolonie als ein selbstgenügsames System zwischenmenschlicher<br />
Beziehungen war bemüht, sich mit allen<br />
Mitteln vor äußeren Einflüssen zu schützen. Jedoch war<br />
so eine nationale Abschaffung unter den Bedingungen des<br />
realen Lebens unmöglich und aussichtslos. Es war wichtig,<br />
die Gleichberechtigung mit anderen Nationalitäten und<br />
Anerkennung der nationalen Interessen auf staatlicher<br />
Ebene zu erlangen.<br />
Trotz der für deutsche Kolonisten typischen Absonderung<br />
gerieten sie, im asiatischen Russland angekommen, in ein<br />
buntes ethnisches Gefüge und wurden unvermeidlich in<br />
neue wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen einbezogen.<br />
Dadurch waren sie durch die Assimilation und den<br />
Verlust einiger ethnisch bestimmender Merkmale bedroht.<br />
Besonders verschärften sich die Assimilationstendenzen<br />
während des Ersten Weltkrieges. Vor diesem Hintergrund<br />
entwickelte sich bei deutschen Kolonisten intensiv ein<br />
Diaspora-Gefühl, d. h. es bildeten sich neue Eigenschaften<br />
heraus, unter denen die Fähigkeit, eigene Nischen im System<br />
der Arbeitsteilung und sozialen Rollenverteilung zu finden,<br />
besondere kulturelle und psychologische Merkmale und eine<br />
spezifische Mentalität die wichtigste Rolle spielten.<br />
1917–1919 veränderten sich der Inhalt, die Formen und<br />
Ausmaße der Teilnahme an öffentlichen Leben der deutschen<br />
Diaspora in Sibirien, es stieg das Niveau der ethnischen<br />
Konsolidierung der Deutschen. Sie schalteten sich<br />
aktiv in die Bewegung um die Gründung ihrer eigenen<br />
administrativ-territorialen Einheit im Gouvernement Tobolsk<br />
(Amtsbezirk Borodinskaja), um sich vor den Eingriffen<br />
des lokalen Wolost-Komitees zu schützen, und waren<br />
dabei erfolgreich. Auf der Versammlung deutschstämmiger<br />
Bürger in Slawgorod und Omsk im Mai-Juni 1917 wurden<br />
die Grundlagen für den Prozess der nationalen Selbstorganisation<br />
in der Region und eine Reihe konkreter Maßnahmen<br />
festgelegt, die den Aufgaben der national-kulturellen<br />
Autonomie entsprachen. Die Deutschen standen für ihre<br />
Interessen bei den Wahlen zu städtischen Dumas und<br />
zur Konstituierenden Versammlung, bei der Arbeit der<br />
Sibirischen Gebiets-Duma ein. In der Regierungszeit der<br />
antibolschewistischen Regierungen in Sibirien bildete der<br />
Versuch, einen Gesamtsibirischen Verband der sibirischen<br />
Bürger deutscher Volkszugehörigkeit zu gründen, den Höhepunkt<br />
der Autonomiebewegung der Deutschen.<br />
Die Intensivierung des Prozesses der nationalen Selbstorganisation<br />
der Sibirien-Deutschen wurde 1917–1919<br />
einerseits durch die allgemeinen demokratischen Umgestaltungen<br />
im Lande und andererseits durch den Drang<br />
hervorgerufen, ihre in den Jahren des Ersten Weltkrieges<br />
verletzten wirtschaftlichen und national-kulturellen<br />
Abb.<br />
257, 258<br />
Abb. 259<br />
Abb. 260<br />
частно владельческих и арендаторских хозяйств<br />
стремились сохранить имения и налаженное в них<br />
сельскохозяйственное производство. Все колонисты<br />
мечтали о стабильном позитивном отношении к ним<br />
со стороны местных и центральных властей, так необходимом<br />
для успешного ведения хозяйства.<br />
Чрезвычайно важной для всех колонистов была проблема<br />
сохранения своей национальной самобытности,<br />
проявлявшейся в определенных религиозных,<br />
культурных, хозяйственных традициях. Будучи<br />
само достаточной системой человеческих взаимоотношений,<br />
колония всячески старалась оберегать<br />
себя от вторжения извне. Но в условиях реальной<br />
жизни подобный национальный изоляционизм был<br />
практически невозможен и бесперспективен. Важно<br />
было добиться равноправия с другими нациями и<br />
признания своих национальных интересов на государственном<br />
уровне.<br />
Несмотря на присущее немецким колонистам обособление<br />
они, оказавшись в Азиатской России вкрапленными<br />
в иноэтническую среду, с неизбежностью<br />
втягивались в новые хозяйственные и культурные<br />
связи. Это грозило им ассимиляцией и возможной потерей<br />
некоторых этнообразующих признаков. Ассимиляционные<br />
тенденции особенно обострились в годы<br />
Первой мировой войны. В этих условиях у немецких<br />
колонистов интенсивно шло формирование комплекса<br />
диаспоральности, т. е. приобретение новых качеств и<br />
свойств, важнейшими из которых были умение найти<br />
свою нишу в системе разделения труда и социальных<br />
ролей, особые культурные и психологические характеристики,<br />
специфическая ментальность.<br />
В 1917–1919 гг. происходит изменение содержания,<br />
форм и масштабов общественной жизнедеятельности<br />
немецкой диаспоры в Сибири, повышается уровень<br />
этнической консолидации немцев. Они активно<br />
включились в движение за создание своей административно-территориальной<br />
единицы в Тобольской<br />
губернии (Бородинская волость) с целью защитить<br />
себя от посягательств местного волостного комитета<br />
и добились в этом успеха. На собраниях граждан<br />
немецкой национальности в Славгороде и Омске<br />
в мае-июне 1917 г. было положено начало процессу<br />
национальной самоорганизации в регионе и намечен<br />
ряд конкретных мероприятий, соответствующих задачам<br />
национально-культурной автономии. Немцы<br />
отстаивали свои интересы на выборах в городские<br />
думы и Учредительное собрание, в работе Сибирской<br />
областной думы. В период правления антибольшевистских<br />
правительств в Сибири апогеем автономистского<br />
движения немцев стала попытка создания ими<br />
Всесибирского союза сибирских граждан немецкой<br />
национальности.<br />
Активизация процесса национальной самоорганизации<br />
сибирских немцев в 1917–1919 гг. была вызвана,<br />
с одной стороны, известными демократическими преобразованиями<br />
в стране, а с другой – их стремлением<br />
отстоять легитимным путем свои экономические<br />
и национально-культурные интересы, ущемленные<br />
Илл.<br />
257, 258<br />
Илл. 259<br />
Илл. 260
126 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Interessen auf legitimem Wege wiederherzustellen. Während<br />
sie sich anfangs um die Bewahrung ihrer kulturellen,<br />
sprachlichen, konfessionellen und wirtschaftlichen<br />
Identität und Eigenart einsetzten, kamen die Vertreter der<br />
deutschen Diaspora mit ihrer Elite an der Spitze recht<br />
schnell zur Einsicht der Notwendigkeit einer Selbstverwaltung<br />
über die Institute der national-kulturellen Autonomie.<br />
Jedoch konnte die Idee der national-kulturellen<br />
Autonomie unter den Bedingungen eines erbitterten<br />
Machtkampfes in Russland unmöglich realisiert werden.<br />
Daher bestand die wichtigste Tätigkeit bei der Selbsterhaltung<br />
und Regeneration der deutschen Diaspora als<br />
eines eigentümlichen Systems formeller und informeller<br />
Beziehungen im asiatischen Russland hauptsächlich aus<br />
den Aktivitäten religiöser Gemeinden, die ihrerseits die<br />
Arbeit der Bildungs-, Wohlfahrts-, Kultur- und Aufklärungsorganisationen<br />
förderten.<br />
в годы Первой мировой войны. Выступая первоначально<br />
за сохранение культурной, языковой, конфессиональной<br />
и хозяйственной идентичности и<br />
самобытности, представители немецкой диаспоры<br />
во главе со своей элитой достаточно быстро пришли<br />
к осознанию необходимости самоуправления через<br />
институты культурно-национальной автономии.<br />
Однако в условиях ожесточенной борьбы за власть<br />
в России реализовать идею национально-культурной<br />
автономии оказалось невозможно. Поэтому основным<br />
способом поддержания и воспроизводства немецкой<br />
диаспоры в Азиатской России, как специфической системы<br />
формальных и неформальных связей, являлась<br />
деятельность религиозных общин, которые, в свою<br />
очередь, стимулировали деятельность образовательных,<br />
благотворительных, культурно-просветительных<br />
организаций.<br />
Sozialistische<br />
Transformationen<br />
in deutschen Kolonien<br />
Социалистические<br />
трансформации<br />
в немецких колониях<br />
Abb.<br />
261, 262<br />
Die Evolutionsentwicklung der deutschen Kolonien im<br />
asiatischen Russland wurde durch die Ereignisse von<br />
1917–1919 unterbrochen. Durch die von der Sowjetmacht<br />
in der Zeit des Kriegskommunismus unternommenen<br />
Agrarmaßnahmen wurden sie an den Rand totalen Ruins<br />
gebracht. Die normalen und gewohnten Wirtschaftsbeziehungen<br />
der Kolonisten mit der Stadt über den Markt wurden<br />
durch die Ablieferungspflicht unterbrochen, die einen<br />
drastischen Rückgang des Handels und der Produktion für<br />
den Eigenbedarf der Kolonistenhöfe zur Folge hatte. Große<br />
und auch viele mittlere Farmwirtschaften wurden infolge<br />
der Nationalisierung und Änderung der Rechtsform<br />
aufgelöst, jetzt hießen sie Sowjet-Betriebe. Die Versuche<br />
der deutschen Unternehmer, mit der neuen Macht zusammenzuarbeiten,<br />
scheiterten. Ihre Lebenserfahrungen und<br />
Wirtschaftspotentiale waren nicht gefragt.<br />
Trotzdem erlebten deutsche Kolonien in den Jahren<br />
1925–1928 eine kurze Wiedergeburt unter den Bedingungen<br />
einer stürmischen kapitalistischen Entwicklung<br />
von Privatunternehmen. Besonders betraf dies die Mennonitensiedlungen.<br />
Neue Wirtschaftsverhältnisse, die<br />
Tätigkeit der Wohlfahrtsorganisation „Amerikanische<br />
Mennonitenhilfe“, der Allrussische Mennonitische Landwirtschaftsverein,<br />
verstärkte Mechanisierung, günstige<br />
demographische Situation, ein hohes Bildungsniveau der<br />
deutschen Landbevölkerung und schließlich die selbstlose<br />
Arbeit der Deutschen brachten ihre Früchte. Sie erreichten<br />
bedeutende Erfolge in der Selektions- und Zuchtarbeit,<br />
strebten eine Intensivierung der Agrarproduktion an,<br />
gründeten Verarbeitungsbetriebe und entwickelten den<br />
Handel. Die deutschen Landwirtschaftsbetriebe wiesen<br />
nach vielen Parametern einen bedeutenden Vorsprung<br />
gegenüber dem statistischen Durchschnitt auf.<br />
Jedoch erlitt die Wirtschaft der deutschen Landwirtschaftsbetriebe<br />
einen vernichtenden Schlag durch die<br />
1928–1929 unter den Bedingungen der stalinistischen<br />
„Revolution von oben“ angefangene Modernisierung der<br />
Илл.<br />
261, 262<br />
События 1917–1919 гг. прервали эволюционное развитие<br />
немецких колоний в Азиатской России. Аграрные<br />
мероприятия, проведенные советской властью<br />
в период «военного коммунизма», поставили их<br />
на грань полнейшего разорения. Продразверстка<br />
нарушила обычные и привычные для колонистов<br />
экономические связи с городом через рынок и привела<br />
к резкому свертыванию торговли и натурализации<br />
колонистских хозяйств. Крупные и многие средние<br />
фермерские хозяйства были уничтожены в результате<br />
национализации и изменения организационно-правовой<br />
формы – отныне они стали называться советскими<br />
хозяйствами. Попытки сотрудничества немецких<br />
предпринимателей с новой властью не увенчались<br />
успехом. Их жизненный опыт и хозяйственный потенциал<br />
оказались невостребованными.<br />
Тем не менее в 1925–1928 гг. на фоне бурного капиталистического<br />
развития единоличных хозяйств немецкие<br />
колонии пережили короткий период своего нового<br />
возрождения. Особенно это относится к меннонитским<br />
поселениям. Новые экономические условия,<br />
деятельность благотворительной организации «Американская<br />
меннонитская помощь» и Всероссийского<br />
меннонитского сельскохозяйственного общества, усиленная<br />
механизация, благоприятная демографическая<br />
ситуация и высокий уровень грамотности сельского<br />
немецкого населения, наконец, самоотверженный труд<br />
самих немцев дали свои результаты. Они добились<br />
значительных успехов в селекционной и племенной<br />
работе, стремились к интенсификации сельскохозяйственного<br />
производства, создавали перерабатывающие<br />
предприятия, развивали торговлю. По многим<br />
экономическим показателям немецкие хозяйства значительно<br />
превосходили среднестатистические.<br />
Но начавшаяся в 1928–1929 гг. в условиях сталинской<br />
«революции сверху» модернизация социально-экономической<br />
структуры России нанесла сокрушительный
Немцы в российской истории 127<br />
sozialökonomischen Struktur Russlands. Die kurzfristige<br />
Rückkehr zum Evolutionsweg der kapitalistischen<br />
Marktwirtschaft in der Zeit der NÖP wurde durch eine<br />
konservative Revolution abgelöst. In deutschen Kolonien<br />
mit ihren besonders stark ausgeprägten kapitalistischen<br />
Verhältnissen, waren die Folgen der konservativen stalinistischen<br />
Modernisierung besonders spürbar. Die wirtschaftlich<br />
irrationelle Politik der Sowjetführung gegenüber<br />
den Kolonisten wurde auf harte Einschränkung ihrer<br />
Initiative und ihres Unternehmergeistes gerichtet.<br />
Dies hatte ernsthafte sozialökonomische und demographische<br />
Folgen. Im Ergebnis einer Vernichtung bzw.<br />
ernsthaften Untergrabung von Wirtschaftspositionen<br />
der wohlhabenden und der mittleren Schicht deutscher<br />
Kolonien kam es zu einem drastischen Rückgang der<br />
Agrarproduktion. Die Ausreisebewegung, die einen bedeutenden<br />
Teil der deutschen Bevölkerung erfasste, führte<br />
im Endergebnis zum Untergang dieser Betriebe. Die von<br />
der Sowjetmacht in den 1920er und 1930er Jahren ergriffenen<br />
Maßnahmen zur Kollektivierung deutscher Landwirtschaftsbetriebe<br />
im asiatischen Russland hatten einen<br />
Abgleich der sozialökonomischen Struktur der früheren<br />
deutschen Kolonien zur Folge. In dieser Phase ihrer<br />
Geschichte wiesen die Kolonisten, die jetzt schon als<br />
einfache deutsche Kolchosbauern galten, so gut wie keine<br />
Unterschiede von anderen Akteuren des „sozialistischen<br />
Wirtschaftssektors“ auf.<br />
Die deutschen Kolonien im asiatischen Russland, die vor<br />
nicht allzu langer Zeit wirtschaftlich gut gestellt waren,<br />
wurden von der Sowjetmacht in der Zeit der Ausnahmezustände<br />
geschwächt und ruiniert, als sozialökonomische<br />
Selbstverwaltungsgebilde des kapitalistischen Typs zugrundegerichtet<br />
und einer Zwangskollektivierung unterzogen,<br />
die bereits zum Jahr 1931 abgeschlossen wurde.<br />
Abb.<br />
263, 264<br />
удар экономике немецких хозяйств. Кратковременный<br />
возврат в годы НЭПа к эволюцион ному пути развития<br />
капиталистической рыночной экономики сменился<br />
консервативной революцией. В немецких колониях,<br />
где капиталистические отношения были особенно развиты,<br />
последствия консервативной сталинской модернизации<br />
были наиболее ощутимы. Иррациональная<br />
с экономической точки зрения политика советского<br />
государства по отношению к колонистам была направлена<br />
на жесткое ограничение их инициативы и<br />
предприимчивости.<br />
Это привело к серьезным социально-экономическим<br />
и демографическим последствиям. В результате разрушения<br />
либо серьезного подрыва экономических<br />
позиций зажиточных и средних слоев немецких<br />
колоний произошло резкое падение сельскохозяйственного<br />
производства. Эмиграционное движение,<br />
охватившее значительную часть немецкого населения,<br />
способствовало в конечном итоге разорению многих<br />
хозяйств. Проведенные же советской властью на рубеже<br />
1920‐х – 1930‐х гг. мероприятия по коллективизации<br />
немецких хозяйств в Азиатской России привели<br />
к нивелировке социально-экономической структуры<br />
в теперь уже бывших немецких колониях. На этом<br />
этапе своей истории колонист, ставший немецким<br />
колхозником, уже мало чем отличался от других участников<br />
«социалистического сектора» экономики.<br />
Бывшие еще совсем недавно благополучными в экономическом<br />
отношении немецкие колонии в Азиатской<br />
России, подавленные и обескровленные советской<br />
властью в период «чрезвычайщины», были уничтожены<br />
как саморегулируемые социально‐хозяйственные<br />
образования капиталистического типа и подвергнуты<br />
насильственной коллективизации, завершившейся<br />
практически уже к началу 1931 г.<br />
Илл.<br />
263, 264<br />
261. Сельскохозяйственная ярмарка<br />
в Исилькуле (Омский уезд) в годы НЭПа.<br />
Фото. 1920-е гг. Издательство<br />
«Заменкорн», Штейнхаген – Исиль-Куль<br />
Landwirtschaftlicher Jahrmarkt in Isilkul,<br />
Bezirk Omsk. NÖP-Zeit. Foto. 1920er Jahre.<br />
Verlag „Samenkorn“, Steinhagen – Isil-Kul<br />
261
262<br />
263<br />
262. Исилькульское кредитное товарищество, с помощью которого многие крестьяне<br />
в годы НЭПа смогли обзавестись сельскохозяйственным инвентарем. Фото. 1920-е гг.<br />
Издательство «Заменкорн», Штейнхаген – Исиль-Куль<br />
Kreditgenossenschaft in Isilkul. Hier konnte in den NÖP-Jahren viele Bauern landwirtschaftliches<br />
Gerät beschaffen. Foto. 1920er Jahre. Verlag „Samenkorn“, Steinhagen – Isil-Kul<br />
263. Уборка урожая в колхозе (Аполлоновка). Фото. 1930-е гг. Издательство «Заменкорн»,<br />
Штейнхаген – Исиль-Куль<br />
Erntearbeiten in der Kolchose (Apollonowka). Foto. 1930-er Jahre. Verlag „Samenkorn“,<br />
Steinhagen – Isil-Kul
264<br />
264. Заявление Я. Франца (х. Аполлоновка Исилькульского р-на) о вступлении в колхоз «Новый колос».<br />
1931. Издательство «Заменкорн», Штейнхаген – Исиль-Куль.<br />
Antrag von Ja. Franz (Vorwerk Apollonowka, Rayon Isil-Kul) über die Aufnahme in die Kolchose „Neue Ähre“.<br />
1931. Verlag „Samenkorn“, Steinhagen – Isil-Kul.
130 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Russlanddeutsche Unternehmer in 19. Jahrhundert<br />
und zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
Предпринимательство российских немцев<br />
в XIX – начале ХХ в.<br />
Ju. A. Petrow (Moskau)<br />
Ю. А. Петров (Москва)<br />
Westeuropäer waren untrennbar mit der Geschäftswelt<br />
in Russland verbunden und bildeten<br />
zum Teil ganze Unternehmerdynastien.<br />
Sie waren ein Phänomen des ausländischen Unternehmertums,<br />
das einen wichtigen Beitrag zur industriellen<br />
Entwicklung im vorrevolutionären Russland leistete. Eine<br />
führende Rolle unter den ausländischen Unternehmern im<br />
Reich spielten dabei Unternehmer, die aus deutschen Staaten<br />
oder später aus dem Deutschen Reich stammten.<br />
Organisatorisch traten deutsche Unternehmer bis in die<br />
1860er Jahre fast nur als Einzelperson in Erscheinung:<br />
Sie investierten ihr Kapital in Betriebe der Familie oder<br />
in Unternehmen von Verwandten und privaten Partnern.<br />
Später legten sie das in Russland erwirtschaftete Kapital<br />
in russischen Aktiengesellschaften, wie Eisenbahn-,<br />
Finanz- oder Handels- und Industriegesellschaften, an<br />
und wandelten auch eigene Unternehmen in Aktiengesellschaften<br />
um. Daher kann man sie auch keinesfalls dem<br />
ausländischen Kapital zuordnen, da sie ihr Vermögen in<br />
der Regel über mehrere Generationen hinweg in Russland<br />
erwirtschafteten und die erzielten Gewinne in russische<br />
Unternehmen reinvestierten.<br />
Den Angaben der russischen Volkszählung von 1897 zufolge<br />
lebten von 1,8 Mio. Menschen, die ihrer Muttersprache<br />
nach Deutsche waren, ca. 400 000 in Städten. 12 000 davon<br />
waren unternehmerisch tätig und gehörten Kaufmannsgilden<br />
an. In der Geschäftswelt der großen Wirtschaftsregionen<br />
Russlands bildeten sie eine einflussreiche Gruppe. Jede<br />
regionale Gruppe deutscher Unternehmer wirkte autonom<br />
innerhalb der eigenen Region, hatte sich den örtlichen Gegebenheiten<br />
angepasst und in das dortige Wirtschaftleben<br />
integriert. Es konnte nicht festgestellt werden, dass allein<br />
aus Gründen der ethnischen Zusammengehörigkeit überregionale<br />
Beziehungen geknüpft wurden. Trotzdem hielten<br />
die Deutschen auch als Teil des Unternehmertums Russlands<br />
an ihren nationalen und kulturellen Besonderheiten,<br />
Неотъемлемым элементом предпринимательского<br />
мира России являлись выходцы<br />
из западноевропейских стран, немалая<br />
часть которых образовала целые деловые династии.<br />
Они представляли феномен иностранного предпринимательства,<br />
которому принадлежит важная заслуга<br />
в деле индустриального развития дореволюционной<br />
России. Ведущие позиции в составе иностранного<br />
предпринимательства в империи занимали уроженцы<br />
германских государств, а позднее – Германии.<br />
В организационном плане до 1860‐х гг. немецкие<br />
предприниматели действовали почти исключительно<br />
индивидуально, вкладывая свой капитал в предприятия<br />
семьи, родственников или частных партнеров.<br />
Впоследствии они охотно инвестировали накопленные<br />
в России капиталы в российские акционерные<br />
компании (железнодорожные, финансовые, торговопромышленные),<br />
реорганизуя и свои предприятия<br />
в акционерные общества. Поэтому их нельзя относить<br />
к представителям иностранного капитала, поскольку<br />
свои состояния они обычно создавали в России на протяжении<br />
нескольких поколений, а полученные прибыли<br />
реинвестировали в российские же предприятия.<br />
По данным Всероссийской переписи (1897), из 1,8 млн<br />
немцев (по языку) в городах проживали около<br />
400 тыс. чел., из них 12 тыс. профессионально занимались<br />
предпринимательством, будучи записаны<br />
в купеческие гильдии. Они представляли влиятельную<br />
группу в составе делового мира основных экономических<br />
регионов России. Каждая из региональных групп<br />
немецких предпринимателей действовала автономно<br />
в рамках данного региона, приспосабливаясь к местным<br />
условиям и интегрируясь в экономическую жизнь.<br />
Попыток установления межрегиональных контактов<br />
по этническому признаку не наблюдалось. Вместе с тем,<br />
будучи частью российского предпринимательского
Немцы в российской истории 131<br />
insbesondere an Sprache und Konfession, fest. Eine Tendenz<br />
zur Assimilation und Akkulturation lässt sich erst für die<br />
zweite bzw. dritte Generation feststellen.<br />
Da die deutschen Unternehmer mit den europäischen Geschäftstraditionen<br />
vertraut waren, über die entsprechenden<br />
Sprachkenntnisse und Beziehungen zu europäischen Geschäftspartnern<br />
verfügten, konnten sie die Rolle einer Brücke<br />
zwischen Unternehmern in Russland und Westeuropa,<br />
insbesondere im Außenhandel, übernehmen. Auch wenn sie<br />
nur einen prozentual kleinen Teil innerhalb der deutschen<br />
Gemeinde bildeten, spielten Unternehmer durch ihren<br />
wirtschaftlichen Einfluss und durch großzügige Spenden für<br />
wohltätige und Bildungszwecke eine führende Rolle.<br />
Der rechtliche Status eines Unternehmers deutscher Herkunft<br />
richtete sich nach dessen Staatszugehörigkeit. Wer<br />
russischer Untertan (Russlanddeutscher) wurde, unterschied<br />
sich in nichts von anderen Untertanen der russischen<br />
Krone. Wer bis zu Beginn der 1860er Jahre noch<br />
Angehöriger eines deutschen Staates (Reichsdeutscher)<br />
war, benötigte eine Sondergenehmigung der Regierung,<br />
um in Russland geschäftlich tätig sein zu können. Mit<br />
den zwischen 1863 und 1865 erlassenen Gesetzen wurde<br />
die Gleichheit zwischen russischen und ausländischen<br />
Untertanen, die in Industrie und Handel tätig waren, hergestellt.<br />
Diese Gleichheit bezog sich auch auf den Erwerb<br />
von Immobilien im gesamten Reichsgebiet, ausgenommen<br />
waren lediglich die kürzlich angeschlossenen Grenzgebiete<br />
im Fernen Osten, in Mittelasien usw.<br />
Abb. 265<br />
мира, немцы сохраняли национально-культурную<br />
обособленность (прежде всего языковую и конфессиональную).<br />
Тенденция к ассимиляции и аккультурации<br />
наблюдалась лишь во втором-третьем поколении.<br />
Знакомство с европейской деловой традицией, знание<br />
языков, партнерские отношения с западноевропейскими<br />
бизнесменами давали немецким предпринимателям<br />
в России возможность выступать в роли моста,<br />
соединяющего российское и западноевропейское<br />
предпринимательство, в особенности в сфере внешней<br />
торговли. Несмотря на относительную немногочисленность,<br />
в составе немецкой общины предприниматели<br />
играли ведущую роль благодаря своему экономическому<br />
влиянию и щедрым пожертвованиям на благотворительные<br />
и просветительские цели.<br />
Правовой статус предпринимателя немецкого происхождения<br />
зависел от его подданства. Принявшие российское<br />
подданство ничем не отличались от прочих подданных<br />
российской короны. Сохранявшим подданство<br />
германских государств до начала 1860‐х гг. требовалось<br />
особое разрешение правительства на ведение операций<br />
в России. Законы 1863–1865 гг. установили равенство<br />
между российскими и иностранными подданными в занятиях<br />
торговлей и промышленностью, а также право<br />
приобретения ими недвижимости по всей территории<br />
империи, за исключением недавно присоединенных<br />
окраин (Дальний Восток, Средняя Азия и др.).<br />
Илл. 265<br />
St. Petersburg<br />
Санкт-Петербург<br />
Das führende Zentrum wirtschaftlicher Aktivitäten von<br />
Deutschen war St. Petersburg. Hier lebten die meisten<br />
Deutschen, die sich in einer Stadt des Russischen Reiches<br />
niedergelassen hatten. Am Vorabend des Ersten Weltkrieges<br />
waren ca. 46 000 Petersburger ihrer Muttersprache<br />
nach Deutsche. Von 16 000 Petersburger Kaufleuten der<br />
1. und 2. Gilde gehörten 1 000 der deutschen Gemeinde<br />
in der Stadt an. Damit lagen sie hinter den Russen mit<br />
13 000 Kaufleuten auf Platz zwei in der Geschäftswelt der<br />
Hauptstadt. Die als Kleinunternehmer tätigen Handwerker<br />
schlossen sich ab 1819 in besonderen Innungen für Ausländer<br />
zusammen, die im allgemeinen Sprachgebrauch als<br />
deutsche Innungen bezeichnet wurden. Diese korporative<br />
Organisationsform garantierte einen höheren sozialen Status.<br />
Mit der Entwicklung der Industrieproduktion ging der<br />
Einfluss der deutschen Handwerker zurück. Während es<br />
1843 noch 43 „deutsche“ Handwerksinnungen, gegenüber<br />
51 „russischen“, gab, so waren es 1914 nur noch 24.<br />
Dafür wuchs aber der Einfluss von Großunternehmern und<br />
Fabrikanten. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts war ein Drittel<br />
der Fabriken und Betriebe in der Stadt, 105 an der Zahl,<br />
im Besitz von Deutschen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
war die Zahl dieser Unternehmen bereits auf 212 gestiegen.<br />
Zu den führend Unternehmern der Hauptstadt gehörten<br />
der Zuckerfabrikant L. König, der Stahlfabrikant Franz<br />
San-Galli und der Glasfabrikant I. Rittich.<br />
Traditionell stand die Geschäftstätigkeit der Deutschen in<br />
St. Petersburg in Verbindung mit dem Außenhandel, der<br />
Abb.<br />
266, 267<br />
Abb.<br />
268, 269<br />
Abb.<br />
270–272<br />
Ведущим центром экономической активности немцев<br />
являлся Санкт‐Петербург, крупнейший пункт<br />
городского поселения немцев в Российской империи.<br />
В канун Первой мировой войны около 46 тыс.<br />
петербуржцев являлись немцами (по родному языку),<br />
из 16 тыс. петербургских купцов 1‐й и 2‐й гильдий<br />
1 тыс. принадлежала к немецкой общине города, занимая<br />
2‐е место в составе делового мира столицы<br />
после русских (13 тыс.). Мелкие предпринимателиремесленники<br />
объединялись в существовавшие<br />
с 1819 г. особые цехи для иностранцев (в обиходе<br />
их называли немецкими). Такая корпоративная организация<br />
позволяла поддерживать более высокий<br />
социальный статус. С развитием фабрично-заводской<br />
индустрии влияние немецких ремесленников снизилось.<br />
Если в 1843 г. в городе насчитывалось 43 немецких<br />
корпорации ремесленников (русских – 51),<br />
то к 1914 г. их осталось 24.<br />
Однако росло влияние крупных предпринимателейфабрикантов:<br />
уже к середине XIX в. около трети (105)<br />
фабрик и заводов в городе принадлежало немцам.<br />
В начале ХХ в. число таких предприятий выросло<br />
до 212. Из числа ведущих промышленников столицы<br />
выделяются сахарный фабрикант Л. Кёниг, металлопромышленник<br />
Ф. Сан-Галли, стеклозаводчик<br />
И. Риттих и др.<br />
Деловая активность немцев в Санкт‐Петербурге была<br />
традиционно связана с внешней торговлей через его<br />
Илл.<br />
266, 267<br />
Илл.<br />
268, 269<br />
Илл.<br />
270–272
266<br />
265. Временный вид на жительство в России (в Одессе) вюртембергского<br />
подданного Г. Л. Дурьяна. 1853. Государственный<br />
архив Одесской области, Одесса<br />
Aufenthaltsgenehmigung des württembergischen Untertanen<br />
G. L. Durian für Russland (Odessa). 1853. Staatliches Gebietsarchiv<br />
Odessa, Odessa<br />
266. Большая Немецкая улица на плане С.-Петербурга. 1753.<br />
Фрагмент<br />
Große Deutsche Straße auf dem Stadtplan von St. Petersburg.<br />
1753. Fragment<br />
267. Вид Большой Немецкой (Миллионной) улицы. С рисунка<br />
М. Махаева. 1751<br />
Ansicht der Deutschen (Millionen-) Straße. Nach einer Zeichnung<br />
von M. Machaew. 1751<br />
265<br />
268. Штандарт немецкого цеха портных, учрежденного в<br />
1787 г. Государственный музей истории С.‐Петербурга,<br />
С.‐Петербург<br />
Standarte der 1787 gegründeten Innung deutscher<br />
Schneider. Staatliches Museum für Geschichte St. Petersburgs,<br />
St. Petersburg<br />
269. Штандарт немецкого цеха мясников, учрежденного в<br />
1787 г., воссозданного в 1881 г. 1881. Государственный<br />
музей истории С.‐Петербурга, С.‐Петербург<br />
Standarte der 1787 gegründeten (1881 wiedergegründeten)<br />
Innung deutscher Fleischer. 1881. Staatliches Museum für<br />
Geschichte St. Petersburgs, St. Petersburg<br />
267<br />
268 269
270. Литейно-механический завод и особняк<br />
Ф. Сан‐Галли в С.-Петербурге. Фото. 1877<br />
Gießerei- und mechanisches Werk sowie Villa<br />
von F. San-Galli in St. Petersburg. Foto. 1877<br />
270<br />
271. Чугунная ограда при особняке Сан-Галли.<br />
Фото. 2011<br />
Gusseiserner Zaun der Villa von San-Galli.<br />
Foto. 2011<br />
271<br />
272. Память, отлитая в чугуне<br />
(ограда Троицкого моста). Фото. 2011<br />
In Gusseisen gegossene Erinnerung<br />
(Geländer der Troizkij-Brücke). Foto. 2011<br />
272
273<br />
274<br />
275
Немцы в российской истории 135<br />
über den Hafen der Stadt abgewickelt wurde. Zu Beginn des<br />
19. Jahrhunderts war der Import von Rohzucker, Tabakserzeugnissen,<br />
Luxusartikeln und Farben für die Textilproduktion von<br />
besonderer Bedeutung. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts waren<br />
es vor allem Maschinen und andere Industrieerzeugnisse. Seit<br />
den 1860er Jahren wurden auch große Mengen russischen<br />
Getreides, hauptsächlich über St. Petersburg, ausgeführt. Bis in<br />
die 1850er Jahre hinein war der Außenhandel der wichtigste<br />
Wirtschaftssektor der Petersburger Deutschen. Im Außenhandel<br />
erwirtschafteten viele Spitzenunternehmer der Stadt, die in<br />
der Regel auch noch eigene Niederlassungen im Ausland hatten,<br />
ein Vermögen. Zu ihnen gehörten u. a. Brandt, Kap-Herr,<br />
Maas, Prehn, Amburger, König, Mollwo und Blessig.<br />
Auch der deutsche Unternehmer Heinrich Schliemann kam<br />
durch Außenhandelsgeschäfte in den 1840er und 1850er Jahren<br />
in St. Petersburg zu großem Reichtum. Dieses Vermögen<br />
verwendete er später für archäologische Ausgrabungen im<br />
antiken Troja und Sparta, die ihn berühmt gemacht haben.<br />
Die Deutschen, die im Außenhandel tätig waren, gehörten<br />
zu den führenden Geschäftsleuten der Stadt. Der erste Vorsitzende<br />
des Petersburger Börsenkomitees war der Kaufmann<br />
Nikolaj Mollwo während seiner Amtszeit als Stadtoberhaupt,<br />
von 1859 bis 1870 stand der Unternehmer und Bankier<br />
Georg Friedrich (Jegor Jegorowitsch) Brandt an der Spitze<br />
des Börsenkomitees.<br />
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und zu Beginn<br />
des 20. Jahrhunderts gehörten folgende Industrielle<br />
zu den führenden Unternehmern der Stadt: Ferdinand<br />
Krauskopf, der Gründer der Gummifabrik „Treugolnik“<br />
(dt.: „Dreieck“), die Brüder Spies, die die größte Zigarettenfabrik<br />
Russlands „Laferm“ gründeten, der Bankier<br />
E. Meier, Gründer einer Petersburger Metallfabrik, und<br />
der Gründer der Zeitschrift „Niwa“, Adolf Marks, der an<br />
der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert einer der größten<br />
Buchverleger Russlands war.<br />
Abb.<br />
273–275<br />
Abb. 276<br />
Abb. 277<br />
Abb.<br />
278–280<br />
Abb.<br />
281–283<br />
Abb.<br />
284–292<br />
порт. Особое значение с начала XIX в. имел импорт<br />
сахара-сырца, табачных изделий, предметов роскоши,<br />
красителей для текстильного производства,<br />
а с середины XIX в. – машин и другой промышленной<br />
продукции. С 1860‐х гг. крупные масштабы<br />
приобрел также вывоз российского зерна, шедший<br />
в основном через Петербург. До 1850‐х гг. внешнеторговые<br />
операции оставались важнейшей областью<br />
экономической активности петербургских немцев.<br />
На внешней торговле создали состояния многие<br />
ведущие предприниматели города (Брандт, Капгерр,<br />
Маас, Прен, Амбургер, Кёниг, Моллво, Блессиг и<br />
др.), имевшие, как правило, собственные филиалы<br />
за границей.<br />
На внешнеторговых операциях в 1840–1850‐е гг.<br />
в Петербурге разбогател немецкий предприниматель<br />
Г. Шлиман, впоследствии употребивший свое<br />
состояние на прославившие его археологические<br />
раскопки в древней Трое и Спарте. Связанные<br />
с внешней торговлей немцы играли ведущую роль<br />
в деловом мире города. Первым председателем<br />
(1816–1818) Санкт-Петербургского биржевого комитета<br />
стал городской голова, купец Н. Моллво,<br />
в 1859–1870 гг. его возглавлял предприниматель и<br />
банкир Е. Е. Брандт.<br />
Во второй половине XIX – начале ХХ в. на первые<br />
роли среди немецких предпринимателей города<br />
вышли промышленники: Ф. Краускопф (основатель<br />
завода резиновых изделий «Треугольник»),<br />
братья Шпис (учредившие крупнейшую в России<br />
сигаретную фабрику «Лаферм»), банкир Э. Мейер<br />
(основатель Санкт-Петербургского металлического<br />
завода), издатель журнала «Нива» А. Ф. Маркс, ставший<br />
на рубеже XIX–ХХ вв. одним из крупнейших<br />
книгоиздателей России.<br />
Илл.<br />
273–275<br />
Илл. 276<br />
Илл. 277<br />
Илл.<br />
278–280<br />
Илл.<br />
281–283<br />
Илл.<br />
284–292<br />
273. Перевозка товаров по Неве в 1839 г. С литографии А. Дюранда.<br />
Париж, 1845. Фрагмент<br />
Güterbeförderung auf der Newa 1839. Nach einer Lithographie<br />
von A. Durand. Paris, 1845. Fragment<br />
274. Биржа и Гостиный двор на Васильевском острове (С.‐Петербург).<br />
С гравюры по рисунку М. Махаева. Париж, 1755<br />
Börse und Verkaufshalle auf der Wassilewskij-Insel (St. Petersburg).<br />
Radierung nach einer Zeichnung von M. Machajew. Paris, 1755<br />
275. Грузовые баржи в Обводном канале близ С.-Петербурга, служившем<br />
основной транспортной артерией для перевозки грузов до постройки<br />
железной дороги. Фото И. К. Гофферта. 1855–1864<br />
Lastkähne auf dem Obwodnoj-(Umleitungs-)Kanal nach St. Petersburg,<br />
der bis zum Bau der Eisenbaht der wichtigste Transportweg war.<br />
Foto von I. K. Goffert. 1855–1864<br />
276. Памятная доска на доме 28 по 1-й линии Васильевского острова<br />
(С.‐Петербург), где в 1850–1860‐е гг. жил Г. Шлиман. Фото. 2010<br />
Gedenktafel am Haus 28 der 1. Linie der Wassiljewskij-Insel (St. Petersburg),<br />
in dem in den 1850er–1860er Jahren H. Schliemann wohnte. Foto. 2010<br />
276
277<br />
278<br />
280<br />
279
277. Санкт-Петербургская биржа. С гравюры И. В. Ческого по рисунку М. И. Шатошникова. 1816<br />
Börse in St. Petersburg. Radierung von I. W. Tscheskij nach einer Zeichnung von M. I. Schatoschnikow. 1816<br />
278. Производственные корпуса товарищества «Треугольник» на Обводном канале в С.‐Петербурге. Фото. 2010<br />
Werkanlagen der Gesellschaft „Treugolnik“ am Obwodnoj-(Umleitungs-)Kanal in St. Petersburg. Foto. 2010<br />
279, 280.<br />
Рекламные плакаты товарищества «Треугольник». 1900<br />
Reklameplakate der Gesellschaft „Treugolnik“. 1900<br />
281 282<br />
281. Пай в 100 руб. фирмы «Лаферм». 1910<br />
100-Rubel-Anteilsschein<br />
der Fa. „Laferm“ 1910<br />
282. Реклама папирос товарищества<br />
«Лаферм». 1900<br />
Reklame für „Papirosy“ der Gesellschaft<br />
„Laferm“. 1900<br />
283. Латунная коробка для папирос<br />
товарищества «Лаферм». Начало ХХ в.<br />
Messing-Zigarettenbüchse der Gesellschaft<br />
„Laferm“. Anf. 20. Jh.<br />
283
284<br />
285<br />
287<br />
286<br />
284. Здание бывшего издательства А. Ф. Маркса в С.-Петербурге. Фото. 2010<br />
Gebäude des ehemaligen Verlags A. F. Marx in St. Petersburg. Foto. 2010<br />
285. Типографский цех издательства А. Ф. Маркса. Фото. Начало ХХ в.<br />
Druckerei des Verlags A. F. Marx. Foto. Anf. 20. Jh.<br />
288<br />
286. Рекламный плакат журнала «Нива» на 1909 г. И. Горюшкин-Сорокопудов. 1908<br />
Reklameplakat der Zeitschrift „Niwa“ für 1909. I. Gorjuschkin-Sorokopudow. 1908
289<br />
290<br />
291<br />
Реклама и ценные бумаги некоторых предприятий и фирм, основанных<br />
немецкими предпринимателями в С.-Петербурге:<br />
Reklame und Wertpapiere einiger von deutschen Unternehmern<br />
in St. Petersburg gegründeten Betriebe und Firmen:<br />
287, 288.<br />
Акция и реклама Русского общества для выделки и продажи<br />
пороха. 1884, 1900<br />
Aktien und Reklame der Russischen Gesellschaft für Herstellung und Verkauf<br />
von Pulver. 1884, 1900<br />
289. Реклама военно-подковных заводов Посселя в С.-Петербурге. 1900<br />
Reklame der Militärhufen-Werke Possel in St. Petersburg. 1900<br />
290. Фабрика папирос А. Миллера в С.-Петербурге. 1899<br />
„Papirosy“-Fabrik von A. Müller in St. Petersburg. 1899<br />
291. Реклама Общества водочных заводов «Бекман и К°»<br />
в С.‐Петербурге. 1900<br />
Reklame der Gesellschaft der Schnapsbrennereien „Beckmann & Co“<br />
in St. Petersburg. 1900<br />
292. Акции Русского акционерного общества «Сименс и Шуккерт». 1914<br />
Aktien der Russischen Aktiengesellschaft «Siemens & Schuckert». 1914<br />
292
140 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 293<br />
Abb. 294<br />
Abb. 295<br />
Das dritte wichtige Geschäftsfeld von Deutschen in St. Petersburg<br />
war das Bankwesen. In der ersten Hälfte des<br />
19. Jahrhunderts gab es in der Hauptstadt die Bankhäuser<br />
„J. W. Junker & Co“, E. M. Meier und „Kap–Herr & Co“. In<br />
den 1860er Jahren begannen sich deutschen Firmen auch<br />
an der Gründung einer Reihe von Aktiengeschäftsbanken,<br />
wie der St. Petersburger Privatbank (1864), der Internationalen<br />
St. Petersburger Bank (1869) und der Russischen<br />
Außenhandelsbank (1871) zu beteiligen.<br />
Ein Wesensmerkmal der deutschen Geschäftselite war<br />
ihr Kosmopolitismus. Insbesondere im Außenhandel und<br />
im Bankwesen pflegten sie ihre internationalen Kontakte<br />
und sahen sich selbst als Teil der internationalen Finanzoligarchie.<br />
Häufig hatten die Mitglieder einer Unternehmerfamilie<br />
verschiedene Staatsangehörigkeiten. Daneben<br />
unterstützten deutsche Unternehmer in St. Petersburg auch<br />
ihre ethnische und religiöse Gemeinschaft und gehörten<br />
Organisationen an, die Deutsche unterstützen, welche in<br />
Russland lebten, aber noch die Untertanenschaft deutscher<br />
Staaten besaßen. Solche Organisationen waren die<br />
Deutsche Wohltätigkeitsgesellschaft (1842) und der Verein<br />
deutscher Reichsangehöriger zur Unterstützung bedürftiger<br />
Landsleute (1872). In der zweiten und dritten Generation<br />
kam es bereits zu einer kulturellen Annäherung an das<br />
russischsprachige Umfeld, zur schrittweisen Akkulturation<br />
deutscher Unternehmer, einem Prozess, der erst durch<br />
die Ereignisse des Ersten Weltkrieges und der russischen<br />
Revolution von 1917 unterbrochen wurde.<br />
Илл. 293<br />
Илл. 294<br />
Илл. 295<br />
Третьим основным полем деловой активности немцев<br />
в Петербурге являлось банковское дело. С первой<br />
половины XIX в. в столице действовали банкирские<br />
дома «И. В. Юнкер и К°», Э. М. Мейер, «Капгерр и К°».<br />
С 1860‐х гг. немецкие фирмы города приняли участие<br />
в создании ряда акционерных коммерческих банков<br />
– Санкт-Петербургского частного (1864), Санкт-<br />
Петербургского международного (1869), Русского для<br />
внешней торговли (1871) и др.<br />
Отличительной чертой немецкой деловой элиты являлся<br />
космополитизм, особенно во внешней торговле<br />
и банковском деле, тесно связанных с международными<br />
контактами, осознание себя как части международной<br />
финансовой олигархии. Нередко члены одной<br />
деловой семьи имели разное подданство. Вместе с тем<br />
немецкие предприниматели Петербурга поддерживали<br />
религиозно-этническую общину города и состояли<br />
в обществах, оказывавших поддержку немцам,<br />
которые, живя в России, оставались подданными<br />
германских государств (Немецкое благотворительное<br />
общество, 1842; Общество германских подданных для<br />
оказания помощи нуждающимся соотечественникам,<br />
1872). Во втором-третьем поколении уже намечалось<br />
культурное сближение с русской языковой средой,<br />
постепенная аккультурация немецких предпринимателей<br />
– процесс, прерванный событиями Первой<br />
мировой войны и русской революцией 1917 г.<br />
Abb. 296<br />
Moskau<br />
In Moskau sind unternehmerische Aktivitäten von Deutschen<br />
mit dem schnellen Wirtschaftswachstum der Stadt,<br />
die neben St. Petersburg das führende Industrie- und<br />
Handelszentrum des Landes war, in der zweiten Hälfte<br />
des 19. Jahrhunderts verbunden. Moskau war auch das<br />
zweitwichtigste Zentrum für die städtische Ansiedlung von<br />
Deutschen. Angaben einer Volkszählung in der Stadt im<br />
Jahre 1912 zufolge waren deutsche Muttersprachler mit<br />
ca. 28 000 Personen hinter den Russen die zweitgrößte<br />
ethnische Bevölkerungsgruppe der Stadt. Nach dem Brand<br />
von 1812, dem auch die Deutsche Vorstadt zum Opfer<br />
fiel, kam eine neue Welle von Übersiedlern aus deutschen<br />
Staaten in die Stadt, die sich nun aber im Stadtzentrum<br />
niederließen. Der Großteil waren Unternehmer, die hier<br />
ihren ständigen Wohnsitz nahmen und häufig auch die<br />
russische Staatsangehörigkeit erwarben.<br />
1912 hatten 21 000 von 28 000 Moskauer Deutschen die<br />
russische Staatsangehörigkeit, die übrigen waren deutsche<br />
Staatsbürger. 20 % der zweiten Gruppe waren Unternehmer,<br />
ihrem sozialen Status nach Industrielle, Kaufleute und<br />
Rentiers, die von ihren Kapitaleinkünften lebten. In Industrie<br />
und Handel gab es darüber hinaus 2 700 Angestellte,<br />
die in Betrieben der Stadt arbeiteten, 600 Facharbeiter<br />
und ca. 400 Handwerker.<br />
Ende des 19. Jahrhunderts waren ca. 13 % der Moskauer<br />
Kaufmannschaft der ersten Gilde ihrer Herkunft nach<br />
Deutsche. Die führenden deutschen Industriellen und Geschäftsleute<br />
wurden regelmäßig in die Spitzenfunktionen<br />
Илл. 296<br />
Москва<br />
В Москве предпринимательская активность выходцев<br />
из Германии была связана с ускоренным экономическим<br />
ростом города, ставшим во второй половине<br />
XIX в., наряду с Петербургом, ведущим торговопромышленным<br />
центром страны. Москва являлась<br />
и вторым главным центром городского поселения<br />
немцев. По данным городской переписи (1912), немцы<br />
по языку составляли вторую после русских этническую<br />
группу населения города (около 28 тыс. чел.).<br />
После пожара 1812 г., в пламени которого погибла и<br />
Немецкая слобода, в город хлынула новая волна переселенцев<br />
из германских государств, расселявшихся<br />
уже в центральной части. Значительную их часть<br />
составляли предприниматели, оседавшие на постоянное<br />
жительство и зачастую принимавшие российское<br />
подданство.<br />
На 1912 г. из 28 тыс. московских немцев 21 тыс.<br />
являлась российскими подданными, остальные – германскими.<br />
Среди последних около 20 % принадлежали<br />
к предпринимателям, будучи по социальному статусу<br />
промышленниками, торговцами и рантье, жившими<br />
на доход от капитала. В торгово-промышленной сфере<br />
были также заняты 2,7 тыс. служащих, работавших<br />
на предприятиях города, 600 квалифицированных<br />
рабочих и около 400 ремесленников.<br />
К концу XIX в. около 13 % московского купечества<br />
1‐й гильдии являлись немцами по происхождению.<br />
Ведущие немецкие промышленники и коммерсанты<br />
постоянно избирались в число старшин главной
293. К. фон Сименс (1829–1906), председатель<br />
правления Петербургского частного банка<br />
(1885–1894). Конец XIX в.<br />
K. von Siemens (1829–1906),<br />
Vorstandsvorsitzender der Petersburger Privatbank<br />
(1885–1894). Ende 19. Jh.<br />
294. Акции Санкт-Петербургского международного<br />
коммерческого банка. 1878<br />
Aktien der St. Petersburger Bank für<br />
Außenhandel. 1878<br />
293<br />
295. Отчет Русского для внешней торговли банка<br />
за 1882 г. Титульный лист. С.-Петербург, 1883<br />
Rechenschafts-Bericht der Russischen Bank für<br />
auswärtigen Handel für das Jahr 1882. Titelblatt.<br />
St. Petersburg. 1883<br />
294 295
142 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 297<br />
Abb. 298<br />
Abb.<br />
299–301<br />
Abb. 302<br />
Abb.<br />
303, 304<br />
Abb.<br />
305, 306<br />
des wichtigsten Unternehmerverbandes der Stadt, des<br />
Moskauer Börsenkomitees, gewählt.<br />
Die Struktur der deutschen Unternehmerschaft in Moskau<br />
war einerseits ein Spiegelbild der Möglichkeiten der deutschen<br />
Industrie, mit der sie eng verknüpft war, andererseits<br />
aber auch ein Abbild des Wirtschaftslebens der zweiten<br />
Hauptstadt des Imperiums, die ein Zentrum der Leichtindustrie,<br />
Verkehrsknotenpunkt und hinter St. Petersburg<br />
das zweitwichtigste Bankenzentrum war. Eine herausragende<br />
Rolle bei der Entwicklung der Textilindustrie spielte<br />
Ludwig Knoop, der seit Ende der 1830er Jahre in Moskau<br />
geschäftlich tätig war. Dank seiner Mitwirkung wurden<br />
rund 120 russische Textilfabriken, vor allem in der Region<br />
Moskau, mit den neuesten, zumeist aus England und<br />
Deutschland importierten Dampfmaschinen und Werkbänken<br />
ausgerüstet. Zu den führenden Textilfabrikanten<br />
der Stadt gehörten die aus Preußen stammenden Ludwig<br />
und Franz Rabeneck, die Baumwollmanufakturen in der<br />
Nähe von Moskau gründeten, sowie Karl Thiel, der eine<br />
Tuchfabrik gründete, in der Uniformen für die russische<br />
Armee geschneidert wurden.<br />
Das deutsche Unternehmertum in Moskau deckte ein<br />
breites Spektrum ab. Moskauer Deutsche gründeten gemeinsam<br />
mit russischen Partnern im Jahre 1870 die<br />
Moskauer Discont-Bank (Moskowskij Utschetnyj bank),<br />
führende Privatbanker waren die Junkers, die 1818 ein<br />
eigenes Bankinstitut gründeten. Einer der größten Handels-,<br />
Industrie- und Finanzkonzerne Russlands war das<br />
Geschäftshaus „Wogau & Co“, das sich zunächst über<br />
den Außenhandel entwickelt hatte und später Kapital in<br />
russische Industrieunternehmen und Banken investierte.<br />
Die aus Deutschland stammenden Paul Baron von Derwies<br />
und Karl Otto Georg von Meck wurden in Moskau<br />
die „Eisenbahnkönige“, die u. a. die wichtigen Eisenbahnstrecken<br />
Moskau–Rjasan und Kursk–Kiew bauten.<br />
Илл. 297<br />
Илл. 298<br />
Илл.<br />
299–301<br />
Илл. 302<br />
Илл.<br />
303, 304<br />
Илл.<br />
305, 306<br />
представительной организации предпринимателей<br />
города – Московского биржевого комитета.<br />
Структура немецкого предпринимательства в Москве<br />
отражала, с одной стороны, возможности германской<br />
индустрии, с которой оно оставалось тесно<br />
связанным, а с другой – соответствовала специфике<br />
экономической жизни второй столицы империи,<br />
являвшейся средоточием легкой промышленности,<br />
основным транспортным узлом и вторым после Петербурга<br />
банковским центром. Заметную роль в развитии<br />
текстильной индустрии сыграл Людвиг Кноп,<br />
который вел операции в Москве с конца 1830‐х гг. При<br />
его содействии около 120 российских текстильных<br />
фабрик, прежде всего в московском регионе, были<br />
оснащены новейшими паровыми машинами и станками,<br />
импортируемыми главным образом из Англии<br />
и Германии. К ведущим текстильным фабрикантам<br />
города принадлежали прусские уроженцы Людвиг и<br />
Франц Рабенек, основавшие хлопчатобумажные мануфактуры<br />
под Москвой, а также Карл Тиль, учредивший<br />
суконную фабрику, на которой изготавливалось<br />
обмундирование для русской армии.<br />
Немецкое предпринимательство в Москве отличал<br />
многопрофильный характер деятельности. Московские<br />
немцы в компании с русскими партнерами учредили<br />
Московский учетный банк (1870), ведущими частными<br />
банкирами являлись Юнкеры, основавшие собственное<br />
заведение в 1818 г. Одним из крупнейших торгово-промышленных<br />
и финансовых концернов России являлся<br />
торговый дом «Вогау и К°», выросший на внешней<br />
торговле и затем инвестировавший капиталы в российские<br />
промышленные компании и банки. Выходцы<br />
из Германии П. фон Дервиз и К. фон Мекк стали<br />
в Москве «железнодорожными королями», выстроив<br />
важные линии Москва–Рязань, Курск–Киев и др.<br />
296. Пожар Москвы 1812 г.<br />
А. Ф. Смирнов. 1813.<br />
Музей‐панорама<br />
«Бородинская битва», Москва<br />
Brand von Moskau 1812.<br />
A. F. Smirnow. 1813.<br />
Panoramamuseum „Schlacht von<br />
Borodino“, Moskau<br />
296
297<br />
298<br />
299<br />
297. Московская биржа.<br />
Почтовая карточка. 1880-е гг.<br />
Moskauer Börse. Postkarte. 1880er Jahre.<br />
298. Кренгольмская мануфактура Л. Кнопа<br />
в Нарве (1857). Фото. 2010<br />
Krengolmer Manufaktur von L. Knop<br />
in Narwa (1857). Foto. 2010<br />
299. Образец хлопчатобумажной ткани<br />
фабрики Э. Цинделя. Конец XIX в.<br />
Музей художественных тканей МГТУ<br />
им. А. Н. Косыгина, Москва<br />
Muster von Baumwollstoffen der Fabrik<br />
E. Zindel. Ende 19. Jh. Museum für<br />
Dekorstoffe der Moskauer Staatlichen Textil-<br />
Universität „A. N. Kosygin“. Moskau<br />
300<br />
300. Товарищество ситценабивной мануфактуры<br />
«Эмиль Циндель» в Москве, одной из<br />
известнейших в России. Фото. Конец XIX в.<br />
Gesellschaft der Kattundruckerei „Emil<br />
Zindel“ in Moskau, einer der bekanntesten<br />
Manufakturen in Russland. Foto. Ende 19. Jh.
301 302<br />
303<br />
304<br />
305<br />
306
Немцы в российской истории 145<br />
Als Pioniere des Landmaschinenbaus gelten die Brüder<br />
Butenop, die in den 1830er Jahren in Moskau eine Fabrik<br />
gründeten. Einer der größten Maschinenbaubetriebe war<br />
das Werk von Gustav List, in dem u. a. Feuerlöschpumpen<br />
hergestellt wurden. Der deutsche Unternehmer E. Liphart<br />
errichtete in Schtschurowo bei Moskau eine der ersten<br />
Zementfabriken in Russland. Auch die großen Moskauer<br />
Metallverarbeitungs- und Maschinenbaubetriebe „Dannhauer<br />
und Kaiser“, „Dobrow und Nabholz“ oder „Brüder<br />
Weichelt“ wurden von Deutschen errichtet.<br />
Die führende Süßwarenfabrik der Stadt war die berühmte<br />
Konditorei „Einem“, die bis zur Revolution von<br />
der Familie Heuss geführt wurde. Großer Popularität<br />
erfreuten sich im ganzen Land zu Recht Grammophonplatten<br />
der in Apreljewka bei Moskau von Gottlieb Moll<br />
gegründeten ersten Fabrik Russlands für Grammophonplatten<br />
(Geschäftshaus „Moll, Kybart & Co“), aber auch<br />
Musikinstrumente des Geschäftshauses J. Zimmermann,<br />
medizinische Präparate der Apotheke von Karl Ferrein in<br />
der Nikolskaja-Uliza, Möbel der Firma Schmidt, Präzisionsgeräte<br />
der Firma F. Schwabe, Metallerzeugnisse der<br />
Firma „Robert Kenz“, Bekleidung aus dem Geschäftshaus<br />
„A. Alschwang“, Fotografien von K. Fischer und der<br />
Firma „Scherer & Nabholz“ oder Parfüms aus dem Geschäftshaus<br />
„R. Köhler“. Deutsche waren auch Inhaber<br />
der Hotels „Dresden“, „Berlin“, „Savoy“ und „Alpenrose“<br />
oder führten die Speditionen „Gerhard & Hey“ und<br />
„Knipp & Werner“ usw.<br />
Die deutschen Moskauer Unternehmer waren fest in<br />
der russischen Geschäftswelt integriert, auch wenn sie<br />
ihre sprachliche und konfessionelle Identität bewahrten.<br />
Zu wohltätigen Zwecken unterstützten sie von der Kirche<br />
errichtete Einrichtungen wie Schulen, Kranken- und<br />
Waisenhäuser. Der Inhaber einer der größten Firmen,<br />
von Wogau, Mitglied der lutherischen Gemeinde in der<br />
Abb. 307<br />
Abb. 308<br />
Abb.<br />
309–312<br />
Abb.<br />
313–315<br />
Abb.<br />
316–319<br />
Abb.<br />
320–322<br />
Пионерами сельскохозяйственного машиностроения<br />
считаются братья Бутеноп, в 1830‐е гг. основавшие<br />
в Москве фабрику. Одним из крупнейших машиностроительных<br />
предприятий города был завод Г. Листа,<br />
выпускавший, в частности, пожарные насосы. Немецким<br />
предпринимателем Э. Липгартом в Щурове<br />
(под Москвой) был выстроен один из первых в России<br />
цементных заводов. Выходцы из Германии построили<br />
в Москве крупные металлообрабатывающие и<br />
машиностроительные заводы «Дангауэр и Кайзер»,<br />
«Добровы и Набгольц», «Бр. Вейхельт» и др.<br />
Ведущим кондитерским предприятием города являлась<br />
знаменитая фирма «Эйнем», контролируемая<br />
вплоть до революции немецким семейством Гейсов.<br />
Заслуженной популярностью по всей стране пользовались<br />
изделия первого в России завода граммофонных<br />
пластинок, основанного Г. Моллем (торговый<br />
дом «Молль, Кибарт и К°») в подмосковной<br />
Апрелевке, музыкальные инструменты торгового<br />
дома Ю. Г. Циммерманна, лекарственные препараты<br />
аптеки К. Феррейна на Никольской улице, мебель<br />
фабрики Шмита, точные приборы фирмы Ф. Швабе,<br />
металлоизделия фирмы «Роберт Кенц», одежда торгового<br />
дома «А. Альшванг», фотографии К. Фишера и<br />
фирмы «Шерер и Набгольц», парфюмерия торгового<br />
дома «Р. Кёлер» и др. Немцы являлись содержателями<br />
московских гостиниц «Дрезден», «Берлин», «Савой»,<br />
«Альпенрозе», владели экспедиторскими конторами<br />
(«Гергард и Гей», «Книп и Вернер») и др.<br />
Немецкие предприниматели Москвы были глубоко<br />
интегрированы в русскую деловую среду, хотя и сохраняли<br />
языковую и конфессиональную идентификацию.<br />
Систематически занимаясь благотворительностью,<br />
они оказывали помощь заведениям, учрежденным<br />
церковью (училищам, больницам, приютам и др.).<br />
Илл. 307<br />
Илл. 308<br />
Илл.<br />
309–312<br />
Илл.<br />
313–315<br />
Илл.<br />
316–319<br />
Илл.<br />
320–322<br />
301. Склад мануфактуры «Эмиль Циндель» в Москве.<br />
Фото К. К. Буллы. 1914<br />
Lagerhaus der Manufaktur „Emil Zindel“ in Moskau.<br />
Foto von K. K. Bulla. 1914<br />
302. Банкирский дом «И. В. Юнкер и К°» в Москве (1901).<br />
Фото Фишера. 1900-е гг.<br />
Bankhaus „J.W. Junker & Co“ in Moskau (1901).<br />
Foto von Fischer. 1900er Jahre<br />
303. Исторический очерк деятельности торгового дома<br />
«Вогау и К°» за 1840–1916 гг. Москва, 1916<br />
Bericht über die Tätigkeit des Handelshauses<br />
„Wogau & Co“ 1840–1916. Moskau, 1916<br />
304. Совладелец торгового дома «Вогау и К°» М. Марк с сыновьями<br />
на подмосковной даче. Фото. Конец XIX в.<br />
Mitinhaber des Handelshauses „Wogau & Co“ M. Mark mit Söhnen auf<br />
einer Datscha im Moskauer Umland. Foto. Ende 19. Jh.<br />
305. Временный вокзал станции Московско-Рязанской железной дороги<br />
в Москве (до постройки Рязанского вокзала). Фото. 1861<br />
Provisorischer Bahnhof der Station Moskau der Bahnlinie Moskau-Rjasan<br />
(vor der Errichtung des Rjasaner Bahnhofs). Foto. 1861<br />
306. Рязанский вокзал станции Московско-Рязанской железной дороги<br />
в Москве (1862–1864), в будущем – Казанский вокзал (1894).<br />
Фото. Фототипия «Шерер, Набгольц и К°». 1888<br />
Rjasaner Bahnhof der Bahnlinie Moskau-Rjasan in Moskau (1862–1864), später<br />
der Kasaner Bahnhof (1894). Foto. Lichtdruck «Scherer, Nabholz & Co». 1888
308<br />
307. Реклама акционерного общества «Густав Лист» в Москве. Начало ХХ в.<br />
Reklame der Aktiengesellschaft „Gustav List“ in Moskau. Anfang 20. Jh.<br />
308. Реклама товарищества «Эмиль Липгарт и К°» в Москве. Начало ХХ в.<br />
Reklame der Gesellschaft „Emil Liphart & Co“ in Moskau. Anfang 20. Jh.<br />
307<br />
309. Реклама акционерного общества Ю. А. Миллера «Дукс», производителя<br />
автомобилей и велосипедов, первого самолетостроительного предприятия<br />
в Москве. Начало ХХ в.<br />
Reklame der Aktiengesellschaft Ju. A. Müller „Duks“, die Autos und Fahrräder<br />
baute, sowie die erste Luftfahrtwerft in Moskau war. Anfang 20. Jh.<br />
310<br />
310. Контора склада красителей<br />
фирмы «Ф. Байер»<br />
в Москве. Фото. 1910<br />
Farbenlager-Kontor der<br />
Firma „F. Bayer“ in Moskau.<br />
Foto. 1910<br />
311. Акции акционерного<br />
общества химической<br />
фабрики «Ф. Байер и К°»<br />
в Москве. 1912<br />
Aktien der Gesellschaft<br />
Chemiefabrik „F. Bayer & Co“<br />
in Moskau. 1912<br />
309<br />
311
312. Торговый ярлык для красителя фабрики красок акционерного<br />
общества бывш. Мейстер, Луциус и Брюнинг (Хёхст-на-Майне)<br />
в Москве. Литография «Печатник». 1889<br />
Preisschild für Farbstoff der Farbwerke-Aktiengesellschaft vorm.<br />
Meister, Luzius u. Brüning (Höchst am Main) in Moskau.<br />
Lithographie „Petschatnik“. 1889<br />
312<br />
313<br />
315<br />
313–315.<br />
Вид фабрики и реклама товарищества «Эйнем» в Москве. Конец XIX в.<br />
Fabrik und Reklame der Gesellschaft „Einem“ in Moskau. Ende 19. Jh.<br />
314
317<br />
316. Прусский подданный Г. Молль (1859–1926). Фото. Нач. ХХ в.<br />
Preußischer Untertan G. Moll (1859–1926). Foto. Anfang 20. Jh.<br />
316<br />
317. Этикетка граммофонной пластинки фабрики Г. Молля<br />
«Метрополь‐Рекорд» в Апрелевке. Начало ХХ в.<br />
Etikette Grammophon-Platte der Fabrik G. Moll „Metropol-<br />
Rekord“ in Apreljewka. Anfang 20 Jh.<br />
318
319<br />
320<br />
321<br />
322<br />
318. Аптечная посуда фармацевтических и химических предприятий<br />
товариществ «В. К. Феррейн» и «Р. Кёлер» в Москве.<br />
Конец XIX – начало ХХ в. Из коллекции А. Айсфельда<br />
Apothekengefäße der pharmazeutischen und chemischen Betriebe<br />
der Gesellschaften „W. K. Ferrein“ und „R. Köhler“ in Moskau.<br />
Ende 19. – Anfang 20. Jh. Sammlung von A. Eisfeld<br />
319. Товарный знак фирмы музыкальных инструментов<br />
Ю. Циммермана. Начало ХХ в.<br />
Firmenzeichen der Musikinstrumentenfirma Ju. Zimmermann.<br />
Anfang 20. Jh.<br />
320. Реклама химико-фармацевтических предприятий<br />
товарищества «Р. Кёлер и К°» в Москве<br />
и Подмосковье. Начало ХХ в.<br />
Reklame der chemisch-pharmazeutischen Genossenschaft<br />
„R. Köhler & Co“ in Moskau und dem Moskauer<br />
Umland. Anfang 20. Jh.<br />
321. Титульный лист прейскуранта фотопринадлежностей<br />
Товарищества «В. К. Феррейн» в Москве. Начало ХХ в.<br />
Titelblatt der Preisliste für Fotozubehör der Gesellschaft<br />
„W. K. Ferrein“ in Moskau. Anfang 20. Jh.<br />
322. Реклама московского акционерного общества<br />
«К. Эрманс и К°». Начало ХХ в.<br />
Reklame der Moskauer Aktiengesellschaft<br />
„K. Ehrmans & Co“. Anfang 20. Jh.
150 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Starosadskij-Pereulok, ermöglichte durch seine Geldspenden<br />
zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Neubau der<br />
lutherischen Peter-und-Pauls-Kirche. Deutsche traten als<br />
Kuratoren zahlreicher Wohltätigkeitsorganisation und<br />
Bildungsvereine der Moskauer Deutschen in Erscheinung.<br />
Dazu gehörte u. a. das Evangelische Hospital in<br />
Lefortowo.<br />
Während des Ersten Weltkrieges kam im Zusammenhang<br />
mit repressiven Maßnahmen auf der Grundlage<br />
der Liquidationsgesetze die unternehmerische Tätigkeit<br />
der Deutschen zum Erliegen. Nach Abschluss des Brester<br />
Friedens kehrten die meisten in die historische Heimat<br />
zurück. Angaben einer 1920 in der Stadt vorgenommenen<br />
Volkszählung zufolge lebten zu der Zeit insgesamt<br />
ca. 6 000 Deutsche in Moskau, fünf Mal weniger, als vor<br />
dem Krieg.<br />
Лидер одной из ведущих фирм – фон Вогау, состоявший<br />
членом лютеранской общины в Старосадском<br />
переулке, финансово обеспечил строительство<br />
в начале ХХ в. нового здания лютеранской церкви<br />
св. Петра и Павла. Предприниматели являлись попечителями<br />
многочисленных благотворительных и<br />
просветительских организаций московских немцев<br />
(Евангелического госпиталя в Лефортово и др.).<br />
В годы Первой мировой войны в связи с репрессивными<br />
мерами, вызванными ликвидационным законодательством,<br />
предпринимательская деятельность немцев<br />
была подорвана. После заключения Брестского мира<br />
основная их часть вернулась на историческую родину.<br />
По данным городской переписи (1920), в Москве<br />
проживали всего около 6 тыс. немцев, почти в 5 раз<br />
меньше, чем до войны.<br />
Abb.<br />
323–325<br />
Wolgagebiet<br />
Die Wolgaregion war schon immer eines der wichtigsten<br />
Zentren für deutsche Unternehmer und orientierte<br />
sich an der landwirtschaftlichen Produktion, die in der<br />
Region führend war. Ende des 19. Jahrhunderts machten<br />
die Nachfahren deutscher Kolonisten etwa zehn Prozent<br />
der städtischen Bevölkerung in der Region aus und waren<br />
hauptsächlich unternehmerisch tätig. Ein großer Teil<br />
der mittleren und Kleinunternehmen lebte auch in den<br />
ländlichen Siedlungen um Baronsk (heute Marx), Gouvernement<br />
Samara und in und nahe von Balzer (heute<br />
Krasnoarmejsk), Gouvernement Saratow, wo sie in der<br />
Landwirtschaft tätig waren, Roggen und Weizen anbauten<br />
oder Viehzucht betrieben. In der Kolonie Sarepta bei Zarizyn<br />
begannen Deutsche Ende des 18. und zu Beginn des<br />
19. Jahrhunderts mit der Herstellung von Senf und legten<br />
damit den Grundstein für die Senf- und Ölproduktion in<br />
Илл.<br />
323–325<br />
Abb. 326<br />
Abb.<br />
Илл. 326<br />
327, 328 Илл.<br />
327, 328<br />
Поволжье<br />
Поволжский регион представлял собой один из основных<br />
центров немецкого предпринимательства, ориентированного<br />
на развитие аграрного производства<br />
как ведущего в регионе. В конце XIX в. потомки немецких<br />
колонистов составляли около 10 % городского<br />
населения региона и занимались преимущественно<br />
предпринимательской деятельностью. Значительная<br />
часть мелких и средних предпринимателей проживала<br />
также в сельских поселениях Самарской губернии<br />
в районе Баронска (ныне Маркс) и Бальцера (ныне<br />
Красноармейск) Саратовской губернии, занимаясь<br />
сельскохозяйственным производством (выращивание<br />
ржи и пшеницы, животноводство и пр.). В колонии<br />
Сарепта, под Царицыном, немцы на рубеже<br />
XVIII–XIX вв. начали производство горчицы, заложив<br />
основы горчично-маслобойной промышленности<br />
323. Немецкая улица<br />
в Саратове. Почтовая<br />
карточка. Начало ХХ в.<br />
Deutsche Straße in<br />
Saratow. Postkarte.<br />
Anfang 20. Jh.<br />
323
324. Старый гостиный двор<br />
в Саратове. Почтовая карточка.<br />
Конец XIX в.<br />
Alte Verkaufshalle in Saratow.<br />
Postkarte. Ende 19. Jh.<br />
324<br />
325. Биржа в Саратове (1890).<br />
Почтовая карточка. Нач. ХХ в.<br />
Börse in Saratow (1890).<br />
Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />
325<br />
326. Хлебные амбары<br />
в Екатериненштадте.<br />
Фото. Начало ХХ в.<br />
Getreidespeicher<br />
in Katharinenstadt.<br />
Foto. Anfang 20. Jh.<br />
326
152 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 329<br />
Abb.<br />
330, 331<br />
Abb.<br />
332, 333<br />
Abb. 334<br />
Russland. Ihre Nachfahren wurden 1859 Hoflieferanten<br />
des russischen Imperators.<br />
Hier war auch in den 1770er und 1780er Jahren die<br />
Geburtsstunde der Sarpinka-Produktion, die auf den Erfahrungen<br />
der Kolonisten aufbaute. Sarepta war einer<br />
der ersten Orte in Russland, wo diese sehr gefragten,<br />
typischen Baumwollstoffe, Sarpinka, hergestellt wurden.<br />
In den deutschen Kolonien auf der Bergseite der Wolga<br />
und in Saratow war Heimarbeit weit verbreitet. Mit der<br />
Zeit wurde aus der für die Wintermonate typischen Saisonarbeit<br />
ein selbstständiger Industriezweig. Die in den<br />
1820er Jahren existierenden Manufakturen der Brüder<br />
Schechtel und der Brüder Schmidt trugen zur Entwicklung<br />
der Weberei in Heimarbeit in den Kolonien bei. 1845<br />
stellten die Kolonisten 760 000 Arschin Sarpinka, 95 %, in<br />
Heimarbeit her. Insgesamt waren 30 % der Familien daran<br />
beteiligt. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts spielten<br />
u. a. die Firmen Borell, Schmidt, Reinecke und Weber eine<br />
wichtige Rolle bei dieser Produktion. Einer der größten<br />
Produzenten Anfang des 20. Jahrhunderts war der aus<br />
einer Kolonistenfamilie stammende A. Bender, Inhaber des<br />
Geschäftshauses „A. Bender & Söhne“ in Saratow.<br />
An der mittleren und unteren Wolga dominierte die<br />
Mühlenindustrie, die das einheimische Korn verarbeitete.<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Saratow mit<br />
13 Mio. Pud Mehl pro Jahr das führende Zentrum der<br />
russischen Mühlenindustrie. Zu den führenden Firmen<br />
in diesem Industriezweig gehörten u. a. die der Saratower<br />
Unternehmer I. Seifert, K. Reinecke, E. Borell und der<br />
Brüder Schmidt sowie die Unternehmer F. Becker und<br />
P. Pennecker in Samara.<br />
Das Mehl wurde z. B. in der Makkaroni-Fabrik „Könitzer<br />
& Co“ in Samara weiterverarbeitet. Den Bedarf der<br />
Landwirtschaft und der Mühlenindustrie an Metallerzeugnissen<br />
deckten die Eisengießerei E. Beringers und der<br />
Илл. 329<br />
Илл.<br />
330, 331<br />
Илл.<br />
332, 333<br />
Илл. 334<br />
в России, а их наследники стали поставщиками российского<br />
императорского двора (1859).<br />
В той же колонии в 1770–1780 гг. зародилось сарпиноткацкое<br />
производство, навыками которого обладали<br />
колонисты. Сарепта стала одним из первых мест<br />
изготовления в России хлопчатобумажных тканей<br />
(сарпинки), находивших широкий сбыт. Очень скоро<br />
кустарное производство распространилось в немецких<br />
колониях нагорной стороны Волги и Саратове,<br />
со временем превратившись из сезонного занятия<br />
(в зимние месяцы) в самостоятельную отрасль промышленности.<br />
Существовавшие в 1820‐е гг. мануфактуры<br />
братьев Шехтель и братьев Шмидт лишь способствовали<br />
развитию домашнего ткачества в колониях.<br />
В 1845 г. колонистами Саратовской губернии было<br />
выткано на дому 760 тыс. аршин сарпинки (95 %),<br />
в этом участвовали около 30 % семей. В последней<br />
трети ХIХ в. главную роль в этом производстве играли<br />
фирмы Бореля, Шмидта, Рейнеке, Вебера и др. Одним<br />
из основных производителей в начале ХХ в. стал<br />
торговый дом выходца из колонистов А. Бендера –<br />
«А. Бендер и сыновья» (Саратов).<br />
В Среднем и Нижнем Поволжье доминировало мукомольное<br />
производство, основанное на переработке<br />
местного зерна. В начале ХХ в. по объему производства<br />
муки (до 13 млн пудов в год) Саратов стал<br />
ведущим центром российской мукомольной промышленности.<br />
Лидирующими фирмами отрасли являлись<br />
основанные саратовскими предпринимателями братьями<br />
Шмидт, И. Зейфертом, К. Рейнеке, Э. Борелем,<br />
в Самаре – Ф. Беккером и П. Пеннекером.<br />
Дальнейшей переработкой муки занималась макаронная<br />
фабрика «Кеницер и К°» в Самаре. Потребности<br />
сельского хозяйства и мукомольной отрасли в металлоизделиях<br />
удовлетворяли чугунолитейный завод<br />
327<br />
328 329
330 331<br />
332<br />
330, 331.<br />
Альбом сарпинок с образцами тканей торгового<br />
дома «Андрей Бендер и сыновья» в Голом<br />
Карамыше (Бальцер). Саратов, 1913<br />
Muster-Album mit Sarpinka-Stoffen<br />
des Handelhauses „Andrej Bender & Söhne“<br />
in Golyj Karamysch (Balzer). Saratow, 1913<br />
332. Большая мукомольная мельница<br />
братьев Шмидт в Саратове.<br />
Почтовая карточка. Около 1900<br />
Große Getreidemühle der Gebrüder<br />
Schmidt in Saratow. Postkarte. Ca. 1900<br />
333. Мучная пристань братьев Шмидт на Волге<br />
(Саратов). Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Mehl-Anlegestelle der Gebrüder Schmidt<br />
an der Wolga (Saratow). Postkarte.<br />
Anfang 20. Jh.<br />
327. Товарный знак производителя горчицы<br />
в Сарепте И. К. Глича. Середина XIX в.<br />
Firmenzeichen des Senfproduzenten<br />
J. K. Glitsch in Sarepta. Mitte 19. Jh.<br />
328. Сарептская горчица производства<br />
товарищества «Кёлер и К°»<br />
в Москве. Начало ХХ в. Из коллекции<br />
А. Айсфельда<br />
Sarepta-Senf, ein Produkt der Gesellschaft<br />
„Köhler & Co“ in Moskau. Anfang 20. Jh.<br />
Sammlung von A. Eisfeld<br />
329. Ткацкий стан из колонии Зельман<br />
(Новоузенский уезд Самарской губ.).<br />
Конец XIX в. Саратовский областной<br />
музей краеведения, Саратов<br />
Webstuhl aus der Kolonie Seelmann (Bezirk<br />
Nowousensk, Gouvernement Samara).<br />
Ende 19. Jh. Heimatkundemuseum des<br />
Gebiets Saratow, Saratow<br />
333
334<br />
335<br />
334. Мукомольная мельница колонии Зельман<br />
(Ровное Саратовской обл.). Фото. А. Айсфельд. 1990<br />
Getreidemühle der Kolonie Seelmann<br />
(Rownoje, Gebiet Saratow). Foto von A. Eisfeld. 1990<br />
335. Паровая мукомольная мельница Бореля в д. Константиновка<br />
(Шиллинг Саратовской обл.). Фото. 2010<br />
Dampfbetriebene Getreidemühle Borell im Dorf Konstantinowka<br />
(Schilling, Gebiet Saratow). Foto. 2010<br />
336. Мукомольная мельница Штолля в Энгельсе.<br />
Фото А. Айсфельда. 1992<br />
Getreidemühle Stoll in Engels. Foto von A. Eisfeld. 1992<br />
337. Паровая мукомольная мельница Гергардта<br />
в Волгограде (1903). Фото. 2010<br />
Dampfbetriebene Getreidemühle Gerhardt<br />
in Wolgograd (1903). Foto. 2010<br />
336<br />
337
Немцы в российской истории 155<br />
Metallbetrieb der Brüder Hantke in Saratow. Deutschen,<br />
vor allem deutschen Unternehmern, ist es zu verdanken,<br />
dass in den 1860er Jahren in der Region der Übergang<br />
von Handwerksbetrieben, in denen Pflüge und anderes<br />
landwirtschaftliches Geräte hergestellt wurden, zur industriellen<br />
Landmaschinenproduktion vollzogen werden<br />
konnte. Auch die Zahl der Betriebe der Baustoffindustrie,<br />
in denen u. a. Ziegel und Zement für den Bau von<br />
Großmühlen produziert wurden, wuchs weiter an.<br />
1909 stieg die Zahl der dampfbetriebenen Mühlen in<br />
den fünf Wolga-Gouvernements auf 480, wovon 145 im<br />
Besitz von Deutschen waren. Auch 32 der 62 Landmaschinenbetriebe<br />
gehörten Deutschen, was ein Beleg für<br />
die Geschäftstüchtigkeit deutscher Unternehmer in der<br />
Region ist.<br />
Abb.<br />
335–338<br />
Е. Беринга и металлический завод братьев Гантке<br />
в Саратове. В регионе благодаря усилиям немцев,<br />
в первую очередь предпринимателей, с 1860‐х гг. был<br />
осуществлен переход от ремесленных мастерских,<br />
производивших плуги и сельскохозяйственный инвентарь,<br />
к заводам земледельческих машин и орудий.<br />
Выросло и число заводов строительных материалов<br />
(кирпича, цемента и др.), снабжавших строившиеся<br />
мукомольные предприятия.<br />
К 1909 г. общее число паровых мельниц в пяти поволжских<br />
губерниях достигло 480, из них 145 принадлежало<br />
немцам; из 62 заводов земледельческих<br />
машин владельцами 32 значились также немцы, что<br />
свидетельствует о высокой деловой активности немецких<br />
предпринимателей региона.<br />
Илл.<br />
335–338<br />
Südrussland<br />
Юг России<br />
Unter den deutschen Unternehmern im Süden Russlands<br />
hoben sich die Bewohner der Schwarzmeerkolonien, vor<br />
allem die Mennoniten mit ihrer protestantisch geprägten<br />
Arbeitsethik, hervor. Der Hauptindustriezweig der Region,<br />
der sich, wie an der Wolga auch, an der Entwicklung des<br />
landwirtschaftlichen Sektors orientierte, war die Produktion<br />
von Landmaschinen und Mühlenausrüstungen.<br />
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die<br />
südlichen Gouvernements zu einem Zentrum des Landmaschinenbaus.<br />
Hier entstanden u. a. die großen Landmaschinenbaubetriebe<br />
„Lepp & Wallmann“ in Chortiza,<br />
Gouvernement Jekaterinoslaw oder die von J. Höhn in<br />
Odessa. Beide Firmen gingen aus Handwerksbetrieben von<br />
Kolonisten hervor. 1874 begann die Firma „Lepp & Wallmann“<br />
Getreidemähmaschinen mit Handablage herzustellen,<br />
womit sie den russischen Markt beherrschte.<br />
Die Firma Höhn fertigte ab 1881 einen verbesserten<br />
Abb. 339<br />
Среди немецких предпринимателей на юге России<br />
активностью отличались жители причерноморских<br />
колоний, в особенности меннониты с их протестантской<br />
трудовой этикой. Ведущей отраслью в регионе,<br />
ориентированном, как и Поволжье, на развитие аграрного<br />
сектора, являлось производство сельскохозяйственных<br />
машин и мельничного оборудования.<br />
Во второй половине XIX в. южные губернии превратились<br />
в центр сельскохозяйственного машиностроения.<br />
Здесь возникли крупные заводы земледельческих<br />
машин товарищества «Лепп и Вальманн» в Хортице<br />
Екатеринославской губернии, И. И. Гена в Одессе (оба<br />
предприятия выросли из колонистских ремесленных<br />
мастерских) и др. С 1874 г. фирма «Лепп и Вальманн»<br />
начала изготавливать жатки типа «лобогрейка»,<br />
прочно завоевав российский рынок, а предприятие<br />
Гена с 1881 г. выпускало усовершенствованный<br />
Илл. 339<br />
338. Паровая мельница<br />
братьев Сабельфельд<br />
в Екатериненштадте.<br />
Почтовая карточка.<br />
Около 1900<br />
Dampfbetriebene<br />
Mühle Sabelfeld in<br />
Katharinenstadt.<br />
Postkarte. Ca. 1900<br />
338
339<br />
340<br />
339. Счет завода «Лепп и Вальманн» (Хортица). 1885. Фрагмент.<br />
Государственный архив Одесской области, Одесса<br />
Rechnungsvordruck des Werks „Lepp & Wallmann“ (Chortitza).<br />
1885. Fragment. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />
340, 341.<br />
Реклама продукции завода И. Гена (Одесса). Начало ХХ в.<br />
Одесский историко‐краеведческий музей, Одесса<br />
Reklame für Erzeugnisse des Werks J. Höhn (Odessa).<br />
Anfang 20. Jh. Staatliches historisch‐heimatkundliches Museum<br />
des Gebiets Odessa, Odessa<br />
341
Немцы в российской истории 157<br />
sogenannten neurussischen Pflug. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
waren die Höhn-Werke mit 1 000 Arbeitern und<br />
einer Jahresproduktion von 120 000 Pflügen der größte<br />
Hersteller landwirtschaftlichen Geräts in Russland.<br />
Aus dem Mitte des 19. Jahrhunderts vom ältesten Odessaer<br />
Geschäftshaus „S. Fenderich & Co“ gegründeten<br />
mechanischen Betrieb, der ausschließlich landwirtschaftliches<br />
Gerät herstellte, entwickelte sich die Eisengießerei-Genossenschaft<br />
„Bellino-Fenderich“, die Schiffe und<br />
Straßenbahnwagen, Dampfmaschinen und Dampfkessel<br />
baute, aber auch unterschiedliches Gerät, darunter für<br />
die Landwirtschaft, sowie Erzeugnisse im Auftrag des<br />
Ingenieur-, Artillerie- und Seekriegsamtes, wie z. B. Minenlegegeräte<br />
für die Panzerschiffe der Schwarzmeer-<br />
Flotte, herstellte.<br />
In den 1880er und 1890er Jahren entstanden im Süden<br />
auch noch zahlreiche andere Landmaschinenbaubetriebe.<br />
Zu den größten gehörten die Fabriken von Jakob Niebuhr<br />
bei Melitopol, J. Fuchs in Bolschoj Tokmak, Kreis Berdjansk<br />
und die Firma „Witwe Matthias & Söhne“ in Berdjansk.<br />
Ende der 1880er Jahre überflügelten die Fabriken<br />
im Süden mit ihrem Produktionsvolumen die in diesem<br />
Zweig traditionell führende polnische und baltische Region<br />
dank einer im Süden Russlands neu geschaffenen<br />
metallurgischen Basis und durch den Bau von Eisenbahnstrecken<br />
in der Region. Ende des 19. Jahrhunderts lag der<br />
Anteil Südrusslands an Landmaschinenbaubetrieben des<br />
Russischen Reiches bei 54 %, wovon die Hälfte wiederum<br />
im Besitz deutscher Unternehmer war, obwohl der<br />
Bevölkerungsanteil der Deutschen in der Region nicht<br />
mehr als 3,5 % betrug.<br />
Auffällig war, dass Deutsche in fast allen Bereichen von<br />
Industrie und Handel tätig waren. In großer Zahl und<br />
sehr effektiv waren sie in der Verarbeitung landwirtschaftlicher<br />
Produkte, im Bauwesen, in der Erdölindustrie, im<br />
Abb.<br />
340, 341<br />
новороссийский плуг. В начале ХХ в. завод Гена<br />
(1 тыс. рабочих, 120 тыс. плугов в год) являлся<br />
крупнейшим производителем сельскохозяйственных<br />
орудий в России.<br />
Из основанного в середине XIX в. старейшим в Одессе<br />
торговым домом «С. Фендерих и К°» механического завода,<br />
выпускавшего исключительно сельскохозяйственные<br />
орудия, выросло товарищество чугуно литейного<br />
завода «Беллино-Фендерих», на котором строились<br />
суда и трамвайные вагоны, паровые машины и котлы,<br />
изготавливались различные механизмы, в том числе<br />
сельскохозяйственные, а также предметы «артиллерийского,<br />
морского и инженерного ведомства» (например,<br />
минные пушки для черноморских броненосцев).<br />
В 1880–1890‐е гг. на юге возникло множество иных<br />
предприятий сельскохозяйственного машиностроения.<br />
Ведущими среди них являлись фабрики Я. Нибура<br />
близ Мелитополя, Й. Фукса в селе Большой Токмак<br />
Бердянского уезда, фирма «Вдова Матиас и сыновья»<br />
в Бердянске и др. С конца 1880‐х гг. южные фабрики<br />
опережали по объему производства традиционных<br />
лидеров отрасли – польский и прибалтийский регионы<br />
– благодаря созданию новой металлургической<br />
базы на юге России и строительству в крае железных<br />
дорог. К концу XIX в. удельный вес фабрик на юге<br />
в общем производстве сельскохозяйственных машин<br />
в Российской империи достиг 54 %, причем почти<br />
половина объема производства приходилась на немецких<br />
предпринимателей, тогда как доля немцев<br />
в составе населения региона не превышала 3,5 %.<br />
Заметным событием в хозяйственной сфере стало появление<br />
немцев почти во всех отраслях промышленности<br />
и торговле. Особенно значительной и эффективной их<br />
деятельность отмечалась в сфере переработки сельскохозяйственного<br />
сырья, строительстве, нефтяной,<br />
Abb. 342 Илл. 342<br />
Abb.<br />
343, 344<br />
Abb. 345<br />
Илл.<br />
340, 341<br />
Илл.<br />
343, 344<br />
Илл. 345<br />
342. Реклама товарищества<br />
«Беллино-Фендерих»<br />
в Одессе. 1894<br />
Reklame der Gesellschaft<br />
„Bellino-Fenderich“<br />
in Odessa. 1894<br />
342
158 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
346, 347<br />
Abb.<br />
348–350<br />
Maschinenbau und im Bergbau vertreten. Die Unternehmen,<br />
Firmen und Aktiengesellschaften von Siemens, Prophet<br />
(Brauerei „Südbayern“), Fohrer, Thyssen, Janzen und<br />
Erlanker (deutsche Staatsbürger und Nachfahren von Kolonisten)<br />
betrieben im Kaukasus, am Don, am Kuban und<br />
am Schwarzen Meer eine rege Geschäftstätigkeit.<br />
Die größte städtische Niederlassung von Deutschen war<br />
Odessa, wo nach der Volkszählung von 1897 ca. 10 000 von<br />
403 000 Einwohnern Deutsch als Muttersprache nannten.<br />
Hauptwirtschaftszweig in der Stadt war der Getreideexport,<br />
wobei in den 1880er und 1890er Jahren die Firma<br />
„E. Maas & Co“ hier die führende Position einnahm. Auch<br />
in der Industrie spielten deutsche Unternehmer eine wichtige<br />
Rolle. Viele stammten von Kolonisten ab, die sich einst<br />
als Handwerker in der Stadt niedergelassen hatten. Aus<br />
Handwerksbetrieben entstanden z. B. 1856 die Lack- und<br />
Farbenfabriken von G. Stapelberg, 1845 die Landmaschinenfabrik<br />
von Ja. Höhn, die Fabrik für Gold- und Bijouteriewaren<br />
von G. Mühlbronner, 1824 die Hutfabrik von<br />
Ch. Witzenmann und 1823 die Klavierfabrik von K. Haas.<br />
In der Stadt entstanden weiterhin 1844 die mechanische Fabrik<br />
und Gießerei von K. Falk sowie 1854 die Seifensiederei<br />
und Kerzenzieherei des Kolonisten W. Sanzenbacher.<br />
In Odessa gründete E. Arps 1878 die erste Korkfabrik<br />
im Süden. Die Herstellung von Dachpappe in der Region<br />
konzentrierte sich ausschließlich auf Odessa. Produktionsstätten<br />
dazu richteten 1872 die deutschen Untertanen<br />
E. und W. Grützmacher ein. 1897 gründete G. Rederer<br />
die Südrussische Keltereigesellschaft und trat damit auf<br />
dem russischen Markt in Konkurrenz zu französischen<br />
Herstellern von Champagner. Die besten Brauereien in<br />
Südrussland gehörten Odessaer Deutschen. Der Jahresumsatz<br />
der Unternehmen von Sanzenbacher, „Kempe und<br />
Durian“ sowie Enny lag höher als die Umsätze sämtlicher<br />
Brauereien in der Region.<br />
Илл.<br />
346, 347<br />
Илл.<br />
348–350<br />
машиностроительной и горнодобывающей отраслях.<br />
Предприятия, фирмы, акционерные общества Сименсов,<br />
Профета («Южная Бавария»), Фореров, Тиссенов,<br />
Янценов, Эрланкера (германских подданных и выходцев<br />
из колонистов) и др. активно вели деятельность<br />
на Кавказе, Дону, Кубани, в Причерноморье.<br />
Крупнейшим городским центром поселения немцев<br />
являлась Одесса, где по переписи 1897 г. из 403 тыс. жителей<br />
около 10 тыс. указали немецкий язык в качестве<br />
родного. Основным видом экономической деятельности<br />
в городе являлся экспорт зерна – в 1880–1890‐е гг.<br />
ведущие позиции занимала фирма «Э. Маас и К°».<br />
Значительную роль немцы-предприниматели играли<br />
и в промышленности. Многие из них происходили<br />
из городских ремесленных колонистов. Из ремесленных<br />
мастерских выросли лакокрасочное предприятие<br />
Г. Штапельберга (1856), завод земледельческих машин<br />
Я. Гена (1845), фабрика золотых и бриллиантовых<br />
изделий Г. Мюльброннера, шляпная фабрика Х. Виценмана<br />
(1824), фортепьянная фабрика К. Гааза (1823).<br />
В городе работали механическое и литейное заведение<br />
механика К. Фалька (1844), мыловаренный и свечной<br />
завод колониста В. Санценбахера (1854).<br />
В Одессе открыл первый на юге пробочный завод<br />
Э. Арпс (1878). Производство кровельного толя в регионе<br />
было сосредоточено исключительно в Одессе.<br />
Его организовали германские подданные Э. и В. Грюцмахеры<br />
(1872). Г. Редерер в 1897 г. учредил Южнорусское<br />
общество виноделия, вступившее в конкуренцию<br />
на русском рынке с французскими производителями<br />
шампанского. Лучшие пивоваренные заводы в Новороссии<br />
принадлежали одесским немцам. Размеры годовых<br />
оборотов предприятий В. Санценбахера, «Кемпе<br />
и Дурьян», Энни превосходили годовые обороты всех<br />
пивоваренных заводов региона.<br />
343. Реклама чугунолитейного завода<br />
Г. Нейфельда (ст. Софиевка<br />
Екатеринославской губ.)<br />
Днепропетровский исторический<br />
музей им. Д. И. Яворницкого,<br />
Днепропетровск<br />
Reklame der Eisengießerei<br />
H. Neufeld (Bahnstation Sofijewka,<br />
Gouvernement Jekaterinoslaw).<br />
Dnepropetrowsker historisches<br />
D. I. Jawornitzkij-Museum,<br />
Dnjepropetrowsk<br />
343
344 345<br />
346<br />
344. Бланк для письма товарищества «Мартенс,<br />
Де‐Фер и Дик» (ст. Миллерово). Фрагмент. 1910<br />
Briefpapier der Gesellschaft „Martens, De‐Fer &<br />
Dyck“ (Bahnstation Millerowo). Fragment. 1910<br />
345. Реклама паровой мельницы „Ф. Олов и<br />
Л. Дурьян“ в Одессе. Фрагмент. Начало ХХ в.<br />
Reklame der dampfbetriebenen Mühle<br />
„F. Olof & L. Durian“ in Odessa.<br />
Fragment. Anfang 20. Jh.<br />
346. Одесский порт. С гравюры Ю. Берндта.<br />
1880-е гг. Одесский историкокраеведческий<br />
музей, Одесса<br />
Odessaer Hafen. Radierung von Jul. Berndt.<br />
1880er Jahre. Odessaer historisch-heimatkundliches<br />
Museum<br />
347<br />
347. Биржа в Одессе. Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Börse in Odessa. Postkarte. Anfang 20. Jh.
349<br />
348<br />
348. Реклама товарищества Одесского пивоваренного завода<br />
(бывш. Санценбахера). Начало ХХ в.<br />
Reklame der Gesellschaft Odessaer Brauerei<br />
(ehem. Sanzenbacher). Anfang 20. Jh.<br />
349. Пивная этикетка завода М. Кемпе в Одессе. Начало ХХ в.<br />
Etikette der Brauerei M. Kempe in Odessa. Anfang 20. Jh.<br />
350. Реклама пива завода Энни в Одессе. Начало ХХ в.<br />
Reklame der Brauerei Jenny in Odessa. Anfang 20. Jh.<br />
350<br />
352<br />
351. Печать Сибирского обер-бергамта (по эскизу В. де Геннина)<br />
периода 1724–1727 гг. Прорисовка В. Топоркова<br />
Siegel des Sibirischen Ober-Bergamtes (nach einem Entwurf von<br />
W. von Hennin) der Jahre 1724–1727. Zeichnung von V. Toporkow<br />
351<br />
352. Клеймо пушек Каменского завода (Урал). 1723<br />
Fabrikmarke auf Kanonen des Werkes Kamenskij (Ural). 1723
Немцы в российской истории 161<br />
Ural und Sibirien<br />
Deutsche hatten einen entscheidenden Anteil an der<br />
Entwicklung des Bergbaus im Ural und in Sibirien, da<br />
sie die Modernisierung der Wirtschaft vorantrieben. Im<br />
18. Jahrhundert arbeiteten hier Dutzende von Fachleuten<br />
aus Sachsen, Preußen und anderen deutschen Staaten,<br />
darunter auch der Vater der Ural-Werke, der Sachse Georg<br />
Wilhelm de Hennin. Diese Fachleute hatten Schlüsselpositionen<br />
in technischen Bereichen und in der Verwaltung<br />
inne und gründeten ganze Produktionszweige in den<br />
Staatsbetrieben des Sibirischen Oberbergamtes, das 1723<br />
in Jekaterinburg gegründet wurde und zu dem Betriebe<br />
zwischen Ural und Ostsibirien, u. a. in Tula, Sestrorezk<br />
und Perm, gehörten. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
waren nahezu 20 % aller Beamten und Ingenieure<br />
im Dienste des Bergamtes im Ural Deutsche. Sie verfügten<br />
über das notwendige Wissen und die Erfahrungen<br />
aus der westeuropäischen Metallurgie, dem Bergbau und<br />
der industriellen Produktion, die sie nun erfolgreich in<br />
den hiesigen Betrieben umsetzten. Namhafte Vertreter<br />
waren N. A. Jossa, R. G. von Mickwitz und A. K. von<br />
Vietinhoff.<br />
Eine große Kolonie qualifizierter Waffenschmiedemeister,<br />
die man aus Solingen geholt hatte, gab es zu Beginn des<br />
19. Jahrhunderts in einem Werk in Slatoust, in dem blanke<br />
Waffen hergestellte wurden. 1818 waren es 450 Personen.<br />
Mit Beginn des Vaterländischen Krieges 1812 arbeitete<br />
man in dem Werk mit hoher Intensität für die Verteidigung<br />
des Landes. Den Direktor, M. Kleiner, kann man<br />
als Organisator der Kriegsproduktion bezeichnen. In den<br />
Jahren 1812 bis 1814 lieferte das Werk an die russische<br />
Armee 398 Geschütze und Munition.<br />
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen sich<br />
im Ural neben den traditionellen Bergbaubetrieben neue<br />
Industrie- und Handelszweige zu entwickeln, wodurch<br />
Урал и Сибирь<br />
Abb. 351<br />
Abb.<br />
352, 353<br />
Немцы внесли значительный вклад и в развитие горнозаводского<br />
Урала и Сибири, оказав значительное<br />
воздействие на модернизационные процессы в экономике.<br />
Здесь в XVIII в. работали десятки горных<br />
специалистов из Саксонии, Пруссии и других германских<br />
государств, в том числе «творец уральских заводов»<br />
саксонец В. де Геннин. Они занимали ключевые<br />
технические и административные должности, став<br />
основателями целых отраслей производства на казенных<br />
заводах Сибирского обер-бергамта (с 1723 г.<br />
в Екатеринбурге), в который входили заводы от Приуралья<br />
до Восточной Сибири (Тула, Сестрорецк,<br />
Пермь и др.). В первой половине XIX в. немцы составляли<br />
почти 20 % всех чиновников и инженеров,<br />
состоявших на службе по горному ведомству на Урале.<br />
Они обладали необходимыми знаниями и опытом<br />
в области западноевропейской металлургии, горного<br />
дела, технологий промышленного производства, которые<br />
успешно внедряли на предприятиях (Н. А. Иосса,<br />
Р. Г. фон Миквиц, А. К. фон Фитингоф и др.).<br />
Крупная колония квалифицированных мастеров-оружейников,<br />
приглашенных из Золингена, сложилась<br />
в начале XIX в. на Златоустовском заводе, изготовлявшем<br />
холодное оружие (к 1818 г. – 450 чел.). В период<br />
Отечественной войны 1812 г. завод начал широкомасштабно<br />
работать на оборону страны, а его главного<br />
управляющего М. Клейнера можно считать организатором<br />
военного производства (в 1812–1814 гг.<br />
русская армия получила с завода 398 орудий и боеприпасы).<br />
Во второй половине XIX в. на Урале, кроме традиционной<br />
горнозаводской промышленности, стали<br />
развиваться новые отрасли производства и торговля,<br />
что привлекло сюда новых переселенцев из Германии<br />
Илл. 351<br />
Илл.<br />
352, 353<br />
353. Молотовой цех<br />
уральского завода.<br />
С рисунка И. Шлаттера.<br />
1760<br />
Schmiedemaschinenhalle<br />
eines Werkes im Ural.<br />
Nach einer Zeichnung<br />
von J. Schlatter. 1760<br />
353
162 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 354<br />
Abb.<br />
355–357<br />
Abb.<br />
358, 359<br />
neue Übersiedler aus Deutschland, aber auch Deutsche<br />
aus verschiedenen Regionen des Russischen Reiches angezogen<br />
wurden. Ein Teil von ihnen nahm eine Stelle als<br />
Arbeiter oder Angestellter in einem Betrieb oder einer<br />
Handelsfirma an, andere gingen in die Landwirtschaft oder<br />
machten sich selbstständig. Angaben der Volkszählung von<br />
1897 zufolge gab es in den drei Gouvernements des Urals<br />
(Orenburg, Perm und Ufa) 2 100 Selbstständige, davon 800<br />
in der Landwirtschaft. Die übrigen waren in verschiedenen<br />
Handwerksberufen tätig, u. a. in der Metall- und Holzbearbeitung,<br />
bei der Verarbeitung pflanzlicher und tierischer<br />
Produkte, in der Industrieproduktion und im Handel.<br />
In der industriellen Produktion lag der Schwerpunkt bei<br />
den Brauereien und Weinbrandbrennereien: T. Herbst in<br />
Ufa, E. Hoffmann in Orsk, E. F. Fielitz in Jekaterinburg,<br />
L. I. Schott im Bezirk Orenburg usw.<br />
Deutsche Unternehmer waren auch in West– und Ostsibirien,<br />
vor allem dort, wo es kompakte deutsche Kolonistensiedlungen<br />
gab, anzutreffen. Ihre Tätigkeit stand<br />
im Zusammenhang mit dem Bedarf des Landwirtschaftssektors<br />
an landwirtschaftlichem Gerät und am Absatz<br />
der landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Die Omsker Firmen<br />
„Elvorti“ und „Vetter und Hinkel“ trieben in Sibirien<br />
Handel mit landwirtschaftlichem Gerät. Anfang des<br />
20. Jahrhunderts entstand die deutsche Organisation der<br />
Butterunion Russlands, eine Vereinigung der sibirischen<br />
Butterhersteller, die den Butterexport nach Westeuropa<br />
in Gang brachte.<br />
Die größte deutsche Firma in Sibirien und Fernost war<br />
das Handelshaus „Kunst & Albers“, das 1864 gegründet<br />
wurde, als der aus Hamburg stammende Gustav Albers<br />
Lebensmittel und Baustoffe aus China nach Wladiwostok<br />
lieferte. In der Folgezeit war die Firma tatkräftig<br />
an der Entwicklung der neuen Stadt beteiligt, die 1872<br />
zum Kriegshafen erklärt wurde. Der Miteigentümer der<br />
Илл. 354<br />
Илл.<br />
355–357<br />
Илл.<br />
358, 359<br />
и немцев из различных регионов Российской империи.<br />
Часть из них устраивалась рабочими и служащими<br />
на заводы и в торговые фирмы, другие занимались<br />
земледелием или начинали собственное дело. По данным<br />
переписи 1897 г., в трех уральских губерниях<br />
(Оренбургская, Пермская, Уфимская) насчитывалось<br />
2,1 тыс. самостоятельных хозяев, в том числе 0,8 тыс.<br />
занимались земледелием. Занятием остальных были<br />
всевозможные ремесла, в том числе обработка металлов,<br />
дерева, растительных и животных продуктов,<br />
промышленное производство и торговля. Среди промышленных<br />
заведений преобладали пивоваренные и<br />
винокуренные заводы Т. Гербста в Уфе, Е. Гофмана<br />
в Орске, Э. Ф. Филитц в Екатеринбурге, Л. И. Шотта<br />
в Оренбургском уезде и др.<br />
Немецкие предприниматели действовали также<br />
в Западной и Восточной Сибири, особенно в местах<br />
компактного поселения немецких колонистов. Их деятельность<br />
была связана, прежде всего, с потребностями<br />
аграрного сектора в сельскохозяйственных<br />
орудиях и сбытом своей продукции. Омские фирмы<br />
«Эльворти», «Феттер и Гинкель» занимались торговлей<br />
сельскохозяйственным инвентарем на территории Сибири.<br />
В начале ХХ в. возникла Немецкая организация<br />
Маслосоюза России, объединившая производителей<br />
сибирского сливочного масла и наладившая его экспорт<br />
в страны Западной Европы.<br />
Крупнейшей немецкой фирмой в Сибирском и<br />
Дальне восточном регионах являлся торговый дом<br />
«Кунст и Альберс», основанный в 1864 г., когда выходец<br />
из Гамбурга Г. Альберс доставил из Китая<br />
во Владивосток продукты питания и строительные<br />
материалы. Впоследствии фирма содействовала развитию<br />
нового города, объявленного в 1872 г. военным<br />
портом. Совладелец фирмы А. Даттан в 1887 г. занял<br />
355<br />
354. Пивные этикетки немецких заводов в России. Рекламный плакат.<br />
Типография Г. Мейера. Либава. Начало ХХ в.<br />
Etiketten deutscher Brauereien in Russland. Werbeplakat. Typographie<br />
G. Mayer. Libau, Anfang 20. Jh.<br />
354<br />
355. Реклама пивоваренного завода Ф. Ф. Доренберга в Иркутске. 1911<br />
Werbung der Bierbrauerei F. F. Dorenberg in Irkutsk. 1911
357<br />
356<br />
356. Акция Тихоокеанского китобойного и<br />
рыбопромышленного акционерного общества<br />
графа Г. Кейзерлинга и К° (С.-Петербург). 1902<br />
Aktie der Gesellschaft für Walfang- und Fischerei<br />
im Stillen Ozean „Graf Keyserling & Co“<br />
(St. Petersburg). 1902<br />
357. Торговые ряды в Благовещенске.<br />
Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Handelsreihen in Blagoweschtschensk.<br />
Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />
358. Здания торгового дома «Кунст и Альберс»<br />
во Владивостоке. Почтовая карточка. 1910-е гг.<br />
Gebäude des Handelshauses „Kunst & Albers“<br />
in Wladiwostok. Postkarte. 1910er Jahre<br />
358<br />
359<br />
359. Магазин торгового дома «Кунст и Альберс» в Хабаровске. Фото. 2011<br />
Geschäft des Handelshauses „Kunst & Albers“ in Chabarowsk. Foto. 2011<br />
360<br />
360. Бона 50 коп. торгового дома «Кунст и Альберс» в Благовещенске. 1918<br />
50 Kopeken-Gutschein des Handelshauses „Kunst & Albers“ (Blagoweschstchensk). 1918
164 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Firma, A. Dattan, wurde 1887 Deutscher Konsul in<br />
Wladiwostok.<br />
Ab 1880 begann die Firma im Auftrag der russischen<br />
Regierung durch den Import von Waren aus San Francisco<br />
die Marinestützpunkte mit Proviant zu beliefern.<br />
Das Handelshaus lieferte auch Baumaterial für die Seefestung<br />
in Wladiwostok, später auch nach Port Arthur.<br />
Hierher wurde auch Öl aus Batumi, Rohrleitungen der<br />
Firma Mannesmann für die Verlegung von Wasserleitungen<br />
u. a. geliefert. Die Firma ließ in Wladiwostok auch<br />
mehrere Gebäude errichten, darunter die Zentrale der<br />
Handelsvertretung. Mit der Eröffnung der Transsibirischen<br />
Eisenbahn errichtete die Firma entlang der Strecke eigene<br />
Niederlassungen und begann auch im europäischen<br />
Teil Russlands aktiv zu werden. Während des Russisch-<br />
Japanischen Krieges (1904/05) hatte sie allerdings schwere<br />
Verluste zu verzeichnen, der Umfang der Handelstätigkeit<br />
wurde geringer. Im Ersten Weltkrieg wurde das Eigentum<br />
des Handelshauses „Kunst & Albers“, dessen Eigentümer<br />
ja deutsche Staatsangehörige waren, konfisziert und die<br />
Tätigkeit des Unternehmens in Russland eingestellt.<br />
Die Geschichte der Geschäftstätigkeit von Deutschen auf<br />
dem russischen Markt im 19. Jahrhundert und zu Beginn<br />
des 20. Jahrhunderts zeigt, dass zur wirtschaftlichen<br />
Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland<br />
sowohl der gegenseitige Warenaustausch und Kapitalinvestitionen,<br />
als auch der Austausch von Unternehmern,<br />
also der „Export von menschlichem Kapital“, gehörten.<br />
Die Russlanddeutschen trugen zur Modernisierung des<br />
Landes, in dem sie nun lebten und das vielen eine zweite<br />
Heimat geworden war, bei. Der hohe Stand der Technologie<br />
machte zusammen mit der recht großen deutschen<br />
Diaspora die Besonderheit des deutschen Unternehmertums<br />
im vorrevolutionären Russland aus.<br />
Im Ersten Weltkrieg unterlag die Wirtschaftstätigkeit deutscher<br />
Staatsangehöriger einer scharfen staatlichen Kontrolle.<br />
Die repressiven Maßnahmen erstreckten sich auch auf<br />
russische Bürger, wenn sie „deutscher Herkunft“ waren.<br />
Nach der Oktoberrevolution wurde im Zusammenhang<br />
mit der Nationalisierung von Banken und Industrie nicht<br />
nur die privatwirtschaftliche Tätigkeit von Deutschen,<br />
sondern auch von Angehörigen aller anderen Nationalitäten<br />
gewaltsam unterbunden. Nach Abschluss des Brester<br />
Friedens im Jahre 1918 kehrten viele deutsche Unternehmer<br />
mit ihren Familien nach Deutschland zurück.<br />
Abb. 360 Илл. 360<br />
официальный пост германского консула во Владивостоке.<br />
С 1880 г. фирма получила заказ российского правительства<br />
на снабжение провиантом береговых баз<br />
флота с доставкой товаров из Сан-Франциско. Торговый<br />
дом участвовал в снабжении строительными<br />
материалами морской крепости во Владивостоке и<br />
позднее в Порт-Артуре. Сюда доставлялись керосин<br />
из Батуми, трубы фирмы Маннесманн для строительства<br />
водопровода и др. Во Владивостоке фирмой построено<br />
несколько зданий, в том числе главное торговое<br />
представительство. С открытием Транссибирской<br />
железной дороги фирма создала вдоль линии свои<br />
филиалы, начала операции и в Европейской России.<br />
Однако в годы русско-японской войны 1904–1905 гг.<br />
ею были понесены значительные убытки, и масштабы<br />
ее деятельности сократились. В годы Первой мировой<br />
войны имущество торгового дома «Кунст и Альберс»,<br />
совладельцы которого являлись германскими подданными,<br />
было конфисковано и его деятельность<br />
в России прекратилась.<br />
История деловой активности немцев на российском<br />
рынке в XIX – начале ХХ в. свидетельствует, что нормой<br />
экономического взаимодействия между Россией<br />
и Германией всегда служили как внешнеторговый<br />
обмен и инвестирование капиталов, так и циркуляция<br />
предпринимателей, «экспорт человеческого капитала».<br />
Российские немцы содействовали экономической<br />
модернизации новой страны обитания, которая для<br />
многих становилась второй родиной. Высокая технологичность<br />
деятельности при наличии значительной<br />
немецкой диаспоры составляет отличительную особенность<br />
немецкого предпринимательства в дореволюционной<br />
России.<br />
В годы Первой мировой войны экономическая деятельность<br />
германских подданных была поставлена<br />
под жесткий контроль государства. Репрессивные<br />
меры коснулись и российских граждан из числа<br />
«германских выходцев». После Октябрьской революции<br />
с национализацией банков и промышленности<br />
частнопредпринимательская деятельность немцев, как<br />
и представителей других национальностей, была насильственно<br />
свернута. После заключения Брестского<br />
мира 1918 г. значительная часть немецких предпринимателей<br />
с семьями возвратились в Германию.
Немцы в российской истории 165<br />
Der deutsche Faktor<br />
in der russischen Architektur<br />
Немецкий фактор<br />
в архитектуре России<br />
H. Heidebrecht (Stuttgart) Г. Гейдебрехт (Штутгарт)<br />
Im Mittelalter war der Norden Russlands das Fenster,<br />
durch das kulturelle Einflüsse des Westens nach Russland<br />
gelangen konnten. Die Hansestadt Nowgorod,<br />
später auch Pskow, Smolensk und Kiew, die das deutsche<br />
Stadtrecht hatten, begannen ab dem 12. Jahrhundert<br />
sowohl Kaufleute als auch Baumeister anzuziehen. In<br />
Wladimir und Susdal erinnern heute noch romanische<br />
Stufenportale und gotische Spitzbogen in alten Kirchen<br />
an fremdländische „Einmischungen“ in die frühe russisch-byzantinische<br />
Architektur. In der ersten Hälfte des<br />
17. Jahrhunderts, als in Europa der Dreißigjährige Krieg<br />
tobte, führte der Zustrom ausländischer Meister, vor allem<br />
aus deutschen Ländern, zur Entwicklung eines neuen<br />
Baustils in Russland. Die Moskauer Architektur wurde<br />
freier, ihre Proportionen waren jetzt eher gedrungen, die<br />
Dekorationen ausgeprägter und die Farben kräftiger. Der<br />
von Historikern später als besonders starker Ausdruck des<br />
russischen Geistes empfundene Stil war aber nichts anderes,<br />
als eine Spätphase der deutschen Renaissance.<br />
Als Peter I. den Thron bestieg, kamen Fachleute in großer<br />
Zahl aus Europa. Der erste ausländische Baumeister, der<br />
der Einladung Peters nach Russland folgte, war der junge<br />
Dresdner Steinmetz Christoph Conrad, der 1700 mit<br />
dem Bau des Arsenals, dem sogenannten Zeughaus, im<br />
Moskauer Kreml beauftragt wurde. Zu den Pflichten des<br />
sächsischen Baumeisters gehörte auch die Unterweisung<br />
russischer Steinmetze in der kunstvollen Steinbearbeitung<br />
„nach deutscher Art“.<br />
Jedoch konnte die Symbiose aus der Bebauung im alten<br />
Moskauer Stil und einzelnen architektonischen Neuerungen<br />
den Reformzaren nicht zufrieden stellen. 1703 wurde<br />
daher auf dem Territorium des ehemaligen schwedischen<br />
Ingermanlands der Grundstein für eine neue russische<br />
Hauptstadt gelegt, zu deren Aufbau keine russischen<br />
Baumeister mehr zugelassen wurden. Auch Conrad reiste<br />
nach St. Petersburg und baute dort zusammen mit dem<br />
Abb.<br />
361, 362<br />
Abb. 363<br />
Abb. 364<br />
Abb. 365<br />
В<br />
средневековье окном для проникновения культурных<br />
ценностей Запада служил Русский<br />
Север. Начиная с XII в. ганзейский Новгород,<br />
а позже Псков, Смоленск и Киев, наделенные немецким<br />
городским правом, притягивали к себе как торговый<br />
люд, так и строительных умельцев. В древних<br />
церквях Владимира и Суздаля ступенчатые романские<br />
порталы, как и остроконечные готические арки, и поныне<br />
напоминают о чужеземных, «вмешательствах»,<br />
в раннее русско-византийское зодчество. В первой<br />
половине XVII в., в разгар разрушительной Тридцатилетней<br />
войны в Европе, приток иностранных<br />
мастеров, особенно из германских земель, приводит<br />
к созданию в России нового стиля. Московская архитектура<br />
становится более свободной, ее пропорции<br />
приземистее, декорации весомее, краски гуще. Воспринятое<br />
поздними историками как особенно яркое<br />
выражение русского духа, это направление представляло<br />
собой не что иное, как позднюю фазу немецкого<br />
ренессанса.<br />
С приходом к власти Петра I приток специалистов<br />
из Европы приобретает массовый характер. Первый<br />
иностранный зодчий, последовавший в Россию по приглашению<br />
Петра, – молодой каменных дел мастер<br />
из Дрездена Кристоф Конрад, которому в 1700 г. было<br />
поручено строительство кремлевского арсенала («цейхгауза»)<br />
в Москве. В обязанности саксонского зодчего<br />
вменялось также обучение русских каменщиков декоративной<br />
каменной работе по «немецкому манеру».<br />
Однако симбиоз старомосковской застройки с отдельными<br />
новшествами архитектуры не мог удовлетворить<br />
царя-реформатора. В 1703 г. на территории бывшей<br />
шведской Ингерманландии закладывается новая российская<br />
столица, к строительству которой русские зодчие<br />
уже не допускались. В Санкт-Петербург переезжает и<br />
К. Конрад и строит там вместе с итальянцем Доменико<br />
Илл.<br />
361, 362<br />
Илл. 363<br />
Илл. 364<br />
Илл. 365
361 362<br />
361, 362.<br />
Церковь Бориса и Глеба в Кидекше (Владимирская обл.) с элементами романского стиля (поребрик и «ломбардская арка»). 1152. Фото. 2010<br />
Boris- und Glebkirche in Kidekscha (Gebiet Wladimir) mit Elementen des romanischen Stils (Curb und Blendbogenfries). 1152. Foto. 2010<br />
363. Теремной дворец в Московском Кремле (1635–1636),<br />
один из характерных примеров немецкого ренессанса.<br />
С рисунка Дж. Кваренги. 1797. Государственный<br />
Эрмитаж, С.‐Петербург<br />
Terem-Palast im Moskauer Kreml (1635–1636) – ein<br />
typisches Beispiel der deutschen Renaissance. Nach einer<br />
Zeichnung von G. Quarenghi. 1797. Staatliche Eremitage,<br />
St. Petersburg<br />
363<br />
364. Арсенал Московского Кремля на 1736 г.<br />
Реконструкция К. Лопяло. 1957<br />
Arsenal im Moskauer Kreml um 1736.<br />
Rekonstruktion von K. Lopjalo. 1957<br />
364
Немцы в российской истории 167<br />
Italiener Domenico Trezzini das orthodoxe Alexander-<br />
Newski-Kloster. Ihr Nachfolger beim Bau des Klosters<br />
wurde dann der Architekt Theodor Schwertfeger aus dem<br />
„Preußenland“, der schon ab 1713 am Bau der Paläste für<br />
A. D. Menschikow in St. Petersburg, Kronstadt, Oranienbaum<br />
und Ischora mitgewirkt hatte.<br />
Eines der ersten bedeutenden und bis heute erhalten<br />
gebliebenen Gebäude in St. Petersburg war das Menschikow-Palais,<br />
wenn sein Äußeres sich auch verändert<br />
hat. Mit dem Bau des Palastes begann der Italiener Giovanni<br />
Fontana, der deutsche Architekt Gottfried Schädel<br />
aus Wandsbek bei Hamburg führte ihn fort. Nach der<br />
Fertigstellung dieses Palastes leitete er parallel den Bau<br />
der Paläste in Kronstadt und Oranienbaum. Der große<br />
Palast in Oranienbaum, heute Lomonossow, war der<br />
erste Prestigebau in der Umgebung St. Petersburgs. Aber<br />
besonders produktiv war Schädels Schaffen in Kiew. Hier<br />
baute er 1735 das Gebäude der Geistlichen Akademie<br />
um und errichtete anschließend die Glockentürme des<br />
Kiewer Höhlenklosters und der Sophienkathedrale. Nach<br />
seinen Zeichnungen wurden einige Gebäude in der Kiewer<br />
Petscherskaja-Festung errichtet und mehrere Kiewer<br />
Kirchen im neuen Barockstil umgebaut.<br />
Gleichzeitig mit Schädel kam auch der bedeutendste<br />
Berliner Bildhauer und Architekt Andreas Schlüter nach<br />
Russland. Obwohl der preußische Architekt in Russland<br />
nur noch ein Jahr zu leben hatte, gelang ihm in dieser<br />
kurzen Zeit erstaunlich viel. Der hochbezahlte Oberbaudirektor<br />
lebte im Sommerpalais des Zaren und trug für<br />
den Aufbau der russischen Hauptstadt die Gesamtverantwortung.<br />
In kurzer Zeit sollte er die Kompositionen für<br />
die wichtigsten Objekte der Stadt entwerfen. Eben diese<br />
Skizzen und Zeichnungen Schlüters waren das entscheidenden<br />
Glied bei der Entwicklung des Stils, den man<br />
später Petersburger Barock nannte.<br />
Abb. 366<br />
Abb. 367<br />
Abb. 368<br />
Abb.<br />
369, 370<br />
Abb. 371<br />
Abb. 372<br />
Abb. 373<br />
Трезини Александро-Невский православный монастырь.<br />
В качестве их преемника руководство постройкой лавры<br />
взял на себя архитектор «прусской земли» Теодор<br />
Швертфегер, который уже с 1713 г. был задействован<br />
на строительстве дворцов для А. Д. Меншикова в Петербурге,<br />
Кронштадте, Ораниенбауме и Ижоре.<br />
Одним из первых значительных сооружений Санкт-<br />
Петербурга стал Меншиковский дворец – сейчас одна<br />
из немногих сохранившихся, хоть и изменивших свою<br />
внешность, построек. Строить дворец начал итальянец<br />
Джованни Фонтана, продолжил немецкий архитектор<br />
Готфрид Шедель, родом из Вандсбека, близ Гамбурга.<br />
После окончания постройки он одновременно руководит<br />
строительством дворцов в Кронштадте и Ораниенбауме.<br />
Большой дворец в Ораниенбауме (Ломоносове)<br />
явился первым престижным строением в окрестностях<br />
Петербурга. Но особенно продуктивным было<br />
творчество Шеделя в Киеве. Здесь он перестраивает<br />
здание Духовной академии (1735), затем сооружает<br />
колокольни Киево-Печерской лавры и Софийвского<br />
собора. По его чертежам возведены различные постройки<br />
в Печерской крепости, перестроены в новом<br />
барочном стиле ряд киевских церквей.<br />
Одновременно с Шеделем отправляется в Россию крупнейший<br />
берлинский скульптор и архитектор Андреас<br />
Шлютер. Несмотря на то что жить прусскому архитектору<br />
в России оставалось всего год, сделать за этот короткий<br />
срок он успел поразительно много. Высоко оплачиваемый<br />
обер-баудиректор (главный строительный директор),<br />
живший в Летнем дворце царя, нес ответственность<br />
за все строительство русской столицы и должен был<br />
в сжатые сроки разрабатывать композиции важнейших<br />
объектов города. Именно эскизы и чертежи Шлютера<br />
явились определяющим звеном в формировании стиля,<br />
названного позже «Петровское барокко».<br />
Илл. 366<br />
Илл. 367<br />
Илл. 368<br />
Илл.<br />
369, 370<br />
Илл. 371<br />
Илл. 372<br />
Илл. 373<br />
365. Петр Великий.<br />
Основание Санкт‐Петербурга.<br />
А. Г. Венецианов. 1838.<br />
Государственная Третьяковская<br />
галерея, Москва<br />
Peter der Grosse.<br />
Grundsteinlegung<br />
von St. Petersburg.<br />
A. G. Wenezianow. 1838.<br />
Staatliche Tretjakow-Galerie,<br />
Moskau<br />
365
366<br />
366. Вид Александро-Невского монастыря (С.-Петербург).<br />
С рисунка М. Махаева. 1747. Фото. 1911<br />
Ansicht des Aleksandr-Newskij-Klosters (St. Petersburg).<br />
Nach einer Zeichnung von M. Machajew.<br />
1747. Foto. 1911<br />
367 368<br />
369
370<br />
367. Троицкий собор Александро-Невской лавры (архитектор Т. Швертфегер).<br />
Деревянная проектная модель. Резчик К. Ган по указаниям Т. Швертфегера. 1720-е гг.<br />
Научно-исследовательский музей Российской академии художеств. Фото. 2011<br />
Dreifaltigkeitskirche des Aleksandr-Newskij-Klosters (Arch. T. Schwertfeger). Holzmodell.<br />
Schnitzer K. Hahn nach Anleitung von T. Schwertfeger. 1720er Jahre. Wissenschaftliches<br />
Forschungsmuseum der Russischen Kunstakademie. Foto. 2011<br />
368. Меншиковский дворец на Васильевском острове в Санкт‐Петербурге.<br />
С гравюры А. Ростовцева. 1716<br />
Menschikow-Palast auf der Wasiljewskij-Insel in St. Petersburg.<br />
Nach einer Radierung von A. Rostowzew. 1716<br />
369. Большой дворец в Ораниенбауме. С офорта Ф.-Д. Нее по рисунку М. Махаева.<br />
Фрагмент. Париж, 1783<br />
Großer Palast in Oranienbaum. Radierung von F.-D. Nee nach einer Zeichnung<br />
von M. Machajew. Fragment. Paris, 1783<br />
370. Большой дворец в Ораниенбауме.<br />
Фото. 2010<br />
Großer Palast in Oranienbaum.<br />
Foto. 2010<br />
371. Большая колокольня Киево-Печерской<br />
лавры (Киев). Почтовая карточка.<br />
Конец XIX в.<br />
Großer Glockenturm<br />
des Kiewer Hölenkloster (Kiew).<br />
Postkarte. Ende 19. Jh.<br />
372. Архитектор А. Шлютер (1660–1714).<br />
Барельеф на колонне в здании ратуши<br />
г. Гамбург. Около 1890.<br />
Фото. 2011<br />
Architekt A. Schlüter (1660–1714).<br />
Flachrelief an einer Säule im Rathaus<br />
von Hamburg. Um 1890. Foto. 2011<br />
372<br />
371
373<br />
374<br />
375
Немцы в российской истории 171<br />
Johann Friedrich Braunstein, ein Schüler Schlüters, war<br />
der erste Baumeister Peterhofs. Er entwarf den Generalplan<br />
für die Schloss- und Parkanlage. Der gebürtige<br />
Nürnberger Braunstein kam 1714 auf Einladung seines<br />
ehemaligen Lehrers von Berlin nach St. Petersburg und<br />
widmet sich ganz dem Bau des Lustschlosses Monplaisier,<br />
dem ersten fertiggestellten Objekt der zukünftigen<br />
Anlage. Der Kern des Ensembles, der Palast und die<br />
Große Kaskade mit ihren zahlreichen Springbrunnen<br />
und Skulpturen, wurde hauptsächlich unter der Leitung<br />
Braunsteins errichtet.<br />
In der Regierungszeit Anna Iwanownas begann Johann<br />
Friedrich Blank, sächsischer Bergmannssohn, Schüler<br />
und Nachfolger der ersten Petersburger Baumeister Georg<br />
Johann Mattarnovi, Nicolaus Harbel und Steven van<br />
Zwieten, als Architekt zu wirken. 1742 wurde Blank zum<br />
Stadtarchitekten Moskaus ernannt, um den Bau der Stadt<br />
zu leiten. Blank und seine Mannschaft waren vor allem<br />
bestrebt, die Gebäude aus der Tiefe des Grundstücks<br />
nach vorn, an die rote Linie der Straße zu bringen und<br />
die Stadtbebauung zu strukturieren.<br />
In Moskau gab es zu jener Zeit mit Peter Friedrich<br />
Heiden einen weiteren bekannten deutschen Architekten.<br />
1732, ein Jahr nach der Entlassung Conrads, der<br />
zuvor als bedeutendster und sogar einziger Architekt<br />
in Moskau galt, trat Heiden in russische Dienste. Er<br />
löste G. Schädel, der nach Kiew ging, beim Bau des<br />
Annenhofes im Kreml ab und leitete zwei Jahre lang<br />
den Bau der Hofintendanz, von wo aus der Zarenhof<br />
versorgt wurde. Das wichtigste Werk Heidens war der<br />
neue Münzhof in Moskau, der als Fortsetzung der alten<br />
Gebäude entlang der Hauptzufahrt zum Roten Platz<br />
errichtet wurde.<br />
Einer der bekanntesten Schüler Blanks war Alexander<br />
Wüst, Nachfolger Trezzinis als Architekt der Hauptkanzlei<br />
Abb.<br />
374–376<br />
Abb. 377<br />
Ученик Шлютера – Иоганн Фридрих Браунштейн был<br />
первым строительным мастером Петергофа. Он разработал<br />
генеральный план дворцово-паркового комплекса.<br />
Родом из Нюрнберга, Браунштейн прибывает<br />
в 1714 г. из Берлина в Петербург по приглашению<br />
своего бывшего учителя и целиком посвящает себя<br />
строительству дворца Монплезир – первой реализации<br />
будущего комплекса. Ядро этого ансамбля – Большой<br />
дворец, как и Большой каскад с бесчисленными фонтанами<br />
и скульптурами, было сооружено в основном<br />
под руководством Браунштейна.<br />
Во времена правления Анны Иоанновны начал свою<br />
архитектурную практику сын саксонского горняка<br />
Иоганн Фридрих Бланк – ученик и преемник первых<br />
петербургских зодчих Маттарнови, Гербеля и<br />
ван Звитена. В 1742 г. Бланк был назначен городским<br />
архитектором Москвы, «ведая строительством города».<br />
Главным стремлением архитектурной команды<br />
Бланка было вынесение зданий из глубины участка<br />
на красную линию улицы и достижение структурности<br />
в градо строительной компоновке города.<br />
В Москве этого периода известен еще один немецкий<br />
архитектор – Петр Гейден. В 1732 г., через год после<br />
увольнения К. Конрада, являвшегося, как ранее считалось,<br />
«главным и даже единственным архитектором<br />
в Москве», Гейден поступает на русскую службу. Сменив<br />
выехавшего в Киев Г. Шеделя при строительстве Кремлевского<br />
Анненгофа, он в течение двух лет руководил<br />
Гофинтендантской – обслуживающей хозяйственные<br />
нужды царского двора – конторой. Важнейшей постройкой<br />
Гейдена в Москве был новый Монетный двор,<br />
реализованный им как продолжение старых корпусов<br />
на главной подъездной оси к Красной площади.<br />
Одним из наиболее известных учеников И. Бланка был<br />
Александр Вист, сменивший Д. Трезини в должности<br />
Илл.<br />
374–376<br />
Илл. 377<br />
373. Кунсткамера (1718–1734).<br />
Ее первоначальные чертежи разработал<br />
А. Шлютер. Фото. 2010<br />
Kunstkammer (1718–1734).<br />
Die ersten Zeichnungen hat A. Schlüter<br />
gefertigt. Foto. 2010<br />
374. Панорама Большого дворца и каскада<br />
в Петергофе. С офорта П. Артемьева<br />
и Н. Челнаков по рисунку М. Махаева. 1761<br />
Panorama des Großen Palastes und der Kaskaden<br />
in Peterhof. Radierung von P. Artemjew<br />
und N. Tschelnakow nach einer Zeichnung<br />
von M. Machajew. 1761<br />
375. Дворец Марли в Петергофе (архитектор<br />
Браунштейн, 1721–1723). Фото. 2010<br />
Marli-Palast in Peterhof (Arch. Braunstein,<br />
1721–1723). Foto. 2010<br />
376<br />
376. Кухня дворца Монплезир в Петергофе (архитектор Браунштейн,<br />
1716–1723). Открытка. Фото В. Брязгина. 1981<br />
Küche im Palast Monplaisir in Peterhof (Arch. Braunstein, 1716–1723).<br />
Postkarte. Foto von W. Brjazgin. 1981
378<br />
377. Палаты бывшего Монетного двора в Москве (1732–1740).<br />
Фото Г. Гейдебрехта<br />
Palast der ehemaligen Moskauer Münze (1732–1740).<br />
Foto von H. Heidebrecht<br />
378. Ботный домик в Санкт-Петербурге. Фото. 2011<br />
Bootshäuschen in St. Petersburg. Foto. 2011<br />
377<br />
379. Воспитательный дом в Москве.<br />
С гравюры Ф. Алексеева. 1800-е гг.<br />
Erziehungsanstalt in Moskau.<br />
Radierung von F. Alekseew. 1800er Jahre<br />
379<br />
380. Бывший Воспитательный дом в Москве. Фото. 2010<br />
Ehemalige Erziehungsanstalt in Moskau. Foto. 2010<br />
380
Немцы в российской истории 173<br />
für die Petersburger Polizei. Gut erhalten ist das von<br />
Wüst gebaute Bootshaus, ein barocker Pavillon für das<br />
Boot Peters I. in der Peter-und-Pauls-Festung. Auf der<br />
Wassiljewski-Insel errichtete Wüst die mit fünf Kuppeln<br />
versehene Andreas-Kathedrale und 1779 zusammen<br />
mit Gottlieb Paulsen die Festungskathedrale in<br />
Schlüsselburg.<br />
1748 verlieh das Kontor des Moskauer Senats dem Schüler<br />
des Architekten J. Blank, seinem Sohn Karl, den Titel eines<br />
Baumeistergesellen. In den nachfolgenden Jahren baute<br />
Blank d. J. in Moskau einige orthodoxe Kirchen in der<br />
traditionellen Form „Achteck auf Viereck“, bei der sich ein<br />
achtkantiger Korpus über dem rechteckigen Fundament<br />
erhebt, geschmückt von einer byzantinischen Kuppel. Die<br />
bemerkenswertesten davon sind die St.-Katharinenkirche<br />
in der Ordynka und die St.-Kyrill-und-Johann-Kirche in<br />
der Soljanka. 1764 wurde Karl Blank zum Chefarchitekten<br />
der Synode ernannt. Er war jetzt allein für die Planung<br />
der wichtigsten Sakralbauten in Moskau zuständig, und<br />
der Blanksche Typ der Kirchenbauten ist seitdem aus<br />
dem Moskauer Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Von<br />
Blanks profanen Bauten wären die Gebäude im „Moskauer<br />
Versailles“, darunter das Landgut von Scheremetjew in<br />
Kuskowo oder das Waisenhaus am Ufer der Moskwa zu<br />
erwähnen. Letztgenannte Einrichtung, die 8 000 Moskauer<br />
Waisen Obdach bot, setzte durch ihre Monumentalität<br />
und die von der Stadt abgeschiedene Lage nicht nur für<br />
den Städtebau, sondern auch für den sozialen Bereich<br />
neue Maßstäbe.<br />
Von 1762 bis 1796, in der Regierungszeit Katharinas II.,<br />
gab es in Russland die Kommission für Steinbau in St. Petersburg<br />
und Moskau, deren Tätigkeit sich mit der Zeit<br />
auch auf andere Städte des Landes erstreckte. In dieser<br />
Zeit entwarf die Kommission über 400 Generalpläne für<br />
die Bebauung russischer Städte. Eine solch umfangreiche<br />
Arbeit suchte zu jener Zeit sowohl in der städtebaulichen<br />
Praxis Russlands, als auch im europäischen Vergleich<br />
Ihresgleichen. In den letzten 22 Jahren ihres Bestehens<br />
wurde diese Institution für den Städtebau vom Architekten<br />
Johann Lehm geleitet. Er entwarf Generalpläne für mehrere<br />
Provinzstädte, darunter Irkutsk, Perm, Werchoturje,<br />
Irbit, Murom, Kaschin und Sysran und war dabei bemüht,<br />
mit seinen zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten eine<br />
theoretische Basis und einheitliche Normen für dieses<br />
Gebiet zu entwickeln.<br />
Einer der Pioniere des russischen Klassizismus war Georg<br />
Friedrich (Jurij Matwejewitsch) Veldten, Sohn des<br />
Wirtschaftsleiters der Petersburger Akademie der Wissenschaften<br />
Matthias Veldten aus Danzig. Veldten löste<br />
den berühmten Rastrelli auf dem Posten des Chefarchitekten<br />
der Petersburger Baukanzlei ab und leitete damit<br />
den Übergang vom verschwenderischen Barockstil zum<br />
strengen Klassizismus ein.<br />
Nach der Grundsteinlegung für die mit Granit verkleidete<br />
Uferstraße der Newa, machte sich Veldten an den Bau<br />
der Großen Ermitage, eher bekannt als Alte Ermitage,<br />
zur Unterscheidung von der später vom Architekten Leo<br />
von Klenze gebauten Neuen Ermitage. Sämtliche Gebäude<br />
der Ermitage, also auch den Winterpalais und<br />
архитектора Главной полицейской канцелярии Петербурга.<br />
Хорошо сохранился построенный Вистом Ботный<br />
домик – барочный павильон для хранения ботика<br />
Петра I в Петропавловской крепости. На Васильевском<br />
острове Вист возвел пятикупольный Андреевский собор,<br />
в 1779 г. вместе с Готлибом Паульсеном реализовал строительство<br />
Крепостного собора в Шлиссельбурге.<br />
В 1748 г. Московская контора Сената присваивает<br />
ученику архитектора И. Бланка, его сыну Карлу, звание<br />
«архитектурного гезеля» (подмастерья). В последующие<br />
годы Бланк-младший строит в Москве ряд<br />
православных церквей, представляющих собой традиционный<br />
восьмерик на четверике – восьмигранный<br />
барабан, выступающий из прямоугольника основания<br />
и увенчанный куполом с византийской главкой. Наиболее<br />
примечательные из этих сооружений – церкви<br />
св. Екатерины на Ордынке и св. Кира и Иоанна<br />
на Солянке. В 1764 г. К. Бланк назначается главным<br />
архитектором Синода. Проектирование важнейших сакральных<br />
построек Москвы возлагается теперь только<br />
на него, и «бланковский» тип церкви становится неотъемлемой<br />
частью московского колорита. Из светских построек<br />
заслуживают упоминания сооружения Бланка<br />
в «Московском Версале» – Шереметьевском поместье<br />
в Кусково, а также Воспитательный дом на берегу<br />
Москвы-реки. Это учреждение, послужившее приютом<br />
для 8 000 московских сирот, своей монументальностью<br />
и обособленностью от городского окружения создало<br />
новые масштабы не только в области градостроения,<br />
но прежде всего в социальной сфере.<br />
С 1762 по 1796 г., в период царствования Екатерины<br />
II, в России существовала Комиссия о каменном<br />
строении Санкт-Петербурга и Москвы, деятельность<br />
которой постепенно охватила и другие города страны.<br />
За этот период комиссией было создано более<br />
400 генеральных планов застройки для российских<br />
городов – объем работ, не имевший в те времена себе<br />
подобных ни в градостроительной практике России,<br />
ни в европейском масштабе. Этим органом российского<br />
градостроительства руководил в течение его<br />
последних 22 лет архитектор Иван Лем. Автор генеральных<br />
планов множества провинциальных городов<br />
(Иркутска, Перми, Верхотурья, Ирбита, Мурома, Кашина,<br />
Сызрани и др.), он пытался многочисленными<br />
научными трудами создать в этой области теоретическую<br />
основу и единые нормы.<br />
Одним из пионеров русского классицизма явился Георг<br />
Фридрих (Юрий Матвеевич) Фельтен, сын эконома Петербургской<br />
Академии наук, уроженца Данцига Маттиаса<br />
Фельтена. Сменив на посту знаменитого Растрелли,<br />
Фельтен стал главным архитектором петербургской<br />
Канцелярии строений, чем ознаменовал переход от расточительного<br />
барокко к строгому классицизму.<br />
После закладки гранитной набережной Невы Фельтен<br />
берется за строительство Большого Эрмитажа,<br />
более известного под названием «Старого», в отличие<br />
от выстроенного позже архитектором фон Кленце<br />
Нового Эрмитажа. Все эрмитажные строения, включая<br />
Зимний дворец, а также построенный Фельтеном<br />
Abb. 378 Илл. 378<br />
Abb.<br />
379, 380<br />
Abb.<br />
381–383<br />
Abb. 384<br />
Abb.<br />
385–387<br />
Abb.<br />
388–390<br />
Илл.<br />
379, 380<br />
Илл.<br />
381–383<br />
Илл. 384<br />
Илл.<br />
385–387<br />
Илл.<br />
388–390
381<br />
382<br />
381. Титульный лист труда И. Лема<br />
«Опыт городовым и сельским<br />
строениям…». С.‐Петербург, 1802<br />
Titelblatt der Publikation von J. Lehm<br />
„Erfahrungen mit städtischen und<br />
ländlichen Bauten…“. St. Petersburg,<br />
1802<br />
382, 383.<br />
Гравированные иллюстрации<br />
к трудам И. Лема. 1803<br />
Gravierte Illustrationen zu Publikationen<br />
von J. Lehm. 1803<br />
383<br />
384 385
387<br />
386<br />
384. Архитектор Г. Ф. Фельтен (1730–1801).<br />
С. С. Щукин. 1796. Государственный<br />
Русский музей, С.-Петербург<br />
Architekt G. F. Veldten (1730–1801).<br />
S. S. Schtschukin. 1796. Staatliches<br />
Russisches Museum, St. Petersburg<br />
385. Вид Дворцовой набережной с Большим<br />
(Старым) Эрмитажем (1771–1787).<br />
С литографии К. Беггрова. 1826<br />
Ansicht der Schlosspromenade mit Großer<br />
(Alter) Eremitage (1771–1787).<br />
Lithografie von K. Beggrow. 1826<br />
388<br />
386. Овальный зал Старого Эрмитажа.<br />
К. Беггров. 1829. Государственная<br />
Третьяковская галерея, Москва<br />
Ovalsaal der Alten Eremitage.<br />
K. Beggrow. 1829. Staatliche<br />
Tretjakow‐Galerie, Moskau<br />
387. Большой (Старый) Эрмитаж.<br />
Фото Г. Гейдебрехта<br />
Große (Alte) Eremitage.<br />
Foto von H. Heidebrecht<br />
388, 389.<br />
Интерьеры Нового Эрмитажа.<br />
С акварелей Э. Гау. 1856<br />
Innenansicht der Neuen Eremitage.<br />
Aquarell von E. Hau. 1856<br />
389
390<br />
391<br />
390. Портик Нового Эрмитажа (1839–1851).<br />
Фото Г. Гейдебрехта<br />
Säulenhalle der Kleinen Eremitage (1839–1851).<br />
Foto von H. Heidebrecht<br />
392<br />
391. Южный павильон Малого Эрмитажа (1764–1775)<br />
с висячим садом. С гравюры Н. Саблина. 1773<br />
Südpavillon der Kleinen Eremitage (1764–1775)<br />
mit hängendem Garten. Radierung von N. Sablin. 1773<br />
392. Зимний сад Малого Эрмитажа. С акварели Э. Гау. 1865<br />
Wintergarten der Kleinen Eremitage.<br />
Aquarell von E. Hau. 1865<br />
393. Православная церковь Рождества св. Иоанна Предтечи<br />
(Чесменская). Фото. 2010<br />
Orthodoxe Tschesmensker Kirche des heiligen Johannes<br />
des Täufers. Foto. 2010<br />
394. Художник и архитектор А. П. Брюллов (1798–1877).<br />
А. И. Клиндер. 1840. Государственный музей<br />
А. С. Пушкина, Москва<br />
Maler und Architekt A. P. Brjullow (1798–1877). A. I. Klinder.<br />
1840. Staatliches A. S. Puschkin-Museum, Moskau<br />
395. Православная церковь Cв. Петра и Павла (1831–1841)<br />
и склеп графа А. Полье в Парголово (С.-Петербург).<br />
Фото. 2007<br />
Orthodoxe Kirche der Hl. Peter und Paul (1831–1841)<br />
und die Gruft des Grafen A. Polje (Pollé) in Pargolowo.<br />
(St. Petersburg). Foto. 2007<br />
393
Немцы в российской истории 177<br />
die von Veldten gebaute Kleine Ermitage, verband der<br />
Architekt untereinander mit Galerien. Mit der letzten<br />
Galerie schlug er 1783 einen malerischen Bogen über<br />
den Winterkanal und verband so den ganzen Komplex<br />
mit dem neuen Schlosstheater, einem Werk des Italieners<br />
Giacomo Quarenghi.<br />
Veldtens Experimente im mittelalterlichen Stil, zu denen<br />
eine Turmruine, die Tschesmensker Kirche und der<br />
Tschesmensker Palast gehören, kann man als den Beginn<br />
einer romantischen Reaktion auf den Klassizismus einstufen.<br />
Aber besonders farbenfroh wird die Epoche der<br />
Romantik in der Architektur von Kirchenbauten Alexander<br />
Brjullows illustriert. Ein unmittelbares Ergebnis<br />
seines siebenjährigen Auslandsaufenthaltes war die im<br />
neugotischen Stil errichtete orthodoxe Kirche auf dem Gut<br />
Pargolowo. Und als eine Art Manifest der Romantik gilt<br />
die neoromanische Petrikirche, die Hauptkathetrale der<br />
Protestanten Russlands, die der Architekt mitten in das<br />
barock-klassizistische Ensemble des Newskij-Prospektes<br />
setzte. Als Vorbild diente wahrscheinlich eine der zahlreichen<br />
Normalkirchen Karl Friedrich Schinkels, die Dorfkirche<br />
von Straupitz in Brandenburg. Schinkel hinterließ<br />
aber auch selbst Spuren in Russland, als er im Auftrag<br />
Alexandra Fjodorownas, einer geborenen preußischen<br />
Prinzessin und Gemahlin des Zaren Nikolaus I., für die<br />
Zarenfamilie eine Kapelle im Park des Petershofs im<br />
„reichen mittelalterlichen Stil“ baute.<br />
In ihrem Schaffen orientierten sich die ausländischen<br />
Baumeister in Russland hauptsächlich an europäischen<br />
Vorbildern und passten sie den Bedürfnissen der hiesigen<br />
Auftraggeber an. Die Situation ändert sich Ende des<br />
ersten Viertels des 19. Jahrhunderts, als die Bereitschaft<br />
zur Nachahmung eines fremden Stils vom Bedürfnis nach<br />
einem eigenen Stil verdrängt wurde. Allerdings waren<br />
auch die führenden Meister dieser national-romantischen<br />
Abb.<br />
391, 392<br />
Abb. 393<br />
Abb. 394<br />
Abb. 395<br />
Abb. 396<br />
Abb. 397<br />
Abb.<br />
398–400<br />
Малый Эрмитаж, архитектор связал между собой<br />
галереями. Последняя из таковых в 1783 г. живописно<br />
соединила через Зимнюю канавку весь комплекс с новым<br />
Дворцовым театром, выстроенным итальянцем<br />
Дж. Кваренги.<br />
Эксперименты Фельтена в средневековом стиле<br />
(Башня-руина, Чесменская церковь и дворец) можно<br />
классифицировать как начало романтической<br />
реакции на классицизм. Однако наиболее красочно<br />
эпоху романтизма в архитектуре иллюстрируют<br />
церковные постройки Александра Брюллова.<br />
Прямым результатом его семилетнего пребывания<br />
за границей явилась православная церковь в неоготическом<br />
стиле в имении Парголово. А своего рода<br />
манифестом романтизма можно считать неороманскую<br />
Петрикирхе – центральный храм российских<br />
протестантов, построенный архитектором посреди<br />
барочно-классицистического Невского проспекта.<br />
Прототипом церкви, по всей вероятности, послужила<br />
одна из многочисленных типовых церковных<br />
построек Карла Фридриха Шинкеля – деревенская<br />
кирха в Штраупитце (Бранденбург). Сам Шинкель<br />
оставил свой след в России, выполнив по заказу супруги<br />
императора Николая I Александры Федоровны,<br />
урожденной принцессы Прусской, проект постройки<br />
в парке Петергофа часовни для императорской семьи<br />
в «богатом средневековом стиле».<br />
Работавшие в России иностранные зодчие обращались<br />
преимущественно к европейским образцам и<br />
приспосабливали их под нужды местных заказчиков.<br />
Ситуация меняется к концу первой четверти<br />
XIX в., когда готовность к подражанию чужому<br />
стилю уступила место потребности в собственном<br />
стиле. Однако ведущие мастера и этого национально-романтического<br />
направления в архитектуре<br />
Илл.<br />
391, 392<br />
Илл. 393<br />
Илл. 394<br />
Илл. 395<br />
Илл. 396<br />
Илл. 397<br />
Илл.<br />
398–400<br />
394 395
397<br />
396<br />
398<br />
399<br />
400
Немцы в российской истории 179<br />
Richtung in der russischen Architektur zumeist deutscher<br />
Herkunft, wie Konstantin Thon, Viktor Hartmann, David<br />
Grimm oder Lew Dahl.<br />
Eine neue Annäherung an die Wiedergeburt eines nationalen<br />
Stils und für viele auch ein Gradmesser für<br />
weitere Experimente auf diesem Gebiet war der Bau der<br />
Christ-Erlöser-Kathedrale nach einem Entwurf des Petersburger<br />
Architekten Konstantin Thon. Er blieb einer der<br />
produktivsten Baumeister Russlands, und die Projektierung<br />
bedeutsamer Objekte im russischen Stil wurde sein<br />
Monopol: Er war der Architekt des Kremlpalastes und<br />
der Rüstkammer im Kreml sowie der damals größten<br />
Bahnhöfe in St. Petersburg und Moskau. Ende der 1830er<br />
Jahre entwickelte Thon sogenannte Normalbauten, d. h.<br />
typisierte Projekte für Kirchen und Bauernhäuser. Zweifellos<br />
kamen hier Ideen und Erfahrungen von Schinkel<br />
zum Tragen, der 1825 auf Anweisung von Friedrich Wilhelm<br />
III. Normalkirchen für die preußischen Provinzen<br />
entworfen hatte.<br />
Sehr viel zum Erhalt des russischen architektonischen<br />
Erbes trug Friedrich (Fjodor) Richter bei, ein Baltendeutscher<br />
aus dem kurländischen Goldingen, dem heutigen<br />
lettischen Kuldīga. Zwischen 1851 und 1856 gab er fünf<br />
Hefte mit dem Titel „Denkmäler altrussischer Baukunst“<br />
heraus, die als Handbücher für die Projektierung im russischen<br />
Stil gedacht waren. In der Moskauer Hofbauschule,<br />
deren Direktor Richter 25 Jahre lang war, begann man<br />
erstmals allgemeine und russische Architektur systematisch<br />
zu studieren. Richter restaurierte die Kremlmauern<br />
in Moskau und Pskow, sowie eine Reihe alter Kirchbauten<br />
in und außerhalb der ehemaligen Hauptstadt.<br />
Während für die meisten Moskauer die von dem Architekten<br />
Thon gebaute Christ-Erlöser-Kathedrale der Inbegriff<br />
des russischen Stils war, verband man in St. Petersburg<br />
vor allem die Auferstehungskirche (Bluterlöser-Kirche) mit<br />
Abb.<br />
401–403<br />
Abb. 404<br />
Abb. 405<br />
Abb. 406<br />
Abb. 407<br />
Abb.<br />
408, 409<br />
Abb. 410<br />
России – Константин Тон, Виктор Гартман, Давид<br />
Гримм, Лев Даль – были в большинстве своём немецкого<br />
происхождения.<br />
Новым подходом к возрождению национального<br />
стиля и для многих эталоном дальнейшего экспериментирования<br />
в этой области стало строительство<br />
храма Христа Спасителя по проекту петербургского<br />
архитектора К. Тона. Он остается одним из продуктивнейших<br />
зодчих России. Проектирование важнейших<br />
построек в русском стиле стало его монополией:<br />
он автор Кремлевского дворца и Оружейной палаты<br />
в Кремле, а также крупнейших в то время вокзалов<br />
в Петербурге и Москве. В конце 1830‐х гг. Тон составил<br />
так называемые нормальные, т. е. типовые проекты<br />
церквей и крестьянских домов. Несомненно, здесь<br />
сказались идея и опыт построек типовых церквей<br />
в прусских провинциях, разработанных Шинкелем<br />
по указанию Фридриха Вильгельма III в 1825 г.<br />
Многое сделал для охраны российского архитектурного<br />
наследия Фридрих (Федор) Рихтер – прибалтийский<br />
немец, родом из курляндского местечка Гольдинген<br />
(Кулдига). В 1851–1856 гг. он выпустил пять тетрадей<br />
«Памятники древнерусского зодчества» с целью<br />
сделать их пособием для проектирования в «русском<br />
стиле». В Московском дворцовом архитектурном<br />
училище, которое Рихтер 25 лет возглавлял в качестве<br />
директора, впервые началось систематическое<br />
изучение всеобщей и русской архитектуры. Рихтер<br />
реставрировал стены кремлей в Москве и Пскове,<br />
а также ряд древних церковных сооружений в бывшей<br />
столице и за ее пределами.<br />
Если для большинства москвичей олицетворением<br />
русского стиля являлся храм Христа Спасителя<br />
архитектора Тона, то в Петербурге с национальной<br />
архитектурой связывают в первую очередь собор<br />
Илл.<br />
401–403<br />
Илл. 404<br />
Илл. 405<br />
Илл. 406<br />
Илл. 407<br />
Илл.<br />
408, 409<br />
Илл. 410<br />
396. Евангелическо-лютеранская кирха св. Петра<br />
в Санкт‐Петербурге (архитектор Брюллов, 1833–1838).<br />
Фото. 2011<br />
Evangelisch-lutherische St. Petrikirche in St. Petersburg<br />
(Arch. Brjullow, 1833–1838). Foto. 2011<br />
397. Евангелическо-лютеранская кирха в Штраупитце<br />
(архитектор Шинкель, 1828–1831). Фото. 2011<br />
Evangelisch-lutherische Dorfkirche in Straupitz<br />
(Arch. K. F. Schinkel, 1828–1831). Foto. 2011<br />
398–400.<br />
Православная церковь св. князя Александра Невского<br />
в Александровском парке (Петергоф). Фото. 2011.<br />
Orthodoxe Aleksander-Newskij-Kirche im Aleksander-Park<br />
(Peterhof). Foto. 2011.<br />
401. Главный фасад храма Христа Спасителя. С проектного<br />
рисунка. К. Тон. 1832.<br />
Hauptfassade der Christ-Erlöser-Kathedrale. Projektzeuchnung.<br />
K. Thon. 1832. 401
402<br />
403<br />
405<br />
404<br />
402, 403.<br />
Храм Христа Спасителя и иконостас. Фото. 2011<br />
Christ-Erlöser-Kathedrale und Ikonostas. Foto. 2011<br />
404. Архитектор К. А. Тон (1794–1881). К. П. Брюллов. 1823–1827.<br />
Государственный Русский музей, С.-Петербург<br />
Architekt K. A. Thon (1794–1881). K. P. Brjullow. 1823–1827.<br />
Staatliches Russisches Museum, St. Petersburg<br />
405. Большой Кремлевский дворец (1838–1849). Фото Г. Гейдебрехта.<br />
Großer Kreml-Palast (1838–1849). Foto von H. Heidebrecht<br />
406. Фасад Оружейной палаты (1849–1851). Фото. 2010<br />
Fassade der Rüstkammer (1849–1851). Foto. 2010<br />
406
407. «Памятники древнерусского<br />
зодчества» Ф. Рихтера. Титульный<br />
лист и иллюстрация. 1854<br />
„Denkmäler altrussischer<br />
Baukunst“. F. Richter. Titelblatt<br />
und Illustrationen. 1854<br />
407<br />
409<br />
408<br />
408. Теремной дворец в Московском Кремле после реставрации,<br />
проводившейся по образцам XVII в. с участием Ф. Рихтера (1836–1837).<br />
С литографии. Середина XIX в. Государственный научноисследовательский<br />
музей архитектуры, Москва.<br />
Terem-Palast im Moskauer Kreml nach der Restaurierung, die nach<br />
Vorlagen des 17. Jh. unter Mitwirkung von F. Richter (1836–1837)<br />
durchgeführt wurde. Nach einer Lithographie. Mitte 19. Jh. Staatliches<br />
wissenschaftliches Forschungsmuseum für Architektur, Moskau.<br />
409. Крестовая палата Теремного дворца после реставрации.<br />
С акварели Шадурского. 1840-е гг.<br />
Kreuzsaal des Terem-Palastes nach der Restaurierung.<br />
Aquarell von Schadurskij. 1840er Jahre<br />
410. Православный собор Воскресения Христова на Крови (Спаса-на-Крови)<br />
в Санкт-Петербурге (1883–1907). Фото. 2010<br />
Orthodoxe Christi-Auferstehungs-Kathedrale (Blutskirche)<br />
in St. Petersburg (1883–1907). Foto. 2010<br />
410
412<br />
411. Архитектор А. Парланд (1842–1919).<br />
Неизвестный художник. 1900.<br />
Architekt A. Parland (1842–1919).<br />
Unbekannter Maler. 1900.<br />
411<br />
412. Ф. Шехтель (1859–1926). Фото. 1890-е гг.<br />
F. Schechtel (1859–1926). Foto. 1890er Jahre<br />
413<br />
413. Ярославский вокзал в Москве (1902–1904). Во время реставрации в 1940-е гг. «неорусскую» архитектуру<br />
пополнили советские декорации. Фото. 2011.<br />
Jaroslawer Bahnhof in Moskau (1902–1904). Bei der Restaurierung in den 1940er Jahren wurde die neorussische Architektur<br />
durch sowjetische Dekorationen ergänzt. Foto. 2011.
Немцы в российской истории 183<br />
nationaler Architektur. Ihr Schöpfer war der Petersburger<br />
Architekt Alfred Parland, Sohn eines Schotten und einer<br />
Deutschen, dessen berufliche Ausbildung an der Stuttgarter<br />
Polytechnischen Schule begann. Alexander III. hatte den<br />
Wunsch geäußert, eine Kirche im Stil russischer Kirchen<br />
des 16. und 17. Jahrhunderts zu bauen, wobei er wohl kaum<br />
geahnt haben wird, dass das nur eine weitere Übernahme<br />
der deutschen Spätrenaissance werden würde. Der Bau der<br />
Auferstehungskirche kostete über vier Millionen Rubel. Die<br />
mit einer Spezialglasur versehenen Ziegel für die Fassade<br />
wurden in den Siegersdorfer Werken in Deutschland<br />
gefertigt, die Wandverkleidung aus estnischem Marmor<br />
stammte von der Firma „Koss und Dürr“, und den Auftrag,<br />
die Mosaikikonen für die Seitenaltäre anzufertigen, bekam<br />
die Berliner Firma „Paul und Wagner“.<br />
Die späte Phase des sogenannten neorussischen Stils, bei<br />
dem häufig der Jugendstil durchschimmerte, verbindet<br />
man mit Architekten wie Alexander von Hohen, dem<br />
Erbauer des Suworow-Museums in St. Petersburg, Hermann<br />
Grimm, dem Baumeister der Auferstehungskirche<br />
in St. Petersburg und natürlich mit dem unvergleichlichen<br />
Franz Albert (Fjodor Ossipowitsch) Schechtel, einem Wolgadeutschen,<br />
der in Moskau nicht zuletzt durch den Bau des<br />
Jaroslawer Bahnhofs in einer ganz neuen Schechtelschen<br />
Auslegung des russischen Stils bekannt wurde.<br />
Die Entwicklung der sogenannten rationalen Architektur<br />
war in Anfängen bereits im Schaffen solcher Architekten,<br />
wie Alexander Brjullow, Andrej Stackenschneider, Konstantin<br />
Thon, Harald von Bosse oder Ludwig Bohnstedt,<br />
also Vertretern der Generation zu erkennen, deren aktive<br />
schöpferische Tätigkeit in Russland sich in den 1860er<br />
Jahren schon dem Ende zuneigte. Bosse und Bohnstedt<br />
siedelten 1862 bzw. 1863 nach Deutschland um. Von<br />
ihren Nachfolgern, die westliche Stilrichtungen vertraten,<br />
sollte man in erster Linie Alexander Krakau, Rudolf von<br />
Abb. 411<br />
Abb. 412<br />
Abb. 413<br />
Abb.<br />
414, 415<br />
Спаса-на-Крови. Автором его является петербургский<br />
архитектор Альфред Парланд – сын шотландца<br />
и немки, начавший свое профессиональное обучение<br />
в Штутгартской политехнической школе. Александр<br />
III высказал пожелание, чтобы храм был выполнен<br />
в стиле русских церквей XVI–XVII вв., вряд<br />
ли подозревая в нем очередную адаптацию позднего<br />
немецкого ренессанса. На строительство храма Спасана-Крови<br />
было потрачено более 4 млн руб. Специальный<br />
глазурованный кирпич для фасадов был изготовлен<br />
на Зигерсдорфских заводах в Германии, облицовка<br />
стен эстляндским мрамором производилась фирмой<br />
«Кос и Дюрр», а заказ на выполнение мозаичных<br />
икон в боковых приделах получила берлинская фирма<br />
«Пауль и Вагнер».<br />
Позднюю фазу неорусского стиля, нередко перекликавшегося<br />
с модерном, представляли такие архитекторы,<br />
как автор музея Суворова (Петербург) Александр<br />
фон Гоген, строитель Воскресенской церкви (Петербург)<br />
Герман Гримм и, конечно же, несравненный<br />
Франц Альберт (Федор Осипович) Шехтель, выходец<br />
из поволжских немцев, известный в Москве не в последнюю<br />
очередь постройкой Ярославского вокзала<br />
с совершенно новой, «шехтелевской», трактовкой<br />
русского стиля.<br />
Начало формирования так называемой «рациональной»<br />
архитектуры было положено уже в творчестве таких<br />
зодчих, как Александр Брюллов, Андрей Штакеншнейдер,<br />
Константин Тон, Гаральд Боссе, Людвиг Бонштедт,<br />
т. е. поколения, которое к 1860-м гг. свою активную<br />
творческую деятельность в России уже завершило<br />
(Боссе и Бонштедт переселились в 1862–1863 гг. в Германию).<br />
Среди их преемников, представителей «западных»<br />
стилевых течений, нужно выделить в первую<br />
очередь Александра Кракау, Рудольфа фон Бернгарда,<br />
Илл. 411<br />
Илл. 412<br />
Илл. 413<br />
Илл.<br />
414, 415<br />
414<br />
414. Император Николай I и архитектор А. Штакеншнейдер<br />
на месте строительства дворца Бельведер в Петергофе.<br />
С акварели М. фон Зичи. 1852<br />
Kaiser Nikolaus I. und der Architekt Stackenschneider auf<br />
der Baustelle des Belvedere-Palastes in Peterhof.<br />
Aquarell von M. von Zichy. 1852<br />
415. Дворец Бельведер (Петергоф). Фото. 2011<br />
Belvedere-Palast (Peterhof). Foto. 2011<br />
415
416<br />
417<br />
416–419.<br />
Музей Центрального училища технического<br />
рисования в Санкт-Петербурге (1885–1895).<br />
Фото И. Алькина. 2011<br />
Museum der Zentralen Lehranstalt für technisches<br />
Zeichnen in St. Petersburg (1885–1895).<br />
Foto von I. Alkin. 2011<br />
420. В. Шрётер (1839–1901). Фото. До 1901<br />
V. Schröter (1839–1901). Foto. Vor 1901<br />
418<br />
420<br />
421. Титульный лист журнала «Зодчий»,<br />
издававшегося с 1872 г. 1902<br />
Titelblatt der Zeitschrift „Sodtschij“<br />
(„Baumeister“), erschienen ab 1872. 1902<br />
422. Особняк В. Шрётера в Санкт-Петербурге<br />
(архитектор В. Шрётер, 1890–1891).<br />
Фото. 2008<br />
Villa von V. Schröter in St. Petersburg<br />
(Arch. V. Schröter, 1890–1891). Foto. 2008<br />
419
Немцы в российской истории 185<br />
Bernhardt, Robert Goedicke, Hieronymus Kittner, Viktor<br />
Schröter und Maximilian von Messmacher nennen.<br />
Ein typisches Element ihres Schaffens waren offene Konstruktionen<br />
aus Glas und Stahl. Als Beispiel kann das<br />
Museum der Zentralen Fachschule für technisches Zeichnen<br />
von Baron Stieglitz gelten, das nach einem Entwurf<br />
von M. Messmacher gebaut wurde. Dieses reich gestaltete<br />
Gebäude ist ein beeindruckendes Beispiel für die Petersburger<br />
Neorenaissance und gehört durch die Strenge in<br />
der Grundrissgestaltung und die neuen Konstruktionselemente<br />
zugleich aber auch zur rationalistischen Richtung<br />
des Eklektizismus.<br />
Neben Messmacher, dem ersten Direktor der obengenannten<br />
Fachschule, gehört der Baltendeutsche R. von Bernhardt<br />
zu den bedeutendsten Architekturlehrern Russlands.<br />
Als er 1873 Direktor der Petersburger Baufachschule<br />
wurde, reformierte er diese Fachschule und machte sie<br />
zu einem Institut, an dem Ingenieure für den zivilen<br />
Bereich ausgebildet wurden. Fast 13 Jahre lang, bis kurz<br />
vor seinen Tod, leitete er das Institut, das die zweitgrößte<br />
Architektenschmiede des Russischen Reiches und „bis zur<br />
Oktoberrevolution Brutstätte für Ideen des Rationalismus“<br />
war. Während an der Petersburger Akademie der Künste<br />
fast ein Drittel aller Absolventen einen deutschen Namen<br />
trug, so war es an diesem Institut für Zivilingenieure die<br />
Mehrheit.<br />
Auf der Suche nach einer großen Persönlichkeit unter<br />
den Architekten im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts<br />
kommt man an dem Schüler Bohnstedts, Viktor<br />
Schröter, dem Architekturprofessor, Mitbegründer der<br />
Petersburger Architekten-Gesellschaft und Redakteur<br />
der ersten russischen Architekturzeitschrift „Sodtschij“<br />
(dt.: „Baumeister“) nicht vorbei. Er entwarf mehr als<br />
50 erstklassige Bauwerke in St. Petersburg und auch fern<br />
der Hauptstadt.<br />
Abb.<br />
416–419<br />
Abb. 420<br />
Abb. 421<br />
Abb. 422<br />
Роберта Гедике, Иеронима Китнера, Виктора Шретера,<br />
Максимилиана Месмахера.<br />
Характерной нотой их творчества было применение<br />
открытых конструкций из стекла и стали. В этой связи<br />
можно назвать музей Центрального училища технического<br />
рисования барона Штиглица, спроектированный<br />
М. Месмахером. Это богато оформленное здание<br />
стоит в ряду показательных образцов петербургского<br />
неоренессанса и одновременно относится (благодаря<br />
строгости планировки и новым конструкциям) к рационалистическому<br />
направлению эклектики.<br />
Наряду с Месмахером – первым директором вышеназванного<br />
училища, к крупнейшим преподавателям<br />
архитектуры России следует отнести прибалтийского<br />
немца Р. фон Бернгарда. Заняв в 1873 г. пост<br />
директора Петербургского строительного училища,<br />
он реформировал и преобразовал это заведение<br />
в Институт гражданских инженеров и возглавлял<br />
его 13 лет, почти до самой смерти. Этот институт<br />
был второй по величине архитектурной кузницей<br />
империи и «рассадником идей рационализма вплоть<br />
до Октябрьской революции». Если среди выпускников<br />
Петербургской Академии художеств почти<br />
треть носила немецкие фамилии, то в Институте<br />
гражданских инженеров таковые составляли большинство.<br />
В поиске наиболее значительной архитектурной личности<br />
последней четверти XIX в. трудно не остановиться<br />
на ученике Л. Бонштедта – Викторе Шретере,<br />
заслуженном профессоре архитектуры, инициаторе<br />
создания Петербургского общества архитекторов и<br />
редакторе первого архитектурного журнала в России<br />
«Зодчий», авторе более полусотни первоклассных построек<br />
не только в Петербурге, но и далеко за пределами<br />
столицы.<br />
Илл.<br />
416–419<br />
Илл. 420<br />
Илл. 421<br />
Илл. 422<br />
421 422
423. Здание бывшей фирмы<br />
К. Фаберже в Санкт‐Петербурге<br />
(1900). Фото. 2010<br />
Gebäude der ehemaligen<br />
Firma C. Fabergé in St. Petersburg<br />
(1900). Foto. 2010<br />
423<br />
424. Особняк М. Кшесинской<br />
в Санкт‐Петербурге<br />
(1904–1906). Фото. 2011<br />
Villa von M. Kschessinskaja<br />
in St. Petersburg (1904–1906).<br />
Foto. 2011<br />
424<br />
425. Австрийская площадь<br />
в Санкт‐Петербурге.<br />
Фото. 2008<br />
Österreichischer Platz<br />
in St. Petersburg.<br />
Foto. 2008<br />
425
Немцы в российской истории 187<br />
Ein talentierter Schüler Schröters war Karl Schmidt,<br />
ein Vertreter des von der Gotik geprägten Vorjugendstils,<br />
dessen Werk geeignet war, zwischen Tradition<br />
und Gegenwart zu vermitteln. Einer seiner frühen<br />
Bauten und gleichzeitig erstes Beispiel für den Petersburger<br />
Jugendstil ist die Villa des Kaufmannes<br />
Forostowskij. Das bekannteste Beispiel für die rationale<br />
Nutzung der Gotik ist das Gebäude der berühmten<br />
Juwelierfirma von Carl Fabergé. So wie auch die<br />
Architekten Reinhold Krüger, Fjodor Lumberg oder<br />
Leonti Schmelling versuchte Schmidt die Rationalität<br />
der Ziegelarchitektur mit dem Ausdruck des Jugendstils<br />
zu verbinden.<br />
Als Äquivalent zu den Moskauer Villen Schechtels kann<br />
in gewissem Sinne die von dem Architekten A. von Hohen<br />
gebaute Stadtvilla der Ballerina Matilda Kschessinskaja<br />
auf der Petrograder Seite gelten. Im Gegensatz zu<br />
der dichten Blockbebauung in St. Petersburg bildet diese<br />
einzeln stehende Villa eine Ausnahme, was den elitären<br />
Charakter ihres asymmetrischen Grundrisses nur noch<br />
mehr unterstrich.<br />
Eine Art Kolonie des deutschen Jugendstils in Darmstadt<br />
war die Steininsel (Kamennyj Ostrow), wo die Architektur<br />
der Petersburger Villen entwickelt wurde. Hier<br />
setzten die führenden Vertreter des Jugendstils, August<br />
Friedrich von Postels, Robert Marfeld, Alexander Gimpel,<br />
Robert Melzer und Wassilij (Wilhelm) Schaub ihre<br />
Ideen um. Die besonders markanten Werke Schaubs,<br />
eines außerordentlich produktiven Architekten, säumen<br />
die Magistralen der Wassiljewski- und Petrograder Insel.<br />
Dazu gehören drei Monumentalbauten auf dem<br />
achteckigen Österreichischen Platz, das einzige vollständige<br />
Jugenstilensemble in der Hauptstadt. Viele dieser<br />
Gebäude, wie das Mietshaus des Malers von Liphart<br />
mit den markanten neobarocken Motiven, erinnern<br />
Abb. 423<br />
Abb. 424<br />
Abb. 425<br />
Одним из талантливых учеников Шретера был Карл<br />
Шмидт – представитель «готизированного предмодерна»,<br />
творчеству которого была уготована посредническая<br />
миссия между традицией и современностью.<br />
Одним из его ранних сооружений и одновременно<br />
первым образцом петербургского модерна является<br />
особняк купца Форостовского, а наиболее известным<br />
образцом рационального использования готики – здание<br />
знаменитой ювелирной фирмы Карла Фаберже.<br />
Наряду с такими архитекторами, как Рейнгольд Кригер,<br />
Федор Лумберг и Леонтий Шмеллинг, Шмидт<br />
попытался перевести рациональную кирпичную архитектуру<br />
на язык модерна.<br />
Своего рода эквивалентом московским особнякам<br />
Ф. Шехтеля может служить городской дом балерины<br />
Матильды Кшесинской на Петроградской стороне<br />
архитектора А. фон Гогена. На фоне плотной блочной<br />
застройки Петербурга эта отдельно стоящая вилла<br />
остается исключением, что еще более подчеркивает<br />
элитарный характер асимметричного объема.<br />
Неким подобием колонии немецкого югендстиля<br />
в Дармштадте явился Каменный остров, где архитектура<br />
петербургских особняков получила свое<br />
развитие. Здесь осуществили свои идеи ведущие<br />
представители модерна – Август Фридрих фон Постельс,<br />
Роберт Марфельд, Александр Гимпель, Роберт<br />
Мельцер, Василий (Вильгельм) Шауб. Особо яркие<br />
произведения Шауба, этого чрезвычайно продуктивного<br />
архитектора, окаймляют главные магистрали<br />
Васильевского и Петроградского островов. Среди них<br />
три монументальные постройки на восьмиугольной<br />
Австрийской площади – единственный в столице законченный<br />
ансамбль в стиле модерн. Многие из этих<br />
зданий, такие как доходный дом художника фон Липгарта<br />
с ярко выраженными необарочными мотивами,<br />
Илл. 423<br />
Илл. 424<br />
Илл. 425<br />
426. Германское посольство<br />
в Санкт-Петербурге.<br />
Почтовая карточка.<br />
Начало ХХ в.<br />
Deutsche Botschaft<br />
in St. Petersburg.<br />
Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />
426
188 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 426<br />
Abb. 427<br />
Abb. 428<br />
an die Architektur Süddeutschlands und würden sich<br />
auch wunderbar in das Stadtbild Münchens oder Wiens<br />
einfügen.<br />
Vor dem Hintergrund einer anscheinend nur von Erfolgen<br />
gekrönten zweihundertjährigen deutsch-russische<br />
Zusammenarbeit in der Architektur, geriet der Bau der<br />
deutschen Botschaft in St. Petersburg im Jahre 1912 zum<br />
ersten Mollakkord und Vorboten künftiger Katastrophen.<br />
Die Ästhetik der minimalistischen und zugleich monumentalen<br />
Architektur, die in diesem Gebäude verschmolz,<br />
blieb unverstanden und wurde als Symbol des deutschen<br />
Chauvinismus interpretiert. Im August 1915 demolierte<br />
eine tobende Menge die leere Botschaft und stürzte die<br />
Skulpturengruppe, die die Dioskuren verkörperte, hinunter.<br />
Für St. Petersburg, das damals schon Petrograd<br />
hieß, war das „das Finale des Jahrhunderts deutscher<br />
Architekten“.<br />
Nach dem Krieg und in der folgenden Zeit des bolschewistischen<br />
Umbruchs war der deutsche Einfluss auf die<br />
Architektur des Landes nur noch minimal. Nur einzelne<br />
Meister wie Fjodor Schechtel oder Iwan Rerberg waren<br />
noch bereit und fähig, Aufträge der neuen Machthaber<br />
auszuführen. Ganz offensichtlich hatte aber auch der<br />
Konstruktivismus der 1920er Jahre, die russische Variante<br />
der deutschen „neuen Sachlichkeit“, seine Wurzeln in<br />
der Architektur der ersten Jahre des 20. Jahrhunderts.<br />
Als sein Vorgänger gilt die rationalistische Variante des<br />
Jugendstils, der sogenannte Protofunktionalismus, der<br />
sich nur wenig vom deutschen Jugendstil unterscheidet.<br />
Und auch diese Strömung wurde von deutschen Architekten<br />
verbreitet.<br />
Илл. 426<br />
Илл. 427<br />
Илл. 428<br />
очень напоминают архитектурный язык Южной Германии<br />
и могли бы с успехом вписаться в городской<br />
ландшафт Мюнхена или Вены.<br />
На фоне, казалось бы, непрекращающихся успехов<br />
более чем двухвекового немецко-российского архитектурного<br />
сотрудничества строительство в Петербурге<br />
здания германского посольства в 1912 г. явилось<br />
первым минорным аккордом и предвестником<br />
грядущих катаклизмов. Эстетика минималистичной<br />
и одновременно монументальной архитектуры, воплощенной<br />
в этом сооружении, осталась непонятой<br />
и была интерпретирована как символ германского<br />
шовинизма. В августе 1915 г. взбушевавшаяся толпа<br />
разгромила опустевшее посольство и сбросила<br />
с него скульптурную группу Диоскуров. Для Санкт-<br />
Петербурга, к тому времени уже переименованного<br />
в Петроград, это явилось «финалом века немецких<br />
архитекторов».<br />
После войны и последующего большевистского переворота<br />
влияние немецкого фактора на архитектуру<br />
страны свелось к минимуму. Лишь отдельные мастера,<br />
такие как Федор Шехтель или Иван Рерберг, были<br />
готовы и способны обслуживать заказы новой власти.<br />
Совершенно очевидно, однако, что конструктивизм<br />
1920‐х гг., как русский вариант немецкой «новой вещественности»,<br />
своими корнями уходит в архитектуру<br />
начала XX в. Его предшественником считается рационалистический<br />
вариант модерна, так называемый<br />
прото функционализм, мало отличающийся от немецкого<br />
югендстиля. Проводником и этого течения были<br />
немецкие архитекторы.<br />
427<br />
427. Конкурсный проект Мавзолея В. Ленина (архитектор Ф. Шехтель, не осуществлен). 1924<br />
Wettbewerbsentwurf des Lenin-Mausoleums (Arch. F. Schechtel, nicht ausgeführt). 1924<br />
428. Проект пантеона героям Великой Отечественной войны в Москве<br />
(архитектор Г. П. Гольц, не осуществлен). С акварели. 1942–1943<br />
Entwurf des Pantheons der Helden des Großen Vaterländischen Krieges in Moskau<br />
(Arch. G. P. Holz, nicht ausgeführt). Aquarell. 1942–1943<br />
428
Немцы в российской истории 189<br />
Deutsche im<br />
Verlagswesen Russlands<br />
Немцы в издательской<br />
жизни России<br />
G. Kratz (Münster) Г. Кратц (Мюнстер)<br />
Ein Betätigungsfeld für Deutsche in Russland war das<br />
Verlagswesen, nicht nur für Deutsch und andere<br />
Fremdsprachen, sondern auch für Russisch. Die<br />
unterschiedlichsten Arten und Ergebnisse dieser Tätigkeit<br />
gingen weit über die Grenzen der deutschen Gemeinschaft<br />
hinaus und wurden zu einem festen Bestandteil<br />
der russischen Kultur.<br />
Одной из сфер деятельности немцев в России<br />
было издательское дело, не только на немецком<br />
и других иностранных языках, но и<br />
на русском. Разнообразные виды этой деятельности и<br />
ее результаты выходили далеко за пределы немецкой<br />
общины, становясь неотъемлемой частью российской<br />
культуры.<br />
Deutsche Verleger<br />
im Verlagswesen Russlands<br />
vor dem Ersten Weltkrieg<br />
Немцы-издатели<br />
в издательской жизни России<br />
до Первой мировой войны<br />
Historiker, die sich mit dem Buchwesen in Russland befassen,<br />
datieren das Erscheinen der ersten ausländischen<br />
Meister des Buchwesens in Russland auf die erste Hälfte des<br />
18. Jahrhunderts. In der Hauptsache waren das deutsche<br />
Autoren, Buchdrucker, Buchbinder und Buchhändler, die<br />
aus kleinen deutschen Fürstentümern kamen. Die meisten<br />
von ihnen arbeiteten in Moskau und St. Petersburg. In<br />
der russischen Provinz gab es im 18. Jahrhundert keine<br />
fremdsprachigen Druckerzeugnisse. Das betrifft auch die<br />
1763 von Katharina II. eingeladenen Kolonisten.<br />
Der eigenständige Beruf des „Herausgebers“, der sich auf<br />
eigene Gefahr und eigenes Risiko mit dem Druck und<br />
dem Vertrieb von Büchern befasste, kristallisierte sich im<br />
Verlaufe des Jahrhunderts allmählich heraus, als mal der<br />
Autor, mal der Drucker und mal der Buchhändler diese<br />
Funktion auf sich nahmen. Katharina II. erlaubte 1771,<br />
in Abweichung vom eigentlich in Russland bestehenden<br />
Staatsmonopol auf die Herausgabe von Büchern, dem<br />
Ausländer Johann Hartung das Drucken fremdsprachiger<br />
Bücher in einer „freien Druckerei“. Elf Buch- und<br />
Zeitschriftentitel in deutscher, französischer, italienischer<br />
und russischer Sprache sind noch bekannt, die zwischen<br />
1771 und 1776 in seiner Druckerei entstanden. Darunter<br />
befinden sich ein Gebetbuch für die römisch-katholische<br />
Abb.<br />
429, 430<br />
Abb. 431<br />
Abb.<br />
432–434<br />
Историки книжного дела России датируют появление<br />
первых иностранных мастеров книжного дела в России<br />
первой половиной XVIII в. Это были по большей<br />
части немецкие авторы, типографы, переплетчики,<br />
книготорговцы, приехавшие из малых немецких княжеств.<br />
Большинство из них работали в Москве и<br />
Санкт-Петербурге. Печатных изданий на иностранных<br />
языках в XVIII в. в российской провинции не<br />
было. Это относится и к приглашенным в 1763 г.<br />
Екатериной II колонистам.<br />
Самостоятельная профессия «издателя», который<br />
на свой страх и риск занимался печатанием и распространением<br />
книг, медленно выкристаллизовывается<br />
в течение века, когда то писатель, то типограф, то книготорговец<br />
брали на себя эту функцию. Екатерина II<br />
сделала исключение из существовавшего в России<br />
монопольного права государства на издание книг,<br />
позволив в 1771 г. иноземцу И. Гартунгу печатание<br />
книг на иностранных языках в «вольной типографии».<br />
Известно 11 названий книг и журналов на немецком,<br />
французском, итальянском и русском языках, изготовленных<br />
в его типографии в 1771–1776 гг. В их<br />
числе молитвенник для римско-католических приходов<br />
Санкт-Петербурга (1771) и текст приговора<br />
Илл.<br />
429, 430<br />
Илл. 431<br />
Илл.<br />
432–434
429, 430.<br />
Словолитня и переплетная книг. Гравюры из издания Российской академии наук 1784 г.<br />
«Зрелище природы и художеств»<br />
Schriftsetzerei und Buchbinderei. Radierungen aus der Publikation der Russischen Akademie der<br />
Wissenschaften von 1784 „Schauspiel der Natur und Kunst“<br />
429<br />
430<br />
431<br />
432<br />
433<br />
434<br />
435<br />
431. Титульный лист 1-го тома «Русской библиотеки»<br />
Г. Д. Х. Бахмейстера (издательство И. Ф. Гарткноха,<br />
С.‐Петербург, Рига, Лейпциг). 1773<br />
Titelblatt von Bd. 1 der „Russische Bibliothek“<br />
von H. L. Ch. Bachmeister (Verlag J. F. Hartknoch,<br />
St. Petersburg-Riga-Leipzig). 1773<br />
432–434.<br />
Описание народов России, напечатанное И. Шнором<br />
на русском и немецком языках в типографии<br />
Кадетского корпуса. С.-Петербург, 1776<br />
Beschreibung der Völker Russlands, veröffentlicht<br />
von J. Schnoor in russischer und deutscher Sprache in<br />
der Druckerei des Kadettenkorps. St. Petersburg, 1776<br />
435. Титульный лист труда В. Татищева о российской<br />
истории, напечатанного И. Вейтбрехтом.<br />
С.-Петербург, 1784<br />
Titelblatt einer Ausgabe von W. Tatischtschjew<br />
über die russische Geschichte, veröffentlicht<br />
von J. Weitbrecht. St. Petersburg, 1784<br />
436<br />
437
Немцы в российской истории 191<br />
Gemeinde in St. Petersburg von 1771 und der Text des Urteilsspruchs<br />
gegen den „Aufrührer Jemelka Pugatschow“ in<br />
einer Übersetzung ins Deutsche aus dem Jahre 1775, wovon<br />
ein Exemplar 50 Kopeken kostete (A. Ju. Samarin).<br />
Die zweite Privatdruckerei entstand in Petersburg 1776.<br />
Das Privileg zur Eröffnung einer solchen wurde den ausländischen<br />
Buchhändlern J. Ja. Weitbrecht (1744–1803) und<br />
J. K. Schnoor (1738–1812) gewährt, die damit das Recht<br />
erhielten, in allen Sprachen, auch in Russisch, zu drucken<br />
sowie russische und fremdländische Lettern für den Eigenbedarf,<br />
aber auch für andere Druckereien gießen zu dürfen.<br />
Die Erzeugnisse der Druckerei zeichneten sich durch eine<br />
gute Druckqualität, eine strenge Formgebung und Vielfalt<br />
in der Schrift aus. Das Gemeinschaftsunternehmen existierte<br />
fünf Jahre und gab in dieser Zeit 38 Buchtitel in russischer<br />
Sprache sowie 30 in Fremdsprachen, zumeist in Deutsch,<br />
heraus (G. A. Fafurin).<br />
Nach dem Erlass von Katharina II. über „freie Druckereien“<br />
im Jahre 1783, breiteten diese sich sehr rasch aus. Die größte<br />
Druckerei der Hauptstadt wurde die von: J. K. Schnoor, die<br />
über 230 Ausgaben in russischer Sprache produzierte. Hier<br />
ließen Denis Fonwisin seine Komödie „Der Landjunker“<br />
und Gawriil Derschawin vier Bände seiner Werke drucken.<br />
Schnoor goss auch Lettern der sogenannten bürgerlichen<br />
Schrift, die er zum Verkauf anbot. Ein Abnehmer war die<br />
Synodaldruckerei. Alexander Radischtschew, der von ihm<br />
einen Drucktisch mit Schriftsatz erwarb, druckte 1790 seine<br />
„Reise von Petersburg nach Moskau“. Diese Mischform aus<br />
Verleger und Autor, Verleger und Drucker oder Verleger und<br />
Buchhändler gab es bis ins 20. Jahrhundert.<br />
Der Erlass, mit dem die Freiheit des Buchdrucks eingeschränkt<br />
wurde, führte zusammen mit der Schließung privater<br />
Druckereien und der Einführung der Zensur 1796 dazu,<br />
dass Ende des 18. – Anfang des 19. Jahrhunderts ausländische<br />
Buchbinder, Buchhändler und Drucker Russland zum Teil<br />
Abb. 435<br />
Abb.<br />
436–439<br />
Abb. 440<br />
«бунтовщику Емельке Пугачеву» в переводе на немецкий<br />
язык (1775), один экземпляр которого стоил<br />
50 коп. (А. Ю. Самарин).<br />
Вторая в Петербурге частная типография появилась<br />
в 1776 г. Привилегию на ее открытие получили<br />
иностранцы-книготорговцы И. Я. Вейтбрехт<br />
(1744–1803) и И. К. Шнор (1738–1812), которым<br />
было дано право печатать на всех языках, включая<br />
русский, а также отливать русские и иностранные<br />
шрифты для собственной и других типографий.<br />
Продукция типографии отличалась хорошей печатью,<br />
строгостью оформления и разнообразием<br />
шрифтов. Совместное заведение просуществовало<br />
5 лет, выпустив 38 книг на русском языке и<br />
30 на иностранных языках, по большей части –<br />
на немецком (Г. А. Фафурин).<br />
После указа Екатерины II о «вольных типографиях»<br />
(1783) они получили бурное распространение.<br />
В столице крупнейшей из них стала типография<br />
И. К. Шнора, выпустившая свыше 230 изданий<br />
на русском языке. У него Д. И. Фонвизин напечатал<br />
комедию «Недоросль», Г. Р. Державин – 4 тома<br />
сочинений. Шнор отливал литеры гражданского<br />
шрифта для продажи. Одним из покупателей была<br />
Синодальная типография. А. Радищев, приобретя<br />
у него печатный станок со шрифтом, отпечатал<br />
свое «Путешествие из Петербурга в Москву»<br />
(1790). Смешанные типы издателя-автора, издателятипографа,<br />
издателя-книготорговца сохранялись<br />
вплоть до ХХ в.<br />
Издание указа об ограничении свободы книгопечатания,<br />
упразднении частных типографий и введении<br />
цензуры в 1796 г. привело к частичному отъезду<br />
из России на рубеже XVIII–XIХ вв. иностранных<br />
переплетчиков, книготорговцев, печатников. После<br />
Илл. 435<br />
Илл.<br />
436–439<br />
Илл. 440<br />
438 439<br />
440<br />
436–439.<br />
Титульные листы книг, вышедших из типографии И. Шнора.<br />
С.-Петербург. 1782, 1787, 1791, 1802<br />
Titelblätter von Büchern, die in der Druckerei J. Schnoor erschienen sind.<br />
St. Petersburg, 1782, 1787, 1791, 1802<br />
440. Титульный лист «Путешествия из Петербурга<br />
в Москву». С.-Петербург. 1790<br />
Titelblatt von „Reise von Petersburg<br />
nach Moskau“. St. Petersburg, 1790
441. Альманах декабристов<br />
«Полярная звезда» на 1823 г.,<br />
отпечатанный в типографии<br />
Н. И. Греча. 1822<br />
Almanach der Dekabristen<br />
„Poljarnaja swezda“<br />
(„Polarstern“) auf das Jahr<br />
1823, gedruckt in der Druckerei<br />
N. I. Gretsch. 1822<br />
442<br />
442. Автопортрет В. Тимма<br />
в виде книжной концовки.<br />
C ксилографии. 1840-е гг.<br />
Selbstbildnis W. Timm als<br />
Endvignette. Xylographie.<br />
1840er Jahre<br />
441<br />
443<br />
445<br />
443. Коронационные торжества на Красной площади. В. Тимм. 1856<br />
Krönungsfeierlichkeiten auf dem Roten Platz. W. Timm. 1856<br />
444. «Русский художественный листок». 1851<br />
„Russisches Kunstblatt“. 1851<br />
444<br />
445. «Русский художественный листок». 1852 г. № 4. Зал Императорской<br />
публичной библиотеки и выставка выигрышей благотворительной лотереи<br />
в доме графини Борх. С литографий А. Мюнстера по рисункам В. Тимма<br />
„Russisches Kunstblatt“ 1852 Nr. 4: Saal der Kaiserlichen Öffentlichen Bibliothek<br />
und Ausstellung der Preise einer Wohltätigkeits-Lotterie im Hause der Gräfin<br />
Borch. Lithographien von A. Münster nach Zeichnungen von W. Timm
Немцы в российской истории 193<br />
wieder verließen. Als Alexander I. 1802 die Genehmigung<br />
erteilte, „freie Druckereien“ zu eröffnen, stieg deren Zahl im<br />
19. Jahrhundert erneut an, und die private Buchproduktion<br />
gewann wieder an Bedeutung.<br />
In Russland tauchen neue Gesichter auf, überwiegend aus<br />
Deutschland, aber auch aus den baltischen Provinzen. Unter<br />
ihnen waren Fachleute, die man zur Arbeit in die lithografischen<br />
Druckereien einlud, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />
entstanden. Sie bildeten die Grundlage dafür, dass ein für sein<br />
meisterliches Schaffen bis heute so anerkannter Künstler und<br />
Grafiker wie Georg Wilhelm Timm (1820–1895) sein Talent<br />
unter Beweis stellen sowie Ruhm und Anerkennung ernten<br />
konnte. Der Livländer Timm gab von 1851 bis 1862 die Zeitschrift<br />
„Russkij chudoschestwennyj listok“ („Russisches Kunstblatt“)<br />
heraus, in der er lithografierte Zeichnungen aktueller<br />
Ereignisse, Landschaften und Porträts berühmter Persönlichkeiten<br />
veröffentlichte. Das waren sowohl eigene Zeichnungen,<br />
als auch Arbeiten anderer Künstler. Die Popularität dieser<br />
„künstlerischen Chronik Russlands“ fasste 1854 der Dichter<br />
F. N. Glinka in die Worte: „Timm, Du wirst in der Nachwelt,<br />
der Du unser Jahrhundert lebendig gehalten hast, weiterleben“.<br />
Für die Zeichnungen, die er auf den Schlachtfeldern des Krimkrieges<br />
anfertigte und im Kunstblatt veröffentlichte wurde ihm<br />
der Titel eines Professors für Schlachtenmalerei der Akademie<br />
der Künste verliehen. Von der Popularität seiner Lithografien<br />
zeugen zahlreiche Nachdrucke und ihre Verbreitung in der<br />
heutigen Zeit über das Internet.<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts arbeiteten Fachleute für den Buchdruck<br />
nicht nur in Petersburg und Moskau, sondern auch in<br />
der russischen Provinz. Arbeiteten zu Beginn des Jahrhunderts<br />
deutsche Buchdrucker in Druckereien verschiedener<br />
Institutionen, z. B. in der Druckerei der Universität Charkow,<br />
so finden wir Mitte des Jahrhunderts deutsche Privatdruckereien<br />
und Verlage in den kompakten Siedlungsgebieten<br />
der Deutschen in Südrussland und an der Wolga.<br />
Abb. 441<br />
Abb.<br />
442, 443<br />
Abb.<br />
444–446<br />
Abb. 447<br />
разрешения Александром I открывать «вольные типографии»<br />
(1802) их количество в течение ХIX в.<br />
снова увеличивается, и роль частного книгопроизводства<br />
возрастает.<br />
В Россию приезжают «новые люди», по большей части,<br />
из Германии, а также прибалтийских провинций.<br />
В их числе – специалисты, приглашенные для<br />
работы в литографиях, открытых в начале ХIХ в.<br />
На их базе смог проявить свой талант и обрести<br />
славу признанный по сей день своим мастерством<br />
художника и графика В. Ф. Тимм (1820–1895). Лифляндец<br />
Тимм в 1851–1862 гг. издавал «Русский<br />
художественный листок», в котором публиковал<br />
литографированные зарисовки актуальных событий,<br />
пейзажи, портреты знаменитых личностей<br />
и др., как собственные, так и других авторов.<br />
Популярность этой «художественной летописи<br />
России» поэт Ф. Н. Глинка выразил в 1854 г. словами:<br />
«Тимм, ты будешь жить в потомстве, оживив<br />
ему наш век». За рисунки, сделанные в разгар<br />
Крымской войны и опубликованные в этом издании,<br />
Тимму было присвоено звание профессора<br />
батальной живописи Академии художеств.<br />
О популярности его литографий свидетельствует<br />
множество перепечаток и их нынешнее размещение<br />
в интернете.<br />
К середине ХIX в. специалисты печатного дела работали<br />
не только в Петербурге и Москве, но и в российской<br />
провинции. Если в начале века немецкие<br />
типографы трудятся в типографских заведениях при<br />
различных учреждениях (например, в типографии<br />
Харьковского университета), то ближе к середине<br />
века немецкие частные типографии и издательства<br />
появляются в местах компактного поселения немцев<br />
на юге России и в Поволжье.<br />
Илл. 441<br />
Илл.<br />
442, 443<br />
Илл.<br />
444–446<br />
Илл. 447<br />
446. Издатель Н. И. Греч (1787–<br />
1867), автор кратких текстов<br />
в «Русском художественном<br />
листке», печатавшемся в его<br />
типографии (1851–1858).<br />
Литография А. Мюнстера<br />
по рисунку В. Тимма. 1853<br />
Herausgeber N. I. Gretsch<br />
(1787–1867), Autor kurzer Texte<br />
im „Russischen Kunstblatt“, das<br />
1851–1858 in seiner Druckerei<br />
gedruckt wurde. Lithographie<br />
von A. Münster nach einer<br />
Zeichnung von W. Timm. 1853<br />
446 447<br />
447. Учебник И. Ланга,<br />
напечатанный московским<br />
книготорговцем<br />
К. Лангнером в харьковском<br />
университетском книжном<br />
издательстве в Курске. 1811<br />
Lehrbuch von J. Lang, gedruckt<br />
in der Buchdruckerei der<br />
Universität Charkow in Kursk<br />
vom Moskauer Buchhändler<br />
C. Langner. 1811
448 449<br />
450<br />
448. Рекламное объявление типографии, литографии и словолитни Францова и Нитче (Одесса). 1851<br />
Werbung der Druckerei, Lithographie und Schriftgießerei Franzow & Nitzsche (Odessa). 1851<br />
449. «Собеседник для немецких колонистов Южной России», напечатанный типографией Л. Нитче. Одесса. 1849<br />
„Uterhaltungsblatt für deutsche Ansiedler im südlichen Russland“, gedruckt in der Druckerei L. Nitzsche. Odessa, 1849<br />
450. Продукция литографии Нитче. Одесса. 1860-е гг.<br />
Erzeugnis der Lithographie Nitzsche. Odessa, 1860er Jahre
Немцы в российской истории 195<br />
Odessa wird zu Recht als ein Zentrum der deutschsprachigen<br />
Presse in Russland bezeichnet. Hier gab es seit<br />
1829 die lithografische Druckerei von A. Braun, in der ab<br />
1846 das „Unterhaltungsblatt für deutsche Ansiedler im<br />
südlichen Russland“ herausgegeben wurde. 1840 wird die<br />
Druckerei T. Neumanns gegründet, in der Odessas erste<br />
Zylinderdruckmaschine installiert wird, die 1 000 Abzüge<br />
pro Stunde schafft. 1849 übernimmt der Sachse Ludwig<br />
Nitzsche (1818–1904) das Unternehmen, das auch weiterhin<br />
das „Unterhaltungsblatt“ herausbringt. 1863 wird<br />
er Herausgeber der „Odessaer Zeitung“, später auch ihr<br />
Redakteur. Die Druckerei war ein großer Betrieb, der<br />
immer mit moderner Ausrüstung ausgestattet war. Immer<br />
offen für Innovationen aus Europa übernahm er Aufträge<br />
zum Drucken von Schriften in allen europäischen Sprachen,<br />
von lithografierten Zeichnungen, Porträts, Noten<br />
u. a. In manchen Jahren hatte die Druckerei die meisten<br />
Aufträge für russische und deutsche Periodika. Ende<br />
des 19. Jahrhunderts war die Druckerei immer noch<br />
eine der größten mit einem Produktionsvolumen von<br />
26.000 Rubeln im Jahr und mit bis zu 1 100 Pud gegossener<br />
Schriftsätze, die an Druckereien in Neurussland verkauft<br />
wurden. Nitzsches Nachfolger hielten auch weiter den<br />
Spitzenplatz des Unternehmens, dessen Jahresumsatz sich<br />
bis 1914 fast verdoppelte.<br />
In Saratow begann man 1864 die „Saratowsche Deutsche<br />
Zeitung“ zu drucken, die aber nur zwei Jahre erschien.<br />
Anfang der 1880er Jahre warnte ein Zeitgenosse mit Blick<br />
auf „unsere Presse“ vor der sich ausbreitenden „Verdeutschung“<br />
Russlands (Trubnikow, K. W.). Seinen Worten<br />
zufolge waren „alle populären politischen Zeitungen, Illustrierten<br />
und sogar das offiziöse Organ des Ministeriums<br />
für Auswärtige Angelegenheiten, ganz zu schweigen<br />
von rein deutschen Presseerzeugnissen, in der Hand von<br />
Deutschen oder Juden aus dem Deutschen Reich und<br />
Abb. 448<br />
Abb. 449<br />
Abb. 450<br />
Abb. 451<br />
Одессу справедливо называют одним из центров<br />
немецкой печати России. Здесь с 1829 г. существовала<br />
литография А. Брауна, начавшая в 1846 г.<br />
издавать «Собеседник для немецких колонистов<br />
Южной России». В 1840 г. появляется типография<br />
Т. Неймана, где впервые в Одессе установили скоропечатную<br />
машину, выполнявшую 1 000 оттисков<br />
в час. В 1849 г. заведение переходит к саксонскому<br />
подданному Л. Нитче (1818–1904), который продолжает<br />
издание «Собеседника», в 1863 г. становится<br />
издателем «Одесской газеты», а затем и<br />
ее редактором. Это было большое предприятие,<br />
всегда оснащенное современным оборудованием.<br />
С учетом европейских новшеств исполнялись заказы<br />
на печатание сочинений на всех европейских<br />
языках, изготовление литографий рисунков,<br />
портретов, нот и др. В отдельные годы она имела<br />
самые большие заказы на печатание периодических<br />
изданий на русском и немецком языках.<br />
К концу ХIX в. типография продолжала оставаться<br />
одной из самых крупных, производя продукцию<br />
на 26 тыс. руб. в год и отливая до 1 100 пудов<br />
шрифтов, продававшихся типографиям в Новороссии.<br />
Наследники Нитче продолжали удерживать<br />
первенствующее положение заведения, годовая<br />
производительность которого к 1914 г. повысилась<br />
почти вдвое.<br />
В Саратове в 1864 г. начала печататься «Саратовская<br />
немецкая газета», выходившая всего два года.<br />
В начале 1880‐х гг. кое-кто из современников, глядя<br />
на «нашу прессу», опасался всераспространяющегося<br />
«онемечения» России (К. В. Трубников). По его словам,<br />
«популярные политические газеты, иллюстрированные<br />
издания, а также официозный орган Министерства<br />
иностранных дел, не говоря о чисто немецкой<br />
Илл. 448<br />
Илл. 449<br />
Илл. 450<br />
Илл. 451<br />
451. «Саратовская<br />
немецкая газета».<br />
1864. № 2<br />
„Saratowsche<br />
Deutsche Zeitung“<br />
Nr. 2 (1864).<br />
451
452 453<br />
452, 453.<br />
Юбилейный альбом, изданный Г. Гоппе. С.-Петербург. 1872<br />
Jubiläumsalbum, herausgegeben von H. Hoppe. St. Petersburg, 1872<br />
454<br />
455 456<br />
454. Издание типографии Ю. Н. Эрлиха. С.-Петербург, 1902<br />
Druckerzeugnis der Druckerei Ju.N. Ehrlich. St. Petersburg, 1902<br />
455. Издание книготоргового дома И. Дейбнер. Москва. 1896.<br />
Druckerzeugnis der Buchhandlung J. Deubner. Moskau, 1896.<br />
456. Реклама акционерного общества «Словолитни О. И. Леман», основанного<br />
в Санкт‐Петербурге (1854). Начало ХХ в.<br />
Werbung der 1854 in St. Petersburg gegründeten Aktiengesellschaft<br />
„Schriftgießerei O. I. Lehmannn“. Anfang 20. Jh.<br />
457. Образцы шрифтов из каталога акционерного общества «Словолитни<br />
О. И. Леман» (Москва, С.-Петербург). После 1910<br />
Schriften-Muster aus dem Katalog der Aktiengesellschaft „Schriftgießerei<br />
O. I. Lehmann“ (Moskau, St. Petersburg) und Buchdeckel. Nach 1910<br />
458. Бывшая словолитня Т. Киббеля (С.-Петербург). Фото. 2010<br />
Ehemalige Schriftgießerei Th. Kibbel (St. Petersburg). Foto. 2010<br />
459. Словолитня О. И. Лемана (С.-Петербург). Фото. Начало ХХ в.<br />
Schriftgießerei O. I. Lehmann (St. Petersburg). Foto. Anfang 20. Jh.<br />
457
Немцы в российской истории 197<br />
Österreich“. Dabei „rissen sich die aus Deutschland und<br />
Österreich zugereisten Deutschen und Juden kraft ihres<br />
Kapitals oder durch unmittelbare persönliche Mitarbeit in<br />
den Redaktionen bzw. Kooperation die einflussreichsten<br />
und populärsten Periodika unter den Nagel“.<br />
Sowohl die eine, als auch die andere Tendenz, deutsches<br />
„Kapital“ und „unmittelbare deutsche Beteiligung“ am<br />
Verlagswesen Russlands, lassen sich statistisch belegen.<br />
So fügen sich z. B. die Investitionen der Leipziger Firmen<br />
Brockhaus und Meyer in den russischen Büchermarkt<br />
voll und ganz in das Gesamtbild der damaligen Zeit ein,<br />
da mehr als die Hälfte der Investitionen in die Industrie<br />
Russlands zwischen 1893 und 1905 aus ausländischem<br />
Kapital stammt. Und was die „direkte Beteiligung“ betrifft,<br />
so waren ca. 25 % der Eigentümer typografischer<br />
Betriebe im Petersburg des ausgehenden 19. Jahrhunderts<br />
ethnische Deutsche. In Moskau lag der Anteil in dieser<br />
Zeit bei 13 %. Ebenso groß war der Anteil von Meistern<br />
(Faktoristen, Geschäftsführern, Leitern, Metteuren) und<br />
einfachen Arbeitern. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
geht der Anteil von Deutschen zurück, trotzdem gibt es<br />
1903 in Petersburg noch 14 % Meister und in Moskau<br />
fünf Prozent.<br />
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges änderte sich die<br />
Lage radikal. Was folgte, waren die Ausreise deutscher<br />
Staatsbürger aus Russland oder deren Internierung, aber<br />
auch der Pogrom gegen noch verbliebene deutsche Firmen,<br />
darunter auch Buchdruckereien, in Moskau im Mai<br />
1915. Dem folgten Verordnungen und Erlasse, die die<br />
Herausgabe deutschsprachiger Bücher und Periodika in<br />
Russland einschränkten. Die zeitweilige Rückgabe von<br />
Druckereien an ihre ehemaligen deutschen Besitzer nach<br />
dem Abschluss des Friedensvertrages von Brest-Litowsk<br />
blieb nur eine kurze Episode.<br />
Abb.<br />
452–457<br />
Abb.<br />
458, 459<br />
печати, находятся в руках немцев или германских и<br />
австрийских евреев». При этом «заезжие из Германии<br />
и Австрии немцы и евреи забрали в свои руки, силою<br />
капитала или непосредственным своим участием<br />
в редакции или сотрудничестве, самые влиятельные<br />
и популярные периодические издания».<br />
И та и другая тенденция – немецкий «капиал» и немецкое<br />
«непосредственное участие» в издательском<br />
деле России – подтверждаются статистическими<br />
данными. Так, например, инвестиции лейпцигских<br />
фирм Брокгауза и Мейера в русский книжный рынок<br />
вполне вписываются в общую картину того времени,<br />
когда больше половины вложений в промышленность<br />
России в 1893–1905 гг. составлял иностранный<br />
капитал. А если посмотреть на «непосредственное<br />
участие», то примерно 25 % владельцев типографских<br />
фирм в Петербурге в последней четверти ХIX в.<br />
были этнические немцы. В Москве их доля в этот<br />
период составляла 13 %. Примерно таким же был<br />
процент мастеров (факторов, заведующих, управляющих,<br />
метранпажей) и рядовых рабочих. В начале<br />
ХХ в. доля немцев снижается, но в 1903 г. в Петербурге<br />
все еще 14 % мастеров, в Москве – 5 %.<br />
С началом Первой мировой войны положение резко<br />
изменилось. Последовали выезд германскоподданных<br />
из России или их интернирование, а в мае<br />
1915 г. – погром в Москве еще оставшихся немецких<br />
фирм, в том числе книжных предприятий.<br />
За ними были выпущены постановления и указы,<br />
ограничивавшие издание в России книг и периодики<br />
на немецком языке. Кратковременное возвращение<br />
бывшим владельцам-немцам их типографий после<br />
заключения Брест-Литовского мирного договора<br />
осталось эпизодом.<br />
Илл.<br />
452–457<br />
Илл.<br />
458, 459<br />
459<br />
458
198 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Deutsche Verleger und ihr<br />
Anteil an der Bildung<br />
von Berufsverbänden<br />
und Berufsvereinigungen<br />
Im Verlauf des gesamten 19. Jahrhunderts war das Bemühen<br />
der im Buchwesen arbeitenden Deutschen um<br />
Zusammenschluss zu beobachten, sei es auf nationaler<br />
beruflicher, oder rein beruflicher Basis.<br />
Anfangs schlossen sich Drucker zu Kassen der gegenseitigen<br />
Hilfe zusammen, wie man sie aus Deutschland kannte.<br />
In Petersburg wurde ein Hilfsfonds gegründet, der 1840<br />
offiziell zugelassen wurde. Mitglieder waren ausschließlich<br />
deutschsprachige Arbeiter, Meister und Druckereibesitzer.<br />
Zunächst als „Hilfskasse des Druckereiverbandes in<br />
St. Petersburg“ gegründet, erweiterte sie sich im 50. Jahr<br />
ihres Bestehens zur „Hilfskasse für Drucker, Schriftgießer,<br />
Lithografen, Holzschneider und Fotografen in St. Petersburg“.<br />
Parallel dazu gab es ab Ende 1864 in Petersburg auch<br />
noch für Russen die „Hilfskasse für Schriftsetzer“ und ab<br />
1899 die „Begräbniskasse für Arbeiter im Druckereiwesen“.<br />
Leider gibt es keine Angaben darüber, wie weit sich diese<br />
Petersburger Organisationen mit der Zeit vom nationalen<br />
Prinzip entfernten.<br />
In Moskau wurde 1869, zunächst nur für Deutsche, die<br />
erste „Hilfskasse für Drucker“ gegründet, die erst nach<br />
dem Zusammenschluss mit der gleichzeitig gegründeten<br />
russischen Kasse ihre Zulassung erhielt.<br />
Daneben gab es auch Bemühungen um eine Vereinigung<br />
der Buchhändler. 1840 fand ein Delegiertenkongress deutscher<br />
Buchhändler aus den baltischen Gouvernements, aus<br />
Petersburg und Moskau statt. Ihre Forderungen waren:<br />
Gründung eines Vereins oder einer Vereinigung aller<br />
deutschen Buchhandlungen Russlands und die Einrichtung<br />
einer „Hilfskasse zur Unterstützung der vereinigten<br />
Buchhändler sowie deren Witwen und Waisen“. Aber<br />
weder ein Verein noch eine Hilfskasse kamen auf diese<br />
Weise zustande.<br />
Von diesen Forderungen heben sich die Vorschläge des aus<br />
Schlesien stammenden Buchhändlers Eduard Pelz (1800–<br />
1876) ab, der von 1836 bis 1839 in Petersburg bei Eggers<br />
arbeitete. Pelz, der nicht als Kongressteilnehmer genannt<br />
wurde, forderte in seinen Artikeln den Zusammenschluss<br />
aller, nicht nur deutscher, Buchhändler Russlands in einer<br />
Innung, aber seine Bemühungen waren vergebens. Der<br />
Minister für Bildung, S. S. Uwarow, der Pelz eine Audienz<br />
gewährt hatte, wimmelte diesen schnell wieder ab. Als<br />
Pelz sich darüber bei F. Bulgakow, den er zufällig auf der<br />
Straße traf, beschwerte, bekam er zu hören, „die deutsche<br />
Manier eigne sich nicht für Russland“. Was der konkrete<br />
Grund für die Absage war, ließ sich nicht feststellen.<br />
Die Gründung eines reinen und für Angehörige unterschiedlicher<br />
Nationalitäten offenen Berufsverbandes für<br />
Verleger nach dem Vorbild des „Börsenvereins“ der Verleger<br />
in Deutschland schlug 1861 der Verleger Wilhelm<br />
Henckel vor. Der Versuch war nicht von Erfolg gekrönt. Erst<br />
nach weiteren Anstrengungen gelang es, den „Russischen<br />
Verein der Buchhändler und Verleger“ zu gründen, in dessen<br />
Adressbuch von 1892 sich neben russischen Vertretern<br />
des Buchwesens auch die Namen deutscher Buchhändler<br />
Немцы-издатели<br />
и их участие в создании<br />
профессиональных<br />
обществ и союзов<br />
В течение всего ХIX в. наблюдалось стремление немцев,<br />
работавших в книжном деле, к объединению<br />
то на национально-профессиональной, то на чисто<br />
профессиональной основе.<br />
Первоначально типографщики объединились в кассы<br />
взаимопомощи по образцу известных им в Германии.<br />
В Петербурге был создан фонд взаимопомощи, официально<br />
утвержденный в 1840 г. Его членами являлись<br />
исключительно немецкоговорящие рабочие, мастера<br />
и владельцы типографий. Изначально основанная как<br />
«Вспомогательная касса „Общества типографщиков<br />
в С.‐Петербурге“» в год своего 50‐летия она расширилась<br />
во «Вспомогательную кассу для типографов, словолитчиков,<br />
литографов, ксилографов и фотографов<br />
в С.‐Петербурге». Параллельно с ней с конца 1864 г.<br />
в Петербурге существовали «Вспомогательная касса<br />
наборщиков» для русских, а с 1899 г. «Похоронная касса<br />
труженников печатного дела». К сожалению, нет данных<br />
о том, насколько эти петербургские организации<br />
со временем ушли от национального принципа.<br />
В Москве в 1869 г. была основана первая (изначально<br />
только для немцев) «Вспомогательная касса типографов»,<br />
которую утвердили лишь после ее объединения<br />
с одновременно основанной русской кассой.<br />
Наряду с этим предпринимаются попытки объединения<br />
книготорговцев. В 1840 г. состоялся съезд<br />
делегатов от немцев-книготорговцев прибалтийских<br />
губерний, Петербурга и Москвы. Его требованиями<br />
стали – создание союза или объединения всех немецких<br />
книжных магазинов России и учреждение<br />
«Вспомогательной кассы в помощь обедневшим книготорговцам,<br />
их вдовам и сиротам». Ни союз, ни<br />
вспомогательная касса так и не были созданы.<br />
На фоне этих требований выделяются проекты книготорговца<br />
Эдуарда Пельца (1800–1876), выходца из Силезии,<br />
работавшего в 1836–1839 гг. в Петербурге у<br />
Эггерса. Пельц (не названный в числе участников<br />
съезда) требовал в своих статьях объединения всех<br />
книготорговцев России (не только немцев) в одну<br />
корпорацию, но его старания были напрасны. Министр<br />
просвещения С. С. Уваров очень быстро отделался<br />
от Пельца на предоставленной ему аудиенции.<br />
Жалуясь на это случайно встретившемуся на улице<br />
Ф. Булгакову, Пельц услышал в ответ, что «германский<br />
манер не годится для России». В чем заключалась конкретная<br />
причина отказа, установить не удалось.<br />
Профессиональное общество издателей по образцу<br />
немецкого общества издателей «Börsenverein»<br />
в 1861 г., членами которого могли бы стать издатели<br />
различных национальностей, предлагал создать издатель<br />
В. Е. Генкель. Попытка оказалась безрезультатной.<br />
Лишь после дальнейших усилий удалось<br />
создать «Русское общество книгопродавцев и издателей»,<br />
в адресной книге которого (1892) наряду<br />
с русскими работниками книжного дела встречаются
Немцы в российской истории 199<br />
aus Moskau (der Drucker und Verleger O. O. Herbeck<br />
und der Buchhändler A. A. [A. I.] Lang) oder Petersburg<br />
(H. Hoppe, Ricker, Schmiedorf u. a) fanden.<br />
Deutsche Buchverleger in Russland<br />
vor dem Ersten Weltkrieg<br />
Die deutlichste Spur hinterließen deutsche Verleger in Russland<br />
mit der Herausgabe deutschsprachiger Bücher. Große<br />
wissenschaftliche Gemeinschaftsprojekte der letzten 20 Jahre,<br />
wie die Moskauer Enzyklopädie „Nemzy Rossii“ („Die<br />
Deutschen Russlands“) oder die Petersburger Sammelbände<br />
„Nemzy v Rossii“ („Die Deutschen in Russland“) haben Forschungsbeiträgen<br />
über in Russland veröffentlichte deutsche<br />
Bücher und Periodika viel Platz eingeräumt. 1995 und 1996<br />
gab es in Deutschland, ebenso wie 1999 in Russland auch,<br />
Ausstellungen zu dieser Literatur. In Moskau war dies eine<br />
Gemeinschaftsausstellung der Russischen Staatsbibliothek<br />
mit dem IVDK, dem Verlag „Gotika“ u. a. „Literarische<br />
Bruderschaft“. Ebenfalls in den 1990er Jahren erschienen<br />
Artikel und Kataloge zu deutschen Büchern aus einzelnen<br />
Sammlungen der Öffentlichen historischen Staatsbibliothek<br />
(der ehemaligen Tschertkow-Bibliothek und der ehemaligen<br />
Bibliothek des Instituts der Roten Professur).<br />
Die Sammlung aller uns Ende des 20. Jahrhunderts zugänglichen<br />
Daten, unter Berücksichtigung des damals noch nicht<br />
möglichen Abgleichs in global zugänglichen elektronischen<br />
Katalogen, macht deutlich, dass ungeachtet des ständig<br />
sinkenden Anteils deutschsprachiger Literatur in Russland<br />
die absoluten Zahlen von Jahrhundert zu Jahrhundert stiegen.<br />
Im 18. Jahrhundert wurden 17,7 % aller in Russland<br />
erschienenen Bücher in deutscher Sprache gedruckt. Im<br />
19. Jahrhundert waren es immer noch elf Prozent und<br />
zwischen 1910 und 1913 immer noch insgesamt 2,5 %. In<br />
absoluten Zahlen ausgedrückt erschienen zwischen 1701<br />
und 1800 2 218 deutschsprachige Titel, zwischen 1801 und<br />
1900 etwa 16 650 deutschsprachige Titel und von 1910 bis<br />
1913 immerhin noch 1 601 deutschsprachige Titel.<br />
War die Zahl deutschsprachiger Bücher, die zwischen 1914<br />
und 1924 oder selbst bis 1928 (also in den Jahren von Krieg,<br />
Revolutionen und NÖP) sehr klein, so erreichte die Zahl der<br />
deutschsprachigen Bücher, die in der Sowjetunion zwischen<br />
1928 und 1984 herausgegeben wurden, 18 744 Titel, was<br />
lediglich einem Anteil von 0,5 % aller in diesen Jahren im<br />
Land veröffentlichten Bücher entsprach.<br />
Wenn man sich aufmerksam mit den deutschsprachigen<br />
Werken, ihren Autoren, Grafikern, Druckern und Buchbindern<br />
befasst, wird offensichtlich, dass sie alle nicht nur<br />
Teil der deutschen, sondern auch der russischen Buchgeschichte<br />
sind. Als Beispiel mag der aus Leipzig stammende<br />
Carl Kray d. Ä. (1773–1832), Eigentümer einer Druckerei,<br />
einer Buchhandlung und einer Lese-Bibliothek in Petersburg,<br />
Verleger deutscher, französischer, polnischer und<br />
auch russischer Bücher, dienen. Sein Sohn, Carl Kray d. J.<br />
(1809–1874), kam schon in Petersburg zur Welt. Als er<br />
1833 die Druckerei und die Letterngießerei erbte, druckte<br />
er zwar weiterhin Bücher in deutscher Sprache, aber der<br />
Anteil der von ihm veröffentlichten russischen Bücher stieg<br />
sehr stark an. Seine bekannteste Arbeit war das ab 1847<br />
Abb. 460<br />
Abb. 461<br />
Abb. 462<br />
Abb.<br />
463, 464<br />
Abb. 465<br />
фамилии немецких книжников из Москвы (типограф<br />
и издатель О. О. Гербек, книготорговец<br />
А. А. (А. И.) Ланг) и Петербурга (Г. Гоппе, Риккер,<br />
Шмицдорф и др.).<br />
Немцы – издатели книг в России<br />
до Первой мировой войны<br />
Наиболее яркий след оставили в России немцы-издатели<br />
публикацией на немецком языке. Большие<br />
коллективные научные проекты последних 20 лет,<br />
московская энциклопедия «Немцы России» и петербургские<br />
сборники «Немцы в России» отвели<br />
много места исследованиям об изданных в России<br />
книгах и периодике на немецком языке. Состоялись<br />
выставки этой литературы в Германии в 1995 и<br />
1996 гг. и России в 1999 г. (совместная выставка РГБ,<br />
МСНК, издательства «Готика» и др. «Литературный<br />
брудершафт»). В те же 1990‐е гг. изданы статьи и<br />
каталоги, посвященные немецким книгам, представленным<br />
в отдельных коллекциях Государственной<br />
публичной исторической библиотеки (бывшие<br />
Чертковская библиотека и библиотека Института<br />
красной профессуры).<br />
Свод всех доступных нам к концу ХХ в. данных<br />
(принимая во внимание тогдашнюю невозможность<br />
их перепроверки в электронных каталогах<br />
глобальной сети) явно показывает, что, несмотря<br />
на постоянное снижение процентной доли изданной<br />
в России немецкоязычной литературы, ее количество<br />
росло из столетия в столетие. В XVIII в. 17,7 %<br />
всех вышедших в России книг были напечатаны<br />
на немецком языке. В XIX в. их было около 11 %,<br />
а в 1910–1913 гг. всего 2,5 %. В абсолютных цифрах<br />
за 1701–1800 гг. вышло 2 218 немецкоязычных названий,<br />
за 1801–1900 гг., предположительно, 16 650,<br />
в 1910–1913 гг. – 1 601 название.<br />
Если немецкоязычных книг, изданных с 1914<br />
по 1924 г. или даже до 1928 г. (т. е. за годы войны,<br />
революций и НЭПа), несравненно мало, то<br />
их количество, изданное в СССР в 1928–1984 гг.,<br />
достигло 18 744 наименований, составив лишь 0,5 %<br />
всех изданных в стране за этот период книг.<br />
Если обратить внимание на тематику немецкоязычных<br />
изданий, их авторов, графиков, типографов,<br />
переплетчиков, то становится очевидным,<br />
что они являются частью не только немецкой,<br />
но и русской книжной истории. Пример тому –<br />
Карл Край-старший (1773–1832), родом из Лейпцига,<br />
в 1815 г. владелец типографии, книжного<br />
магазина и библиотеки для чтения в Петербурге,<br />
издатель книг не только на немецком, французском<br />
и польском языках, но и на русском. Его сын – Карл<br />
Край-младший (1809–1874) родился уже в Петербурге.<br />
Унаследовав в 1833 г. типографию и словолитню,<br />
он продолжал печатать книги на немецком<br />
языке, но доля выпущенных им книг на русском<br />
языке очень возросла. Самое известное из его изданий<br />
– выпускавшийся с 1847 г. многотомный<br />
Илл. 460<br />
Илл. 461<br />
Илл. 462<br />
Илл.<br />
463, 464<br />
Илл. 465
462<br />
460<br />
460. Издатель Г. Гоппе (1836–1885), уроженец<br />
Вестфалии. Фото. 1880-е гг.<br />
Herausgeber H. Hoppe (1836–1885),<br />
gebürtig aus Westfalen. Foto. 1880er Jahre<br />
463<br />
461<br />
464<br />
465<br />
461. Реклама выставки немецкоязычных<br />
изданий Москвы и Санкт-Петербурга<br />
1731–1991 гг., проходившей<br />
в Люнебурге. 1996<br />
Reklame der Ausstellung deutschsprachiger<br />
Veröffentlichungen aus Moskau und<br />
St. Petersburg der Jahre 1731–1991,<br />
die in Lüneburg stattfand. 1996<br />
462. Приглашение на выставку «Литературный<br />
брудершафт» в Москве. 1999<br />
Einladung zur Ausstellung „Literarische<br />
Bruderschaft“ in Moskau. 1999<br />
463. Издание на немецком языке издательства «Эггерс и К°». С.-Петербург. 1858<br />
Deutschsprachige Veröffentlichung des Verlags „Eggers & Co“.<br />
St. Petersburg, 1858<br />
464. Издание на немецком языке издательства Императорского двора<br />
Г. Шмитцдорфа. С.-Петербург. 1874<br />
Deutschsprachige Veröffentlichung des Kaiserlichen Verlags H. Schmitzdorff.<br />
St. Petersburg, 1874<br />
465. Одно из малоизвестных изданий К. Края-младшего на военную тему.<br />
С.‐Петербург. 1837<br />
Eine wenig bekannte Veröffentlichung von C. Kray d. J. zu einem Kriegsthema.<br />
St. Petersburg, 1837
Немцы в российской истории 201<br />
erschienene mehrbändige Enzyklopädische Wörterbuch<br />
von A. Startschewskij.<br />
Der Drucker Theodor Friedrich Ries (1840–1895), ein<br />
Oldenburger Untertan, war 1870 Gründer und erster<br />
Verleger der „Moskauer Deutschen Zeitung“, die die ersten<br />
Kapitel aus Lew Tolstojs „Krieg und Frieden“ in deutscher<br />
Übersetzung abdruckte. In Rieses Druckerei wurde am<br />
Ende der 1860er Jahre übrigens auch die russische Ausgabe<br />
des Romans gedruckt. Später kamen noch weitere<br />
Werke Tolstojs hinzu. Dabei wird die komplizierte Beziehung<br />
zwischen beiden in Briefen Tolstojs verdeutlicht.<br />
Ries, Zeitgenossen zufolge „das wunderbarste Exemplar<br />
eines Deutschen“ (N. N. Strachow), wird auch von Tolstoj<br />
nach ihrer ersten Bekanntschaft 1867 als „braver Kerl,<br />
praktischer und akkurater Deutscher“ bezeichnet. Aber<br />
sowie es beim Druck des einen oder anderen Werkes zu<br />
ersten Verzögerungen kam, wurde Ries in Tolstojs Briefen<br />
schnell zum „verfluchten Ries“ (1869). Auf stärkere<br />
Ausdrücke wollen wir hier verzichten. Ende der 1870er<br />
Jahre allerdings lobt Tolstoj den Drucker wieder für seine<br />
„Gutmütigkeit“ (1877).<br />
F. Ries war der Drucker der Werke Tolstojs. Der Verleger<br />
des Tolstoj-Romans „Auferstehung“ war jedoch Adolf<br />
Marx; zunächst, ab 1899, in seiner Zeitschrift „Niwa“<br />
(„Das Feld“), später auch als Gesamtausgabe „mit Illustrationen<br />
des Malers L. O. Pasternak“. Adolf Marx (1838–<br />
1904), preußischer Untertan, der einem Zeitzeugen zufolge<br />
„sehr schlecht“ russisch sprach (Librowitsch), galt seinem<br />
Biografen zufolge „zu Recht als einer der bedeutendsten<br />
Verleger Russlands“ (E. A. Dienerstein). Sein Ruhm gründete<br />
sich vor allem auf der illustrierten Zeitschrift „Niwa“,<br />
die er 1869 nach dem Vorbild der deutschen Zeitschrift<br />
„Die Gartenlaube“ gegründet hatte. „Niwa“ mit ihren vielen<br />
Beilagen war schon bald eine der populärsten russischen<br />
Zeitschriften.<br />
Abb. 466<br />
Abb. 467<br />
Abb.<br />
468, 469<br />
Abb. 470<br />
Abb. 471<br />
«Справочно-энциклопедический словарь» А. Старчевского.<br />
Федор Федорович Рис(с) (Теодор Фридрих Генрих)<br />
(1840–1895), ольденбургский подданный, типограф,<br />
основатель (1870) и первый издатель «Московской<br />
немецкой газеты» в немецком переводе опубликовал<br />
в ней первые главы романа Л. Н. Толстого «Война и<br />
мир». В типографии Риса с конца 1860‐х гг. печаталось<br />
и русское издание романа, а позже и некоторые<br />
другие сочинения Толстого. При этом сложность их<br />
взаимоотношений вполне ярко отражена в письмах<br />
Толстого. Рис, по свидетельству современников, «прекраснейший<br />
экземпляр немца» (Н. Н. Страхов), и у<br />
Толстого после их первого знакомства фигурирует<br />
как «молодчина, практический и аккуратный немец»<br />
(1867). Но как только появляются первые задержки<br />
печатания того или другого сочинения, Рис быстро<br />
превращается в письмах Л. Н. Толстого в «проклятого<br />
Риса» (1869). Более сильные выражения здесь опущены.<br />
Однако в конце 1870‐х гг. Толстой снова хвалит<br />
типографа за его «добродушие» (1877).<br />
Ф. Рис был типографом сочинений Л. Н. Толстого, а издателем<br />
его романа «Воскресение» стал А. Ф. Маркс, –<br />
сначала на страницах своего журнала «Нива» (с 1899 г.),<br />
а затем отдельным изданием «с рисунками художника<br />
Л. О. Пастернака». Адольф Федорович Маркс (1838–<br />
1904), прусский подданный и, по свидетельству современника,<br />
«очень плохо» говоривший по-русски (Либрович),<br />
по словам его биографа, «по праву считается одним<br />
из крупнейших издателей России» (Е. А. Динерштейн).<br />
Его слава прежде всего основана на созданном им по образцу<br />
немецкого журнала «Die Gartenlaube» («Беседка»)<br />
иллюстрированном журнале «Нива» (1869), вскоре ставшем<br />
одним из самых популярных российских журналов,<br />
и многочисленных к нему приложениях.<br />
Илл. 466<br />
Илл. 467<br />
Илл.<br />
468, 469<br />
Илл. 470<br />
Илл. 471<br />
466. Словарь А. Старчевского (1847–1855)<br />
Wörterbuch von A. Startschjewskij (1847–1855)<br />
466
469<br />
467<br />
468<br />
470<br />
467. «Московская немецкая газета». 1910<br />
„Moskauer Deutsche Zeitung“. 1910<br />
468. А. Ф. Маркс в редакции журнала «Нива».<br />
Е. Самокиш-Судковская. 1904<br />
A. F. Marx in der Redaktion der Zeitschrift „Niwa“.<br />
E. Samokisch-Sudkowskaja. 1904<br />
469. Герб издателя А. Ф. Маркса с девизом<br />
«Неустанными трудами». Начало ХХ в.<br />
Wappen des Herausgebers A. F. Marx mit der Devise<br />
„Mit unermüdlichen Fleiß“. Anfang XX. Jh.<br />
470. Журнал «Нива». 1891<br />
Zeitschrift „Niwa“. 1891
Немцы в российской истории 203<br />
Im Verlaufe von 35 Jahren verlegte Marx die Werke<br />
A. Gribojedows, N. Gogols, D. Fonwisins, F. Dostojewskijs,<br />
I. Turge njews, A. Tschechows, anderer zeitgenössischer Schriftsteller<br />
und bereits verstorbener Klassiker der russischen<br />
Literatur. Er begann als einer der ersten aufwendig illustrierte<br />
Werke herauszugeben. So wurden von ihm der Weltatlas<br />
„Bolschoj vsemirnyj nastolnyj atlas“ („Großer Handatlas<br />
der ganzen Welt“) und noch weitere Werke verlegt. Als<br />
erster in ganz Russland rüstete Marx seine Druckerei<br />
mit einer Rotationsdruckmaschine und hochproduktiven<br />
Zylinderdruckmaschinen aus Deutschland aus. Durch ständige<br />
Modernisierung und Vergrößerung der Produktion hatte er<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts ein modernes und komplexes<br />
Unternehmen geschaffen, das mit elektrischem Strom arbeitete.<br />
150 Drucktische, 700 Arbeiter und ca. 300 Angestellte setzten<br />
seine Ideen um. Die jährliche Auflage der hier gedruckten<br />
„Niwa“ erreichte 275 000 Exemplare. Ein bekannter Publizist<br />
gestand ein, A. Marx habe „für Russland mehr getan, als<br />
mancher Volksbildungsminister“.<br />
Ende des 19. Jahrhunderts sind die Deutschen als Drucker<br />
und Verleger in persona nicht mehr so stark im Buchwesen<br />
in Petersburg und Moskau vertreten. Dafür stieg die Beteiligung<br />
der Deutschen, die sich als Investoren im Verlagswesen<br />
Russlands engagierten. Als Beispiel dient die Beteiligung der<br />
deutschen Firma Brockhaus an dem gemeinsamen Projekt<br />
einer Enzyklopädie zusammen mit I. A. Efron. Das enzyklopädische<br />
Wörterbuch, in der Bibliothekspraxis Russlands<br />
bis heute als „Der Brockhaus“, im deutschen Sprachgebrauch<br />
als „Der russische Brockhaus“ bekannt, erschien von 1890<br />
bis 1907 in 82 Halbbänden und vier Ergänzungsbänden,<br />
wobei sich die Enzyklopädie von Band zu Band von der<br />
deutschen Enzyklopädie, die als Vorbild diente, löste. Die<br />
russische Ausgabe der Enzyklopädie betrachteten bereits<br />
Zeitgenossen als besten Wissensspeicher seiner Zeit. Ein<br />
Beleg dafür mag sein, dass sie in Lenins Arbeitszimmer<br />
Abb. 472<br />
Abb. 473<br />
Abb.<br />
474–476<br />
На протяжении 35 лет Маркс издавал сочинения<br />
А. Грибоедова, Н. Гоголя, Д. Фонвизина, Ф. Достоевского,<br />
И. Тургенева, А. Чехова, современных ему писателей<br />
и уже умерших классиков русской литературы.<br />
Одним из первых он приступил к выпуску роскошных<br />
иллюстрированных изданий. Им издан также<br />
«Большой всемирный настольный атлас». Первым<br />
в России Маркс оснастил типографию скоропечатной<br />
ротационной машиной и высокопроизводительными<br />
скоропечатными машинами германского производства.<br />
Постоянно модернизируя и увеличивая свое<br />
производство, он создал к началу ХХ в. современное<br />
комплексное предприятие с использованием электричества.<br />
150 печатных станков, 700 рабочих и<br />
около 300 служащих осуществляли его замыслы.<br />
Годовой тираж печатавшейся здесь «Нивы» достигал<br />
275 тыс. экз. По признанию одного известного<br />
публициста, А. Маркс сделал «для России больше,<br />
чем иной министр народного просвещения».<br />
Личное участие немцев, типографов и издателей,<br />
в книжном деле Петербурга и Москвы к концу XIX в.<br />
уменьшается. Одновременно усиливается участие<br />
немцев в качестве инвесторов в издательское дело<br />
России. Примером служит участие германской<br />
фирмы «Брокгауз» в совместном энциклопедическом<br />
проекте с И. А. Ефроном. Энциклопедический<br />
словарь, в библиотечной практике России по сей<br />
день известный под именем «Брокгауз» (в немецкой<br />
практике как «русский Брокгауз»), выходил<br />
с 1890 по 1907 г. в 82 полутомах и 4 дополнительных,<br />
из тома в том все больше особождаясь<br />
от немецкого издания энциклопедии, служившей<br />
образцом. Русское издание энциклопедии уже современниками<br />
рассматривалось как лучший свод<br />
знаний своего времени. Доказательством тому<br />
Илл. 472<br />
Илл. 473<br />
Илл.<br />
474–476<br />
471. Реклама на литературные<br />
приложения к журналу «Нива»<br />
на 1912 г. Н. Самокиш.<br />
Плакат. 1911<br />
Reklame für Literaturbeilagen zur<br />
Zeitschrift „Niwa“ auf das Jahr 1912.<br />
N. Samokisch. Plakat. 1911<br />
472. Произведения А. П. Чехова<br />
издания А. Ф. Маркса. 1903<br />
Werke A. P. Tschechows,<br />
herausgegeben<br />
von A. F. Marx. 1903<br />
472<br />
471
474<br />
473<br />
475<br />
473. Иллюстрированный обзор ХIХ столетия, изданный А. Ф. Марксом. 1901<br />
Illustrierter Rückblick auf das 19. Jh., herausgegeben von A. F. Marx. 1901<br />
474–476.<br />
«Русский Брокгауз». Иллюстрации к статье «Типографское дело»<br />
„Der Russische Brockhaus“, Illustrationen zum Beitrag „Buchdruckwesen“<br />
476
Немцы в российской истории 205<br />
im Kreml direkt hinter dem Schreibtisch im Regal stand.<br />
Die Reprintausgabe der Enzyklopädie aus der Zeit nach der<br />
Perestrojka ist auch auf Fotos von Kremlbüros der heutigen<br />
Zeit zu sehen. In elektronischer Form sind die Artikel heute<br />
auch über das Internet zugänglich.<br />
Zehn Jahre nach den ersten Brockhaus-Bänden erscheint von<br />
1900 bis 1909 in 22 Bänden die Enzyklopädie „Bolschaja<br />
enziklopedija. Slowar obschtschedostupnych swedenij po<br />
wsem otrasljam znanija“ („Große Enzyklopädie. Wörterbuch<br />
allgemein zugänglicher Erkenntnisse aus allen Wissensgebieten“)<br />
in der Redaktion von S. Juschakow in der Buchverlagsgenossenschaft<br />
„Prosweschtschenije“ („Bildung“) in<br />
St. Petersburg in Zusammenarbeit mit dem Bibliografischen<br />
Institut Meyer in Leipzig und Wien. Der Verlag „Prosweschtschenije“<br />
wurde 1896 von N. S. Zetlin gegründet,<br />
wobei die Hälfte des Kapitals von Meyer, dem Herausgeber<br />
der Enzyklopädie, die auf dem deutschen Markt in Konkurrenz<br />
zum Brockhaus stand, in Leipzig angelegt wurde. Aber<br />
bereits 1905 kaufen N. und L. Zetlin diesen Anteil auf. Ungeachtet<br />
dessen wird in der deutschen Bibliothekspraxis die<br />
„Große Enzyklopädie“ bis zum heutigen Tag als „russischer<br />
Meyer“ bezeichnet, während sie in der russischen Praxis als<br />
„Juschakows Wörterbuch“ bekannt ist.<br />
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ist parallel zu dem immer<br />
geringer werdenden persönlichen Engagement auf dem<br />
Büchermarkt der Hauptstädte und den dafür zunehmenden<br />
Kapitalinvestitionen die Tendenz zu beobachten, dass immer<br />
mehr deutschsprachige Druckerzeugnisse aus kompakten<br />
Siedlungsgebieten der deutschen Landbevölkerung kommen.<br />
1886 wurde in Russland die ersten mennonitische Druckerei<br />
„Raduga“ („Regenbogen“) mit dem Hauptkontor in der Kolonie<br />
Neu-Halbstadt und einer Filiale in Petersburg gegründet.<br />
Es werden nicht nur immer mehr Bücher in russischer und<br />
deutscher Sprache verlegt, sondern, insbesondere nach 1905,<br />
auch Zeitungen. Ab 1906 erscheint die „Deutsche Volkszeitung“<br />
in Saratow und die „Kaukasische Post“ in Tiflis.<br />
In der Kolonie Eigenfeld, Gouvernement Taurien, erscheint<br />
ab 1910 die Zeitung „Der Landwirt“.<br />
Abb.<br />
477, 478<br />
Abb. 479<br />
Abb. 480<br />
Abb. 481<br />
Abb. 482<br />
может служить ее наличие в кремлевском кабинете<br />
В. И. Ленина. Репринтное издание энциклопедии<br />
после перестроечного времени заметно и на снимках<br />
кремлевских кабинетов нашего времени. В электронном<br />
виде её статьи доступны в интернете.<br />
Через 10 лет после появления первых томов Брокгауза,<br />
в 1900–1909 гг. выходит в 22 томах «Большая<br />
энциклопедия. Словарь общедоступных сведений<br />
по всем отраслям знания» под редакцией С. Южакова<br />
в книгоиздательском товариществе «Просвещение»<br />
в Санкт-Петербурге совместно с Библиографическим<br />
институтом (Мейер) в Лейпциге и Вене. Издательство<br />
«Просвещение» было основано в 1896 г. Н. С. Цетлиным,<br />
причем половина капитала была вложена<br />
в Лейпциге Мейером, издателем энциклопедии,<br />
конкурирующей с Брокгаузом на немецком рынке.<br />
Но уже в 1905 г. Н. и Л. Цетлины выкупают эту долю.<br />
Несмотря на это, в немецкой библиотечной практике<br />
«Большая энциклопедия» по сей день идентифицируется<br />
с названием «русский Мейер», а в русской<br />
практике она известна как «словарь Южакова».<br />
Ближе к концу концу XIX в. параллельно с убыванием<br />
личного участия немцев и увеличивающимся<br />
капиталовложением в книжный рынок столиц наблюдается<br />
тенденция роста печатания на немецком<br />
языке в местах компактного поселения немецкого<br />
земледельческого населения. В 1886 г. основана первая<br />
меннонитская типография в России «Радуга»<br />
с центральной конторой в колонии Ней-Гальбштадт<br />
и филиалом в Петербурге. Расширяется не только<br />
книгоиздательская деятельность на немецком и русском<br />
языках, но и газетноиздательская, особенно<br />
после 1905 г. С 1906 г. начинает выходить «Deutsche<br />
Volkszeitung» («Немецкая народная газета») в Саратове<br />
и «Kaukasische Post» («Кавказская почта») в Тифлисе.<br />
В колонии Эйгенфельд (Таврическая губерния)<br />
в 1910 г. начала издаваться газета «Der Landwirt»<br />
(«Сельский хозяин»).<br />
Илл.<br />
477, 478<br />
Илл. 479<br />
Илл. 480<br />
Илл. 481<br />
Илл. 482<br />
Russlanddeutsche<br />
im Verlagswesen Russlands<br />
und Deutschlands nach<br />
dem Ersten Weltkrieg<br />
Российские немцы<br />
в ИЗДАТЕЛЬСКОЙ ЖИЗНИ<br />
России и Германии после<br />
Первой мировой войны<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich alles verändert. Ein Teil<br />
der ehemaligen Verleger führte seine Geschäfte in Deutschland<br />
fort. Die einen als Vertreter des „Russischen Berlins“<br />
(Otto Kirchner), andere, wie A. F. Dewrien, nahmen ihre<br />
Arbeit wieder auf und verlegten russische Bücher, wurden<br />
aber ab Ende der 1920er Jahre Teil des deutschsprachigen<br />
Büchermarktes, um in den 1930er Jahren ihr Geschäft<br />
einzustellen.<br />
Einen völlig anderen Weg beschritten die Brüder von Kügelgen,<br />
die vor der Revolution die letzten beiden Herausgeber<br />
der ersten deutschsprachigen Zeitung Russlands<br />
„St. Petersburger Zeitung“ waren, die bereits 1727 unter<br />
dem Namen „St. Petersburgische Zeitung“ erschien. Nach<br />
ihrer Ankunft in Berlin im Jahre 1924 wurden Paul von<br />
Kügelgen (1875–1952) einer der Direktoren und Carlo<br />
Abb.<br />
483, 484<br />
После Первой мировой войны все изменилось. Часть<br />
бывших издателей продолжала свое дело в Германии.<br />
Одни – как представители «Русского Берлина»<br />
(Отто Кирхнер), другие, как А. Ф. Девриен, возобновили<br />
свою деятельность, издавая русские книги,<br />
но к концу 1920‐х гг. стали частью немецкоязычного<br />
книжного рынка, а в 1930‐е гг. ликвидировали свое<br />
дело вовсе.<br />
Совсем иным был путь братьев фон Кюгельген,<br />
последних из довоенных издателей первой немецкоязычной<br />
газеты России «St. Petersburger Zeitung»<br />
(«Санкт-Петербургская газета»), начавшей выходить<br />
в 1727 г. под названием «St. Petersburgische Zeitung».<br />
Прибыв в 1924 г. в Берлин, Пауль фон Кюгельген<br />
(1875–1952) стал одним из директоров, а Карло<br />
Илл.<br />
483, 484
206 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
485–490<br />
(1876–1945) Chefredakteur des 1924 in Berlin gegründeten<br />
Ostwelt-Verlages. Nach dem Überfall Deutschlands auf<br />
die Sowjetunion arbeitete der Verlag dem antisowjetischen<br />
Apparat der Anti-Komintern im Reichspropagandaministerium<br />
zu. Schon lange vorher hatte Carlo von Kügelgen<br />
Minister Goebbels selbst den Lesern in einem Sonderheft<br />
der Serie „Die braune Reihe“ vorgestellt, in dem es auch ein<br />
gemeinsames Foto gab. Eines der ersten Hefte dieser Reihe,<br />
das 1933, im Jahr der Bücherverbrennung in Deutschland,<br />
unter Federführung Carlo von Kügelgens herauskam, war<br />
Hitler gewidmet.<br />
In Sowjetrussland selbst kam es zu keiner Erneuerung privater<br />
Verlagstätigkeit unter Beteiligung deutscher Verleger. In<br />
den Listen mit den privaten Verlagen aus der Zeit der NÖP<br />
finden sich dafür keine Hinweise. Friedrich Ross, einer der<br />
Direktoren des Berliner Ullstein-Konzerns, stellte im August<br />
1921, als er nach einer Studienreisen durch das Russland der<br />
NÖP-Zeit wieder in Berlin eintraf, fest, dass die Bolschewiki<br />
nicht die Absicht haben, irgendeinen Ausländer Einfluss an<br />
der Presse- und Verlagsfront auszuüben zu lassen.<br />
Aber wie die aufgeführten Angaben belegen, wurden in<br />
der Sowjetunion auch weiterhin deutschsprachige Bücher<br />
gedruckt. Spürbar stieg die Zahl der Buchtitel, die in der<br />
ASSR der Wolgadeutschen herausgegeben wurden. In den<br />
sowjetischen Verlagsstrukturen von staatlichen, behördlichen<br />
und wissenschaftlichen Einrichtung stoßen wir in<br />
den 1920er und 1930er Jahren in Funktionen wie die des<br />
technischen Redaktors, des Korrektors oder des Übersetzers<br />
Илл.<br />
485–490<br />
(1876–1945) – главным редактором основанного<br />
здесь же издательства «Оствельт-Ферлаг» (1924).<br />
После нападения Германии на Советский Союз издательство<br />
работало на «антисоветский аппарат»<br />
Антикоминтерна в Имперском министерстве пропаганды.<br />
Самого министра Геббельса К. фон Кюгельген<br />
представил читателям «Коричневой серии» задолго<br />
до этого в отдельной брошюре, снабженной совместной<br />
фотографией. Один из первых выпусков этой<br />
серии, вышедший из-под его же пера в год сожжения<br />
книг в Германии (1933), был посвящен Гитлеру.<br />
В Советской России частное издательское дело<br />
при участии немцев-издателей уже не было восстановлено.<br />
Списки частных издательств нэповского<br />
времени не дают намеков на это. Фридрих<br />
Росс, один из директоров берлинского концерна<br />
Ульштейн, вернувшись в августе 1921 г. в Берлин<br />
после ознакомительной поездки в нэповскую Россию,<br />
констатировал, что большевики не собираются<br />
предоставлять никому из иностранцев возможность<br />
влияния на печатно-издательском фронте.<br />
Однако, как показывают приведенные выше данные,<br />
печать книг на немецком языке в Советской России<br />
продолжалась. Заметно возросло количество названий<br />
книг, изданных в АССР немцев Поволжья. В советских<br />
издательских структурах, существовавших<br />
при государственных, ведомственных и научных<br />
учреждениях в 1920‐е – 1930‐е гг., встречаются еще<br />
477<br />
477, 478.<br />
«Словарь Южакова». Иллюстрации к статье<br />
«Типографское дело»<br />
„Juschakow-Lexikon“, Illustrationen zum Beitrag<br />
„Buchdruckwesen“<br />
478
479 480<br />
479. Иллюстрированный ежегодник «Немецкий<br />
народный календарь для города и села» на 1911 г.<br />
Одесса, 1910.<br />
Illustrierter „Deutscher Volkskalender für Stadt und<br />
Land“ auf das Jahr 1911. Odessa, 1910.<br />
480. Учебное пособие для меннонитских начальных<br />
школ «Библейские истории», напечатанное<br />
в типографии «Радуга». 1911<br />
„Biblische Geschichten“ für mennonitische<br />
Elementarschulen, gedruckt in der Druckerei<br />
„Raduga“. 1911<br />
481. «Немецкая народная газета». Саратов. 1906<br />
„Deutsche Volkszeitung“. Saratow, 1906<br />
481
482 483<br />
484<br />
482. Ежегодник для немецких сельских хозяев России на 1913 г. Эйгенфельд. 1912<br />
Jahrbuch „Landwirt“ auf das Jahr 1913 für deutsche Landwirte Russlands. Eigenfeld, 1912.<br />
483. «Санкт-Петербургская газета» от 13 мая 1729 г. с сообщением о появлении на свет<br />
принцессы Софии Августы Фридерики Ангальт-Цербстской – будущей Екатерины II<br />
„St. Petersburgische Zeitung“ vom 13. Mai 1729 mit der Mitteilung über die Geburt der<br />
Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst (in Zukunft: Katharina II.)<br />
484. Сотрудники редакции «Санкт-Петербургской газеты». Фото К. Буллы. 1900<br />
Redaktionsmitarbeiter der „St. Petersburger Zeitung“. Foto von K. Bulla. 1900
485<br />
486<br />
487<br />
488<br />
485. Издание Центрального издательства<br />
народов СССР. Москва. 1930<br />
Druckerzeugnis des Zentral-Völker-Verlags<br />
der Sowjetunion. Moskau, 1930<br />
486. Немецкий крестьянский календарь<br />
«Вольная нива». Немецкое государственное<br />
издательство. Покровск. 1927<br />
Deutscher Bauernkalender „Freie Flur“.<br />
Deutscher Staatsverlag. Pokrowsk, 1927<br />
487–489.<br />
Эмблемы и реклама 1920–1930-х гг.<br />
Немецкого государственного издательства<br />
в г. Покровске (Энгельс)<br />
Emblem und Reklame des Deutschen Staatsverlags<br />
der 1920er – 1930er Jahre in Pokrowsk (Engels)<br />
489
210 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 491<br />
auf deutsche Namen. Unter ihnen finden sich auch Emigranten<br />
aus Deutschland mit z. T. auffallenden Schicksalen,<br />
so wie Willi Leow alias Hoffmann (1887–1937), Mitglied<br />
der Kommunistischen Partei Deutschlands und ehemaliges<br />
Führungsmitglied des Rotfrontkämpferbundes. Als<br />
stellvertretender Chefredakteur des Deutschen Staatsverlages<br />
in Engels wurde er 1936 beschuldigt, Mitglied<br />
einer trotzkistisch-faschistischen Terrororganisation zu<br />
sein, 1937 erschossen und auf dem Donskoj-Friedhof in<br />
Moskau beigesetzt.<br />
In den letzten Jahren seiner Existenz (1937–1939) gab<br />
gerade der Deutsche Staatsverlag eine beeindruckende<br />
Zahl an Werken der deutschen Klassik, aber auch Werke<br />
der russischen und Weltliteratur in deutscher Übersetzung<br />
heraus: von Goethes „Faust“ (1939) und Puschkin (1937)<br />
bis zu Homers „Odyssee“ (1939). Das Verlagsprogramm<br />
konnte aber nicht weiter ausgebaut werden. Im September<br />
1941 hörte der Deutsche Staatsverlag auf zu existieren,<br />
wie die ASSR der Wolgadeutschen auch.<br />
Mit Ausbruch des Krieges beginn ein anderer Abschnitt<br />
bei der Herausgabe deutschsprachiger Bücher in der Sowjetunion,<br />
vor allem unter Beteiligung von Emigranten<br />
aus Deutschland in bereits existierenden Verlagen, wie<br />
dem Verlag „Meschdunarodnaja kniga“ („Internationales<br />
Buch“) oder in wiedergegründeten Verlagen, wie dem<br />
Verlag „Inogiz“ („Staatsverlag für fremdsprachige Literatur“).<br />
An der Verlagsarbeit in den besetzten Gebieten ist<br />
von Kügelgen beteiligt.<br />
Eine neue Etappe bei der Herausgabe von deutschsprachiger<br />
Literatur der Russlanddeutschen in der Sowjetunion<br />
beginnt 1965. Eine deutliche Entwicklung erfährt diese<br />
Literatur im umgestalteten Russland. Etwas später beginnt<br />
auch die Periode der russischsprachigen verlegerischen<br />
Tätigkeit von Aussiedleren aus Russland in Deutschland<br />
in traditioneller und digitaler Form.<br />
Илл. 491<br />
немцы в должностях редакторов (технических), корректоров,<br />
переводчиков и т. д. Среди них – политические<br />
эмигранты из Германии, порой с удивительными<br />
судьбами, как у Вилли Леова (Гофман, 1887–1937),<br />
члена Коммунистической партии Германии и бывшего<br />
руководителя Всегерманского союза красных фронтовиков.<br />
Будучи в должности заместителя главного<br />
редактора Немецкого государственного издательства<br />
в г. Энгельс (1936), он был обвинен в участии в антисоветской<br />
троцкистско-фашистской террористической<br />
организации, расстрелян в 1937 г. и захоронен на Донском<br />
кладбище в Москве.<br />
В последний период своего существования (1937–1939)<br />
именно «Немгосиздат» выпустил впечатляющее число<br />
сочинений представителей не только классической<br />
немецкой, но и в переводе на немецкий язык русской<br />
и мировой литературы: от «Фауста» Гёте (1939) и<br />
Пушкина (1937) до «Одиссеи» Гомера (1939). Но далее<br />
эта издательская программа уже не расширилась.<br />
В сентябре 1941 г. «Немгосиздат», как и АССР НП,<br />
прекратили свое существование.<br />
С началом войны начинается следующий период<br />
в истории издания немецкоязычных книг в СССР,<br />
главным образом с участием эмигрантов из Германии<br />
в существующих («Международная книга») и вновь<br />
образованных издательствах («Иногиз»). На оккупированных<br />
территориях издание ведется с участием<br />
фон Кюгельгена.<br />
Новый этап издания литературы российских немцев<br />
в Советском Союзе на немецком языке начинается<br />
в 1965 г., а широкое развитие получает в послеперестроечной<br />
России. Чуть позже в Германии начинается<br />
период русскоязычной издательской деятельности<br />
переселенцев из России на традиционных и цифровых<br />
носителях.<br />
490<br />
490. «Собрание в сельском клубе» – иллюстрация к книге Х. Эльберга «На Волге»,<br />
выпущенной Центральным издательством народов СССР. Москва. 1930<br />
„Versammlung im Dorfklub“. Illustration zu Ch. Oelbergs Band „An der Wolga“,<br />
Zentral-Völker-Verlag der Sowjetunion. Moskau, 1930<br />
491. Издание Немецкого государственного издательства. Энгельс, 1938<br />
Druckerzeugnis des Deutschen Staatsverlags. Engels, 1938<br />
491
Немцы в российской истории 211<br />
Wechselwirkungen<br />
in der Literatur<br />
Взаимопроникновение<br />
в литературе<br />
A. Engel-Braunschmidt (Kiel)<br />
А. Энгель-Брауншмидт (Киль)<br />
Wem wäre nicht der in das Jahr 1805 und in<br />
einen Petersburger Salon verlegte Anfang von<br />
Tolstojs Roman „Krieg und Frieden“ gegenwärtig,<br />
in dem in französischer Sprache der Aufstieg<br />
Buonapartes (sic) diskutiert wird; und wer erinnerte sich<br />
nicht, wie im Verlauf des Romans der Adel nach dem<br />
russischen Äquivalent für französische Ausdrücke sucht<br />
und selbst der alte Graf Rostow sich noch ans Russischlernen<br />
macht. Französisch war die Sprache des Adels,<br />
Französisch war auch die Sprache, aus der europäische<br />
Literatur im Russland des 18. Jh. übersetzt wurde, auch<br />
wenn die Texte ursprünglich auf deutsch oder spanisch<br />
verfasst sein mochten. Das änderte sich um 1800. Zwar<br />
vermitteln die „Briefe eines reisenden Russen“, in denen<br />
Nikolaj Karamsin seine Erlebnisse von einer Reise durch<br />
Westeuropa 1789/90 verarbeitete, dem russischen Leser<br />
Einblicke in Literatur und Philosophie, Natur, Kunst und<br />
Gesellschaft seiner Zeit (veröffentlicht 1791/92), aber der<br />
Autor verstand mehr von Gellert, dessen Denkmälern<br />
er in Leipzig zu Füßen fiel, als von Kant, den er mit<br />
Nonchalance zuvor in Königsberg aufgesucht hatte, und<br />
was er seinerseits einem Kreis von Leipziger Gelehrten<br />
an Proben russischer Literatur darbot, reichte gerade,<br />
um diese zu überzeugen, dass es in Russland eine für<br />
die literarische Produktion geeignete Sprache gab. Dass<br />
die „Stürmer und Dränger“ Ja. M. R. Lenz 1780–1792 und<br />
F. M. Klinger 1780–1803 in den russischen Metropolen<br />
St. Petersburg und Moskau lebten, hat in der russischen<br />
Literatur keine Spuren hinterlassen.<br />
Dass die französische literarische Vorherrschaft von der<br />
deutschen abgelöst wurde, geht auf Wassilij Schukowskij<br />
zurück. Schukowskij hat neue Gattungen, Verstechniken<br />
und Themen eingeführt, indem er Lieder, Dramen,<br />
Erzählungen (J. P. Hebel) oder Märchen, vor allem aber<br />
Balladen (Bürger, Uhland, Schiller, Goethe, Chamisso,<br />
Fouqué) übertrug. Er hat nicht eigentlich übersetzt,<br />
Abb.<br />
492–494<br />
Abb. 495<br />
Abb.<br />
496, 497<br />
Кто не помнит начало романа Л. Н. Толстого<br />
«Война и мир», действие которого происходит<br />
в петербургском салоне 1805 г., где пофранцузски<br />
обсуждается взлет Буонапарте! И кто не<br />
помнит, как по ходу романа знать мучительно пытается<br />
найти русский эквивалент для французских<br />
выражений и даже старый граф Ростов принимается<br />
изучать русский язык. Французский язык был языком<br />
дворянства, французский был и языком, с которого<br />
в России XVIII в. переводилась европейская литература,<br />
даже если тексты первоначально были написаны<br />
на немецком или испанском языках. Это изменилось<br />
на рубеже XVIII–XIX вв. И хотя из «Писем русского<br />
путешественника», в которых Н. Карамзин описал<br />
свои впечатления от поездки по Западной Европе<br />
в 1789–1790 гг., русский читатель узнает о литературе и<br />
философии, природе, искусстве и обществе своего времени<br />
(опубликованы в 1791–1792 гг.), все-таки автор<br />
больше знает о Геллерте, перед памятниками которому<br />
преклонял голову в Лейпциге, чем о Канте, которого<br />
до этого небрежно посетил в Кенигсберге, а тех образцов<br />
русской литературы, которые он представил<br />
лейпцигским ученым, как раз хватило, чтобы убедить<br />
их в том, что в России имелся подходящий язык для<br />
литературного творчества. То, что в России, Санкт-<br />
Петербурге и Москве, жили представители немецкого<br />
литературного движения «Буря и натиск» (Я. М. Р. Ленц<br />
в 1780–1792 гг. и Ф. М. фон Клингер в 1780–1803 гг.), не<br />
оставило в русской литературе никакого следа.<br />
Переход преобладающей роли от французской литературы<br />
к немецкой начинается с В. Жуковского. Им были<br />
введены новые категории, техники стихосложения и<br />
темы при переложении песен, драм, повестей (И. П. Хебеля)<br />
и сказок, в первую очередь баллад (Бюргера,<br />
Уланда, Шиллера, Гёте, Шамиссо, Фуке). Собственно<br />
говоря, он не переводил, а создавал по образцу, но<br />
Илл.<br />
492–494<br />
Илл. 495<br />
Илл.<br />
496, 497
493<br />
492<br />
494<br />
496<br />
495<br />
492. Н. Карамзин (1766–1826). Дж. Б. Дамон-Ортолани. 1805.<br />
Ульяновский областной художественный музей, Ульяновск<br />
N. Karamsin (1766–1826). G. B. Damon-Ortolani. 1805.<br />
Kunstmuseum des Gebiets Uljanowsk, Uljanowsk<br />
493, 494.<br />
Первые издания «Писем русского путешественника» Н. Карамзина<br />
на русском и немецком языках. Москва, Лейпциг. Начало XIX в.<br />
Erstausgaben der „Briefe eines reisenden Russen“ von N. Karamsin,<br />
in russischer und deutscher Sprache. Moskau, Leipzig, Anfang 19. Jh.<br />
495. В. Жуковский (1783–1852). К. Брюллов. 1837.<br />
Государственная Третьяковская галерея, Москва<br />
W. Schukowskij (1783–1852). K. Brjulow. 1837.<br />
Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau<br />
496. Баллада Л. Уланда «Роланд оруженосец» в переводе<br />
В. Жуковского. Москва, 1918<br />
Ballade „Roland Schildträger“ von L. Uhland in Übersetzung<br />
von W. Schukowskij. Moskau, 1918<br />
497<br />
497. Издание повести Ламотт-Фуке «Ундина» в стихах В. Жуковского<br />
на русском языке. С.-Петербург. 1900<br />
Ausgabe der Erzählung „Undine“ von F. de la Motte-Fouqué<br />
in Gedichten von Schukowskij in Russisch. St. Petersburg, 1900
Немцы в российской истории 213<br />
sondern nachgeschaffen, aber so, das seine Schöpfungen<br />
bis heute ein Grundbestandteil der russischen Poesie sind.<br />
Das Skurrile und Phantastische der deutschen Romantik<br />
(E. T. A. Hoffmann) lag seinem Harmoniebedürfnis fern,<br />
und auch mit Byron oder Heine konnte er sich nicht befreunden,<br />
aber auf dem Fundament, das er und Karamsin<br />
gelegt haben, baute Alexander Puschkin auf und schuf<br />
ein Werk von einer Vielfalt und Vollkommenheit, wie es<br />
kein anderer russischer Dichter erreicht hat. Die deutsche<br />
Literatur kennt keinen Übersetzer vom Vermögen eines<br />
Schukowskij, der die Bedeutung der russischen Lyrik im<br />
allgemeinen und Puschkins im besonderen hätte vermitteln<br />
können. Zwar hat es auch in Deutschland gute<br />
Übersetzer gegeben und gibt es sie noch (Varnhagen von<br />
Ense, Friedrich Bodenstedt, Arthur Luther, Paul Celan,<br />
Karl Dedecius, Rolf-Dietrich Keil, Kay Borowsky, Ralph<br />
Dutli), aber ihre Übertragungen entspringen kaum einer<br />
inneren Notwendigkeit, wie sie bei Schukowskij zum<br />
Ausdruck kommt, und ihre Übersetzungen sind nicht in<br />
den Kanon der nationalen Literatur eingegangen.<br />
Die Puschkin-Rezeption in Deutschland beschränkt sich<br />
weitgehend auf die „Erzählungen Belkins“ und „Pique<br />
Dame“. Letzteres, ebenso wie der Versroman „Jewgenij<br />
Onegin“, sind besser als Tschajkowskij-Opern bekannt,<br />
in denen die Komplexität der Prosatexte naturgemäß<br />
unberücksichtigt bleibt.<br />
Einer der Kartenspieler in Puschkins „Pique Dame“<br />
(1834) äußert über die Hauptgestalt Hermann (russisch:<br />
German), die sich zwar für das Spiel interessiert, selber<br />
aber nicht spielt, kurz und bündig: „Hermann ist Deutscher:<br />
er rechnet, das ist alles!“ Dieser Satz begründet<br />
ein literarisches Stereotyp, das im 19. Jahrhundert weiterentwickelt<br />
wurde und „dem Deutschen“ eine Vorliebe<br />
für Fleiß und Produktivität, Regelung und Ordnung<br />
zuspricht, wohl auch für idealistische Träumereien, aber<br />
Abb.<br />
498, 499<br />
так, что его произведения и по сей день входят в основополагающую<br />
сокровищницу русской поэзии. Его<br />
стремлению к гармонии были чужды причудливость и<br />
фантастичность немецкой романтики (E. T. A. Гофман).<br />
Не смог он найти общий язык и с Байроном и Гейне.<br />
Но заложенные Жуковским и Карамзиным основы стали<br />
фундаментом для творчества А. С. Пушкина, отличавшегося<br />
таким многообразием и совершенством, какого<br />
не удалось достичь никакому другому русскому поэту.<br />
Немецкая литература не знает другого, такого же талантливого<br />
переводчика, как Жуковский, который смог бы<br />
передать значение русской поэзии в целом и Пушкина,<br />
в частности. И хотя в Германии были и сейчас имеются<br />
хорошие переводчики (Варнхаген фон Энзе, Фридрих<br />
Боденштедт, Артур Лютер, Пауль Целан, Карл Дедециус,<br />
Рольф-Дитрих Кайль, Кай Боровский, Ральф Дутли), их<br />
переложения едва ли вызваны таким внутренним порывом,<br />
какой проявляется у Жуковского, и их переводы<br />
не вошли в каноны национальной литературы.<br />
Восприятие Пушкина в Германии ограничивается в основном<br />
«Повестями Белкина» и «Пиковой дамой». При<br />
этом последнее произведение, как и роман в стихах<br />
«Евгений Онегин», больше известны как оперы Чайковского,<br />
в которых сложность прозаических текстов,<br />
естественно, остается незамеченной.<br />
У Пушкина в «Пиковой даме» (1834) один из игроков<br />
дает главному герою Германну, который хоть и интересуется<br />
карточной игрой, но сам не играет, короткую<br />
и исчерпывающую характеристику: «Германн немец:<br />
он расчетлив, вот и все!». Эта фраза выражает литературный<br />
стереотип, получивший дальнейшее развитие<br />
в XIX в., который приписывает «немцу» склонность<br />
к усердию и продуктивности, регулярности и порядку,<br />
а также, пожалуй, к идеалистическим мечтаниям, но<br />
без той «человечности», которая якобы от природы<br />
Илл.<br />
498, 499<br />
498. «Кавказский пленник» А. Пушкина в свободном переводе<br />
А. Зейберта. Лейпциг, 1873<br />
„Der Gefangene im Kaukasus“ von A. Puschkin in freier<br />
Übersetzung von A. Seubert. Leipzig, 1873<br />
499. Стихотворения А. Пушкина, не вошедшие в собрание<br />
его сочинений, были опубликованы на русском языке<br />
в Берлине. 1861<br />
In Berlin in russischer Sprache veröffentlichte Gedichte<br />
von A. Puschkin, die in die Gesammelten Werke nicht<br />
aufgenommen wurden. 1861<br />
498<br />
499
214 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 500<br />
Abb. 501<br />
ohne jene Menschlichkeit, die „der Russe“ vermeintlich<br />
von Natur aus hat. Bei oberflächlicher Lektüre scheinen<br />
die Gestalten Oblomow und Stolz in Iwan Gontscharows<br />
berühmtem Roman „Oblomow“ (1859) einen solchen<br />
Gegensatz zu illustrieren. Das enge, von der Kirchturmuhr<br />
geregelte soziale Leben speziell der Wolgadeutschen<br />
hat Boris Pil’njak, Sohn eines wolgadeutschen Vaters<br />
und einer russischen Mutter, in Erzählungen der 1920er<br />
Jahre eindrucksvoll dargestellt. Noch Ende des 20. Jh.<br />
scheinen die Russlanddeutschen den literarischen Vorstellungen<br />
nachzueifern, wenn sie sich durch Pünktlichkeit,<br />
Akkuratesse und Sauberkeit vom Schlendrian<br />
einer zurückgebliebenen dörflichen Umwelt in Russland<br />
oder Kasachstan abheben wollen, wofür Herold Belger<br />
mit seiner Erzählung „Drunten im Tale“ (1987) ein<br />
anschauliches Beispiel geliefert hat.<br />
Den romantischen Dichtern Michail Lermontow und<br />
Fjodor Tjuttschew ist es hinsichtlich ihrer Lyrik in<br />
Deutschland nicht besser ergangen als Puschkin. Lermontow<br />
zählt in Deutschland nur als Verfasser des<br />
Romans „Ein Held unserer Zeit“ (1840), während ihm<br />
doch eine Nachdichtung des Heineschen „Fichtenbaums“<br />
gelungen ist (Ein Fichtenbaum steht einsam /<br />
На севере диком), die nahezu jeder Russe auswendig<br />
kennt, und eine schöne Übertragung von Goethes „Über<br />
allen Gipfeln“ (Горные вершины).<br />
In den 1840er Jahren, als in den deutschen Landen das<br />
„Junge Deutschland“ von sich reden machte in dem<br />
Glauben, mit literarisch vorgebrachter liberaler Gesinnung<br />
die Tagespolitik beeinflussen zu können, wandte<br />
sich auch Russland sozialen und (aus Zensurgründen<br />
verdeckt) politischen Problemen zu. Iwan Turgenjew<br />
kontrastierte in seinem Roman „Väter und Söhne“<br />
(1861) Idealismus und Utilitarismus und machte den<br />
Begriff Nihilismus populär; Nikolaj Tschernyschewskij<br />
Илл. 500<br />
Илл. 501<br />
присуща только «русскому». При поверхностном чтении<br />
создается впечатление, что такое противоречие<br />
иллюстрируется образами Обломова и Штольца в знаменитом<br />
романе И. Гончарова «Обломов» (1859). Стиснутую,<br />
регламентированную церковными курантами<br />
социальную жизнь, в частности поволжских немцев,<br />
выразительно показал в повестях 1920‐х гг. Б. Пильняк,<br />
родившийся в семье поволжского немца и русской<br />
женщины. Создается впечатление, что и в конце ХХ в.<br />
российские немцы стараются соответствовать литературным<br />
представлениям, желая своей пунктуальностью,<br />
аккуратностью и чистоплотностью отмежеваться<br />
от косности отсталого деревенского окружения в России<br />
или Казахстане, наглядный пример чему показал в повести<br />
«Внизу в долине» (1987) Г. Бельгер.<br />
Судьба творений поэтов-романтиков М. Ю. Лермонтова<br />
и Ф. И. Тютчева в Германии сложилась не лучше, чем<br />
пушкинских. Лермонтов признан только как автор романа<br />
«Герой нашего времени» (1840). А ведь им создано<br />
удачное переложение стихотворения Г. Гейне «Сосна»<br />
(Ein Fichtenbaum steht einsam / На севере диком стоит<br />
одиноко…), которое практически каждый русский знает<br />
наизусть, и прекрасное переложение стихотворения Гёте<br />
«Über allen Gipfeln» («Горные вершины…»).<br />
В 1840‐е гг., когда в Германии в центре внимания находилось<br />
движение «Молодая Германия», выдвигавшее идею,<br />
что с помощью литературно выраженного либерального<br />
мировоззрения можно влиять на повседневную политику,<br />
в России тоже обратились к социальным и политическим<br />
проблемам (из-за цензуры это происходило в скрытой<br />
форме). В романе «Отцы и дети» (1861) И. С. Тургенев<br />
противопоставил идеализм и утилитарность, обеспечив<br />
популярность понятию «нигилизм». Н. Г. Чернышевский<br />
не только вынес в заголовок своего утопического романа<br />
«Что делать?» один из вопросов жизни, которые<br />
500<br />
500. Б. А. Вогау (псевдоним – Пильняк, 1894–1938), председатель<br />
Всероссийского союза писателей (1920–1929).<br />
Собрание его сочинений в 8-ми томах, изданное Государственным<br />
издательством. Москва–Ленинград. 1929–1930<br />
B. A. Wogau (Pseudonym: Pilnjak, 1894–1938), Vorsitzender<br />
des Allrussischen Schriftstellerverbandes (1920–1929); seine<br />
Gesammelten Werke in 8 Bänden, herausgegeben im Staatsverlag.<br />
Moskau-Leningrad, 1929–1930<br />
501<br />
501. Стихотворения А. Пушкина и М. Лермонтова в переводе<br />
Т. Опитца, опубликованные в Берлине. 1859<br />
In Berlin herausgegeben Gedichte von A. Puschkin und<br />
M. Lermontow. Übersetzt von Th. Opitz. 1859
Немцы в российской истории 215<br />
stellte im Titel seines utopischen Romans „Was tun?“<br />
(1863) nicht nur eine der bis heute gültigen Fragen<br />
an die russische Gegenwart, sondern verstand seinen<br />
Roman auch als „Handbuch des Lebens“. In der Tat hat<br />
das Werk wie kaum ein anderes die russische Jugend<br />
aktiviert und inspirierte noch hundert Jahre später die<br />
westdeutschen Achtundsechziger.<br />
Tschernyschewskijs heftigster Gegner zu Lebzeiten<br />
war Dostojewskij, der gegen jede Art Beschneidung<br />
der Freiheit des Individuums aufbegehrte und seinen<br />
Helden lieber in ein dunkles Kellerloch als in einen<br />
kontrollierbaren Glaspalast setzte. Von seiner Spielleidenschaft<br />
getrieben, aber auch Heilung suchend, hielt<br />
sich Dostojewskij oft wochenlang in Deutschland auf,<br />
in Wiesbaden, Baden-Baden, Bad Homburg und Bad<br />
Ems, auch lebte er längere Zeit in Dresden, ohne sich<br />
jedoch im Unterschied zu Turgenjew in Deutschland je<br />
heimisch zu fühlen. Turgenjew, der 1863 Baden-Baden<br />
zu seinem ständigen Wohnsitz gemacht und 1867 seinen<br />
dort spielenden Roman „Rauch“, in dem ausgiebig über<br />
Russlands Zukunft debattiert wird, veröffentlicht hatte,<br />
erregte Dostojewskijs ganzen Zorn wegen der darin<br />
vertretenen prowestlichen Ansichten.<br />
Während Turgenjews Beliebtheit in Deutschland nach<br />
1900 sank, stieg diejenige Dostojewskijs. Einzelne seiner<br />
Werke waren vor 1900 übersetzt worden, aber populär<br />
machte ihn nach dem Ersten Weltkrieg der Piper-Verlag<br />
mit einer Gesamtausgabe, deren rote Bände „auf jedem<br />
Schreibtisch flammten“, übersetzt von Elisabeth Kaerrick<br />
(Pseudonym E. K. Rahsin). (Die fünf großen Romane<br />
„Verbrechen und Strafe“, „Der Idiot“, „Böse Geister“, „Ein<br />
grüner Junge“ und „Die Brüder Karamasow“ liegen jetzt<br />
in einer Neuübersetzung von Swetlana Geier vor.)<br />
Ebenfalls zwischen den Kriegen erlangte auch der als<br />
„Reaktionär“ gebrandmarkte und nach seinem Tode<br />
Abb. 502<br />
Abb. 503<br />
Abb.<br />
504, 505<br />
Abb. 506<br />
Abb. 507<br />
и сегодня актуальны в российской действительности,<br />
но и считал свой роман «справочником жизни». И действительно,<br />
это произведение как никакое другое мобилизовало<br />
российскую молодежь и даже 100 лет спустя<br />
вдохновляло молодежное движение в 1968 г. в Западной<br />
Германии.<br />
Самым страстным противником Чернышевского при его<br />
жизни был Ф. Достоевский, восстававший против любого<br />
рода ограничения свободы индивидуума и помещавший<br />
своих героев, скорее, в темный подвал, чем в контролируемый<br />
стеклянный дворец. Побуждаемый страстью<br />
к игре, а также из-за необходимости лечения, он часто неделями<br />
пребывал в Германии (в Висбадене, Баден-Бадене,<br />
Бад-Гомбурге и Бад-Эмсе), продолжительное время жил<br />
в Дрездене, причем, в отличие от Тургенева, никогда не<br />
чувствовал себя в Германии как дома. Тургенев, избравший<br />
Баден-Баден постоянным местом жительства (1863) и<br />
опубликовавший в 1867 г. роман «Дым» с происходящим<br />
там действием, в котором много рассуждал о будущем<br />
России, вызвал сильное негодование Достоевского высказанными<br />
в нем прозападными взглядами.<br />
В то время как популярность Тургенева в Германии<br />
снижалась (после 1900 г.), популярность Достоевского<br />
росла. Некоторые из его произведений были переведены<br />
до 1900 г. Однако после Первой мировой войны взлет<br />
популярности ему принесло издательство «Piper» выпуском<br />
полного собрания сочинений в переводе Элизабет<br />
Керрик (псевдоним – E. K. Разин), томики которого<br />
в красной обложке «пламенели на каждом письменном<br />
столе». (Романы «Преступление и наказание», «Идиот»,<br />
«Бесы», «Подросток», «Братья Карамазовы» сейчас имеются<br />
в новом переводе Светланы Гайер.)<br />
В период между Первой и Второй мировыми войнами<br />
в Германии приобрел значение и Н. Лесков, которого<br />
заклеймили как «реакционера» и после его смерти<br />
Илл. 502<br />
Илл. 503<br />
Илл.<br />
504, 505<br />
Илл. 506<br />
Илл. 507<br />
502. Дом в Баден-Бадене, в котором жил<br />
Ф. Достоевский. Фото. 2010<br />
Haus in Baden-Baden, in dem<br />
F. Dostojewskij wohnte. Foto. 2010<br />
502
504<br />
503<br />
503. Памятник Ф. Достоевскому в Дрездене, установленный<br />
в 2006 г. Фото. 2010<br />
F. Dostojewskij-Denkmal in Dresden, errichtet 2006. Foto. 2010<br />
505<br />
506<br />
504, 505.<br />
Вилла И. Тургенева и бюст писателя в Баден-Бадене. Фото. 2010<br />
Villa von I. Turgenjew und Büste in Baden-Baden. Foto. 2010<br />
506. Первая публикация повести И. Тургенева «Дым»<br />
в журнале «Русский вестник». Москва. 1867<br />
Erstmalige Veröffentlichung der Erzählung „Rauch“ von I. Turgenjew<br />
in der Zeitschrift „Russkij Westnik“. Moskau, 1867<br />
507. Книги из собрания сочинений Ф. Достоевского, изданного<br />
в Германии. Мюнхен. 1920-е гг.<br />
Bücher aus den in Deutschland herausgegebenen Gesammelten Werken<br />
von F. Dostojewskij. München, 1920er Jahre<br />
507
Немцы в российской истории 217<br />
1895 in Russland fast vergessene Nikolaj Leskow in<br />
Deutschland Bedeutung, wie Dostoewskij ein Autor, der<br />
Antworten auf Seinsfragen sucht. Gogol’ und Tolstoj<br />
gewinnen nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkt an<br />
Bedeutung. Allerdings bereitet Gogol’ dem Übersetzer<br />
erhebliche Schwierigkeiten, die bei Leskow, der in seinen<br />
Werken verschiedene Sprachschichten verwendet, fast<br />
unüberwindbar sind, so dass der Leser die stilistischen<br />
Valeurs des Originals auch nicht annähernd erfassen<br />
kann. Den großen russischen Romanen der zweiten<br />
Hälfte des 19. Jh. hat Deutschland nichts Vergleichbares<br />
entgegenzusetzen.<br />
Als Bühnenautor bleibt Tolstoj in Deutschland auf<br />
den Naturalismus beschränkt. Mit der Schaubühne als<br />
öffentlicher Anstalt tut sich Russland schwer, Zensoren<br />
müssen einem Marquis Posa das Wort verbieten<br />
(„Sire, geben Sie Gedankenfreiheit“, aus Schillers Don<br />
Carlos), und für Gerhart Hauptmann, der sich für sein<br />
sozialkritisches Drama „Vor Sonnenaufgang“ (1889)<br />
an Tolstojs „Macht der Finsternis“ (1886) anlehnte,<br />
war der Boden ebenfalls nicht günstig. Maksim Gorkijs<br />
„Nachtasyl“ (1901) überschattet in Deutschland<br />
seine Erzählungen und Romane. Es war Gorkij, der<br />
1921 einen Hilferuf an Hauptmann richtete, um die<br />
Hungernden in einem nach Revolution und Bürgerkrieg<br />
wirtschaftlich darniederliegenden Russland aufzurichten.<br />
Bei der Bewältigung des Hungers unter den<br />
Deutschen an der Wolga, in der Ukraine, konnte die<br />
Deutsche Hungerhilfe wenig bewirken; er ist bis heute<br />
ein nationales Trauma.<br />
Goethe stand in Russland zumeist im Schatten Schillers,<br />
sein „Faust“ hat jedoch bedeutende russische Dichter<br />
(1895) почти забыли в России и который, подобно<br />
Достоевскому, искал ответы на вопросы бытия. После<br />
Второй мировой войны все большее значение приобретают<br />
произведения Н. Гоголя и Л. Толстого. Однако<br />
Гоголь вызывает у переводчиков значительные трудности,<br />
которые у Лескова, использовавшего в произведениях<br />
различные уровни языка, являются почти<br />
непреодолимыми, так что читатель не в состоянии, даже<br />
приблизительно, объять всю стилистическую насыщенность<br />
оригинала. У Германии нет ничего сравнимого,<br />
что она могла бы противопоставить великим русским<br />
романам второй половины XIX в.<br />
В Германии Толстой-драматург по-прежнему ассоциируется<br />
с натурализмом. С публичной сценой как<br />
общественным заведением в России дело обстояло<br />
сложно. Цензоры обязаны были запретить маркизу<br />
Поза высказывание: «Сир, предоставьте свободу мыслить»<br />
(из «Дон Карлоса» Шиллера). Поэтому российская<br />
почва оказалась неблагоприятной и для Г. Гауптмана,<br />
написавшего по образцу «Власти тьмы» Л. Толстого<br />
(1886) социально-критическую драму «Перед восходом<br />
солнца» (1889). В Германии пьеса «На дне» М. Горького<br />
(1901) затмила собой его повести и романы. Именно<br />
Горький в 1921 г. обратился к Гауптману с призывом<br />
о помощи, чтобы поддержать голодающих в России,<br />
экономически разрушенной революциями и Гражданской<br />
войной. Германская помощь голодающим мало что<br />
смогла сделать для преодоления голода среди немцев<br />
в Поволжье и Украине. Это до сих пор остается национальной<br />
травмой.<br />
В России Гёте, как правило, находился в тени Шиллера.<br />
Его «Фауст» вдохновлял замечательных русских поэтов,<br />
Abb. 508 Илл. 508<br />
508. И. В. Гёте (1749–1832). Й. К. Штилер. 1828.<br />
Новая Пинакотека, Мюнхен<br />
J. W. von Goethe (1749–1832). J. K. Stieler. 1828.<br />
Neue Pinakothek, München<br />
508
218 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
509, 510<br />
Abb. 511<br />
Abb. 512<br />
Abb.<br />
513, 514<br />
Abb. 515<br />
Abb.<br />
516, 517<br />
herausgefordert, dennoch stammt die früheste vollständige<br />
Übersetzung des ersten Teils aus der Feder des<br />
unbekannten wolgadeutschen Pastorensohnes Eduard<br />
Huber (1838). Die letzte, beide Teile des Dramas umfassende<br />
Versübertragung schuf Boris Pasternak (1957),<br />
der 1912 in Marburg studiert hatte, der „Hochburg des<br />
Neukantianismus“.<br />
Wie Rußlands „Goldenes Zeitalter“, das sich hauptsächlich<br />
in der Lyrik niedergeschlagen hat, die Puschkinzeit,<br />
bleibt auch das „Silberne Zeitalter“ dem deutschen Leser<br />
weitgehend verschlossen. Die Moderne – Symbolismus,<br />
Futurismus – bringt etwas spezifisch Ästhetisches wieder<br />
ins Spiel, das Experiment, die Grenzüberschreitung in<br />
Wort und Wirklichkeit. Eine Zeitlang können die Autoren<br />
wechseln zwischen Moskau, Berlin und Petersburg,<br />
andere sind längst emigriert. In Berlin randaliert Jessenin<br />
und schreibt Majakowskij Liebesbriefe an Lilja, die<br />
er mit „Dein treues Hündchen“ unterzeichnet. Mit dem<br />
„natürlichen Privileg des Außenseitertums“ ausgestattet<br />
(K. Schlögel), wird das Fremdsein in Berlin geradezu<br />
Produktionsbedingung. Wiktor Schklowskij, dessen an<br />
Tolstoj erprobter Verfremdungsbegriff bei Brecht weiterlebt,<br />
Ilja Erenburg, vor allem aber der aristokratische<br />
Ästhet Wladimir Nabokow, der am längsten von allen<br />
Schriftstellern in Berlin lebte, nehmen die moderne<br />
Großstadt mit ihrem Tempo, mit Kino und U-Bahn,<br />
Reklame und Lichterfülle sowie mit ihren sozialen und<br />
politischen Spannungen mit wachen Sinnen auf, nutzen<br />
sie jedoch nur als Hintergrund und bleiben selbst unangepasst<br />
und für sich. Wieder zeigt sich, was schon bei<br />
Puschkin zu lesen war: der deutsche Sinn für Ordnung<br />
ist dem Russen zuwider.<br />
Vielleicht hat sich deshalb der deutsch-russische kulturelle<br />
Dialog bisher so fruchtbar gestaltet.<br />
Илл.<br />
509, 510<br />
Илл. 511<br />
Илл. 512<br />
Илл.<br />
513, 514<br />
Илл. 515<br />
Илл.<br />
516, 517<br />
но самый ранний полный перевод первой части драмы<br />
принадлежал перу неизвестного поволжского немца,<br />
пасторского сына Эдуарда Губера (1838). Последнее стихотворное<br />
переложение, включающее обе части, было<br />
создано Б. Пастернаком (1957), который в 1912 г. учился<br />
в Марбурге, «оплоте неокантианства».<br />
Как русский «Золотой век», эпоха Пушкина, так и «Серебряный<br />
век» в значительной степени остаётся закрытым<br />
для немецкого читателя, что, в основном, касается<br />
поэзии. Стиль модерн – символизм, футуризм – снова<br />
вносит специфическую эстетику, эксперимент, преодоление<br />
границ в слове и реальности. Какое-то время<br />
авторы могут курсировать между Москвой, Берлином<br />
и Петербургом, другие уже давно эмигрировали. В Берлине<br />
буянит Есенин, Маяковский пишет любовные<br />
письма Л. Брик, подписывая их «Твой верный Щен».<br />
При «естественной привилегии быть посторонним»<br />
(K. Шлегель) положение чужака в Берлине становится<br />
практически условием творчества. В. Шкловский, который<br />
для обозначения принципа изображения вещей<br />
у Толстого ввел понятие «остранение» (продолжавшее<br />
жить у Б. Брехта), И. Эренбург и, прежде всего, аристократичный<br />
эстет В. Набоков, дольше всех из писателей<br />
проживший в Берлине, всеми органами чувств живо<br />
воспринимают этот современный огромный город с его<br />
темпом, кино и подземкой, рекламой и морем огней,<br />
а также с его социальной и политической напряженностью,<br />
но используют его лишь как фон и сами остаются<br />
не адаптированными, сами по себе. Снова оказывается<br />
то, о чем можно прочесть у Пушкина: немецкая упорядоченность<br />
русскому претит.<br />
Возможно, именно поэтому российско-германский<br />
культурный диалог до сих пор складывается так плодотворно.<br />
510<br />
509. Э. И. Губер (1814–1847). С рисунка неизвестного. Середина XIX в.<br />
E. I. Huber (1814–1847). Zeichnung eines Unbekannten. Mitte 19. Jh.<br />
509<br />
510. «Фауст» И. В. Гёте в переводе Э. Губера. С.-Петербург. 1838<br />
Goethes „Faust“ in Übersetzung von E. Huber. St. Petersburg, 1838
511. «Фауст» И. В. Гёте в переводе Б. Пастернака.<br />
Москва, 1957<br />
„Faust“ von J.W. von Goethe in Übersetzung<br />
von B. Pasternak. Moskau, 1957<br />
512. Книги по русской литературе, изданные в<br />
1920‐е гг. в Берлине и хранящиеся в русском<br />
отделении Института славистики Университета<br />
им. Гумбольдта. Берлин. Фото<br />
In Berlin der 1920er Jahre herausgegebene<br />
Buchpublikationen über die russische Literatur, in den<br />
Beständen der Russischen Abteilung des Instituts für<br />
Slawistik der Humboldt-Universität Berlin. Foto<br />
511<br />
512<br />
513<br />
514<br />
513, 514.<br />
Сборники стихов В. Маяковского<br />
«Для голоса» и «Избранный Маяковский»,<br />
опубликованные в Берлине. 1923<br />
Sammlungen von Gedichten W. Majakowskijs<br />
„Dlja golosa“ („Für die Stimme“) und<br />
„Izbrannyj Majakowskij“ („Ausgewählter<br />
Majakowskij“), veröffentlicht in Berlin. 1923
515<br />
516<br />
515. Роман В. Шкловского «Zоо, или Письма не о любви»,<br />
написанный и изданный в Берлине. 1923<br />
Roman von W. Schklowskij „Zoo, oder Briefe nicht über<br />
Liebe“, verfasst und veröffentlicht in Berlin. 1923<br />
516. Роман «Машенька» В. Набокова (псевдоним – Сирин),<br />
написанный и изданный в Берлине. 1926<br />
Roman „Maschenka“ von W. Nabokow (Pseudonym: Sirin),<br />
verfasst und veröffentlicht in Berlin. 1926<br />
517<br />
517. Памятная доска на доме в Берлине, где жил В. Набоков<br />
в 1932–1937 гг. Фото. 2011<br />
Gedenktafel am Haus in Berlin, in dem W. Nabokow<br />
1932–1937 wohnte. Foto. 2011
Немцы в российской истории 221<br />
Religion und Kirche<br />
Религия и церковь<br />
O. Litzenberger (Saratow) О. Лиценбергер (Саратов)<br />
Traditionellen Konfessionen der Russlanddeutschen,<br />
die in enger Verbindung zum nationalen<br />
Selbstverständnis stehen und als Schlüsselmomente<br />
der kulturhistorischen Entwicklung dieser ethnischen<br />
Gruppe gelten, waren der Protestantismus und der Katholizismus.<br />
Der Protestantismus präsentierte sich in<br />
verschiedenen offiziellen Richtungen, vertreten durch<br />
Lutheraner, Reformierte, Mennoniten, Herrnhuter sowie<br />
kleine, von den Behörden verfolgte Sekten. Anhänger des<br />
orthodoxen Glaubens gab es bei den Russlanddeutschen<br />
nur sehr wenige.<br />
Abb. 518<br />
Традиционными конфессиями российских немцев,<br />
тесно связанными с национальной самоидентификацией<br />
и ключевыми моментами<br />
культурно-исторического развития этой этнической<br />
группы, являлись протестантизм и католицизм. Протестантизм<br />
был представлен как различными официальными<br />
направлениями – лютеране, реформаты,<br />
меннониты, гернгутеры, так и мелкими деноминациями,<br />
подвергавшимися преследованиям властей.<br />
Православие среди российских немцев имело незначительное<br />
число последователей.<br />
Илл. 518<br />
Erstes Erscheinen<br />
von Lutheranern und<br />
Katholiken in Russland<br />
Deutsche Lutheraner tauchten erstmals in den letzten<br />
Regierungsjahren Wassilis III. (1524–1533) in der Rus<br />
auf, wo sie zu den ausländischen Fachleuten gehörten, die<br />
man als Waffenschmiede, Architekten, Ärzte, Bergmeister,<br />
Maler, Handwerker, Militärs und Kaufleute eingeladen<br />
hatte. Während der Herrschaft Iwans des Schrecklichen<br />
(1547–1584) stieg die Zahl deutscher Lutheraner im Moskauer<br />
Staat weiter an. Als in Livland über 100 ausländische<br />
Fachleute festgehalten wurden, die man in russische<br />
Dienste eingeladen hatte, diente das als Vorwand für den<br />
Livländischen Krieg (1558–1583), der zu einem Hauptfaktor<br />
für die deutlich steigende Zahl an Protestanten in<br />
Russland wurde.<br />
Gefangene, die in der Ausländervorstadt in Moskau angesiedelt<br />
wurden, errichteten hier 1576 den ersten, hölzernen<br />
lutherischen Kirchenbau. Ende des 16. Jahrhunderts<br />
tauchten Lutheraner und Reformierte auch in Nischnij<br />
Nowgorod, Kostroma, Jaroslawl, Kasan und Archangelsk<br />
auf. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648),<br />
als zahlreiche protestantische Soldaten nach Russland<br />
Abb. 519<br />
Появление лютеран<br />
и католиков в России<br />
Немцы-лютеране впервые появились на Руси в последние<br />
годы правления Василия III (1524–1533)<br />
в числе приглашенных на службу иностранных специалистов<br />
различных профессий – оружейников,<br />
архитекторов, врачей, горных мастеров, художников,<br />
ремесленников, военных и купцов. Во время княжения<br />
Ивана Грозного (1547–1584) число немцевлютеран<br />
в Московском государстве еще более<br />
возросло. Задержка в отправлении из Лифляндии<br />
более 100 иностранных специалистов, приглашенных<br />
на русскую службу, послужила поводом к началу<br />
Ливонской войны (1558–1583), которая стала одним<br />
из основных факторов, значительно увеличивших<br />
число протестантов в России.<br />
Пленные, поселенные в Иноземной слободе Москвы,<br />
возвели здесь к 1576 г. первую деревянную лютеранскую<br />
церковь. В конце ХVI в. лютеране и реформаты<br />
появились в Нижнем Новгороде, Костроме,<br />
Ярославле, Казани, Архангельске. После окончания<br />
Тридцатилетней войны в Европе (1618–1648) благодаря<br />
немалому количеству бежавших в Россию<br />
Илл. 519
519<br />
518<br />
520 521<br />
518. Святой Прокопий Устюжский (в миру Якоб Потарст, ?–1303). Любекский купец-католик, принявший православие, юродивый в Великом Устюге,<br />
спасший город; причислен к лику православных святых (1547). Икона с житием. 1602. Великоустюгский музей-заповедник, Великий Устюг<br />
Prokop von Ustjug, auch Prokop von Lübeck oder Prokopius von Ustjug und Lübeck (bürgerlicher Name verm. Jacob Potharst, ?–1303), katholischer<br />
Lübecker Kaufmann, trat zum russisch-orthodoxen Glauber über, wurde Jurodiwyj (Narr in Christo) in Welikij Ustjug, rettete die Stadt, wurde 1547 Heiliger<br />
der Russisch-orthodoxen Kirche. Ikone mit Heiligenlegende. 1602. Architektur- und Kunstmuseum in Welikij Ustjug<br />
519. Изображение немца и немки (потомков приведенных из Лифляндии в 1574 г. пленных), которых можно было видеть<br />
в Немецкой слободе Москвы в 1661 г. Рисунок из альбома имперского посла барона А. Мейерберга. 1661–1662<br />
Darstellung alteingesessener Deutscher (Nachkommen der 1574 in Livland gefangen genommenen), wie man sie 1661 in der<br />
Moskauer Deutschen Vorstadt sehen konnte. Zeichnung aus dem Album des kaiserlichen Gesandten Baron A. Meierberg. 1661–1662<br />
520. Католическая церковь Пресвятой Троицы в Немецкой слободе Москвы. Рисунок. 1706<br />
Katholische Kirche der Heiligen Dreieinigkeit in der Deutschen Vorstadt Moskaus. Zeichnung. 1706<br />
521. Первые лютеранская (1708) и католическая (1710) церкви в Санкт-Петербурге. С гравюры Н. Челнакова. 1779<br />
Die erste lutherische (1708) und katholische (1710) Kirchen in St. Petersburg. Radierung von N. Tschelnakow. 1779
Немцы в российской истории 223<br />
flüchteten, wurden in vielen russischen Garnisonsstädten<br />
bis hin nach Sibirien evangelische Kirchen gebaut. 1662<br />
wurde auf Bitten des sächsischen Kurfürsten in Moskau<br />
eine sächsisch-lutherische Gemeinde gebildet.<br />
Die Bildung katholischer Gemeinden und der Bau katholischer<br />
Kirchen waren im Staat lange Zeit nicht erlaubt,<br />
was sich vor allem mit Besonderheiten der Außenpolitik<br />
und dem Widerstand der orthodoxen Kirche erklären<br />
lässt. Die erste katholische Holzkirche wurde 1692 in der<br />
Hauptstadt gebaut.<br />
Eine neue Seite in der Geschichte der deutschen Lutheraner<br />
und deutschen Katholiken in Russland schlug<br />
Peter I. auf. In den Jahren seiner Herrschaft (1689–1725)<br />
stieg nicht nur die Zahl der Deutschen deutlich an,<br />
auch der Status der lutherischen, der reformierten und<br />
der katholischen Kirche änderte sich. Per Erlass wurde<br />
1702 die völlige Glaubensfreiheit im Land verkündet.<br />
1705 unterschrieb Peter I. einen Erlass, der katholischen<br />
Missionaren auf dem Weg nach Persien und China die<br />
freie Durchreise sowie den Bau katholischer Kirchen und<br />
Schulen in russischen Städten erlaubte. Einem weiteren<br />
Erlass aus dem Jahre 1719 zufolge konnten Ausländer,<br />
die sich vorrübergehend in Russland aufhielten, „überall<br />
ungehindert ihren Glauben praktizieren und Gottesdienste<br />
abhalten“.<br />
In der Zeit, als sich die deutsche protestantische und die<br />
katholische Diaspora entwickelten (16. bis 18. Jahrhundert),<br />
lebten Lutheraner und Katholiken isoliert von der<br />
russischen Gesellschaft, was bei den staatlichen Behörden<br />
lediglich erhöhte Aufmerksamkeit weckte und Missgunst<br />
bei den orthodoxen Russen hervorrief. Die recht eingeschränkten<br />
Aktivitäten der Katholiken unterlagen aber<br />
ohnehin schon einer starken Kontrolle. Sie verfügten im<br />
Vergleich zu den Lutheranern, von den Orthodoxen ganz<br />
zu schweigen, nur über sehr wenige Privilegien.<br />
Abb.<br />
520–522<br />
солдат-протестантов евангелические церкви были<br />
построены во многих русских гарнизонных городах<br />
вплоть до Сибири. В 1662 г. по ходатайству саксонского<br />
курфюрста в Москве образована саксонская<br />
лютеранская община.<br />
Создавать католические общины и строить католические<br />
храмы в государстве не разрешалось долгое<br />
время, что объяснялось, прежде всего, особенностями<br />
внешней политики и противодействием Православной<br />
церкви. Первая деревянная католическая церковь<br />
в столице построена около 1692 г.<br />
Новую страницу в истории немцев-лютеран и немцевкатоликов<br />
в России открыл Петр Великий. В годы его<br />
царствования (1689–1725) не только отмечен значительный<br />
рост числа немцев, но и изменился статус<br />
Лютеранской, Реформатской и Католической церквей.<br />
Указом 1702 г. в стране провозглашалась полная<br />
свобода вероисповедания. В 1705 г. Петр I подписал<br />
указ, позволявший свободный проезд католических<br />
миссионеров через территорию России в Персию и<br />
Китай, а также устройство католических церквей и<br />
школ в российских городах. По другому указу (1719)<br />
иностранцы, временно прибывавшие в Россию, пользовались<br />
«повсеместно свободным отправлением веры<br />
и богослужений».<br />
На этапе формирования немецкой протестантской<br />
и католической диаспор (ХVI–ХVIII вв.) лютеране<br />
и католики существовали изолированно от русского<br />
общества, вызывая к себе лишь повышенное внимание<br />
государственных органов и неприязнь со стороны<br />
православных россиян. И без того ограниченная<br />
деятельность католиков подвергалась существенному<br />
контролю. Они пользовались минимумом привилегий,<br />
предоставленных лютеранам и, тем более, православным.<br />
Илл.<br />
520–522<br />
522. Г. Г. Нациус (1687–1751), пастор прихода св. Петра<br />
в Санкт-Петербурге (1711–1751). XVIII в.<br />
Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />
H. G. Nazzius (1687–1751), Pastor der Petri-Gemeinde<br />
in St. Petersburg (1711–1751). 18. Jh. Staatliche<br />
Eremitage, St. Petersburg<br />
522
224 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Evangelische und katholische<br />
Kolonien am Ende des 18. und<br />
zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />
Im Verlaufe des 18. und bis Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
hatten Deutsche, Lutheraner und Katholiken real die<br />
Möglichkeit, sich in einem beliebigen Teil des Landes<br />
niederzulassen und aktiv am Leben in Staat und Gesellschaft<br />
des Russischen Reiches teilzuhaben. Etwa zwei<br />
Drittel der deutschen Kolonisten, die nach dem Manifest<br />
Katharinas II. aus dem Jahre 1763 nach Russland kamen,<br />
waren vom Glauben her Lutheraner oder Reformierte, die<br />
übrigen waren Katholiken.<br />
Bis 1774 wurden an der Wolga 104 katholische, lutherische<br />
und reformierte Kolonien gegründet. Im Süden<br />
Russlands, wo sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts mehr<br />
als 100 000 Kolonisten niederließen, wurden lutherische<br />
und katholische Kolonien in den Gouvernements Jekaterinoslaw,<br />
Tschernigow, Taurien und Cherson sowie im<br />
Gebiet Bessarabien gegründet. Deutsche beider Konfessionen<br />
ließen sich zu einem kleinen Teil auch bei<br />
St. Petersburg nieder.<br />
In den ersten Siedlungsjahren sahen sich Kolonisten<br />
überall mit dem Mangel an Geistlichen konfrontiert.<br />
1820 kamen z. B. auf 40 evangelische Kolonien auf der<br />
Wiesenseite der Wolga nur vier Pastoren. Jeder dieser<br />
Pastoren betreute jeweils zehn Gemeinden und konnte in<br />
einer Kolonie höchstens fünf Mal im Jahr predigen. Einige<br />
Kolonien in Neurussland hatten in den ersten Jahren<br />
ihrer Existenz überhaupt keinen Priester. Die Katholiken<br />
am Fluss Beresan versammelten einmal im Jahr die ungetauften<br />
Neugeborenen aus allen Kolonien und schickten<br />
sie zusammen mit ihren Paten über 100 Werst weit zur<br />
Taufe. Die Lutheraner bekamen ein- bis zweimal im Jahr<br />
Besuch vom Pfarrer aus der Nachbargemeinde oder aus<br />
Odessa. Die Gründe dafür waren die Entfernung und die<br />
Auslastung der Pfarrer.<br />
In einem per Gesetz bestätigten Vortrag von Graf Orlow<br />
für Katharina II. aus dem Jahre 1765 wurde der Vorschlag<br />
unterbreitet, den Kolonisten in jedem Kolonistenbezirk<br />
auf Rechnung der Staatskasse eine Kirche mit allem erforderlichen<br />
Inventar zu errichten. Daher wurden die ersten<br />
Kirchen und Bethäuser in den Kolonien, eine spätere<br />
Rückzahlung vorausgesetzt, mit staatlichen Mitteln, aber<br />
mit eigenen Kräften von den Kolonisten gebaut. 1804<br />
gab es bereits 82 evangelische (davon 59 lutherische und<br />
23 reformierte) sowie 33 katholische Kirchen.<br />
Eine allgemeine Gesetzgebung zur kirchlichen Verwaltung<br />
der deutschen protestantischen und katholischen<br />
Gemeinden in Russland gab es noch nicht, aber die<br />
Regierung hatte bereits erste Schritte unternommen, um<br />
den Status der traditionellen deutschen Kirchen rechtlich<br />
zu regeln. 1768 wurden in einer Instruktion, „nach der<br />
alle neuangesiedelten Ausländer handeln sollen“, Platz<br />
und Rolle der Priester in den Kirchengemeinden detailliert<br />
geregelt.<br />
In allen deutschen Kolonien gab es praktisch von Anfang<br />
an kirchliche Gemeindeschulen, die die Kinder traditionell<br />
vom 7. bis zum 15. Lebensalter besuchten. Mädchen und<br />
Евангелические<br />
и католические колонии<br />
в конце ХVIII – начале ХIХ в.<br />
Abb. 523<br />
Abb. 524<br />
Илл. 523<br />
Илл. 524<br />
На протяжении ХVIII и до середины ХIХ в. немцы,<br />
лютеране и католики, получили реальную возможность<br />
селиться в любой части страны и принимать<br />
активное участие в общественной и государственной<br />
жизни империи. Около ⅔ немецких колонистов, прибывших<br />
в Россию после издания в 1763 г. манифеста<br />
Екатерины II, по вере являлись лютеранами или реформатами,<br />
остальные – католиками.<br />
В Поволжье до 1774 г. было основано 104 католические,<br />
лютеранские и реформатские колонии. В южных<br />
губерниях России, где до середины ХIХ в. поселились<br />
свыше 100 тыс. колонистов, лютеранские<br />
и католические колонии были созданы в Екатеринославской,<br />
Черниговской, Таврической, Херсонской<br />
губерниях и Бессарабской области. Небольшая часть<br />
немцев обеих конфессий разместилась под Санкт-<br />
Петербургом.<br />
В первые годы поселения колонисты повсеместно<br />
столкнулись с недостатком священнослужителей.<br />
Например, в 1820 г. на 40 евангелических колоний<br />
Левобережья Волги приходились только 4 пастора.<br />
Каждый из них обслуживал по 10 общин и мог<br />
проповедовать в одной колонии не чаще чем 5 раз<br />
в год. Часть колоний в Новороссии в первые годы<br />
своего существования вообще не имела священников.<br />
Католики на р. Березань раз в год собирали из всех<br />
колоний некрещеных новорожденных детей с крестными<br />
родителями и отправляли их за 100 верст для<br />
совершения обряда. Лютеран посещал священник<br />
из соседнего прихода или Одессы 1–2 раза в год.<br />
Причиной тому были дальнее расстояние и загруженность<br />
пасторов.<br />
Законодательно утвержденный доклад графа Орлова<br />
Екатерине II (1765) предлагал строить для колонистов<br />
в каждом округе на казенные средства по одной<br />
церкви, снабжая всей необходимой утварью. Поэтому<br />
первые церкви и молитвенные дома в колониях строились<br />
на выделенные казной деньги (с условием их<br />
возврата), но зачастую силами колонистов. В 1804 г.<br />
в Поволжье насчитывалось уже 82 евангелические<br />
кирхи (59 лютеранских и 23 реформатских) и 33 католические<br />
церкви.<br />
Обобщающих законов по церковному управлению немецкими<br />
протестантскими и католическими общинами<br />
России еще не было издано, однако правительство<br />
предпринимало шаги для правовой регламентации<br />
статуса традиционных немецких церквей. В специальной<br />
инструкции (1768), «по которой все новопоселенные<br />
иностранцы поступать должны», подробно<br />
регламентировались место и роль духовенства в церковных<br />
общинах.<br />
Практически во всех немецких колониях с момента<br />
основания действовали церковно-приходские школы,<br />
где традиционно обучались все дети в возрасте<br />
от 7 до 15 лет. Обучение мальчиков и девочек
Немцы в российской истории 225<br />
Jungen wurden gemeinsam unterrichtet. Das Schuljahr<br />
dauerte vom 20. August bis zum 20. Juni. Im Wesentlichen<br />
bestand die Schulbildung darin, schreiben, lesen,<br />
singen und mit den vier Grundrechenarten rechnen zu<br />
lernen sowie den Katechismus, die Lobgesänge und das<br />
Evangelium auswendig zu lernen. Um Fleiß und Disziplin<br />
aufrechtzuerhalten, konnte es im Unterricht Schläge mit<br />
dem Stock oder dem Lineal auf die Handflächen geben.<br />
Schüler, die sich etwas zu Schulden hatten kommen lassen,<br />
mussten sich auf den Boden knien, bekamen mit einer<br />
Rute Schläge auf die Hände und das Gesäß.<br />
Die Kirche spielte eine besondere Rolle in der Schule und<br />
beim Verbreiten der Bildung. So führten z. B. Jesuiten<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts in den deutschen Kolonien<br />
moderne Lernmethoden, Fremdsprachenunterricht,<br />
Rhetorikunterricht und Grundlagen westeuropäischer<br />
Kultur ein.<br />
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann sich<br />
die Organisationsstruktur der evangelisch-lutherischen<br />
und römisch-katholischen Kirche herauszubilden. 1819<br />
wurden mit einem Erlass Alexanders I. protestantische<br />
Konsistorien in Saratow und Odessa gebildet, auch wenn<br />
letzterem die Eröffnung nicht vergönnt war. Das Saratower<br />
Konsistorium stand 14 Jahre unter der Leitung von Bischof<br />
J. A. Fessler, bis es 1834 zum Moskauer Konsistorium<br />
umgebildet wurde.<br />
Ab 1832 wurden die besonderen Beziehungen der evangelisch-lutherischen<br />
und der römisch-katholischen Kirche<br />
zum Staat sowie deren rechtliche Stellung im Gesetzbuch<br />
des Russischen Reiches geregelt. Demzufolge gliederte man<br />
alle Konfessionen in drei Gruppen: die dominierende und<br />
herrschende Konfession, das orthodoxe Christentum; die<br />
geduldeten „fremdländischen“ christlichen Konfessionen<br />
(Katholizismus, Luthertum und andere protestantische<br />
Strömungen), den Islam, den Buddhismus-Lamaismus, den<br />
Judaismus und das Heidentum und schließlich die geächteten<br />
Konfessionen, darunter die Altgläubigen sowie Sekten,<br />
die aus der orthodoxen Kirche hervorgegangen sind.<br />
Den Lutheranern in der regierenden Elite des Reiches<br />
sowie ihrer loyalen Politik gegenüber dem Staat hatte es<br />
die evangelisch-lutherische Kirche zu verdanken, dass sie<br />
schneller als die katholische Kirche ihren offiziellen Status<br />
bekam. Das Gesetz für die lutherische Kirche, mit dem<br />
die Vereinigung und Zentralisierung der protestantischen<br />
Kirchen in Russland ihren Abschluss fand, wurde 1832<br />
vom Imperator bestätigt, die Satzung der katholischen<br />
Kirche hingegen erst 1857.<br />
Die Lage der Kirchen war immer von Besonderheiten<br />
der Regierungspolitik und der außenpolitischen Situation<br />
abhäng. In der russischen Gesellschaft gab es Vorurteile<br />
gegenüber den Katholiken, und antikatholische<br />
Stimmungen waren ein fester Bestandteil der russischen<br />
Kulturtradition. Ungeachtet einer formalen konfessionellen<br />
Toleranz verfügten die Vertreter der traditionellen<br />
deutschen Konfessionen, je nachdem, welcher Konfession<br />
sie angehörten und welche Beziehungen sie zur<br />
Zarenregierung und zur orthodoxen Kirche hatten, über<br />
unterschiedlich viele Rechte.<br />
Abb.<br />
525, 526<br />
Abb. 527<br />
Abb. 528<br />
Abb.<br />
529, 530<br />
Abb. 531<br />
Abb. 532<br />
проходило совместно и продолжалось в период<br />
с 20 августа по 20 июня. Сущность образования<br />
заключалась в обучении письму, чтению, четырем<br />
арифметическим действиям, пению, заучивании наизусть<br />
Катехизиса, гимнов и Евангелия. Для поддержания<br />
дисциплины и прилежания в учебе в школах<br />
использовалось битье палкой или линейкой по ладоням.<br />
Провинившихся учеников ставили на колени,<br />
в том числе на доски, били прутьями по рукам или<br />
ниже пояса.<br />
Церковь играла важнейшую роль в процессе школьного<br />
обучения и распространении просвещения. Например,<br />
иезуиты в начале ХIХ в. ввели в немецких<br />
колониях прогрессивные формы организации учебного<br />
процесса, преподавание иностранных языков,<br />
ораторского искусства и основ западноевропейской<br />
куль туры.<br />
В первой половине ХIХ в. началось оформление организационной<br />
структуры Евангелическо-лютеранской<br />
и Римско-католической церквей. Указ Александра I<br />
(1819) учреждал протестантские консистории в Саратове<br />
и Одессе, хотя последней так и не суждено было<br />
открыться. Саратовская консистория просуществовала<br />
14 лет под руководством епископа И. А. Фесслера,<br />
после чего была преобразована в Московскую консисторию<br />
(1834).<br />
С 1832 г. особенности взаимоотношений Евангелическо-лютеранской<br />
и Римско-католической церквей<br />
с государством, а также их правовое положение<br />
регламентировались Сводом законов Российской<br />
империи. В соответствии с ним все вероисповедания<br />
делились на три группы: первенствующее и<br />
господствующее – православие; терпимые – «иностранные»<br />
христианские исповедания (католицизм,<br />
лютеранство, другие течения протестантизма), а также<br />
ислам, буддизм-ламаизм, иудаизм, язычество; гонимые<br />
– старообрядчество и сектантство, возникшее<br />
на почве православия.<br />
Наличие лютеран среди правящей элиты империи,<br />
а также лояльная политика Евангелическо-лютеранской<br />
церкви по отношению к государственной власти<br />
позволили ей приобрести официальный статус быстрее,<br />
чем Католической церкви. Устав Лютеранской<br />
церкви, завершивший объединение и централизацию<br />
протестантских церквей в России, был утвержден<br />
императором в 1832 г., устав Католической церкви –<br />
только в 1857 г.<br />
Положение церквей зависело от особенностей политики<br />
правительства и внешнеполитической ситуации.<br />
В русском обществе существовал негативный стереотип<br />
восприятия католиков, а антикатолические настроения<br />
являлись важной составной частью русской<br />
культурной традиции. Несмотря на формальное существование<br />
веротерпимости, представители традиционных<br />
немецких конфессий наделялись различным<br />
объемом прав в зависимости от конфессиональной<br />
принадлежности, отношения к ним царского правительства<br />
и православия.<br />
Илл.<br />
525, 526<br />
Илл. 527<br />
Илл. 528<br />
Илл.<br />
529, 530<br />
Илл. 531<br />
Илл. 532
523 524<br />
526<br />
525<br />
523. Евангелическо-лютеранская церковь на плане колонии Катариненштадт.<br />
Конец XVIII в. Российский государственный архив древних актов, Москва<br />
Evangelisch-lutherische Pfarrkirche auf dem Plan der Kolonie Katharinenstadt.<br />
Ende 18. Jh. Russisches Staatsarchiv der Alten Akten, Moskau<br />
524. Первая часть инструкции Саратовской конторы опекунства иностранных<br />
«О богослужении и общих обязанностях иностранных колонистов». 1768.<br />
Государственный исторический архив немцев Поволжья, Энгельс<br />
Erste Abteilung der Instruktion des Saratower Kontors für ausländische Ansiedler<br />
„Von dem Gottesdienst und den allgemeinen Pflichten“. 1768. Staatliches<br />
Historisches Archiv der Wolgadeutschen, Engels<br />
525. Урок в школе поволжских немцев. Рисунок из публикации Д. Куфельда<br />
«Песня кистера Дейса». Саратов. 1914<br />
Unterricht in einer Schule der Wolgadeitsche. Zeichnung aus D. Kufelds<br />
„Das Lied vom Küster Deis“. Saratow, 1914<br />
526. Библия, принадлежавшая немецким колонистам. Ульм. 1768<br />
Bibel, die deutschen Kolonisten gehörte. Ulm, 1768<br />
527. Иезуит А. фон Ландес (1767–1844), уроженец Баварии, основатель<br />
католической общины в Саратове в начале XIX в. С гравюры. Рим. 1833<br />
A. von Landes (1767–1844), gebürtiger Bayer, Jesuit, Gründer der katholischen<br />
Gemeinde zu Saratow Anf. 19. Jh. Radierung. Rom, 1833<br />
527
528 529<br />
531<br />
530<br />
528. С. Богуш-Сестренцевич (1731–1827), первый митрополит всех римскокатолических<br />
церквей России (1798–1826). Я. К. Дамель. 1820<br />
S. Bohusz-Siestrzencewicz (1731–1827), der erste Mitropolit aller römisch-katholischen<br />
Kirchen in Russland (1731–1827). Ja. K. Damel. 1820<br />
529. Суперинтендент И. А. Фесслер (1756–1839). И. Ромбауер. 1821<br />
Superintendent I. A. Fessler (1756–1839). J. Rombauer. 1821<br />
530. Облачение евангелическо-лютеранских священников, утвержденное<br />
Николаем I. С литографии. 1830<br />
Von Nikolaj I. bestätigte Amtstracht der evangelisch-lutherischen<br />
Geistlichen. Lithographie. 1830<br />
531. Устав Евангелическо-лютеранской церкви в России. 1832<br />
Gesetz für die evangelisch-lutherische Kirche in Russland. 1832<br />
532. Христианский песенник для евангелических общин Южной России. Одесса. 1862<br />
Christliches Liederbuch für die evangelischen Gemeinden Südrusslands. Odessa, 1862<br />
532
228 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Bildung des römisch–<br />
katholischen Bistums Tiraspol<br />
Von den elf römisch-katholischen Bistümern, die in der<br />
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Russischen Reich<br />
existierten, lag allein das Bistum Tiraspol auf dem eigentlichen<br />
Gebiet Russlands. Das Bistum wurde 1847 gegründet<br />
und hieß anfangs noch Bistum Cherson (1847–1852).<br />
Jedoch gelang es weder in Cherson, noch in der nahe<br />
Odessa gelegenen Bezirkshauptstadt Tiraspol einen Bischofssitz<br />
einzurichten. Es gab dort weder eine katholische<br />
Kirche, noch geeignete Gebäude für eine bischöfliche Residenz<br />
und ein geistliches Seminar. 1856 beschloss Bischof<br />
F. H. Kahn seinen Wohnsitz „vorübergehend“ nach Saratow<br />
zu verlegen, das darauf hin zum ständigen Zentrum des<br />
Bistums Tiraspol wurde. Den Namen „Bistum Tiraspol“<br />
wollte man aber beibehalten. Im Gouvernement Saratow<br />
lebten zu dieser Zeit ca. 20 000 Katholiken, die meisten waren<br />
Deutsche. In Saratow selbst waren es über 2 000.<br />
Zum Bistum Tiraspol gehörten Kirchspiele in den Gouvernements<br />
Astrachan, Jekaterinoslaw, Saratow, Samara, Taurien<br />
und Cherson, in den Regionen Kaukasus und Transkaukasien<br />
sowie im Gebiet Bessarabien. In erster Linie war<br />
das Bistum für die 200 000 Kolonisten gegründet worden.<br />
Das Territorium umfasste eine Fläche von 14 000 Quadratmeilen<br />
und war größer als katholische Bistümer in<br />
Europa. Anfang des 20. Jahrhunderts gehörten zum Bistum<br />
298 000 Gemeindeglieder und 131 Priester.<br />
Bis 1917 wurden im Bistum mit 116 monumentalen<br />
Kirchen beeindruckende architektonische Denkmäler<br />
geschaffen. Unter den Baumeistern waren nicht nur<br />
Architekten deutscher Herkunft, sondern auch Russen.<br />
Die Kirchen wurden in ländlichen Gegenden und Städten<br />
gebaut, u. a. in Odessa (1853 und 1914), Kasan<br />
(1858), Wladikawkas (1864), Saratow (1880), Tiflis (1877),<br />
Woronjesch (1889), Jekaterinodar (1893), Noworossijsk<br />
(1898), Zarizyn (1899), Kamyschin (1901) und in Samara<br />
(1906). Die imposanten Bauten in den Kolonien waren<br />
der Stolz der Kolonisten.<br />
Создание Тираспольской<br />
римско-католической епархии<br />
Abb. 533<br />
Abb.<br />
534–540<br />
Илл. 533<br />
Илл.<br />
534–540<br />
Из 11 римско-католических епархий, существовавших<br />
в Российской империи во второй половине ХIХ в., лишь<br />
Тираспольская епархия располагалась на территории<br />
собственно России. Основана она была в 1847 г. и первоначально<br />
носила название Херсонской (1847–1852).<br />
Однако в Херсоне, а позже и в уездном городке близ<br />
Одессы – Тирасполе, поместить кафедру епископа не<br />
удалось. Там не было ни католической церкви, ни<br />
подходящих помещений для резиденции епископа и<br />
духовной семинарии. В 1856 г. епископ Ф. Г. Кан решает<br />
«временно» избрать местом своего проживания Саратов,<br />
который и стал постоянным центром Тираспольской<br />
епархии. Название «Тираспольская» было решено<br />
сохранить. В Саратовской губернии в то время проживали<br />
около 20 тыс. католиков, большей частью немцев,<br />
в Саратове их насчитывалось более 2 тыс.<br />
К Тираспольской епархии относились приходы, находившиеся<br />
в Астраханской, Екатеринославской,<br />
Саратовской, Самарской, Таврической, Херсонской<br />
губерниях, Кавказском и Закавказском краях, Бессарабской<br />
области. В первую очередь она была основана<br />
для 200 тыс. немецких колонистов. Ее территория<br />
занимала площадь 14 тыс. кв. миль и по размеру превосходила<br />
католические епархии в Европе. В начале<br />
ХХ в. епархия насчитывала почти 298 тыс. прихожан<br />
и имела 131 священнослужителя.<br />
До 1917 г. в епархии было сооружено 116 монументальных<br />
храмов – замечательных памятников архитектуры.<br />
Их создателями были архитекторы не только<br />
немецкого происхождения, но и русские. Церкви строились<br />
в сельской местности и городах: Одесса (1853,<br />
1914), Казань (1858), Владикавказ (1864), Саратов<br />
(1880), Тифлис (1877), Воронеж (1889), Екатеринодар<br />
(1893), Новороссийск (1898), Царицын (1899), Камышин<br />
(1901), Самара (1906) и др. Величественные сооружения<br />
в колониях были гордостью колонистов.<br />
533 534
536<br />
535<br />
533. Ф. Г. Кан (1788–1864), первый епископ Тираспольской<br />
римско-католической епархии (1850–1864). Неизвестный<br />
художник. [1850]<br />
F. H. Kahn (1788–1864), erster Bischof des römisch-katholischen<br />
Bistums Tiraspol (1850–1864). Unbekannter Maler. [1850]<br />
537<br />
534. Католическая церковь в колонии Каменка Саратовской<br />
губернии (1907). Фото Е. Мошкова. 2010<br />
Katholische Kirche in der Kolonie Kamenka, Gouvernement<br />
Saratow (1907). Foto E. Moschkow. 2010<br />
535. Католическая церковь в колонии Герцог Самарской<br />
губернии. Почтовая карточка. Конец XIX в.<br />
Katholische Kirche in der Kolonie Herzog, Gouvernement<br />
Samara. Postkarte. Ende 19. Jh.<br />
536. Католическая церковь в колонии Карлсруэ Херсонской губернии<br />
(1885). Фото. 2009<br />
Katholische Kirche in der Kolonie Karlsruhe, Gouvernement Cherson<br />
(1885). Foto. 2009<br />
537. Католическая церковь в Казани (1858). Фото. 2011<br />
Katholische Kirche in Kasan (1858). Foto. 2011<br />
538. Орга´н в кафедральном соборе св. Климента в Саратове.<br />
Фото. 1938. Саратовский областной музей краеведения, Саратов<br />
Orgel in der Klemens-Kathedrale (Saratow). Foto. 1938.<br />
Saratower Gebietsmuseum für Heimatkunde, Saratow<br />
538
540<br />
539. Католическая церковь в Самаре (1906). Фото. 2010<br />
Katholische Kirche in Samara (1906). Foto. 2010<br />
539<br />
540. Скульптор Ф. Штуфлессер (1859–1926) с супругой на фоне своей мастерской<br />
в Санкт-Ульрих-Греден (Австрия). Изготовлял алтари и скульптуры для<br />
множества церквей Тираспольской епархии. Фото. 1920-е гг.<br />
Bildhauer F. Stuflesser (1859–1926) mit Ehefrau. Im Hintergrund seine Werkstatt<br />
in St. Ulrich-Gröden (Österreich). Fertigte Altäre und Heiligenstatuen für<br />
zahlreiche Kirchen des Bistums Tiraspol. Foto. 1920er Jahre<br />
541. Реформатская церковь в Санкт-Петербурге (1865).<br />
Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Reformierte Kirche in St. Petersburg (1865).<br />
Postkarte, Anfang 20. Jh.<br />
542. Проект церкви для поволжской колонии Цюрих (1873, архитектор<br />
И. Якобсталь) и ее состояние в конце ХХ в. Фото О. Лиценбергер. 1998<br />
Projekt einer Kirche für die Kolonie Zürich an der Wolga (1873, Arch. J. Jacobsthal)<br />
und deren Zustand Ende des 20. Jh. Foto von O. Litzenberger. 1998
Немцы в российской истории 231<br />
Russlanddeutsche Reformierte,<br />
Herrnhuter und Mennoniten<br />
Die russlanddeutschen Reformierten waren zunächst nicht<br />
einheitlich organisiert und daher keinen Verwaltungszwängen<br />
unterworfen. Der Anteil der Reformierten an den<br />
ersten deutschen Siedlern im Wolgagebiet betrug 16,25 %<br />
(1 250 Familien). Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts<br />
wurden sie zu drei Kirchspielen zusammengefasst: Katharinenstadt<br />
(heute Marx im Gebiet Saratow), Norka (heute<br />
Nekrassowo im Rayon Krasnoarmejsk, Gebiet Saratow)<br />
und Messer (Ust-Solicha, heute im Rayon Krasnoarmejsk,<br />
Gebiet Saratow).<br />
In Neurussland tauchen die ersten Reformierten zu Beginn<br />
des 19. Jahrhunderts in den Kolonien Worms, Rohrbach<br />
und Neudorf (Gouvernement Cherson) auf und bilden<br />
von Anfang an gemeinsame Gemeinden mit den Lutheranern.<br />
Als dann aber 1848 ein lutherischer Pastor<br />
in das Kirchspiel Glückstal kam, der seine Ausbildung<br />
in Dorpat genossen hatte und den Reformierten in den<br />
Schulen den Heidelberger Katechismus verbot, gingen die<br />
Gemeindeglieder zueinander auf Distanz, was schließlich<br />
1861 zur Gründung der selbstständigen reformierten<br />
Kirchspiele Neudorf und Worms-Rohrbach führte. In<br />
den Kolonien, in denen es nur wenige Reformierte gab,<br />
wurden ihre Gemeinden, da sie keine eigenen Priester<br />
hatten, von lutherischen Pastoren betreut. Ende des<br />
19. Jahrhunderts gingen daher ihre traditionellen calvinistischen<br />
Grundlagen verloren und sie verschmolzen<br />
mit den Lutheranern.<br />
Anlässlich des 300. Jahrestages der Reformation im Jahre<br />
1817 gaben viele europäische Monarchen Erlasse zur<br />
Vereinigung der zersplitterten protestantischen Kirche<br />
heraus, indem sie die Bezeichnungen „lutherisch“ und<br />
„reformiert“ im offiziellen Sprachgebrauch verboten und<br />
sie durch den gemeinsamen Namen „evangelische Kirche“<br />
ersetzten. In Russland wurde der erste Zusammenschluss<br />
in Archangelsk durch die Gründung einer vereinten evangelischen<br />
Gemeinde vollzogen. Ungeachtet des Protests<br />
von lutherischen und reformierten Theologen, wurden<br />
1819 Lutheraner und Reformierte des ganzen Reiches per<br />
Erlass Alexanders I. zur vereinten evangelisch-lutherischen<br />
Kirche zusammengeschlossen.<br />
Ende des 19. Jahrhunderts waren 3,57 % der Russlanddeutschen<br />
Reformierte. 1900 lebten in St. Petersburg<br />
3 500 deutsche Reformierte und in Moskau 1 900. Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts gab es, ohne die mit den Lutheranern<br />
zusammengeschlossenen Wolga-Kirchspiele Norka,<br />
Messer und Balzer, sieben große reformierte Kirchspiele:<br />
in Moskau, St. Petersburg, Archangelsk und Odessa, in<br />
den Kolonien Schabo (Schweizer) und Neudorf sowie in<br />
dem zusammengeschlossenen Kirchspiel Worms-Johannestal-Waterloo-Rohrbach.<br />
Reformierte lebten auch in<br />
Turkestan, am Kaspischen Meer und in anderen Regionen<br />
des Reiches. In der Historiografie der Lutheraner<br />
heißt es gewöhnlich, dass es 1914 in Russland (ohne<br />
das Wolgagebiet) 42 reformierte Gemeinden mit 30 000<br />
bis 40 000 Reformierten gab. Da 1910 im Wolgagebiet<br />
ca. 50 000 bis 70 000 Reformierte lebten, war ihre Gesamtzahl<br />
deutlich größer.<br />
Abb. 541<br />
Abb. 542<br />
Реформаты, гернгутеры<br />
и меннониты среди<br />
российских немцев<br />
Первоначально реформаты среди российских немцев<br />
не имели единой организации и пользовались большой<br />
свободой в управлении. Среди первых немецких<br />
колонистов Поволжья реформаты составляли 16,25 %<br />
(1 250 семей). В последней четверти ХVIII в. они были<br />
объединены в три церковных прихода: Екатериненштадт<br />
(ныне г. Маркс в Саратовской обл.), Норка<br />
(ныне с. Некрасово Красноармейского р-на Саратовской<br />
обл.) и Мессер (Усть-Золиха, ныне в Красноармейском<br />
р-не Саратовской обл.).<br />
В Новороссии первые реформаты появляются в начале<br />
ХIХ в. в колониях Вормс, Рорбах, Нейдорф<br />
Херсонской губернии и с самого начала составляют<br />
вместе с лютеранами совместные общины. Но с появлением<br />
в 1848 г. в Глюкстальском приходе лютеранского<br />
пастора, получившего образование в Дерпте и<br />
запрещавшего реформатам использовать в школах<br />
Гейдельбергский Катехизис, между прихожанами<br />
наметилось размежевание, приведшее к появлению<br />
отдельных реформатских приходов Нейдорф и Вормс-<br />
Рорбах (1861). В колониях, где реформатов было немного,<br />
из-за недостатка собственных священнослужителей<br />
их общины обслуживались лютеранскими<br />
пасторами. Поэтому к концу ХIХ в. они утратили<br />
традиционные кальвинистские начала и слились с лютеранством.<br />
В ознаменование 300-летнего юбилея Реформации<br />
(1817) многие европейские монархи издали указы<br />
об объединении раздробленного протестантизма,<br />
запретив применять в официальном обращении названия<br />
«Лютеранская» и «Реформатская» и заменив<br />
их общим наименованием «Евангелическая церковь».<br />
В России первое объединение было осуществлено<br />
в Архангельске созданием единого евангелического<br />
прихода. Несмотря на протесты со стороны лютеранских<br />
и реформатских богословов, указом Александра I<br />
(1819) лютеране и реформаты всей империи были<br />
объединены в единую Евангелическо-лютеранскую<br />
церковь.<br />
В конце ХIХ в. 3,57 % российских немцев являлись<br />
реформатами. В 1900 г. в Санкт-Петербурге проживали<br />
3,5 тыс. немцев-реформатов, в Москве – 1,9 тыс.<br />
К началу ХХ в. в России имелось семь крупных реформатских<br />
приходов (не считая объединенных с лютеранами<br />
поволжских приходов Норка, Мессер и<br />
Бальцер): в Москве, Санкт-Петербурге, Архангельске,<br />
Одессе, колониях Шабо (швейцарцы), Нейдорф и объединенный<br />
приход Вормс-Иоганнесталь-Ватерлоо-<br />
Рорбах. Реформаты проживали также в Туркестане,<br />
на побережье Каспийского моря и в других регионах<br />
империи. В лютеранской историографии принято считать,<br />
что в 1914 г. в России (без Поволжья) действовали<br />
42 реформатские общины и насчитывалось 30–40 тыс.<br />
реформатов. Поскольку в Поволжье к 1910 г. проживали<br />
около 50–70 тыс. реформатов, их общее количество<br />
было значительно выше.<br />
Илл. 541<br />
Илл. 542
543. Прусские гернгутеры. С гравюры<br />
Д. Н. Ходовицкого. 1781<br />
Preußische Herrnhuter. Radierung<br />
von D. N. Chodowiecki. 1781<br />
544. Соглашение о внутреннем управлении<br />
и обязанностях членов евангелической братской<br />
общины Сарепта. 1784<br />
Einverständniß über die Verwaltung und<br />
Pflichten der evangelischen Brüdergemeinde<br />
zu Sarepta. 1784<br />
545. Церковь гернгутеров в бывшей колонии Сарепта<br />
(1772), ныне в черте г. Волгограда. Фото. 1999<br />
Kirche der Herrnhuter in der ehem. Kolonie<br />
Sarepta (1772), heute im Stadtbereich von<br />
Wolgograd. Foto. 1999<br />
543 544<br />
546. Молитвенный дом меннонитов в колонии<br />
Гальбштадт (Новороссия). Фото.<br />
Землячество немцев из России, Штутгарт<br />
Mennonitisches Bethaus in der Kolonie Halbstadt<br />
(Neurussland). Foto. Landsmannschaft<br />
der Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />
545<br />
546<br />
547<br />
547. Оттиск печати меннонитской<br />
общины колонии Кронсвейде<br />
(Новороссия). 1888.<br />
Государственный архив<br />
Одесской области, Одесса<br />
Siegelabdruck der<br />
Mennonitengemeinde der Kolonie<br />
Kronsweide (Neurussland). 1888.<br />
Staatliches Gebietsarchiv Odessa,<br />
Odessa<br />
548. Данцигские меннониты. С гравюры<br />
Д. Н. Ходовицкого. 1781<br />
Danziger Mennoniten. Radierung von<br />
D. N. Chodowiecki. 1781<br />
548<br />
549. Семья меннонитов (Новороссия).<br />
Фото. Около 1860<br />
Mennonitische Familie (Neurussland).<br />
Foto. Ca. 1860<br />
549
Немцы в российской истории 233<br />
Eine weitere konfessionelle Richtung, die Ende des<br />
19. Jahrhunderts zur vereinten evangelisch-lutherischen<br />
Kirche gehörte, waren die Herrnhuter. 1765 erließ Katharina<br />
II. „Regeln zur Ansiedlung der Herrnhuter Brüdergemeinde<br />
in Russland“, mit denen die Herrnhuter das<br />
Recht auf volle Selbstverwaltung und zahlreiche Privilegien<br />
verliehen bekam. Ihre Gemeinde ließ sich in einer nahe<br />
Zarizyn gelegenen Kolonie im Gouvernement Astrachan<br />
nieder, die den Namen Sarepta bekam. Die Gemeinde von<br />
Sarepta unterwarf sich einer strengen religiösen Disziplin,<br />
missionierte eifrig, um das Christentum unter den Völkern<br />
im Wolgagebiet zu verbreiten und war in deutschen Wolgakolonien<br />
ein kulturelles Bildungszentrum ganz eigener<br />
Art. 1834 wurden für die Herrnhuter Brüdergemeinden<br />
in Sarepta und im Baltikum Sonderregeln für die innere<br />
Ordnung und Verwaltung herausgegeben. Ab 1893 gehörte<br />
die Gemeinde Sarepta zur evangelisch-lutherischen Kirche<br />
in Russland.<br />
Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Russland ca. 50 000<br />
Mennoniten in mehr als 160 Kolonien, von denen 51 im<br />
Gouvernement Jekaterinoslaw lagen, 57 im Gouvernement<br />
Taurien, 16 im Gouvernement Cherson, 18 im Gouvernement<br />
Samara und ca. 20 im Kaukasus. Die größten<br />
Mennonitensiedlungen im vorrevolutionären Russland<br />
waren Halbstadt, Einlage, Schönhorst und Schöntal in<br />
Neurussland sowie Koeppental und Hahnsau im Gouvernement<br />
Samara.<br />
Die ersten deutschen Mennoniten kamen Ende des<br />
18. Jahrhunderts aus den Marienwerderschen Niederungen<br />
in Preußen nach Russland. Bis 1820 verlief ihre Kolonisation<br />
in Russland am aktivsten in der Schwarzmeerregion.<br />
Ab 1854 gründeten Mennoniten Kolonien im Gouvernement<br />
Samara. Als 1874 das Gesetz über die allgemeine<br />
Wehrpflicht verabschiedet wurde, begannen sie in großer<br />
Zahl nach Amerika zu emigrieren.<br />
Abb. 543<br />
Abb.<br />
544, 545<br />
Abb.<br />
546, 547<br />
Abb. 548<br />
Abb.<br />
549, 550<br />
Еще одним направлением, вошедшим в конце ХIХ в.<br />
в единую Евангелическо-лютеранскую церковь, являлись<br />
гернгутеры. В 1765 г. Екатериной II были учреждены<br />
«Правила для поселения в России братства евангелического<br />
общества», по которым гернгутеры получили<br />
полное самоуправление и значительные привилегии. Их<br />
община поселилась колонией в Астраханской губернии,<br />
близ Царицына, получив название Сарепта. Сарептская<br />
община подчинялась строгой религиозной дисциплине,<br />
занималась активной миссионерской деятельностью<br />
по распространению христианства среди народов<br />
Поволжья и являлась своеобразным культурно-просветительским<br />
центром немецких колоний Поволжья.<br />
В 1834 г. для братских гернгутерских общин Сарепты<br />
и Прибалтики были изданы специальные правила,<br />
касавшиеся внутреннего распорядка и управления.<br />
В 1893 г. Сарептская община вошла в состав Евангелическо-лютеранской<br />
церкви России.<br />
В конце ХIХ в. в России насчитывалось около 50 тыс.<br />
меннонитов, расселенных более чем в 160 колониях:<br />
51 колония располагалась в Екатеринославской<br />
губернии, 57 – в Таврической, 16 – в Херсонской,<br />
18 – в Самарской и около 20 – на Кавказе. Крупнейшими<br />
меннонитскими поселениями в дореволюционной<br />
России являлись Гальбштадт, Эйнлаге, Шенгорст,<br />
Шенталь в Новороссии, Кеппенталь и Гансау в Самарской<br />
губернии.<br />
Первые немцы-меннониты прибыли в Россию с территории<br />
Мариенвердерской низменности (Пруссия)<br />
в конце ХVIII в. До 1820 г. их колонизация в России<br />
проходила наиболее активно в Причерноморье.<br />
С 1854 г. меннониты основали колонии в Самарской<br />
губернии. После издания закона о всеобщей воинской<br />
повинности (1874) началась их массовая эмиграция<br />
в Америку.<br />
Илл. 543<br />
Илл.<br />
544, 545<br />
Илл.<br />
546, 547<br />
Илл. 548<br />
Илл.<br />
549, 550<br />
550<br />
550. Проект устава евангелическо-меннонитского исповедания в России. Около 1905<br />
Projekt einer Verfassung der Evangelischen Mennonitischen Konfession in Russland. Ca. 1905
234 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 551<br />
Andere protestantische<br />
Strömungen bei den<br />
Russlanddeutschen<br />
Der Überblick über das religiöse Leben der Russlanddeutschen<br />
wäre nicht vollständig, würde man die neben den<br />
offiziellen Konfessionen bestehenden Formen des Protestantismus<br />
außer Acht lassen. Etwa 20 protestantische<br />
Gruppierungen mit den unterschiedlichsten Namen lassen<br />
sich zu größeren Gruppen zusammenfassen: Pietisten<br />
(Stundisten und Betbrüder), aus Mennoniten hervorgegangene<br />
Richtungen (Hüpfer, tanzende Brüder, Brüder<br />
und Schwestern, Stundengänger und Separatisten) sowie<br />
Baptisten und Adventisten.<br />
Die Stundisten, abgeleitet von „Andachtsstunden“, oder<br />
auch die Betbrüder sind ein Oberbegriff für die deutschen<br />
Nachfolger der Pietisten. Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
waren die Stundisten am weitesten im Süden, in den<br />
Gouvernements Jekaterinoslaw, Cherson und Taurien,<br />
verbreitet, wo sie sich 1817 zum ersten Mal versammelten.<br />
Die eifrigsten Verkünder der Ideen der Stundisten<br />
in den deutschen Kolonien Neurusslands waren Pastor<br />
Johannes Bonekämper (1796–1857) und sein Sohn Karl<br />
(1827–1893), die bei den Begründern des Stundismus einen<br />
guten Ruf hatten und diese Lehre in vielen deutschen<br />
Kolonien im Schwarzmeergebiet und an der Wolga und<br />
sogar unter der orthodoxen russischen und ukrainischen<br />
Bevölkerung verbreiteten. 1894 wurden die Stundisten auf<br />
Allerhöchste Anordnung als besonders schädliche Sekte<br />
eingestuft und verboten.<br />
Die Wüsterer vertraten eine Strömung, die auf den lutherischen<br />
Pastor Eduard Wüst (1818–1859) zurückgeht. Sie<br />
entstand 1845 in einer Gemeinde schwäbischer Separatisten,<br />
die zwischen 1818 und 1820 aus Württemberg nach<br />
Russland kamen und sich in der Kolonie Neuhoffnung<br />
im Gouvernement Taurien niederließen. Dank einer eifrig<br />
Илл. 551<br />
Другие протестантские течения<br />
среди российских немцев<br />
Представление о религиозной жизни российских немцев<br />
будет неполным, если наряду с официальными<br />
конфессиями не принимать во внимание иные формы<br />
протестантизма. Около 20 протестантских образований,<br />
носивших различные наименования, можно сгруппировать<br />
в наиболее крупные: пиетизм (штундизм и бетбрюдерство),<br />
направления, вышедшие из меннонитства<br />
(гюпферы, танцующие братья, братья и сестры, штунденгенгеры,<br />
сепаратисты), баптизм и адвентизм.<br />
Штундисты (от нем. Andachtsstunden – час для молитвы)<br />
или бетбрюдеры (от нем. beten – молиться<br />
и Brüder – братья) – общее наименование немецких<br />
последователей пиетизма. К середине ХIХ в. в Российской<br />
империи штундисты наиболее широко были<br />
распространены на юге, в Екатеринославской, Херсонской<br />
и Таврической губерниях, где их первое собрание<br />
появилось в 1817 г. Активными проводниками идей<br />
штундизма в немецких колониях Новороссии являлись<br />
пастор Иоганн Бонекемпер (1796–1857) и его сын<br />
Карл (1827–1893), заслужившие репутацию основателей<br />
штундизма и распространившие его во многих<br />
причерноморских и поволжских немецких колониях,<br />
а также среди русского и украинского православного<br />
населения. В 1894 г. было принято высочайше утвержденное<br />
положение, признавшее «штунду» особо<br />
вредной сектой и запретившее ее.<br />
Вюстизм – течение, получившее название по имени<br />
основателя – лютеранского пастора Эдуарда Вюста<br />
(1818–1859). Оно возникло в 1845 г. в общине швабских<br />
сепаратистов, которые в 1818–1820 гг. переселились<br />
в Россию из Вюртемберга и обосновались в колонии<br />
Нейгофнунг (Таврическая губ.). Вследствие активной<br />
пропаганды учение Вюста распространилось на многие<br />
551. Пастор Э. Вюст (1818–1859). Середина XIХ в.<br />
Pfarrer E. Wüst (1818–1859). Mitte 19. Jh.<br />
551
Немцы в российской истории 235<br />
geführten Propaganda wurde die Lehre Wüsts in viele<br />
evangelisch-lutherische, mennonitische, Hutterische und<br />
römisch-katholische deutsche Gemeinden zwischen Bessarabien<br />
und dem Gebiet an der unteren Wolga getragen.<br />
In den 1850er Jahren wurde eine Wüstsche Bruderschaft<br />
gegründet, die von Spenden lebte und sich zum Ziel<br />
gesetzt hatte, die Ideen des „wiedergeborenen Pietismus“<br />
zu verbreiten. Wüsts Lehre spielte eine Rolle bei der<br />
Spaltung der Mennoniten sowie bei der Entstehung der<br />
Hutter–Gemeinden (bzw. Kommunen) und der Bewegung<br />
der Hüpfer.<br />
Die Hüpfer, auch Springer, fröhliche Brüder, Tänzer oder<br />
tanzende Brüder genannt, haben ihren Namen von den<br />
Besonderheiten ihrer Betstunden, während derer sie sprangen,<br />
paarweise tanzten, in die Hände klatschten sowie<br />
laut und fröhlich religiöse Lieder zu den Klängen von<br />
Tanzmusik sangen. Einen großen Anteil am Aufkommen<br />
der Hüpfer in den deutschen Kolonien Russlands hatten<br />
die Gemeinden Neuhoffnung in Neurussland und Neu-<br />
Jamburg an der Wolga sowie deren Anführer E. Wüst und<br />
nach dessen Tod J. Kappes, Lehrer an einer kirchlichen<br />
Gemeindeschule. Ende der 1850er Jahre spalteten sich die<br />
Hüpfer in zwei Richtungen, eine gemäßigte unter dem<br />
Dach der offiziellen Kirche, und eine extreme, die nach<br />
einem Austritt aus der Kirche drängte. An der Wolga<br />
verteilten sich die Hüpfer, die sich auch „Brüder und<br />
Schwestern“ oder „neue Brüder“ nannten, auf 30 Dörfer<br />
im Bezirk Kamyschin, Gouvernement Saratow und zählten<br />
Anfang der 1870er Jahre über 2 300 Anhänger.<br />
Eine kleine Gruppe unter den Russlanddeutschen waren<br />
die Fußwäscher. Ihr wichtigster Ritus war es, sich gegenseitig<br />
die Füße zu waschen, womit sie als Gläubige ihre<br />
Demut und Nächstenliebe unter Beweis stellten.<br />
Die Mennoniten-Brüdergemeinden entstanden in den<br />
deutschen Kolonien Neurusslands unter dem Eindruck der<br />
евангелическо-лютеранские, меннонитские, гуттерские<br />
и римско-католические немецкие общины от Бессарабии<br />
до Нижнего Поволжья. В 1850‐е гг. было образовано<br />
«Вюстово братство», существовавшее на пожертвования<br />
и ставившее своей целью распространение идей<br />
«возрожденного пиетизма». Вюстизм оказал влияние<br />
на раскол среди меннонитов, появление гуттерских<br />
общин-коммун и возникновение гюпферства.<br />
Гюпферы (от нем. Hüpfer – попрыгун), другие названия<br />
– «скакуны», «радостные братья», «плясуны»,<br />
«танцующие братья» – происходили от особенностей<br />
поведения гюпферов во время молитвенных собраний,<br />
в ходе которых они прыгали, танцевали парами, хлопали<br />
в ладоши, громко и весело исполняли религио зные<br />
песни под плясовую музыку. Особую роль в их появлении<br />
в немецких колониях России сыграли общины<br />
Нейгофнунга в Новороссии, Ней-Ямбурга в Поволжье<br />
и их руководитель Э. Вюст, а после его смерти – учитель<br />
церковно-приходской школы И. Каппес. К концу<br />
1850‐х гг. гюпферы разделились на два направления<br />
– умеренное, существовавшее в рамках официальной<br />
церкви, и экстремистское, которое настаивало<br />
на выходе из церкви. В Поволжье общины гюпферов,<br />
именовавшиеся также «братья и сестры» или «новые<br />
братья», распространились в 30 селах Камышинского<br />
уезда Саратовской губернии и насчитывали в начале<br />
1870‐х гг. более 2 300 приверженцев.<br />
Немногочисленными среди российских немцев были<br />
общины фусвашеров (от нем. Fußwascher – омыватель<br />
ног). Они считали своим основным обрядом<br />
омовение ног друг друга, которое было направлено<br />
на демонстрацию верующими своего смирения и<br />
любви к ближнему.<br />
Братские меннониты появились в немецких колониях<br />
Новороссии под влиянием пропаганды вюстизма и<br />
Abb. 552 Илл. 552<br />
552. Ритуал омовения ног.<br />
С гравюры. 1759. Архив<br />
Евангелического братства,<br />
Гернгут (Германия)<br />
Das Fußwaschen. Radierung. 1759.<br />
Unitätsarchiv der Evangelischen<br />
Brüder-Unität, Herrnhut (Deutschland)<br />
552
554<br />
553<br />
556<br />
555 557<br />
553. Вероучение братских меннонитов, изданное в колонии Гальбштадт Таврической губернии. 1902<br />
Glaubensbekenntnis der Mennoniten-Brüdergemeinde, herausgegeben in der Kolonie Halbstadt (Gouvernement Taurien). 1902.<br />
554. Крещение в меннонитской братской общине Давлеканово Уфимской губернии. Почтовая карточка. Изд. А. Фризен. Начало ХХ в.<br />
Tauffest der Mennoniten-Brüdergemeinde Dawlekanowo im Gouvernement Ufa. Postkarte. Verlag A. Friesen. Anfang 20. Jh.<br />
555. И. В. Каргель (1849–1937), проповедник, оказавший влияние на евангельских христиан, баптистов и меннонитов в России,<br />
из семьи немца-колониста. Фото. 1927. Издательство «Заменкорн», Омск–Штейнхаген<br />
Prädiger I. W. Kargel (1849–1937), der großen Einfluss auf die Evangeliums-Christen, Baptisten und Mennoniten Russlands ausgeübt hat,<br />
entstammt einer deutschen Kolonistenfamilie. Foto. 1927. Verlag „Samenkorn“, Omsk–Steinhagen<br />
556. И. Г. Онкен (1800–1884), основоположник немецкоязычного и европейского баптизма. Фото. 1870-е гг.<br />
J. G. Oncken (1800–1884), Begründer des deutschsprachigen und des kontinentaleuropäischen Baptismus. Foto. 1870er Jahre<br />
557. Журнал «Баптист», издававшийся в России с 1907 г. 1911<br />
Zeitschrift „Baptist“, die in Russland seit 1907 erschien. 1911
Немцы в российской истории 237<br />
Wüsterer und der Hüpfer, als die eifrigsten Anhänger eine<br />
„Anzeige über den Austritt“ aus der Mennonitengemeinde<br />
aufsetzten. Heinrich Hübert und Jacob Becker wurden als<br />
geistliche Vorsteher und Prediger der neuen Gemeinde<br />
gewählt, die sich „Vereinigte Christliche Taufgesinnte<br />
Mennonitische Brüdergemeinde in Russland“ nannte. In<br />
den 1860er – 1870er Jahren führten Meinungsverschiedenheiten<br />
zwischen den gemäßigten und den radikalen<br />
Anhängern (den fröhlichen oder hüpfenden Brüdern)<br />
zur Spaltung der Mennoniten-Brüdergemeinden.<br />
Die Zahl der unterschiedlichen protestantischen Strömungen<br />
bei den Russlanddeutschen und deren dogmatische<br />
Lehre veränderten sich ständig, bis die Sektierer<br />
in den 1870er – 1880er Jahren fast überall mit den<br />
Baptisten verschmolzen. Der Baptismus fand unter den<br />
Russlanddeutschen ab Mitte des 19. Jahrhunderts eine<br />
starke Verbreitung, als baptistische Prediger durch die<br />
deutschen Kolonien am Schwarzen Meer, an der Wolga<br />
und im Kaukasus zogen. Ihrem Einfluss unterlagen vor<br />
allem Mennoniten, Mennoniten-Brüdergemeinden und<br />
die Nachfolger der Stundisten in den Gouvernements<br />
Jekaterinoslaw, Cherson und Taurien. Die sektiererischen<br />
Gemeinden, die hier einige Jahrzehnte existierten, wurden<br />
daher baptistische Stundisten genannt.<br />
Beeinflusst wurde die Entwicklung des Baptismus unter den<br />
deutschen Kolonisten vom Deutschen Baptistenbund, dessen<br />
Vertreter, Johann Gerhard Oncken, 1869 die Schwarzmeerregion<br />
bereiste und für die Kolonisten eine Auslegung<br />
der Glaubenslehre zusammenstellte. Zu den eifrigen Vertretern<br />
der Baptisten in Russland gehörten in dieser Zeit<br />
Johann Pritzkau und Abraham Unger. Erster Vorsitzender<br />
des Russischen Baptistenbundes wurde der wiedergetaufte<br />
Mennonitenbruder Johann Willer (1839 –1889). 1879 gab<br />
der Staatsrat die Allerhöchste Genehmigung bekannt,<br />
wonach die Baptisten „sich ungehindert zu ihrer Glaubenslehre<br />
bekennen und die Glaubensrituale nach ihren<br />
Bräuchen ausüben“ können.<br />
Eine weitere große Strömung im russischen Protestantismus<br />
war der Adventismus. Zu den ersten, die ihn in<br />
Russland verbreiteten, gehörten deutsche Kolonisten, die<br />
zunächst nach Amerika ausgewandert waren, aber dann<br />
nach Russland zurückkehrten, um die Lehre der Adventisten<br />
zu verbreiten. Die Kolonisten, die in Amerika geblieben<br />
waren, schickten ihren Verwandten und Bekannten<br />
regelmäßig Broschüren, in denen vom „wahren Glauben“<br />
erzählt wurde. Die ersten dieser Broschüren tauchten<br />
1883/84 auf. Anfang des 20. Jahrhunderts zählte diese Sekte<br />
in Russland 3 000 Anhänger. Durch diese aktive Verbreitung<br />
der Strömung sah sich die Regierung veranlasst, die<br />
Tätigkeit der Adventisten 1906 zu legalisieren. 1907 fand<br />
der 1. Allrussische Kongress der Adventisten statt.<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren in Russland nur<br />
Baptisten und Adventisten, die die absolute Mehrheit<br />
der einstigen Sektierer stellten, offiziell anerkannt. Dass<br />
die unterschiedlichsten Sektierer die Lehre der Baptisten<br />
annahmen, lag nicht nur an den zahllosen dogmatischen<br />
Differenzen zwischen ihnen, sondern auch daran, dass sie<br />
bei den Baptisten und Adventisten ihre Glaubenslehre in<br />
vollendeter Form bekamen.<br />
Abb.<br />
553, 554<br />
Abb. 555<br />
Abb. 556<br />
Abb. 557<br />
Abb. 558<br />
гюпферства, когда в 1860 г. в колонии Элизабетталь<br />
Таврической губернии наиболее активные последователи<br />
составили «Извещение о выходе» из меннонитской<br />
общины. Духовными настоятелями и проповедниками<br />
новой общины были избраны Г. Гюберт и Я. Беккер,<br />
и она получила название «Соединенная христианская<br />
крестящаяся по вере меннонитской братская община<br />
в России». В 1860–1870‐е гг. разногласия между сторонниками<br />
умеренного и радикального (радостного<br />
или гюпферского) направлений привели к расколу<br />
в среде братских меннонитов.<br />
Число различных протестантских направлений среди<br />
российских немцев и их догматическое учение постоянно<br />
изменялись, а в 1870–1880‐е гг. сектанты почти<br />
повсеместно слились с баптизмом. Баптизм среди российских<br />
немцев получил распространение с середины<br />
ХIХ в., когда в немецких колониях Причерноморья,<br />
Поволжья и Кавказа действовали баптистские проповедники.<br />
Их влиянию прежде всего были подвержены<br />
меннониты, братские меннониты, а также последователи<br />
штундизма (Екатеринославская, Херсонская,<br />
Таврическая губ.). Поэтому сектантские общины,<br />
существовавшие здесь в течение нескольких десятилетий,<br />
получили название штундобаптистских.<br />
Влияние на формирование баптизма у немецких колонистов<br />
оказал Союз германских баптистов, представитель<br />
которого И. Г. Онкен в 1869 г. посетил<br />
Причерноморье и составил для колонистов изложение<br />
вероучения. Активными деятелями баптизма в России<br />
в этот период являлись немецкие колонисты<br />
И. Прицкау, А. Унгер и др. Первым председателем Союза<br />
русских баптистов стал перекрещенный братский<br />
меннонит И. И. Виллер (1839–1889). В 1879 г. было<br />
издано высочайшее утверждение Государственного совета,<br />
по которому баптисты могли «беспрепятственно<br />
исповедовать свое вероучение и исполнять обряды<br />
веры по существующим у них обычаям».<br />
Еще одним крупным направлением в российском<br />
протестантизме был адвентизм. Его первыми распространителями<br />
в России стали немецкие колонисты,<br />
переселившиеся в Америку, но затем вернувшиеся<br />
в Россию, чтобы вести здесь адвентистскую проповедь.<br />
Колонисты, оставшиеся в Америке, присылали<br />
своим родным и знакомым брошюры, рассказывающие<br />
об «истинной вере», первое появление которых<br />
относится к 1883–1884 гг. В начале XX в. в России<br />
насчитывалось 3 тыс. последователей этой секты.<br />
Такое активное распространение течения заставило<br />
правительство легализовать деятельность адвентистов<br />
(1906). В 1907 г. состоялся организационный I Всероссийский<br />
съезд адвентистов.<br />
В начале XX в. в России официально были признаны<br />
только баптисты и адвентисты, которые составляли<br />
абсолютное большинство бывших сектантов. Принятию<br />
различными сектантами баптистского учения<br />
способствовало не только множество догматических<br />
расхождений между ними, но и то, что в баптизме<br />
и адвентизме они получили готовую и законченную<br />
форму своего вероучения.<br />
Илл.<br />
553, 554<br />
Илл. 555<br />
Илл. 556<br />
Илл. 557<br />
Илл. 558
558<br />
559<br />
560<br />
558. Бывшая реформатская церковь в Москве (1865), переданная в 1917 г. общине<br />
евангельских христиан. Фото. 2010<br />
Ehemalige reformierte Kirche in Moskau (1865), die 1917 der Gemeinde der<br />
Evangeliums-Christen übereignet wurde. Foto. 2010<br />
559. Решения конференций духовных и других представителей меннонитских общин<br />
России, проходивших в 1879–1913 гг., изданные в Бердянске. 1914<br />
Beschlüsse der Konferenzen der geistlichen und anderen Vertreter der mennonitischen<br />
Gemeinden Russlands der Jahre 1879–1913, herausgegeben in Berdjansk. 1914<br />
560. Семья проповедника Д. Гамма в колонии Александерталь Самарской губернии<br />
1910-е гг. Издательство «Заменкорн», Штейнхаген<br />
Familie des Prädigers D. Hamm in der Kolonie Alexandertal, Gouvernement Samara.<br />
1910er Jahre. Verlag „Samenkorn“, Steinhagen<br />
561<br />
561. Католическая церковь в Туле (1896). Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Katholische Kirche in Tula (1896). Postkarte. Anfang 20. Jh.
Немцы в российской истории 239<br />
Religion und Kirche<br />
der Russlanddeutschen<br />
im Spiegel der Statistik<br />
aus vorrevolutionärer Zeit<br />
Angaben der ersten landesweiten Volkszählung zufolge,<br />
die 1897 in Russland durchgeführt wurde, waren<br />
76,01 % der Deutschsprechenden in Russland Lutheraner,<br />
3,68 % Mennoniten, 3,57 % Reformierte, 1,12 % Anhänger<br />
anderer protestantischer Strömungen, 13,53 % Katholiken,<br />
0,75 % Orthodoxe, 0,07 % sonstige Christen und 1,27 % Anhänger<br />
des Judentums.<br />
Im Jahre 1900 lebten im Russischen Reich, einschließlich<br />
Weichsel-Gouvernements, 11,5 Mio. Katholiken<br />
(ca. neun Prozent der Gesamtbevölkerung). Es gab<br />
127 deutsche Kirchspiele, von denen 49 im Wolgagebiet<br />
lagen (34 im Gouvernement Samara und 15 im Gouvernement<br />
Saratow). Die übrigen 78 verteilten sich wie folgt:<br />
36 im Gouvernement Cherson, 22 im Gouvernement<br />
Taurien, 11 im Gouvernement Jekaterinoslaw, zwei im<br />
Gouvernement Charkow, zwei im Gouvernement Bessarabien<br />
und fünf im Gebiet der Donkosaken. Anfang des<br />
20. Jahrhunderts waren 62 % der Katholiken des Bistums<br />
Tiraspol (ca. 200 000 Menschen) Deutsche.<br />
Die größten katholischen Kirchspiele innerhalb eines<br />
Stadtgebietes waren in dieser Zeit die Gemeinde St. Clemens<br />
mit 17 800 Gliedern und die Gemeinde Mariä Himmelfahrt<br />
mit 15 000 Gliedern in Odessa. Über 8 000 Gemeindeglieder<br />
lebten in Jekaterinoslaw, Nikolajew und<br />
Saratow. Die größten ländlichen Kirchspiele waren die<br />
Wolgagemeinden Seelmann (Rownoje, 8 500 Glieder) und<br />
Mariental (Tonkoschurowka, 8 000 Glieder).<br />
Zum Protestantismus bekannten sich zu Beginn des<br />
20. Jahrhunderts auf dem gesamten Gebiet des Reiches<br />
ca. fünf Prozent der Bevölkerung. 1917 gab es etwa<br />
3,7 Mio. Lutheraner. Davon lebten 1 249 000 in den zentralen<br />
Gouvernements und die übrigen in den Ostseeprovinzen.<br />
Die fünf Konsistorialbezirke, ohne die drei<br />
kleinen Bezirke Riga, Reval und Ösel, bestanden aus<br />
539 Kirchspielen, von denen 202 in den zentralen und<br />
südlichen Gouvernements lagen. In dieser Zeit gab es<br />
im Land 1 828 evangelisch-lutherische Kirchen und Bethäuser,<br />
665 davon in den Ostseeprovinzen. Die meisten<br />
Kirchengebäude waren aus Stein, über die Hälfte befand<br />
sich in ländlichen Gegenden.<br />
1917 waren 72,5 % der Lutheraner, über 900 000 Menschen,<br />
in den russischen Konsistorialbezirken Deutsche,<br />
die übrigen 27,5 % gehörten anderen Nationalitäten an<br />
(Letten, Esten, Finnen, Schweden, Armenier und Russen).<br />
1914 waren 198 lutherische Pastoren im Amt, bis 1918<br />
stieg die Zahl der ordinierten Pastoren auf 209.<br />
Die größten lutherischen Kirchspiele im Land waren<br />
1905 die Kirchspiele der deutschen Wolgakolonien<br />
Frank (28 039 Glieder), Norka (23 179 Glieder),<br />
Böttinger (19 762 Glieder) und Näb (19 046 Glieder)<br />
sowie die wolhynischen Kirchspiele Roschischtsche<br />
(18 000 Glieder) und Heimtal (17 949 Glieder). Die<br />
größten städtischen Kirchspiele waren die Gemeinden<br />
St. Peter und Paul in Moskau (17 000 Glieder) und<br />
in Saratow (16 400 Glieder). Die ältesten Kirchspiele<br />
Религия и церковь<br />
у российских немцев<br />
в зеркале дореволюционной<br />
статистики<br />
Abb.<br />
559, 560<br />
Abb.<br />
561, 562<br />
Abb. 563<br />
Abb. 564<br />
Abb.<br />
565–567<br />
Abb.<br />
568, 569<br />
Abb. 570<br />
Abb. 571<br />
Из общего числа немцев России, по данным первой<br />
Всероссийской переписи населения (1897), лютеранами<br />
являлись 76,01 %, меннонитами – 3,68 %, реформатами<br />
– 3,57 %, принадлежали к прочим протестантским<br />
направлениям – 1,12 %; католиками были 13,53 %, православными<br />
– 0,75 %, прочими христианами – 0,07 %;<br />
иудаизм исповедовали 1,27 % немцев.<br />
В 1900 г. в Российской империи, включая Привислинский<br />
край, проживали 11,5 млн католиков<br />
(около 9 % всего населения). Немецких приходов насчитывалось<br />
127, из них 49 находилось в Поволжье<br />
(в том числе 34 в Самарской и 15 в Cаратовской<br />
губерниях), остальные 78 располагались в Херсонской<br />
(36), Таврической (22), Екатеринославской (11),<br />
Харьковской (2) и Бессарабской (2) губерниях, Области<br />
войска Донского (5). В начале ХХ в. 62 % католиков<br />
(около 200 тыс. чел.) Тираспольской епархии<br />
являлись немцами.<br />
Самыми крупными городскими католическими приходами<br />
в этот период были приходы св. Климента<br />
(17 800 чел.) и Успения Богородицы (15 000 чел.)<br />
в Одессе. Более 8 000 прихожан проживали в Екатеринославе,<br />
Николаеве и Саратове. Крупнейшими<br />
сельскими приходами являлись поволжские приходы<br />
Зельман (Ровное, 8 500 чел.) и Мариенталь (Тонкошуровка,<br />
8 000 чел.).<br />
Протестантизм на территории всей империи в начале<br />
ХХ в. исповедовали около 5 % населения. Лютеран<br />
к 1917 г. насчитывалось около 3,7 млн чел. Из них<br />
в центральных губерниях проживали 1,249 млн чел.,<br />
остальные – в прибалтийских губерниях. Пять консисториальных<br />
округов (не считая трех малочисленных<br />
– Рижского, Ревельского и Эзельского) состояли<br />
из 539 церковных приходов, 202 из которых находились<br />
в центральных и южных губерниях. К этому времени<br />
в стране имелось 1 828 евангелическо-лютеранских<br />
церквей и молитвенных домов, 665 из них – в прибалтийских<br />
губерниях. Большинство церквей были<br />
каменными, более половины всех церквей находились<br />
в сельских местностях.<br />
На 1917 г. 72,5 % лютеран (более 900 тыс. чел.) в российских<br />
консисториальных округах были немцами,<br />
остальные 27,5 % являлись представителями других<br />
национальностей (латыши, эстонцы, финны, шведы,<br />
армяне, русские). В 1914 г. в должности состояло<br />
198 лютеранских пасторов, к 1918 г. число ординированных<br />
пасторов достигло 209.<br />
Крупнейшими лютеранскими церковными приходами<br />
в стране на 1905 г. являлись приходы поволжских<br />
немецких колоний Франк (28 039 чел.), Норка<br />
(23 179 чел.), Беттингер (19 762 чел.), Нэб (19 046 чел.)<br />
и волынские приходы Рожище (18 000 чел.) и<br />
Геймталь (17 949 чел.). Самыми крупными городскими<br />
приходами были приходы св. Петра и Павла<br />
в Москве (17 000 чел.) и Саратове (16 400 чел.).<br />
Илл.<br />
559, 560<br />
Илл.<br />
561, 562<br />
Илл. 563<br />
Илл. 564<br />
Илл.<br />
565–567<br />
Илл.<br />
568, 569<br />
Илл. 570<br />
Илл. 571
562<br />
564<br />
563<br />
566<br />
562. Католическая церковь в Красноярске (1911). Фото. 2006<br />
Katholische Kirche in Krasnojarsk (1911). Foto. 2006<br />
563. Семья колонистов-католиков (Причерноморье).<br />
1909. Землячество немцев из России, Штутгарт<br />
Familie katholischer Kolonisten (Schwarzmeergebiet).<br />
1909. Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />
564. Свидетельство о конфирмации, проведенной в лютеранской<br />
церкви колонии Стрельна. 1913. Из архива В. Ф. Шефера<br />
Konfirmationsschein der lutherischen Gemeinde zu Strelna.<br />
1913. Privatarchiv von W. F. Schäfer<br />
565<br />
565. Встреча суперинтендентом Пельхау императора<br />
Александра II в лютеранской церкви Св. Петра (Рига).<br />
С литографии А. Мюнстера по эскизу Сигизмунда. 1856<br />
Superintendent Pelchau begrüßt den Imperator Alexander II.<br />
in der lutherischen Petri-Kirche (Riga). Radierung von A. Münster<br />
nach einer Skizze von Sigismund. 1856<br />
566. Лютеранская церковь в Иркутске (1884).<br />
Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Evangelisch-lutherische Kirche in Irkutsk (1884).<br />
Postkarte. Anfang 20. Jh.
567<br />
570<br />
568<br />
569 571<br />
567. Лютеранская церковь в Омске. Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Evangelisch-lutherische Kirche in Omsk. Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />
568. Лютеранская церковь в Усть-Золихе (Мессер) Саратовской губернии (1911).<br />
Фото Е. Мошкова. 2010<br />
Evangelisch-lutherische Kirche in Ust-Solicha (Messer). Gouvernement Saratow (1911).<br />
Foto von E. Moschkow. 2010<br />
569. Лютеранская церковь в Привольном (Варенбург) Самарской губернии (1910).<br />
Фото О. Лиценбергер. 2010<br />
Evangelisch-lutherische Kirche in Prowolnoje (Warenburg), Gouvernement Samara<br />
(1910). Foto von O. Litzenberger. 2010<br />
570. „Собрание христианских песен для общественного<br />
и домашнего молебствия в евангелических<br />
колониях на Волге» (22‐е издание). Титульный лист.<br />
Дерпт, 1908<br />
„Sammlung christlicher Lieder für die öffentliche und<br />
häusliche Andacht, zum Gebrauch der deutschen<br />
evangelischen Kolonien an der Wolga“ (22. Auflage).<br />
Titelblatt. Dorpat, 1908<br />
571. Лютеранская церковь в Саратове (1879).<br />
Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Evangelisch-lutherische Kirche in Saratow (1879).<br />
Postkarte. Anfang 20. Jh.
572<br />
572. Праздничное богослужение в лютеранской церкви<br />
св. Петра в Санкт-Петербурге. С литографии.<br />
Середина XIX в.<br />
Festgottesdienst in der evangelisch-lutherischen<br />
Petri‐Kirche (St. Petersburg). Radierung. Mitte 19. Jh.<br />
573. Алтарное полотно «Распятие», принадлежавшее<br />
церкви св. Петра в Санкт-Петербурге.<br />
К. Брюллов. 1836–1838. Государственный<br />
Русский музей, С.‐Петербург<br />
Altarbild „Kreuzigung“, das der Petri-Kirche<br />
(St. Petersburg) gehörte. K. Brjullow. 1836–1838.<br />
Russisches Staatsmuseum, St. Petersburg<br />
573<br />
574
Немцы в российской истории 243<br />
waren St. Michael in Moskau (1576) und in Nischnij<br />
Nowgorod (1580), St. Peter und Paul in Moskau (1626),<br />
St. Johann in Narwa (1628) und in Archangelsk (1686)<br />
sowie St. Peter in St. Petersburg (1704).<br />
Abb.<br />
572, 573<br />
Старейшими являлись приходы св. Михаила в Москве<br />
(1576), Нижнем Новгороде (1580), св. Петра<br />
и Павла в Москве (1626), св. Иоганна в Нарве<br />
(1628), Архангельске (1686) и св. Петра в Санкт-<br />
Петербурге (1704).<br />
Илл.<br />
572, 573<br />
Die Rolle deutscher Lutheraner<br />
und Katholiken in Wirtschaft,<br />
Politik, Kultur und Bildung<br />
des russischen Staates<br />
Deutschen prägten in hohem Maße die Weltanschauung<br />
der russischen Zaren mit und bekleideten hochrangige<br />
Ämter im Staat. 1853 lag der Anteil an Lutheranern<br />
im Staatsrat bei 16 % (neun von 55 Pers.), im Ministerkomitee<br />
bei elf Prozent (zwei von 18 Pers.), im Senat<br />
bei elf Prozent (zwölf von 113 Pers.) und im Gouverneurskorps<br />
bei 19 % (neun von 49 Pers.). In der 3. Staatsduma<br />
waren von 440 Abgeordneten 25 Katholiken und<br />
19 Lutheraner.<br />
Aus deutschen lutherischen Familien gingen neben vielen<br />
anderen hervor: das Mitglied des Obersten Geheimrates<br />
Heinrich Johann Friedrich Graf Ostermann, der Chef des<br />
Gendarmeriekorps Alexander Christoforowitsch von Benckendorff,<br />
der Minister für Auswärtige Angelegenheiten<br />
Andreas von Budberg, der Minister für Volksbildung Fürst<br />
Carl Christoph von Lieven, die Finanzminister Michael<br />
von Reutern, Nikolaj Bunge und Georg Cancrin sowie der<br />
Premierminister Sergej Juljewitsch Witte.<br />
Lutheraner und Katholiken bildeten die militärische Elite<br />
Russlands. Lutheraner war Generalfeldmarschall Fürst<br />
Michail Bogdanowitsch Barclay de Tolly. Die starke deutsche<br />
Präsenz in der Generalität, 1812 waren 117 von<br />
550 Generälen europäischer Herkunft, erregte den Unmut<br />
des russischen Offizierskorps. Bekannte Lutheraner deutscher<br />
Herkunft waren z. B. die Seefahrer Fabian Gottlieb<br />
Abb. 574<br />
Abb. 575<br />
Роль немцев – лютеран<br />
и католиков – в экономике,<br />
политике, культуре,<br />
образовании Российского<br />
государства<br />
Немцы оказывали заметное влияние на формирование<br />
мировоззрения российских царей, занимали<br />
видные государственные посты. В 1853 г. доля<br />
лютеран в Государственном совете составляла<br />
16 % (9 из 55 чел.), Комитете министров – 11 %<br />
(2 из 18 чел.), Сенате – 11 % (12 из 113 чел.),<br />
губернаторском корпусе – 19 % (9 из 49 чел.). В Государственной<br />
думе третьего созыва из 440 депутатов<br />
католичество исповедовали 25 чел., лютеранство<br />
– 19.<br />
Из немецких лютеранских семей происходили член<br />
Верховного тайного совета граф А. И. Остерман,<br />
шеф корпуса жандармов А. Х. Бенкендорф, министр<br />
иностранных дел А. Я. Будберг, министр народного<br />
просвещения князь К. А. Ливен, министры финансов<br />
М. Х. Рейтерн, Н. Х. Бунге и Е. Ф. Канкрин, премьер-министр<br />
С. Ю. Витте и многие другие.<br />
Лютеране и католики составляли военную элиту<br />
России. Лютеранином был генерал-фельдмаршал<br />
М. Б. Барклай де Толли. Широкое немецкое<br />
представительство среди генералитета 1812 г.<br />
(из 550 генералов 117 имели европейское происхождение)<br />
вызвало волну недовольства русского<br />
Илл. 574<br />
Илл. 575<br />
574. Барон Э. фон дер Ропп (1851–1939), католический<br />
епископ, депутат I Государственной думы.<br />
Фото. Начало ХХ в.<br />
Baron E. von der Ropp (1851–1939), katholischer Bischof,<br />
Abgeordneter der I. Russischen Staatsduma.<br />
Foto. Anfang 20. Jh.<br />
575. Н. Х. Бунге (1823–1895), председатель Комитета<br />
министров (1887–1895). И. Тюрин. 1887. Музей-усадьба<br />
художника Н. Ярошенко, Кисловодск<br />
N. Ch. Bunge (1823–1895), Vorsitzender des<br />
Ministerkomitees (1887–1895). I. Tjurin. 1887.<br />
Gedenkstätte des Malers N. Jaroschenko, Kislowodsk<br />
575
576<br />
577<br />
578<br />
579<br />
576. Адмирал Ф. П. Врангель (1796–1870), мореплаватель и полярный исследователь. А. Першаков. 1892. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />
Admiral F. P. Wrangel (1796–1870), Seefahrer und Polarforscher. A. Perschakow. 1892. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />
577. Декабрист А. Е. Розен (1799–1884). С акварели Н. Бестужева. 1832. Государственный музей изобразительных искусств им. А. Пушкина, Москва<br />
Dekabrist A. E. Rosen (1799–1884). Aquarell von N. Bestuschew. 1832. Staatliches A. Puschkin-Museum für bildende Künste, Moskau<br />
578. Императрица Мария Федоровна, урожденная принцесса Вюртембергская (1759–1828), супруга Павла I, взявшая под покровительство<br />
воспитательные дома, основательница Ведомства по управлению благотворительностью в России (1796).<br />
Неизвестный художник. После 1796. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />
Kaiserin Maria Fedorowna, geb. Prinzessin von Württemberg (1759–1828), Ehefrau von Paul I., Schirmherrin der Erziehungsheime, Gründerin<br />
der Wohlfahrts-Institutionen in Russland (1796). Unbekannter Maler. Nach 1796. Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />
579. Символ самопожертвования – пеликан, кормящий кровью птенцов, – стал эмблемой ведомства императрицы Марии.<br />
Барельеф на бывшем Воспитательном доме в Москве. Фото. 2011<br />
Symbol der Selbstaufopferung – ein Pelikan, der mit seinem Blut Jungvögel füttert – wurde zum Symbol der Wohlfahrts-Institutionen<br />
der Kaiserin Maria. Flachrelief an der ehemaligen Erziehungsanstalt in Moskau. Foto. 2011
Немцы в российской истории 245<br />
von Bellinghausen, Adam Johann von Krusenstern und<br />
Ferdinand Friedrich Georg Ludwig Baron von Wrangel<br />
sowie die Teilnehmer des Dekabristenaufstandes Pawel<br />
Iwanowitsch Pestel, Andrej Jewgenjewitsch von Rosen,<br />
Graf G. Manteuffel und B. I. Küchelbecker.<br />
Lutheraner waren in der regierenden russischen Dynastie<br />
vertreten und mit gekrönten Häuptern nah verwandt. Die<br />
Ehefrau, die Schwiegertochter und der Schwiegersohn des<br />
Zaren Peters I. waren Lutheraner. Auch Peter III. und<br />
Katharina II. waren von Geburt Lutheraner. Die Ehefrauen<br />
sämtlicher folgender russischer Imperatoren, Pauls I.,<br />
Alexanders I., Nikolajs I., Alexanders II., Alexanders III.<br />
und Nikolajs II., bekannten sich bis zu ihrer Eheschließung<br />
zum Protestantismus.<br />
Den Einfluss, den deutsche Lutheraner und Katholiken<br />
auf die russische Kultur, Wissenschaft, Bildung, Medizin<br />
und Wirtschaft ausübten, kann man nicht hoch genug<br />
schätzen. Das erste Theater Russlands wurde 1672 in Moskau<br />
gegründet. Geleitet wurde es von dem lutherischen<br />
Pastor Johann Gregorii (1631–1675). Zwischen 1725 und<br />
1799 waren 71 von 111 Mitgliedern der Russischen Akademie<br />
der Wissenschaften Deutsche, sowohl Protestanten<br />
als auch Katholiken. Die ersten Apotheken in Moskau,<br />
St. Petersburg, Saratow, Astrachan und Barnaul eröffneten<br />
Deutsche. Das erste Konservatorium in der russischen<br />
Provinz wurde in Saratow unter Leitung des Lutheraners<br />
Stanislaw Exner eröffnet. Die erste Bildungsanstalt für<br />
Taubstumme im Land wurde 1860 von dem lutherischen<br />
Bischof Heinrich Dieckhoff (1833–1911) errichtet, ebenso<br />
wie 1882 eine Blindenschule.<br />
Eine wichtige Rolle in der Kirche spielte der Kirchenrat.<br />
In den städtischen Kirchengemeinden waren Adlige,<br />
Unternehmer, Beamte und Kaufleute Mitglieder des Kirchenrats.<br />
Schirmher der Kirchen waren häufig bekannte<br />
und einflussreiche Persönlichkeiten, die nicht nur Geld,<br />
Abb. 576<br />
Abb. 577<br />
Abb.<br />
578, 579<br />
Abb. 580<br />
Abb. 581<br />
Abb. 582<br />
офицерства. В числе известных лютеран немецкого<br />
происхождения – мореплаватели Ф. Ф. Беллинсгаузен,<br />
И. Ф. Крузенштерн, барон Ф. П. Врангель,<br />
участники восстания декабристов П. И. Пестель,<br />
А. Е. Розен, граф Г. Мантейфель, Б. И. Кюхельбекер<br />
и др.<br />
Лютеране являлись представителями правящей российской<br />
династии, были близкими родственниками<br />
коронованных особ. Лютеранами были жена, сноха<br />
и зять императора Петра I. Императоры Петр III и<br />
Екатерина II также от рождения были приобщены<br />
к лютеранству. Супруги всех последующих российских<br />
императоров (Павла I, Александра I, Николая I,<br />
Александра II, Александра III и Николая II) до замужества<br />
исповедовали протестантизм.<br />
Невозможно переоценить влияние, оказанное немцами<br />
– лютеранами и католиками, на российскую<br />
культуру, науку, образование, медицину, экономику.<br />
Первый в России театр появился в Москве (1672).<br />
Им руководил лютеранский пастор Иоганн Грегории<br />
(1631–1675). В 1725–1799 гг. из 111 академиков<br />
Российской Академии наук 71 были немцами – протестантами<br />
и католиками. Первые аптеки в Москве,<br />
Санкт-Петербурге, Саратове, Астрахани и Барнауле<br />
открыты немцами. Первая в российской провинции<br />
консерватория открыта в Саратове под руководством<br />
лютеранина С. К. Экснера. Первое в стране<br />
училище для глухонемых (1860) и школа для слепых<br />
(1882) были созданы лютеранским епископом<br />
Г. Дикгофом (1833–1911).<br />
Важную роль в жизни церкви играл совет общины.<br />
В городских общинах в совет входили дворяне, предприниматели,<br />
чиновники, купцы. Покровителями<br />
церквей часто являлись знатные и влиятельные<br />
особы, жертвовавшие не только денежные средства,<br />
Илл. 576<br />
Илл. 577<br />
Илл.<br />
578, 579<br />
Илл. 580<br />
Илл. 581<br />
Илл. 582<br />
580. «Святой доктор» Ф. Гааз (1780–1853), католик,<br />
родом из Рейнской области, работавший в Москве,<br />
основоположник тюремной медицины в России, чьё имя –<br />
символ милосердия. А. Кони. 1904<br />
Der „Heilige Doktor“ F. Haass (1780–1853), Katholik aus<br />
dem Rheinland, praktizierte in Moskau, Begründer der<br />
Gefängnismedizin in Russland, dessen Name ein Symbol für<br />
Barmherzigkeit ist. A. Koni. 1904<br />
580
581 582<br />
583<br />
581. И. Г. Грегории (1631–1675), пастор лютеранской общины св. Петра и Павла в Москве. С гравюры. XVII в.<br />
J. G. Gregorii (1631–1675), Pastor der evangelisch-lutherischen Peter-und-Paul-Gemeinde zu Moskau. Radierung. 17. Jh.<br />
582. Граф Б.-К. фон Миних (1683–1767). Представлен как покровитель общины св. Петра в Санкт-Петербурге с книгой<br />
пожертвований для церкви и школы. Г. Бухгольц. 1765. Государственный Эрмитаж, С.‐Петербург<br />
Graf B.-Ch. von Münnich (1683–1767). Dargestellt als Schirmherr der Petri-Gemeinde mit Collectenbuch für die Kirche und<br />
Schule. H. Buchholz. 1765. Staatliche Ermitage, St. Petersburg<br />
583. Бывший сиротский приют Евангелического попечительства о бедных женщинах и детях в Москве. Фото. 2008<br />
Ehemaliges Waisenhaus des Evangelischen Hilfsvereins für bedürftige Frauen und Kinder. Foto. 2008
Немцы в российской истории 247<br />
sondern auch sakrale Objekte und Kircheninventar spendeten.<br />
Durch Spenden von Familienmitgliedern des Imperators<br />
wurde die Rolle der Kirche bei der Erziehung,<br />
bei der Festigung der Moral und bei der Wohltätigkeit<br />
anerkannt.<br />
но и предметы культа и интерьера. Пожертвованиями<br />
членов императорской фамилии признавалась роль<br />
церкви в воспитании, укреплении нравственности и<br />
благотворительности.<br />
Wohltätigkeit der Kirche<br />
Glaubensgemeinschaften der Russlanddeutschen schufen<br />
in Russland ein durch seine Vielfalt beeindruckendes<br />
Netz an Wohltätigkeits- und Kulturvereinen. Galt die<br />
Wohltätigkeit der Kirche bis Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
allein den eigenen Gemeindemitgliedern, so kam sie<br />
später allen Bedürftigen, egal welchen Glaubens, zugute.<br />
Die erste Wohltätigkeitseinrichtung im Reich war der 1775<br />
von dem Petersburger Pastor Joachim Christian Grot an<br />
der St. Katharinenkirche gegründete Verein für Todesfälle,<br />
der bei Bestattungen half.<br />
Die meisten Wohltätigkeitseinrichtungen gab es bei den<br />
Lutheranern. Anfang des 20. Jahrhunderts waren es bis zu<br />
30 in St. Petersburg. Als erste wohltätige Einrichtung in<br />
Moskau gilt die 1838 gegründete Schule für arme Kinder<br />
und Waisen evangelischen Glaubens. In Odessa wurde<br />
das erste Heim für Arme und Obdachlose 1831 eröffnet.<br />
Auch an der Wolga und in Sibirien gab es eine ganze<br />
Reihe von Wohltätigkeitsorganisationen.<br />
Bis Ende des 19. Jahrhunderts gründeten die evangelischlutherische<br />
Kirche und die römisch-katholische Kirche in<br />
Russland zahlreiche wohltätige Einrichtungen mit sehr<br />
unterschiedlichen Aufgaben: Vereine, die Obdachlosen<br />
und Bettlern ein Nachtlager oder eine Unterkunft bereitstellten,<br />
wie Heime für Kinder, Frauen, Männer, Bedienstete,<br />
Gouvernanten und Kranke, oder Nachtasyle<br />
und Armenhäuser; Vereine, die bei der Suche nach Arbeit<br />
behilflich waren und diese Bedürftigen und Obdachlosen<br />
Abb.<br />
583, 584<br />
Abb. 585<br />
Церковная благотворительность<br />
Религиозные организации российских немцев создали<br />
в России поражающую многообразием сеть благотворительных<br />
и культурных обществ. Если до середины<br />
ХIХ в. церковная благотворительность была направлена<br />
только на прихожан своего исповедания, то позже<br />
– на всех нуждавшихся, без учета вероисповедания.<br />
Первое в империи благотворительное учреждение<br />
было открыто в 1775 г. санкт-петербургским пастором<br />
И. Х. Гротом при церкви Св. Екатерины – Общество<br />
для смертных случаев, оказывавшее помощь при погребении.<br />
Наибольшее число благотворительных заведений имелось<br />
у лютеран. В Санкт-Петербурге к началу ХХ в. их<br />
действовало около 30. Первым обществом благотворительного<br />
типа в Москве считается школа для бедных<br />
детей и сирот евангелических исповеданий (1838).<br />
В Одессе первый приют для бездомных и неимущих<br />
открылся в 1831 г. Целый ряд благотворительных организаций<br />
существовал в Поволжье и Сибири.<br />
К концу ХIХ в. у Евангелическо-лютеранской и Римско-католической<br />
церквей в России появился целый<br />
комплекс благотворительных учреждений различного<br />
рода деятельности: общества, предоставлявшие ночлег<br />
и пристанище бездомным и нищим, – приюты<br />
(для детей, женщин, мужчин, прислуги, гувернанток,<br />
больных и пр.), ночлежки и богадельни; общества,<br />
способствовавшие в поиске работы и предоставлявшие<br />
ее нуждающимся и бездомным, – работные дома,<br />
Илл.<br />
583, 584<br />
Илл. 585<br />
584. Дом престарелых «Бетания»<br />
и сиротский приют «Назарет»<br />
в поволжской колонии Таловка<br />
(Байдек) на обложке журнала<br />
«Фриденсботе». 1894<br />
Altenheim „Bethania“ und<br />
Waisenanstalt „Nazareth“ in<br />
der Kolonie Talowka (Beidek) an<br />
der Wolga auf dem Titelblatt der<br />
Zeitschrift „Friedensbote“. 1894<br />
585. Устав Общества для<br />
содержания евангелической<br />
богадельни в Стрельне. 1892<br />
Statuten des Vereins zur<br />
Erhaltung des evangelischen<br />
Siechenheims in Strelna. 1892<br />
584 585
586<br />
586, 587.<br />
Бывшая евангелическая женская больница<br />
в С.‐Петербурге. Фото. 2011<br />
Ehemaliges evangelisches Krankenhaus für Frauen<br />
in St. Petersburg. Foto. 2011<br />
588. Школа для бедных в Березовке Уфимской<br />
губернии (братские меннониты). Почтовая<br />
карточка. Изд. А. Фризен. Начало ХХ в.<br />
Armenschule der Mennoniten-<br />
Brüdergemeinde in Beresowka,<br />
Gouvernement Ufa. Postkarte.<br />
Verlag A. Friesen. Anfang 20. Jh.<br />
589. Устав общества взаимной помощи<br />
немцев-католиков в России, отпечатанный<br />
в типографии общества св. Климента<br />
в Одессе. [1908]<br />
Satzung des Vereins für gegenseitige<br />
Unterstützung der deutschen Katholiken,<br />
gedruckt in der Druckerei der St.-Klemens-<br />
Gesellschaft in Odessa. [1908]<br />
587<br />
590. Библия (Священное писание) в переводе<br />
М. Лютера, изданная по поручению<br />
Главного комитета Евангелического<br />
библейского общества в России.<br />
Ревель, 1907<br />
Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift nach<br />
der Übersetzung von M. Luther, gedruckt im<br />
Auftrag des Hauptkomitees der Evangelischen<br />
Bibelgesellschaft in Russland. Reval, 1907<br />
588<br />
589<br />
590
Немцы в российской истории 249<br />
anboten, wie Arbeitshäuser und Arbeitsvermittlungen;<br />
Vereine, die verschiedene Personen und Organisationen<br />
materiell unterstützten, wie Armenhilfsvereine und Kassen<br />
der gegenseitigen Hilfe (für Kirchspiele in Russland,<br />
arme Gemeindemitglieder, Pastoren usw.); medizinische<br />
Einrichtungen, wie Hospitäler, Lazarette, Krankenhäuser,<br />
Diakonissenhäuser, Mutterhäuser und Sanatorien; Einrichtungen<br />
zur geistig-moralischen und religiösen Erziehung,<br />
wie Pflegeheime oder Vereine für Jungen, für Mädchen<br />
und zum Schutz von Frauen sowie Missionen; Schulen, die<br />
sich der Ausbildung und Erziehung der heranwachsenden<br />
Generation widmeten, bestimmt für Kinder armer Leute<br />
und Waisen.<br />
Kirchliche Wohltätigkeit erfasste auch andere Bereiche.<br />
So wurden zeitweilige Hilfskomitees für Hungernde gebildet<br />
oder Spenden für die unterschiedlichsten Zwecke<br />
gesammelt.<br />
Das Netz der katholischen Wohltätigkeitseinrichtungen<br />
war nicht so groß. Die Regierung verhinderte den Ausbau.<br />
Katholische Wohltätigkeitseinrichtungen konnten sich erst<br />
gegen Ende des 19. Jahrhunderts ausbreiten. Die Registrierung<br />
katholischer barmherziger Vereine bei den staatlichen<br />
Stellen war mit größten Schwierigkeiten verbunden.<br />
Neben Wohltätigkeitseinrichtungen wurden auch gesellschaftliche<br />
Organisationen mit eindeutig religiösem<br />
Charakter gegründet. Die Evangelische Bibelgesellschaft<br />
(1831–1917) war die Nachfolgeorganisation der Russischen<br />
Bibelgesellschaft zur Publikation und Verbreitung der<br />
Heiligen Schrift. Allerdings erfasste ihr Wirkungsbereich<br />
nur die protestantische Bevölkerung des Reiches. Zur Unterstützung<br />
der kulturellen und moralischen Entwicklung<br />
deutscher Katholiken sowie zur „Abwehr sozialistischer<br />
und sonstiger Ideen, die die Sicherheit des Staates gefährden“,<br />
wurde 1906 in Saratow die St.-Klemens-Gesellschaft<br />
gegründet, deren Tätigkeit sich über das gesamte Bistum<br />
Tiraspol erstreckte. Zur Umsetzung ihrer Ziele plante<br />
sie, Bücher, Zeitungen und Zeitschriften herauszugeben,<br />
Bibliotheken und Lesesäle zu eröffnen, öffentliche Vorträge,<br />
Lesungen, Theateraufführungen, Konzerte und Ausstellungen<br />
zu veranstalten. Schon bald, im Jahre 1908,<br />
wurde eine Filiale in Odessa eröffnet. Zehn Prozent der<br />
Mitglieder waren Priester, überwiegend gewählte Vertreter.<br />
Zur selben Zeit wurde in Odessa auch der Südrussische<br />
katholische deutsche Bildungsverein gegründet, der die<br />
gleichen Ziele verfolgte, den Schwerpunkt aber mehr auf<br />
Bildung legte.<br />
Abb.<br />
586, 587<br />
Abb. 588<br />
Abb. 589<br />
Abb. 590<br />
дома трудолюбия, бюро по трудоустройству; общества,<br />
оказывавшие материальную поддержку различным<br />
лицам и организациям, – союзы помощи бедным и<br />
кассы взаимопомощи (для приходов России, бедных<br />
прихожан, пасторов и др.); учреждения, предоставлявшие<br />
медицинские услуги, – госпитали, лазареты,<br />
больницы, дома диаконии, родовспомогательные дома,<br />
санатории; организации, выполнявшие задачу духовно-нравственного<br />
и религиозного воспитания, – попечительства,<br />
общества (юношей, молодых девушек, защиты<br />
женщин и др.) и миссии; школы, занимавшиеся<br />
обучением и воспитанием подрастающего поколения<br />
(для детей бедных родителей, сирот и др.).<br />
Церковная благотворительность развивалась и по другим<br />
направлениям: создание временных комитетов<br />
помощи голодающим, сборы пожертвований в различных<br />
целях и др.<br />
Сеть католических благотворительных учреждений<br />
была менее обширна. Правительство препятствовало<br />
их развитию. Они получили распространение лишь<br />
к концу ХIХ в. Процедура регистрации в государственных<br />
органах католических обществ милосердия<br />
была сопряжена с большими трудностями.<br />
Наряду с благотворительными учреждениями были<br />
созданы общественные организации, носившие ярко<br />
выраженный религиозный характер. Евангелическое<br />
библейское общество (1831–1917) стало продолжателем<br />
Российского библейского общества по изданию и<br />
распространению Священного Писания. Но деятельность<br />
его распространялась лишь на протестантское<br />
население империи. В целях содействия культурному<br />
и нравственному развитию немцев-католиков и<br />
«противо действия социалистическим и другим идеям,<br />
угрожавшим безопасности государства», в Саратове<br />
было основано Общество св. Климента (1906). Сфера<br />
его деятельности распространялась на всю Тираспольскую<br />
епархию. Для достижения своих целей оно<br />
планировало издавать книги, газеты и журналы, открывать<br />
библиотеки и читальни, устраивать публичные<br />
лекции, чтения, спектакли, концерты, выставки.<br />
Вскоре в Одессе появилось его отделение (1908), более<br />
10 % членов которого составляли священники,<br />
в подавляющем большинстве занимавшие выборные<br />
должности. Одновременно в Одессе же было основано<br />
Южнорусское католическое немецкое общество<br />
образования, преследовавшее те же цели, но с более<br />
ярко выраженным образовательным уклоном.<br />
Илл.<br />
586, 587<br />
Илл. 588<br />
Илл. 589<br />
Илл. 590<br />
Kirchenpresse<br />
Die Presse war für die deutschen Konfessionen von großer<br />
Bedeutung. Von 1816 bis 1819 erschien in Riga mit<br />
dem „Magazin für protestantische Prediger im Russischen<br />
Reiche“ das zentrale Periodikum für Lutheraner<br />
und Reformierte. Später wurden die „Mitteilungen und<br />
Nachrichten für die evangelische Geistlichkeit Russlands“<br />
die zentrale Publikation, die von 1838 bis 1914 in Riga<br />
und Dorpat erschien. Für die lutherischen Gemeinden<br />
an der Wolga gab es ab 1874 die Zeitschrift „Volksbote“,<br />
die zehn Jahre später unter dem Titel „Friedensbote auf<br />
Abb. 591<br />
Церковная пресса<br />
Особое значение для немецких конфессий имела<br />
пресса. В 1816–1819 гг. в Риге выходило центральное<br />
периодическое издание лютеран и реформатов – «Журнал<br />
для протестантских проповедников в Российской<br />
империи». Позже центральным изданием стали «Сообщения<br />
и новости для евангелического духовенства<br />
России», выходившие в Риге и Дерпте (1838–1914).<br />
Для лютеранских общин в Поволжье с 1874 г. выходит<br />
журнал «Народный посланник», который через<br />
Илл. 591
591. «Сообщения и новости для<br />
евангелического духовенства<br />
России». 1871<br />
„Mitteilungen und Nachrichten<br />
für die evangelische Geistlichkeit<br />
Russlands“. 1871<br />
591 592<br />
592. Журнал «Посланник мира на Нагорной<br />
и Луговой стороне Волги». 1894<br />
Zeitschrift „Friedensbote auf Berg- und<br />
Wiesenseite der Wolga“. 1894<br />
593. Журнал «Клеменс». 1897<br />
Zeitschrift „Klemens“. 1897<br />
593<br />
594. Газета «Немецкое обозрение». 1907<br />
Zeitung „Deutsche Rundschau“. 1907<br />
594
Немцы в российской истории 251<br />
Berg- und Wiesenseite der Wolga“ in der Redaktion von<br />
Pastor Günter aus der Kolonie Talowka erschien.<br />
In den römisch-katholischen Gemeinden wurde die Zeitschrift<br />
„Klemens“ vertrieben, die von 1897 bis 1907 in<br />
der Redaktion von Prälat J. Kruschinskij und später in<br />
Odessa als Beilage zur Zeitung „Deutsche Rundschau“<br />
erschien. Obwohl diese Periodika religiös ausgerichtet<br />
waren, brachten sie auch Artikel mit allgemeinen Themen.<br />
So gab es Rubriken wie „Politik“, „Welt und Kirche“ oder<br />
„Landwirtschaft“. Ab Sommer 1917 erschien in Saratow,<br />
später in der Kolonie Mariental, die Zeitung „Deutsche<br />
Stimmen aus dem Wolgagebiet“. Die Redakteure der katholischen<br />
Presseerzeugnisse waren zumeist Priester.<br />
Die Mennonitengemeinden in Südrussland hatten mit der<br />
Zeitung „Der Botschafter“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
ihr eigenes Blatt.<br />
Die Arbeiten von Geistlichen unterschiedlicher Konfessionen,<br />
wie J. Kessler, A. Zerr, Ja. Stach, K. Keller, Th. Meyer<br />
oder M. Schrenk, die vor der Revolution erschienen,<br />
zeichneten nicht nur die Geschichte von Gemeinden und<br />
Kirchspielen, sondern auch die Geschichte der Kolonien<br />
insgesamt nach.<br />
Analysiert man die Geschichte der Kirchen, gelangt man zu<br />
der Feststellung, dass das Engagement der Lutheraner im<br />
wirtschaftlichen und geistigen Bereich deutlicher spürbar<br />
war. Die Einbindung von Katholiken in das gesellschaftliche<br />
Leben des Landes wurde staatlicherseits behindert.<br />
Abb. 592<br />
Abb. 593<br />
Abb. 594<br />
Abb. 595<br />
Abb. 596<br />
10 лет стал издаваться под названием «Посланник<br />
мира на Нагорной и Луговой стороне Волги» под редакцией<br />
пастора Г. Гюнтера (колония Таловка).<br />
В римско-католических общинах распространялся<br />
журнал «Клеменс», издававшийся в Саратове (1897–<br />
1907) под редакцией прелата Й. Крушинского, а затем<br />
в Одессе как приложение к газете «Немецкое обозрение».<br />
Несмотря на религиозную направленность,<br />
эти периодические издания публиковали материалы<br />
и общего характера (имелись разделы и рубрики<br />
«Политика», «Мир и церковь», «Сельское хозяйство»<br />
и др.). С лета 1917 г. в Саратове, а затем в колонии<br />
Мариенталь стала выходить газета «Немецкие голоса<br />
из Поволжья». Почти всегда редакторами католических<br />
изданий являлись священники.<br />
Собственное издание – «Посланник» – имели в начале<br />
ХХ в. и меннонитские общины на юге России.<br />
Труды священнослужителей различных исповеданий<br />
Й. Кесслера, А. Церра, Я. Штаха, К. Келлера, Т. Мейера,<br />
М. Шренка и др., увидевшие свет до революции, запечатлели<br />
не только историю общин и приходов, но<br />
и колоний в целом.<br />
Анализ истории церквей позволяет утверждать, что<br />
вовлеченность лютеран в экономическую и духовную<br />
сферу была более заметна. Вовлечение католиков<br />
в общественную жизнь страны сдерживалось<br />
государством.<br />
Илл. 592<br />
Илл. 593<br />
Илл. 594<br />
Илл. 595<br />
Илл. 596<br />
Religion und Kirche<br />
der Russlanddeutschen<br />
in den Jahren der Sowjetmacht<br />
Религия и церковь<br />
российских немцев<br />
в годы советской власти<br />
Die antireligiöse Politik der Sowjetmacht führte dazu,<br />
dass sämtliche Glaubensgemeinschaften des Landes ihre<br />
Tätigkeit offiziell einstellen mussten. Auch die traditionellen<br />
Антирелигиозная политика советской власти привела<br />
к прекращению официальной деятельности<br />
всех религиозных конфессий страны, в том числе<br />
595. Реклама журнала «Вестник». 1910<br />
Reklame der Zeitschrift<br />
„Der Botschafter“. 1910<br />
596. Прижизненно изданные<br />
мемуары суперинтендента<br />
И. А. Фесслера. Бреслав, 1824<br />
Zu Lebzeiten veröffentlichte<br />
Memoiren des Superintendenten<br />
I. A. Fessler. Breslau, 1824<br />
595 596
252 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 597<br />
deutschen Kirchen und deren Organisationsstrukturen<br />
wurden aufgelöst. Mit der laut Dekret vom 11. Dezember<br />
1917 erfolgten Übergabe aller Lehreinrichtungen an das<br />
Volksbildungskommissariat verloren die deutschen Kirchen<br />
einige Tausend kirchliche Gemeindeschulen. Ihnen wurde<br />
auch das Recht entzogen, weiterhin kirchliche Tauf‐, Heirats-<br />
und Sterberegister zu führen und aufzubewahren sowie<br />
kirchliche Dokumente in deutscher Sprache auszustellen.<br />
Bankeinlagen wurden konfisziert und Immobilien, wie<br />
Klöster, Kinderheime, Schulen und Armenhäuser, nationalisiert.<br />
Allein die nationalisierten Geldmittel des Bistums<br />
Tiraspol hatten einen Wert von 339.900 Rubeln.<br />
Entsprechend dem Dekret von 1918 über die Trennung von<br />
Kirche und Staat sowie Kirche und Schule verloren sämtliche<br />
Religionsgemeinschaften das Recht auf Besitz von Eigentum<br />
sowie den Status einer juristischen Person. Die glaubensfeindlichen<br />
Maßnahmen richteten sich nicht gezielt gegen<br />
die traditionellen deutschen Konfessionen, sondern waren<br />
ein geschlossenes System von Maßnahmen gegen Religion<br />
und Kirche im Land. In der Instruktion vom 30. August 1918<br />
wurde jedoch ausdrücklich vermerkt, dass die katholische<br />
und die protestantische Kirche mit ihren Gläubigen unter<br />
das o. g. Dekret fallen. Im Gegenzug richtete die Leitung<br />
der lutherischen Kirche im Herbst 1918 mehrere Appelle<br />
an den Rat der Volkskommissare mit der Forderung, die<br />
Umsetzung des Dekrets einzustellen, wobei sie sich auf<br />
den Brester Friedensvertrag berief. Die katholische Kirche<br />
schickte der Sowjetregierung ein Memorandum.<br />
Obwohl sich Katholiken und Protestanten freiwillig an<br />
Hilfsaktionen für die Hungernden an der Wolga und in<br />
der Ukraine beteiligten, wurden den Kirchen 1922 unter<br />
dem Vorwand, damit die Hungersnot bekämpfen zu wollen,<br />
gewaltsam sämtliche Kirchenschätze genommen. Diese<br />
Kampagne wandelte sich zu einem politischen Kampf, deren<br />
Ergebnis eine Schwächung der Kirchen war. Die antireligiöse<br />
Abb. 598 Илл. 597<br />
Илл. 598<br />
к ликвидации традиционных немецких церквей как<br />
организованных структур. В результате передачи<br />
Народному комиссариату просвещения всех учебных<br />
заведений (декрет 11 декабря 1917 г.) немецкие<br />
церкви лишились нескольких тысяч церковно-приходских<br />
школ. Они лишались также права ведения<br />
и хранения метрических книг, ведения церковных<br />
документов на немецком языке. Были конфискованы<br />
банковские вложения и национализировано недвижимое<br />
имущество: монастыри, детские приюты,<br />
школы, богадельни. Только национализированные<br />
денежные средства Тираспольской епархии составили<br />
339 900 руб.<br />
Согласно Декрету об отделении церкви от государства<br />
и школы от церкви (1918) все религиозные организации<br />
теряли право владения собственностью и<br />
лишались прав юридического лица. Антирелигиозные<br />
мероприятия не проводились целенаправленно по отношению<br />
к традиционным немецким конфессиям,<br />
а представляли собой единую систему мер против<br />
религии и церкви в стране. Однако инструкцией<br />
30 августа 1918 г. было особо отмечено, что Католическая<br />
и Протестантская церкви с их исповеданиями<br />
подходят под действие названного декрета.<br />
В противовес этому руководство Лютеранской церкви<br />
осенью 1918 г. приняло ряд обращений в Совет Народных<br />
Комиссаров с требованием о приостановке<br />
проведения декрета, ссылаясь на Брестский мир,<br />
а католическая церковь выступила с меморандумом<br />
к советскому правительству.<br />
Несмотря на добровольное участие католиков и протестантов<br />
в оказании помощи голодающим Поволжья<br />
и Украины, их церкви подверглись насильственному<br />
изъятию всех церковных ценностей под предлогом<br />
борьбы с голодом (1922). Эта кампания превратилась<br />
597. Оттиск печати областного исполкома<br />
Евангелической церкви в Поволжье.<br />
Бальцер, 1919. Государственный исторический<br />
архив немцев Поволжья, Энгельс<br />
Siegelabdruck des Gebiets-Vollzugskomitees<br />
der Evangelischen Kirche im Wolgagebiet.<br />
Balzer, 1919. Staatliches Historisches Archiv<br />
der Wolgadeutschen, Engels<br />
597<br />
598. Й. А. Кесслер (1862–1933), епископ Тираспольской епархии (1904–1929), из<br />
семьи колонистов к. Луи (Отроговка) Самарской губернии, организатор помощи<br />
российским немцам во время голода 1922–1923 гг. Фото. 1930<br />
J. A. Keßler (1862–1933), Bischof der Diözese Tiraspol (1904–1929), entstammt einer<br />
Kolonistenfamilie aus Louis (Otrogowka), Gouvernement Samara, organisierte Hilfe für<br />
die Deutschen in Russland während der Hungersnot von 1922–1923. Foto. 1930<br />
598
Немцы в российской истории 253<br />
Politik der Sowjetmacht war auf die Spaltung der offiziellen<br />
Kirchenstrukturen ausgerichtet. Von der Lutherischen Kirche<br />
hat sich die „Freie evangelisch-lutherische und reformierte<br />
Kirche kongregationaler Ausrichtung“ („Lebendige<br />
Kirche“) abgespalten, die die sowjetischen Behörden für<br />
ihre Interessen zur Destabilisierung der offiziellen Kirche<br />
einsetzten. In den 1920er Jahren bekamen alle deutschen<br />
Religionsgemeinschaften die Spaltung der Verwaltungsstrukturen,<br />
die Isolierung der einzelnen Gemeinden sowie<br />
territoriale und personelle Verluste zu spüren. Die glaubensfeindlichen<br />
Maßnahmen führten dazu, dass die Zahl<br />
der Pastoren, Pfarrer und Prediger stark abnahm und Mitte<br />
der 1920er Jahre um mehr als die Hälfte zurückgegangen<br />
war. 1923 wurde gegen eine Gruppe katholischer Geistlicher<br />
ein politischer Prozess inszeniert. Eine neue Welle<br />
von Prozessen gegen ganze Gruppen deutscher Geistlicher<br />
überzog die Sowjetunion zwischen 1926 und 1928. Durch<br />
die Verhaftungen von Geistlichen, deren Gründe meistens<br />
falsifiziert waren, ging die Zahl der Gemeinden und Gemeindemitglieder<br />
drastisch zurück.<br />
Nach dem Inkrafttreten der Verordnung des Zentralen<br />
Allunionsexekutivkomitees und des Rates der Volkskommissare<br />
„Über Religionsgemeinschaften“ im Jahre 1929<br />
und der Einführung einer Reihe von Einschränkungen<br />
für die Aktivitäten religiöser Gemeinden wurden Kirchen<br />
reihenweise geschlossen. In vielen Orten wurden sie zu<br />
Lagern, Garagen und Kuhställen umfunktioniert oder zum<br />
Abriss freigegeben, weil sie nicht den Anforderungen an<br />
eine sozialistische Architektur gerecht wurden. Das gewaltsame<br />
Schließen von Kirchen führte in einigen Orten<br />
zu Gegenwehr unter den Gläubigen. Am heftigsten war<br />
deren Auflehnung in Marxstadt und Halbstadt.<br />
1929 und 1930 überzog eine neue Welle von Verhaftungen<br />
und Verurteilungen von Priestern das Land. Die religiösen<br />
Verfolgungen in der Sowjetunion riefen den Protest<br />
Abb.<br />
599–601<br />
в политическую борьбу, а ее итогом стало ослабление<br />
церкви. Антирелигиозная политика советской власти<br />
была направлена на внесение раскола в официальные<br />
церковные структуры. От Лютеранской церкви<br />
отделилась Свободная евангелическо-лютеранская<br />
и реформатская церковь конгрегационального направления<br />
(«живоцерковники»), которую советские<br />
органы использовали в своих целях для дестабилизации<br />
положения официальной церкви. В 1920‐е гг.<br />
все немецкие религиозные организации переживали<br />
раскол управленческих структур, разрозненность<br />
отдельных приходов, территориальное и численное<br />
сокращение. Осуществление антирелигиозных мер<br />
привело к резкому уменьшению числа пасторов, патеров<br />
и проповедников, которое к середине 1920‐х гг.<br />
сократилось более чем в два раза. В 1923 г. над группой<br />
католических священнослужителей был устроен<br />
политический процесс. Новая волна групповых<br />
процессов против немецких священнослужителей<br />
прокатилась по СССР в 1926–1928 гг. Вследствие<br />
арестов духовенства, причины которых чаще всего<br />
фальсифицировались, резко сократилось число общин<br />
и прихожан.<br />
После принятия постановления ВЦИК и СНК «О религиозных<br />
объединениях» (1929) и введения ряда ограничений<br />
на деятельность религиозных общин массовый<br />
характер приобрело закрытие церквей. В ряде мест<br />
они отдавались под склады, гаражи, коровники или<br />
шли на слом, как не соответствовавшие требованиям<br />
социалистической архитектуры. Насильственное закрытие<br />
церквей вызвало в некоторых местах противодействия<br />
верующих. Наиболее серьезными были выступления<br />
в Марксштадте и Гальбштадте.<br />
В 1929–1930 гг. по стране прокатилась новая волна арестов<br />
и осуждений священнослужителей. Религиозные<br />
Илл.<br />
599–601<br />
Abb.<br />
602, 603 Илл.<br />
602, 603<br />
599. «Двадцатка» с пастором лютеранской<br />
церкви в Детском (Царском) Селе<br />
Ленинградской области. Фото А. Яковлева.<br />
1929. Российский государственный<br />
архив кинофотодокументов (РГАКФД),<br />
Красногорск<br />
„Die Zwanzig“ mit dem Pastor der<br />
lutherischen Kirche in Detskoje (Zarskoje)<br />
Selo (Gebiet Leningrad). Foto von<br />
A. Jakowljew. 1929. Russisches Staatsarchiv<br />
für Kino-Fotodokumente (RGAKFD),<br />
Krasnogorsk<br />
599
600<br />
600. Пастор с конфирмантами в церкви Детского<br />
Села Ленинградской обл. Фото А. Яковлева.<br />
1929. РГАКФД, Красногорск<br />
Der Pastor mit den Konfirmanden in der Kirche<br />
von Detskoje Selo (Gebiet Leningrad). Foto von<br />
A. Jakowljew. 1929. RGAKFD, Krasnogorsk<br />
601<br />
603<br />
601. «Охраняйте детей от цепких лап баптистских и евангелистских<br />
пройдох!». Обложка журнала «Безбожник у станка».<br />
Рисунок Д. С. Моора (Соколова). 1928<br />
„Schützt die Kinder vor zugreifenden Pfoten baptistischer und<br />
evangelistischer Schurken!“. Umschlag der Zeitschrift<br />
„Besboschnik u stanka“ („Der Gottlose an der Werkbank“).<br />
Zeichnung von D. S. Moor (Sokolow). 1928<br />
602. Лютеранская церковь св. Михаила (1764) старейшего прихода<br />
в Немецкой слободе Москвы. Снесена в 1928 г.<br />
Фото. Изд. «Шерер, Набгольц и К°». 1883<br />
Evangelisch-lutherische Michaelis-Kirche (1764) der ältesten<br />
Gemeinde in der Deutschen Vorstadt Moskaus, abgetragen 1928.<br />
Foto. Verlag „Scherer, Nabholz & Co“. 1883<br />
602<br />
603. Католический собор св. Климента в Саратове (1880–1881).<br />
Снесен в 1928 г. Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Katholische Klemens-Kathedrale zu Saratow (1880–1881),<br />
abgetragen 1928. Postkarte. Anfang 20. Jh.
Немцы в российской истории 255<br />
kirchlicher Organisationen auf der ganzen Welt hervor.<br />
In Beantwortung eines Schreibens von Papst Pius XI.<br />
dementierte im Februar 1930 der Vorsitzende des Rates<br />
der Volkskommissare der UdSSR, Rykow, offiziell die<br />
Existenz religiöser Verfolgungen. Das Auswärtige Amt<br />
Deutschlands stellte anhand von Daten, die es vom Volkskommissar<br />
für Auswärtige Angelegenheit der UdSSR,<br />
M. M. Litwinow, erhalten hatte, eine Liste mit den Namen<br />
von 97 lutherischen Pastoren und katholischen Pfarrern<br />
deutscher Herkunft, die verhaftet worden waren und sich<br />
in der Sowjetunion in Haft befanden, mit Angaben zu deren<br />
Verbannungsorten, zusammen. 1934 wurden noch einmal<br />
15 lutherische Geistliche verhaftet und verurteilt. Als<br />
Bischof A. Malmgren im Sommer 1936 die Sowjetunion<br />
verließ, gab es nur noch elf lutherische Pastoren im Land,<br />
die alle miteinander bereits 1937 verhaftet wurden.<br />
Ende der 1930er Jahre stellten die evangelisch-lutherische<br />
und die katholische Kirche ihre Existenz als strukturelle<br />
Körperschaften ein. Die Führungsgremien der Mennoniten,<br />
Baptisten und anderer protestantischer Konfessionen wurden<br />
aufgelöst. In nur 20 Jahre nach dem Machtantritt der<br />
Kommunisten waren ca. 1 200 Kirchen und Bethäuser der<br />
Lutheraner und über 1 200 katholische Kirchen geschlossen.<br />
Ein Großteil der deutschen Kirchen, beeindruckende<br />
architektonische Denkmäler, wurde zerstört. Die erhalten<br />
Gebliebenen, wurden zu Lagern, Werkstätten, Garagen<br />
für Landwirtschaftsmaschinen und Klubs umfunktioniert.<br />
Hunderte Geistliche wurden Opfer der antireligiösen Politik<br />
des Staates und der Willkür seiner Strafvollzugsorgane.<br />
Von 350 lutherischen Pastoren in der Sowjetunion wurde<br />
über 130 verhaftet, ca. 40 wurden erschossen oder starben<br />
in der Haft, über 100 konnten emigrieren. Ca. 1,5 Mio.<br />
Lutheraner (überwiegend Russlanddeutsche) und elf Millionen<br />
Katholiken (überwiegend Polen und Deutsche), die<br />
sich Angaben aus dem Jahre 1917 zufolge noch als solche<br />
Abb. 604<br />
Abb. 605<br />
Abb.<br />
606, 607<br />
Abb. 608<br />
Abb. 609<br />
гонения в СССР вызвали протесты церковных организаций<br />
всего мира. В феврале 1930 г. председатель<br />
СНК СССР Рыков официально опроверг наличие<br />
религиозных преследований в ответ на письмо Папы<br />
Римского Пия XI. В 1931 г. МИД Германии на основе<br />
данных, переданных ему наркомом иностранных дел<br />
СССР М. М. Литвиновым, составил список из 97 лютеранских<br />
пасторов и католических патеров немецкого<br />
происхождения, арестованных и находившихся<br />
в заключении в СССР, с указанием места их ссылки.<br />
В 1934 г. были арестованы и осуждены еще 15 лютеранских<br />
священников. Когда летом 1936 г. епископ<br />
А. Мальмгрен выехал из СССР, в стране осталось<br />
всего 11 лютеранских пасторов. Все они уже к 1937 г.<br />
были арестованы.<br />
В конце 1930‐х гг. Евангелическо-лютеранская и Католическая<br />
церкви прекратили свое существование<br />
как структурные объединения. Были ликвидированы<br />
руководящие органы меннонитов, баптистов и<br />
других протестантских конфессий. Всего за 20 лет<br />
пребывания коммунистов у власти в стране было<br />
закрыто около 1 200 церквей и молитвенных домов<br />
лютеран и более 1 200 католических церквей. Большая<br />
часть немецких церквей, замечательных памятников<br />
архитектуры, была разрушена, уцелевшие превращены<br />
в склады, мастерские, гаражи для сельскохозяйственной<br />
техники и клубы. Жертвами антирелигиозной<br />
политики государства и произвола его карательных<br />
органов стали сотни священнослужителей. Из 350 лютеранских<br />
пасторов в СССР были арестованы более<br />
130 чел., расстреляны и умерли в заключении<br />
около 40, эмигрировали более 100. По всей стране<br />
официально перестали называться верующими около<br />
1,5 млн российских лютеран (большей частью российских<br />
немцев) и 11 млн католиков (большей частью<br />
Илл. 604<br />
Илл. 605<br />
Илл.<br />
606, 607<br />
Илл. 608<br />
Илл. 609<br />
604. «Три глотки» – карикатура,<br />
направленная против Ватикана.<br />
Рисунок Д. С. Моора (Соколова), 1931<br />
„Drei Kehlen“, eine gegen den Vatikan<br />
gerichtete Karikatur. Zeichnung von<br />
D. S. Moor (Sokolow), 1931<br />
604<br />
605<br />
605. Пастор Л. Г. Бенинг (1862–1933),<br />
активный участник организации<br />
помощи голодающим Поволжья<br />
в 1920-е гг. Арестован в преклонном<br />
возрасте (1931), вскоре после<br />
освобождения из тюрьмы умер.<br />
Фото. Начало ХХ в. Землячество<br />
немцев из России, Штутгарт<br />
Pastor L. H. Behning (1862–1933), ein<br />
aktiver Teilnehmer der Hungerhilfe für<br />
das Wolgagebiet in den 1920er Jahren,<br />
wurde 1931 in hohem Alter verhaftet,<br />
verstarb kurz nach der Freilassung aus<br />
dem Gefängnis. Foto. Anfang 20. Jh.<br />
Landsmannschaft der Deutschen aus<br />
Russland, Stuttgart
606<br />
607<br />
608<br />
609<br />
606. Главный храм лютеран Петрикирхе после закрытия<br />
использовался для демонстрации панорамы «Северный<br />
полюс». Фото. Ленинград, 1938<br />
Die Hautkathedrale der Lutheraner, die Petri-Kirche, wurde<br />
nach deren Schließung für die Präsentation des Panoramas<br />
„Der Nordpol“ genutzt. Foto. Leningrad, 1938<br />
607. Лютеранская церковь в колонии Беттингер (Воротаевка) –<br />
одна из девяти последних церквей Поволжья, закрытых<br />
в 1938 г. Фото А. Корнева. 2000<br />
Evangelisch-lutherische Kirche in der Kolonie Bettinger<br />
(Worotajewka), eine der neun letzten Kirchen des<br />
Wolgagebiets, die 1938 geschlossen wurden.<br />
Foto von A. Kornjew. 2000<br />
608. Рейхерт (1875–1938, расстрелян) – последний пастор прихода св. Петра<br />
в Ленинграде и последний действующий пастор в СССР. Фото. 1920-е гг.<br />
Der letzte Pastor der Petri-Gemeinde (Leningrad) und letzter amtierender<br />
Pastor in der UdSSR P. Reichert (1875–1938, erschossen). Foto. 1920er Jahre<br />
609. Свидетельство о конфирмации Е. Штрез в лютеранской церкви<br />
Колпино незадолго до ее закрытия (нарисовано от руки).<br />
1937. Семейный архив Штрез<br />
Von Hand gestalteter Konfirmationsschein der evangelisch-lutherischen<br />
Kirche in Kolpino, ausgestellt für K. Streß kurz vor deren Schließung.<br />
1937. Familienarchiv von Streß
Немцы в российской истории 257<br />
betrachteten, durften im ganzen Land offiziell nicht mehr<br />
als Gläubige bezeichnet werden. Die Kirchen der traditionellen<br />
deutschen Konfessionen hatten als Organisationsstrukturen<br />
aufgehört zu existieren. Ende der 1930er Jahre<br />
gab es in der Sowjetunion offiziell weder eine deutsche,<br />
noch irgendeine andere religiöse Gemeinde.<br />
поляков и немцев), которые относили себя к таковым<br />
по данным на 1917 г. Церкви традиционных немецких<br />
конфессий как организованные структуры перестали<br />
существовать. К концу 1930‐х гг. в СССР не было ни<br />
одной официально действующей немецкой религиозной<br />
общины, как и общин других конфессий.<br />
Die Entstehung deutscher<br />
religiöser Gemeinden<br />
und Kirchenstrukturen<br />
in der Nachkriegszeit<br />
Создание немецких<br />
религиозных общин<br />
и церковных структур<br />
в послевоенный период<br />
In den Nachkriegsjahren sah sich die Sowjetregierung zu<br />
einer Reihe von Maßnahmen gezwungen, die die Rechte<br />
von Glaubensgemeinschaften erweiterten. Die Wiedergeburt<br />
des Luthertums in der Tauwetterperiode begann mit<br />
der gesetzlich sanktionierten Anerkennung der Gemeinde<br />
deportierter Deutscher in Akmolinsk (Zelinograd). 1957<br />
wurde die von Pastor E. Bachmann geführte Gemeinde<br />
offiziell registriert. Zur gleichen Zeit predigten Arthur<br />
Pfeiffer und Johann Schlundt in dutzenden lutherischen<br />
Gemeinden, die illegal in Kasachstan, Sibirien und in der<br />
Ukraine existierten. Zwischen 1964 und 1975 wurden im<br />
Land offiziell ca. 20 evangelische Gemeinden registriert. Sie<br />
bekamen Unterstützung von ausländischen Glaubensgemeinschaften.<br />
Wenn Pastoren für den Gottesdienst fehlten,<br />
übernahmen einfache Gläubige den Gottesdienst. 1980/81<br />
gab es in der Sowjetunion 150 registrierte Gemeinden,<br />
1984 waren es bereits 180.<br />
Zur katholischen Diaspora der Sowjetunion, die in den<br />
Jahren des Krieges aus nach Sibirien und Mittelasien<br />
deportierten Deutschen bestand, gehörten ca. eine halbe<br />
Million Menschen. Etwa 200 000 Katholiken lebten in<br />
der RSFSR, ebenso viele noch einmal in Kasachstan, der<br />
Rest in Kirgisien und Tadschikistan. Ab 1953 gab es eine<br />
Abb. 610<br />
Abb.<br />
611–614<br />
В послевоенные годы советское правительство было<br />
вынуждено принять ряд мер по расширению прав<br />
религиозных организаций. Возрождение лютеранства<br />
во времена «оттепели» началось с законного признания<br />
общины депортированных немцев в Акмолинске<br />
(Целиноград). В 1957 г. она была официально зарегистрирована<br />
во главе с пастором E. Бахманном.<br />
В эти же годы немецкие пасторы А. Пфейффер и<br />
И. Шлюндт проповедовали в десятках лютеранских<br />
общин, которые нелегально существовали в Казахстане,<br />
Сибири, Украине. С 1964 по 1975 г. в стране<br />
было официально зарегистрировано около 20 евангелических<br />
общин. Их поддерживали заграничные<br />
религиозные организации. При отсутствии пасторов<br />
богослужения проводились рядовыми верующими.<br />
В 1980–1981 гг. в СССР насчитывалось 150 зарегистрированных<br />
общин, а в 1984 г. – уже 180.<br />
Католическая диаспора СССР, образовавшаяся в годы<br />
войны из депортированных немцев в Сибири и Средней<br />
Азии, насчитывала около полумиллиона человек<br />
(около 200 тыс. католиков проживали в РСФСР, примерно<br />
200 тыс. – в Казахстане, остальные – в Киргизии<br />
и Таджикистане). С 1953 г. существовала католическая<br />
Илл. 610<br />
Илл.<br />
611–614<br />
610. Пастор Е. Бахманн после<br />
конфирмации бывших<br />
спецпоселенцев в поселке<br />
Первомайского участка (Удмуртия).<br />
Фото. 1957. Семейный архив<br />
О. Байербах<br />
Pastor E. Bachmann nach<br />
der Konfirmation ehemaliger<br />
Sondersiedler in Perwomajskij<br />
Utschastok, Udmurtien.<br />
Foto. 1957. Familienarchiv von<br />
O. Beierbach<br />
610
611. Петрикирхе – церковь-бассейн (1963–1992). Фото. Ленинград, 1973<br />
Petri-Kirche als Schwimmbad (1963–1992). Foto. Leningrad, 1973<br />
612. Крещение меннонитов в Красиково Оренбургской области. Фото. 1965.<br />
Издательство Ней-Самара, Варендорф (Германия)<br />
Mennonitisches Tauffest in Krasikowo, Gebiet Orenburg. Foto. 1965.<br />
Verlag Neu-Samara, Warendorf (Deutschland)<br />
611<br />
612<br />
613. «Библейские рассказы» для 2-го<br />
и 3-го года школьного обучения.<br />
Изданы гектографическим способом<br />
в подпольной типографии баптистов.<br />
Омск, 1965. Издательство<br />
«Заменкорн», Омск–Штейнхаген<br />
„Biblische Geschichten“ für das 2. und<br />
3. Schuljahr. Hektographische Ausgabe<br />
der Untergrunddruckerei der Baptisten.<br />
Omsk, 1965. Verlag „Samenkorn“,<br />
Omsk–Steinhagen<br />
614. Конгресс христианских евангельских<br />
баптистов в Москве. Фото. 1966.<br />
Землячество немцев из России,<br />
Штутгарт<br />
Kongress der Christlichen<br />
Evangelischen Baptisten in<br />
Moskau. Foto. 1966. Landsmannschaft<br />
der Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />
613<br />
615<br />
614<br />
615. Прелат М. Келер (1897–1983). Фото. Фрунзе,<br />
1972. Землячество немцев из России, Штутгарт<br />
Prälat M. Köhler (1897–1983). Foto. Frunse,<br />
1972. Landsmannschaft der Deutschen aus<br />
Russland, Stuttgart
Немцы в российской истории 259<br />
katholische Gemeinde von Russlanddeutschen in Karaganda,<br />
die aber erst 1969 offiziell registriert wurde. In den<br />
1950er und 1960er hielt Prälat M. Köhler nicht genehmigte<br />
Gottesdienste für Deutsche in Nowosibirsk und für eine<br />
Gemeinde in Frunse ab, die 1969 registriert wurde.<br />
In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre trafen in Marx,<br />
der ehemaligen deutschen Kolonie Katharinenstadt, Gebiet<br />
Saratow einige Nonnen ein, die davon träumten, mit den<br />
aus der Deportation zurückgekehrten deutschen Katholiken<br />
wieder eine Kirchengemeinde gründen zu können. Ab<br />
1985 besuchte der spätere Bischof des Bistums der Verklärung<br />
von Nowosibirsk, Joseph Werth, in pastoraler Mission<br />
regelmäßig die Gemeinden im Wolgagebiet.<br />
Abb. 615<br />
Abb. 616<br />
община российских немцев в Караганде, официально<br />
зарегистрированная лишь в 1969 г. В 1950–1960‐е гг.<br />
прелат М. Келер проводил нелегальные богослужения<br />
для немцев в Новосибирске и в общине г. Фрунзе,<br />
зарегистрированной в 1969 г.<br />
Во второй половине 1970‐х гг. в г. Маркс Саратовской<br />
области (бывшая немецкая колония Екатериненштадт)<br />
прибыли несколько монахинь, мечтавших<br />
возродить здесь церковную общину среди вернувшихся<br />
после депортации немцев-католиков. С 1985 г.<br />
с пастырской миссией периодически посещал общины<br />
Поволжья будущий епископ Преображенской<br />
епархии Иосиф Верт.<br />
Илл. 615<br />
Илл. 616<br />
Wiedergeburt der Kirchen<br />
in der Gegenwart<br />
Возрождение церквей<br />
на современном этапе<br />
Zu Beginn der 1990er Jahre, nach dem Inkrafttreten des<br />
Gesetzes „Über die Religionsfreiheit“ im Jahre 1990 und<br />
der 1993 erfolgten Verankerung der Religionsfreiheit in<br />
der Verfassung der Russischen Föderation, kam es zu einer<br />
stürmischen Entwicklung religiöser Aktivitäten. Die demokratischen<br />
Veränderungen im Land ermöglichten den organisatorischen<br />
Aufbau der traditionellen deutschen Kirchen.<br />
1991 bildete der Heilige Stuhl zwei Apostolische Administraturen<br />
für Katholiken römischen Glaubens in Russland,<br />
eine in Sibirien mit Sitz in Nowosibirsk und die zweite für<br />
den europäischen Teil Russlands mit Sitz in Moskau. 1999<br />
wurde eine Apostolische Administratur für den Süden des<br />
europäischen Teils Russlands mit Sitz in Saratow gebildet. Mit<br />
der Wiedergeburt der Gemeinden ging in vielen Regionen<br />
die Rückgabe von Kirchengebäuden einher. Am 11. Februar<br />
2002 wurden per Dekret von Papst Johannes Paul II. in Russland<br />
vier römisch-katholische Eparchien mit den Zentren in<br />
Moskau, Saratow, Nowosibirsk und Irkutsk gebildet.<br />
Abb. 617<br />
Abb. 618<br />
В начале 1990‐х гг., после принятия Закона «О свободе<br />
вероисповеданий» (1990) и провозглашения свободы<br />
вероисповедания в Конституции Российской<br />
Федерации (1993), начался бурный рост религиозной<br />
активности. Демократические изменения в стране позволили<br />
организационно оформиться традиционным<br />
немецким церквям. В 1991 г. Святой престол создал две<br />
Апостольские администратуры для католиков латинского<br />
обряда России – в Сибири (с центром в Новосибирске)<br />
и Европейской части России (с центром в Москве).<br />
В 1999 г. создана Апостольская администратура<br />
юга европейской части России с центром в Саратове.<br />
Процесс возрождения общин сопровождался возвращением<br />
церковных зданий верующим во многих<br />
регионах. 11 февраля 2002 г. декрет Папы Римского<br />
Иоанна Павла II образовал в России четыре римскокатолические<br />
епархии с центрами в Москве, Саратове,<br />
Новосибирске и Иркутске.<br />
Илл. 617<br />
Илл. 618<br />
616. Папа Бенедикт XVI и епископ И. Верт<br />
(Рим). Фото. 2006<br />
Papst Benedikt XVI. und Bischof J. Werth<br />
(Rom). Foto. 2006<br />
616
617<br />
618<br />
617. Действующая католическая церковь в Перми. Фото. 1991. Собрание А. Айсфельда<br />
„Funktionierende“ katholische Kirche in Perm. Foto. 1991. Sammlung von A. Eisfeld<br />
618. Кафедральный собор в Москве, построенный на средства католиков<br />
различных национальностей (1911). Фото. 2011<br />
Kathedrale in Moskau, die mit Mitteln<br />
von Katholiken verschiedener Nationalität<br />
errichtet wurde (1911). Foto. 2011<br />
619. Оттиск печати московской<br />
общины Немецкой евангелическолютеранской<br />
церкви в СССР,<br />
использовавшейся до середины<br />
1990-х гг.<br />
Siegel der Moskauer Gemeinde der<br />
Deutschen evangelisch-lutherischen<br />
Kirche in der UdSSR, das bis Mitte<br />
der 1990er Jahre benutzt wurde<br />
619<br />
620<br />
621<br />
622
Немцы в российской истории 261<br />
1990 gab es in der Sowjetunion 490 bis 500 registrierte und<br />
nicht registrierte lutherische Gemeinden. Auch dieses Mal<br />
ereilte die evangelische Kirche wieder das Schicksal der Spaltung.<br />
Zum 1. Januar 1995 waren im Ministerium für Justiz<br />
der Russischen Föderation 121 lutherische Gemeinden offiziell<br />
registriert. 1993 gab es vier offizielle lutherische Gemeinschaften:<br />
die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in Russland<br />
(ELKR), die sich als Nachfolgerin der historischen Kirche sieht,<br />
die Kirche des Ingermanlandes in Russland mit 20 Gemeinden,<br />
der Bund Evangelisch-Reformierter Kirchen Russlands<br />
und die Vereinte Evangelisch-Lutherische Kirche Russlands<br />
mit 28 Gemeinden, die 1996 in der ELKR aufging. Infolge der<br />
politischen Veränderungen in der UdSSR und dem späteren<br />
Zerfall der Union änderte die Evangelisch-Lutherische Kirche<br />
in Russland (ELKR) ihren Namen in Evangelisch-Lutherische<br />
Kirche in Russland und anderen Staaten (ELKRAS). In den<br />
2000er Jahren ist die zweitgrößte Strömung des Luthertums<br />
in Russland die an der skandinavischen Tradition festhaltende<br />
Evangelisch-Lutherische Kirche des Ingermanlandes in Russland<br />
(ELKIR). Derzeit gibt es in dieser Kirche eine Tendenz<br />
zur Dominanz der russischen Sprache.<br />
Das Festhalten vieler Gemeinden an deutschen Traditionen,<br />
der deutschen Sprache im Gottesdienst und am Prinzip<br />
einer strengen, nationalen Isolation verhinderte lange den<br />
Zulauf neuer Mitglieder. Die in den 2000er Jahren zunehmende<br />
Tendenz zur Zweisprachigkeit im Gottesdienst und<br />
die Abkehr vom Deutschen als der alleinigen Sprache ließ<br />
die Mitgliederzahlen der ELKRAS steigen.<br />
Insgesamt lebten Ende der 1990er Jahre in Russland und<br />
den Ländern der GUS 265 000 Lutheraner, zum überwiegenden<br />
Teil Mitglieder der ELKRAS und der EL-<br />
KIR. Angaben aus dem Jahr 2000 zufolge gab es noch<br />
5 000 Reformierte.<br />
Derzeit stehen die traditionellen deutschen Glaubensgemeinschaften<br />
vor einer Reihe von Problemen: dem Zusammenschluss<br />
der Gemeinden im Land, ihrer offizielle<br />
Registrierung, der Restaurierung von Kirchengebäuden und<br />
deren Rückgabe an die Gläubigen, der Ausbildung einer<br />
neuen Generation von Geistlichen und der für deutschen<br />
Kirchen aktiv betriebenen Missionierung. Die Wiedergeburt<br />
des ursprünglichen religiösen Selbstbewusstseins im russlanddeutschen<br />
Milieu ist in Anbetracht der sich im Staat<br />
vollziehenden ethnischen Prozesse, der Russifizierung, der<br />
steigenden Zahl an Mischehen und der Emigration der<br />
deutschen Bevölkerung eine recht schwierig Aufgabe.<br />
Abb. 619<br />
Abb.<br />
620–622<br />
Abb. 623<br />
Abb.<br />
624, 625<br />
В 1990 г. в СССР насчитывалось 490–500 зарегистрированных<br />
и незарегистрированных лютеранских общин.<br />
Евангелическая церковь и на этот раз не избежала<br />
участи раскола. На 1 января 1995 г. Министерством<br />
юстиции РФ официально была зарегистрирована<br />
121 лютеранская община. В 1993 г. существовали четыре<br />
официально зарегистрированные лютеранские религиозные<br />
объединения: Немецкая евангелическо-лютеранская<br />
церковь (НЕЛЦ), считавшая себя преемницей<br />
исторической церкви, Церковь Ингрии на территории<br />
России, объединявшая 20 общин, Союз евангелическореформатских<br />
церквей России и Единая евангелическо-лютеранская<br />
церковь России (28 общин), которая<br />
в 1996 г. вошла в состав НЕЛЦ. Вследствие политических<br />
преобразований в СССР и после его распада<br />
НЕЛЦ изменила свое название на ЕЛЦ в России и<br />
других государствах (ЕЛЦРДГ). В 2000‐е гг. вторым<br />
крупнейшим направлением в российском лютеранстве<br />
является придерживающаяся скандинавской традиции<br />
Евангелическо-лютеранская церковь Ингерманландии<br />
(ЕЛЦИ). В настоящее время в ней установилась тенденция<br />
к преобладанию русского языка.<br />
Приверженность ряда общин к немецким традициям,<br />
проведению богослужений на немецком языке и<br />
принципу жесткой национальной замкнутости преграждала<br />
доступ в них новых членов. Наметившаяся<br />
в 2000‐е гг. тенденция двуязычия в богослужении и<br />
использование не только немецкого языка увеличили<br />
количество прихожан ЕЛЦРДГ.<br />
Всего к концу 1990‐х гг. в России и странах СНГ проживали<br />
265 тыс. лютеран, большей частью прихожан<br />
ЕЛЦРДГ и ЕЛЦИ. По данным на 2000 г., еще 5 тыс. чел.<br />
являлись реформатами.<br />
В настоящее время перед традиционными немецкими<br />
религиозными организациями стоит целый ряд проблем:<br />
объединение общин страны, их официальная<br />
регистрация, реставрация и возвращение верующим<br />
храмов, подготовка нового поколения священнослужителей,<br />
активная миссионерская деятельность,<br />
свойственная немецким церквям. Возрождение исконного<br />
религиозного самосознания в среде российских<br />
немцев – задача достаточно сложная вследствие<br />
происходящих в государстве этнических процессов,<br />
русификации, увеличения числа смешанных браков и<br />
эмиграции немецкого населения.<br />
Илл. 619<br />
Илл.<br />
620–622<br />
Илл. 623<br />
Илл.<br />
624, 625<br />
620. «Наша церковь» – журнал для евангелическо-лютеранских общин в России (основан в 1927 г. епископом Т. Мейером, возобновлен в 1995 г.). 1996<br />
„Unsere Kirche“, Zeitschrift für die evangelisch-lutherischen Gemeinden in Russland (1927 von Bischof Th. Meyer gegründet, wiederbegründet 1995). 1996<br />
621. Епископ Г. Кречмар со сборником проповедей М. Лютера, возвращенным Петрикирхе по случаю ее повторного освящения. Фото. 1997<br />
Bischof G. Kretschmar mit der Martin Luther-Kirchen-Postille, die der Petri-Kirche anlässlich ihrer Wiedereinweihung zurückgegebenen wurde. Foto. 1997<br />
622. «Вестник» – журнал Евангелическо-лютеранской церкви в России, Украине, Казахстане и Средней Азии (основан в 1999 г.). 2006<br />
„Der Bote“, Zeitschrift der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland, der Ukraine, Kasachstan und Mittelasien (gegründet 1999). 2006
623<br />
623. Русско-немецкий сборник духовных песен для<br />
евангелическо-лютеранских общин в России,<br />
Украине, Казахстане и др. Эрланген, 1995<br />
Russisch-Deutsches Gesangbuch für die evangelischlutherischen<br />
Gemeinden in Russland, der Ukraine,<br />
Kasachstan u. a. Erlangen, 1995<br />
624. Новая лютеранская кирха в Томске, освященная в<br />
2006 г. Фото П. Андрющенко. 2007<br />
Neue evangelisch-lutherische Kirche in Tomsk,<br />
eingeweiht 2006. Foto von P. Andrjuschenko. 2007<br />
625. Канцлер Германии А. Меркель в кирхе<br />
Томска. Фото. 2006<br />
Bundeskanzlerin A. Merkel in der Kirche<br />
in Tomsk. Foto. 2006<br />
624<br />
625
Немцы в российской истории 263<br />
Deutsche<br />
unter russischer Flagge<br />
Немцы под стягом<br />
России<br />
S. Nelipowitsch (Moskau)<br />
С. Нелипович (Москва)<br />
Die deutschen Kolonisten, die sich an der Schwelle<br />
vom 18. zum 19. Jahrhundert in Russland niederließen,<br />
bildeten von Anbeginn einen Stand,<br />
dessen Rechte und Beziehungen zum Staat (genauer<br />
gesagt, zur Krone) durch Erlasse und den persönlichen<br />
Willen des Monarchen geregelt wurden. Von vollkommener<br />
Isolierung und Entfremdung der „ausländischen<br />
Siedler“, zu denen nicht nur Deutsche, sondern auch<br />
Tschechen, Serben, Griechen, Bulgaren und Schweizer<br />
gehörten, konnte keine Rede sein: Sie wurden zu einem<br />
festen Bestandteil der universalistischen Monarchie, und<br />
in Regionen, in denen sie in großer Zahl siedelten, wie<br />
in Neurussland, in der Wolgaregion und teilweise auch<br />
im Kaukasus, entwickelten sich besondere sozialökonomische<br />
Gemeinschaften, die ohne deutsche Kolonien nicht<br />
existenzfähig waren. Nicht nur die Deutschen waren vom<br />
Militärdienst, von der Wehrpflicht, befreit, sondern auch<br />
viele andere und größere Völkerschaften wie Krimtataren,<br />
verschiedene Bergvölker, Völker Zentralasiens und<br />
Sibiriens, russische Siedler in entlegenen Regionen, verschiedene<br />
Handwerker usw., außerdem bestimmte Stände<br />
wie Adlige, Geistliche, Kaufleute und leibeigene Bauern<br />
auf Gutshöfen. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es insgesamt<br />
180 000 männliche deutsche Kolonisten, während<br />
in Russland insgesamt bis zu fünf Millionen Personen,<br />
also jeder sechste männliche Bewohner des Landes, vom<br />
Wehrdienst befreit waren.<br />
Nichtsdestotrotz blieben aber auch deutsche Siedler im<br />
19. Jahrhundert nicht von den großen militärischen Konflikten<br />
Russlands verschont. Von den Kriegen gegen das<br />
Napoleonische Frankreich (1805–1807, 1812–1814) waren<br />
sogar die Kolonien an derWolga betroffen. Mit dem Manifest<br />
vom 30. November 1806 wurde ihnen auferlegt, mit<br />
finanziellen Mitteln und Getreide zum Unterhalt der aufzustellenden<br />
„inneren Miliz“, des ersten großen Volksheeres<br />
im Russischen Reich, beizutragen. Binnen kurzer Zeit<br />
Немцы-колонисты, поселившиеся в России<br />
на рубеже XVIII–XIX вв., изначально выступали<br />
как сословие, чьи права и отношения<br />
с государством (а точнее с престолом) были регламентированы<br />
указами и личной волей монарха. Говорить<br />
о совершенной изолированности и отчужденности<br />
«иностранных поселенцев» (не только немцев,<br />
но также чехов, сербов, греков, болгар, швейцарцев)<br />
нельзя: они стали неотъемлемой частью универсалистской<br />
монархии, а в регионах их массового проживания<br />
(Новороссия, Поволжье, частично Кавказ)<br />
сложились особенные социально-экономические сообщества,<br />
которые не могли бы жить без немецких<br />
колоний. Право освобождения от воинской (рекрутской)<br />
повинности имели не только они, но и многие<br />
другие, более многочисленные, народы – крымские<br />
татары, некоторые горские племена, народы Средней<br />
Азии и Сибири, русские поселенцы отдаленных<br />
регионов, некоторые ремесленники и пр., а также<br />
сословия: дворянство, духовенство, купечество, помещичьи<br />
крепостные крестьяне. Немцы-колонисты<br />
в середине XIX в. составляли всего 180 тыс. мужчин,<br />
в то время как в России от рекрутской повинности<br />
были освобождены до 5 млн чел., или каждый шестой<br />
мужчина страны.<br />
Тем не менее немецкие поселенцы не остались в стороне<br />
от крупнейших военных конфликтов России<br />
ХIХ в. Войны с наполеоновской Францией (1805–1807,<br />
1812–1814) затронули даже поволжские колонии.<br />
Манифестом от 30 ноября 1806 г. на них было возложено<br />
денежное и хлебное содержание формирующейся<br />
«внутренней милиции» – первого массового<br />
ополченческого формирования Российской империи.<br />
В короткое время 6 колонистских округов собрали<br />
более 45 тыс. руб. Участвовали в этом и немцыколонисты<br />
Новороссии, в том числе меннониты,
264 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
626–628<br />
wurden in sechs Kolonistenbezirken mehr als 45 Tausend<br />
Rubel gesammelt. Daran beteiligten sich auch die deutschen<br />
Kolonisten Neurusslands sowie die Mennoniten, die 1807<br />
freiwillig Spenden für den Unterhalt des Semstwo-Heeres<br />
spendeten. Am 13. Mai 1812 wurde befohlen, aus den Mitteln<br />
der Wolga-Kolonisten 3 000 Ochsen und 1 000 Fuhrwerke<br />
zu kaufen, was im Juli 1812 zu Beginn des Vaterländischen<br />
Krieges auch geschah. 1812 spendeten sie für den Unterhalt<br />
des Volksheeres fast 13.000 Rubel und noch einmal 2.500 Rubel<br />
zur Unterstützung verkrüppelter Soldaten.<br />
Der Beitrag zum Sieg über Napoleon beschränkte sich<br />
aber nicht auf Geldspenden. Bis Ende 1812 unterhielten<br />
die Wolgadeutschen 18 Fuhrwerkskolonnen, mit denen<br />
sie Soldaten durch das Gouvernement Saratow zu den<br />
Schlachtfeldern transportierten. Reitertrupps der Kolonisten<br />
begleiteten Kriegsgefangene ins Wolgagebiet. Dank der<br />
Anstrengungen von Deutschen aus dem Bezirk Katharinenstadt<br />
konnten im Frühjahr 1813 aus einem auf der Wolga<br />
gesunkenen Schiff 58 Geschütze geborgen werden. Etwa<br />
300 Kolonisten erklärten sich willens und bereit, sich dem<br />
Volksheer anzuschließen.<br />
Während des Krimkrieges oder auch Orientkrieges von<br />
1853–1856 wurden auch die neurussischen Kolonien in<br />
diesen Konflikt hineingezogen. Die Deutschen der Gouvernements<br />
Jekaterinoslaw, Taurien und Cherson leisteten<br />
der russischen Armee umfassende Hilfe auf der Krim. Sie<br />
organisierten die Versorgung der Armee mit Lebensmitteln,<br />
indem sie den Verteidigern Sewastopols und der Krim nicht<br />
nur Mehl und Hafer, sondern auch beträchtliche Mengen an<br />
Kartoffeln, Obst und Gemüse lieferten. Allein aus den Molotschansker<br />
Kolonien wurden fünf Pud Scharpie und 17 Pud<br />
Verbandmaterial an Hospitäler geliefert. Mit den von Kolonisten<br />
bereitgestellten oder gespendeten Fuhrwerken wurden<br />
im Herbst bei Matschwetter 10 % aller Militärgüter befördert.<br />
Mehr als 13 000 Verwundete wurden zur Behandlung in<br />
Kolonien gebracht, und Kolonisten übernahmen auch den<br />
Transport, um zwei russische Infanteriedivisionen auf die<br />
Krim zu verlegen. Die Transporte durch Kolonisten nannten<br />
die feindlichen Soldaten „deutsche Eisenbahn“. Die Kolonisten<br />
spendeten der Armee mehr als 60 000 Rubel.<br />
Eine Besonderheit bei der Ausweitung des Militärdienstes<br />
auf die deutschen Kolonisten bestand darin, dass ein<br />
bestimmter Teil von ihnen, die Mennoniten, aus Glaubensgründen<br />
an dem Gebot, auf Gewalt gegen das Böse<br />
zu verzichten, festhielt: „Du sollst nicht töten!“. Sie lehnten<br />
daher den Militärdienst entschieden ab. Bei vielen<br />
gründete sich das Selbstverständnis darauf, als Teil eines<br />
anderen Volkes eine Sonderstellung im Russischen Reich<br />
einzunehmen. Darüber hinaus bedeutete die Freistellung<br />
vom Militärdienst nicht nur eine Befreiung vom Dienst<br />
in Armee oder Flotte, sie bewahrte ihre Siedlungen auch<br />
vor Einquartierungen durch die Armee. In Grenzgebieten<br />
wie Neurussland oder Bessarabien war dieser Faktor von<br />
außerordentlicher Bedeutung. Die hochentwickelte Wirtschaft<br />
und die Infrastruktur der Kolonien sollten Teil der<br />
strategischen Basis für die kaiserlich–russische Armee im<br />
Süden des Reiches werden. Der Krimkrieg hatte gezeigt, wie<br />
real die Möglichkeit war, dass Neurussland ein zukünftiger<br />
Kriegsschauplatz werden könnte.<br />
Илл.<br />
626–628<br />
собравшие в 1807 г. добровольные пожертвования<br />
на содержание земского войска деньгами и оружием.<br />
13 мая 1812 г. на средства поволжских колонистов<br />
было велено закупить 3 000 волов и 1 000 фур, что<br />
было сделано к июлю 1812 г., в самом начале Отечественной<br />
войны. На содержание ополчения в 1812 г.<br />
они пожертвовали почти 13 тыс. руб., на помощь<br />
увечным солдатам – 2,5 тыс. руб.<br />
Вклад в победу над Наполеоном не ограничивался<br />
денежными сборами. До конца 1812 г. поволжские<br />
немцы содержали 18 рекрутских транспортов, проследовавших<br />
через Саратовскую губернию на поля<br />
сражений. Конные партии колонистов сопровождали<br />
присылаемых в Поволжье пленных вражеской<br />
армии. Усилиями немцев Екатериненштадтского<br />
округа с затонувшего на Волге судна были подняты<br />
весной 1813 г. 58 пушек. Около 300 колонистов<br />
выразили желание и готовность вступить<br />
в ополчение.<br />
Во время Крымской (Восточной) войны 1853–<br />
1856 гг. колонии Новороссии были втянуты в орбиту<br />
этого конфликта. Немцы Екатеринославской,<br />
Таврической и Херсонской губерний оказали всестороннюю<br />
помощь русской армии в Крыму. Они<br />
организовали снабжение войск продовольствием,<br />
направляя защитникам Севастополя и Крыма не<br />
только муку и овес, но и значительные запасы<br />
картофеля, овощей и фруктов. Только из Молочанских<br />
колоний в лазареты было доставлено 5 пудов<br />
корпии и 17 пудов бинтов. На подводах, предоставленных<br />
или пожертвованных колонистами,<br />
в условиях осенней распутицы было перевезено<br />
10 % всех военных грузов. В колонии для лечения<br />
было вывезено более 13 тыс. раненых; силами<br />
колонистов была обеспечена переброска в Крым<br />
двух русских пехотных дивизий. Солдаты противника<br />
называли систему колонистских транспортов<br />
«немецкой железной дорогой». Сумма денежных<br />
пожертвований колонистов на нужды армии превысила<br />
60 тыс. руб.<br />
Особенность распространения военной службы<br />
на немцев-колонистов была в том, что определенная<br />
их часть – меннониты – по религиозным взглядам<br />
придерживалась постулата непротивления злу насилием<br />
«не убий!» и категорически отвергала военную<br />
службу, а у многих сознание себя как части<br />
другого народа ассоциировалось именно с особым<br />
положением в Российской империи. Кроме того,<br />
освобождение от воинской повинности включало<br />
не только освобождение вовсе от службы в армии<br />
и на флоте, но и освобождение селений от постоя<br />
и квартирования войск. На пограничных рубежах<br />
(Новороссия, Бессарабия) этот фактор имел первенствующее<br />
значение. Развитое хозяйство и инфраструктура<br />
колоний должны были стать частью<br />
стратегической базы российско-императорской<br />
армии на юге империи. Крымская война показала,<br />
насколько реально превращение Новороссии в театр<br />
будущей войны.
626. Документы об устройстве госпиталей<br />
и оказании всевозможной помощи<br />
армии в Крымскую войну меннонитами<br />
и колонистами Таврической<br />
губернии. 1854–1855. Государственный<br />
архив Одесской области, Одесса<br />
Dokumente über die Einrichtung von<br />
Lazaretten und allerlei Unterstützung der<br />
Armee im Krimkrieg durch Mennoniten<br />
und Kolonisten des Gouvernements<br />
Taurien. 1854–1855. Staatliches<br />
Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />
627<br />
627. Меннонитская повозка (1855), использовавшаяся для<br />
транспортировки военных грузов и раненных. С литографии. 1864.<br />
Mennoniten-Fuhrwerk (1855) wurde für den Transport von<br />
Militärgütern und Verwundeten genutzt. Lithographie. 1864<br />
628. Памятный знак, установленный в 1854 г. генерал-майором<br />
Волковым в колонии Ней-Гальбштадт Таврической губернии в<br />
благодарность за оказанную меннонитами помощь при переправе<br />
войск через р. Молочная и расквартировании их в колониях.<br />
Фото. Начало ХХ в.<br />
Denkmal „Podvod-Zeit“ („Fuhrwerktransport“) 1854 von<br />
Generalmajor Wolkow in der Kolonie Heu-Halbstadt (Gouvernement<br />
Taurien) als Zeichen des Dankes für die von Mennoniten geleistete Hilfe<br />
beim Überqueren des Flusses Molotschnaja und der Einquartierung von<br />
Truppen in ihren Kolonien errichtet. Foto. Anfang 20. Jh.<br />
628
266 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 629<br />
Abb. 630<br />
Die Befreiung der Kolonisten von der Wehrpflicht basierte<br />
auf dem Manifest vom 22. Juli 1763 und den Ausführungsbestimmungen<br />
vom 20. Februar 1804. Einen ersten<br />
Versuch, dieses Privileg in Frage zu stellen, unternahm 1824<br />
Finanzminister Georg Ludwig Graf Cancrin. Sein Vorschlag<br />
sah vor, von jedem Kolonisten eine Wehrpflichtsteuer von<br />
500 Rubeln einzufordern. Das Ministerkomitee lehnte den<br />
Entwurf ab und verkündete per Allerhöchsten Erlass am<br />
23. Dezember 1824 (4. Januar 1825), dass die Kolonisten<br />
„für alle Zeiten von der Wehrpflicht befreit sind“. Trotzdem<br />
wurde mit dem Manifest vom 28. Juli (9. August) 1831<br />
eine Wehrpflichtsteuer von 300 Rubeln für die Kolonisten<br />
in Bessarabien und Taurien eingeführt. Laut Allerhöchstem<br />
Befehl an den Senat vom 19. November (2. Dezember) 1852<br />
sollte bei der Übersiedlung preußischer Mennoniten nach<br />
Russland deren Befreiung vom Militärdienst nach 20 Jahren<br />
durch eine Steuer zur Anwerbung je eines Rekruten ersetzt<br />
werden. Die Vorschrift vom 23. Januar (4. Februar) 1862 über<br />
die Einstellung und Ansiedlung ausländischer Arbeitskräfte<br />
durch Gutsbesitzer sah die Befreiung der Familienoberhäupter<br />
selbst sowie der bei der Übersiedlung bereits vorhandenen<br />
Söhne vom Wehrdienst auf Lebenszeit vor.<br />
Am 10. (22.) Februar 1862 wurde eine Allerhöchste Kommission<br />
zur Überprüfung der Wehrdienstvorschrift eingesetzt.<br />
Ihr gehörten Vertreter des Kriegsministeriums, des<br />
Marineministeriums, des Innenministeriums, des Ministeriums<br />
für Staatsvermögen, des Finanzministeriums, des<br />
Departments für Apanagen und der Abteilung 2 der Kaiserlichen<br />
Privatkanzlei an. Dies waren hauptsächlich Juristen<br />
und enge Mitarbeiter Alexanders II. bei der Durchführung<br />
der liberalen Reformen. Auf Seiten der Militärs spielte<br />
eine entscheidende Rolle der Diensthabende General des<br />
Hauptstabes Generalleutnant Graf F. L. von Heyden. Der<br />
Vorsitzende der Kommission, Staatssekretär N. I. Bachtin,<br />
hatte früher in der Marineverwaltung gedient und zeichnete<br />
Илл. 629<br />
Илл. 630<br />
Освобождение колонистов от рекрутской повинности<br />
основывалось на Манифесте 22 июля 1763 г.<br />
и на Правилах 20 февраля 1804 г. Первая попытка<br />
пересмотреть эту льготу была предпринята в 1824 г.<br />
министром финансов Е. Ф. Канкриным. По его проекту<br />
вводился денежный рекрутский сбор в 500 руб.<br />
с каждого колониста. Комитет министров отверг<br />
проект и Высочайшим указом 23 декабря 1824 г.<br />
(4 января 1825 г.) провозгласил для колонистов «освобождение<br />
от рекрутства на вечные времена». Тем<br />
не менее Манифестом 28 июля (9 августа) 1831 г. был<br />
введен рекрутский сбор в 300 руб. с бессарабских<br />
и таврических колонистов. При переселении в Россию<br />
прусских меннонитов Высочайшим повелением<br />
Сенату 19 ноября (2 декабря) 1852 г. освобождение<br />
от личной службы через 20 лет подлежало замене денежным<br />
сбором для найма одного рекрута. Правила<br />
о найме и поселении землевладельцами иностранных<br />
рабочих от 23 января (4 февраля) 1862 г. предусматривали<br />
личное освобождение от рекрутской<br />
повинности глав семейств вместе с имевшимися при<br />
переселении сыновьями пожизненно.<br />
Высочайшая Комиссия для пересмотра Рекрутского<br />
устава была учреждена 10 (22) февраля 1862 г.<br />
из представителей министерств военного, морского,<br />
внутренних дел, государственных имуществ, финансов,<br />
Департамента уделов и II отделения Собственной<br />
канцелярии императора. Главным образом это были<br />
юристы и ближайшие сотрудники Александра II<br />
в деле проведения либеральных реформ. От военных<br />
главную роль играл дежурный генерал Главного<br />
штаба генерал-лейтенант граф Ф. Л. фон Гейден.<br />
Председатель комиссии государственный секретарь<br />
Н. И. Бахтин служил ранее в Морском департаменте<br />
и отличался либеральностью взглядов (выступал<br />
629<br />
630<br />
629. Е. Ф. Канкрин (1774–1845). С литографии. 1860-е гг.<br />
E. F. Cancrin (1774–1845). Lithographie. 1860er Jahre<br />
630. Ф. Л. фон Гейден (1821–1900). С литографии. Конец XIX в.<br />
F. L. von Heyden (1821–1900). Lithographie. Ende 19. Jh.
Немцы в российской истории 267<br />
sich durch liberale Ansichten aus. Er setzte sich z. B. für die<br />
entschädigungslose Zuteilung von Land an befreite Bauern<br />
ein. 1866 wurde er von W. P. Butkow, einem Autor und<br />
aktiven Verfechter der Landwirtschafts- und Justizreform,<br />
abgelöst. Das Ziel der Kommission bestand darin, „eine<br />
größtmögliche Zahl von Personen zur Ableistung des Wehrdienstes<br />
zu gewinnen“, wozu ab März 1862 auch über die<br />
Abschaffung von Vergünstigungen für bislang privilegierte<br />
Stände nachgedacht wurde.<br />
Mit der Erarbeitung eines Entwurfs für ausländische Siedler<br />
wurden Senator K. Repinskij und Staatsrat D. Solskij beauftragt.<br />
Im Juni 1863 wurde diese Frage erstmals vor der<br />
Kommission erörtert und war Gegenstand von acht Sitzungen.<br />
Die Verfasser des Entwurfs hielten es für notwendig,<br />
die Kolonisten zum Dienst in der Armee einzuziehen, die<br />
ja auch den Landbesitz der Kolonisten schützte. Allerdings<br />
sollte dies nach und nach erfolgen, der damaligen Generation<br />
sollte die Befreiung vom Wehrdienst auf Lebenszeit erhalten<br />
bleiben. Das wichtigste Argument bei der Abschaffung von<br />
Vergünstigungen war die Aufrechterhaltung der Gerechtigkeit:<br />
Alle Stände sind vor dem Gesetz gleich. Mit der Regelung<br />
Unzufriedene sollten aus Russland ausreisen dürfen. Für die<br />
Mennoniten galt das Gesetz in der Fassung von 1862.<br />
Im April 1864 wurde der Entwurf dem Staatsrat vorgelegt.<br />
Die Erörterung dauerte bis März 1865, als Alexander II.<br />
verfügte, für die Kolonisten „die Vergünstigungen bei der<br />
Rekrutierung bis zum Ablauf der Frist beizubehalten und<br />
die auf ewige Zeiten gewährten Vergünstigungen unverändert<br />
zu lassen“. Er wurde von 14 Mitgliedern des Rates<br />
unterstützt.<br />
Im September 1865 legte die Kommission erneut einen<br />
Entwurf vor, der vorsah, dass die Kolonisten Neurusslands<br />
anstelle des Militärdienstes eine Geldgebühr zahlen sollten.<br />
Damit wurde versucht, sie mit Staatsbauern gleichzusetzen.<br />
Gegen diese juristische Gleichsetzung trat der Generalgouverneur<br />
Neurusslands und Bessarabiens, Infanteriegeneral<br />
P. E. Kotzebue, auf. Er verwies darauf, dass die Abschaffung<br />
der Vergünstigungen keinen spürbaren Gewinn bringen,<br />
sondern nur Unruhen heraufbeschwören würde. Im August<br />
1866 folgte der Staatsrat der Meinung des Mannes, der die<br />
Region gut kannte und einer ruhigen wirtschaftlichen Entwicklung<br />
Neurusslands den Vorzug vor einem zweifelhaften<br />
materiellen Vorteil gab.<br />
1867 wurde der Kommission von Generalleutnant I. A. Hahn<br />
ein interessanter Entwurf für eine Militärreform vorgelegt,<br />
der vorsah, von allen privilegierten Ständen eine Wehrpflichtsteuer<br />
zu erheben, die eingenommenen Mittel als<br />
verzinsliches Kapital zu nutzen und den Ertrag den Soldaten<br />
bei ihrer Entlassung in die Reserve zur Einrichtung eines<br />
Hofes auszuzahlen. Dabei sollte der Höchststeuersatz nicht<br />
über fünf Rubel liegen. Das war natürlich der am besten<br />
durchdachte und wirtschaftlich sinnvollste Vorschlag. Zu<br />
einer Erörterung kam es aber trotzdem nicht.<br />
Im August 1870 wurde die Arbeit der Kommission vom<br />
Imperator beendet. Nach dem Bericht von Kriegsminister<br />
D. Miljutin am 7. (19.) November 1870 wurde eine<br />
Kommission zur Erörterung des Gesetzes über die allgemeine<br />
Wehrpflicht gebildet. Vorsitzender der Kommission<br />
war Generaladjutant Graf F. Heyden. Die meisten<br />
за безвозмездное наделение землей освобожденных<br />
крестьян). В 1866 г. его сменил В. П. Бутков – один<br />
из авторов и активных проводников крестьянской<br />
и судебной реформ. Целью комиссии было «привлечение<br />
к отбыванию рекрутской повинности<br />
наибольшего числа лиц», для чего с марта 1862 г.<br />
стал рассматриваться вопрос об отмене льгот привилегированных<br />
сословий.<br />
Разработка проекта по иностранным поселенцам<br />
была поручена сенатору К. Репинскому и статскому<br />
советнику Д. Сольскому. Вопрос был впервые<br />
заслушан комиссией в июне 1863 г. и обсуждался<br />
на восьми заседаниях. Авторы проекта считали<br />
необходимым привлечь колонистов к службе в армии,<br />
которая «защищает и поземельное владение<br />
колонистов», но постепенно, предоставив ныне живущим<br />
личное пожизненное освобождение. Главным<br />
аргументом было сохранение справедливости при<br />
отмене льгот: все сословия должны были быть равны<br />
перед законом. Недовольным предоставлялось<br />
право выезда из России. На меннонитов распространялась<br />
норма закона 1862 г.<br />
В апреле 1864 г. проект был представлен в Государственный<br />
совет. Обсуждение длилось до марта<br />
1865 г., когда Александр II повелел в отношении<br />
колонистов «льготы от рекрутства, данные на срок,<br />
сохранить до минования того срока, а льготы, предоставленные<br />
на вечные времена, оставить без всякой<br />
перемены». Его поддержали 14 членов Совета.<br />
К сентябрю 1865 г. комиссия вновь составила проект<br />
замены личной службы для колонистов Новороссии<br />
денежным взносом, попытавшись приравнять их<br />
к казенным крестьянам. Против таких юридических<br />
обобщений резко выступил Новороссийский<br />
и Бессарабский генерал-губернатор генерал от инфантерии<br />
П. Е. Коцебу: он обращал внимание на то,<br />
что отмена льгот не даст ощутимой выгоды, но<br />
приведет к волнениям. Государственный совет в августе<br />
1866 г. полностью поддержал мнение человека,<br />
хорошо знавшего край и предпочитавшего сомнительной<br />
материальной выгоде спокойное развитие<br />
хозяйства Новороссии.<br />
В 1867 г. комиссия получила интересный проект<br />
военной реформы, представленный генерал-лейтенантом<br />
И. А. Ганом. Он предложил взимать рекрутский<br />
налог со всех привилегированных сословий<br />
и использовать средства как процентный капитал,<br />
выдаваемый на руки для заведения хозяйства уволенным<br />
в запас солдатам. Максимальная ставка<br />
налога не превышала 5 руб. Безусловно, это был наиболее<br />
продуманный и экономически обоснованный<br />
проект. Но до его обсуждения дело не дошло.<br />
В августе 1870 г. император прекратил деятельность<br />
комиссии. После доклада военного министра Д. Милютина<br />
7 (19) ноября 1870 г. была создана Комиссия<br />
для обсуждения Закона о всеобщей воинской повинности.<br />
Ее председателем стал генерал-адъютант граф<br />
Ф. Гейден. Большинство ее членов были генералы и<br />
адмиралы царской свиты. На деятельность комиссии
268 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 631<br />
Abb. 632<br />
Abb.<br />
633, 634<br />
Abb. 635<br />
Kommissionsmitglieder waren Generale und Admirale aus<br />
dem Gefolge des Zaren. Die Tätigkeit der Kommission<br />
stand unter dem Eindruck der Niederlage Frankreichs gegen<br />
Preußen und der Gründung des Deutschen Reiches mit<br />
einer mächtigen nationalen Armee. Darüber hinaus gab es<br />
inzwischen ca. 310 000 männliche Kolonisten.<br />
Mit der Erarbeitung eines auf die Kolonisten zugeschnittenen<br />
Entwurfes wurde im Februar 1871 Oberst M. S. Maximowskij<br />
beauftragt. In dem Bewusstsein, dass der Regierung in der<br />
jetzigen Situation nichts anderes übrig blieb, als die Vereinbarungen,<br />
die man mit den Kolonisten bei deren Übersiedlung<br />
getroffen hatte, zu brechen, gab er der Fragestellung eine<br />
andere Richtung und wertete die Vergünstigungen als eine<br />
„Entlohnung für geleistete Dienste“ ein. Er schlug vor, die<br />
Kolonisten mit anderen Ständen gleichzusetzen, da es keinen<br />
Bedarf mehr an neuen Siedlern gäbe und „der Nutzen, den<br />
die Kolonisten gebracht haben, nicht so bedeutsam gewesen<br />
sei“. Der Entwurf sah vor, auch Mennoniten ab sofort zum<br />
Militärdienst einzuberufen, allerdings nur in Sanitätstruppenteile.<br />
Im Dezember verfügten die Kommissionsmitglieder ein<br />
Ausreiseverbot aus Russland für Kolonisten im wehrpflichtigen<br />
Alter und ergänzten die Abschaffung der Vergünstigungen<br />
durch repressive Gesetze. Ein Brief von Bewohnern der<br />
Kolonie Sarepta vom März 1872, in dem diese darum baten,<br />
die Befreiung vom Militärdienst als ein ihnen zugesichertes<br />
Privileg wieder herzustellen, blieb völlig unbeachtet<br />
Im September 1872 erstellte die Kommission die Endfassung<br />
des Gesetzes. Neben der Ausweitung der Wehrpflicht<br />
auf deutsche Kolonisten, einschließlich des Dienstes ohne<br />
Waffen für Mennoniten, wurde die Befreiung vom Wehrdienst<br />
für Landarbeiter und Deutsche, die sich vor 1872 im<br />
Polnischen Königreich niedergelassen hatten, auf Lebenszeit<br />
und für Mennoniten, die nach 1851 neue Kolonien gegründet<br />
hatten, für 20 Jahre festgeschrieben. Im Januar 1873 wurde<br />
der Entwurf dem Staatsrat vorgelegt.<br />
Zur Prüfung des Gesetzesentwurfes im Staatsrat wurde eine<br />
Sonderabteilung für Wehrpflicht unter dem Vorsitz von<br />
Großfürst Konstantin Nikolajewitsch gebildet. Weiterhin<br />
gehörten ihr der Thronfolger Alexander Alexandrowitsch,<br />
der General-Feldzeugmeister Großfürst Michail Nikolajewitsch,<br />
die Feldmarschälle Barjatinskij und Berg sowie<br />
Kanzler А. Gortschakow an. An der Mennonitenfrage entzündete<br />
sich ein Streit zwischen dem Vorsitzenden, der für<br />
deren völlige Befreiung vom Militärdienst eintrat (in der<br />
Hauptstadt weilte gerade eine Delegation der Mennoniten)<br />
und D. Miljutin, der die Meinung vertrat, „dass dies alles<br />
unbegründete private Ansprüche seien“. Schließlich einigte<br />
man sich darauf, die Mennoniten von der Ableistung des<br />
Eides und dem Dienst an der Waffe zu befreien und sie<br />
ausschließlich zum Dienst in Kriegs- und Seekriegsämtern zu<br />
verpflichten. Die Vorschrift für den allgemeinen Wehrdienst<br />
wurde bestätigt und ab Januar 1874 in Kraft gesetzt. Die<br />
Ausweitung des Wehrdienstes auf die Kolonisten war ein weiterer<br />
Schritt zur Reformierung dieser Gemeinschaft.<br />
Die Mennoniten reagierten am deutlichsten auf diese Vorschrift:<br />
Im Zuge einer spontanen Abwanderung verließen<br />
ca. 15 000 von ihnen Russland. Die Behörden versuchten<br />
vergeblich, dem einen Riegel vorzuschieben. Die Kommission<br />
von Generalingenieur Graf Eduard Totleben kam zu dem<br />
Илл. 631<br />
Илл. 632<br />
Илл.<br />
633, 634<br />
Илл. 635<br />
оказал влияние разгром Франции Пруссией и образование<br />
Германской империи с мощной национальной<br />
армией. Кроме того, мужское колонистское<br />
население составляло уже около 310 тыс. чел.<br />
Разработка проекта о колонистах была поручена<br />
в феврале 1871 г. полковнику М. С. Максимовскому.<br />
Понимая, что правительство сейчас вынуждено<br />
нарушить свои соглашения с колонистами,<br />
заключенные при переселении, он перевел вопрос<br />
в иное русло и стал рассматривать льготы как «вознаграждение<br />
за услугу». Он предложил приравнять<br />
колонистов к прочим сословиям, поскольку более<br />
нет надобности в привлечении новых поселенцев и<br />
«польза от колонистов не была столь значительна».<br />
Проект предусматривал немедленное привлечение<br />
к военной службе и меннонитов, но в санитарных<br />
командах. В декабре члены комиссии одобрили запрет<br />
для колонистов призывного возраста выезжать<br />
из России, дополнив отмену льгот принятием репрессивного<br />
законодательства. Обращение жителей<br />
колонии Сарепта в марте 1872 г. о восстановлении<br />
права не служить вообще (как данной им привилегии)<br />
было оставлено без последствий.<br />
К сентябрю 1872 г. комиссия выработала окончательный<br />
проект закона. Распространив на немецких<br />
колонистов воинскую повинность (в том числе<br />
службу меннонитов на нестроевых должностях), она<br />
сохранила отсрочки от призыва в армию для сельскохозяйственных<br />
рабочих и немцев, поселившихся<br />
в Царстве Польском до 1872 г., – пожизненно, а для<br />
меннонитов, поселившихся новыми колониями после<br />
1851 г., – на 20 лет. В январе 1873 г. проект был<br />
передан в Государственный совет.<br />
Для рассмотрения проекта закона в Государственном<br />
совете было образовано Особое присутствие<br />
о воинской повинности (председатель – великий<br />
князь Константин Николаевич). Среди его членов<br />
были наследник престола Александр Александрович,<br />
генерал-фельдцейхмейстер великий князь<br />
Михаил Николаевич, фельдмаршалы Барятинский<br />
и Берг, канцлер А. Горчаков. Обсуждение вопроса<br />
о меннонитах вызвало конфликт между председателем,<br />
настаивавшим на их освобождении от военной<br />
службы вовсе (в столице находились делегации<br />
от меннонитов), и Д. Милютиным, считавшим, что<br />
«все это частные притязания, не имеющие достаточных<br />
оснований». Было подтверждено освобождение<br />
меннонитов от присяги и ношения оружия,<br />
но вводилась обязанность служить исключительно<br />
по военному или морскому ведомствам. Устав о всеобщей<br />
воинской повинности был принят и с января<br />
1874 г. вступил в силу. Распространение воинской<br />
службы на колонистов стало очередным звеном<br />
в реформировании этого сообщества.<br />
Наиболее активно отреагировали на устав меннониты<br />
– в результате стихийной эмиграции Россию<br />
покинули 15 тыс. чел. Попытки властей прекратить<br />
ее не достигли успеха. Комиссия инженер-генерала<br />
графа Э. Тотлебена выяснила, что эмигранты
631. Великий князь Константин Николаевич (1827–1892). Фото. 1870-е гг.<br />
Großfürst Konstantin Nikolajewitsch (1827–1892). Foto. 1870er Jahre<br />
631<br />
632<br />
632. Дело канцелярии Новороссийского и Бессарабского генерал-губернатора о депутации хортицких меннонитов, отправившейся в Санкт-Петербург<br />
для ходатайства льготы от рекрутской повинности. 1871. Государственный архив Одесской области, Одесса<br />
Akte der Kanzlei des General-Gouverneurs von Neurussland und Bessarabien über eine Abordnung der Chortitzaer Mennoniten, die nach St. Petersburg zur<br />
Erlangung der Befreiung von der Wehrpflicht entsandt wurde. 1871. Staatliches Gebietsarchiv Odessa, Odessa
633. Свидетельство о явке к исполнению воинской повинности поселянинасобственника<br />
Херсонской губернии Я. Шеппа. 1898. Государственный архив<br />
Одесской области, Одесса<br />
Bescheinigung über die Einberufung des Siedler-Eigentümers des Gouvernements<br />
Cherson, Ja. Schöpp, zur Ableistung der Wehrpflicht. 1898. Staatliches Gebietsarchiv<br />
Odessa, Odessa<br />
634. Свидетельство о льготе по воинской повинности меннониту Самарской губернии<br />
Г. Никкелю (выпускникам школ срок службы сокращался). Линденау, 1904.<br />
Издательство Ней‐Самара, Варендорф (Германия)<br />
Bescheinigung über die Ermäßigung der Wehrpflicht für den Mennoniten des<br />
Gouvernements Samara H. Nickel (Absolventen von Schulen wurde die Dienstdauer<br />
ermäßigt). Lindenau, 1904. Verlag Neu-Samara, Warendorf (Deutschland)<br />
633<br />
634<br />
635<br />
635. Э. И. Тотлебен (1818–1884). Р. Виммер. 1881.<br />
Государственный Эрмитаж, С.‐Петербург<br />
E. I. Totleben (1818–1884). R. Wimmer. 1881.<br />
Staatliche Eremitage, St. Petersburg<br />
636. Заседание Государственного совета в 1884 г.<br />
С акварели М. Зичи. 1885. Государственный<br />
Эрмитаж, С.‐Петербург<br />
Sitzung des Staatsrats 1884. Nach einem Aquarell<br />
von M. Zichy. 1885. Staatliche Eremitage,<br />
St. Petersburg<br />
636
Немцы в российской истории 271<br />
Schluss, dass die Auswanderer sich von den Reformen<br />
als spezifische ethnisch-konfessionelle Gruppe bedroht<br />
sahen. Am 8. (20.) April 1875 wurde den Mennoniten vom<br />
Staatsrat das Recht zugesprochen, ihren Militärdienst in den<br />
Werkstätten des Seekriegsamtes, bei der Feuerwehr und<br />
in speziellen Waldarbeiterkolonnen der Forstverwaltung<br />
abzuleisten. Aber die Abwanderung hielt weiter an, und ein<br />
Teil der Mennoniten bat um Umsiedlung nach Turkestan<br />
und Buchara, wo Christen vom Wehrdienst befreit waren.<br />
Mit Allerhöchster Genehmigung vom 23. Juni (4. Juli) 1880<br />
durften die Mennoniten nur zu Waldarbeiten in Neurussland<br />
eingesetzt werden. Zwischen 1882 und 1885 legte der<br />
Staatsrat die Regeln für den Dienst in den Waldarbeiterkolonnen<br />
fest. Die Bedingungen waren ähnlich streng wie<br />
für Strafgegangene, allerdings hatten die Gemeinden die<br />
Möglichkeit, die Mennoniten materiell zu unterstützen,<br />
ihnen geistlichen Beistand zu leisten sowie Grund und<br />
Boden für Nebenwirtschaften zu erwerben. 1914 gab es<br />
acht solcher Forsteiabteilungen: sieben in Neurussland und<br />
eine im Generalgouvernement Steppe. Dort leisteten über<br />
1 200 Mennoniten ihren Dienst ab. Dies war die erste Erfahrung<br />
mit einem alternativen Dienst in Russland.<br />
Für katholische und lutherische Kolonisten gab es die<br />
Möglichkeit vom Wehrdienst freigestellt zu werden, wenn<br />
sie neue Kolonien gründeten. So entstanden neue Siedlungen<br />
am Kuban, im Gebiet der Donkosaken sowie in den<br />
Gouvernements Stawropol und Orenburg. 1888 entstanden<br />
allein im Nordkaukasus 53 neue Kolonien. Ende des<br />
19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden in der<br />
Kulunda-Steppe neue Siedlungen gegründet, und auch im<br />
Altai und in Westsibirien wurde mit der Ansiedlung von<br />
Deutschen begonnen. Der Höhepunkt der Abwanderung<br />
gen Osten fiel mit dem Ablauf der Frist für die Rückstellung<br />
vom Wehrdienst zusammen. Jedoch war diese Umsiedlung<br />
eher typisch für Kolonisten aus Neurussland.<br />
Abb. 636<br />
Abb.<br />
637–643<br />
усматривали в реформах угрозу сохранению самобытности<br />
своей этноконфессиональной группы.<br />
8 (20) апреля 1875 г. Государственный совет предоставил<br />
меннонитам право отбывать воинскую повинность<br />
в мастерских Морского ведомства, пожарных<br />
командах и особых лесных командах Лесного департамента.<br />
Но эмиграция продолжалась, а часть меннонитов<br />
просила о переселении их в Туркестан и Бухару,<br />
где христиане были освобождены от службы в войсках.<br />
Высочайшим соизволением 23 июня (4 июля)<br />
1880 г. меннониты назначались только на лесные<br />
работы в Новороссии. В 1882–1885 гг. Государственным<br />
советом были разработаны правила прохождения<br />
службы в лесных командах. По строгости они<br />
были схожи с условиями содержания преступников,<br />
но зато давали возможность общинам материально<br />
поддерживать и обслуживать духовно меннонитов,<br />
покупать землю для подсобного хозяйства. К 1914 г.<br />
существовало восемь таких команд (семь в Новороссии<br />
и одна в Степном генерал-губернаторстве). В них<br />
служили более 1 200 меннонитов. Это был первый<br />
опыт альтернативной службы в России.<br />
Для колонистов (католиков и лютеран) выход из создавшейся<br />
ситуации был найден в возможности получать<br />
отсрочку от службы при основании новых<br />
колоний. Новые поселения создавались в Кубанской<br />
области, области войска Донского, Ставропольской и<br />
Оренбургской губерниях. К 1888 г. только на Северном<br />
Кавказе было основано 53 колонии. На рубеже<br />
ХIX–ХХ вв. новые поселения появились в Кулундинской<br />
степи. Начинается заселение немцами Алтая и<br />
Западной Сибири. Всплески продвижения на восток<br />
совпадают со временем истечения предоставленных<br />
отсрочек. Но такое переселенческое движение больше<br />
характерно для новороссийских колонистов.<br />
Илл. 636<br />
Илл.<br />
637–643<br />
637. Альтернативная служба меннонитов в лесной<br />
команде (Крым). Фото. Около 1910.<br />
Издательство «Заменкорн», Штейнхаген<br />
Ersatzdienst von Mennoniten im Forsteidienst<br />
(Krim). Foto. Ca. 1910. Verlag „Samenkorn“<br />
Steinhagen<br />
637
638<br />
638–640.<br />
Меннонитская<br />
лесная команда в<br />
Азовском лесничестве<br />
(Екатеринославская губ.).<br />
Фото. Начало ХХ в. Mennonite<br />
Heritage Centre Archives and<br />
Gallery, Виннипег<br />
Mennonitische Forstei-<br />
Abteilung in der Asow-<br />
Försterei (Gouvernement<br />
Jekaterinoslaw). Foto. Anfang<br />
20. Jh. Mennonite Heritage<br />
Centre Archives and Gallery,<br />
Winnipeg<br />
639<br />
640
641<br />
642<br />
641. Альтернативная служба меннонитов в Велико-Анадольском<br />
лесничестве (Екатеринославская губ.). Фото. 1912<br />
Ersatzdienst von Mennoniten in der Försterei Gross-Anadol<br />
(Gouvernements Jekaterinoslaw). Foto. 1912<br />
642. Альтернативная служба меннонитов в филлоксерном отряде<br />
(борьба с вредителями виноградников) в Крыму. Фото. Начало ХХ в.<br />
Семейный архив А. Янцен<br />
Ersatzdienst von Mennoniten in einer Phylloxera-Abteilung<br />
(Reblausbekämpfung) auf der Krim. Foto. Anfang 20. Jh. Aus dem<br />
Familienarchiv von A. Janzen<br />
643. Брошюра об учреждении лесных команд из меннонитов<br />
в Акмолинской и Семипалатинской областях. Омск. 1914<br />
Broschüre über die Gründung von Forsteiabteilungen für Mennoniten<br />
in den Gebieten Akmolinsk und Semipalatinsk. Omsk, 1914<br />
643
644 645<br />
644. Поволжские немцы Я. Крейк и Г. Бец в русской<br />
армии. Фото. Около 1914. Землячество немцев<br />
из России, Штутгарт<br />
Wolgadeutsche J. Kreik und H. Betz in der russischen<br />
Armee. Foto. Ca. 1914. Landsmannschaft der<br />
Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />
645. Посадка нижних чинов на пароход в Одессе<br />
для отправки на Дальний Восток. Фото. 1903<br />
Verschiffen von Mannschaften zum Transport<br />
von Odessa nach Fernost. Foto. 1903<br />
646. Памятник воинам, в том числе немцам, уроженцам<br />
Аккермана и уезда (Бессарабия), погибшим<br />
на Дальнем Востоке в русско-японскую войну<br />
1904–1905 гг. Фото А. Айсфельда. 1997<br />
Denkmal für Soldaten, darunter auch Deutschen,<br />
aus der Stadt und dem Bezirk Akkermann<br />
(Bessarabien), die in Fernost während des Russisch-<br />
Japanischen Krieges 1904–1905 gefallen sind.<br />
Foto von A. Eisfeld. 1997<br />
646<br />
647. Рабочая команда меннонитов<br />
на сельскохозяйственных<br />
работах. Фото. Начало ХХ в.<br />
Издательство Ней-Самара,<br />
Варендорф (Германия)<br />
Mennonitische Arbeitsabteilung<br />
bei landwirtschaftlichen Arbeiten.<br />
Foto. Anfang 20. Jh. Verlag Neu-<br />
Samara, Warendorf (Deutschland)<br />
647
Немцы в российской истории 275<br />
Die Kolonisten an der Wolga reagierten auf die Einführung<br />
des Wehrdienstes viel gelassener. In der Zeit vor 1914<br />
hatten bereits über 50 000 Deutsche aus dem Wolgagebiet<br />
aktiven Militärdienst geleistet. Eine erste Feuertaufe<br />
war der Russisch-Osmanische Krieg 1877–1878. Auch<br />
die Deutschen aus Neurussland machten hier ihre ersten<br />
Kampferfahrungen. Allein aus dem Bezirk Mariupol im<br />
Gouvernement Jekaterinoslaw wurden 18 Personen mit<br />
dem Georgskreuz ausgezeichnet. Wolgadeutsche waren<br />
in der 40. Infanteriedivision, die auf den kaukasischen<br />
Schlachtfeldern kämpfte. Wie bereits während des Krimkrieges<br />
wurden Lazarette eröffnet und Truppen in den<br />
Kolonien untergebracht. Die Kolonisten pflegten acht<br />
Prozent der Verwundeten.<br />
Im Russisch-Japanischen Krieg 1904–1905 kämpften Russlanddeutsche<br />
in der 1. und 2. Schützenbrigade, in der<br />
1., 2., 3. 5., 6. und 9. Ostsibirischen Schützendivision, in<br />
der 9., 31. und 49. Infanteriedivision sowie im 52. Dragonerregiment.<br />
Dies war der erste bewaffnete Konflikt, in<br />
dem Russlanddeutsche spürbare Verluste erlitten. Um die<br />
Familien der Eingezogenen und Gefallenen kümmerten<br />
sich die Dorfgemeinden der Siedler-Eigentümer (der ehemaligen<br />
Kolonisten), da die Semstwo-Verwaltungen sich<br />
mit der Begründung, die Deutschen seien wohlhabend<br />
genug, hier völlig heraushielten.<br />
Durch die Niederlage im Krieg lebte unter den deutschen<br />
Siedler wieder spontan der Pazifismus auf. An der Wolga<br />
häuften sich Fälle von Wehrdienstverweigerung. Trotzdem<br />
gab es aber mit den Deutschen in Armee und Flotte bis<br />
zum Ersten Weltkrieg keine besonderen Schwierigkeiten.<br />
Bis 1914 lag die Zahl der jährlich eingezogenen Deutschen<br />
fast bei 15 000 Personen, wobei es bis 1904 auch kaum<br />
zu Zwischenfällen kam.<br />
Es wäre falsch zu glauben, dass mit der Einführung der<br />
Wehrpflicht die deutschen Kolonisten enger in die russische<br />
Abb. 644<br />
Abb.<br />
645–648<br />
Колонисты Поволжья более спокойно отнеслись к введению<br />
воинской повинности. За время до 1914 г. более<br />
50 тыс. тамошних немцев прошли действительную<br />
военную службу. Первым боевым крещением стала<br />
русско-турецкая война 1877–1878 гг. Для новороссийских<br />
немцев это тоже был первый боевой опыт.<br />
Только из уроженцев Мариупольского уезда Екатеринославской<br />
губернии знаком отличия Военного ордена<br />
(Георгиевский крест) были награждены 18 чел. Поволжские<br />
немцы оказались в составе 40‐й пехотной<br />
дивизии, воевавшей на Кавказском театре войны. Как<br />
и в период Крымской войны, основывались лазареты,<br />
а в колониях размещались войска. Колонисты вылечили<br />
8 % раненых.<br />
Во время русско-японской войны 1904–1905 гг. российские<br />
немцы воевали в составе 1‐й и 2‐й стрелковых<br />
бригад, 1‐й, 2‐й, 3‐й, 5‐й, 6‐й и 9‐й Восточно-Сибирских<br />
стрелковых дивизий, 9‐й, 31‐й и<br />
49‐й пехотных дивизий, 52‐го драгунского полка.<br />
Это был первый вооруженный конфликт, в котором<br />
российские немцы понесли ощутимые потери. Заботу<br />
о семьях мобилизованных и погибших брали<br />
на себя сельские общества поселян-собственников<br />
(бывших колонистов), поскольку земство фактически<br />
устранилось от решения этой задачи, считая немцев<br />
«зажиточными».<br />
Поражение в войне вновь всколыхнуло в немцах-поселянах<br />
стихийный пацифизм. В Поволжье частыми<br />
стали случаи уклонения от явки по призыву. Тем<br />
не менее вплоть до Первой мировой войны особых<br />
трудностей с немецким контингентом в армии и<br />
на флоте не наблюдалось. К 1914 г. число ежегодно<br />
призываемых немцев составляло до 15 тыс. чел.<br />
До 1904 г. призывы осуществлялись практически<br />
без срывов.<br />
Илл. 644<br />
Илл.<br />
645–648<br />
648. Альтернативная служба меннонитов санитарами во время<br />
русско-японской войны. Фото. 1905. Mennonite Heritage<br />
Centre Archives and Gallery, Виннипег<br />
Ersatzdienst von Mennoniten als Sanitäter während des<br />
Russisch-Japanischen Krieges. Foto. 1905. Mennonite Heritage<br />
Centre Archives and Gallery, Winnipeg<br />
648
276 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 649<br />
Abb. 650<br />
Abb. 651<br />
Abb. 652<br />
Gesellschaft eingebunden werden sollten. Die russische Militärführung<br />
verfolgte ein ganz anderes Ziel. Sie wollten eine<br />
nationale Streitmacht und keine auf Ständen basierende<br />
Armee. In einer auf Ständen beruhenden Gesellschaft wäre<br />
dies unmöglich gewesen. Die Reformen Alexanders II. führten<br />
das Land zur Entstehung eines nationalen Reiches. Den<br />
Leitgedanken dieser Umgestaltung fasste Alexander III., der<br />
Nachfolger des Reformzaren, unverblümt mit den Worten<br />
„ein Russland für die Russen“ zusammen. Trotzdem wusste<br />
man aber auch die moralischen Qualitäten der Russlanddeutschen<br />
wie Treue zur Krone und Opferbereitschaft sowie das<br />
höhere Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung zu schätzen.<br />
Die Einführung der Wehrpflicht wurde ein Faktor für den<br />
Eintritt der deutschen Kolonisten in eine grundsätzlich neue<br />
russische Gesellschaft, die nicht universell, sondern national<br />
geprägt war. Dazu musste man sich von Grundüberzeugungen<br />
trennen, zu verschiedenen Kniffen, wie der Gründung<br />
neuer Kolonien, greifen oder aber sich anpassen. In der<br />
neuen Gesellschaft musste man die Sprache der Titularnation<br />
beherrschen und die Besonderheiten im Leben und Alltag der<br />
Menschen, die um einen herum lebten, kennen. Der Dienst<br />
in der Armee machte all das möglich, und wer als Reservist<br />
entlassen wurde, beherrschte nicht nur das Waffenhandwerk,<br />
sonder auch die russische Sprache. Viele Wissenschaftler<br />
vertreten auch die Meinung, dass sie dadurch zu Trägern der<br />
regierungsamtlichen Ideologie bzw. zu Mittlern zwischen den<br />
Kolonisten-Gemeinden und staatlichen Strukturen wurden.<br />
So passte sich die deutsche Gemeinschaft allmählich den<br />
veränderten Bedingungen an. Das war auch notwendig,<br />
um die Besonderheiten der Gemeinde, insbesondere der<br />
Mennoniten-Gemeinde, zu erhalten. Den Mennoniten gelang<br />
es, Achtung für ihre Weltanschauung zu gewinnen. Der Staat<br />
erkannte die Besonderheiten dieser Glaubenslehre an. Während<br />
der Zarenherrschaft hatten es die Mennoniten geschafft,<br />
einen alternativen Dienst außerhalb der Zuständigkeit der<br />
Militärbehörden durchsetzen.<br />
Der Erste Weltkrieg (1914–1918) führte zu gravierenden<br />
Veränderungen in den Beziehungen des russischen Staates<br />
zu seinen deutschstämmigen Untertanen. Er bot zahlreiche<br />
Beispiele für Treue, Patriotismus und Opferbereitschaft<br />
von russischen Soldaten deutscher Nationalität. Die ersten<br />
vier Jahrgänge einberufener Wehrpflichtiger brachten<br />
der Armee fast 40 000 deutschstämmige Soldaten aus dem<br />
Wolgagebiet, aus Neurussland, aus dem Kaukasus, dem Königreich<br />
Polen, dem Baltikum und aus Sibirien. Allein der<br />
Militärbezirk Kasan, zu dem die Wolga-Kolonien gehörten,<br />
stellte 50 000 deutsche Soldaten aus der Volkswehr für die<br />
Kaukasus-Armee.<br />
Eine Vergleichsanalyse des Anteils der in die Armee eingezogenen<br />
Russlanddeutschen (1,5 bis 2 % von der Gesamtzahl<br />
gegenüber einem durchschnittlichen Anteil an der wehrpflichtigen<br />
Bevölkerung Russlands von 1,5 %) widerlegt<br />
die Behauptung, dass unter Russlanddeutschen angeblich<br />
massenhaft der Wehrdienst verweigert wurde. Trotz der in<br />
Russland einsetzenden antideutschen Kampagne, die auch<br />
die Armee erfasste, wurden bis Ende 1915 allein unter<br />
den Verwundeten ca. 1 000 Russlanddeutsche mit dem<br />
Georgskreuz und Medaillen für Mut und Tapferkeit ausgezeichnet,<br />
d. h., jeder 47. Träger des Georgskreuzes war ein<br />
Илл. 649<br />
Илл. 650<br />
Илл. 651<br />
Илл. 652<br />
Было бы неверным решить, что введение воинской<br />
повинности для немцев-колонистов преследовало<br />
цель теснее связать их с русским обществом. Военное<br />
ведомство России преследовало иную цель –<br />
формирование национальной, а не сословной армии.<br />
В сословном государстве это было невозможно.<br />
Реформы Александра II вели страну к перерождению<br />
в национальную империю. Лейтмотив такого<br />
преобразования был откровенно высказан наследником<br />
реформатора – Александром III: «Россия для<br />
русских». Тем не менее учитывались моральные<br />
качества российских немцев, их лояльность трону,<br />
готовность к самопожертвованию, более высокий<br />
уровень хозяйственного развития. Введение<br />
воинской повинности стало фактором вхождения<br />
немцев-колонистов в принципиально новое российское<br />
общество – не универсальное, а национальное.<br />
Для этого приходилось жертвовать внутренними<br />
устоями, прибегать к различным уловкам (основание<br />
новых колоний) или адаптироваться. В новом<br />
обществе было необходимо владеть языком коренной<br />
национальности, знать особенности жизни<br />
и быта окружающего населения. Служба в армии<br />
это давала – уволенные в запас приходили из армии<br />
обученными не только военному делу, но и<br />
русскому языку. Чаще всего, по мнению многих<br />
исследователей, они становились носителями правительственной<br />
идеологии либо посредниками между<br />
колонистским обществом и государственными<br />
структурами. Так немецкая община приспосабливалась<br />
к изменившимся условиям. Этого требовало<br />
и сохранение самобытности общины, в особенности<br />
меннонитской. Ей удалось добиться уважения своих<br />
взглядов на мир. Государство пошло на признание<br />
особенностей этого вероучения. В условиях самодержавия<br />
меннониты добились альтернативной службы<br />
вне военного ведомства.<br />
Первая мировая война (1914–1918) внесла серьезные<br />
коррективы в отношения между российским<br />
государством и его подданными немецкой национальности.<br />
Она дала множество ярких примеров<br />
лояльности, патриотизма и жертвенности русских<br />
солдат немецкой национальности. Первые четыре<br />
призыва новобранцев дали армии до 40 тыс. бойцов<br />
из немцев Поволжья, Новороссии, Кавказа,<br />
Царства Польского, Прибалтики и Сибири. Только<br />
из Казанского военного округа (которому были подведомственны<br />
поволжские колонии) в Кавказскую<br />
армию отправили 50 тыс. немцев-ополченцев.<br />
Сравнительный анализ доли призванных в армию<br />
российских немцев (1,5–2 % от общей численности<br />
при средней величине призываемого населения<br />
по России в 1,5 %) опровергает домыслы о якобы<br />
массовом уклонении их от мобилизации. Несмотря<br />
на начавшуюся в России антинемецкую кампанию,<br />
которая затронула и армию, до конца 1915 г. георгиевскими<br />
крестами и медалями за проявленное<br />
мужество и ратные подвиги только среди раненых<br />
были награждены около 1 000 российских немцев,
650<br />
649<br />
651<br />
649. Благодарственное письмо императорской<br />
четы меннонитам Гальбштадтской волости<br />
Таврической губернии за щедрые пожертвования<br />
на военные нужды (около 100 тыс. руб.).<br />
20 августа 1914. Государственный архив<br />
Одесской области, Одесса<br />
Dankschreiben des russischen kaiserlichen Ehepaars den<br />
Mennoniten des Amtsbezirks Halbstadt, Gouvernement<br />
Taurien, für großzügige Spenden für den Kriegsbedarf<br />
(ca. 100.000 Rubel). 20. August 1914. Staatliches<br />
Gebietsarchiv Odessa, Odessa<br />
650. И. А. Михаэлис (1874–1917), уроженец поволжской<br />
колонии Мессер, участник русско-японской и Первой<br />
мировой войн, генерал-майор (1915). Фото. [1915]<br />
I. A. Michaelis (1874–1917), geboren in der Kolonie Messer<br />
a. d. Wolga, Teilnehmer des Russisch-Japanischen und des<br />
Ersten Weltkriegs, Generalmajor (1915). Foto. [1915]<br />
651. К. Матте, уроженец Екатеринославской губернии,<br />
действительную военную службу проходил<br />
в 7-м гренадерском Самогитском графа Тотлебена<br />
полку (1909–1911), участник Первой мировой войны<br />
на Кавказе (1914–1918). Фото. Москва. [1910].<br />
Собрание А. Айсфельда<br />
K. Mathei (Gouvernement Jekaterinoslaw) als Soldat<br />
des 7. Samogiten-Grenadierregiments Graf Totleben<br />
(1909–1911), Teilnehmer des Ersten Weltkriegs im<br />
Kaukasus (1914–1918). Foto. [1910]. Sammlung von<br />
A. Eisfeld<br />
652. Рекруты-немцы из Екатеринославской губернии, солдаты Киевского<br />
5-го гренадерского Его Императорского Высочества Наследника Цесаревича<br />
Алексея Николаевича полка, награжденные в период Первой мировой<br />
войны. Фото. 1915. Семейный архив В. Маттейса<br />
Deutsche Wehrpflichtige aus dem Gouvernement Jekaterinoslaw als Soldaten<br />
des Kijewer 5. Seiner Kaiserlichen Hoheit Thronfolger Aleksej Nikolajewitsch<br />
Grenadierregiments, die während des Ersten Weltkrieges ausgezeichnet<br />
wurden. Foto. 1915. Familienarchiv von V. Mattheis<br />
652
278 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
653–655<br />
Abb. 656<br />
Abb. 657<br />
Russlanddeutscher. Die deutschstämmige Krankenschwester<br />
Henriette Sokolowa rettete die Fahne des 6. Libauer<br />
Infanterieregiments. Im November 1914 machten Deutsche<br />
und Bulgaren aus der Umgebung von Odessa ohne fremde<br />
Hilfe einen türkischen Landungstrupp unschädlich.<br />
Auch für die Gemeinde der Mennoniten war der Krieg eine<br />
schwere Prüfung. Trotz der Befreiung vom Militärdienst<br />
beteiligten sich die Mennoniten aktiv an der Verteidigung<br />
ihres Heimatlandes in einem Bereich, der ihren religiösen<br />
Ansichten am nächsten kam, nämlich bei der Versorgung<br />
von Kranken und Verwundeten. Während sich die Mennoniten<br />
zunächst noch auf freiwilliger Basis in Sanitätstrupps<br />
begaben, begannen die russischen Militärbehörden bereits<br />
im Herbst 1914, sie regulär als Sanitäter zum medizinischen<br />
Dienst einzuberufen. Bis Ende 1915 wurden 4 757 Mennoniten,<br />
also sechs Prozent aller Mennoniten in Russland zu<br />
Sanitätsabteilungen eingezogen. Der Anteil der eingezogenen<br />
erwachsenen Männer war dabei noch entsprechend<br />
höher: Kein anderes Volk Russlands war in den Krieg so<br />
stark involviert. Weitere 3 500 Mennoniten leisteten ihren<br />
Dienst in Forsteiabteilungen und Arbeitstrupps. Dabei legte<br />
die Militärmedizinische Hauptverwaltung großen Wert auf<br />
die Überstellung aller einberufenen Mennoniten, die als<br />
„höchst pflichtbewusste und tüchtige Arbeitskräfte“ geschätzt<br />
wurden, unter deren Verfügungsgewalt. Viele Mennoniten<br />
warteten nicht auf die Einberufung, sondern meldeten sich<br />
freiwillig bei den Sanitätstrupps des Roten Kreuzes.<br />
Bereits im Herbst 1914 schaltete sich die Militärbehörde in<br />
den sogenannten „Kampf gegen die deutsche Vorherrschaft“<br />
ein. Die Initiatoren der Kampagne behaupteten, die Loyalität<br />
der Deutschen sei „äußerst verdächtig“. In der Folge kam<br />
es in der Armee aufgrund der nationalen Zugehörigkeit zu<br />
Repressalien. Ab Ende 1914 wurden Deutsche nur noch<br />
zur Kaukasus-Armee einberufen. Im Frühjahr 1915 wurde<br />
begonnen, deutschstämmige Soldaten aus den Armeen der<br />
Илл.<br />
653–655<br />
Илл. 656<br />
Илл. 657<br />
или каждый 47‐й из георгиевских кавалеров. Немка<br />
по национальности, сестра милосердия Генриетта<br />
Сорокина, спасла знамя 6‐го пехотного Либавского<br />
полка. В ноябре 1914 г. немцы и болгары, жившие<br />
в окрестностях Одессы, самостоятельно обезвредили<br />
турецкий десант.<br />
Война стала тяжелым испытанием и для меннонитской<br />
общины. Несмотря на освобождение от несения<br />
воинской службы, меннониты проявили живое участие<br />
в вопросе защиты отечества в той сфере, которая<br />
наиболее соответствовала их религиозным убеждениям,<br />
– в помощи раненым и больным. Если первое<br />
направление немцев-меннонитов в санитарные отряды<br />
носило добровольный характер, то уже осенью<br />
1914 г. военное ведомство приступило к регулярным<br />
призывам их на военно-медицинскую службу санитарами.<br />
До конца 1915 г. в санитарные отряды были<br />
мобилизованы 4 757 меннонитов, т. е. 6 % всех членов<br />
этой общины в России. Доля призванных взрослых<br />
мужчин была, соответственно, еще выше – ни один<br />
народ России не был задействован в войне в такой<br />
мере. Еще 3 500 меннонитов находились на службе<br />
в лесных и рабочих командах. При этом Главное<br />
военно-медицинское управление продолжало настаивать<br />
на передаче в его ведение всех призываемых<br />
меннонитов, «как в высшей степени трудолюбивых<br />
и исполнительных работников». Многие меннониты,<br />
не дожидаясь призыва, добровольцами уходили в санитарные<br />
отряды Красного Креста.<br />
Уже осенью 1914 г. военное ведомство включилось<br />
в так называемую борьбу с немецким засильем.<br />
Инициаторы кампании заявили, что «лояльность<br />
немцев чрезвычайно подозрительна». Результатом<br />
стали репрессии в армии по национальному признаку.<br />
Призывников немецкой национальности с конца<br />
653. Санитарный поезд № 206, в котором<br />
служили меннониты в Первую мировую<br />
войну. Фото. Mennonite Heritage Centre<br />
Archives and Gallery, Виннипег<br />
Sanitätszug Nr. 206, in dem Mennoniten<br />
während des Ersten Weltkrieges<br />
dienten. Foto. Mennonite Heritage Centre<br />
Archives and Gallery, Winnipeg<br />
653
654 655<br />
656<br />
654. Меннониты-санитары. Фото. [1915]. Mennonite Heritage Centre Archives and<br />
Gallery, Виннипег<br />
Mennonitische Sanitäter. Foto. [1915]. Mennonite Heritage Centre Archives and<br />
Gallery, Winnipeg<br />
655. Мобилизованный учитель-меннонит Д. Нейфельд, служивший в санитарном<br />
поезде Земского союза № 189. Фото. 1915. Семейный архив К. Н. Нейфельда.<br />
Mobilisierter Mennonit Lehrer D. Neufeld als Sanitäter des Sanitätszuges Nr. 189<br />
des Semstwoverbandes. 1915. Familienarchiv von K. N. Neufeld<br />
656. Служба меннонитов в лесной команде (Судак, Крым). Фото. 1915. Mennonite<br />
Heritage Centre Archives and Gallery, Виннипег<br />
Mennoniten im Forsteidienst (Sudak, Krim). Foto. 1915. Mennonite Heritage Centre<br />
Archives and Gallery, Winnipeg<br />
657. «Немецкие осы» – одна из брошюр антинемецкой кампании на тему<br />
вредоносной роли немцев в России, называющая Первую мировую войну<br />
Второй Отечественной. Москва, 1914<br />
„Deutsche Vespen“ – eine der Broschüren aus der antideutschen Kampagne, in der<br />
die schadenbringende Rolle von Deutschen in Russland geschildert und der Erste<br />
Weltkrieg als 2. Vaterländischer bezeichnet wird. Moskau, 1914<br />
657
280 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 658<br />
Abb. 659<br />
Abb. 660<br />
Nordwest– und Südwestfront abzuziehen und sie nach<br />
Transkaukasien zu schicken. Bis Mitte 1915 wurden über<br />
17 000 Deutsche zur Kaukasus-Armee abkommandiert.<br />
Außerdem versuchte man, Russlanddeutsche aus Kampfeinheiten<br />
in Arbeitskommandos im Hinterland zu stecken. Im<br />
April 1916 schlug der Diensthabende General des Armeestabs<br />
der Nordfront vor, aus deutschstämmigen Soldaten<br />
spezielle Baukompanien (über 3 000 Personen) zu bilden,<br />
da man darum gebeten hatte, keine Russlanddeutschen<br />
mehr in den Kaukasus zu schicken, sondern sie nur noch<br />
zu Feldarbeiten innerhalb des Russischen Reiches einzusetzen.<br />
„Die deutschen Kolonisten, die die besten Verfahren<br />
zur Bodenbearbeitung kennen, sind bei guter Aufsicht auf<br />
den Bauernhöfen zweifellos von großem Nutzen.“<br />
Ebenso widersprüchlich war die Situation bei den Mennoniten.<br />
Im Sommer 1915 wurden als Sanitäter eingesetzte<br />
Mennoniten beschuldigt, defätistische Ansichten unter den<br />
Verwundeten verbreitet zu haben. Die Abteilung Mobilmachung<br />
der Hauptverwaltung des Generalstabs verlangte<br />
sogar, alle mennonitischen Sanitäter in die Forsteiabteilungen<br />
zurück zu schicken. Jedoch stellte sich bald heraus,<br />
dass es für sie keinen Ersatz gab. Der Bedarf und die<br />
Forderungen der Hospitäler überstiegen bereits das Mobilmachungspotential<br />
des Landes. Während es der Forstverwaltung<br />
1916 gelang, alle eingezogenen wehrpflichtigen<br />
Mennoniten für ihre Forsteiabteilungen zu bekommen,<br />
gelang es der Militärbehörde im Winter und Frühjahr<br />
1917 noch, weitere 900 Mennoniten für die Pflege von<br />
Verwundeten einzusetzen. Nach Angabe des Verbandes<br />
der Mennoniten-Gemeinden Russlands wurden bis zum<br />
Sommer 1917 12 300 Mennoniten eingezogen, davon 7 000<br />
für Sanitätstrupps und Hospitäler. Das war die Hälfte der<br />
arbeitsfähigen männlichen mennonitischen Bevölkerung,<br />
während bei anderen Konfessionen höchstens acht bis zehn<br />
Prozent einberufen wurden.<br />
Илл. 658<br />
Илл. 659<br />
Илл. 660<br />
1914 г. стали направлять только в Кавказскую армию.<br />
С весны 1915 г. началось изъятие солдат немецкой<br />
национальности из армий Северо-Западного и Юго-<br />
Западного фронтов для направления в Закавказье.<br />
До середины 1915 г. в ряды Кавказской армии было<br />
влито более 17 тыс. немцев. Были предприняты<br />
попытки вывести российских немцев из боевых частей<br />
в тыловые рабочие команды. В апреле 1916 г.<br />
дежурный генерал штаба армий Северного фронта<br />
предлагал создать из солдат немецкой национальности<br />
специальные рабочие роты (более 3 000 чел.), поскольку<br />
на Кавказ их просили больше не направлять,<br />
и даже использовать их на полевых работах внутри<br />
Российской империи: «Немцы-колонисты, как знакомые<br />
с лучшими способами обработки земли, при<br />
известном надзоре за ними принесут несомненную<br />
пользу крестьянским хозяйствам».<br />
Столь же противоречивая ситуация сложилась и<br />
с меннонитами. Летом 1915 г. санитаров-меннонитов<br />
обвинили в распространении среди раненых<br />
солдат антивоенных взглядов. Мобилизационный<br />
отдел Главного управления Генерального штаба даже<br />
требовал вернуть в лесные команды всех санитаровменнонитов.<br />
Но, как вскоре выяснилось, заменить их<br />
было некем. Потребности и требования госпиталей<br />
уже превышали мобилизационные возможности<br />
страны. Если Лесной департамент в 1916 г. смог добиться<br />
полной передачи в его команды призываемых<br />
меннонитов-ополченцев, то зимой-весной 1917 г.<br />
военное ведомство отстояло право еще 900 меннонитов<br />
на оказание помощи раненым. По сведениям<br />
Съезда меннонитских общин России, к лету 1917 г.<br />
были призваны на службу 12 300 меннонитов, из них<br />
7 000 – в санитарные отряды и госпитали. Это была<br />
половина работоспособных мужчин-меннонитов,<br />
659. Команда для межевания леса в Крыму.<br />
Фото. 1916. Mennonite Heritage Centre<br />
Archives and Gallery, Виннипег<br />
Das Wald-Vermessungs-Kommando auf<br />
der Krim. Foto. 1916. Mennonite Heritage<br />
Centre Archives and Gallery, Winnipeg<br />
660. Меннонит И. Д. Фаст, служивший<br />
в санитарном поезде № 208. Фото.<br />
22 февраля 1917. Mennonite Heritage<br />
Centre Archives and Gallery, Виннипег<br />
Der Mennonit J. D. Fast diente im<br />
Sanitätszug Nr. 208. Foto. 22. Februar<br />
1917. Mennonite Heritage Centre Archives<br />
and Gallery, Winnipeg<br />
658. Санитарный поезд, в котором служили меннониты. Фото. 23 сентября 1915.<br />
Mennonite Heritage Centre Archives and Gallery, Виннипег<br />
Sanitätszug, in dem Mennoniten dienten. Foto. 23. September 1915.<br />
Mennonite Heritage Centre Archives and Gallery, Winnipeg<br />
658
Немцы в российской истории 281<br />
Anderthalb Jahrhunderte bewiesen die Russlanddeutschen<br />
bei der Verteidigung ihrer neuen Heimat Loyalität, Mut,<br />
Standhaftigkeit und Duldsamkeit. Die Einführung des<br />
Militärdienstes für deutsche Kolonisten in Russland hing in<br />
erster Linie mit der Umgestaltung der gesamten russischen<br />
Gesellschaft, der Transformation des Kaiserreiches in eine<br />
national geprägte Monarchie zusammen. Als man sich mit<br />
der Frage des Wehrdienstes von Kolonisten befasste, ging es<br />
dabei auch um den hohen Stand ihrer Höfe und Ländereien<br />
als Grundlage für den Aufbau einer Nachschubbasis für<br />
die russischen Truppen in der Schwarzmeerregion.<br />
Der Dienst in der Armee half den deutschen Kolonisten<br />
objektiv, sich an die veränderten Verhältnisse anzupassen,<br />
ihre Loyalität gegenüber der Regierung unter Beweis zu<br />
stellen und damit bei den Behörden an Ansehen zu<br />
gewinnen. Dies war kein Selbstzweck, sondern eine Notwendigkeit,<br />
resultierend aus den neuen Verhältnissen und<br />
dem Bruch mit den Standes– und Universalprinzipien der<br />
russischen Gesellschaftsordnung in der zweiten Hälfte des<br />
19. Jahrhunderts. Die allgemeine Wehrpflicht war Teil eines<br />
auf nationaler Basis erneuerten Russischen Reiches. Die<br />
Einführung der Wehrpflicht bedeutete die Einbindung in<br />
die russische Gesellschaft, ebenso, wie einst die Gründung<br />
der ersten deutschen Kolonien auf der Grundlage von<br />
Verträgen mit der Regierung eine Form der Einbindung<br />
in die russische Ständegesellschaft gewesen war.<br />
Die Teilnahme der Russlanddeutschen an den militärischen<br />
Konflikten des Russischen Reiches zwischen 1877<br />
und 1918 zeigte, dass die deutsche Gemeinde den aus der<br />
grundlegenden Reformierung des russischen Staates resultierenden<br />
Herausforderungen gewachsen war. Gleichzeitig<br />
bewiesen die Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieges,<br />
dass der russische Staat seinerseits diesen Prüfungen nicht<br />
standhalten konnte, als er begann, seine Untertanen aus<br />
nationale Gründen zu verfolgen.<br />
в то время как из представителей других конфессий<br />
призыву подлежали не более 8–10 %.<br />
На протяжении полутора веков российские немцы<br />
показали примеры лояльности, мужества, стойкости и<br />
терпимости в деле защиты нового отечества. Введение<br />
военной службы для немцев-колонистов в России<br />
было связано, прежде всего, с процессом преобразования<br />
всего русского общества, трансформацией<br />
империи в национальную монархию. При обсуждении<br />
вопроса о службе в армии колонистов учитывался<br />
высокий уровень развития их хозяйств как основа для<br />
формирования тыловой базы русских вооруженных<br />
сил в Черноморском регионе.<br />
Служба в вооруженных силах немцев-колонистов<br />
объективно помогала им освоиться в изменившейся<br />
обстановке, продемонстрировать лояльность правительству,<br />
укрепить тем самым свой авторитет в глазах<br />
властей. Это не являлось самоцелью. Это была необходимость,<br />
вызванная новыми условиями, ломкой<br />
сословных и универсальных принципов построения<br />
российского общества во второй половине ХIХ в. Всеобщая<br />
воинская повинность была частью обновленной<br />
на национальной основе Российской империи. Принятие<br />
ее означало вхождение в российское общество,<br />
подобно тому как первоначальное основание немецких<br />
колоний на основе договоров с правительством означало<br />
вхождение в сословное русское общество.<br />
Участие российских немцев в вооруженных конфликтах<br />
Российской империи в период 1877–1918 гг. показало,<br />
что немецкая община выдержала испытания,<br />
связанные с реформированием основ российской<br />
государственности. В то же время само государство<br />
российское, как доказал опыт Первой мировой войны,<br />
этого испытания не выдержало, начав преследование<br />
своих подданных по национальному признаку.<br />
659 660
282 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Deutsche in Politik und Gesellschaft<br />
Russlands in der Postreformperiode<br />
Немцы в политической и общественной<br />
жизни России в пореформенный период<br />
A. Eisfeld (Göttingen)<br />
А. Айсфельд (Гёттинген)<br />
Abb.<br />
661–665<br />
Abb.<br />
666–668<br />
Die deutsche Bevölkerung war in allen Schichten<br />
der russischen Gesellschaft vertreten und zeichnete<br />
sich durch eine bemerkenswerte soziale Mobilität<br />
aus. In den oberen Gesellschaftsschichten, im Hause Romanow<br />
oder in den Fürstendynastien, waren es deutsche<br />
Ehegattinnen. Im Adel und in der hohen Beamtenschaft<br />
des Russischen Reiches standen neben Adligen aus den baltischen<br />
Gouvernements Vertreter verschiedener gekrönter<br />
deutscher Dynastien, Prinzen aus dem Hause Oldenburg<br />
und Herzöge aus den Häusern Mecklenburg-Strelitz und<br />
Leuchtenberg, im Dienste des Zaren und nahmen aktiv an<br />
den Kriegen Russlands teil. Eine zahlenmäßig große Gruppe<br />
war die nichtadlige Bevölkerung in den beiden Hauptstädten,<br />
in den Gouvernements- und Industriezentren des<br />
europäischen Teils, des Urals und Sibiriens. Beamte und<br />
Offiziere, Lehrer an Universitäten, Gymnasien und privaten<br />
Lehranstalten, Ärzte und Apotheker, Unternehmer und<br />
Kaufleute, Verwalter, Meister, Handwerker und Arbeiter,<br />
die die städtische deutsche Bevölkerung ausmachten, waren<br />
überwiegend Lutheraner. Das war neben der Muttersprache<br />
und der gemeinsamen Kultur der verbindende Faktor. Etwa<br />
ein Viertel der Deutschen war katholisch, was sie vom<br />
Glauben her mit Polen, Franzosen und Italiener verband.<br />
Muttersprache und Kultur blieben jedoch das Bindeglied<br />
zur deutschen Diaspora.<br />
Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung wurde<br />
von der Landbevölkerung, den Ackerbauern, gestellt. Diese<br />
hatten ihre eigenen Interessen, die sich von denen der städtischen<br />
Bevölkerung unterschieden. Vielfach berührten sich<br />
die Interessen aber auch, und manchmal waren sie identisch.<br />
Das alles zusammen war der Grund für die Heterogenität<br />
der deutschen Bevölkerung im Russischen Reich. Sie selbst<br />
sah sich so und wurde so auch von der Regierung und der<br />
übrigen Bevölkerung wahrgenommen.<br />
Die Revolutionen, die 1848 eine Reihe von Ländern Mittelund<br />
Osteuropas überzogen, verliehen der Entwicklung des<br />
Илл.<br />
661–665<br />
Илл.<br />
666–668<br />
Немецкое население являлось составной частью<br />
всех социальных слоев российского<br />
общества и отличалось заметной социальной<br />
мобильностью. В высших слоях общества<br />
(дом Романовых, княжеские династии) это были<br />
жены-немки. Среди дворян и высших чиновников<br />
Российской империи наряду с дворянами из прибалтийских<br />
губерний на государевой службе были<br />
представители ряда немецких коронованных династий<br />
(принцы Ольденбургские, герцоги Мекленбург-Стрелицкие,<br />
Лейхтенбергские), принимавших<br />
активное участие в войнах России. Значительным<br />
по количеству было разночинное немецкое население<br />
обеих столиц, губернских городов и промышленных<br />
центров Европейской части, Урала<br />
и Сибири. Чиновники, офицеры, преподаватели<br />
университетов, гимназий и частных учебных заведений,<br />
врачи и аптекари, предприниматели и<br />
купцы, управляющие, мастера, ремесленники и рабочие,<br />
составлявшие городское немецкое население,<br />
по вере были в большинстве лютеранами. Это, наряду<br />
с родным языком и культурой, было объединяющим<br />
фактором. Около четверти немцев были<br />
католического вероисповедания, что объединяло<br />
их по вере с поляками, французами, итальянцами,<br />
а родной язык и культура оставались связующим<br />
звеном с немецкой диаспорой.<br />
Подавляющее большинство немецкого населения<br />
было сельским, земледельческим. Оно имело свои,<br />
отличные от городского населения, интересы.<br />
Во многом эти интересы, однако, соприкасались,<br />
а иногда были идентичны. Все это было причиной<br />
того, что немецкое население империи было<br />
гетерогенным. Оно само это понимало и воспринималось<br />
таковым правительством и окружающим<br />
населением.
661. Великая княгиня Елена Павловна, урожденная<br />
принцесса Вюртембергская (1806–1873), жена<br />
великого князя Михаила Павловича. Известна<br />
своей деятельностью по освобождению<br />
крепостных крестьян и благотворительностью,<br />
основательница Крестовоздвиженской общины<br />
сестер милосердия (1854), оказывавшей помощь<br />
жертвам Крымской войны. Ф. К. Винтергальтер.<br />
1862. Государственный Эрмитаж, С.-Петербург<br />
Großfürstin Jelena Pawlowna, geb. Prinzessin von<br />
Württemberg (1806–1873), Gattin des Großfürsten<br />
Michail Pawlowitsch, bekannt durch ihre Tätigkeit<br />
für die Bauernbefreiung, Gründerin der Heilig-<br />
Kreuz-Gemeinschaft barmherziger Schwestern<br />
(1854), die Opfern des Krimkrieges Hilfe leisteten.<br />
F. X. Winterhalter. 1862. Staatliche Eremitage,<br />
St. Petersburg<br />
662. Сестры Крестовоздвиженской общины<br />
попечения раненых в Севастополе (1855).<br />
С литографии А. Мюнстера. 1856<br />
Schwestern der Heilig-Kreuz-Gemeinschaft zur<br />
Pflege von Verwundeten in Sewastopol (1855).<br />
Radierung von A. Münster. 1856<br />
661<br />
662
663 664<br />
663. Великая княгиня Елизавета Федоровна, урожденная<br />
принцесса Гессен-Дармштадская (1864–1918),<br />
жена великого князя Сергея Александровича, не<br />
сразу принявшая православие (1891). Организатор<br />
благотворительного общества, основательница Марфо-<br />
Мариинского монастыря в Москве с сочетанием<br />
благотворительной и медицинской деятельности (1909).<br />
Убита большевиками, причислена к лику святых Русской<br />
православной церкви (1992). Фото. 1913<br />
Großfürstin Jelisaweta Fedorowna, geb. Prinzessin von<br />
Hessen-Darmstadt (1864–1918), Gattin des Großfürsten<br />
Sergej Aleksandrowitsch, die nicht gleich zur Orthodoxie<br />
übertrat (1891), Gründerin eines Wohlfahrtsvereins, Stifterin<br />
des Martha-Maria-Konvents in Moskau, dessen Schwestern<br />
Wohltätigkeit und Krankenpflege leisteten (1909), wurde von<br />
den Bolschewiki ermordet, 1992 in die Schar der Heiligen der<br />
Russischen Orthodoxen Kirche aufgenommen. Foto. 1913<br />
664. Воззвание о пожертвованиях Всероссийского земского<br />
союза помощи больным и раненым, состоявшего<br />
под покровительством великой княгини Елизаветы<br />
Федоровны, заботившейся о помощи русской армии<br />
и раненым в период Первой мировой войны. К. Коробин.<br />
Плакат. 1914<br />
Spendenaufruf des Allrussischen Landschaftsverbands<br />
zur Hilfe für Kranke und Verwundete, der unter der<br />
Schirmherrschaft der Großfürstin Jelisawjeta Fedorowna<br />
stand. Der Verband kümmerte sich um Unterstützung für<br />
die russische Armee und Verwundete während des Ersten<br />
Weltkrieges. K. Korobin. Plakat. 1914<br />
665. Великая княгиня Мария Павловна, урожденная герцогиня<br />
Мекленбург-Шверинская (1854–1920), жена великого<br />
князя Владимира Александровича. Президент Российской<br />
Академии художеств (1909–1917) с профессорами<br />
академии. Фото. 1909<br />
Großfürstin Maria Pawlowna, geb. Herzogin von<br />
Mecklenburg-Schwerin (1854–1920), Gattin des Großfürsten<br />
Wladimir Aleksandrowitsch, Präsidentin der Russischen<br />
Akademie der Künste (1909–1917) mit Professoren der<br />
Akademie. Foto. 1909<br />
665
666<br />
667<br />
666. Принц П. Г. Ольденбургский (1812–1881), российский<br />
военный и государственный деятель, известный своей<br />
благотворительностью, учредитель и попечитель ряда<br />
просветительных и лечебных заведений. Ж.-Д. Кур.<br />
1842. Музей гвардии, С.-Петербург<br />
Prinz P. G. von Oldenburg (1812–1881), russischer General<br />
und Staatsmann, bekannt durch seine Wohltätigkeit,<br />
Gründer mehrerer Bildungs- und Heilanstalten.<br />
J.-D. Court. 1842. Garde-Museum, St. Petersburg<br />
667. Главный врач К. Раухфус и персонал с детьми детской больницы принца<br />
П. Ольденбургского в Санкт-Петербурге. Фото К. Буллы. Начало ХХ в.<br />
Oberarzt K. Rauchfuß mit dem Personal und den Patienten des Kinderkranken hauses<br />
des Prinzen P. von Oldenburg (St. Petersburg). Foto von K. Bulla. Anfang 20. Jh.<br />
668. Занятие по первой медицинской помощи в училище для девочек при приюте<br />
принца П. Ольденбургского в Санкт-Петербурге. Фото. Начало ХХ в.<br />
Unterweisung in Erster Hilfe in der Lehranstalt für Mädchen im Waisenhaus<br />
des Prinzen P. von Oldenburg (St. Petersburg). Foto. Anfang 20. Jh.<br />
668
286 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Nationalbewusstseins neuen Auftrieb. Der Nachhall dieser<br />
Entwicklung erreichte auch Russland und fand hier seinen<br />
Ausdruck im Panslawismus, in der Idee, die slawischen<br />
Völker unter der Vorherrschaft Russlands zu vereinen.<br />
Der Polnische Aufstand von 1863, die Kriege, die Preußen<br />
zwischen 1864 und 1871 gegen Dänemark, Österreich und<br />
Frankreich führte, und die mit der Gründung des Deutschen<br />
Reiches endeten, führten zu einer Veränderung des<br />
Kräfteverhältnisses in Europa und zu einer Veränderung<br />
der Beziehungen Russlands zu Preußen und den anderen<br />
deutschen Staaten, die Teil des Deutschen Reiches geworden<br />
waren. Das Deutsche und das Russische Reich waren<br />
zugleich Verbündete und Konkurrenten. Das hatte auch<br />
unmittelbare Auswirkungen auf den Teil der deutschen<br />
Bevölkerung in Russland, die Untertanen des Deutschen<br />
Reiches waren. So wurde in Moskau der Verein deutscher<br />
Reichsangehöriger gegründet, und im Deutschen Club in<br />
Moskau nahm die Rivalität zwischen deutschen und russischen<br />
Mitgliedern Formen von Konfrontation und offener<br />
Feindschaft an.<br />
In der Südwest-Region erhielt die Entwicklung der Landwirtschaft<br />
durch den Zustrom deutscher Kolonisten aus<br />
dem Königreich Polen, die nicht am polnischen Aufstand<br />
teilgenommen hatten und dafür die Möglichkeit bekamen,<br />
nach Russland überzusiedeln, neuen Auftrieb. Gleichzeitig<br />
fühlte sich dadurch der Teil der nationalistisch eingestellten<br />
intellektuellen und politischen Elite gereizt, die es sich zum<br />
Ziel gesetzt hatte, die katholische polnische Bevölkerung<br />
zu verdrängen und sie durch eine orthodoxe slawische<br />
zu ersetzen. Generalgouverneur Fürst A. M. Dondukow-<br />
Korsakow befürchtete 1874, dass es anstelle der erhofften<br />
Russifizierung zu einer Germanisierung des Südwestens<br />
komme könne, obwohl er den wirtschaftlichen Nutzen<br />
aus dem Zustrom deutscher Kolonisten durchaus erkannt<br />
hatte. In der Presse traten insbesondere I. S. Aksakow und<br />
seine Zeitung „Rus“ gegen die deutschen Kolonisten auf.<br />
Die Einschränkungen, die 1887 beim Erwerb von Immobilien<br />
durch Ausländer in Kraft traten, führten dazu, dass<br />
ca. 25 000 preußische Untertanen, die auch weiterhin auf<br />
von ihnen gekauftem oder gepachtetem Land leben und<br />
arbeiten wollten, die russische Staatsbürgerschaft annahmen,<br />
während etwa 10 000 sich für einen anderen Weg<br />
entschieden und 1890 nach Brasilien auswanderten. Die<br />
deutsche Regierung betrieb in diesem Zusammenhang eine<br />
Politik der Nichteinmischung, da sie auf dem Standpunkt<br />
stand, dass es unangebracht wäre, Deutsche, die nach Russland<br />
ausgewandert waren und nun zum Nutzen Russlands<br />
arbeiteten, in irgendeiner Weise zu unterstützen.<br />
Kaufleute und Unternehmer aus Deutschland fanden zur<br />
selben Zeit günstige Bedingungen zum Ausbau ihrer Geschäftstätigkeit<br />
vor. In Moskau wuchs das Kapitalvolumen<br />
deutscher Kaufleute der 1. und 2. Gilde sowohl prozentual,<br />
als auch in absoluten Zahlen, und erreichte 1898 51,8 %<br />
des gesamten ausländischen Kapitals. Dies wurde durch<br />
das Vorhandensein russlanddeutsche Unternehmer, den<br />
gewachsenen Bedarf des russischen Marktes an neuen Waren<br />
und Technologien sowie die gestiegenen Möglichkeiten<br />
Russlands, den europäischen Markt mit Rohstoffen und<br />
Lebensmitteln zu beliefern, begünstigt. Unternehmer aus<br />
Революции 1848 г., прокатившиеся по ряду стран<br />
Центральной и Восточной Европы, дали толчок<br />
к усилению формирования национальной идентичности.<br />
Отголоски этого развития достигли и России,<br />
получив свое проявление в панславизме, в идее объединения<br />
славянских народов под эгидой России.<br />
Польское восстание (1863), войны Пруссии против<br />
Дании, Австрии и Франции (1864–1871), закончившиеся<br />
созданием Германской империи, изменили<br />
соотношение сил в Европе и взаимоотношения<br />
России с Пруссией и другими германскими государствами,<br />
ставшими частью Германской империи.<br />
Российская и Германская империи были одновременно<br />
союзницами и конкурентками. Это имело<br />
непосредственное влияние и на немецкое население<br />
германского подданства в России. Так, в Москве был<br />
создан Союз германских подданных, а в Немецком<br />
клубе Москвы соперничество его немецких и русских<br />
членов принимало формы противостояния и<br />
открытой вражды.<br />
В Юго-Западном крае приток немецких колонистов<br />
из Царства Польского, не принявших участия в польском<br />
восстании и получивших за это возможность<br />
переселения в Россию, послужил стимулом для развития<br />
сельского хозяйства. Он одновременно вызвал<br />
раздражение той части националистически настроенной<br />
интеллектуальной и политической элиты, которая<br />
ставила своей целью вытеснение католического<br />
польского населения и замену его православным<br />
славянским. Генерал-губернатор князь А. М. Дондуков-Корсаков<br />
в 1874 г., признавая экономическую<br />
пользу от притока немецких колонистов, опасался,<br />
как бы в результате вместо желаемой русификации<br />
Юго-Западного края не произошла его германизация.<br />
В печати наиболее активно против немецких колонистов<br />
выступали И. С. Аксаков и его газета «Русь».<br />
Ограничения 1887 г. на приобретение недвижимости<br />
иностранцами привели к тому, что около 25 тыс.<br />
прусских подданных, желавших и далее жить и трудиться<br />
на арендованных или купленных ими землях,<br />
приняли российское подданство, а около 10 тыс. выбрали<br />
для себя иной путь и в 1890 г. эмигрировали<br />
в Бразилию. Германское правительство придерживалось<br />
при этом политики невмешательства, считая,<br />
что переселившиеся в Россию немцы трудятся<br />
на благо России и не целесообразно оказывать им<br />
какую-либо поддержку.<br />
Германские купцы и предприниматели в это же время<br />
находили благоприятные условия для развития своего<br />
дела. В Москве как общее количество, так и процентное<br />
соотношение германских капиталов по 1‐й<br />
и 2‐й гильдиям увеличивалось и достигло к 1898 г.<br />
51,8 % всех иностранных капиталов. Этому в немалой<br />
степени благоприятствовало наличие немецких<br />
предпринимателей из среды российских немцев, растущая<br />
потребность российского рынка в поставках<br />
новых товаров и технологий, а также новые возможности<br />
России для поставки на европейский рынок<br />
сырья и продуктов. Германские предприниматели
Немцы в российской истории 287<br />
Deutschland drangen in die entlegenen Regionen Sibiriens<br />
vor und fanden hier günstige Geschäftsbedingungen vor.<br />
G. Münch, ein Butterexporteur aus Dresden, hatte z. B.<br />
eigene Kontore in Barnaul, Bijsk, Omsk und Kurgan,<br />
E. F. Krüger in Tatarsk und Barnaul. A. Brockmüller aus<br />
Hamburg baute Zuckerrüben im Bezirk Barnaul an und<br />
errichtete die erste Zuckerrübenfabrik in Sibirien. Der<br />
Russlanddeutsche M. B. Prang hatte sich eingehend mit<br />
der Sodaproduktion in Deutschland befasst und gründete<br />
1864 zusammen mit seinen beiden Brüdern, die Ingenieure<br />
waren, die erste Sodafabrik Russlands, die bis 1907<br />
in Familienbesitz war.<br />
Als ein weiteres Beispiel für eine vielseitige Geschäftstätigkeit<br />
deutscher Unternehmer kann der aus Baden<br />
stammende J.-G. Wickenheiser dienen, der 50 Jahre in<br />
Pskow lebte. Mitte der 1860er Jahre im Wurstgeschäft<br />
tätig, begann er 1871 mit dem Bau der ersten Wasserleitung<br />
der Stadt und beförderte außerdem Passagiere mit<br />
Dampfschiffen.<br />
Weit verbreitet in der oberen Gesellschaft waren Eheschließungen<br />
von Adligen, im 19. Jahrhundert auch von<br />
Kaufleuten, Unternehmern und Bürgern, mit Slawinnen<br />
orthodoxen Glaubens. Die Kinder aus solchen gemischten<br />
Ehen konnten dem Gesetz nach nur orthodox sein, unabhängig<br />
von der in der Familie bevorzugten Sprache. Die<br />
Assimilierung über die Ehe mit Orthodoxen führte dazu,<br />
dass in Russland Träger deutscher Namen auftauchten, in<br />
deren Biografien der Vermerk „orthodox“ oder „russisch“<br />
steht. Zeugnisse für solche zwischenethnischen Eheschließungen,<br />
den Wechsel der Umgangssprache und der ethnischen<br />
Identität eines Teils der deutschen Bevölkerung<br />
Moskaus kann man auf den Gräbern des Wwedenskoje-<br />
Friedhofs finden, wo lutherische und orthodoxe Mitglieder<br />
eines Familienclans nebeneinander beerdigt wurden, die<br />
Inschriften auf den Grabsteinen russisch sind, aber die<br />
Symbolik der Lutheraner beibehalten wurde. Ende des 19.<br />
und Anfang des 20. Jahrhunderts entstand dadurch eine<br />
recht große Schicht, der sowohl „russifizierte“ Deutsche, als<br />
auch Russen mit deutscher Erziehung angehörten.<br />
Welche Bedeutung diesen russifizierten Deutschen zukam,<br />
ist sehr schön am Beispiel der russischsprachigen ev.-luth.<br />
Mariengemeinde in St. Petersburg zu sehen. Den Beschluss<br />
zur Gründung dieser Gemeinde hatte das Generalkonsistorium<br />
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland<br />
gefasst, die auch Geld für den Bau der Kirche zur Verfügung<br />
stellte. Spenden dazu kamen auch von Imperator<br />
Alexander II., von Fürst Barclay de Tolly-Weymarn und<br />
von Oberst R. von Ritter, und das Grundstück für den<br />
Bau der Kirche und einer Schule stellte 1871 die Stadtverwaltung<br />
von St. Petersburg zur Verfügung. Allerdings<br />
wurde erst Ende der 1870er Jahr die Genehmigung erteilt,<br />
Gottesdienste in russischer Sprache abzuhalten, da die<br />
Behörden den missionarischen Einfluss von Predigen in<br />
dieser Sprache fürchteten. 1909 gehörten der Mariengemeinde<br />
2 500 Glieder an. In dieser spät gebildeten Gemeinde<br />
wurde auch eine Grundschule für Mädchen und<br />
Jungen eröffnet, in der der Unterricht in russischer und<br />
deutscher Sprache abgehalten wurde. 1883 kamen noch<br />
ein Waisen- und ein Witwenhaus hinzu.<br />
Abb.<br />
669, 670<br />
Abb. 671<br />
Abb.<br />
672, 673<br />
проникали в отдаленные регионы Сибири и находили<br />
выгодные для себя сферы деятельности. Так, Г. Мюнх<br />
из Дрездена, занимавшийся экспортом сливочного<br />
масла, имел свои конторы в Барнауле, Бийске, Омске<br />
и Кургане, Э. Ф. Крюгер – в Татарске и Барнауле.<br />
А. Брокмиллер из Гамбурга занялся выращиванием<br />
сахарной свеклы в Барнаульском уезде и построил<br />
первый в Сибири свеклосахарный завод. Российский<br />
немец М. Б. Пранг, изучив содовое производство в Германии,<br />
основал с помощью своих братьев-инженеров<br />
первый в России содовый завод (1864), остававшийся<br />
в собственности фамилии до 1907 г.<br />
Другим примером многосторонней деятельности немецких<br />
предпринимателей в провинции может служить<br />
баденский подданный И.-Г. Викенгейзер, проживший<br />
50 лет в Пскове. В середине 1860‐х гг. он развивал<br />
колбасное дело, в 1871 г. приступил к строительству<br />
первого в городе водопровода, занимался пассажирскими<br />
перевозками на пароходах.<br />
Весьма распространенными в высшем обществе были<br />
браки немецких дворян, а в XIX в. купцов, предпринимателей,<br />
мещан со славянками православного вероисповедания.<br />
Дети от таких смешанных браков соответственно<br />
закону могли быть только православными,<br />
независимо от того, какой язык был доминирующим<br />
в семье. Ассимиляция через браки с православными<br />
привела к тому, что в России появились носители<br />
немецких фамилий, в биографических данных которых<br />
значится «православный» или «русский». Свидетельства<br />
таких межэтнических браков, смены языка<br />
общения и этнической идентичности части немецкого<br />
населения Москвы можно увидеть по захоронениям<br />
на Введенском кладбище, где рядом похоронены члены<br />
одного клана – лютеране и православные, а надписи<br />
на надгробных памятниках, при сохранении лютеранской<br />
символики, сделаны на русском языке. К концу<br />
XIX – началу XX в., таким образом, сложилась довольно<br />
многочисленная прослойка как «обрусевших»<br />
немцев, так и русских с немецким воспитанием.<br />
Какое значение придавалось этим обрусевшим<br />
немцам, хорошо видно на примере русскоязычной<br />
евангелическо-лютеранской общины св. Марии<br />
в Санкт-Петербурге. Решение о ее создании приняла<br />
Генеральная консистория Евангелическо-лютеранской<br />
церкви в России, выделившая деньги на сооружение<br />
храма. Кроме этого поступили пожертвования<br />
от императора Александра II, князя Барклая-де-Толли-<br />
Веймарна и полковника Р. фон Риттера, а участок для<br />
постройки церкви и школы при ней выделила Санкт-<br />
Петербургская городская управа в 1871 г. Однако<br />
разрешение на проведение богослужения на русском<br />
языке было получено лишь в конце 1870‐х гг., так<br />
как власти опасались миссионирующего воздействия<br />
проповеди на этом языке. В 1909 г. община св. Марии<br />
имела 2 500 прихожан. При этой поздно созданной<br />
общине тоже была открыта начальная школа для<br />
мальчиков и девочек, в которой преподавание велось<br />
на русском и немецком языках, в 1883 г. были созданы<br />
детский приют и вдовий дом.<br />
Илл.<br />
669, 670<br />
Илл. 671<br />
Илл.<br />
672, 673
669 670<br />
672<br />
671<br />
669. Здание иностранных компаний в Кургане.<br />
Фото. Начало ХХ в., начало ХХI в.<br />
Gebäude der ausländischen Kompagnien<br />
in Kurgan. Fotos. Anfang 20. Jh., Anfang 21. Jh.<br />
670. Внутренний вид магазина Торгового дома<br />
«Кунст и Альберс» (Владивосток).<br />
Почтовая карточка. 1900.<br />
Innenansicht des Handelshauses „Kunst & Albers“<br />
(Wladiwostok). Postkarte. 1900<br />
671. Реклама содового завода Пранга, первого<br />
в России. Конец XIX в.<br />
Reklame der Soda-Fabrik von Prang, der ersten ihrer<br />
Art in Russland. Ende 19. Jh.<br />
672. Лютеранская церковь св. Марии с училищем в<br />
Санкт‐Петербурге. С акварели А. Бенуа. 1881<br />
Evangelisch-lutherische Marienkirche mit Lehranstalt<br />
(St. Petersburg). Aquarell von A. Benua. 1881<br />
673<br />
673. Призреваемые мужчины в Евангелическом<br />
доме трудолюбия, основанном бароном<br />
О. Буксгевденом при лютеранской общине<br />
Св. Марии в Санкт-Петербурге в 1886 г.<br />
Фото К. К. Буллы. 1898<br />
Pflegebefohlene Männer im Evangelischen<br />
Arbeitshaus der evangelischen Mariengemeinde<br />
(St. Petersburg), das von Baron O. Buxhoeveden<br />
gegründet wurde. Foto von K. K. Bulla. 1898
Немцы в российской истории 289<br />
Traditionell war die Kirchengemeinde nicht nur der religiöse,<br />
sondern auch der schulische, kulturelle und soziale<br />
Lebensmittelpunkt. Sie kümmerte sich um das moralische<br />
Befinden und die materielle Lage ihrer Mitglieder. Besonders<br />
gut wird das am Beispiel der ev.-luth. Gemeinden<br />
in Moskau, St. Petersburg, Odessa, Saratow und anderen<br />
Großstädten mit ihren vielen Gemeindemitgliedern aus<br />
unterschiedlichen Schichten und Verhältnissen ersichtlich.<br />
Auf Initiative der Moskauer Gemeindepastoren wurden<br />
in allen Moskauer Gemeinden mit Unterstützung der<br />
Kirchenräte nicht nur Schulen unterschiedlichen Typs<br />
gegründet, sondern auch Schulen für arme Kinder und<br />
Waisen, darunter 1838 eine Schule für Straßenkinder evangelischen<br />
Glaubens oder 1884 die evangelische Alexander-<br />
Schule für Knaben, in der das Schulgeld relativ niedrig war<br />
und Kinder aus sozial schwachen Familien, bis zu zehn<br />
Prozent der Schüler, davon vollständig befreit waren. Auf<br />
Initiative von Oberpastor Heinrich Dieckhoff wurde 1890<br />
die Genehmigung erteilt, auch Kinder anderer Konfessionen<br />
in diese Schule aufnehmen zu können. Zwei Jahre<br />
später lag der Anteil an Schülern orthodoxen Glaubens bei<br />
zehn Prozent. Das Ziel der Schule bestand nicht nur darin,<br />
die Schüler an ein bestimmtes Bildungsniveau heranzuführen,<br />
sondern sie auch auf eine selbstständige Existenz<br />
vorzubereiten. Die Schule wurde mit Spendenmitteln und<br />
Einnahmen aus Wohltätigkeitsveranstaltungen, Konzerten<br />
und Lotterien unterhalten. In 25 Jahren, zwischen 1888<br />
und 1913, besuchten mehr als 4 000 Kinder die Schule,<br />
wobei über ein Drittel von ihnen aus sozial schwachen<br />
Familien stammte.<br />
Die Ausbildung am Mädchengymnasium der ev.-luth.<br />
St. Petri-und-Pauli-Kirche dauerte sechs Jahre und war<br />
kostenpflichtig, trotzdem auch für Mädchen aus weniger<br />
begüterten und kinderreichen Familien zugänglich. So<br />
waren 1904 von 536 Schülerinnen 45 vollständig und<br />
Abb.<br />
674, 675<br />
Abb.<br />
676–683<br />
Abb. 684<br />
Церковная община традиционно была не только религиозным,<br />
но и образовательным, культурным и<br />
социальным центром жизни, заботившимся о нравственном<br />
состоянии и материальном положении своих<br />
прихожан. Наиболее наглядно это видно на примере<br />
евангелическо-лютеранских приходов Москвы, Санкт-<br />
Петербурга, Одессы, Саратова и других крупных городов<br />
с их многочисленными прихожанами разных<br />
сословий и состояния. Помимо создания учебных<br />
заведений различного типа при каждой из общин<br />
Москвы по инициативе пасторов московских приходов<br />
и при поддержке этой инициативы церковными<br />
советами были созданы школа для бедных детей и сирот,<br />
в том числе беспризорных детей евангелического<br />
исповедания (1838), Александровское евангелическое<br />
училище для мальчиков (1884), в котором оплата<br />
была относительно низкой, а обучавшиеся здесь дети<br />
из мало обеспеченных семей (до 10 % учеников) полностью<br />
освобождались от нее. По инициативе обер-пастора<br />
Г. Дикгофа в 1890 г. было получено разрешение<br />
на прием в это училище детей других конфессий, и<br />
спустя два года учеников православного вероисповедания<br />
насчитывалось около 10 %. Целью школы<br />
было не только дать ученикам определенный уровень<br />
образования, но и подготовить их к самостоятельному<br />
существованию. Содержалась школа на средства,<br />
поступавшие от пожертвований, благотворительных<br />
взносов, концертов и лотерей. За 25 лет (1888–1913)<br />
обучение в ней прошли более 4 тыс. детей, больше трети<br />
которых были из малообеспеченных семей.<br />
Обучение в женской гимназии при евангелическолютеранской<br />
церкви св. Петра и Павла продолжалось<br />
шесть лет и было платным, но, тем не менее, оно было<br />
доступно и для девочек из менее состоятельных, многодетных<br />
семей. Так, в 1904 г. из 536 учениц 45 были<br />
Илл.<br />
674, 675<br />
Илл.<br />
676–683<br />
Илл. 684<br />
674<br />
674. Евангелическое церковное училище в поволжской колонии Екатариненштадт. Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Evangelische Lehranstalt in der Kolonie Katharinenstadt an der Wolga. Postkarte. Anfang 20. Jh.
675<br />
676<br />
675. Пасторат и клуб в поволжской колонии<br />
Екатариненштадт. Почтовая карточка.<br />
Начало ХХ в.<br />
Pastorat und Klub in der Kolonie<br />
Katharinenstadt an der Wolga. Postkarte.<br />
Anfang 20. Jh.<br />
676. 25-й отчет о деятельности Евангелического<br />
госпиталя в Москве за 1908 г. 1909<br />
25. Bericht über die Tätigkeit des<br />
Evangelischen Hospitals in Moskau für das<br />
Jahr 1908. 1909<br />
677<br />
677. Евангелическая больница в Москве.<br />
Фото. 2010<br />
Evangelisches Krankenhaus in Moskau.<br />
Foto. 2010<br />
678. Бывший Александровский приют для<br />
женщин, построенный на средства прихожан<br />
евангелических приходов Санкт‐Петербурга<br />
по инициативе епископа К. Фрейфельда и<br />
доктора К. Видемана. Фото. 2010<br />
Ehemaliges Alexandra-Stift für Frauen,<br />
auf Initiative von Bischof C. Freifeld<br />
und Dr. K. Wiedemann mit Mitteln der<br />
evangelischen Gemeinden St. Petersburgs<br />
errichtet. Foto. 2010<br />
679. Реклама рождественской ярмарки<br />
Евангелического попечительства в Москве.<br />
Начало ХХ в.<br />
Reklame des Weihnachtsjahrmarkts<br />
des Evangelischen Hilfsvereins in Moskau.<br />
Anfang 20. Jh.<br />
678<br />
680. Благотворительный базар в Санкт-<br />
Петербурге с участием Марии Павловны,<br />
урожденной герцогини Мекленбург-<br />
Шверинской. Фото К. Буллы. 1903<br />
Wohltätiger Weihnachtsmarkt in St. Petersburg<br />
unter der Teilnahme von Maria Pawlowna,<br />
geb. Herzogin von Mecklenburg-Schwerin.<br />
Foto von K. Bulla. 1903
679<br />
680<br />
681<br />
682<br />
683<br />
684<br />
681. Реклама благотворительного базара в пользу Попечительства о<br />
бедных евангелического исповедания в Москве, состоявшего под<br />
покровительством великой княгини Марии Павловны. 1910<br />
Werbung für den wohltätigen Weihnachtsmarkt zu Gunsten des Hilfsvereins<br />
für Bedürftige evangelischer Konfession in Moskau, der unter der<br />
Schirmherrschaft der Großfürstin Maria Pawlowna stand. 1910<br />
682. Реформатское училище в Москве. Фото. 1912<br />
Reformierte Lehranstalt in Moskau. Foto. 1912<br />
683. Воспитанники приюта для мальчиков Римско-католического<br />
благотворительного общества за работой в переплетной<br />
мастерской (С.-Петербург). Фото К. Буллы. 1909<br />
Zöglinge des Knabenasyls des römisch-katholischen<br />
Wohlfahrtsvereins bei der Arbeit in der Buchbindewerkstatt<br />
(St. Petersburg). Foto von K. Bulla. 1909<br />
684. Епископ Г. Дикгоф (1833–1911). Фото. 1910<br />
Bischof H. Dieckhoff (1833–1911). Foto. 1910
292 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
685–688<br />
Abb. 689<br />
72 teilweise vom Schulgeld befreit, 22 Schülerinnen bekamen<br />
ein Stipendium.<br />
1862 gründete die Gemeinde der römisch-katholischen<br />
St. Petri-und-Pauli-Kirche in Moskau den Wohltätigen<br />
Verein zur Unterstützung von Armen römisch-katholischen<br />
Glaubens. In den ersten Jahren seiner Existenz<br />
konnte der Verein aus Geldmangel nur eine kleine Zahl<br />
Bedürftiger unterstützen, aber in den 1890er Jahren begann<br />
man, regelmäßig Wohltätigkeitsabende und Lotterien<br />
zu veranstalten. Die Einnahmen daraus wurden<br />
für Zwecke der Kirche und zur Unterstützung Bedürftiger<br />
ausgegeben. Zwischen 1886 und 1900 bekamen<br />
500 Personen monatliche finanzielle Zuwendungen, über<br />
3 500 Gemeindemitglieder und 600 mittellose Personen<br />
auf der Durchreise einmalige Zuwendungen. Außerdem<br />
wurde 230 arbeitslosen Gemeindemitgliedern zu einer<br />
Anstellung verholfen.<br />
In den Städten, in denen es viele deutsche Beamte, Kaufleute,<br />
Freiberufler und Handwerker gab, entstanden Zirkel<br />
zur Pflege des Chorgesangs, wurden Theateraufführungen<br />
inszeniert sowie Sportvereine, Damengesellschaften<br />
und öffentliche Bibliotheken gegründet. Die bekannteste<br />
Freizeiteinrichtung war der 1819 in Moskau gegründete<br />
Deutsche Club, der ab Mitte des Jahrhunderts jährlich von<br />
mehreren Zehntausend Menschen besucht wurde. Nach<br />
1871 verlor der Club durch eine Satzungsänderung seinen<br />
rein nationalen Charakter, so dass 1888 die Deutschen<br />
bereits nicht mehr den größten Teil der Mitglieder und<br />
Besucher stellten. Von da an gingen die aus den Clubeinnahmen<br />
abgeführten Beträge für Kirchengemeinden und<br />
wohltätige Zwecke drastisch zurück.<br />
Eine interessante Beschreibung der Beziehungen zwischen<br />
Deutschen unterschiedlicher Schichten im provinziellen<br />
Charkow des 19. Jahrhunderts findet man in einer 1912<br />
erschienen Geschichte der Stadt. „Eine gewichtige Rolle<br />
Илл.<br />
685–688<br />
Илл. 689<br />
полностью освобождены от оплаты, 72 вносили ее<br />
частично, а 22 обучались на стипендии.<br />
В 1862 г. при римско-католической церкви Св. Петра<br />
и Павла в Москве было создано Благотворительное<br />
общество вспомоществования бедным римско-католического<br />
вероисповедания. В первые годы своего<br />
существования оно, из-за недостатка средств,<br />
могло оказывать помощь лишь небольшому числу<br />
нуждающихся, но в 1890‐е гг. стали регулярно проводиться<br />
благотворительные вечера и лотереи. Поступления<br />
от них расходовались на нужды церкви<br />
и поддержку нуждающихся. Так, за 1886–1900 гг.<br />
500 чел. получили ежемесячные денежные пособия,<br />
более 3,5 тыс. прихожан и почти 600 чел. проезжих,<br />
оставшихся без средств, – единовременные пособия.<br />
Кроме этого были трудоустроены 230 безработных<br />
членов общины.<br />
В городах со значительным количеством немецких<br />
чиновников, купцов, людей свободных профессий,<br />
ремесленников возникали кружки хорового пения,<br />
ставились театральные постановки, организовывались<br />
спортивные и дамские общества, общедоступные<br />
библиотеки. Самым известным заведением для времяпрепровождения<br />
был созданный в Москве в 1819 г.<br />
Немецкий клуб, который с середины века посещали<br />
несколько десятков тысяч человек в год. После 1871 г.<br />
устав клуба был изменен так, что заведение утратило<br />
свой национальный характер, а к 1888 г. немцы уже<br />
не составляли большинства его членов и посетителей.<br />
После этого отчисления из прибыли клуба в пользу<br />
церковных общин и на благотворительные цели резко<br />
сократились.<br />
С интересной характеристикой взаимоотношений<br />
между немцами различных сословий в провинциальном<br />
Харькове XIX в. можно познакомиться<br />
685<br />
686 687
688. Художественный<br />
театр в поволжской<br />
колонии<br />
Екатариненштадт.<br />
Почтовая карточка<br />
Начало ХХ в.<br />
Schauspielhaus<br />
in der Kolonie<br />
Katharinenstadt an<br />
der Wolga.<br />
Postkarte. Anfang<br />
20. Jh.<br />
688<br />
689. Бывший Московский<br />
немецкий клуб.<br />
Фото. 2009<br />
Ehemaliger Moskauer<br />
Deutscher Klub.<br />
Foto. 2009<br />
689<br />
685. Эмблема Московского общества квартетного пения «Лидертафель», девиз которого был: «Гнетет ли горе, волнует<br />
ли радость, да здравствует вечно немецкая песнь!».<br />
Wahrzeichen der Moskauer „Liedertafel“, deren Motto war: „Ob Sorge Droht, ob Freude blüht, Hoch immerdar<br />
das deutsche Lied!“<br />
686. Объявление о публичной лекции на немецком языке «О кольце Нибелунгов» в Русской палате Славянского базара<br />
в пользу Евангелического попечительства о бедных женщинах и детях (Москва). 1889<br />
Anzeige über einen öffentlichen Vortrag in deutscher Sprache „Über den Ring der Nibelungen“ im Russischen Saal<br />
des Slawischen Basars zu Gunsten des Evangelischen Hilfsvereins für arme Frauen und Kinder (Moskau). 1889<br />
687. Устав общества «Гармония» в Одессе. 1864<br />
Statuten der Gesellschaft „Harmonia“ in Odessa. 1864
294 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
spielte auch der Umstand, dass die Deutschen stets Unterstützung<br />
bei ihren Landsleuten fanden, die einen hohen<br />
Posten in der Gouvernementsverwaltung bekleideten oder<br />
eine einflussreiche Stellung in der Gesellschaft einnahmen.<br />
Den deutschen Beamten und Intelligenzlern muss man<br />
zu Gute halten, dass sie nicht die Gesellschaft deutscher<br />
Schuster und Tischler scheuten: In ihrem Kirchenrat und<br />
in Wohltätigkeitsvereinen der deutschen Kolonie saßen<br />
Staatsräte, manchmal sogar ein richtiger Freiherr, neben<br />
dem einfachen Schuhmacher. Die Staatsräte mieden auch<br />
nicht in lockerer Atmosphäre den Umgang mit ihren<br />
Landsleuten, den einfachen Schuhmachern: Sowohl die<br />
einen, als auch die anderen verbrachten ihre Abende zusammen<br />
bei einem Krug Bier [in einer der damals bekannten<br />
deutschen Gaststätten].“ Und weiter: „Die Deutschen<br />
scheuten auch nicht die einheimische Bevölkerung. Sie<br />
öffneten russischen Kindern weit die Türen ihrer Schulen<br />
und setzten sich vehement für das Recht auf gemeinsamen<br />
Unterricht für Vertreter beider Nationalitäten in ihrer<br />
Schule ein, während der Obrigkeit der Gedanke an solch<br />
eine Gemeinsamkeit wohl eher Unbehagen bereitete …<br />
Obwohl die Deutschen den Russen nicht aus dem Weg<br />
gingen, gaben sie in ihren privaten Beziehungen doch<br />
eher der Gesellschaft ihrer Landsleute den Vorzug.“<br />
Wie wichtig diese Solidarität war, sieht man am Beispiel<br />
der caritativen Tätigkeit verschiedener Gemeinden, vor<br />
allem in Katastrophenjahren. An der Wolga gab es häufig<br />
Dürreperioden, die zu Missernten und in der Folge zu<br />
Hungersnöten führten. So war es auch 1880/81, als es<br />
dort außerdem keine Vorräte an Getreide mehr gab, die<br />
bis zur Auflösung des Saratower Kontors für ausländische<br />
Ansiedler im Jahre 1877 immer obligatorisch gewesen<br />
waren. In der ev.-luth. St. Marienkirche in Saratow wurde<br />
ein Komitee zur Unterstützung der Hungernden gegründet,<br />
dem Pastor K. Kossmann vorstand. Hilfe kam von<br />
Einzelpersonen, aber auch von Gemeinden in Moskau,<br />
Riga, Kostroma, St. Petersburg und anderen Städten, und<br />
es gelang, den Hunger zu besiegen. Aus der Erfahrung<br />
dieser Aktion wurde 1888 in der St. Marienkirche der<br />
Verein „Barmherzigkeit“ als ständige Institution ins Leben<br />
gerufen. Es vergingen keine drei Jahre, bis Dürre und<br />
Missernte erneut eine schwere Hungersnot verursachten.<br />
Um helfen zu können, wurde zunächst ein provisorisches<br />
Pastorenkomitee und später das Komitee für Hungerhilfe<br />
gegründet. Es gelang, Hilfeleistungen in Form von Geld,<br />
Kleidung, Saatgut und vor allem Lebensmitteln aus den<br />
wohlhabenderen Gouvernements im Nordwesten und Süden<br />
Russlands und sogar aus den USA zu organisieren. Im<br />
Herbst 1891 richtete die Gemeinde eine kostenlose Tafel<br />
für Bedürftige ein, an der täglich 400 bis 500 Menschen<br />
verschiedener Konfessionen eine kostenlose Mahlzeit erhielten.<br />
Infolge der Hungersnot brach eine Typhus- und<br />
Choleraepidemie aus, der allein 415 Menschen der St. Mariengemeinde<br />
zum Opfer fielen.<br />
Auch die Landbevölkerung brauchte Hilfe, die sie aber<br />
nicht in ausreichendem Maße bekam, auch nicht von<br />
der Regierung. Viele Dorfbewohner sahen sich daher<br />
gezwungen, einen Ausweg aus dieser Lage zu suchen,<br />
indem sie zum Broterwerb in die Städte an der Wolga<br />
в вышедшей в свет в 1912 г. истории этого города.<br />
«Немалую роль играло и то обстоятельство, что немцы<br />
всегда находили поддержку в своих компатриотах,<br />
занимавших видные должности в губернском<br />
управлении или пользовавшихся влиятельным положением<br />
в обществе. К чести немцев-чиновников<br />
и интеллигентов нужно сказать, что они не чуждались<br />
общества немцев-сапожников и столяров:<br />
в их церковном совете и в благотворительных учреждениях<br />
немецкой колонии Staatsrath‘ы [статские<br />
советники], иногда даже из настоящих Freiherr‘ов<br />
[баронов], сидели рядом с простыми Schumacher‘ами<br />
[сапожниками]. Не чуждались Staatsrath‘ы общения<br />
с компатриотами-сапожниками и в сфере развлечений:<br />
и те и другие проводили свои вечера сидя<br />
рядом за кружкой пива [в известных в свое время<br />
немецких ресторанах]». И далее: «Немцы не чуждались<br />
местного населения. Они широко открыли<br />
для русских детей двери своей школы и энергично<br />
отстаивали право на совместное обучение в ней<br />
представителей обеих национальностей, когда у высшего<br />
начальства возникла было мысль о неудобстве<br />
такого соединения… Не чуждаясь русских, немцы<br />
все же, однако, предпочитали в частных сношениях<br />
держаться общества своих компатриотов».<br />
Насколько важной была такая солидарность, можно<br />
увидеть на примере благотворительной деятельности<br />
различных общин, в особенности в годы<br />
бедствий. В Поволжье нередко случалась засуха,<br />
вызывавшая неурожай и, как следствие – голод. Так<br />
было в 1880–1881 гг., когда сказалось еще и отсутствие<br />
запасов зерна, которые в немецких колониях<br />
были обязательными вплоть до упразднения Саратовской<br />
конторы иностранных поселенцев в 1877 г.<br />
При евангелическо-лютеранской церкви св. Марии<br />
в Саратове был создан Комитет помощи голодающим<br />
во главе с пастором К. Коссманом. Помощь<br />
поступала как от отдельных лиц, так и от общин<br />
Москвы, Риги, Костромы, Петербурга и других<br />
городов и помогла преодолеть голод. По опыту<br />
этой акции помощи в 1888 г. при церкви св. Марии<br />
было создано постоянно действующее Общество<br />
милосердия. Не прошло и трех лет, как засуха и<br />
неурожай опять стали причинами тяжелого голода.<br />
Для оказания помощи был создан временный комитет<br />
пасторов, а затем Комитет помощи голодающим.<br />
Он смог организовать получение помощи деньгами,<br />
одеждой, семенами и, прежде всего, продуктами<br />
питания из более благополучных губерний северо-запада<br />
и юга России, а также из США. Осенью<br />
1891 г. приход устроил бесплатную столовую для<br />
нуждающихся, в которой ежедневно получали пищу<br />
400–500 чел. различного вероисповедания. Вслед<br />
за голодом разразилась эпидемия тифа и холеры,<br />
от которых в одной лишь общине св. Марии умерли<br />
415 чел.<br />
Помощь была необходима и сельскому населению,<br />
но ее поступало недостаточно. Не было необходимой<br />
помощи и со стороны правительства. Это заставило
Немцы в российской истории 295<br />
und im Kaukasus zogen. Andere suchten die Rettung in<br />
Sibirien oder versuchten, nach Übersee zu emigrieren.<br />
Der Verein „Barmherzigkeit“ wurde zu einer ständigen<br />
Wohltätigkeitseinrichtung, die Kranken und Alten, Arbeitslosen<br />
und Obdachlosen, Hungernden und Bettlern<br />
half und in den Jahren des Ersten Weltkrieges ein Lazarett<br />
mit 50 Betten für Verwundete eröffnete.<br />
Die Reformen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
führten zu einschneidenden Veränderungen im Leben der<br />
deutschen Kolonisten. Die Verordnung über die Institutionen<br />
der Landschaftsvertretungen vom 1. Januar 1864<br />
wurde zu einem Wendepunkt in der Entwicklung der<br />
Selbstverwaltungsinstitutionen auf Gouvernements- und<br />
Bezirksebene. Den Landschaftsverwaltungen und Landschaftsämtern<br />
wurden in einigen Gouvernements und<br />
deren Bezirken bestimmte Vollmachten in kommunalen<br />
und wirtschaftlichen Fragen übertragen. Aufgrund des<br />
Ständewahlsystems war die Bauernschaft in den Landschaftsverwaltungen<br />
in deutlich geringerer Zahl vertreten,<br />
als es ihrem Anteil an Stimmberechtigten entsprach. Die<br />
Deutschen hatten schon einige Jahrzehnte Erfahrungen<br />
mit Wahlen von Verantwortungsträgern aus ihren Reihen<br />
und der Verwaltungsarbeit auf der Ebene der Gemeinden<br />
und Kolonistenbezirke. Daher waren sie in einer Reihe<br />
von Bezirken der Gouvernements Bessarabien, Cherson,<br />
Taurien, Samara und Saratow zahlenmäßig viel stärker<br />
vertreten, als es ihrem Anteil an der Bevölkerung dieser<br />
Bezirke entsprach. So wurden bereits für die zweite<br />
Wahlperiode von drei Jahren (1868–1871) von den Landschaftsabgeordneten<br />
des Bezirkes Odessa aus den Reihen<br />
der Grundbesitzer acht Kolonisten (40 %) und aus der<br />
Bauernschaft vier Kolonisten (30,77 %) gewählt. Für die<br />
dritte Wahlperiode (1871–1874) wurden aus den Reihen<br />
der Grundbesitzer des Bezirks 15 Deutsche (75 %) und aus<br />
der Bauernschaft fünf (35,71 %) gewählt.<br />
Abb. 690<br />
значительную часть сельского населения искать выход<br />
из создавшегося положения в городах Поволжья<br />
и Кавказа – уходить туда на заработки. Другие искали<br />
спасения в Сибири или пытались эмигрировать<br />
за океан. Общество милосердия стало постоянно<br />
действующим благотворительным заведением, оказывавшим<br />
помощь больным и престарелым, безработным<br />
и лишившимся крова, голодным и нищим,<br />
а в годы Первой мировой войны открыло лазарет<br />
для раненых на 50 коек.<br />
Реформы второй половины XIX в. привнесли значительные<br />
изменения в жизнь немецких колонистов.<br />
Положение о земских учреждениях (1 января 1864 г.)<br />
стало поворотным пунктом в развитии институтов<br />
самоуправления на уездном и губернском уровнях.<br />
Земскому собранию и земской управе ряда губерний<br />
и входящих в их состав уездов были переданы определенные<br />
полномочия в хозяйственно-экономических<br />
вопросах. При сословной избирательной системе<br />
представительство крестьян в земских собраниях<br />
было намного ниже, чем их доля от имевших право<br />
голоса. Немецкие колонисты на протяжении десятилетий<br />
уже имели опыт выборов должностных лиц<br />
из своей среды и участия в управлении на уровне<br />
общин и колонистских округов. Благодаря этому<br />
их представительство в ряде уездов Бессарабской,<br />
Херсонской, Таврической, Самарской, Саратовской<br />
губерний было значительно выше их доли от всего<br />
населения этих уездов. Так, уже на второе трехлетие<br />
(1868–1871) земскими гласными Одесского уезда<br />
от землевладельцев было избрано 8 колонистов<br />
(40 %), а от сельских сословий – 4 колониста (30,77 %).<br />
На третье трехлетие (1871–1874) от уездных землевладельцев<br />
было избрано 15 (75 %) и от сельских<br />
сословий 5 (35,71 %) немцев.<br />
Илл. 690<br />
690. Серебряный венок от московского земства к памятнику<br />
Александру II в ознаменование 50-летия земской реформы<br />
(председатель губернской земской управы Ф. В. Шлиппе (слева) и<br />
губернский предводитель дворянства А. Д. Самарин).<br />
Фото А. Савельева. 1914<br />
Silberner Kranz, der vom Moskauer Landschaftsverband anlässlich des<br />
50. Jahrestages der Landschaftsreform am Denkmal für Alexander II.<br />
niedergelegt wurde (Vorsitzender der Landschaftsverwaltung<br />
des Gouvernements F. W. Schlippe (links) und der Adelsmarschall<br />
des Gouvernements A. D. Samarin). Foto von A. Sawjeljew. 1914<br />
690
296 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
691, 692<br />
Abb. 693<br />
Die Wolgadeutschen beteiligten sich aktiv an der Arbeit der<br />
Landschaftsversammlungen. P. Lauck, Dorfschulze in der<br />
Kolonie Talowka, der damals bereits über entsprechende<br />
Erfahrungen und ein gewisses Ansehen verfügte, besaß so<br />
viel Vertrauen, dass er zwischen 1866 und 1891 achtmal<br />
in eine leitende Funktion der Landschaftsverwaltung des<br />
Bezirkes Kamyschin gewählt wurde. Und er war nicht der<br />
einzige Interessenvertreter der Wolgadeutschen, der große<br />
Anerkennung genoss. Von 26 gewählten Vertretern in der<br />
Landschaftsversammlung des Bezirkes Kamyschin waren<br />
in der Wahlperiode 1909–1912 sieben Deutschen. In der<br />
folgenden Wahlperiode 1912–1915 waren unter den 22 gewählten<br />
Vertretern ebenfalls sieben Deutsche.<br />
In einigen Fällen hatte die deutsche Bevölkerung eine kleinere<br />
Zahl von gewählten Vertretern in der Landschaftsversammlung<br />
des Bezirkes, da die Bevölkerungszahl ihrer Amtsbezirke<br />
deutlich größer war als die der benachbarten Amtsbezirke.<br />
Eine solche Einschränkung ihrer Rechte wollten die Kolonisten<br />
nicht hinnehmen. Mehrmals machten sie auf den Seiten<br />
der Saratower deutschen Zeitung darauf aufmerksam. Kurz<br />
vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges konnten sie eine Teilung<br />
der Amtbezirke Katharinenstadt, Torgun und Nischnij-<br />
Jeruslan erreichen, wodurch sich die Zahl der Abgeordneten<br />
aus der deutschen Bevölkerung erhöhte.<br />
In der Stadtduma von Saratow waren zwischen 1913 und 1916<br />
von 82 Abgeordneten zwölf Deutsche, das entsprach 14,6 % der<br />
Abgeordneten bei einem Bevölkerungsanteil der Deutschen<br />
von 6,7 %. In der Landschaftsversammlung des Bezirkes Saratow<br />
waren zwischen 1912 und 1915 unter den 36 Abgeordneten<br />
vier Deutsche. In diesem Bezirk gab es nicht so viele<br />
Deutsche und auch nur wenige Kolonien. Der Vorsitzende<br />
der Landschaftsverwaltung des Gouvernements Saratow war<br />
1915 der Abgeordnete der 3. Staatsduma, K. Grimm.<br />
Die Deutschen mit russischer Staatszugehörigkeit beteiligten<br />
sich nicht nur in den Siedlungen, in denen Deutsche<br />
Илл.<br />
691, 692<br />
Илл. 693<br />
Активным было участие в работе земских собраний<br />
поволжских немцев. Имевший к тому времени опыт<br />
и определенный имидж староста колонии Таловка<br />
П. Ляук пользовался таким доверием, что с 1866<br />
по 1891 г. восемь раз избирался на руководящие<br />
должности Камышинского уездного земства. Он был<br />
не единственным признанным представителем интересов<br />
поволжских немцев. Среди 26 гласных Камышинского<br />
уездного земского собрания (1909–1912)<br />
было 7 немцев. На следующее трехлетие (1912–1915)<br />
среди 22 гласных было также 7 немцев.<br />
В некоторых случаях немецкое население имело<br />
меньшее представительство в уездном земском собрании,<br />
потому что их волости по численности<br />
населения были намного больше соседних волостей.<br />
Такое ущемление в правах колонистов не<br />
устраивало. Они неоднократно обращали на это<br />
внимание на страницах Саратовской немецкой газеты.<br />
Незадолго до начала Первой мировой войны<br />
удалось добиться разделения Екатариненштадтской,<br />
Торгунской и Нижне‐Ерусланской волостей, за счет<br />
чего увеличилось количество гласных от немецкого<br />
населения.<br />
В Саратовской городской думе 1913–1916 гг. среди<br />
82 гласных значилось 12 немцев (14,6 % гласных при<br />
6,7 % немецкого населения). В Саратовском уездном<br />
земском собрании 1912–1915 гг. среди 36 гласных<br />
были 4 немца (в этом уезде количество немецкого<br />
населения и колоний было невелико). Председателем<br />
Саратовской губернской земской управы в 1915 г. был<br />
депутат III Государственной думы К. Гримм.<br />
Российскоподданные немцы принимали активное<br />
участие в работе органов самоуправления не только<br />
в местах компактного поселения, но и в тех уездах<br />
и городах, где не было достаточного немецкого<br />
691. Списки гласных Саратовского<br />
губернского земского собрания<br />
от Аткарского и Камышинского<br />
уездов на 1877–1880 гг.<br />
Verzeichnis der Abgeordneten<br />
der Bezirke Atkarsk und Kamyschin<br />
in der Landschaftsversammlung<br />
des Gouvernements Saratow für die<br />
Jahre 1877–1880<br />
692. Списки гласных Камышинского<br />
уездного земского собрания<br />
от землевладельцев,<br />
предпринимателей и сельских<br />
обществ на 1877–1880 гг.<br />
Verzeichnis der Abgeordneten der<br />
Landschaftsversammlung des Bezirks<br />
Kamyschin von den Grundbesitzern,<br />
Unternehmern und Landgemeinden<br />
für die Jahre 1877–1880<br />
691 692
Немцы в российской истории 297<br />
kompakt lebten, aktiv an der Arbeit in den Gremien der<br />
Selbstverwaltung, sondern auch in den Städten und Bezirken,<br />
in denen es keine so große deutsche Wählerschaft gab. In Tula<br />
wurde E. I. Wiegand zum Abgeordneten der Stadtduma und<br />
Mitglied der Stadtverwaltung, zum Abgeordneten der Landschaftsversammlung<br />
des Bezirks und des Gouvernements<br />
sowie zum Friedensrichter ehrenhalber gewählt. In Pskow<br />
saß I. Schmidt in der Stadtduma und war stellvertretendes<br />
Stadtoberhaupt sowie Friedensrichter ehrenhalber. In den<br />
Gedenkbüchern mehrerer Gouvernements lassen sich viele<br />
solcher Beispiele finden.<br />
Eine Folge der Agrarreform von 1861 war, dass immer mehr<br />
Land von Grundbesitzern zur Pacht oder zum Verkauf angeboten<br />
wurde, da nach der Aufhebung der Leibeigenschaft<br />
ein Mangel an Arbeitskräften herrschte. Nach der Auflösung<br />
des Fürsorgekomitees für ausländische Ansiedler in Südrussland<br />
und des Saratower Kontors für ausländische Ansiedler<br />
bekamen die deutschen Kolonisten den Status von Siedlern-<br />
Eigentümern. Im Unterschied zum Wolgagebiet mit der dort<br />
erfolgten Aufteilung des Landes auf alle erwachsenen Männer,<br />
blieb es in der Schwarzmeerregion dabei, dass nur einer der<br />
Söhne den Hof erbte und die übrigen ohne Land blieben. Die<br />
Überbevölkerung konnte reduziert werden, indem ein Teil<br />
der jungen Menschen in einen Handwerkerberuf wechselte.<br />
Eher noch versuchten die Gemeinden aber Land von Grundbesitzern<br />
zu pachten oder zu kaufen, um in sogenannten<br />
Tochterkolonien eigene Höfe zu errichten.<br />
Die gestiegene Nachfrage nach Land führte wiederum zu<br />
höheren Grundstückpreisen, die auch russische und ukrainische<br />
Bauern, die Land benötigten, nicht bezahlen konnten,<br />
selbst wenn sie einen Kredit in Höhe von 67 bis 91 % des<br />
Grundstückpreises bekamen. Landlosen Bauern blieb nichts<br />
anderes übrig, als in den Nordkaukasus umzusiedeln, wo die<br />
Bodenpreise damals noch niedrig waren. Das war ein Grund<br />
für das Aufkommen antideutscher Stimmungen. Ein anderer<br />
Abb. 694<br />
Abb. 695<br />
электората. В Туле Э. И. Виганд избирался гласным<br />
городской думы и членом городской управы,<br />
гласным уездного и губернского земских собраний,<br />
почетным мировым судьей. В Пскове И. Шмидт был<br />
гласным городской думы, заместителем городского<br />
головы, почетным мировым судьей. Таких примеров<br />
можно найти немало в памятных книжках различных<br />
губерний.<br />
Одним из последствий аграрной реформы 1861 г.<br />
было растущее предложение помещичьих земель<br />
для аренды или продажи из-за недостатка рабочей<br />
силы после освобождения крепостных крестьян.<br />
После упразднения Попечительного комитета об<br />
иностранных поселенцах Южного края России и Саратовской<br />
конторы иностранных поселенцев немцыколонисты<br />
получили статус поселян-собственников.<br />
В Причерноморье, в отличие от Поволжья, у них<br />
сохранялось наследование хозяйства только одним<br />
из сыновей, остальные оставались безземельными.<br />
Перенаселение можно было снизить переходом<br />
части молодого поколения к занятию ремеслами.<br />
Бóльшей частью общины старались арендовать или<br />
покупать землю у помещиков для создания своих хозяйств<br />
в так называемых дочерних колониях.<br />
Растущий спрос на землю, в свою очередь, привел<br />
к постоянно растущим ценам, которые так же нуждающимся<br />
в земле русским и украинским крестьянам<br />
часто были не под силу, даже при получении<br />
кредита в размере от 67 до 91 % от цены на землю.<br />
Безземельным крестьянам приходилось переселяться<br />
на Северный Кавказ, где земля в это время<br />
еще была дешевой. Это являлось одной из причин<br />
возникновения антинемецких настроений, другой<br />
причиной, несомненно, была политика ограничения<br />
аренды и покупки земли немцами-иностранцами<br />
Илл. 694<br />
Илл. 695<br />
693<br />
693. Депутат Государственной думы<br />
К. Н. Гримм (1858–1919). Фото. 1907<br />
Abgeordneter der Russischen Staatsduma<br />
K. N. Grimm (1858–1919). Foto. 1907<br />
694. Свод законов по устройству в России бывших колонистов. 1871<br />
Sammlung der Gesetze und Verordnungen Russlands über die Einrichtung<br />
der ehemaligen Kolonisten. 1871<br />
694
298 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb. 696<br />
Grund war zweifellos die politische Entscheidung von 1887,<br />
die Pacht und den Kauf von Land durch Auslandsdeutsche<br />
im Gouvernement Wolhynien zu begrenzen. Ab Herbst 1886<br />
befasste man sich zunächst in der Landschaftsversammlung<br />
des Bezirks Jekaterinoslaw, später, im Jahre 1891, auch in<br />
den Landschaftsversammlungen des Bezirks Werchnedneprowsk<br />
und des Gouvernements Jekaterinoslaw mit der<br />
Begrenzung deutschen Grundbesitzes, der als ausländischer<br />
Grundbesitz bezeichnet wurde. In den Diskussionen, die<br />
sich mit wechselndem Erfolg über mehrere Jahre hinzogen,<br />
wies der Abgeordnete der Landschaftsversammlung des Bezirks,<br />
F. Thyssen, darauf hin, dass deutsche Grundbesitzer,<br />
ehemalige Kolonisten, zur autochthonen Bevölkerung des<br />
Gouvernements Jekaterinoslaw gehören, da sie bereits seit<br />
Beginn der Besiedlung dieser Region dort lebten. Sie seien<br />
russische Untertanen und ihr Recht auf Erwerb von Grund<br />
und Boden einzuschränken, käme einer unzulässigen Beschneidung<br />
allgemeiner Bürgerrechte gleich.<br />
Die Regierungskommission, die die Bodenbewirtschaftung<br />
der Deutschen untersuchte, kam 1890 zu dem Schluss,<br />
dass keine Notwendigkeit für irgendwelche Beschränkungen<br />
bestünde. Die nationalistische Presse und die Slawophilen<br />
jedoch griffen die These von der „friedlichen Eroberung“<br />
Südrusslands auf. A. A. Welizyn empfahl in seinem Buch<br />
„Deutsche in Russland“, den Grundbesitz deutscher Siedler-<br />
Eigentümer als „nichtrussischen Besitz“ zu klassifizieren,<br />
womit er den polemischen Ton vorgab, der in den Jahren des<br />
Ersten Weltkrieges zu gesetzlich verankerten Begrenzungen<br />
und Repressalien gegen die Russlanddeutschen führte.<br />
Die Übersiedlung deutscher Grundbesitzer von der Wolga,<br />
aus Wolhynien und aus Neurussland nach Sibirien begann<br />
Anfang der 1890er Jahre und verstärkte sich noch in Folge<br />
der Revolution von 1905 sowie der Hungersnot im Jahre<br />
1907. Neue Kolonien wurden im Altai, in Westsibirien und<br />
in Nordkasachstan gegründet. 1915 gab es dort bereits mehr<br />
Илл. 696<br />
в Волынской губернии в 1887 г. С осени 1886 г. сначала<br />
в Екатеринославском уездном земстве, а затем,<br />
1891 г., в Верхнеднепровском уездном и Екатеринославском<br />
губернском земствах поднимался вопрос<br />
об ограничении немецкого земле владения, которое<br />
преподносилось как иностранное. В обсуждениях,<br />
длившихся несколько лет с переменным успехом,<br />
гласный уездного земства Ф. Тиссен указывал на то,<br />
что немецкие земледельцы, бывшие колонисты,<br />
в Екатеринославской губернии являются автохтонным<br />
населением, поскольку проживают там со<br />
времени заселения этого региона. Они являются<br />
российскими подданными, и ограничение их в праве<br />
приобретения земли было бы недопустимым<br />
ущемлением общегражданских прав.<br />
По результатам обследования немецкого землепользования<br />
правительственная комиссия в 1890 г. пришла<br />
к выводу, что нет необходимости принимать<br />
какие-либо ограничительные меры. Националистическая<br />
пресса и славянофилы, однако, подхватили<br />
тезис о «мирном завоевании» юга России. А. А. Велицын<br />
в книге «Немцы в России» предложил считать<br />
землевладение немецких поселян-собственников<br />
«нерусским землевладением», задав тем самым тон<br />
полемики, приведшей к законодательным ограничениям<br />
и репрессиям против российских немцев<br />
в годы Первой мировой войны.<br />
Переселение поволжских, волынских и новороссийских<br />
земледельцев-немцев в Сибирь началось<br />
в начале 1890‐х гг. и усилилось в результате революции<br />
(1905) и голода (1907). Новые колонии были<br />
созданы на Алтае, в Западной Сибири и Северном<br />
Казахстане. К 1915 г. там насчитывалось уже более<br />
80 000 немцев, владевших или арендовавших<br />
750 000 дес. земли.<br />
695. Антинемецкая публикация<br />
А. Липранди «Как остановить<br />
мирное завоевание наших<br />
окраин?». Киев, 1890<br />
Antideutsche Veröffentlichung<br />
von A. Liprandi „Wie ist<br />
die friedliche Eroberung<br />
unserer Randgebiete<br />
aufzuhalten“. Kiew, 1890<br />
696. Титульный лист книги<br />
А. Велицына. 1893<br />
Titelblatt des Buches von<br />
A. Welizyn. 1893<br />
695 696
Немцы в российской истории 299<br />
als 80 000 Deutsche, die 750 000 Desjatinen Land besaßen<br />
oder gepachtet hatten.<br />
In den Gouvernements an der Wolga mit ihrem Gemeindeeigentum<br />
an Grund und Boden sowie häufigen Missernten und<br />
Hungersnöten, wie in den Jahren 1879/80, 1891, 1898, 1901,<br />
1905/06 und 1911/12, erfolgte die soziale Differenzierung<br />
viel später, als in den Gouvernements Neurusslands. Bereits<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte das Handwerk aufgrund<br />
der Notwendigkeit, sich vor allem im Winter selbst versorgen<br />
zu müssen, einen deutlichen Aufschwung. Aus den Kolonisten<br />
gingen Unternehmer wie Borell, Reinecke und die Brüder<br />
Schmidt hervor, die eigene Firmen und Handelshäuser in<br />
Saratow, Kamyschin und Wolsk gründeten. Die Masse der<br />
Wolgadeutschen aber lebte weiter in der Enge der Dorfgemeinschaft,<br />
auf Land, das sie kaum zu ernähren vermochte.<br />
Von der Stolypinschen Reform konnten die Wolgadeutschen<br />
nur in den drei Jahren vor Kriegsausbruch profitieren, als<br />
mehr als 70 % der Wirte durch Aufteilung des Gemeinschaftsbesitzes<br />
eine eigene Scholle (otrub) bekamen, aber ihre Höfe<br />
in der Ortschaft beließen. Diese Aufteilung des Landes machte<br />
den Bauern zum Privateigentümern, das Land reichte aber<br />
nicht für ein auskömmliches Leben. Neben der Übersiedlung<br />
nach Sibirien war es unter den Wolgadeutschen zu Beginn<br />
des 20. Jahrhunderts auch weit verbreitet, in die Städte an<br />
der Wolga und in die Erdölindustrie in Baku abzuwandern<br />
oder zum Arbeiten in die USA zu emigrieren.<br />
Ein Wesenszug der deutschen Bevölkerung in der postreformatorischen<br />
Periode war ihr Streben nach Bildung.<br />
Neben den Schulen der Kirchengemeinden, in die in den<br />
Städten auch Kinder anderer Nationalitäten und anderer<br />
Konfessionen gingen, besuchten deutsche Kinder, vor allem<br />
aus Familien von Kaufleuten, Unternehmern und Freiberuflern,<br />
auch staatliche und private Schulen, in denen der<br />
Unterricht in russischer Sprache abgehalten wurde. Das<br />
eröffnete ihnen die Möglichkeit, aufs Gymnasium zu gehen<br />
und anschließend an einer Universität zu studieren. 1897<br />
konnten ca. 32 % der deutschen Bevölkerung Russlands, die<br />
älter als zehn Jahre waren, russisch lesen, wobei ca. 36 %<br />
der männlichen Stadtbevölkerung und 32 % der männlichen<br />
Landbevölkerung über diese Fertigkeit verfügten.<br />
Der Grad der Beherrschung der russischen Sprache lag in<br />
der weiblichen Bevölkerung jeweils bei 28 % bzw. bei etwas<br />
mehr als 20 %.<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Russlanddeutschen<br />
eines der gebildetsten Völker Russlands, das aktiv am<br />
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben<br />
teilnahm. Die Revolution der Jahre 1905 bis 1907 tangierte<br />
ihre Siedlungen und Stadtviertel nur peripher. Eine Ausnahme<br />
bildeten die baltischen Gouvernements, in denen die<br />
nationale Befreiungsbewegung der estnischen und lettischen<br />
Bauern zugleich eine Bauernbewegung gegen die adligen<br />
deutschen Grundbesitzer war. Um die eigenen Positionen zu<br />
stärken und eine deutsche Bauernschaft zu bilden, wurden<br />
auf Initiative von deutschen Grundbesitzern zwischen 1906<br />
und 1914 15 000 bis 20 000 landlose Bauern aus Wolhynien<br />
nach Kurland, Estland und Livland umgesiedelt.<br />
Die „Deutschen Vereine“, die zunächst in den baltischen<br />
Gouvernements zur Konsolidierung der deutschen Bevölkerung<br />
und zur Verstärkung der politischen Arbeit in<br />
Abb. 697<br />
Abb. 698<br />
Abb. 699<br />
В поволжских губерниях с их общинной формой<br />
землевладения и частыми неурожаями и голодом<br />
(1879–1880, 1891, 1898, 1901, 1905–1906, 1911–1912)<br />
социальная дифференциация (из-за общинного<br />
владения землей) происходила гораздо позже,<br />
чем в новороссийских губерниях. Уже с середины<br />
XIX в. значительное развитие получили ремесла<br />
из-за необходимости населения обеспечить себя,<br />
особенно в зимнее время. Из колонистской среды<br />
вышли предприниматели, основавшие предприятия<br />
и торговые дома в Саратове, Камышине, Вольске<br />
(братья Шмидт, Борель, Рейнеке), но основная<br />
масса поволжских немцев оставалась в сельских<br />
обществах в стесненных условиях (на земле, которая<br />
не могла их прокормить). Столыпинской реформой<br />
поволжские немцы воспользовались лишь<br />
в три предвоенных года, когда более 70 % домохозяев<br />
вышли из сельских общин на отруба, став<br />
частными хозяевами земли. Помимо переселения<br />
в Сибирь среди поволжских немцев в начале ХХ в.<br />
распространенным было отходничество на заработки<br />
в города Поволжья, нефтепромыслы Баку и<br />
трудовая миграция в США.<br />
Одной из характерных черт немецкого населения<br />
в пореформенный период было его стремление к образованию.<br />
Помимо церковно-приходских училищ,<br />
которые в столицах и городах посещали и дети других<br />
национальностей и вероисповеданий, немецкие<br />
дети, особенно из семей купцов, предпринимателей,<br />
людей свободных профессий, посещали государственные<br />
и частные учебные заведения с преподаванием<br />
предметов на русском языке. Это открывало<br />
им возможность поступления в гимназии, а по их<br />
окончании – в университеты. К 1897 г. около 32 % немецкого<br />
населения России в возрасте старше 10 лет<br />
умели читать по-русски, причем эти навыки имели<br />
около 36 % городского и 32 % сельского мужского<br />
населения. Уровень владения русским языком у<br />
женского населения был соответственно около 28 %<br />
и более 20 %.<br />
В ХХ в. российские немцы вступили как один из самых<br />
грамотных народов России, принимавший активное<br />
участие в экономической, общественной,<br />
политической и культурной жизни. Революция<br />
1905–1907 гг. обошла их населенные пункты и городские<br />
кварталы стороной. Исключение составили<br />
прибалтийские губернии, где национально-освободительное<br />
движение эстонских и латышских крестьян<br />
являлось одновременно аграрным движением,<br />
направленным против немецких дворян-землевладельцев.<br />
С целью укрепления своих позиций и<br />
создания немецкой крестьянской прослойки по их<br />
инициативе в 1906–1914 гг. в Курляндию, Эстляндию<br />
и Лифляндию были переселены 15–20 тыс. безземельных<br />
волынских немцев.<br />
«Немецкие союзы», созданные сначала в прибалтийских<br />
губерниях для консолидации немецкого<br />
населения и усиления политической работы,<br />
в местах компактного проживания немцев<br />
Илл. 697<br />
Илл. 698<br />
Илл. 699
697<br />
697. Фабрика сельскохозяйственных машин<br />
А. Г. Вильмса в Давлеканово в Уфимской губернии.<br />
Фото. 1905. Издательство «Заменкорн»,<br />
Штейнхаген (Германия)<br />
Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen von<br />
A.G. Willms in Dawlekanowo, Gouvernement Ufa.<br />
Foto. 1905. Verlag „Samenkorn“, Steinhagen<br />
(Deutschland)<br />
698. Хутор Г. Эппа в Самарской губернии –<br />
образцовое хозяйство, которое посетил в 1910 г.<br />
премьер‐министр П. Столыпин.<br />
Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Der Gutshof von G. Epp war eine Musterwirtschaft.<br />
Minister-Präsident P. Stolypin besuchte ihn 1910.<br />
Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />
698<br />
699. Прошение будущего депутата Государственной<br />
думы Л. Люца, окончившего Ананьевскую<br />
гимназию, о зачислении в Новороссийский<br />
университет. 1900. Государственный архив<br />
Одесской области, Одесса<br />
Gesuch des zukünftigen Abgeordneten der<br />
Staatsduma L. Lutz, Absolvent des Gymnasiums<br />
in Ananjew, über die Immatrikulation an der<br />
Neurussischen Universität. 1900. Staatliches<br />
Gebietsarchiv Odessa<br />
699
Немцы в российской истории 301<br />
den kompakten Siedlungsorten der Deutschen gegründet<br />
wurden, spielten außerhalb des Baltikums diesbezüglich<br />
keine Rolle und waren bestenfalls gesellschaftliche Organisationen,<br />
die in gewissem Maße Kultur- und Bildungsaufgaben<br />
wahrnahmen. Einer Vereinigung der gesamten<br />
deutschen Bevölkerung Russlands standen erhebliche<br />
soziale, wirtschaftliche und kulturelle Unterschiede im<br />
Wege. Religiöse Unterschiede zwischen Lutheranern, Katholiken<br />
und Mennoniten bildeten selbst auf der Ebene<br />
der einzelnen Siedlungsregionen ein unüberwindbares<br />
Hindernis für einen Zusammenschluss der Deutschen.<br />
Nur im Königreich Polen und in den baltischen Gouvernements<br />
entstanden nach 1905 deutsche politische<br />
Parteien. In beiden Hauptstädten und in den russischen<br />
Gouvernements nahm die deutsche Bevölkerung am politischen<br />
und gesellschaftlichen Leben teil, wobei sie sich<br />
entsprechend ihrer sozialen Lage und ihren politischen<br />
Ansichten orientierte. Nur in St. Petersburg und Moskau<br />
wurden „Deutsche Gruppen“ gebildet, die zum „Verband<br />
vom 17. Oktober“, den Oktobristen, gehörten und in dieser<br />
Partei sowie deren Parlamentsarbeit in der Staatsduma<br />
Russlands eine gewichtige Rolle spielten.<br />
Im Wolgagebiet wurden H. Schellhorn, Amtsbezirks-<br />
Vorsteher und Abgeordneter der Landschaftsversammlung<br />
des Gouvernements Samara, der sich der Kadetten-Partei<br />
angeschlossen hatte, sowie der Trudowik Ja. Dietz, Rechtsanwalt<br />
und Zeitungsverleger aus dem Gouvernement<br />
Saratow, in die 1. Duma gewählt. Aus der Semstwo-Bewegung<br />
kamen A. A. Widmer (Gouvernement Bessarabien),<br />
Graf P. A. Heyden (Gouvernement Pskow), I. L. Schrag<br />
(Gouvernement Tschernigow), I. Ch. Münch (Gouvernement<br />
Cherson), der Unternehmer und Adelsmarschall<br />
aus Kolomenskoje, Baron A. A. Krüdener-Struve (Gouvernement<br />
Moskau), sowie Baron F. R. Steinheil (Kiew)<br />
und E. G. Stolp (Gouvernement Kiew) als Vertreter der<br />
Abb. 700<br />
Abb. 701<br />
Abb. 702<br />
за пределами Прибалтики этой роли не сыграли.<br />
Они стали лишь общественными организациями,<br />
выполнявшими в какой-то мере культурные и образовательные<br />
задачи. Единению всего немецкого<br />
населения России препятствовали значительные социальные,<br />
экономические и культурные различия.<br />
Религиозные различия между лютеранами, католиками<br />
и меннонитами были непреодолимой преградой<br />
для объединения немцев даже на уровне отдельных<br />
регионов поселения. Лишь в Царстве Польском и<br />
прибалтийских губерниях после 1905 г. возникли<br />
немецкие политические партии. В обеих столицах и<br />
российских губерниях немецкое население принимало<br />
участие в политической и общественной жизни,<br />
ориентируясь в соответствии со своим социальным<br />
положением и политическими взглядами. В Петербурге<br />
и Москве были созданы «Немецкие группы»,<br />
вошедшие в «Союз 17 октября» и сыгравшие в этой<br />
партии и ее деятельности в Государственной думе<br />
России значительную роль.<br />
В Поволжье в I Думу были избраны Г. Шельгорн<br />
(волостной старшина, гласный самарского губернского<br />
земства), примкнувший к партии конституционных<br />
демократов, и трудовик Я. Дитц (адвокат,<br />
издатель газеты в Саратовской губ.). Из земского<br />
движения вышли А. А. Видмер (Бессарабская губ.),<br />
граф П. А. Гейден (Псковская губ.), И. Л. Шраг (Черниговская<br />
губ.), И. Х. Минх (Херсонская губ.), барон<br />
А. А. Крюденер-Струве (Московская губ.), который<br />
был предпринимателем и коломенским предводителем<br />
дворянства, а барон Ф. Р. Штейнгель (Киев) и<br />
Е. Г. Шольп (Киевская губ.) были из интеллигенции.<br />
В справочнике «Государственная дума Российской<br />
империи. 1906–1917» (2006) Шольп и Шраг значатся<br />
православными украинцами, бароны Штейнгель и<br />
Илл. 700<br />
Илл. 701<br />
Илл. 702<br />
Депутаты I Государственной думы:<br />
Abgeordnete der I. Staatsduma:<br />
700. Г. Х. Шельгорн (1860–?).<br />
Фото. Начало ХХ в.<br />
H. Ch. Schellhorn (1860–?).<br />
Foto. Anfang 20. Jh.<br />
701. Я. Диц (1864–1917).<br />
Фото. Начало ХХ в.<br />
Ja. Dietz (1864–1917).<br />
Foto. Anfang 20. Jh.<br />
702. Граф П. А. Гейден (1840–1907). Фото. 1906<br />
Graf P. A. Heyden (1840–1907). Foto. 1906
703<br />
704<br />
703. Заседание III Государственной думы. Фото. 1915<br />
Sitzung der III. Staatsduma. Foto. 1915<br />
704. Собрание членов «Союза 17 октября» в Московской городской думе. Фото. [1913]<br />
Versammlung der Mitglieder des „Verbands vom 17. Oktober“ in der Moskauer Stadtduma. Foto. [1913]
Немцы в российской истории 303<br />
Intelligenzler. Im Handbuch „Die Staatsduma des Russischen<br />
Reiches. 1906–1917“ von 2006 werden Stolp und<br />
Schrag als orthodoxe Ukrainer, die Barone Steinheil und<br />
Krüdener-Struve als ev.-luth. Glaubens aus russifizierten<br />
Geschlechtern geführt. Ähnlich war auch die Zusammensetzung<br />
der Abgeordneten mit deutschen Familiennamen<br />
in der 2. bis 4. Duma. Ein Großteil von ihnen gehörte<br />
der Fraktion der Oktobristen an, es gab aber auch Rechte,<br />
Progressisten und Nationalisten. Eine deutsche Gruppe<br />
oder Fraktion gab es in der Staatsduma nicht.<br />
Herausragende Persönlichkeiten waren Baron Alexander<br />
von Meyendorff (stellvertretender Vorsitzender der<br />
3. Staatsduma und Vorsitzender mehrerer Kommissionen<br />
der 3. und 4. Duma) und der Nachfahre von Kolonisten<br />
aus dem Gouvernement Cherson, Ludwig Lutz,<br />
Abgeordneter der 2. bis 4. Duma und Mitglied mehrerer<br />
Duma-Kommissionen.<br />
Trotz der positiven wirtschaftlichen Entwicklung und<br />
der aktiven Teilnahme der Russlanddeutschen am gesellschaftlichen<br />
und politischen Leben des Landes endete<br />
die postreformatorische Periode im Leben der Deutschen<br />
Russlands in einer zuvor nicht vorstellbaren Katastrophe.<br />
Nationalistisch eingestellte Kreise warfen immer wieder,<br />
vor allem mit Blick auf den Grundbesitz der deutschen<br />
Siedler-Eigentümer, der ehemaligen Kolonisten, die sogenannte<br />
deutsche Frage auf. Im Jahre 1910, lange vor dem<br />
Ersten Weltkrieg, legte P. A. Stolypin, Vorsitzender des<br />
Ministerrates, der Staatsduma einen Gesetzentwurf zur<br />
Beratung vor, dem zufolge allen Personen ausländischer<br />
Herkunft sowie den deutschen Siedlern in den Gouvernements<br />
Kiew, Wolhynien und Podolien zukünftig das<br />
Recht entzogen werden sollte, Grundbesitz außerhalb von<br />
Städten und Marktflecken zu erwerben, zu pachten oder zu<br />
vererben. Auf Initiative von Karl Lindemann, Mitglied des<br />
Zentralkomitees des „Verbands vom 17. Oktober“ fanden im<br />
Abb. 703<br />
Abb. 704<br />
Abb. 705<br />
Abb. 706<br />
Крюденер-Струве – евангелическо-лютеранского вероисповедания<br />
из обрусевших немецких родов. Подобным<br />
был состав депутатов с немецкими фамилиями<br />
в Думе второго – четвертого созывов. Бо´льшая их<br />
часть состояла членами фракции «Союза 17 октября»,<br />
но были и правые, прогрессисты, националисты. Немецкой<br />
группы или фракции в Государственной думе<br />
не существовало.<br />
Наиболее яркими фигурами являлись барон<br />
А. Ф. Мейен дорф (товарищ председателя III Государственной<br />
думы, председатель ряда комиссий III и<br />
IV Думы) и выходец из колонистов Херсонской губернии<br />
Л. Лютц, депутат Думы второго – четвертого<br />
созывов, принимавший участие в работе ее<br />
комиссий.<br />
Закончился пореформенный период жизни немцев<br />
России, несмотря на их положительное экономическое<br />
развитие и активное участие в общественной<br />
и политической жизни страны, немыслимой до того<br />
катастрофой. Националистически настроенные круги<br />
систематически подогревали «немецкий вопрос»,<br />
имея в виду, прежде всего, землевладение немецких<br />
поселян-собственников (бывших колонистов). Еще<br />
задолго до Первой мировой войны, в 1910 г., председателем<br />
Совета министров П. А. Столыпиным был<br />
внесен на обсуждение Государственной думы проект<br />
закона, предполагавший лишить всех лиц иностранного<br />
происхождения и немецких поселян Киевской,<br />
Волынской и Подольской губерний права впредь<br />
покупать, арендовать или передавать по наследству<br />
земельные владения вне городов и местечек. По инициативе<br />
члена ЦК «Союза 17 октября» К. Линдемана<br />
в руководстве партии были проведены слушания,<br />
в результате которых ее фракция в Думе отвергла<br />
этот законопроект.<br />
Илл. 703<br />
Илл. 704<br />
Илл. 705<br />
Илл. 706<br />
705. Барон А. Ф. Мейендорф (1869–1964).<br />
Фото. Начало ХХ в.<br />
Baron A. F. Meyendorff (1869–1964).<br />
Foto. Anfang 20. Jh.<br />
706. Профессор К. Линдеман (1844–1929).<br />
Фото. 1920-е гг.<br />
Professor K. Lindeman (1844–1929).<br />
Foto. 1920er Jahre<br />
705 706
304 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Kreis der Parteispitze Anhörungen statt, in deren Folge die<br />
Fraktion in der Duma diesen Gesetzentwurf ablehnte.<br />
1912 legte die Regierung der Duma einen neuen Gesetzentwurf<br />
„Über den Schutz russischen Grundbesitzes in den<br />
Gouvernements Kiew, Wolhynien, Podolien und Bessarabien“<br />
vor, der einen Begriff enthielt, der sich jedweder juristischen<br />
Definition und Auslegung entzog: „Ausländer, welche sich die<br />
russische Nationalität nicht aneigneten“. Das Zentralkomitee<br />
der Oktobristen beschäftigte sich auf einer erneuten Tagung<br />
mit diesem Thema, in dessen Ergebnis der Vorsitzende<br />
des ZK, A. I. Gutschkow, zu dem Schluss kam, dass „weder<br />
für die russische Kultur, noch für den russischen Staat eine<br />
Gefahr von deutschen Siedlungen in den Randgebieten<br />
Russlands ausgeht“ und „man Maßnahmen ergreifen soll,<br />
die zum kulturellen Aufschwung und zur Verbesserung der<br />
wirtschaftlichen Lage der russischen Bevölkerung in den<br />
Gouvernements an unser Westgrenze führen“ würden.<br />
Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges heizte sich die Situation<br />
auf. Am 19. Juli 1914 fand in der Hauptkathedrale der<br />
ev.-luth. Kirche Russlands, in St. Petersburg, ein feierlicher<br />
Fürbittgottesdienst für den Sieg Russlands über den Feind<br />
statt, aber am 22. und 23. Juli fiel eine große Menschenmenge<br />
nicht nur über die zu diesem Zeitpunkt bereits geräumte<br />
Deutsche Botschaft her, sondern verwüstete auf dem Weg<br />
dorthin auch Geschäfte und Cafés von Eigentümern mit<br />
deutscher Staatsangehörigkeit, aber auch von Deutschen mit<br />
russischer Staatsangehörigkeit. Auf der Sitzung der Duma<br />
am 26. Juli 1914 versicherte Baron G. E. Voelkersahm, Abgeordneter<br />
für das Gouvernement Kurland, den anwesenden<br />
Nikolaj II. der Bereitschaft der treuergebenen deutschen<br />
Bevölkerung des Baltikums, für den Schutz von Thron und<br />
Vaterland einzustehen. Eine ähnliche Erklärung gab auch<br />
L. G. Lutz, Abgeordneter für das Gouvernement Cherson,<br />
namens der Siedler-Eigentümer und aller Deutschen mit russischer<br />
Staatsangehörigkeit ab. Auch in anderen Städten des<br />
Reiches wurden Gottesdienste abgehalten. Allerorts begann<br />
man Spenden für die russische Armee zu sammeln.<br />
Ungeachtet dessen verschärfte sich der Ton antideutscher Veröffentlichungen<br />
in einer Reihe von Zeitungen und Zeitschriften.<br />
Von der Gesellschaft und den Regierungsmitgliedern<br />
wurden sie unterschiedlich reflektiert. Es gab Aufrufe, in den<br />
gefordert wurde, zwischen Reichsdeutschen und Deutschen<br />
mit russischer Staatsangehörigkeit zu unterscheiden, und<br />
Regierungschef I. L. Gorjemkin wertete in der Sitzung des<br />
Ministerrates am 28. Oktober 1914 mit Blick auf die Ausfälle<br />
der Presse die „täglich und allabendlich stattfindende Hetzjagd<br />
auf die Deutschen“ als unzulässig. Der Justizminister<br />
I. G. Schtscheglowitow hingegen unterstützte die sich ausweitenden<br />
antideutschen Kampagnen. Später stand er sogar<br />
an der Spitze des sogenannten Kampfes gegen die „deutsche<br />
Vorherrschaft“ in der Wirtschaft, wobei sich dieser Kampf<br />
nicht nur gegen Staatsbürger aus Ländern, die mit Russland<br />
im Krieg standen, richtete, sondern auch gegen russische<br />
Staatsbürger, die aus solchen Ländern stammten. Ab dem<br />
22. September 1914 wurden mehrere Verordnungen des<br />
Ministerrates veröffentlicht, in denen Staatsangehörigen von<br />
Ländern, die mit Russland im Krieg stehen, das Verfügungsrecht<br />
über ihre Immobilien und ihr Kapital entzogen wurde,<br />
und am 2. Februar 1915 wurden drei Verordnungen des<br />
Abb. 707 Илл. 707<br />
Abb. 708<br />
Abb. 709<br />
Илл. 708<br />
Илл. 709<br />
В 1912 гг. правительство внесло на рассмотрение<br />
в Думу новый законопроект «Об ограждении русского<br />
землевладения в губерниях Киевской, Волынской,<br />
Подольской и Бессарабской», содержавший не<br />
поддающееся никакому юридическому определению<br />
и обоснованию понятие «инородцы, не усвоившие<br />
русскую национальность». ЦК «Союза 17 октября»<br />
вновь провел заседание по этому вопросу, в результате<br />
которого председатель ЦК А. И. Гучков<br />
пришел к выводу, что «ни русская культура, ни<br />
русская государственность не подвергаются опасности<br />
от немецких поселений на окраине России»<br />
и «надлежит принять меры к культурному подъему<br />
и улучшению экономического положения русского<br />
населения в губерниях, прилегающих к нашей западной<br />
границе».<br />
После начала Первой мировой войны обстановка<br />
накалилась. 19 июля 1914 г. в главном соборе<br />
евангелическо-лютеранской церкви в России<br />
в Санкт-Петербурге состоялся торжественный<br />
молебен в дарование победы над врагом, но<br />
22– 23 июля многочисленная толпа не только напала<br />
на уже опустевшее к тому времени германское<br />
посольство, но и громила по пути магазины и<br />
кафе германскоподданных владельцев, а заодно<br />
российскоподданных немцев. На заседании Думы<br />
26 июля 1914 г. депутат от Курляндской губернии<br />
барон Г. Е. Фелькерзам заверил присутствовавшего<br />
Николая II в готовности верноподданнического<br />
немецкого населения Прибалтийского края<br />
встать на защиту престола и отечества. Подобное<br />
заявление от имени поселян-собственников и<br />
всех российскоподданных немцев сделал депутат<br />
от Херсонской губернии Л. Г. Люц. Богослужения<br />
были проведены и в других городах империи. Повсеместно<br />
начался сбор пожертвований в пользу<br />
русской армии.<br />
Антинемецкие публикации в ряде газет и журналов,<br />
несмотря на это, принимали все более резкий тон.<br />
Воспринимались они общественностью и членами<br />
правительства неоднозначно. Раздавались призывы<br />
различать германцев от российскоподданных немцев,<br />
а глава правительства И. Л. Горемыкин на заседании<br />
Совета министров 28 октября 1914 г.,<br />
имея в виду выпады печати, оценил «ежедневную<br />
и ежевечернюю травлю немцев» как недопустимые<br />
факты. Свою поддержку развернувшейся антинемецкой<br />
кампании выразил министр юстиции<br />
И. Г. Щегловитов. В дальнейшем он возглавил так<br />
называемую борьбу с «немецким засильем» в сфере<br />
экономики, которая была нацелена не только<br />
на подданных воюющих с Россией держав, но и<br />
на выходцев из этих стран, состоявших в российском<br />
подданстве. Начиная с 22 сентября 1914 г.<br />
был издан целый ряд положений Совета министров,<br />
лишавших подданных воюющих с Россией<br />
стран права пользования своей недвижимостью и<br />
капиталом, а 2 февраля 1915 г. были подписаны<br />
три положения Совета министров, нацеленные
Немцы в российской истории 305<br />
Ministerrates unterzeichnet, die darauf abzielten, österreichischen,<br />
ungarischen, türkischen und deutschen Staatsangehörigen<br />
sowie russischen Untertanen, die aus Österreich, Ungarn<br />
und Deutschland stammten, Grundbesitz und Bodennutzung<br />
zu untersagen. Diese Verordnungen betrafen Grundbesitz<br />
und gepachtete Ländereien innerhalb eines 100 bis 150 Werst<br />
breiten Streifens zwischen Finnland und Transkaukasien. Ab<br />
Oktober 1914 wurde verfügt, deutsche Ortschaften im gesamten<br />
Reich umzubenennen. Es folgten Verbote für Zeitungen,<br />
Bücher und Bekanntmachungen in deutscher Sprache. Ab<br />
November waren in den lutherischen Kirchen Gottesdienste<br />
in deutscher Sprache und jegliche Zusammenrottungen in<br />
der Öffentlichkeit untersagt, ab Februar 1915 „Ansammlungen<br />
von mehr als zwei männlichen Deutschen, auch wenn<br />
sie russische Untertanen sind, sowohl in ihren Häusern als<br />
auch außerhalb“. Um die antideutschen Maßnahmen der<br />
Regierung zu koordinieren wurde in Verantwortung des<br />
Justizministers und des Ministers für Handel und Industrie<br />
eine Interministerielle Beratung gegründet. Im März 1916<br />
wurde mit Genehmigung Nikolajs II. das Sonderkomitee zur<br />
Bekämpfung der deutschen Vorherrschaft gebildet.<br />
Unter dem Eindruck dieser Politik änderte sich rasch die<br />
öffentliche Meinung und wurde gegenüber den Deutschen<br />
zunehmend aggressiver. Vom 27. bis 29. Mai 1915 kam<br />
es in Moskau zu antideutschen Pogromen, wobei 475 unterschiedliche<br />
Betriebe und 217 Häuser und Wohnungen<br />
vollständig oder teilweise zerstört wurden. Der Schaden<br />
wurde auf eine Summe von ca. 30 Millionen Rubeln beziffert.<br />
Pogrome dieses Ausmaßes wurden von den Behörden später<br />
nicht mehr geduldet, aber die Verordnungen über die Liquidierung<br />
deutschen Grundbesitzes und deutscher Bodennutzung<br />
wurden Schritt für Schritt auf andere Gouvernements<br />
ausgeweitet und hatten im Februar 1917 das gesamte Territorium<br />
Russlands erfasst. Nur der Sturz der Selbstherrschaft<br />
verhinderte deren vollständige Umsetzung.<br />
Abb.<br />
710, 711<br />
на прекращение землевладения и землепользования<br />
как австрийских, венгерских, турецких и германских<br />
подданных, так и австрийских, венгерских<br />
и германских выходцев. Они распространялись<br />
на владения и арендованные земли в пределах<br />
100-верстной и 150-верстной полосы от Финляндии<br />
до Закавказья. С октября 1914 г. санкционировалось<br />
переименование немецких населенных<br />
пунктов по всей империи, последовали запреты<br />
на издание газет, книг и объявлений на немецком<br />
языке, в ноябре – на проведение богослужения<br />
в лютеранских церквях на немецком языке и всякие<br />
скопления на улицах, а в феврале 1915 г. – на «сборища<br />
взрослых мужчин немцев более двух, даже<br />
из числа русскоподданных, как в своих жилищах,<br />
так и вне их». Для координации антинемецких мер<br />
правительства при министре юстиции и министре<br />
торговли и промышленности функционировали<br />
междуведомственные совещания, а в марте 1916 г.<br />
создан Особый комитет по борьбе с немецким засильем,<br />
утвержденный Николаем II.<br />
Общественное мнение под влиянием этой политики<br />
быстро менялось, становясь по отношению<br />
к немцам все более агрессивным. 27–29 мая 1915 г.<br />
состоялись антинемецкие погромы в Москве, в ходе<br />
которых 475 различных предприятий и 217 домов и<br />
квартир были полностью или частично уничтожены.<br />
Убытки оценивались на сумму около 30 млн руб.<br />
Таких масштабных погромов власти в дальнейшем<br />
не допускали, но постановления о ликвидации немецкого<br />
землевладения и землепользования постепенно<br />
распространялись и на другие губернии,<br />
охватив в феврале 1917 г. всю территорию России.<br />
Лишь свержение самодержавия помешало их полной<br />
реализации.<br />
Илл.<br />
710, 711<br />
707. «Прощание Пурталеса<br />
с германским посольством» –<br />
карикатура на германского посла<br />
в России графа Ф. фон Пурталеса<br />
из российского журнала «Новый<br />
Сатирикон», вышедшего через<br />
неделю после погрома посольства.<br />
31 июля 1914<br />
„Abschied des F. von Pourtales<br />
von der deutschen Botschaft“,<br />
eine Karikatur auf den deutschen<br />
Botschafter in Russland Graf<br />
F. von Pourtales aus der russischen<br />
Zeitschrift „Neues Satirikon“, die<br />
eine Woche nach der Verwüstung<br />
der Botschaft erschienen ist.<br />
31. Juli 1914<br />
708. Карикатура на тему борьбы<br />
с немецким засильем. 1915<br />
Karikatur zum Thema<br />
„Kampf mit der deutschen<br />
Übermacht“. 1915<br />
707 708
709 710<br />
711<br />
709. Неофициальное комментированное издание ликвидационного закона от 2 февраля 1915 г. Одесса, 1916<br />
Nichtamtliche kommentierte Ausgabe des Liquidationsgesetzes vom 2. Februar 1915. Odessa, 1916<br />
710. Остатки магазина немецкого предпринимателя после антинемецкого погрома в Москве. Фото. 1915<br />
Reste eines Ladens eines deutschen Unternehmers nach dem gegen Deutsche gerichteten Pogrom in Moskau. Foto. 1915<br />
711. Рисунок из немецкого социал-демократического сатирического журнала «Правдивый Якоб», обсуждавшего антинемецкий погром в Москве. 1915<br />
Zeichnung aus der deutschen sozial-demokratischen Satirezeitschrift „Der wahre Jakob“ mit Darstellung des gegen Deutsche gerichteten Pogroms in Moskau. 1915
Немцы в российской истории 307<br />
Ethnografie<br />
Этнография<br />
T. Smirnowa (Omsk) Т. Смирнова (Омск)<br />
Die Mentalität und die Lebensweise der deutschen Bevölkerung<br />
in Städten und ländlichen Kolonien haben<br />
im 18. und 19. Jahrhundert häufig die Aufmerksamkeit<br />
von Reisenden wie I. I. Lepjochin, J. A. Güldenstedt,<br />
P. S. Pallas, S. G. Gmelin oder J. G. Kohl auf sich gezogen, die<br />
uns Beschreibungen des Alltagslebens und der Kleidung, der<br />
Einrichtung der Wohnhäuser und der Wirtschaftsführung in<br />
einzelnen Kolonien an der Wolga und in Neurussland hinterlassen<br />
haben. Auch lutherische und orthodoxe Geistliche<br />
sowie Beamte der Vormundschaftsbehörden interessierten<br />
sich dafür. Informationen dieser Art kann man auch den<br />
kurzen Abrissen über die Gründung und Entwicklung der<br />
Kolonien entnehmen, die 1848 auf Anregung der Verwaltung<br />
für jede Kolonie Neurusslands geschrieben wurden.<br />
Die ethnografische Erforschung der Deutschen Russlands<br />
begann in den 1860er Jahren, als in Vorbereitung auf die<br />
1. Gesamtrussische ethnografische Ausstellung im Sommer<br />
1867 in Moskau eine Kollektion von Damen- und Herrenbekleidung<br />
der Kolonisten an der Wolga, Transkaukasiens<br />
und der Ukraine zusammengestellt wurde. Die Kollektion<br />
umfasste 27 Teile aus den 1820er und 1830er Jahren und<br />
wurde nach Ausstellungsschluss dem Daschkow-Museum<br />
für Ethnografie übergeben. Heute gehört die Sammlung<br />
zum Bestand des Russischen Ethnografischen Museums in<br />
St. Petersburg. Diese Sammlung der materiellen Kultur wird<br />
durch Erinnerungen des aus der Wolga-Kolonie Schilling<br />
stammenden P. K. Galler über den Alltag deutscher Kolonisten<br />
in den 1860er Jahren ergänzt.<br />
Einige Beschreibungen des Alltags der Wolgadeutschen, ihres<br />
Kulturerbes und ihrer Bräuche wurden am Vorabend des<br />
150. Jahrestages der Gründung der ersten deutschen Kolonien<br />
an der Wolga veröffentlicht. Dazu gehört eine Sammlung<br />
von 280 Volksliedern und Kindergedichten der Wolgadeutschen,<br />
herausgegeben von P. Sinner und J. Erbes. Auch<br />
Aufzeichnungen von J. Dietz aus dem Jahr 1914 über Leben,<br />
Charakter, Sitten und Bräuche der Kolonisten an der Wolga<br />
Abb.<br />
712–714<br />
Abb. 715<br />
Abb. 716<br />
Менталитет и образ жизни немецкого населения<br />
городов и сельских колоний неоднократно<br />
притягивали к себе внимание<br />
путешественников XVIII–XIX вв. (И. И. Лепехин,<br />
И. А. Гюльденштедт, П. С. Паллас, С. Г. Гмелин,<br />
И. Г. Коль и др.), оставивших описания быта и<br />
одежды, интерьера и ведения хозяйства в отдельных<br />
колониях Поволжья и Новороссии. Эти вопросы<br />
интересовали также лютеранское и православное<br />
духовенство, чиновников попечительных<br />
органов. Составленные по инициативе начальства<br />
в 1848 г. каждой из новороссийских колоний краткие<br />
описания их основания и развития содержат<br />
много информации подобного характера.<br />
Начало этнографического изучения немцев России<br />
можно датировать 1860‐ми гг., когда при подготовке<br />
к 1‐й Всероссийской этнографической выставке,<br />
проходившей в Москве летом 1867 г., была собрана<br />
коллекция мужской и женской одежды колонистов<br />
Поволжья, Закавказья и Украины. Она включала<br />
в себя 27 предметов 20–30‐х гг. XIX в. и после<br />
выставки была передана в Дашковский этнографический<br />
музей, а ныне находится в фондах<br />
Российского этнографического музея (Петербург).<br />
Эту коллекцию материальной культуры дополняют<br />
воспоминания уроженца поволжской колонии<br />
Шиллинг П. К. Галлера о быте немцев-колонистов<br />
в 1860‐е гг.<br />
Несколько описаний быта поволжских немцев,<br />
их культурного наследия и нравов были изданы<br />
в преддверии 150-летнего юбилея основания первых<br />
немецких колоний в Поволжье. В их числе<br />
собрание из 280 народных песен и детских стишков<br />
поволжских немцев, опубликованное П. Зиннером<br />
и Й. Эрбесом. Сохранились и сделанные Я. Дицем<br />
в 1914 г. записи о жизни, характере, нравах и<br />
Илл.<br />
712–714<br />
Илл. 715<br />
Илл. 716
712, 713.<br />
Немцы-колонисты Саратовской губернии<br />
в национальной одежде, приобретенной для русской<br />
этнографической выставки 1867 г. в Москве.<br />
Фото манекенов Т. Митрейтера. Середина XIX в.<br />
Российский этнографический музей, С.‐Петербург<br />
Deutsche Kolonisten des Saratower Gouvernements<br />
in Volkstracht, die für die russische ethnographische<br />
Ausstellung von 1867 in Moskau erworben wurde.<br />
Fotos von Modellpuppen T. Mitreiters. Mitte 19. Jh.<br />
Russisches ethnographisches Museum, St.‐Petersburg<br />
714. Описание одежды немцев-колонистов<br />
Саратовской губернии в указателе экспонатов<br />
этнографической выставки. Москва, 1867<br />
Beschreibung der Kleidung deutscher<br />
Kolonisten des Gouvernements Saratow im<br />
Exponaten-Verzeichnis der ethnographischen<br />
Ausstellung. Moskau, 1867<br />
715. Воспоминания П. Галлера. Саратов, 1927<br />
Erinnerungen von P. Galler. Saratow, 1927<br />
712 713<br />
716. Собрание песен поволжских немцев,<br />
изданное к 150-летнему юбилею основания<br />
колоний. Саратов, 1914<br />
Wolgadeutsches Liederbuch, herausgegeben zum<br />
150. Gründungstag der Kolonien. Saratow, 1914<br />
717. Открытие выставки Омского<br />
государственного историко-краеведческого<br />
музея «Немцы в Сибири» в Славгороде<br />
(Алтайский край). Фото. 1996<br />
Eröffnung der Ausstellung des Staatlichen<br />
historisch-heimatkundlichen Museums Omsk<br />
„Die Deutschen Sibiriens“ in Slawgorod<br />
(Region Altaj). Foto. 1996<br />
718. Каталог немецкой коллекции Саратовского<br />
областного музея краеведения, собранной<br />
в ХХ в. 1998<br />
Katalog der Deutschen Sammlung des Saratower<br />
Heimatkundemuseums, die im 20. Jh.<br />
entstanden ist. 1998<br />
714<br />
715 716
Немцы в российской истории 309<br />
sind erhalten geblieben. Der erste Weltkrieg unterbrach die<br />
Vorbereitungen auf das Jubiläum und die im Zusammenhang<br />
damit geplanten Forschungen und Veröffentlichungen.<br />
Eine neue Etappe bei der Erforschung der Kultur der deutschen<br />
Kolonien begann in den 1920er Jahren an der Wolga<br />
und in der Ukraine. Diese Untersuchungen wurden noch<br />
vor der Deportation eingestellt, und später kamen solche<br />
Expeditionen erst recht nicht mehr in Frage. In der gesamten<br />
Nachkriegszeit erschienen nur einige wenige Arbeiten über<br />
die Deutschen im Altai und in Transkarpatien. In den 1990er<br />
Jahren kamen die historisch-ethnografischen Forschungen<br />
wieder in Gang. In allen Regionen, in denen Deutsche nach<br />
der Deportation kompakt lebten sowie in Gegenden, in denen<br />
Reste der materiellen Kultur der Russlanddeutschen erhalten<br />
geblieben sind, werden Expeditionen durchgeführt.<br />
All diese Untersuchungen zeigen die große Vielfalt deutscher<br />
Traditionen und die große Zahl ortsspezifischer kultureller<br />
Traditionen in Abhängigkeit von den jeweiligen natürlichen<br />
und klimatischen Verhältnissen, denn deutsche Kolonien<br />
wurden sowohl im Vorgebirge, als auch im Flachland,<br />
in der heißen, trockenen Steppe oder in der rauen Taiga<br />
gegründet. Aber nicht nur veränderte natürliche Bedingungen<br />
und die Notwendigkeit, sich diesen Bedingungen<br />
anpassen zu müssen, bewirkten eine Transformation der<br />
russlanddeutschen Kultur. Seit Ende der 1920er Jahre waren<br />
wesentliche kulturelle Transformationen auch auf politische<br />
Entscheidungen zurückzuführen. So hatte die Kollektivierung<br />
der Landwirtschaft die Auflösung der traditionellen<br />
Einzelhofwirtschaft und das Ende traditioneller Formen<br />
der Bewirtschaftung zur Folge. Die Deportation änderte<br />
radikal sämtliche Bereiche der Alltagskultur. Unter diesen<br />
Bedingungen konnte von einer vollständigen Fortsetzung<br />
alter Traditionen beim Hausbau, bei der Ernährung oder<br />
beim Nähen von Kleidern keine Rede mehr sein, denn<br />
es ging nur noch ums pure Überleben. Hinzu kam, dass<br />
Abb.<br />
717, 718<br />
обычаях колонистов Поволжья. Первая мировая<br />
война прервала подготовку к юбилею и связанные<br />
с ним исследования и публикации.<br />
Новый этап изучения культуры немецких колоний<br />
начался в 1920‐е гг. в Поволжье и Украине.<br />
Эти исследования были свернуты еще до депортации,<br />
а позже не могло идти и речи о проведении<br />
каких-либо экспедиций. За весь послевоенный<br />
период вышло несколько работ о немцах Алтая<br />
и Закарпатья. С 1990‐х гг. наблюдается всплеск<br />
историко-этнографических исследований, экспедиции<br />
проводятся во всех регионах, где немцы<br />
после депортации проживали компактно, а также<br />
в местах, где сохранились остатки материальной<br />
культуры российских немцев.<br />
Все эти исследования показывают большое разнообразие<br />
немецких традиций, наличие множества локальных<br />
типов традиционной культуры в зависимости<br />
от природно-климатических условий, поскольку<br />
немецкие колонии были основаны и в предгорьях,<br />
и на равнинах, и в жарких засушливых степях, и<br />
в суровой тайге. Но не только изменения природных<br />
условий и необходимость адаптации к этим условиям<br />
привели к трансформации культуры российских<br />
немцев. С конца 1920‐х гг. значительные культурные<br />
трансформации происходили в результате принятия<br />
политических решений. Так, коллективизация<br />
привела к ликвидации традиционного хуторского<br />
типа поселений и традиционного хозяйства. Кардинально<br />
изменила все сферы бытовой культуры<br />
депортация. В этих условиях не могло идти речи о<br />
полном воспроизводстве традиций строительства,<br />
питания, изготовления одежды, которые существовали<br />
раньше, поскольку речь шла об элементарном<br />
физическом выживании. К тому же в результате<br />
Илл.<br />
717, 718<br />
717 718
310 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
die Deutschen in Folge der Deportation über ein riesiges<br />
Territorium verteilt wurden. Die kompakte Lebensweise,<br />
ein wesentlicher Faktor für die Reproduktion kultureller<br />
Traditionen, war zerstört, die deutsche Kultur stand nun<br />
unter dem starken Einfluss der Traditionen benachbarter<br />
Völker und der Verbreitung von Massenkultur.<br />
Ungeachtet aller globalen Ereignisse des 20. Jahrhunderts<br />
und zahlreicher Massenumsiedlungen und trotz Assimilation<br />
konnte die Kultur der Russlanddeutschen in ihren<br />
Grundlagen erhalten bleiben und sich weiterentwickeln.<br />
Sie verkörpert eine einzigartige Verschmelzung von Traditionen,<br />
die die Übersiedler aus verschiedenen deutschen<br />
Ländern nach Russland mitbrachten, mit den Traditionen,<br />
die sich in den Kolonien an der Wolga, im Nordwesten<br />
und im Süden Russlands vor der Deportation entwickelten<br />
sowie denen, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
und gegenwärtig verbreitet wurden und werden. Die<br />
beständigsten Traditionen stehen im Zusammenhang mit<br />
kalendarischen Ereignissen und Familienbräuchen, mit der<br />
nationalen Küche und dem Kunstgewerbe, mit der Siedlung<br />
und dem Wohnhaus.<br />
депортации произошло расселение, распыление немцев<br />
по огромной территории. Компактный характер<br />
проживания, который является одним из основных<br />
факторов воспроизводства культурных традиций,<br />
был нарушен, большое влияние на немецкую культуру<br />
стали оказывать традиции окружающих народов<br />
и распространение массовой культуры.<br />
Несмотря на все глобальные события ХХ в., многочисленные<br />
массовые переселения и ассимиляцию,<br />
культура российских немцев сохранила свои основы,<br />
постоянно развивалась и представляет собой уникальный<br />
сплав традиций, которые были принесены<br />
в Россию переселенцами из разных германских государств,<br />
традиций, сформировавшихся в колониях<br />
Поволжья, северо-запада и юга России до депортации,<br />
и традиций, которые получили распространение<br />
во второй половине ХХ в. и в настоящее время.<br />
Наиболее устойчивые из них сохраняются в календарной<br />
и семейной обрядности, национальной кухне,<br />
декоративно-прикладном искусстве, поселениях и<br />
жилище.<br />
SIEDLUNGEN UND HEIMSTÄTTEN<br />
Die Gründung der Kolonien wurde wie der gesamte Prozess<br />
der Kolonisierung vom Staat gesteuert. Die Wahl der<br />
Standorte für die Gründung neuer Siedlungen an der Wolga<br />
richtete sich nach den Vorstellungen über die Zweckmäßigkeit<br />
der Lage einer Kolonie und der zu bildendenden<br />
Kolonistenkreise. Der für das Wolgagebiet entwickelte Musterplan<br />
einer Kolonie, dem der Gedanke zugrunde lag, allen<br />
Bewohnern gleiche Lebensbedingungen zu verschaffen,<br />
konnte aufgrund der Beschaffenheit des Geländes nicht<br />
überall realisiert werden. In manchen Fällen wählte man<br />
Siedlungsformen, die weder für die betreffende Region,<br />
Abb. 149 Илл. 149<br />
Поселения и жилище<br />
Создание колоний, как и сам и процесс колонизации,<br />
были управляемыми государством явлениями.<br />
Выбор места для основания новых поселений в Поволжье<br />
проводился в соответствии с представлениями<br />
о целесообразности и удобстве расположения<br />
колонии и устройства колониальных округов. Разработанный<br />
для Поволжья образцовый план колонии,<br />
предусматривавший создание одинаковых условий<br />
для всех ее жителей, из-за рельефа местности не<br />
везде можно было реализовать. В некоторых случаях<br />
избирали совершенно иные, нетипичные ни для<br />
719, 720.<br />
План колонии Орловская и различные типы<br />
планировки поволжских колоний. Фрагмент карты<br />
Саратовского и Золотовского округов. Р. Степанов<br />
и Я. Оболдуев. 1767. Российский государственный<br />
военно-исторический архив, Москва<br />
Plan der Kolonie Orlowskaja und unterschiedliche<br />
Grundrißtypen von Kolonien an der Wolga.<br />
Kartenfragment der Kreise Saratow und Solotoje.<br />
R. Stepanow und Ja. Oboldujew. 1767. Russisches<br />
Militär-Historisches Staatsarchiv, Moskau<br />
719
Немцы в российской истории 311<br />
noch für die Kolonisten typisch waren. So wurde z. B.<br />
die Kolonie Orlowskaja zu Ehren des Grafen G. Orlow<br />
O-förmig angelegt. Vorzugsweise wurden Kolonien in<br />
der Nähe von Gewässern, überwiegend an kleinen Flüssen<br />
oder Bächen, errichtet. In Neurussland traten diese<br />
Flüsse während des Frühjahrshochwassers über die Ufer<br />
und überfluteten nicht nur bestellte Ackerflächen, sondern<br />
auch Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude. So mussten<br />
Kolonien an einen neuen verlegt werden.<br />
Die für Deutsche eigentlich typischen Haufensiedlungen<br />
gab es in Russland kaum, da alle Kolonien nach<br />
Regierungsvorgaben gebaut wurden und einen linearen<br />
Grundriss aufwiesen. Die Kolonien hatten in der Regel<br />
mehrere Straßen, von denen eine die Hauptstraße war,<br />
und alle Straßen wurden von Gassen gekreuzt. In der<br />
Mitte der Siedlung wurde ein Platz für die Kirche und<br />
die Schule angelegt.<br />
Deutsche Gehöfte weisen in ihrer Anordnung und Bebauung<br />
eine große Vielfalt aus. Am weitesten verbreitet waren<br />
Gehöfte mit paralleler Anordnung, in U-Form, in lockerer<br />
oder zusammenhängender Einreichen-Anordnung. Im<br />
ersteren Fall lag das Wohnhaus auf der rechten Seite des<br />
Gehöfts, die Wirtschaftsgebäude lagen auf der linken Seite,<br />
wobei die Fenster der Sommerküche in der Regel der Straße<br />
zugewandt waren. Daran schlossen sich einreihig die übrigen<br />
Wirtschaftsgebäude an. In der Mitte des Gehöfts gibt es<br />
einen Hof, und dahinter liegt der Gemüsegarten. Im zweiten<br />
Fall sind das Wohnhaus und die Wirtschaftsgebäude durch<br />
Speicher, Pferdestall oder Scheune U-förmig miteinander<br />
verbunden. Bei freier Anordnung liegt das Wohnhaus in<br />
der Mitte des Gehöfts, während die Wirtschaftsgebäude<br />
locker, vorwiegend am Rande des Hofes, verteilt sind.<br />
Bei zusammenhängender einreihiger Anordnung sind<br />
das Wohnhaus und die Wirtschaftsgebäude miteinander<br />
zu einem einheitlichen Langbau verbunden, wobei ein<br />
Abb. 719<br />
Abb. 720<br />
Abb.<br />
721–723<br />
региона поселения, ни для колонистов, формы селения.<br />
Так, колония Орловская была заложена в форме<br />
буквы «О» в честь графа Г. Орлова. Предпочтение для<br />
основания колонии отдавалось местам вблизи водоемов,<br />
чаще – мелких рек или на берегу ручья. В Новороссии<br />
такие речки в период весеннего половодья<br />
выходили из берегов, затопляя не только возделанные<br />
участки земли, но и жилые дома с хозяйственными<br />
постройками. Это вынуждало к переносу колонии<br />
на новое место.<br />
В России практически отсутствовала типичная для<br />
немцев кучевая форма поселений, поскольку все колонии<br />
застраивались в соответствии с правительственными<br />
инструкциями и имели линейную планировку.<br />
Как правило, все колонии имели несколько улиц,<br />
одна из которых была центральной, и эти улицы<br />
пересекались переулками. В центре поселения устраивалась<br />
площадь, на которой располагались церковь<br />
и школа.<br />
Немецкие усадьбы отличаются большим разнообразием<br />
планировки и традиций застройки, но наиболее<br />
распространенными являются усадьбы с параллельной,<br />
П-образной, свободной и слитной однорядной<br />
планировкой. В первом случае жилой дом расположен<br />
с правой стороны усадьбы, хозяйственные постройки<br />
– с левой стороны (как правило, окнами на улицу<br />
выходит летняя кухня, к ней последовательно<br />
пристраиваются другие хозяйственные помещения).<br />
В центре усадьбы – двор, за которым начинается<br />
огород. Во втором случае жилые и хозяйственные<br />
постройки соединены между собой амбаром, конюшней<br />
или сараем в форме буквы «П». При свободной<br />
планировке в центре усадьбы находится жилой дом,<br />
а хозяйственные постройки располагаются хаотично,<br />
в основном по периметру усадьбы. В случае слитной<br />
Илл. 719<br />
Илл. 720<br />
Илл.<br />
721–723<br />
720
721. Типичный колонистский двор<br />
(Екатериненштадт Самарской губ.).<br />
Почтовая карточка. Начало ХХ в.<br />
Typischer Kolonistenhof<br />
(Katharinenstadt, Gouvernement<br />
Samara). Postkarte. Anfang 20. Jh.<br />
721<br />
722. Колонистский двор (Бальцер<br />
Саратовской губ.). Фото. Начало ХХ в.<br />
Землячество немцев из России,<br />
Штутгарт<br />
Kolonistenhof (Balzer, Gouvernement<br />
Saratow). Foto. Anfang 20. Jh.<br />
Landsmannschaft der Deutschen aus<br />
Russland, Stuttgart<br />
722<br />
723. Типичный меннонитский двор второй<br />
половины XIX в. (Александерталь<br />
Самарской губ.). С рисунка А. Гардера.<br />
Середина ХХ в.<br />
Typischer Mennonitenhof der<br />
2. Hälfte des 19. Jh. (Alexandertal,<br />
Gouvernements Samara). Nach einer<br />
Zeichnung von A. Harder. Mitte 20. Jh.<br />
723
Немцы в российской истории 313<br />
Gebäude am anderen angebaut wird. Solche Langhäuser<br />
konnten sowohl parallel zur Straße, als auch im rechten<br />
Winkel dazu errichtet werden. Im letzten Fall schlossen<br />
die Wirtschaftsgebäude wie Stall, Speicher und Scheune<br />
am hinteren Teil des Wohnhauses, zum Gemüsegarten<br />
hin, an. Bei den Russlanddeutschen war es weit verbreitet,<br />
Wohn- und Wirtschaftsräume unter einem Dach zu vereinen,<br />
weil man dann in kalten Wintern weniger häufig ins<br />
Freie musste und die Wärme besser halten konnte.<br />
Im 18. und 19. Jahrhundert betrieben die deutschen Kolonisten<br />
Naturalwirtschaft, mit dem vollständigen Zyklus<br />
der Verarbeitung und Speicherung der landwirtschaftlichen<br />
Erzeugnisse. Dazu wurden Mühlen, Trockenkeller<br />
unter den Wohnhäusern, Eiskeller und im Wolgagebiet<br />
mit seinen Holzbauten zusätzlich und in einer gewissen<br />
Entfernung zum Wohnhaus ein Keller zur Lagerung von<br />
Kleidung und eines Teils des Hausrates gebaut, falls während<br />
der Arbeit auf den entfernt Feldern auf dem Hof ein<br />
Feuer ausbrechen sollte.<br />
Das Baumaterial und die Techniken des Hausbaus unterschieden<br />
sich je nach Region in Abhängigkeit von lokalen<br />
Gegebenheiten deutlich voneinander. Fast überall, insbesondere<br />
in den ersten Jahren der Ansiedlung, wurden aus<br />
Rasenfilzplatten sogenannte Wiesen- oder Plattenhütten<br />
gebaut. Diese Behausungen zerfielen aber bald, weil die<br />
Graswurzeln, die die Rasenfilzplatten zusammenhielten,<br />
austrockneten, so dass die Siedler, nachdem sie sich am<br />
neuen Standort eingerichtet hatten, begannen, Häuser aus<br />
langlebigerem Material zu bauen. Daneben übernahmen<br />
russische Kaufleute als Auftragnehmer und russische Bauern<br />
mit Erfahrungen beim Bau von Holzhäusern die Erstbebauung<br />
von Kolonien an der Wolga.<br />
In Neurussland stand am Anfang vieler Kolonien der<br />
Bau von Erdhütten. Da es hier komplizierter war, Holz<br />
zu den Baustellen zu flößen, war es auch entsprechend<br />
Abb. 724<br />
Abb. 725<br />
Abb.<br />
726–728<br />
Abb.<br />
729–731<br />
Abb. 732<br />
однорядной планировки жилой дом и хозяйственные<br />
помещения соединены между собой в одно длинное<br />
строение, они пристраиваются последовательно друг<br />
к другу. Такие длинные дома могут располагаться как<br />
параллельно линии улицы, вдоль нее, так и перпендикулярно,<br />
когда хлев, амбар и сараи пристраиваются<br />
к задней части дома, со стороны огорода. Соединение<br />
под одной крышей жилых и хозяйственных помещений<br />
было очень распространено у российских немцев,<br />
поскольку позволяло холодными зимами реже выходить<br />
на улицу и сохранять тепло.<br />
В XVIII–XIX вв. немецкие колонисты вели натуральное<br />
хозяйство с полным циклом переработки<br />
и хранения сельскохозяйственных продуктов. Для<br />
этого строились мельницы, сухие погреба под домами,<br />
погреба-ледники, а в Поволжье с его деревянной<br />
застройкой – погреба для хранения одежды и части<br />
утвари на случай пожара во время полевых работ<br />
на участках в отдалении от жилых домов.<br />
Строительные материалы и техника возведения домов<br />
очень сильно различались в разных регионах в зависимости<br />
от местных условий. Почти повсеместно, особенно<br />
в первые годы после переселения, дома строили<br />
из земляных пластов, так называемые «луговые дома»,<br />
или «пластянки». Эти постройки быстро разрушались<br />
из-за усыхания корней травы, скрепляющих землю,<br />
поэтому, обустроившись на новом месте, переселенцы<br />
начинали возводить дома из более долговечных<br />
материалов. Наряду с этим первая застройка колоний<br />
в Поволжье производилась русскими купцами-подрядчиками<br />
и русскими же крестьянами, имевшими<br />
навыки в строительстве срубных домов.<br />
В Новороссии многие колонии начинались со строительства<br />
землянок. Доставка строительного леса сплавом<br />
к месту строительства была намного сложнее.<br />
Илл. 724<br />
Илл. 725<br />
Илл.<br />
726–728<br />
Илл.<br />
729–731<br />
Илл. 732<br />
724. Типичный двор<br />
в причерноморских<br />
колониях. Фото<br />
А. Айсфельда. 1998<br />
Typischer Hof<br />
in Kolonien des<br />
Schwarzmeergebiets.<br />
Foto von A. Eisfeld.<br />
1998<br />
724
725. Мельницы. Фото. Начало ХХ в.<br />
Землячество немцев из России,<br />
Штутгарт<br />
Mühlen. Foto. Anfang 20. Jh.<br />
Landsmannschaft der Deutschen<br />
aus Russland, Stuttgart<br />
725<br />
726–728.<br />
Погреб (ледник), колодец или<br />
цистерна были обязательны в каждом<br />
колонистском хозяйстве:<br />
Keller (Eiskeller), Brunnen oder<br />
eine Zisterne waren in jeder<br />
Kolonistenwirtschaft obligatorisch:<br />
726. Погреба во дворах (Зельц<br />
Херсонской губ.). Фото. Начало<br />
ХХ в. Землячество немцев из<br />
России, Штутгарт<br />
Keller im Hof (Selz, Gouvernement<br />
Cherson). Foto. Anfang 20. Jh.<br />
Landsmannschaft der Deutschen<br />
aus Russland, Stuttgart.<br />
726<br />
727 728<br />
727. Вход в погреб (Херсонская губ.). Фото А. Айсфельда. 2007.<br />
Eingang in den Keller (Gouvernement Cherson). Foto von A. Eisfeld. 2007<br />
728. Цистерна (Нейбург Херсонской губ.). Фото А. Айсфельда. 1998<br />
Zisterne (Neuburg, Gouvernement Cherson). Foto von A. Eisfeld. 1998
729<br />
729. Проект колонистского дома<br />
в Санкт‐Петербургской губернии [А. Воронихин].<br />
1809. Фрагмент. Российский государственный<br />
исторический архив, С.‐Петербург<br />
Projekt eines Kolonistenhauses für das<br />
Gouvernement St. Petersburg. [A. Woronichin].<br />
1809. Fragment. Russisches Historisches Staatsarchiv,<br />
St. Petersburg<br />
730. Деревянный колонистский дом второго периода<br />
застройки (Орловское Самарской губ.).<br />
Фото А. Айсфельда. 2007<br />
Kolonisten-Holzhaus der 2. Bauphase (Orlowskoje,<br />
Gouvernement Samara). Foto von A. Eisfeld. 2007<br />
730<br />
731. Типичный меннонитский дом второй<br />
половины XIX в., крытый черепицей (Кеппенталь<br />
Самарской губ.). Фото. Начало ХХ в.<br />
Typisches Mennonitenhaus der 2. Hälfte des 19. Jh.<br />
mit Dachpfannen (Köppental, Gouvernement<br />
Samara). Foto. Anfang 20. Jh.<br />
731<br />
732. Землянка (Причерноморье). Фото. Начало ХХ в.<br />
Землячество немцев из России, Штутгарт<br />
Erdhütte (Schwarzmeergebiet). Foto. Anfang 20. Jh.<br />
Landsmannschaft der Deutschen aus Russland,<br />
Stuttgart.<br />
732
316 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
733–741<br />
Abb. 742<br />
Abb. 743<br />
Abb. 744<br />
Abb. 745<br />
teuer. Das war ein Grund dafür, dass man hier auf anderes<br />
Baumaterial wie Muschelkalkstein, Lehm, oder Ziegel<br />
zurückgriff. In den Wald- und Taiga-regionen, so in<br />
Wolhynien, im Ural und Sibirien, baute man mit Holz, in<br />
den Steppengebieten an der Wolga, bei Orenburg oder in<br />
der Kulundasteppe, waren ungebrannte Lehmziegel und in<br />
sumpfigen Gegenden Schilfbündel weit verbreitet. Die für<br />
Westfalen, das Rheingebiet, die hessischen Fürstentümer<br />
und Süddeutschland typischen Fachwerkhäuser wurden<br />
nur sehr selten gebaut.<br />
Trotz unterschiedlicher Baumaterialien und Bautechniken<br />
gab es im deutschen Hausbau feste Traditionen, wie beispielsweise<br />
sein Grundriss (Anordnung der Räume entlang<br />
oder quer zum Dachfirst), die Ausrichtung der Häuser<br />
nach Himmelsrichtungen für eine bessere Sonneneinstrahlung<br />
und traditionelle Öfen (meistens „holländische“<br />
Öfen, die so aufgestellt wurden, dass man damit alle<br />
Zimmer beheizen konnte). Neben „holländischen“ Öfen<br />
gab es auch Mehrzwecköfen mit einem Heizkessel und<br />
einer Herdstelle für die Zubereitung von Speisen. Es gab<br />
Öfen mit eingebauten Kesseln zum Erhitzen von Wasser<br />
und Ausschmelzen von Fett und mit Backröhren zum<br />
Brotbacken. Früher, als noch mit Stroh geheizt wurde,<br />
hatte man in den Rauchabzugskaminen Räucherkammern<br />
eingerichtet. Die Öfen wurden aus ungebrannten<br />
Lehmziegeln gebaut. Die Oberfläche wurde mit weißem<br />
Lehm bestrichen. Heute werden die Öfen weiß gekalkt.<br />
Die Küche diente gleichzeitig als Badestube. Mit dem<br />
Bau von Dampfbädern begannen die Deutschen erst<br />
in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert unter dem<br />
Einfluss der Russen. Als unentbehrliche Elemente eines<br />
deutschen Gehöfts bleiben der Vorderhof (als Haupteingag<br />
mit Blumengarten), der Hinterhof für das Vieh, die<br />
Sommerküche, Räucherstellen und die Sommeröfen zum<br />
Brotbacken bzw. für die Futterzubereitung.<br />
Илл.<br />
733–741<br />
Илл. 742<br />
Илл. 743<br />
Илл. 744<br />
Илл. 745<br />
Это делало его дорогим и стало одной из причин<br />
применения иных строительных материалов: камняракушечника,<br />
глины, кирпича. В лесных и таежных<br />
местностях (на Волыни, Урале и в Сибири) строили<br />
из дерева, в степных зонах (Поволжье, Оренбуржье,<br />
Кулунда и др.) наиболее распространенным был необожженный<br />
кирпич (саман), в болотистой местности<br />
– связки камыша. Типичные для Вестфалии, Рейнской<br />
провинции, гессенских княжеств и юга Германии<br />
фахверковые постройки возводились редко.<br />
Несмотря на различия в материалах и строительной<br />
технике, в немецком жилище сохранялись устойчивые<br />
традиции, например, его планировка (с продольным<br />
или поперечным коньку крыши делением на помещения),<br />
ориентирование домов по сторонам света для<br />
лучшего солнечного освещения, традиционные печи<br />
(в основном «голландки», которые устанавливались<br />
таким образом, чтобы можно было обогревать все<br />
комнаты). Кроме «голландок» существовали печи<br />
смешанного типа, с отопительным котлом и плитой<br />
для приготовления пищи. Встречаются печи со<br />
встроенными котлами для нагрева воды и вытапливания<br />
жира, духовыми шкафами для выпечки хлеба.<br />
Раньше, когда в качестве топлива использовалась<br />
солома, в дымоходах устраивали камеры для копчения<br />
продуктов. Печи клали из сырцовых глиняных<br />
кирпичей. Их поверхность обмазывали белой<br />
глиной. В настоящее время печи белят известью.<br />
Кухня использовалась и в качестве ванной комнаты.<br />
Бани немцы стали строить только во второй половине<br />
ХХ в. под влиянием русских. Обязательными<br />
элементами немецкой усадьбы остаются передний<br />
(парадный, с цветником) двор и задний двор для<br />
скота, летняя кухня, коптильни и летние печи для<br />
хлеба и кормов.<br />
733. Колонистский дом из ракушечника,<br />
построенный на средства казны в 1811 г.<br />
(Шпейер Херсонской губ.).<br />
Фото. 1911. Землячество немцев<br />
из России, Штутгарт<br />
Kronshäuschen aus Muschelkalk,<br />
erbaut 1811 auf Staatskosten (Speyer,<br />
Gouvernement Cherson). Foto. 1911.<br />
Landsmannschaft der Deutschen<br />
aus Russland, Stuttgart<br />
733
734. Изготовление самана<br />
(Причерноморье).<br />
Фото. Землячество немцев<br />
из России, Штутгарт<br />
Herstellung der Lehmziegel (Saman)<br />
im Schwarzmeergebiet. Foto.<br />
Landsmannschaft der Deutschen<br />
aus Russland, Stuttgart<br />
734<br />
735. Колонистский дом из кирпича<br />
конца XIX в. (Рейнвальд<br />
Самарской губ.). Фото. 2009<br />
Kolonistenhaus aus Ziegel von<br />
Ende des 19. Jh. (Reinwald,<br />
Gouvernement Samara).<br />
Foto. 2009<br />
735<br />
736. Сочетание кирпича и дерева<br />
в постройке конца XIX в.<br />
(Кольб Саратовской губ.).<br />
Фото. 2009<br />
Verwendung von Holz und Ziegel<br />
am Gebäude Ende des 19. Jh.<br />
(Kolb, Gouvernement Saratow).<br />
Foto. 2009<br />
736
737<br />
738<br />
739<br />
737. Глазурованная черепица – часто использовавшийся<br />
кровельный материал в причерноморских колониях<br />
(начало ХХ в.). Фото Е. А. Солодовой. 2009.<br />
Школьный историко-краеведческий музей, Ново-<br />
Софроновка Николаевской обл.<br />
Glasierte Dachpfannen, in den Kolonien des<br />
Schwarzmeergebiets häufig verwendetes<br />
Bedachungsmaterial (Anf. 20. Jh.). Foto von<br />
E. A. Solodowa. 2009. Historisch-heimatkundliches<br />
Schulmuseum, Nowo-Sofronowka, Gebiet Nikolajew.<br />
738. Станок для изготовления черепицы (начало ХХ в.,<br />
Арциз, Бессарабия). Фото Е. А. Солодовой. 2009.<br />
Арцизский районный историко-краеведческий<br />
музей, Арциз<br />
Vorrichtung zur Herstellung von Dachpfaffen<br />
(Anf. 20. Jh., Arzis, Bessarabien). Foto von<br />
E. A. Solodowa. 2009. Historisch-heimatkundliches<br />
Kreismuseum Arzis<br />
740<br />
739<br />
739. Крыша, крытая цветной глазурованной черепицей<br />
(Причерноморье). Фото А. Айсфельда. 1995<br />
Dach mit kolorierten glasierten Dachpfannen<br />
(Schwarzmeergebiet). Foto von A. Eisfeld. 1995<br />
740. Меннонитский дом из самана (Гохгейм,<br />
Кулундинская степь). Фото. Начало ХХ в.<br />
Землячество немцев из России, Штутгарт<br />
Mennonitenhaus aus Lehmziegeln (Hochheim,<br />
Kulundasteppe). Foto. Anfang 20. Jh.<br />
Landsmannschaft der Deutschen aus Russland,<br />
Stuttgart<br />
741. Дерновая крыша, перекрытая шифером во второй<br />
половине ХХ в. (Аполлоновка Омской обл.).<br />
Фото А. Айсфельда. 1995<br />
Grasdach, das in der 2. Hälfte des 20. Jh. mit Asbest-<br />
Zement-Platten überdeckt wurde (Apollonowka,<br />
Gebiet Omsk). Foto von A. Eisfeld. 1995<br />
741
743<br />
742<br />
745<br />
742. Традиционная планировка колонистского дома, перенесенная в дочернюю<br />
колонию Ней-Франк (Поволжье). Землячество немцев из России, Штутгарт<br />
Traditioneller Grundriss eines Kolonistenhauses, übertragen in die Tochterkolonie<br />
Neu-Frank (Wolgagebiet). Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />
743. Кухня в доме колониста. Фрагмент экспозиции «Немцы Причерноморья»<br />
в Одесском историко-краеведческом музее. Фото А. Айсфельда. 2003<br />
Küche im Kolonistenhaus. Fragment der Ausstellung „Die Schwarzmeerdeutschen“<br />
im Odessaer historisch-heimatkundlichen Museum. Foto von A. Eisfeld. 2003<br />
744. Летняя кухня (Причерноморье). Фото. Начало ХХ в. Землячество немцев<br />
из России, Штутгарт<br />
Sommerküche (Schwarzmeergebiet). Foto. Anfang 20. Jh. Landsmannschaft<br />
der Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />
745. Летняя кухня открытого типа на хозяйственном дворе меннонита Дёрксена<br />
(Аполлоновка Омской обл.). Фото А. Айсфельда. 1995<br />
Offene Sommerküche im Wirtschaftshof des Mennoniten Dörksen<br />
(Apollonowka, Gebiet Omsk). Foto von A. Eisfeld. 1995<br />
744
746, 747.<br />
Потолочная роспись в доме колониста (Маковка, Крым).<br />
Рубеж XIX–XX вв. Фото И. Сальникова, В. Темной. 2012. Крымский<br />
республиканский этнографический музей, Симферополь<br />
Deckenmalerei in einem Kolonistenhaus (Makowka, Krim). Foto von I. Salnikow,<br />
V. Temnaja. 2012. Ethnographisches Museum der Republik Krim, Simferopol<br />
747<br />
746<br />
748<br />
749<br />
750 751<br />
748. Панно («шпрух») семьи Шефер (1914, Карлсруэ Херсонской губ.).<br />
Фото Е. А. Солодовой. 2009. Музей истории, Степовое Одесской обл.<br />
Wandspruch der Familie Schäfer (1914, Karlsruhe, Gouvernement<br />
Cherson). Foto von E. A. Solodowa. 2009. Geschichtsmuseum,<br />
Stepowoje, Gebiet Odessa<br />
749. Настенные часы (Бессарабия). Й. Фаллер. Начало ХХ в.<br />
Фото Е. А. Солодовой. 2009. Краеведческий музей, Фрумушика-Нова<br />
Одесской обл.<br />
Wanduhr (Bessarabien). J. Faller. Anf. 20. Jh. Foto von E. A. Solodowa. 2009.<br />
Heimatkundemuseum, Frumuschika-Nowa, Gebiet Odessa<br />
750. Предметы гостиной в городском немецком доме.<br />
Экспозиция в Крымском республиканском этнографическом<br />
музее. Фото И. Сальникова, В. Темной. 2012<br />
Einrichtungsgegenstände einer „Guten Stube“ des deutschen<br />
Stadthauses. Ausstellung im Ethnographischen Museum der<br />
Republik Krim. Foto von I. Salnikow, V. Temnaja. 2012<br />
751. Мебель в жилище поволжского колониста.<br />
Книжная иллюстрация. 1914<br />
Möbel im Haus eines Kolonisten an der Wolga.<br />
Buchillustration. 1914
Немцы в российской истории 321<br />
Mit der Verbreitung von Typenhäusern im ländlichen Raum<br />
begannen die Unterschiede zwischen deutschen Häusern<br />
und denen ihrer Umgebung ab Mitte des 20. Jahrhunderts<br />
nach und nach zu verschwinden. Heute findet man diese<br />
Unterschiede bestenfalls noch in Details der Innenraumgestaltung<br />
und Einrichtung. Typisch für Deutsche ist ihr Hang<br />
zur Rationalisierung oder, wenn man es so ausdrücken<br />
will, die Mentalität eines Ingenieurs: Ständig müssen sie ihr<br />
Werkzeug, ihre Haushaltsgeräte und Gebrauchsgegenstände<br />
verbessern. Bei ihnen ist alles rationell eingerichtet, und<br />
beim Einrichten der Wohnräume war man darauf bedacht,<br />
alles bequem und zweckmäßig zu gestalten.<br />
Die Inneneinrichtung der Wohnräume hing von den Lebensverhältnissen<br />
und dem Wohlstand der Hausbewohner<br />
ab. Früher wurden die Wände und Decken der Innenräume<br />
verputzt und geweißt. Die Wandflächen wurden mit<br />
Ornamenten verziert, die entweder in den feuchten Lehm<br />
eingedrückt oder mit einer Mischung aus Ruß und Milch<br />
auf die Wände aufgetragen wurden. Leider sind heute so gut<br />
wie keine Muster dieser Bemalung mehr erhalten geblieben,<br />
da man in deutschen Häusern die Wände jedes Jahr<br />
frisch zu weißen pflegte, wobei in den letzten Jahrzehnten<br />
dazu nur noch Kalk verwendet wurde. In vielen Dörfern<br />
war es auch üblich, Decken und Öfen zu streichen.<br />
Bei der Übersiedlung nach Russland war es unter den damaligen<br />
Transportbedingungen kaum möglich, Möbel mitzunehmen.<br />
Es ist also davon auszugehen, dass nur Abbildungen,<br />
vielleicht auch Bauzeichnungen und natürlich die Erfahrungen<br />
aus der Herrstellung und der Nutzung der Möbel<br />
mitgebracht werden konnten. Es ist bekannt, wie angespannt<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts die Situation beim Möbelkauf in<br />
den neuen Städten Südrusslands war. Als Herzog Richelieu<br />
Stadthauptmann von Odessa wurde, sah er sich selbst mit<br />
Problemen beim Einrichten seines Haushalts konfrontiert. So<br />
war er zwei Wochen lang auf der Suche, ohne dass es ihm<br />
gelang, ganz gewöhnliche Stühle für sein Haus aufzutreiben,<br />
so dass er sie sich schließlich aus Cherson liefern lassen<br />
musste. Die Situation verbesserte sich nach und nach, als<br />
von den Kolonisten Möbel selbst angefertigt wurden.<br />
In der heutigen Zeit gehören in Handarbeit hübsch gestaltete<br />
Zitate mit religiösem und belehrendem Inhalt, die sog.<br />
„Sprüche“, zu den beliebtesten Arten von Wandschmuck. In<br />
manchen Häusern gibt es noch altertümliche, sogenannte<br />
„holländische“ Uhren und Möbel, wie z. B. mit Sorgfalt<br />
gefertigte, mit Schnitzereien und Bemalungen verzierte Kleiderschränke<br />
aus Mahagoni, ausziehbare Sofas, Tische, Betten<br />
und Wiegen. Diese Möbelstücke wurden von Möbeltischlern<br />
gefertigt, die es früher in jeder Kolonie gab. Viele von ihnen<br />
übernahmen Auftragsarbeiten. Für die Möbel verwendete<br />
man alle einheimischen Holzarten, wobei Fichte und Eiche<br />
am beliebtesten waren. Die Holzbretter wurden zwei Jahre<br />
lang an einem sonnengeschützten Ort getrocknet, damit keine<br />
Risse entstanden. Das so vorbereitete Holz wurde zunächst<br />
zu Halbfertigteilen weiterverarbeitet. Früher verwendete man<br />
bei der Möbelherstellung keine Nägel. Für die Verbindung der<br />
Teile kamen Holzzapfen und Tischlerleim zum Einsatz, und<br />
in die Ränder der Halbfertigteile wurden Zinken geschnitten,<br />
die dann ineinander griffen. Die Zierteile wurden auf einer<br />
Drehbank gefertigt, halbiert und dann auf die Möbelstücke<br />
Abb.<br />
746, 747<br />
Abb. 748<br />
Abb. 749<br />
Abb.<br />
750, 751<br />
С середины ХХ в. в связи с широким строительством<br />
в сельской местности домов по типовым проектам<br />
различия между немецким жилищем и жилищем<br />
окружающего населения начинают постепенно стираться.<br />
Сейчас в большей степени они сохраняются<br />
в деталях интерьера и обустройстве дома. Для немцев<br />
вообще очень характерно рационализаторство, если<br />
так можно выразиться – «инженерный склад ума»:<br />
они постоянно усовершенствуют орудия труда, утварь,<br />
бытовые приспособления. У них все устроено<br />
с рациональной точки зрения, поэтому и при создании<br />
жилища все было сделано так, чтобы комфорт был<br />
максимальным.<br />
Интерьер жилища зависел и от условий проживания,<br />
и от состоятельности хозяев. Раньше стены и потолки<br />
внутренних помещений штукатурили и белили. Поверхность<br />
стен расписывалась орнаментом. Орнамент<br />
либо выдавливался по сырой глине, либо наносился<br />
на стену смесью, приготовленной из сажи и молока.<br />
К сожалению, образцов подобной росписи почти не<br />
сохранилось, так как в немецких домах принято производить<br />
побелку ежегодно, а в последние десятилетия<br />
для этих целей используется только известь. Во многих<br />
селах потолки и печи принято окрашивать.<br />
При переселении в Россию при тогдашних транспортных<br />
условиях вряд ли было возможно везти<br />
с собой мебель. Надо исходить из того, что удалось<br />
привезти лишь рисунки, возможно чертежи, и, конечно,<br />
опыт изготовления и пользования мебелью.<br />
Известно, насколько напряженной была ситуация<br />
с приобретением мебели в новых городах на юге<br />
даже в начале XIX в. При вступлении в должность<br />
градоначальника Одессы герцога Ришелье столкнулся<br />
с невозможностью наладить свой быт, потратив две<br />
недели на поиски обыкновенных стульев, которые<br />
в конце концов ему привезли из Херсона. Положение<br />
менялось постепенно в результате появления мебели,<br />
изготовленной самими колонистами.<br />
В настоящее время наиболее распространенным<br />
видом настенных украшений являются «шпрухи»<br />
(Sprüche) – красочно оформленные в рукоделии изречения<br />
религиозного и назидательного содержания.<br />
В некоторых домах сохранились старинные, так называемые<br />
«голландские», часы и мебель: добротные,<br />
из красного дерева, украшенные резьбой и росписью<br />
гардеробы, раздвижные диваны, столы, кровати, детские<br />
колыбели. Эта мебель изготавливалась столярами,<br />
которые раньше имелись в каждой колонии.<br />
Многие из них работали на заказ. Для мебели использовалась<br />
любая древесина местных пород, но предпочтение<br />
отдавалось сосне и дубу. Заготовленные доски<br />
сушили в течение двух лет в защищенном от солнца<br />
месте, чтобы не было трещин. Из подготовленного<br />
леса нарезали заготовки. Раньше при изготовлении<br />
мебели гвозди не использовались. Для скрепления<br />
деталей брали деревянные «шипы», столярный клей,<br />
а по краю заготовок нарезались зубцы, которые состыковывали<br />
между собой. Резные украшения для мебели<br />
вытачивали на токарном станке. Их распиливали<br />
Илл.<br />
746, 747<br />
Илл. 748<br />
Илл. 749<br />
Илл.<br />
750, 751
754<br />
752<br />
753 755<br />
752. Шкаф (1864, Молочная Таврической губ.), перевезен в Сибирь<br />
немцами-переселенцами в начале ХХ в. Фото А. Айсфельда. 2006.<br />
Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />
Kleiderschrank (1864, Molotschnaja, Gouvernement Taurien), von<br />
deutschen Umsiedlern Anfang des 20. Jh. nach Sibirien gebracht.<br />
Foto von A. Eisfeld. 2006. Staatliches historisch-heimatkundliches<br />
Museums Omsk<br />
753. Кровать односпальная (начало ХХ в., Зельц Херсонской губ.).<br />
Фото Е. А. Солодовой. 2009. Краеведческий музей, Лиманское<br />
Одесской обл.<br />
Einzelbett (Anf. 20. Jh., Selz, Gouvernement Cherson). Foto von<br />
E. A. Solodowa. 2009. Heimatkundemuseum, Limanskoje, Gebiet Odessa<br />
754. Скамья (начало ХХ в., Херсонская губ.). Фото Е. А. Солодовой.<br />
2009. Музей истории с. Катериновка (Катериненталь)<br />
Николаевской обл.<br />
Bank (Anf. 20. Jh., Gouvernement Cherson). Foto von<br />
E. A. Solodowa. Museum für die Geschichte von Katerinowka<br />
(Katharinental), Gebiet Nikolajew<br />
755. Плетеный стул для ребенка (1900-е гг., Херсонская губ.).<br />
Фото Е. А. Солодовой. 2009. Музей «Дом немца-колониста»,<br />
Катериновка (Катериненталь) Николаевской обл.<br />
Geflochtener Kindersitz (1900er Jahre, Gouvernement Cherson).<br />
Foto von E. A. Solodowa. 2009. Museum „Deutsches<br />
Kolonistenhaus“, Katerinowka (Katharinental), Gebiet Nikolajew
Немцы в российской истории 323<br />
geleimt. Ferner wurden auf Drehbänken auch Möbelbeine,<br />
Armlehnen und figürliche Teile hergestellt. Wie Alteingesessene<br />
erzählten, waren noch Ende des 19. und Anfang des<br />
20. Jahrhunderts Drehbänke mit Fußantrieb weit verbreitet.<br />
Fertige Möbel wurden zum Schluss lackiert.<br />
Möbeltischler fertigten Kleiderschränke, Sofas, Betten und<br />
Kommoden. Einfache Möbel wie Tische, Schemel, Bänke<br />
und Wiegen konnten nahezu von jedem Mann selbst angefertigt<br />
werden. Verbreitet waren auch Möbelstücke wie<br />
Küchenanrichten, Etagengestelle und Nachtschränkchen.<br />
In fast jeder Familie gab es eine Truhe zum Aufbewahren<br />
der Kleidung.<br />
Die Wohnräume wurden mit vielen von den Frauen angefertigten<br />
Handarbeiten geschmückt. Die Wände zierten<br />
handgefertigte Teppiche. Die Teppichweberei war bei den<br />
Deutschen nicht verbreitet, daher wurden die Teppiche<br />
entweder mit Wollgarn auf das mit einer Zeichnung versehenen<br />
Gewebe gestickt oder aus mit Ölfarben bemalter<br />
Leinwand hergestellt. In einigen Häusern gibt es heute<br />
noch handgewebte Läufer aus Schafswolle.<br />
Die Betten wurden von den Frauen geschmackvoll zurechtgemacht,<br />
was als besondere Kunst galt. Bettwäsche<br />
wurde mit Stickereien und geklöppelter Spitze verziert.<br />
Federdecken und Kissen wurden mit Gänsedaunen gefüllt.<br />
Viel Aufmerksamkeit widmete man auch der Ausstattung<br />
von Kinderbetten und Wiegen. Die Wiegen wurden<br />
von Generation zu Generation weitergegeben, und auch<br />
heute noch ziehen manche Familien sie modernen Kinderbetten<br />
vor.<br />
Ethnische Besonderheiten kommen auch heute noch<br />
in kunstvoller Handarbeit, z. B. beim Anfertigen von<br />
Ornamenten zu Ausdruck. Am weitesten verbreitet bei<br />
den Deutschen in Sibirien waren Schnitzen, Sticken,<br />
Stricken und Häkeln. Mit Holzschnitzereien beschäftigte<br />
man sich vor allem in den nördlichen Gebieten. Bei der<br />
Abb.<br />
752–755<br />
Abb. 756<br />
Abb. 757<br />
Abb. 758<br />
Abb. 759<br />
пополам и приклеивали к изделию. На токарном же<br />
станке вытачивали ножки для мебели, подлокотники<br />
и другие фигурные детали. По рассказам старожилов,<br />
токарные станки с ножным приводом были широко<br />
распространены еще в конце XIX – начале ХХ в.<br />
Готовую мебель покрывали лаком.<br />
Столяры-мебельщики делали платяные шкафы, диваны,<br />
кровати, комоды. Более простую в изготовлении<br />
мебель, например, столы, табуреты, скамьи, колыбели,<br />
мог изготовить практически каждый мужчина.<br />
Распространенными видами мебели были кухонные<br />
буфеты, этажерки, тумбы, почти в каждой семье был<br />
сундук для хранения одежды.<br />
Интерьер жилых помещений был наполнен предметами<br />
женского рукоделия. Стены украшали ковры<br />
ручной работы. У немцев ковроткачество развития<br />
не получило. Поэтому ковры либо вышивали шерстяными<br />
нитками по нанесенному на ткань рисунку,<br />
либо расписывали масляными красками холсты. В некоторых<br />
домах сохранились домотканые половики<br />
из овечьей пряжи.<br />
Особым искусством считалось умение женщины красиво<br />
застилать кровати. Постельное белье украшалось<br />
вышивкой и кружевом. Перины и подушки делали<br />
из гусиного пуха. Большое внимание уделялось убранству<br />
детских кроваток и колыбелей. Колыбели передавались<br />
из поколения в поколение, и сейчас некоторые<br />
семьи предпочитают их современным кроватям.<br />
Этническая специфика в достаточной степени сохраняется<br />
в декоративно-прикладном искусстве, в частности<br />
в орнаменте. Наиболее широкое распространение<br />
у немцев Сибири получили резьба по дереву, вышивка,<br />
вязание на спицах и крючком. Резьба по дереву была<br />
распространена в северных районах. При плоскорельефной<br />
контурной резьбе мастер изготавливал<br />
Илл.<br />
752–755<br />
Илл. 756<br />
Илл. 757<br />
Илл. 758<br />
Илл. 759<br />
756. Предметы из немецкой колонии<br />
Александровка.<br />
Александровское отделение<br />
им. А. К. Вормсбехера<br />
Азовского районного историкокраеведческого<br />
музея,<br />
Александровка Омской обл.<br />
Gegenstände aus der deutschen<br />
Kolonie Aleksandrowka.<br />
A.K. Wormsbecher-Abteilung<br />
des Historisch-heimatkundlichen<br />
Rayon-Museums Asowo,<br />
Aleksandrowka, Gebiet Omsk<br />
757. Сундук (вторая половина XIX в.,<br />
Причерноморье). Фото<br />
О. Айсфельд. 2011. Музей<br />
истории культуры российских<br />
немцев, Детмольд<br />
Truhe (2. Hälfte 19. Jh.,<br />
Schwarzmeergebiet). Foto von<br />
O. Eisfeld. 2011. Museum für<br />
russlanddeutsche Kulturgeschichte,<br />
Detmold<br />
756<br />
757
324 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
760–762<br />
Abb.<br />
763, 764<br />
Abb. 765<br />
Reliefschnitzerei fertigte der Meister einzelne geometrische<br />
Formen, an denen die Kanten häufig abgeschrägt waren.<br />
Diese Holzelemente wurden dann an der zu verzierenden<br />
Oberfläche im Wohnraum, am Tor oder an einem<br />
Möbelstück angebracht. Torpfosten und Fensterverkleidungen<br />
wurden mit Tief- bzw. Lochmusterschnitzereien<br />
geschmückt.<br />
Die meistverbreitete Form des Kunsthandwerks ist die<br />
Stickerei. Sticken konnten alle deutschen Frauen und das<br />
ist auch heute noch bei vielen sehr beliebt. Mit Handarbeiten<br />
wurde die gesamte arbeitsfreie Zeit ausgefüllt. Die<br />
Mädchen lernten von klein auf die Techniken der Ornamentgestaltung.<br />
Besonders viel Handarbeit fiel vor einer<br />
Hochzeit an. Fast alle Haushaltstextilien wie Handtücher,<br />
Bettlaken, Bettvolants, Gardinen, Kissenbezüge, Stores,<br />
Decken und Servietten wurden kunstvoll verziert. Auch<br />
Kleidungsstücke wie Blusen, Kleider und Schürzen wurden<br />
mit Stickereien verziert. Die Stickereien unterschieden<br />
sich voneinander sowohl in der Qualität des verwendeten<br />
Materials, als auch im Thema. Die wichtigste Technik<br />
war der Plattstich. Der Federstich kam seltener vor. Die<br />
Ränder von Handtüchern, Vorhängen und Bettvolants<br />
wurden mit einem Hohlsaum verziert.<br />
Traditionelle Ornamente bestanden aus Pflanzen- und<br />
Tiermotiven, geometrische Ornamente kamen viel seltener<br />
vor. Traditionell war die Darstellung von Tauben, Schwänen,<br />
Singvögeln und Enten. In vielen religiösen Sujets<br />
tauchte immer wieder die Sonne auf. Weit verbreitet war<br />
auch die Spitzenklöppelei.<br />
Илл.<br />
760–762<br />
Илл.<br />
763, 764<br />
Илл. 765<br />
отдельные геометрические формы, нередко со скошенными<br />
краями. Такая накладка в дальнейшем прибивалась<br />
на украшаемую поверхность жилища, ворот,<br />
мебели и т. д. Углубленной или выемчатой резьбой<br />
украшались стойки ворот, наличники.<br />
Самым распространенным видом прикладного народного<br />
творчества является вышивка. Вышивать умели<br />
все немецкие женщины, многие увлекаются вышиванием<br />
и сегодня. Рукоделием было заполнено все время,<br />
остававшееся от основной работы. Девочки обучались<br />
техническим приемам орнаментации с раннего возраста.<br />
Особенно много рукодельничали перед замужеством.<br />
С большим мастерством украшались почти<br />
все предметы бытового обихода: полотенца, простыни,<br />
подзоры, оконные занавески, наволочки, шторы, покрывала,<br />
салфетки и т. д. Вышивкой украшалась и<br />
одежда, в частности блузы, платья, фартуки. Вышивки<br />
отличались друг от друга как по качеству применяемого<br />
материала, так и по тематике. Основным видом<br />
техники являлось шитье гладью. Несколько реже применялось<br />
шитье тамбуром. Мережкой отделывали<br />
концы полотенец, занавесей, подзоров.<br />
Традиционный орнамент состоит из растительных<br />
и зооморфных мотивов, геометрический орнамент<br />
встречался гораздо реже. Традиционными были<br />
изображения голубей, лебедей, певчих птиц, уток.<br />
Изображения солнца присутствуют во многих религиозных<br />
сюжетах. Широко было распространено<br />
изготовление кружев.<br />
758<br />
758. Спальня в доме колониста. Фрагмент экспозиции «Немцы Причерноморья»<br />
в Одесском историко-краеведческом музее. Фото С. М. Дутки. 2010<br />
Schlafzimmer im Kolonistenhaus. Fragment der Ausstellung „Die Schwarzmeerdeutschen“<br />
im Odessaer historisch-heimatkundlichen Museum.<br />
Foto von S. M. Dutka. 2010<br />
759. Предметы женского рукоделия. Фрагмент выставки «Немцы в Сибири» Омского<br />
государственного историко-краеведческого музея. Фото П. Вибе. 1996<br />
Erzeugnisse von Frauenhandarbeit. Fragment der Ausstellung „Deutsche in Sibirien“ des<br />
Omsker staatlichen historisch-heimatkundlichen Museums. Foto von P. Wiebe. 1996<br />
759
760–762.<br />
Резьба по дереву в архитектуре колонистских построек в Поволжье.<br />
Фото А. Айсфельда. 1996, 2007<br />
Holzschnitzerei in der Architektur kolonistischer Bauten im Wolgagebiet.<br />
Foto von A. Eisfeld. 1996, 2007<br />
760<br />
761<br />
762<br />
763<br />
764<br />
765<br />
763. Полотенце (начало ХХ в., Бессарабия). Фото Е. А. Солодовой.<br />
2009. Тарутинский историко-краеведческий музей, Тарутино<br />
Одесской обл.<br />
Handtuch (Anf. 20. Jh., Bessarabien). Foto von E.A. Solodowa.<br />
Historisch‐heimatkundliches Museum Tarutino, Gebiet Odessa.<br />
764, 765.<br />
Рукоделие семьи Краубнер (конец XIX – начало ХХ в., Стрельна<br />
Санкт‐Петербургской губ.). Фото Н. П. Уральской (Краубнер). 2010.<br />
Erzeugnisse der Handarbeit der Familie Kraubner (Ende 19. – Anf. 20. Jh., Strelna,<br />
Gouvernement St. Petersburg). Foto von N. P. Ural’skaja (Kraubner). 2010
326 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Die nationale Küche<br />
Die nationale Küche ist im Vergleich zu allen anderen Bereichen<br />
der materiellen Kultur der Russlanddeutschen noch<br />
am besten erhalten. Bis heute haben wir es im Wesentlichen<br />
noch mit dem gleichen Ernährungsmodell zu tun, wie es<br />
bereits Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
bestand. Es basiert auf Gerichten aus Mehl, Milch und<br />
Fleisch. In den Dörfern backen die Hausfrauen auch heute<br />
noch jeden Tag Brot aus Weizenmehl. Der Vorteig dafür<br />
wird mit Milch oder Wasser und selbstgemachter Hefe<br />
angesetzt. Früher hat man die Hefe aus Hopfen zubereitet,<br />
heute verwendet man fertige Hefe. Neben Hefeteig wird<br />
auch Mürbeteig zubereitet. Es gibt verschiedene Arten<br />
von Backwaren, wie den Riebele kuchen, der bei keinem<br />
Fest fehlen darf, geschlungene Krepple, glasierte süße<br />
Brötchen, Pfeffernüsse genannt, Zwieback usw. Kuchen aus<br />
Hefe- oder Mürbeteig wird zu jedem Feiertag gebacken.<br />
Aus Butterteig werden alle möglichen Arten von Brötchen,<br />
Rollen und Formgebäck hergestellt.<br />
Einen recht bedeutenden Platz nehmen in der Speisekarte<br />
die Suppen ein. Die Deutschen bevorzugen Nudelsuppen<br />
mit Hühnerfleisch, dicke Mehlsuppen und Knödelsuppen.<br />
Die beliebteste Speise ist die Nudelsuppe, die hausgemachte<br />
Nudelsuppe mit Hühnerfleisch. Kinder mögen<br />
besonders die Schnitzsuppe, die aus einem Sud von<br />
getrockneten Früchten und Beeren zubereitet wird. Es<br />
gib sie in verschiedenen Varianten: kalt oder heiß, mit<br />
Reis, Brot oder Klößchen, mit Schwitze oder Sauerrahm.<br />
Außer diesen Suppen kochen die Deutschen gern Bohnensuppe<br />
(„Schaubelsuppe“), Krautsuppe, geschmälzte<br />
Kartoffelsuppe oder Riebelеsuppe, eine Brühe mit einer<br />
Einlage aus Mehl und Eiern.<br />
Beim Fleisch bevorzugen die Deutschen Schweinefleisch,<br />
gefolgt vom Geflügelfleisch, Rindfleisch wird seltener<br />
gegessen. Sehr beliebt sind Fleisch, Speck, Geflügel, Fisch<br />
Национальная кухня<br />
Abb. 766<br />
Abb. 767<br />
Илл. 766<br />
Илл. 767<br />
Национальная кухня российских немцев имеет наибольшую<br />
сохранность из всех сфер материальной культуры.<br />
В настоящее время в целом характерна та же модель<br />
питания, которая существовала в конце XIX – начале<br />
XX в. Ее основу составляют мучные, молочные и мясные<br />
блюда. В деревнях хозяйки и сейчас каждый день пекут<br />
хлеб из пшеничной муки. Опару для хлеба ставят на молоке<br />
или воде на собственных дрожжах, которые раньше<br />
приготовлялись из хмеля, а сейчас используют готовые.<br />
Кроме дрожжевого теста делают и пресное. Существуют<br />
различные варианты блюд из теста: «ривелькухе» (Riebelekuchen),<br />
без которого не обходится ни один праздник,<br />
крученые булки «крепли» (Krepple), сладкие глазированные<br />
булочки «певернис» (Pfeffernüsse), двойные булочки<br />
«цвибак» (Zwieback) и многие другие. «Кухе» (Kuchen) –<br />
изделия из дрожжевого или пресного теста – обязательно<br />
пекут в праздничные дни. Из сдобного теста стряпают<br />
всевозможные булочки, рулеты, фигурное печенье.<br />
Довольно значительное место в рационе составляют<br />
супы. Немцы предпочитают куриную лапшу, густые<br />
мучные супы, супы с клецками. Самым популярным<br />
является «нудльсуп» (Nudelsuppe) – домашняя куриная<br />
лапша. Одним из наиболее любимых детьми первых блюд<br />
является «шницсуп» (Schnitzsuppe), основу которого составляет<br />
отвар из сушеных фруктов или ягод. Он бывает<br />
нескольких разновидностей: холодный и горячий, с рисом,<br />
хлебом, клецками, поджаренной мукой, сметаной.<br />
Кроме этих супов немцы варят фасолевый суп «шоблсуп»<br />
(Schaubelsuppe), суп с капустой «краутсуп» (Krautsuppe),<br />
суп с картофелем и яйцом «шмалсуп» (geschmälzte<br />
Kartoffelsuppe), суп с затертой мукой «ривельсуп» (Riebelesuppe)<br />
и др.<br />
Из всех видов мяса немцы предпочитают свинину.<br />
На втором месте по степени употребления стоит мясо<br />
767<br />
766. Предметы домашнего обихода в экспозиции Крымского республиканского<br />
этнографического музея. Фото И. Сальникова, В. Темной. 2012.<br />
766<br />
Haushaltsgeräte in der Ausstellung des Ethnographischen Museums der Republik<br />
Krim, Simferopol. Foto von I. Salnikow, V. Temnaja. 2012.<br />
767. Вафельница (нач. ХХ в., Бессарабия).<br />
Фото Е. А. Солодовой. 2009. Частный историкоэтнографический<br />
музей Эдвина Кельма,<br />
Мирнополье (Фриденсталь) Одесской обл.<br />
Herdwaffeleisen (Anf. 20. Jh., Bessarabien).<br />
Foto von E. A. Solodowa. 2009. Historischethnographisches<br />
Privatmuseum von Edwin Kelm,<br />
Mirnopolje (Friedenstal), Gebiet Odessa
Немцы в российской истории 327<br />
und Wurst, die man kalt oder heiß räuchert, um sie besser<br />
lagern zu können.<br />
Aus Fleisch und Innereien werden verschiedene Würste<br />
hergestellt. Hauptsächlich sind es zwei Arten: rohgeräucherte<br />
Wurst und Leberwurst. Zum Füllen der Würste<br />
werden spezielle Pressen eingesetzt. Außerdem werden mit<br />
Fleisch oder Brei gefüllte Magen („Schwademache“) geräuchert.<br />
Früher hat man sie zur Heumahd und zu anderen<br />
Feldarbeiten mitgenommen. Bei den Mennoniten wurde<br />
die Küche durch die Besonderheiten ihres Glaubens beeinflusst,<br />
so gibt es in ihrer Küche keine Blutwurst.<br />
Beeren und Früchte werden getrocknet oder zu Konfitüren<br />
verarbeitet. Neben den traditionellen Arten der Konfitüre<br />
aus Himbeeren, Johannisbeeren oder Äpfeln kochen die<br />
Deutschen Konfitüren auch aus Korallenkirschen, Rhabarber<br />
und Blasenkirschen, die in ihrer Umgebung als<br />
„deutsche Konfitüre“ bezeichnet wird. Diese Pflanzen,<br />
deren Früchte man „deutsche Beeren“ nennt, werden in<br />
den Gemüsegärten speziell dazu angebaut.<br />
Früher wurde kein Zucker gekauft, stattdessen verwendete<br />
man süßen Sirup. Für die Herstellung von Sirup wurden<br />
Zuckerrüben, seltener auch Möhren, Kürbisse oder Wassermelonen,<br />
gekocht, geschält und mit einer speziellen Presse<br />
ausgepresst. Der dabei entstehende süße Saft wurde zu<br />
einem dickflüssigen Sirup eingekocht und zur Aufbewahrung<br />
in Eimer oder Flaschen gefüllt. Dieser Sirup wurde<br />
Teig, Konfitüren und anderen Speisen zugegeben.<br />
In deutschen Dörfern ist die Milchverarbeitung gut entwickelt.<br />
Aus der Milch werden Sauerrahm, Butter, Quark<br />
und Käse zubereitet. Die Molke wird für den Teig verwendet.<br />
Als Nationalgetränk gilt Kaffee mit Sahne. Da echter<br />
Kaffee früher eine Seltenheit war, haben die Deutschen<br />
einen Kaffee-Ersatz bereitet, für deren Herstellung Zichorie<br />
sowie geröstete Gerste- und Weizenkörner gemahlen<br />
wurden. Manchmal gaben sie noch getrocknete und<br />
Abb. 768<br />
Abb.<br />
769, 770<br />
Abb. 771<br />
птицы, говядину едят реже. Весьма популярно копчение<br />
продуктов (мяса, сала, птицы, рыбы, колбас)<br />
горячим и холодным способом, которое применяется<br />
для заготовки продуктов впрок.<br />
Из мяса и субпродуктов изготавливают различные<br />
колбасы. В основном делают два вида колбас: сырокопченую<br />
и ливерную. Для набивки колбас используют<br />
специальные прессы. Кроме того, коптят желудки,<br />
фаршированные мясом или кашей «швадемахе»<br />
(Schwademagen). Раньше их обычно брали с собой<br />
на сенокос и другие полевые работы. Особенности<br />
религии меннонитов повлияли и на их кухню, в которой<br />
отсутствует кровяная колбаса.<br />
Ягоды и фрукты сушат или варят варенье. Кроме<br />
традиционных видов варенья (малинового, смородинового,<br />
яблочного), немцы варят варенье из паслена,<br />
ревеня и физалиса, которое окружающее население<br />
называет «немецким». Эти растения, плоды которых<br />
в окрýге называют «немецкой ягодой», специально<br />
выращивают на огородах.<br />
Сахар раньше не покупали, а вместо него использовали<br />
сладкий сироп. Для его приготовления сахарную<br />
свеклу (реже морковь, тыкву или арбуз) отваривали,<br />
чистили и давили специальным прессом. Полученный<br />
сладкий сок уваривали до густоты сиропа. Его хранили<br />
в ведрах или флягах. Сироп добавляли в тесто, варенье<br />
и другие продукты.<br />
В немецких деревнях хорошо развита переработка<br />
молока. Из него делают сметану, масло, творог, сыр.<br />
На сыворотке ставят тесто. Национальным напитком<br />
считается кофе со сливками. Поскольку раньше натуральный<br />
кофе был редкостью, немцы готовили<br />
заменители кофе: мололи цикорий, жареные зерна<br />
ячменя, пшеницы, иногда добавляли молотые сушеные<br />
горох, фасоль, морковь. Кроме кофе, в качестве<br />
Илл. 768<br />
Илл.<br />
769, 770<br />
Илл. 771<br />
768<br />
768. Варка арбузного меда. Я. Вебер. 1937. Энгельсский краеведческий музей, Энгельс<br />
Kochen von Wassermelonenhonig. Ja. Weber. 1937. Heimatkundemuseum, Engels
769 771<br />
770<br />
772<br />
769. Маслобойки в экспозиции Крымского республиканского<br />
этнографического музея. Фото И. Сальникова, В. Темной. 2012<br />
Butterfässer in der Ausstellung des Ethnographischen Museums<br />
der Republik Krim, Simferopol. Foto von I. Salnikow, V. Temnaja. 2012<br />
770. Маслобойка (1920-е гг.). Фото И. Черказьяновой. 1996.<br />
Омский государственный историко-краеведческий музей, Омск<br />
Butterfass (1920er J.). Foto von I. Tscherkazjanowa. 1996.<br />
Omsker staatliches historisch-heimatkundliches Museums, Omsk<br />
771. Ручная мельница (1890-е гг., импорт из Германии).<br />
Фото Е. А. Солодовой. 2009. Школьный историкоэтнографический<br />
музей, Базарьянка Одесской обл.<br />
Kaffeemühle (1890er J., importiert aus Deutschland).<br />
Foto von E. A. Solodova. 2009. Historisch-ethnographisches<br />
Schulmuseum. Basarjanka, Gebiet Odessa<br />
772. Виноградный пресс (начало ХХ в., Бессарабия).<br />
Фото Е. А. Солодовой. 2009. Частный историко-этнографический<br />
музей Эдвина Кельма, Мирнополье (Фриденсталь) Одесской обл.<br />
Traubenpresse (Anf. 20. Jh., Bessarabien). Foto von E. A. Solodowa.<br />
2009. Historisch-ethnographisches Privatmuseum von Edwin Kelm.<br />
Mirnopolje (Friedenstal), Gebiet Odessa<br />
773. Петр I в иноземном наряде. Н. В. Неверов. 1903. Ставропольский<br />
краевой музей изобразительных искусств, Ставрополь<br />
Peter I. in ausländischer Kleidung. N. W. Newerow. 1903. Museum<br />
der Region Stawropol für bildende Künste, Stawropol<br />
773
Немцы в российской истории 329<br />
gemahlene Erbsen, Bohnen oder Karotten hinzu. Neben<br />
Kaffee wurden oft Milchcrèmes mit Beeren, getrockneten<br />
Früchten und Blasenkirschen oder „Milch-Kissel“ serviert.<br />
An alkoholischen Getränken gab es hausgemachten Wein<br />
und selbstgebrannten Schnaps, hergestellt aus Zuckerrüben,<br />
Zuckermelasse, Weizen, Gerste oder Kartoffeln.<br />
Die Ernährungsmodelle hingen auch davon ab, was in den<br />
einzelnen Regionen angebaut wurde. In der Schwarzmeerregion<br />
überwogen Produkte aus dem Wein- und Gartenbau, an<br />
der Wolga waren es Gemüse, Obst und Melonen und in Sibirien<br />
einheimische Beeren, Pilze, Wild und Geflügel.<br />
Die Deutschen bereiten viele Gerichte zu, die sie aus der<br />
Küche benachbarter Völker, vor allem aus der russischen<br />
Küche, übernommen haben. In südlichen Regionen werden<br />
oft ukrainische Speisen wie Borschtsch oder Wareniki, mit<br />
Quark gefüllte Teigtaschen, zubereitet. Deutsche, die in<br />
Nachbarschaft mit Kasachen leben, zählen Beschbarmak,<br />
Plow oder Baursaken, frittierte Krapfen aus Hefeteig, zu<br />
ihren Nationalgerichten. Trotz dieser Einflüsse ist die traditionelle<br />
deutsche Küche noch recht gut erhalten.<br />
Abb. 772<br />
напитков часто употребляли молочные муссы с добавлением<br />
ягод, сухофруктов, физалиса и молочные<br />
кисели. Из алкогольных напитков распространены<br />
домашнее вино и самогон, который перегоняют<br />
из сахарной свеклы, патоки, пшеницы, ячменя,<br />
картофеля.<br />
Модели питания различались по регионам в зависимости<br />
от хозяйственных занятий. Например,<br />
в Причерноморье значительное место в рационе<br />
занимали продукты садоводства и виноградарства,<br />
в Поволжье – овощи, фрукты и бахчевые культуры,<br />
в Сибири – местные ягоды, грибы, мясо диких<br />
зверей и птиц.<br />
Немцы готовят множество блюд, заимствованных<br />
из кухни окружающих народов, особенно русских.<br />
В южных районах часто готовят украинские блюда<br />
(борщ, вареники). Немцы, живущие по соседству<br />
с казахами, считают своими национальными блюдами<br />
бешбармак, плов, баурсаки и т. д. Но несмотря<br />
на изменения традиционная немецкая кухня сохраняется<br />
достаточно хорошо.<br />
Илл. 772<br />
Kleidung<br />
Die Bemühungen Peters I. und seiner Nachfolger, in Russland<br />
europäische Mode und europäische Umgangsformen<br />
einzuführen und den oberen Gesellschaftsschichten die<br />
europäische Lebensweise näher zu bringen, waren die<br />
Voraussetzung dafür, dass von Ausländern nach Russland<br />
mitgebrachte Elemente der Bekleidung lange erhalten<br />
blieben. Dazu trug auch die Entwicklung des Handels,<br />
insbesondere des Imports von Stoffen, Spitzen, Knöpfen,<br />
Spangen und anderen Accessoires bei.<br />
Bei der Übersiedlung nach Russland trugen Deutsche und<br />
Mennoniten die für ihren sozialen Stand und ihre Region<br />
typischen Kleider und Schuhe, wodurch sie sich in ihrem<br />
Aussehen deutlich von der Umgebung in den neuen Siedlungsorten<br />
unterschieden. Nicht immer hatten die Siedler<br />
auch warme Kleidung dabei. Einige Gruppen, die Anfang<br />
des 19. Jahrhunderts ins Schwarzmeergebiet kamen, trugen<br />
nur Kaftane und Schirmmützen, ohne zu ahnen, dass es<br />
auch dort harte Winter geben kann. So mussten Beamte<br />
für die neuen Kolonisten in den umliegenden Dörfern<br />
Odessas Pelzmäntel aus Schafsfell kaufen.<br />
Förderlich für den Erhalt der traditionellen Kleidung und<br />
des traditionellen Schuhwerks bei den Kolonisten und<br />
ländlichen Handwerkern war deren abgeschiedene Lebensweise<br />
in der Gemeinde, die durch das Verbot, Grund und<br />
Boden an Nichtgemeindemitglieder zu verkaufen oder zu<br />
verpachten, vor dem Eindringen fremder Elemente bewahrt<br />
wurde. Weitere Voraussetzungen, die dazu beitrugen, nationale<br />
Besonderheiten der Bekleidung zu erhalten, waren<br />
die Forderungen von Kolonialbehörden und Kirche, ein<br />
sittsames Leben zu führen und die Kirchenfeiertage einzuhalten.<br />
Unter diesen Voraussetzungen kamen die Kolonisten<br />
in Kontakt zur übrigen Bevölkerung vor allem während des<br />
Besuchs der Märkte oder wenn Beamte und Händler in den<br />
Kolonien auftauchten. In den Kolonien Südrusslands waren<br />
vor allem in den Mennoniten-Kolonien in der Mitte des<br />
19. Jahrhunderts zahlreiche Saisonarbeiter aus russischen<br />
Abb. 773<br />
Abb.<br />
774–776<br />
Abb. 777<br />
Одежда<br />
Меры по введению европейской одежды, манер поведения<br />
и приобщения высших слоев общества к европейскому<br />
образу жизни, предпринятые Петром I и<br />
его преемниками, создали условия для длительного<br />
сохранения привнесенных иностранцами в Россию<br />
элементов одежды. Этому способствовало и развитие<br />
торговли в части импорта тканей, кружев, пуговиц,<br />
пряжек и других аксессуаров.<br />
При переселении в Россию немцы и меннониты имели<br />
одежду и обувь, характерные для их сословия и<br />
региона выхода, что визуально отличало их от окружающего<br />
населения в новых местах проживания.<br />
Не всегда поселенцы имели с собой теплую одежду.<br />
Некоторые группы, прибывшие в Причерноморье<br />
в начале XIX в., были одеты лишь в кафтаны и<br />
фуражки, видимо, не подозревая, что и здесь бывает<br />
суровая зима. К примеру, для новых колонистов под<br />
Одессой чиновники закупали в окрестных селах<br />
бараньи тулупы.<br />
Сохранению традиционной одежды и обуви у колонистов<br />
и сельских ремесленников способствовало<br />
обособленное проживание в своей общине, огражденной<br />
от проникновения в нее инородных элементов<br />
запретом продажи или сдачи в аренду земли не<br />
членам общины. Другими условиями, способствовавшими<br />
консервации национальных особенностей<br />
одежды, были требования колониального начальства<br />
и духовенства к ведению «пристойного» образа жизни<br />
и соблюдению церковных праздников. В этих<br />
условиях контакты колонистов с другим населением<br />
имели место, прежде всего, при посещении ими рынков<br />
и визитах в колонии чиновников или торговцев.<br />
В колониях юга России, особенно меннонитских,<br />
к середине XIX в. работало значительное количество<br />
сезонных рабочих из русских и украинских<br />
Илл. 773<br />
Илл.<br />
774–776<br />
Илл. 777
774<br />
775<br />
776<br />
777<br />
778
Немцы в российской истории 331<br />
und ukrainischen Dörfern beschäftigt. Sie hatten einen niedrigeren<br />
sozialen und wirtschaftlichen Status als ihre Arbeitgeber<br />
und übernahmen selbst deren deutsche Lebensweise.<br />
In der Zeit nach den Reformen war die deutsche Landbevölkerung<br />
deutlich mobiler geworden. Junge Männer leisteten<br />
ihren Wehrdienst in der russischen Armee, die überzählige<br />
Bevölkerung war in den Städten auf Arbeitssuche. Ein Teil<br />
der Wolgadeutschen suchte auch in Baku und den Industriegebieten<br />
Zentralrussland nach einem Broterwerb. Die<br />
Deutschen aus den Gouvernements St. Petersburg, Saratow<br />
und Samara sowie aus Südrussland nahmen intensiver<br />
am Warenaustausch mit der städtischen Bevölkerung teil,<br />
wodurch Stoffe und Konfektionsbekleidung, wie Kopfbedeckungen<br />
oder Winterbekleidung, Einzug in die Kolonien<br />
hielten. Diese Bekleidung wurde aus Stoffen hergestellt,<br />
die in Manufakturen produziert wurden und den für die<br />
Wolga-Region traditionellen hausgemachten Sarpinka-Stoff<br />
ablösten. Die Industrialisierung Ende des 19. und Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts führte zur Verdrängung der Heimarbeit<br />
durch Fabrikerzeugnisse.<br />
Anfang des 21. Jahrhunderts findet man nur noch wenige<br />
traditionelle Elemente an der Bekleidung, da es die bäuerliche<br />
Volkstracht seit Anfang des 20. Jahrhunderts praktisch nicht<br />
mehr gibt. Die Kleidung orientierte sich jetzt am städtischen<br />
Schnitt und wurde mit wenigen Ausnahmen aus gekauften<br />
Stoffen gefertigt. Und dennoch wies die Kleidung der Deutschen<br />
Unterschiede zu anderen Volksgruppen auf. So trugen<br />
die Frauen noch lange Hauben und bestickte Schürzen. Auch<br />
bestimmte zeremonielle Kleidungsstücke, wie Hochzeitsoder<br />
Trauerkleidung, blieben in ihrer traditionellen Form<br />
erhalten. Es gab Traditionen, wie man sich an bestimmten<br />
kalendarischen Feiertagen kleiden sollte, und in vielen Familien<br />
wurden Schuhe mit Holzsohle gefertigt.<br />
In den 1930er Jahren verschwand aufgrund der schweren<br />
wirtschaftlichen Lage die Kleidung mit traditionellem<br />
Schnitt. Noch vorhandene Kleidungsstücke waren verschlissen,<br />
wurden umgenäht oder eingetauscht. Die Kontinuität<br />
Abb. 778<br />
Abb.<br />
779–781<br />
Abb.<br />
782–784<br />
Abb.<br />
785, 786<br />
Abb.<br />
787, 788<br />
Abb.<br />
789–791<br />
сел. По социальному и экономическому положению<br />
они были ниже своих работодателей и сами приобщались<br />
к немецкому образу жизни.<br />
В пореформенный период мобильность немецкого<br />
сельского населения значительно возросла. Молодые<br />
мужчины проходили военную службу в российской<br />
армии, избыточное население искало возможность<br />
заработка в городах. Часть немцев Поволжья уходила<br />
на заработки в Баку и Центральный промышленный<br />
район. Немцы Санкт-Петербургской, Саратовской,<br />
Самарской губерний и юга России интенсивнее приобщались<br />
к товарообмену с городским населением,<br />
что, в свою очередь, открыло доступ в колонии<br />
тканей и готовой одежды (головных уборов, зимней<br />
одежды), изготовленных из мануфактурных тканей,<br />
вместо традиционной для Поволжья домотканой<br />
сарпинки. Индустриализация конца XIX – начала<br />
XX в. привела к вытеснению домашних промыслов<br />
и их замене фабричными изделиями.<br />
Традиционных элементов в одежде к началу ХХI в.<br />
сохранилось очень мало, поскольку народный крестьянский<br />
костюм уже к началу ХХ в. практически<br />
перестал существовать. Одежда была городского<br />
типа и шилась, за редким исключением, из покупных<br />
тканей. И все же, одежда немцев имела отличия<br />
от одежды других этнических групп: например,<br />
длительное время в женском комплекте одежды<br />
сохранялись чепцы и украшенные вышивкой фартуки.<br />
Своеобразной была обрядовая, например,<br />
свадебная и похоронная, одежда, существовали<br />
традиции ряженья во время календарных праздников,<br />
во многих семьях изготавливали обувь<br />
на деревянной подошве.<br />
В 1930‐е гг., в связи с тяжелым экономическим положением,<br />
происходит исчезновение одежды традиционного<br />
покроя. Имеющаяся одежда изнашивалась,<br />
перешивалась, выменивалась. Так, фактически была<br />
Илл. 778<br />
Илл.<br />
779–781<br />
Илл.<br />
782–784<br />
Илл.<br />
785, 786<br />
Илл.<br />
787, 788<br />
Илл.<br />
789–791<br />
774. Портрет Зейферт (Покровская слобода Самарской губ.,<br />
ныне г. Энгельс). М. Головачев. 1832. Саратовский<br />
государственный художественный музей<br />
им. А. Радищева, Саратов<br />
Portrait Frau Seifert (Pokrowskaja Vorstadt,<br />
Gouvernement Samara; heute: Stadt Engels).<br />
M. Golowatschjew. 1832. Saratower A. Radischtschew-<br />
Museum für bildende Künste, Saratow<br />
775. Немецкие колонисты из окрестностей<br />
Санкт‐Петербурга на фоне типичного жилища.<br />
С литографии по рисунку Джиржановского. 1862<br />
Deutsche Kolonisten aus der Umgebung von<br />
St. Petersburg auf dem Hintergrund eines typischen<br />
Hauses. Lithographie nach einer Zeichnung<br />
von Dzierzanovsky. 1862<br />
776. Колонисты Рибенсдорфа Воронежской губернии.<br />
С литографии по рис. В. Тимма. Фрагмент. 1861<br />
Kolonisten aus Riebensdorf im Gouvernement Woronjesch.<br />
Lithographie nach einer Zeichnung von W. Timm. Fragment. 1861<br />
777. Воскресная одежда поволжских колонисток для посещения церкви.<br />
Фото. Конец XIX в. Землячество немцев из России, Штутгарт<br />
Festkleidung von Kolonistinnen des Wolgagebiets für den Kirchgang.<br />
Foto. Ende 19. Jh. Landsmannschaft der Deutschen aus Russland,<br />
Stuttgart<br />
778. Повседневная одежда поволжских колонистов.<br />
А. Я. Вебер. 1909. Частное собрание<br />
Alltagskleidung wolgadeutscher Kolonisten.<br />
A. Ja. Weber. 1909. Private Sammlung
779 780<br />
781<br />
779. Самопрялки, собранные в ходе<br />
экспедиций Омского университета.<br />
Фото А. Айсфельда. 2006.<br />
Spinnräder, geborgen während der Expeditionen<br />
der Universität Omsk. Foto von A. Eisfeld. 2006<br />
782<br />
780. Ткацкий станок (Бессарабия). Начало ХХ в.<br />
Фото Е. А. Солодовой. 2009. Частный<br />
историко-этнографический музей Эдвина<br />
Кельма, Мирнополье Одесской обл.<br />
Webstuhl (Bessarabien). Anfang 20. Jh.<br />
Foto von E. A. Solodowa. 2009. Historischethnographisches<br />
Privatmuseum von Edwin<br />
Kelm. Mirnopolje, Gebiet Odessa<br />
781. Повседневная одежда поволжских колонисток<br />
из сарпинки, традиционно с головным<br />
платком. Фото. Начало ХХ в. Землячество<br />
немцев из России, Штутгарт<br />
Alltagskleidung wolgadeutscher Kolonistinnen<br />
aus Sarpinka mit dem traditionellen Kopftuch.<br />
Foto. Anfang 20. Jh. Landsmannschaft der<br />
Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />
782. Одежда меннонитов (семья учителя<br />
П. Я. Нейфельда, Гальбштадт<br />
Таврической губ.). Фото. Начало ХХ в.<br />
Семейный архив И. И. Вильмсена<br />
Kleidung von Mennoniten (Familie des Lehrers<br />
P. Ja. Neufeld, Halbstadt, Gouvernement Taurien).<br />
Foto. Anfang 20. Jh. Familienarchiv von<br />
J. J. Wilmsen<br />
783. Праздничная одежда меннонитов (Аполлоновка Омского уезда). Фото. Начало ХХ в.<br />
Музей этнографии Омского государственного университета<br />
Festliche Kleidung von Mennoniten (Apollonowka, Bezirk Omsk). Foto. Anfang 20. Jh.<br />
Ethnographisches Museum der staatlichen Universität Omsk<br />
783
784 785<br />
784. Повседневная одежда фабричного производства у<br />
мужчин-колонистов. Фото. Начало ХХ в. Землячество<br />
немцев из России, Штутгарт<br />
Kleidung aus Fabrikherstellung, vor allem bei den<br />
Männern. Foto. Anfang 20. Jh. Landsmannschaft der<br />
Deutschen aus Russland, Stuttgart<br />
785. Традиционный головной убор меннониток<br />
(Самарская губ.). Фото. Начало ХХ в. Издательство<br />
«Заменкорн», Штейнхаген<br />
Traditionelle Kopfbedeckungen mennonitischer Frauen<br />
(Gouvernement Samara). Foto. Anfang 20. Jh. Verlag<br />
„Samenkorn“, Steinhagen<br />
786. Передник (начало ХХ в., Причерноморье). Фото. 2003.<br />
Одесский историко-краеведческий музей, Одесса<br />
Schürze (Anf. 20. Jh., Schwarzmeergebiet). Foto. 2003.<br />
Odessaer historisch-heimatkundliches Museum, Odessa<br />
787. Курение трубки – традиционное занятие поволжских<br />
колонистов. Книжная иллюстрация. 1914<br />
Pfeife rauchen war eine traditionelle Beschäftigung der<br />
deutschen Kolonisten an der Wolga. Buchillustration. 1914<br />
788. Трубка курительная. Середина XIX в. Фото С. М. Дутки.<br />
2010. Одесский историко-краеведческий музей, Одесса<br />
Tabakspfeife. Mitte 19. Jh. Foto von S. M. Dutka. 2010.<br />
Odessaer historisch-heimatkundliches Museum, Odessa<br />
786<br />
788<br />
787
789. Немки-колонистки чинят одежду,<br />
за прялкой – девочка (АССР НП).<br />
Фото. 1927–1928. Российский<br />
государственный архив<br />
кинофотодокументов (РГАКФД),<br />
Красногорск<br />
Deutsche Kolonistinnen beim<br />
Ausbessern der Kleidung.<br />
Am Spinnrad – ein Mädchen<br />
(ASSRdWD). Foto. 1927–1928.<br />
Russisches Staatsarchiv für Filmund<br />
Fotodokumente (RGAKFD),<br />
Krasnogorsk<br />
789<br />
790. Одежда немцев-крестьян (собрание<br />
по вопросам организации колхоза,<br />
Сибирский край). Фото. 1930.<br />
РГАКФД, Красногорск<br />
Kleidung deutscher Bauern<br />
(Versammlung zur Gründung einer<br />
Kolchose, Sibirien). Foto. 1930.<br />
RGAKFD, Krasnogorsk<br />
790<br />
791 792<br />
791. Женщина-немка (колонистка). Я. Вебер. 1936.<br />
Частное собрание<br />
Deutsche Kolonistenfrau. Ja. Weber. 1936.<br />
Private Sammlung<br />
792. Проповедники и слушатели меннонитской библейской школы в зимней одежде<br />
(Самарская губ.). Фото. 1923. Издательство Ней-Самара, Варендорф<br />
Prediger und Schüler der mennonitischen Bibelschule in Winterkleidung<br />
(Gouvernement Samara). Foto. 1923. Verlag Neu Samara, Warendorf
Немцы в российской истории 335<br />
in der Entwicklung und Bereicherung der deutschen<br />
Nationaltracht war unterbrochen. Die Alltagskleidung<br />
wurde zu Hause genäht, Festkleidung ließ man von einer<br />
Schneiderin anfertigen. Frauen, die eine Nähmaschine<br />
besaßen, gingen oft von Haus zu Haus und nähten Bekleidung<br />
auf Bestellung. Die Festkleidung unterschied sich<br />
von der Alltagskleidung nicht durch den Schnitt, sondern<br />
dadurch, dass sie aus teureren Stoffen gefertigt wurde,<br />
reich verziert und neu war. War sie abgetragen, wurde sie<br />
oft zu Kindersachen umgenäht. Die Kinderkleidung war<br />
meistens eine Kopie der Erwachsenenkleidung. Die ganz<br />
kleinen Jungen und Mädchen steckte man in Kleider mit<br />
großen spitzenbesetzten Kragen, Pantalons und Hauben<br />
mit gehäkelten Spitzen. Kleine Jungen trugen ähnlich wie<br />
Mädchen Kleider und Hauben, für ältere Jungen wurden<br />
Hemden und Trägerhose genäht.<br />
Das raue Klima führte dazu, dass bei den Deutschen Winterkleidung<br />
mit vielen Elementen, die man von der einheimischen<br />
Bevölkerung übernommen hatte, aufkam. Dazu<br />
gehörten beispielsweise Filzstiefel, Schafsfellmäntel und<br />
-jacken, Pelzmützen und Wolltücher. Im Winter wurden<br />
gern Stricksachen aus Schafswolle, wie Fäustlinge, Socken,<br />
Pullover, Strümpfe und Kniestrümpfe, getragen.<br />
Heute findet man typische Elemente nur noch vereinzelt<br />
in der Kleidung älterer Leute. Das zeigt sich in Nuancen,<br />
z. B. darin, dass sie hell- und dunkelbraune, weiße und<br />
schwarze sowie gestreifte und karierte Stoffe bevorzugen.<br />
Die Tradition der Mennoniten, sich nur schwarz zu kleiden,<br />
war unter russischen Verhältnissen schwer einzuhalten.<br />
Daher waren sie bemüht, sich stets sehr einfach und<br />
bescheiden zu kleiden. Lange Zeit machten sie keinen<br />
Unterschied zwischen der Alltags- und Festkleidung und<br />
benutzten kein Beiwerk aus Metall.<br />
Die deutsche Volkstracht, wie sie sich zum Ende des<br />
19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter<br />
прервана линия постоянного развития и обогащения<br />
немецкого костюма. Повседневную одежду шили в домашних<br />
условиях. Праздничную одежду чаще шили<br />
портнихи. Те женщины, у которых были швейные машины,<br />
часто ходили по домам и шили на заказ. Праздничная<br />
одежда от будничной отличалась не покроем,<br />
а тем, что она шилась из более дорогих тканей, богато<br />
украшалась, была новой. Потом ее донашивали дома,<br />
часто перешивали на детские вещи. Детская одежда<br />
чаще всего копировала взрослую. Совсем маленьких<br />
мальчиков и девочек одевали в платья с большими<br />
кружевными воротниками, панталоны и чепчики,<br />
которые также украшались кружевом, связанным<br />
крючком. Маленьких мальчиков одевали так же, как<br />
и девочек, в платья и чепчики, а мальчикам постарше<br />
шили рубашечки и штанишки на лямках.<br />
Суровый климат привел к появлению у немцев зимнего<br />
комплекта одежды, многие элементы которого были<br />
позаимствованы у местного населения, например, валенки,<br />
овчинные шубы и полушубки, меховые шапки<br />
и шерстяные шали. Зимой носили много вязаных<br />
вещей из овечьей пряжи: варежки, носки, жилеты,<br />
свитера, чулки и гольфы.<br />
В настоящее время незначительная специфика сохраняется<br />
лишь в одежде пожилых людей. Она заключается<br />
в нюансах, например, в предпочтении коричневого,<br />
болотного, белого и черного цветов, клетки и полоски.<br />
Существующая у меннонитов традиция одеваться<br />
только в черное в российских условиях была трудно<br />
выполнима. Поэтому они старались носить простую,<br />
скромную одежду. У них долгое время не было различия<br />
между праздничной и повседневной одеждой,<br />
они не использовали металлическую фурнитуру.<br />
Немецкий народный костюм, сложившийся в конце<br />
XIX – начале XX в. в русле общеевропейских<br />
Abb. 792 Илл. 792<br />
Abb.<br />
793, 794<br />
Илл.<br />
793, 794<br />
793. Зимняя юбка с лифом (начало ХХ в., Поволжье).<br />
Саратовский областной музей краеведения,<br />
Саратов<br />
Stickrock mit Bluse (Anf. 20. Jh., Wolgagebiet).<br />
Saratower Gebietsmuseum für Heimatkunde,<br />
Saratow<br />
794. Вязаные чулки с вышивкой (начало ХХ в.,<br />
Поволжье). Саратовский областной музей<br />
краеведения, Саратов<br />
Strickstrümpfe mit Stickerei (Anf. 20. Jh.,<br />
Wolgagebiet). Saratower Gebietsmuseum<br />
für Heimatkunde, Saratow<br />
793 794
336 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
dem Einfluss allgemeiner europäischer Bekleidungstrends entwickelt<br />
hatte, konnte bis in die 1930er Jahre hinein eine Reihe<br />
spezifischer Merkmale bewahren. Danach ist die traditionelle<br />
Kleidung nahezu völlig verschwunden und nur noch in Form<br />
einzelner Elemente der Tracht erhalten.<br />
тенденций развития одежды, сохранял в себе ряд<br />
самобытных черт вплоть до 1930‐х гг. В дальнейшем<br />
традиционный комплекс одежды был почти полностью<br />
утрачен, сохраняясь в отдельных элементах<br />
лишь в обрядовой одежде.<br />
Familienbräuche und -Riten<br />
Семейные обряды и обычаи<br />
Abb. 795<br />
Abb. 796<br />
Familienbräuche und -riten spielen in der Kultur eines jeden<br />
Volkes eine wichtige Rolle. Gerade in der Familie werden<br />
traditionelle Beziehungen, Verhaltensnormen, Besonderheiten<br />
aus dem Alltag und die Muttersprache fortwährend<br />
reproduziert. Familiäre Traditionen gibt es sehr viele und<br />
unterschiedliche, aber aus ihnen heben sich drei besonders<br />
beständige Gruppen von Riten und Bräuchen heraus, die mit<br />
den wichtigsten Momenten im Leben eines jeden Menschen<br />
verbunden sind, nämlich mit der Geburt, der Gründung<br />
einer Familie und dem Tod. Dabei geht es um Geburts-,<br />
Hochzeits- und Trauerbräuche.<br />
Die traditionelle deutsche Familie war kinderreich. Daher<br />
wurde die Geburt eines Kindes, wenn ein neuer Mensch auf<br />
die Welt kam, von einer Vielzahl an Riten und Bräuchen<br />
begleitet. Das waren beispielsweise Bräuche, die mit der<br />
Schwangerschaft zu tun hatten und auf die Gesundheit der<br />
Mutter, eine leichte und unkomplizierte Entbindung sowie<br />
die Geburt eines gesunden Kindes abzielten. Dazu gehörten<br />
zahlreiche Verbote, wie das Verbot, Zähne zu ziehen, Haare zu<br />
schneiden, zu spinnen oder einem Brand zuzuschauen. Nach<br />
der Geburt des Kindes folgten zahlreiche reinigende Riten und<br />
Riten, die die Gesundheit des Kindes in der Anfangsphase<br />
seines Lebens sichern sollten. Bei Lutheranern und Katholiken<br />
war es üblich, Kinder so früh wie möglich zu taufen, daher<br />
folgte als nächstes der Ritus der Taufe.<br />
War kein Pfarrer vor Ort, tauften Alte, die sich in den<br />
Bräuchen gut auskannten, das Kind. Bei der Taufe gaben<br />
Илл. 795<br />
Илл. 796<br />
Семейные обряды и обычаи играют очень важную<br />
роль в культуре любого народа. Именно в семье<br />
воспроизводятся традиционные отношения, нормы<br />
поведения, бытовая специфика и родной язык. Семейные<br />
традиции многочисленны и разнообразны,<br />
но среди них выделяются три наиболее устойчивые<br />
группы обрядов и обычаев, связанные с самыми важными<br />
моментами в жизни любого человека – рождением,<br />
созданием семьи и смертью. Это родильные,<br />
свадебные и похоронные обряды и обычаи.<br />
В традиционной немецкой семье было много детей.<br />
Поэтому рождение ребенка, появление человека<br />
на свет, сопровождалось большим комплексом обрядов<br />
и обычаев. Это, например, обычаи, связанные<br />
с беременностью, которые были направлены<br />
на здоровье матери, легкие и благополучные роды<br />
и рождение здорового ребенка. Эти обычаи включали<br />
в себя многочисленные запреты (удалять зубы,<br />
стричь волосы, прясть, смотреть на пожар и т. д.).<br />
После рождения ребенка следовал цикл очищающих<br />
обрядов и тех обрядов, которые должны были<br />
обеспечить здоровье в начальный период жизни<br />
малыша. У лютеран и католиков было принято<br />
крестить детей как можно раньше, поэтому далее<br />
следовал обряд крещения.<br />
Если не было священника, то детей крестили старики,<br />
которые хорошо знали обычаи. Во время крещения<br />
795<br />
795. Хроника семьи Швинд (Норка, Поволжье).<br />
Традиция ведения семейной хроники привнесена в Россию<br />
немецкими колонистами. XVIII–XIX вв.<br />
Chronik der Familie Schwindt (Norka, Wolgagebiet).<br />
Das Führen einer Familienchronik wurde von deutschen<br />
Kolonisten nach Russland mitgebracht. 18.–19. Jh.<br />
796. Распашонка для крещения (начало ХХ в., Поволжье).<br />
Саратовский областной музей краеведения, Саратов<br />
Taufjäckchen (Anf. 20. Jh., Wolgagebiet). Saratower<br />
Gebietsmuseum für Heimatkunde, Saratow<br />
796
Немцы в российской истории 337<br />
sie dem Kind seinen Namen. Unter Deutschen war es weit<br />
verbreitet, das erste Kind nach dem Großvater bzw. nach<br />
der Großmutter und das zweite nach dem Vater bzw. nach<br />
der Mutter zu nennen. Um Kinder gleichen Namens voneinander<br />
unterscheiden zu können, dachte man sich für sie<br />
familieninterne Kosenamen aus. Die mit der Geburt eines<br />
Kindes verbundenen Bräuche und Riten hatten als feste Traditionen<br />
bis in die 1950er und 1960er Jahre hinein Bestand.<br />
Mit der Entwicklung des Gesundheitswesens verlagerte sich<br />
die Entbindung immer mehr in medizinische Einrichtungen,<br />
so dass viele Bräuche nun der Vergangenheit angehörten.<br />
Trotzdem haben sich bis heute noch viele Traditionen erhalten,<br />
vor allem solche, die die geistliche Seite der Bräuche<br />
anlässlich einer Geburt betreffen.<br />
Nach seiner Geburt absolvierte ein Mensch eine Reihe von<br />
Riten im Zusammenhang mit dem Übergang von einem Lebensabschnitt<br />
zum nächsten. Am allerwichtigsten in der traditionellen<br />
Kultur waren dabei die Hochzeitsrituale.<br />
Das Hochzeitsbrauchtum kann man in drei Teile gliedern:<br />
die Bräuche und Riten vor der Hochzeit, die Hochzeit<br />
selbst und die Riten danach. In der Vergangenheit spielten<br />
die Bräuche und Riten vor der Hochzeit eine weit wichtigere<br />
Rolle, als das heutzutage der Fall ist. Ihr Sinn bestand<br />
darin, das Einverständnis beider Seiten zur Eheschließung<br />
einzuholen und die wirtschaftlichen Fragen der künftigen<br />
Familie zu regeln.<br />
Wenn einem Burschen ein Mädchen gefiel, konnte er das ihr<br />
zu verstehen geben, indem er vor dem Tor ihres Hauses eine<br />
Birke oder ein anderes grünes Bäumchen, einen Maibaum,<br />
aufstellte. Hatten sich der junge Mann und seine Eltern für<br />
ein Mädchen entschieden, schickten sie Brautwerber aus.<br />
Heute kommt der Brautwerbung nur noch eine formale<br />
Bedeutung zu, da junge Leute selbst über ihr Schicksal<br />
bestimmen. Im traditionellen Ritus kam dem Werben oder<br />
Freien eine sehr wichtige Rolle zu, denn am Ende stand die<br />
Abb. 797<br />
ребенку давали имя. Во многих группах немцев<br />
существовала традиция называть первого ребенка<br />
в честь деда или бабушки, а второго – в честь отца<br />
или матери. Чтобы не запутаться в детях с одинаковыми<br />
именами, им придумывали внутрисемейные,<br />
обычно уменьшительные, имена. Обряды и обычаи,<br />
связанные с рождением ребенка, сохранялись как<br />
устойчивая традиция до 1950–1960‐х гг. С развитием<br />
системы здравоохранения детей стали рожать<br />
в медицинских учреждениях, поэтому постепенно<br />
большая часть обычаев ушла в прошлое. Но многие<br />
традиции, особенно связанные с духовной стороной<br />
родильных обрядов, сохраняются и сейчас.<br />
После своего рождения человек проходил через<br />
целый ряд обрядов перехода, связанных с определенными<br />
возрастными этапами, но наиболее значимыми<br />
в традиционной культуре являются обряды<br />
свадебные.<br />
Весь комплекс свадебной обрядности можно разделить<br />
на три части: досвадебные обряды и обычаи, собственно<br />
свадьба и послесвадебные обряды. В прошлом<br />
досвадебные обряды и обычаи играли гораздо более<br />
значимую роль, чем сейчас. Их смысл заключался в достижении<br />
согласия на брак обеих сторон и урегулировании<br />
экономических вопросов будущей семьи.<br />
Если парню нравилась девушка, то он мог дать ей<br />
понять об этом, поставив перед ее воротами березу<br />
или другое зеленое деревце (Maibaum). После того,<br />
как молодой человек и его родители определялись<br />
с выбором девушки, они засылали сватов. В настоящее<br />
время сватовство носит формальный характер,<br />
так как молодые люди сами решают свою судьбу.<br />
В традиционном обряде сватовство (Werbung, Freien)<br />
играло очень важную роль, так как оно заканчивалось<br />
принципиальным согласием сторон на брак. Это был<br />
Илл. 797<br />
797. Первое святое причастие у католиков<br />
(Красноярск). Фото. 1956. Землячество<br />
немцев из России, Штутгарт<br />
Erste Heilige Kommunion (Krasnojarsk).<br />
Foto. 1956. Landsmannschaft der Deutschen<br />
aus Russland, Stuttgart<br />
797
798. Колонистская свадьба,<br />
инсценированная<br />
Немецким драматическим<br />
театром Темиртау<br />
в Нижней Добринке<br />
Волгоградской области.<br />
Фото Й. Байера. 1989<br />
Kolonistenhochzeit,<br />
nachgestellt vom Deutschen<br />
Dramentheater Temirtau<br />
in Nischnjaja Dobrinka,<br />
Gebiet Wolgograd.<br />
Foto von J. Bayer. 1989<br />
798<br />
799<br />
800<br />
799. Свадебная повозка<br />
(Причерноморье). Фото.<br />
Начало ХХ в. Землячество немцев<br />
из России, Штутгарт<br />
Hochzeitskutsche (Schwarzmeergebiet).<br />
Foto. Anf. 20. Jh.<br />
Landsmannschaft der Deutschen<br />
aus Russland, Stuttgart<br />
800. Свадебные песни к бракосочетанию<br />
меннонитов И. Корниса и Т. Тиссен<br />
(Таврическая губ.). Эльбинг, 1848.<br />
Государственный архив Одесской<br />
области, Одесса<br />
Trauungs-Gesänge für die<br />
Vermählungsfeier der Mennoniten<br />
J. Cornies und T. Tiessen<br />
(Gouvernement Taurien).<br />
Elbing, 1848. Staatliches<br />
Gebietsarchiv Odessa<br />
801. Свадебный венок невесты<br />
и букетик жениха (из семьи Тилль,<br />
Поволжье). Саратовский областной<br />
музей краеведения, Саратов<br />
Brautkranz und Sträußchen des<br />
Bräutigams (Familie Till, Wolgagebiet).<br />
Saratower Gebietsmuseum für<br />
Heimatkunde, Saratow<br />
801
Немцы в российской истории 339<br />
prinzipielle Zustimmung beider Seiten zur Hochzeit. Das<br />
war eine Art mündlicher Vertragsabschluss zwischen den<br />
Familien, bei dem alle Seiten des künftigen Ehebündnisses<br />
besprochen wurden. Nach der Brautwerbung galten die<br />
jungen Leute offiziell als Braut und Bräutigam.<br />
Nach der Brautwerbung vergingen noch etwa drei bis vier<br />
Wochen bis zur Hochzeit. Früher wurden die meisten<br />
Hochzeiten nach der Ernte gefeiert, wenn die Feldarbeiten<br />
abgeschlossen und die Vorratskammern gut gefüllt waren.<br />
Zwischen Brautwerbung und Hochzeit lag die Zeit der unmittelbaren<br />
Hochzeitsvorbereitungen. Braut und Bräutigam<br />
tauschten Geschenke aus. Eine Woche vor der Hochzeit<br />
wurden die Gäste eingeladen. Die Einladung war eine<br />
laute und lustige Angelegenheit. Die zentralen Gestalten<br />
dabei waren die Hochzeitsbitter, Hochzeitsvater, Brautdiener<br />
und Hochzeitslader. Sie trugen einen speziellen, oben<br />
mit Blumen geschmückten Hochzeitsstab oder -stock, den<br />
sogenannten Freierstock (Perstock). Jeder, der zur Hochzeit<br />
eingeladen wurde, musste am Hochzeitsstab ein buntes<br />
Band befestigen. Anhand der Bänder wurden die geladenen<br />
Gäste gezählt.<br />
Die Hochzeit wurde üblicherweise am Samstag und Sonntag<br />
gefeiert, während am Tag zuvor, am Freitag, der Polterabend<br />
stattfand. In den Gemeinden der Baptisten und Mennoniten<br />
fand die Hochzeit am Sonntag statt, am Samstag gab<br />
es die Geschenke. Der Polterabend war der Abschied von<br />
der Jugendzeit, zu dem sich die Burschen und Mädchen<br />
im Haus der Braut versammelten, mit den mitgebrachten<br />
Speisen und Getränken ein Festmahl veranstalten, spielten,<br />
tanzten, Geschirr zerschlugen und viel Lärm machten.<br />
Von alters her war es üblich, mit der Hochzeit am Vormittag,<br />
bei Sonnenaufgang zu beginnen. Zu den Hochzeitsbräuchen<br />
gehörte ein Umzug des Bräutigams durch das Dorf zum<br />
Haus der Braut, deren oft scherzhaft inszenierter Loskauf,<br />
das Überwinden von Hindernissen, die Eintragung der Ehe<br />
ins Trauungsbuch bzw. die Trauung und das Festmahl.<br />
Der Höhepunkt einer Hochzeitsfeier war das rituelle Abnehmen<br />
des Brautkranzes. Um Mitternacht wurde das Brautpaar<br />
in die Mitte des Zimmers gesetzt, und die Gäste sangen ein<br />
Lied, meistens „Schön ist die Jugend“. Der Kranz wurde der<br />
Braut vom Kopf genommen und an ein anderes Mädchen<br />
weitergegeben. Fast jedes Dorf hatte bei diesem Ritual seine<br />
Besonderheiten.<br />
Am zweiten Hochzeitstag gab es Unterhaltung, Spiel und<br />
Spaß, Prüfungen sowie Geldgeben für das junge Paar. Sehr<br />
oft wurde am zweiten Hochzeitstag eine „zweite Hochzeit“<br />
gefeiert. Das war eine heitere Aufführung, dessen Drehbuch<br />
die richtige Hochzeit in lustiger Form wiederholte.<br />
Auf die Hochzeitstafel kam eine Vielzahl an Speisen. Brot,<br />
Kaffee und Nudelsuppe gehörten immer dazu. Noch in jüngster<br />
Vergangenheit war es üblich, dass Freunde des Brautpaars<br />
durch das Dorf zogen und Hühner einsammelten, die sie<br />
manchmal auch einfach stahlen. Ein Huhn wurde an einen<br />
langen Stock gebunden, und mit Scherzen und Possen zog<br />
man mit dem Huhn durchs Dorf. Dieser Brauch, Hühner zu<br />
stehlen und verkleidet mit einem Huhn durch das Dorf zu<br />
ziehen sowie der letzte Hochzeitstag selbst wurden Hochzeitsschwanz<br />
genannt, denn die Hochzeitsfeier galt als beendet,<br />
wenn der letzte Hühnerschwanz gegessen war.<br />
Abb.<br />
798–800<br />
Abb. 801<br />
своего рода устный договор между семьями, обговаривающий<br />
все стороны будущего брачного союза.<br />
С момента сватовства молодые люди официально считались<br />
женихом (Bräutigam) и невестой (Braut).<br />
Период между сватовством и свадьбой обычно составлял<br />
3–4 недели. Наибольшее количество свадеб<br />
раньше справлялось после уборки урожая, когда полевые<br />
работы закончились и было много продуктов.<br />
В период между сватовством и свадьбой шли активные<br />
приготовления. Жених и невеста обменивались<br />
подарками. За неделю до свадьбы приглашались<br />
гости. Приглашение устраивалось шумное и веселое.<br />
Центральной фигурой становились специальные<br />
распорядители свадебного торжества (Hochzeitsbitter,<br />
Hochzeitsvater, Brautdiener, Hochzeitslader).<br />
Они несли специальный свадебный жезл или посох,<br />
украшенный сверху цветами (Freierstock, Perstock).<br />
Каждый, кого приглашали на свадьбу, должен был<br />
завязать цветную ленту на посохе. По количеству<br />
лент считали приглашенных гостей.<br />
Свадьбу обычно играли в субботу и воскресенье,<br />
а накануне в пятницу устраивали полтерабент (в общинах<br />
баптистов и меннонитов – свадьба в воскресенье,<br />
а в субботу – вечер подарков). Полтерабент<br />
(Polterabend, букв. вечер шума, грохота) – это вечер<br />
прощания с молодостью, когда парни и девушки<br />
собирались в доме невесты, приносили с собой угощение,<br />
устраивали застолье, игры и танцы, били<br />
посуду, шумели.<br />
С древних времен было принято начинать свадьбу<br />
до полудня, на подъеме солнца. Свадебные обряды<br />
включали в себя проход жениха через деревню<br />
к дому невесты, ее выкуп (часто шуточный), преодоление<br />
препятствий, регистрацию брака или венчание,<br />
свадебное застолье.<br />
Кульминацией свадебного торжества является ритуал<br />
снятия венка с невесты. В полночь новобрачных<br />
усаживают в центре комнаты, гости поют песню,<br />
чаще всего – «Schön ist die Jugend». С головы невесты<br />
снимают свадебный венок и передают его<br />
другой девушке. Почти в каждой деревне были свои<br />
особенности проведения этого ритуала.<br />
Второй день свадьбы – это развлечения, игры, шутки,<br />
испытания молодых, сбор для них денег. Очень<br />
часто во второй день устраивали «вторую свадьбу»<br />
(zweite Hochzeit). Разыгрывалось представление, сценарий<br />
которого повторял настоящую свадьбу, но<br />
в шуточном виде.<br />
На свадебном столе находилось множество блюд,<br />
но обязательно были хлеб, кофе и куриная лапша<br />
(Nudelsuppe). В недавнем прошлом друзья молодоженов<br />
ходили по дворам, собирая кур, иногда<br />
воруя их. Курицу привязывали на длинный шест<br />
и ходили с ним по деревне, всячески дурачась.<br />
Обычай воровать кур, шествие ряженых с курицей<br />
по деревне и сам последний день свадьбы называют<br />
«свадебным хвостом» (Hochzeitsschwanz), потому<br />
что свадьбу было принято заканчивать тогда, когда<br />
съедали последний куриный хвост.<br />
Илл.<br />
798–800<br />
Илл. 801
340 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Abb.<br />
802, 803<br />
Die Hochzeit war und ist auch heute noch ein Wendepunkt<br />
im Leben eines Menschen. Mit der Heirat begann ein neuer<br />
Lebensabschnitt. Die Gründung einer Familie war ein derart<br />
wichtiges Ereignis, dass es den Brauch gab, unverheiratet<br />
verstorbene junge Menschen, ja sogar Kinder in Hochzeitskleidern<br />
zu bestatten. Dadurch wurden die noch vor der<br />
Eheschließung verstorbenen jungen Menschen quasi durch<br />
die Ehephase ihres Lebens geführt. Diesen Brauch nannte<br />
man Totenhochzeit.<br />
Im Volksmund heißt es, dass der Erfolg eines jeden Unterfangens<br />
von seinem Anfang bestimmt wird. Da eine<br />
Hochzeit den Beginn des Familienlebens bedeutet, verbindet<br />
man mit ihr viele Vorzeichen, die über die Zukunft der<br />
neuen Familie entscheiden. So gibt es bei den Deutschen<br />
den Spruch: „Wie man die Hochzeit feiert, so verbringt man<br />
das ganze Leben.“<br />
Die Übergangsriten, die am Ende des Lebensweges eines<br />
Menschen stehen, sind Trauerbräuche und -riten. In ihrer<br />
Struktur und Symbolik sind sie denen bei Geburt und<br />
Hochzeit ähnlich, denn ihr Sinn besteht ebenfalls im Übergang<br />
des Menschen von einem Zustand in einen anderen.<br />
Der Mensch geht hinüber in eine andere Welt, ins Jenseits,<br />
zum ewigen Leben, und im allgemeinsten Sinne besteht das<br />
Ziel der Trauerbräuche und -riten darin, diesen Übergang<br />
zu unterstützen.<br />
Илл.<br />
802, 803<br />
Свадьба являлась и является переломным моментом<br />
в жизни человека. С момента женитьбы начинался совершенно<br />
новый этап его жизненного пути. Создание<br />
семьи считалось настолько важным событием, что<br />
существовал обычай хоронить еще не вступивших<br />
в брак юношей и девушек (даже детей) в свадебной<br />
одежде. Этот обычай как бы проводил молодых людей,<br />
умерших до создания семьи, через этап брачной жизни<br />
и назывался «свадьба усопшего» (Totenhochzeit).<br />
В народном сознании существует представление,<br />
согласно которому начало любого дела определяет<br />
его успех. Так как свадьба является началом новой,<br />
семейной, жизни, с ней связано множество народных<br />
примет, по которым определяют будущее новой<br />
семьи. У немцев существует поговорка: «Как свадьбу<br />
проведешь, так всю жизнь и проживешь».<br />
Завершающими жизненный цикл человека обрядами<br />
перехода являются похоронные обряды и обычаи.<br />
По своей структуре и символике они сходны<br />
с родильными и свадебными, поскольку их смысл<br />
заключается в переходе человека из одного состояния<br />
в другое. Человек переходит в иной мир, «на тот<br />
свет», в вечную жизнь, и в самом общем смысле<br />
целью похоронных обрядов и обычаев является<br />
содействие этому переходу.<br />
Kalendarische Feiertage<br />
Календарные праздники<br />
Kalendarische Feiertage sind der wichtigste Teil russlanddeutscher<br />
Traditionen. Ihre Besonderheit besteht darin,<br />
dass sie an ein bestimmtes Kalenderdatum gebunden sind<br />
und sich jedes Jahr wiederholen. Ein Kalenderjahr kann<br />
man, wenn man so will, in drei Zyklen unterteilen: Winterzeit,<br />
Frühlingszeit und die Sommer- und Herbstzeit. Die<br />
meisten kalendergebundenen Bräuche stehen im engen<br />
Календарные праздники – важнейшая часть традиций<br />
российских немцев. Их отличительной<br />
особенностью является то, что они приурочены<br />
к датам календарного цикла и повторяются из года<br />
в год. Календарный год можно условно разделить<br />
на три цикла: зимний, весенний и летне-осенний.<br />
Большинство календарных обычаев тесно связано<br />
803<br />
802<br />
803. Надгробный крест фамильного<br />
захоронения конца XIX в. (Самарская губ.).<br />
Фото А. Айсфельда. 1995<br />
Grabkreuz eines Familiengrabes<br />
(Ende 19. Jh., Gouvernement Samara).<br />
Foto von A. Eisfeld. 1995<br />
802. Последний поклон. Книжная иллюстрация. 1914<br />
Der letzte Gruss. Buchillustration. 1914
Немцы в российской истории 341<br />
Zusammenhang mit der Landwirtschaft und den dabei anfallenden<br />
Arbeiten. Die Bräuche sind vor allem darauf gerichtet,<br />
eine gute Ernte zu sichern, die Viehbestände zu vergrößern<br />
und Erfolg bei allen Unternehmungen zu haben.<br />
Die kalendergebundenen Feiertage der Russlanddeutschen<br />
zeichnen sich je nach Region, Herkunftsort und konfessioneller<br />
Zugehörigkeit durch eine große Vielfalt aus, die<br />
außerdem noch davon abhängig ist, welche alten Bräuche<br />
noch erhalten geblieben sind. Neben lokalen Besonderheiten<br />
ist für kalendergebundene Bräuche aber auch die Übernahme<br />
kultureller Elemente durch Überlagerung oder Verschmelzung<br />
charakteristisch: Übernommene Elemente verdrängen<br />
aber nicht die Althergebrachten, sondern bestehen gleichberechtigt<br />
und parallel zu diesen. Zum Beispiel begehen<br />
die Deutschen alle Feiertage nach beiden Kalendern, nach<br />
dem Julianischen und dem Gregorianischen. In den letzten<br />
Jahren kam noch eine weitere kulturelle Ebene hinzu, die<br />
Feierkultur des modernen Deutschlands, die über Literatur,<br />
Videos sowie private Kontakte und Eindrücke aktiv Eingang<br />
ins Leben der Russlanddeutschen findet.<br />
In der Struktur kalendergebundener Bräuche nimmt das<br />
Weihnachtsfest, das am 25. Dezember gefeiert wird, einen<br />
besonderen Platz ein. In den Häusern wird ein Weihnachtsbaum<br />
aufgestellt, den man mit Weihnachtsschmuck<br />
und Konfekt, mit Kerzen oder Lichterketten schmückt. Der<br />
Weihnachtsbaum bleibt bis zum 14. Januar, dem Neujahrsfest<br />
nach dem alten Kalender, in den Häusern stehen. Außerdem<br />
schmückt man die Wohnräume mit grünen Zweigen von<br />
Laubbäumen, die man extra dafür bereits Anfang Dezember<br />
ins Wasser gestellt hat.<br />
Ein festes Element der Weihnachtsfeier sind Umzüge durchs<br />
Dorf mit Masken und Kostümen. Die wichtigsten Figuren<br />
im Weihnachtsumzug sind das Christkind und der Pelznickel.<br />
Das Christkind wird von einem Mädchen in einem<br />
weißen Gewand und mit verschleiertem Gesicht dargestellt.<br />
Der Pelznickel trägt einen Pelzmantel linksherum und ist<br />
mit Ketten und anderen Gegenständen aus Metall behängt.<br />
Sein Gesicht ist mit Ruß geschwärzt, von einer schwarzen<br />
Maske verhüllt oder bis zur Unkenntlichkeit bunt bemalt.<br />
Am Weihnachtsabend besuchen das Christkind und der<br />
Pelznickel die Häuser, in denen es kleine Kinder gibt. Die<br />
Kinder müssen ein Gedicht vortragen, ein Gebet sprechen<br />
oder ein Lied singen und werden dafür vom Christkind<br />
beschenkt. Der Pelznickel kann ungehorsame Kinder bestraften,<br />
so dass man, ganz anders als beim Christkind, versucht,<br />
ihn nicht ins Haus zu lassen. Er zieht durch die Straßen des<br />
Dorfes, erschreckt und fängt Passanten. Diejenigen, die er<br />
erwischt, zwingt er, an den Ketten, mit denen er behängt<br />
ist, zu nagen oder stattdessen Zwiebeln und Knoblauch zu<br />
essen. Neben dem Pelznickel konnten an diesem Straßenumzug<br />
auch andere Masken wie Knecht Ruprecht, Luzifer<br />
und Polterklaus teilnehmen. Äußerlich ähnelten sie dem<br />
Pelznickel, sie trugen ebenfalls die Pelzmäntel linksherum,<br />
hatten Bärenmasken oder rußgeschwärzte Gesichter. Bei den<br />
Wolhyniendeutschen hieß der Pelznickel Pelzboсk. In manchen<br />
Dörfern hatten solche Straßenumzüge viele Teilnehmer:<br />
Die Männer zogen Frauenröcke oder Kleider an und banden<br />
sich Kopftücher um, die Gesichter waren rußgeschwärzt. Die<br />
Frauen trugen Pelzjacken und Hüte linksherum, außerdem<br />
Abb.<br />
804, 805<br />
Abb. 806<br />
с хозяйственными занятиями и имеет главную<br />
цель – обеспечить хороший урожай, приплод скота<br />
и удачу во всех делах.<br />
Для календарных праздников российских немцев<br />
характерна очень большая вариативность в зависимости<br />
от региона проживания, мест выхода и сохранившихся<br />
архаичных обычаев, конфессиональной<br />
принадлежности. Помимо сохранения локальных<br />
особенностей, для календарной обрядности характерно<br />
такое явление, как заимствование культурных<br />
элементов в форме наложения или совмещения:<br />
заимствованные элементы чаще всего не вытесняют<br />
бытовавшие прежде, а начинают существовать наравне<br />
с ними, параллельно. Например, все праздники<br />
немцы отмечают по двум календарям – юлианскому<br />
и григорианскому. В последние годы добавился еще<br />
один культурный пласт – праздничная культура<br />
современной Германии, которая через литературу,<br />
видео, личные контакты и впечатления активно<br />
проникает в жизнь российских немцев.<br />
В структуре немецкой календарной обрядности<br />
особое место занимает Рождество (Weihnacht), которое<br />
празднуют 25 декабря. В доме ставится елка,<br />
которую украшают игрушками, сластями, свечами<br />
или гирляндами огней. Елка стоит в доме до старого<br />
Нового года (14 января). Кроме этого, жилище<br />
украшается распустившимися зелеными ветками<br />
лиственных деревьев, которые заранее, в начале<br />
декабря, ставятся в воду.<br />
Одним из непременных элементов празднования<br />
Рождества является хождение ряженых по деревне.<br />
Главные персонажи рождественского ряженья –<br />
Крискинде (Christkind) и Пельцникель (Pelznickel).<br />
Крискинде – это девочка или девушка в белой<br />
одежде, лицо которой закрыто вуалью. Пельцникель<br />
одет в вывернутую наизнанку шубу, обвешан<br />
цепями и другими металлическими предметами.<br />
Его лицо измазано сажей, либо спрятано под черную<br />
маску, либо раскрашено до неузнаваемости.<br />
Крискинде и Пельцникель в рождественскую ночь<br />
ходят в те дома, где есть маленькие дети. Дети<br />
должны прочитать стихотворение или молитву,<br />
спеть песню, за что Крискинде дарит им подарки.<br />
Пельцникель может наказать непослушного ребенка.<br />
В отличие от Крискинде, его стараются не<br />
пустить в дом. Он ходит по улицам села, пугает<br />
и ловит гуляющих. Тех, кого ему удалось поймать,<br />
он заставляет «есть» цепи, которые на нем висят,<br />
или лук, чеснок. Кроме Пельцникеля в этой<br />
процессии могли участвовать и другие маски:<br />
Кнехт Рупрехт (Knecht Ruprecht), Люцер (Luzifer),<br />
Полтерклаус (Polterklaus). Внешне они похожи<br />
на Пельцникеля, также одеты в вывернутые шубы,<br />
в медвежьих масках или с лицами, черненными сажей.<br />
У волынских немцев Пельцникель назывался<br />
Пельцебок (Pelzboсk). В некоторых деревнях процессии<br />
ряженых были довольно многочисленны:<br />
мужчины надевали женские юбки, платки, лицо<br />
мазали сажей, женщины – вывернутые полушубки,<br />
Илл.<br />
804, 805<br />
Илл. 806
804. Приложение к журналу поволжских колонистов<br />
«Фриденсботе» на рождественскую тему. 1894<br />
Beilage zur Weihnachtsausgabe der wolgadeutschen<br />
Zeitschrift „Friedensbote“. 1894<br />
805. Рождественское пожелание и новогодняя просьба<br />
в журнале «Фриденсботе». Саратов, 1894<br />
Weihnachtswunsch und Neujahrsbitte in der Zeitschrift<br />
„Friedensbote“. Saratow, 1894<br />
806. Облачение Пельцникеля. Фото. Минусинск, 1999<br />
Gewand des Pelznickels. Foto. Minusinksk, 1999<br />
804<br />
805<br />
806
Немцы в российской истории 343<br />
verschlissene Hosen. Manche hatten Trommeln dabei, sie<br />
lärmten und klapperten.<br />
Nächtliche Feste und Umzüge waren vor allem typisch für<br />
die Dörfer der Lutheraner und Katholiken. In Dörfern, in<br />
den mehrheitlich Mennoniten und Baptisten lebten, gab es<br />
solche lauten Feiern nicht. Zu Weihnachten traf man sich<br />
mehrmals zum Gebet. Die Kinder wurden von den Eltern<br />
oder den Gemeindemitgliedern beschenkt, wenn man<br />
sich zum gemeinsamen Gebet versammelte. Jedoch gab es<br />
bei den Mennoniten eine ähnliche Gestalt wie Väterchen<br />
Frost bei den Russen. Das war der Weihnachtsmann. In<br />
manchen Dörfern trug er wie der Pelznickel einen Pelzmantel<br />
linksherum und eine Pelzmütze, das Gesicht war<br />
mit einem Bart und einem Schnurrbart beklebt, und er<br />
trug eine Brille. Seit einigen Jahren unterscheidet sich der<br />
Weihnachtsmann äußerliche nicht mehr von Väterchen<br />
Frost und trägt einen normalen Pelzmantel mit Gürtel,<br />
eine rote Mütze und einen weißen Bart. Im Unterschied<br />
zum Pelznickel hat er nie Kinder bestraft, er verteilte nur<br />
Geschenke, die er aus einem Sack holte.<br />
Die Woche vom 25. bis zum 31. Dezember war eine besondere,<br />
die Weihnachtswoche. In dieser Zeit sollte man<br />
sehr vorsichtig sein und vorsorglich einmal mehr beten.<br />
Es war verboten, nachts spazieren zu gehen, unflätige<br />
Worte zu verwenden oder zu fluchen. Auf gar keinen Fall<br />
sollte der Teufel erwähnt werden, auch Karten spielen war<br />
verboten. Man sagte, dass sich in dieser Zeit allerlei böse<br />
Geister herumtreiben, die danach trachten, den Menschen<br />
Schaden zuzufügen.<br />
In der Nacht vom 31. Dezember zum 1. Januar wird das<br />
Neujahrsfest gefeiert, das bei den Deutschen zu Ehren<br />
eines Heiligen, dessen Namenstag auf den 31. Dezember<br />
fällt, Silvester heißt.<br />
Die Neujahrsbräuche und -riten ähneln den Weihnachtsbräuchen.<br />
Die ganze Familie versammelt sich an einer<br />
üppig gedeckten Tafel, und verkleidete Menschen ziehen<br />
durch das Dorf. Allerdings verlagern sich die Feiern zum<br />
Neujahrsfest aus der Familie in die Gemeinde. Dieses<br />
Fest ist eher noch als Weihnachten ein kollektives, gemeinschaftliches<br />
Fest. Zum Jahreswechsel läuteten die<br />
Glocken, alle liefen hinaus auf die Straßen, schossen mit<br />
Gewehren, zündeten Feuerwerkskörper, schrien, sangen<br />
und wünschten sich gegenseitig viel Glück. Zu Neujahr<br />
war es in deutschen Dörfern üblich, Verwandte und Nachbarn<br />
zu besuchen, ihnen Glückwünsche und Geschenke<br />
zu überreichen. Dabei sollte, bevor man das Haus betrat,<br />
möglichst viel Lärm gemacht werden. Man stampfte mit<br />
den Füßen, klopfte laut an die Tür, die Männer schossen<br />
mit ihren Gewehren, die zum Neujahrsfest mit roten Bändern<br />
geschmückt waren, in die Luft. Die Gäste mussten<br />
ein Gedicht aufsagen oder spezielle Neujahrswünsche<br />
überbringen. Dazu wurden die Gastgeber von den Gästen<br />
mit Weizenkörnern überschüttetet. Es hieß, dass es dann<br />
eine gute Ernte geben werde.<br />
Bei den Russlanddeutschen, wie auch in Deutschland, endet<br />
die Weihnachts- und Neujahrszeit am 6. Januar, wenn die<br />
christliche Kirche Epiphanias, die Erscheinung des Herrn,<br />
feiert. Bei den Russlanddeutschen, hauptsächlich bei den<br />
Katholiken, ist dieser Tag als Dreikönigstag oder, bei den<br />
вывернутые шляпы, рваные штаны. Некоторые были<br />
с барабанами, они шумели, гремели.<br />
Ночные гулянья и хождения ряженых были характерны<br />
в основном для тех деревень, где жили лютеране<br />
и католики. В деревнях, где большинство составляли<br />
меннониты и баптисты, шумных праздников не<br />
устраивали, а на Рождество проводили несколько<br />
молитвенных собраний. Подарки детям дарили либо<br />
родители, либо члены общины на молитвенном собрании.<br />
Однако и у меннонитов есть персонаж, которого<br />
обычно сравнивают с русским Дедом Морозом.<br />
Это Вайнахтсман (Weihnachtsmann) – рождественский<br />
человек. В некоторых деревнях он одевался так же,<br />
как и Пельцникель: в вывернутую шубу, лохматую<br />
шапку, на лицо клеил бороду и усы, надевал очки.<br />
В последние годы Вайнахтсман уже ничем внешне не<br />
отличался от Деда Мороза – обычная шуба с поясом,<br />
красная шапка, белая борода. В отличие от Пельцникеля,<br />
он никогда не наказывал детей, а только дарил<br />
им подарки, которые доставал из мешка.<br />
С 25 до 31 декабря была особая неделя – рождественская<br />
(Weihnachtswoche). В это время нужно было вести<br />
себя очень осторожно и на всякий случай почаще<br />
молиться. Нельзя было гулять ночью, сквернословить<br />
(особенно поминать черта и материться), играть в карты.<br />
Считалось, что в это время по небу носится всякая<br />
нечисть, которая старается навредить людям.<br />
В ночь с 31 декабря на 1 января празднуется Новый<br />
год. Новогодний праздник немцы называют Сильвестр<br />
(Silvester), в честь святого, чей день поминовения<br />
приходится на 31 декабря.<br />
Новогодние обряды и обычаи во многом похожи<br />
на рождественские (так же вся семья собирается<br />
за обильным столом, ходят ряженые по деревне), но<br />
на Новый год центр празднования переносится из семьи<br />
в общину, этот праздник является в большей степени<br />
коллективным и общественным, чем Рождество.<br />
В момент наступления Нового года звонили колокола,<br />
все выходили на улицу, стреляли из ружей, устраивали<br />
фейерверки, кричали, пели, желали друг другу счастья.<br />
В Новый год в немецких селах было принято ходить<br />
в гости к родственникам и соседям с поздравлениями<br />
и подарками. При этом перед тем как зайти в дом,<br />
нужно было произвести как можно больше шума.<br />
С этой целью топали ногами, громко стучали в дверь,<br />
мужчины стреляли в воздух из ружей, специально<br />
к Новому году украшенных красными лентами.<br />
Гости должны были рассказать стихотворение или<br />
произнести специальное новогоднее пожелание, называвшееся<br />
«виндши» (Wünsche). Одновременно с пожеланиями<br />
гости осыпали хозяев зернами пшеницы.<br />
Считалось, что это будет способствовать хорошему<br />
урожаю в наступающем году.<br />
Рождественско-новогодний цикл у российских немцев,<br />
как и в Германии, заканчивается 6 января, когда христианская<br />
церковь отмечает праздник Богоявления (Эпифании).<br />
У российских немцев он известен как День трех королей<br />
(Heiligedreikönigstag) – в основном у католиков, или<br />
Большой Новый год (Grossneujahr) – преимущественно
344 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Protestanten als Groß-Neujahr bekannt. Dieser Feiertag steht<br />
im Zusammenhang mit der Überlieferung von den heiligen<br />
drei Königen, die zur Anbetung Jesu Christi kamen.<br />
Die Zeit von Ende Dezember bis Anfang Januar, die ohnehin<br />
schon mit Feiertagen gefüllt ist, war für die Deutschen<br />
in Russland besonders kompliziert, weil hier deutsche und<br />
russische Feiertage zusammenfielen. Da religiöse Feiertage<br />
in Russland nach dem Julianischen Kalender gefeiert werden,<br />
feiern viele Deutsche zunächst deutsche Weihnachten,<br />
dann das Neujahrsfest, danach den Tag der Heiligen Drei<br />
Könige, am 7. Januar das „russische“ Weihnachtsfest und<br />
am 14. Januar schließlich das „alte“ Neujahrsfest, Neujahr<br />
nach der alten Zeitrechnung.<br />
Russische Traditionen beeinflussten in starkem Maße auch<br />
die Bräuche zum Ende der Winterzeit, was bei den Feiern<br />
in der Fastnachtswoche zum Ausdruck kommt. In der<br />
Fastnachtswoche wird großer Wert auf das Essen gelegt.<br />
Die Fülle an Speisen ist darauf zurückzuführen, dass dies<br />
die letzten Tage vor der Fastenzeit sind. Besonders beliebt<br />
in der Fastnachtswoche sind Bliny, Pfannkuchen, die oft<br />
mit Hackfleisch gefüllt werden, aber auch andere gebackene<br />
Speisen wie Piroggen, Krapfen und Puffer.<br />
Die Fastnachtsbräuche der Russlanddeutschen sind im Vergleich<br />
zum Fasching in Deutschland weniger grell, da wegen<br />
des kälteren Klimas in Russland der Frühling um diese Zeit<br />
noch nicht so zu spüren ist. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
begannen Deutsche und Russen gemeinsam die<br />
Verabschiedung des russischen Winters zu feiern, so dass die<br />
beiden Feiern schließlich miteinander verschmolzen.<br />
An diesem Tag fanden verschiedene Wettbewerbe statt.<br />
Pferderennen der jungen Burschen gehörten unbedingt dazu.<br />
Diese fanden auf der Hauptstraße des Dorfes statt und zogen<br />
viele Zuschauer an. Die Pferde wurden mit Bändern und<br />
Papierblumen geschmückt. Es gab Tanzveranstaltungen und<br />
Schlittenfahrten. Familien fuhren in Schlitten rund ums Dorf,<br />
manchmal aber auch die Jugendlichen und Kinder separat<br />
von den Erwachsene. Einen Höhepunkt des Festes bildete<br />
das Fastnachtsfeuer. Das Brennmaterial dazu wurde im<br />
Voraus vorbereitet. Kinder und Jugendliche zogen von Haus<br />
zu Haus und sammelten alte Sachen und Müll. In manchen<br />
Dörfern war der Platz für das Fastnachtsfeuer stets derselbe,<br />
so dass manche Hausherren nicht mehr benötigte Sachen<br />
schon selbst dort ablegten. Dieser Platz lag normalerweise<br />
außerhalb des Dorfes auf einer Waldwiese. In dem Feuer<br />
wurde eine Strohpuppe, die den Winter symbolisieren sollte,<br />
verbrannt. In manchen Dörfern gab es keine Strohpuppe,<br />
sondern es wurde einfach Stroh verbrannt. Wenn die Strohpuppe<br />
brannte, wurde gelärmt und gesungen, und die jungen<br />
Leute tanzten ums Feuer. Die Burschen sprangen über das<br />
Feuer. Das fröhliche Fest dauerte bis weit in die Nacht.<br />
Nach der Fastnachtswoche begann die Fastenzeit, und auf die<br />
40 Tage währende Fastenzeit folgte das Osterfest, die Feier<br />
der Auferstehung Jesu Christi. Ostern ist ein bewegliches<br />
Fest, das zwischen dem 22. März und dem 25. April am<br />
Sonntag nach dem ersten Vollmond, der der Frühlings-<br />
Tagundnachtgleiche folgt, gefeiert wird. Es heißt, dass die<br />
deutsche Bezeichnung dieses Festes vom Namen der Frühlings-<br />
und Fruchtbarkeitsgöttin Ostara abgeleitet ist, die im<br />
Altertum von den europäischen Völkern angebetet wurde<br />
у протестантов. Этот праздник связан с преданием<br />
о трех царях-волхвах, пришедших поклониться новорожденному<br />
Иисусу Христу.<br />
Период конца декабря – начала января, и без того<br />
насыщенный праздничными обычаями, у немцев<br />
в России имеет более сложный характер из-за совмещения<br />
русских и немецких праздников. Поскольку<br />
в России религиозные праздники отмечаются<br />
по юлианскому календарю, многие немцы празднуют<br />
сначала «немецкое Рождество», потом – Новый<br />
год, затем – День трех королей, 7 января – «русское<br />
Рождество» и 14 января – Cтарый Новый год.<br />
Русские традиции оказали большое влияние и<br />
на праздничные обряды конца зимнего цикла, что<br />
проявляется в праздновании Масленицы (Fastnacht).<br />
Большое внимание на Масленицу уделяется пище.<br />
Изобилие съестного объясняется тем, что это последние<br />
дни перед Великим постом. Самой популярной<br />
едой на Масленицу являются блины, которые<br />
часто фаршируют мясом, а также другие мучные<br />
изделия – пироги, пончики, оладьи.<br />
Масленичная обрядность российских немцев является<br />
менее яркой по сравнению с проведением<br />
Карнавала в Германии, потому что из-за холодного<br />
климата в России наступление весны в это время<br />
ощущается меньше. Во второй половине XX в. немцы<br />
вместе с русскими начинают праздновать Проводы<br />
русской зимы, и эти два праздника практически<br />
совмещаются.<br />
В этот день устраивались всевозможные состязания.<br />
Обязательными были скачки молодых парней на лошадях.<br />
Они происходили на главной улице деревни<br />
и собирали большое количество зрителей. Лошадей<br />
украшали лентами, бумажными цветами. Устраивались<br />
танцы, катания на санях, вокруг деревни<br />
катались семьями, причем иногда молодежь и дети<br />
отдельно от взрослых. Кульминационным моментом<br />
в праздновании является масленичный костер. Топливо<br />
для костра заготавливалось заранее. Дети и<br />
молодежь ходили по домам и собирали старые вещи,<br />
мусор. В некоторых селах место для костра из года в<br />
год не менялось, и хозяева сами приносили туда ненужные<br />
вещи. Обычно оно находилось за деревней,<br />
в лесу, на поляне. В этом костре сжигали соломенное<br />
чучело, олицетворявшее зиму. В некоторых селах<br />
специального чучела не было, просто жгли солому.<br />
Сожжение чучела сопровождалось шумом, песнями,<br />
молодежь в этот момент танцевала вокруг костра.<br />
Молодые парни прыгали через костер. Веселье длилось<br />
до поздней ночи.<br />
После Масленицы наступает Великий пост, а после<br />
40‐дневного поста – Пасха (Ostern), или Воскресение<br />
Христово. Пасха является подвижным праздником<br />
и отмечается в период с 22 марта по 25 апреля,<br />
в воскресенье после первого полнолуния, которое<br />
наступает после весеннего равноденствия. Считается,<br />
что немецкое название праздника произошло<br />
от имени богини весны и плодородия Остары, которой<br />
в древности поклонялись европейские народы
Немцы в российской истории 345<br />
und der zur Tagundnachtgleiche im Frühjahr ein Fest<br />
gewidmet war. Daher sind Hase und Ei, Sinnbilder für<br />
Fruchtbarkeit und Wiedergeburt und Hauptattribute der<br />
Ostara, auch Symbole für das Osterfest.<br />
Die im zeitlichen Ablauf folgenden Maifeierlichkeiten, die<br />
in Deutschland mit viel Lärm und sehr lustig begangen<br />
werden, waren bei den Russlanddeutschen nicht sehr verbreitet.<br />
Dies liegt ebenfalls daran, dass aufgrund des kälteren<br />
Klimas die Feldarbeiten etwas später beginnen. Während<br />
in Deutschland Anfang Mai die Frühjahrsbestellung im<br />
Wesentlichen bereits abgeschlossen ist, ist sie in Russland<br />
noch in vollem Gange, so dass den Bauern in dieser Zeit<br />
nicht nach Feiern zumute ist. Viele Maibräuche wurden<br />
daher bei Russlanddeutschen auf einen späteren Zeitpunkt,<br />
in der Regel auf Pfingsten, verlegt.<br />
Das Fest, das den Frühjahrszyklus abschließt und den vollen<br />
Triumph des Frühlings versinnbildlicht, ist das Pfingstfest.<br />
Bei den Deutschen in Russland pflegte man zu Pfingsten<br />
Bräuche, die in Deutschland mit den Feiern zum 1. Mai,<br />
dem Fest des 50. Tages (dem 50. Tag nach Ostern) und dem<br />
Tag des Heiligen Geistes verbunden sind. Im Unterschied<br />
zu den orthodoxen Christen fallen die Pfingsten der Katholiken<br />
und Protestanten nicht mit der „Feier des fünfzigsten<br />
Tages“ zusammen, die 50 Tage nach Ostern begangen wird.<br />
Pfingsten wird am Sonntag nach dem „fünfzigsten Tag“<br />
gefeiert und ist dem Tag gewidmet, da der Heilige Geist<br />
auf die Apostel und Jünger herabkam. Wie Ostern gehört<br />
auch Pfingsten zu den großen christlichen Festen. Im Volk<br />
wird es als das Ende des Frühlings und der Beginn des<br />
Sommers gefeiert.<br />
Abb. 807<br />
Abb. 808<br />
и посвящали праздник в день весеннего равноденствия.<br />
Поэтому символами Пасхи являются заяц и<br />
яйцо (главные атрибуты Остары), олицетворяющие<br />
плодовитость и возрождение.<br />
Следующие по срокам – Майские праздники, шумно<br />
и весело отмечаемые в Германии, в среде российских<br />
немцев не получили широкого распространения.<br />
Это также связано со смещением сельскохозяйственных<br />
работ на более поздние сроки из-за холодного<br />
климата. Если в Германии к началу мая основные<br />
весенние полевые работы уже заканчиваются, то<br />
в России они находятся в самом разгаре, и крестьянам<br />
в это время не до праздников. Поэтому<br />
многие майские обычаи у российских немцев были<br />
перенесены на более поздние сроки, в основном<br />
на Троицу.<br />
Праздником, заканчивающим весенний цикл и<br />
символизирующим полное торжество весны, была<br />
Троица (Pfingsten). У немцев в России к Троице<br />
были приурочены обряды и обычаи, связанные<br />
в Германии с празднованием 1 Мая, Пятидесятницы<br />
и Духовым днем. У католиков и протестантов,<br />
в отличие от православных христиан, Троица не<br />
совпадает с Пятидесятницей, которая празднуется<br />
на 50‐й день после Пасхи. Троица отмечается в следующее<br />
за Пятидесятницей воскресенье и посвящена<br />
сошествию Святого духа на апостолов. Троица, как<br />
и Пасха, является одним из великих христианских<br />
праздников. В народе же он знаменует окончание<br />
весны и наступление лета.<br />
Илл. 807<br />
Илл. 808<br />
808<br />
807<br />
808. Майский танец. Танцуют участники обрядового семинара.<br />
Фото Е. М. Шишкиной-Фишер. Ижевск, 1999<br />
Maitanz. Getanzt von Teilnehmern eines Brauchtum-Seminars.<br />
Foto von E. M. Schischkina-Fischer. Ischewsk, 1999<br />
807. Пасхальные открытки. Начало ХХ в.<br />
Osterpostkarten. Anfang 20. Jh.
809<br />
811<br />
810<br />
812<br />
809. Обряд крещения баптистов (Неудачино Новосибирской обл.). Фото. 1994<br />
Tauffest bei Baptisten (Neudatschino, Gebiet Nowosibirsk). Foto. 1994<br />
810. «Пирамида» из лучших фруктов и овощей – обязательный атрибут<br />
Праздника урожая меннонитов в Аполлоновке Омской обл.<br />
Фото. 1980-е гг. Издательство «Заменкорн», Штейнхаген<br />
Eine Pyramide aus den besten Früchten und Gemüse ist beim Erntedankfest<br />
der Mennoniten in Apollonowka (Gebiet Omsk) obligatorisch.<br />
Foto. 1980er Jahre. Verlag „Samenkorn“, Steinhagen<br />
812. Адвент. Иллюстрация из Библейского букваря.<br />
И. и П. Циммерманн. Омск, 1993<br />
Advent. Illustration aus der Bibel-Fibel.<br />
I. und P. Zimmermann. Omsk, 1993<br />
813<br />
811. Праздник забоя скота (Крым). Фото. Начало ХХ в. Землячество немцев<br />
из России, Штутгарт<br />
Schlachtfest (Krim). Foto. Anfang 20. Jh. Landsmannschaft der Deutschen<br />
aus Russland, Stuttgart<br />
813. Кристкинд и Вайнахтсманн. Рождественский мотив<br />
из журнала «Фриденсботе». Саратов, 1894<br />
Kristkind und Weihnachtsmann. Weihnachtsmotiv aus<br />
der Zeitschrift „Friedensbote“. Saratow, 1894
Немцы в российской истории 347<br />
Der bedeutendste Feiertag der Sommerzeit ist der Geburtstag<br />
Johannes’ des Täufers am 24. Juni. Die Deutschen<br />
nennen ihn Johannistag oder einfach Johanni. Zu diesem<br />
christlichen Feiertag gehörten Bräuche, die in grauer Vorzeit<br />
mit der Sonnenwende zusammenhingen: Feiern der<br />
jungen Leute, das Binden von Kränzen aus Gräsern und<br />
Wiesenblumen, Springen über das Feuer, Wahrsagen und<br />
vor allem mit Wasser verbundene Bräuche, wie rituelle<br />
Bäder und Begießen mit Wasser. In den Kirchengemeinden<br />
der Baptisten und Mennoniten wurden an diesem Feiertag<br />
Massentaufen in offenen Gewässern vorgenommen.<br />
Das wichtigste Fest im Herbst war dem Ende der Erntezeit<br />
gewidmet. Die am weitesten verbreitete Bezeichnung für<br />
dieses Fest bei den Deutschen in Russland war Erntedankfest.<br />
Wie der Name sagt, wird es nach der Ernte, in der Regel<br />
Ende Oktober gefeiert. Mit dem Erntedankfest ist auch das<br />
Schlachtfest aufs engste verbunden. Das Schlachtfest hatte<br />
weder einen festen Termin, noch irgendeinen Bezug zum<br />
christlichen Kalender. In der Regel fand es nach dem ersten<br />
Frost, Anfang bis Mitte November statt. Dieses Fest schloss<br />
den Herbstzyklus der Bräuche ab und kann als Grenze<br />
zwischen Herbst und Winter gesehen werden.<br />
Vier Wochen vor Weihnachten beginnt mit dem Advent<br />
die Vorbereitung auf das Fest, und der Jahreskreis schließt<br />
sich. Damit symbolisieren die kalendarischen Feiertage,<br />
die sich Jahr für Jahr zu gleichen Zeit wiederholen und<br />
damit dem Werden und Vergehen der Natur folgen, den<br />
kontinuierlichen Lauf des Lebens. Die enorme Bedeutung<br />
dieser Feiertage fand ihren Niederschlag in der Vielzahl<br />
der sie begleitenden Riten und Bräuche, die von Generation<br />
zu Generation weitergegeben werden und eine feste<br />
Tradition darstellen.<br />
Die in Russland lebenden Deutschen sind Träger einer<br />
eigenen und einzigartigen Kultur. In ihr verbinden sich<br />
organisch Traditionen, die bereits in ihren deutschen<br />
Herkunftsländern existierten, mit Traditionen, die erst in<br />
Russland entstanden sind. Da die Deutschen nicht nur<br />
in unmittelbarer Nachbarbarschaft mit Russen, sondern<br />
auch mit Kasachen, Tataren, Ukrainern, Litauern, Esten,<br />
Polen, Tschuwaschen und anderen Völkern lebten und mit<br />
ihnen Umgang pflegten, verwoben sich viele Elemente aus<br />
den unterschiedlichsten kulturellen Bereiche miteinander.<br />
Großen Einfluss auf die Entwicklung der Traditionen<br />
hatte auch die Modernisierung der Kultur, nicht zuletzt<br />
durch Entlehnungen aus der heutigen Nationalkultur in<br />
Deutschland. Und vermutlich haben dabei die Migrationsprozesse,<br />
also die wiederholte, freiwillige oder erzwungene,<br />
Übersiedlung von Russlanddeutschen den größten<br />
Einfluss auf die Traditionen ausgeübt. Ethnografische<br />
Untersuchungen helfen dabei, diese einzigartige Kultur der<br />
Russlanddeutschen als ein Ergebnis der Anpassung an die<br />
Bedingungen andauernder Migration aufzufassen.<br />
Abb. 809<br />
Abb. 810<br />
Abb. 811<br />
Abb. 812<br />
Abb. 813<br />
Самым значительным летним праздником является Рождество<br />
Иоанна Крестителя, которое отмечается 24 июня.<br />
Немцы называют этот праздник Днем святого Иоанна<br />
(Johannistag), а чаще – «Йоганни» (Johanni). В этот христианский<br />
праздник были включены обряды, в древности<br />
связанные с летним солнцестоянием. Это совместные<br />
гулянья молодежи, плетение венков из полевых трав<br />
и цветов, прыжки через костры, гадания, а главное – обряды,<br />
связанные с водой, например, ритуальные купания<br />
и обливания водой. В религиозных общинах баптистов<br />
и меннонитов к этому празднику приурочены массовые<br />
крещения в открытых водоемах.<br />
Главным осенним праздником был праздник по случаю<br />
окончания уборки урожая. Наиболее распространенное<br />
название этого праздника у немцев в России –<br />
Erntedankfest (Праздник благодарения за урожай). Как<br />
следует из названия, его отмечают после уборки, обычно<br />
в конце октября. Тесно связан с праздником урожая<br />
Праздник забоя скота – «шлахтфест» (Schlachtfest).<br />
Он не имеет точной даты и какой-либо связи с христианским<br />
календарем и отмечается с наступлением морозов,<br />
обычно в начале-середине ноября. Этот праздник,<br />
завершающий осенний цикл обрядов, можно считать<br />
границей между осенью и зимой.<br />
За четыре недели до Рождества начинается Адвент<br />
(Advent) – время приготовления к празднику. С его<br />
окончанием завершается и календарный цикл. Таким<br />
образом, календарные праздники, повторяясь в определенное<br />
время из года в год, следуя за угасанием и<br />
возрождением природы, символизируют собой непрерывность<br />
жизни. Огромное значение этих праздников<br />
нашло отражение в комплексе сопровождающих их<br />
обрядов и обычаев, которые передаются из поколения<br />
в поколение и являются устойчивой традицией.<br />
Немцы, проживающие в России, являются носителями<br />
своеобразной, уникальной культуры. В ней органично<br />
сочетаются традиции, существовавшие еще в германских<br />
землях и сформировавшиеся уже в России. То, что<br />
немцы проживали в непосредственной близости и общались<br />
не только с русскими, но и с казахами, татарами,<br />
украинцами, латышами, эстонцами, поляками, чувашами<br />
и другими народами, привело к взаимному проникновению<br />
многих элементов в различных сферах культуры.<br />
Большое влияние на развитие традиций оказали<br />
процессы модернизации культуры, в том числе за счет<br />
заимствований из современной национальной культуры<br />
Германии. И, пожалуй, главное влияние на традиции<br />
оказывали миграции, постоянные переселения российских<br />
немцев, как добровольные, так и принудительные.<br />
Этнографические исследования помогают представить<br />
уникальную культуру российских немцев как результат<br />
адаптации к условиям постоянных миграций.<br />
Илл. 809<br />
Илл. 810<br />
Илл. 811<br />
Илл. 812<br />
Илл. 813
348 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
Unsere Autoren<br />
Наши авторы<br />
Alfred EISFELD,<br />
geb. 1951 (Siedlung Uwa, ASSR Udmurtien), Ausbildung:<br />
Ludwig-Maximilians-Universität München, Dr. phil., Historiker<br />
der Länder Ost- und Südosteuropas. Dienststelle:<br />
Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen in<br />
Nordosteuropa e. V. (IKGN e. V.) an der Universität Hamburg,<br />
Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission<br />
für die Deutschen in Russland und der GUS. Forschungsschwerpunkte:<br />
Geschichte Russlands und der UdSSR,<br />
Nationalitätenpolitik der UdSSR, Geschichte und Kultur<br />
der Russlanddeutschen, Zivilbevölkerung in der Zeit des<br />
Ersten und Zweiten Weltkrieges, deutsch-sowjetische/<br />
russische Beziehungen. Publikationen: Die Russland-Deutschen.<br />
München, 1992, 1999 2 (als Mitautor); Deutsche<br />
Kolonien an der Wolga 1917–1919 und das Deutsche<br />
Reich. Wiesbaden, 1985; Bearbeiter und Herausgeber von<br />
Dokumenteneditionen und Sammelbänden etc.; Beiträge<br />
in Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften<br />
Deutschlands, Russlands, der Ukraine, Kasachstans,<br />
Aserbaidschans.<br />
Olga Wladimirowna EISFELD (Konowalowa),<br />
geb. 1961 (Odessa, Ukrainische SSR). Ausbildung: Staatliche<br />
I. I. Metschnikow-Universität Odessa, Historikerin/<br />
Archivarin, Dienststelle: Staatliches Gebietsarchiv Odessa<br />
(1984–1999). Wissenschaftliches Interessengebiet: Geschichte<br />
der Russlanddeutschen, Archeographie, Archivwesen,<br />
historische Biographie, Genealogie. Publikationen:<br />
Wissenschaftliche Redakteurin annotierter Findbücher<br />
von Aktenbeständen der Staatlichen Gebietsarchive von<br />
Odessa, Cherson, Nikolajew, der Staatsarchive der Republik<br />
Aserbaidschan und der Autonomen Republik<br />
Krim, Bearbeiterin editionen von Dokumenten und Autorin<br />
wissenschaftlicher Beiträge über die Geschichte der<br />
Russlanddeutschen.<br />
Айсфельд Альфред,<br />
род. 1951 (пос. Ува, УдмАССР), образование:<br />
ун-т Людвига-Максимилиана в Мюнхене, д-р философии,<br />
историк стран Восточной и Юго-Восточной<br />
Европы. Место работы: Институт культуры и истории<br />
немцев Северо-Восточной Европы при ун-те<br />
г. Гамбург; Председатель научной комиссии по изучению<br />
немцев из России и в СНГ. Область научных<br />
интересов: история России и СССР, национальная<br />
политика СССР, история и культура российских<br />
немцев, гражданское население во время Первой<br />
и Второй мировых войн, советско/российско-германские<br />
отношения. Публикации: Die Russland-<br />
Deutschen. München, 1992, 1999 2 (в соавторстве);<br />
Deutsche Kolonien an der Wolga 1917–1919 und das<br />
Deutsche Reich. Wiesbaden, 1985; составитель и издатель<br />
сборников документов и др.; статьи в сборниках<br />
и научных журналах Германии, России, Украины,<br />
Казахстана, Азербайджана.<br />
Айсфельд (Коновалова) Ольга<br />
Владимировна,<br />
род. 1961 (г. Одесса, УкрССР), образование: Одесский<br />
гос. ун-т им. И. И. Мечникова, историк-архивист.<br />
Место работы: Гос. архив Одесской области<br />
(1984–1999). Область научных интересов: история<br />
российских немцев, археография, архивное дело,<br />
историческая биография, генеалогия. Публикации:<br />
Научный редактор аннотированных описей фондов<br />
и тематических перечней архивных дел государственных<br />
областных архивов Одессы, Херсона,<br />
Николаева, государственных архивов Республики<br />
Азербайджан и Автономной республики Крым; составитель<br />
сборников документов и автор научных<br />
статей по истории российских немцев.
Немцы в российской истории 349<br />
Pjotr Petrowitsch WIEBE,<br />
geb. 1955 (Omsk, RSFSR), Ausbildung: Staatliche Universität<br />
Omsk, Dr. habil. der historischen Wissenschaften,<br />
Professor. Dienststelle: Direktor des Staatlichen historischheimatkundlichen<br />
Museums Omsk (seit 1993). Wissenschaftliches<br />
Interessengebiet: Geschichte und Kultur der<br />
Russlanddeutschen, Geschichte Sibiriens, Museumskunde.<br />
Publikationen: Deutsche Kolonien in Sibirien unter Bedingungen<br />
der sozialen Umgestaltungen Ende des 19. – erstes<br />
Drittel des 20. Jh., Omsk, 2011; Deutsche Kolonien in<br />
Sibirien: sozialökonomischer Aspekt, Omsk, 2007; Beiträge<br />
über Geschichte und Kultur der Deutschen Sibiriens und<br />
Geschichte Sibiriens in Sammelbänden und wissenschaftlichen<br />
Zeitschriften Russlands und Deutschlands.<br />
Heinrich HEIDELBRECHT,<br />
geb. 1958 (Nowosibirsk, RSFSR), Ausbildung: Staatliche<br />
Universität Nowosibirsk, Architekt. Dienststelle: Architekt<br />
in Stuttgart. Wissenschaftliches Interessengebiet: Deutschrussische<br />
Wechselbeziehungen in Architektur und Städtebau.<br />
Publikationen: Carl Schmidt. Ein Architekt in St. Petersburg<br />
1866–1945. Augsburg, 2007 (als Mitautor); Deutsche Baumeister<br />
in Russland: 18. Jahrhundert. Stuttgart, 1996; Beiträge<br />
in Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften<br />
Deutschlands und Russlands.<br />
Michail Petrowitsch KOSTJUK,<br />
geb. 1960 (Dorf Oschiw, Gebiet Wolhynien, Ukrainische<br />
SSR), Ausbildung: Staatliche Universität Lwow, Kandidat<br />
der historischen Wissenschaften, Dienststelle: Pädagogische<br />
Fachschule Lutzk (1984–2000), Staatliche Technische Universität<br />
Lutzk (seit 2003). Wissenschaftliches Interessengebiet:<br />
Geschichte und Ethnographie Wolhyniens, Charakter<br />
und Mentalität des ukrainischen Volkes. Publikationen: Die<br />
deutschen Kolonien in Wolhynien im 19. und am Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts. Wiesenheid, 2006; Німецькі колонії<br />
на Волині (XIX – початок XX ст.). Тернопіль, 2003;<br />
Beiträge über Geschichte und Ethnographie der Wolhynien-<br />
Deutschen in Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften<br />
der Ukraine, Russlands und Deutschlands.<br />
Gottfried KRATZ,<br />
geb. 1947 (Kramberg/Lahn, Deutschland), Ausbildung: Universität<br />
Frankfurt/Main; Dr. der Philologie. Dienststelle: Akademie<br />
für Weiterbildung der Kunst-, Kulturschaffenden und<br />
Tourismus-Mitarbeiter (2006–2010), Universität Münster.<br />
Wissenschaftliches Interessengebiet: Verlags- und Biblio thekswesen.<br />
Publikationen: Beiträge über Verlags- und Bibliothekswesen<br />
in Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften<br />
Deutschlands, Russlands, der USA, Kanadas.<br />
Olga Andrejewna Litzenberger,<br />
geb. 1971 (Saratow, RSFSR), Ausbildung: Staatliche<br />
N. G. Tschernyschewskij-Universität Saratow, Dr. habil.<br />
der historischen Wissenschaften, Professorin. Dienststelle:<br />
Prorektorin für internationale Beziehungen der P. A. Stolypin‐Wolga-Akademie<br />
für Staatsdienst. Wissenschaftliches<br />
Interessengebiet: Geschichte der Russlanddeutschen, christliche<br />
Konfessionen, Beziehungen zwischen Staat und Kirche<br />
Вибе Петр Петрович,<br />
род. 1955 (г. Омск, РСФСР), образование: Омский<br />
гос. ун-т, д. и. н., проф. Место работы: директор Омского<br />
гос. историко-краеведческого музея (с 1993).<br />
Область научных интересов: история и культура<br />
российских немцев, история Сибири, музеология.<br />
Публикации: Немецкие колонии в Сибири в условиях<br />
социальных трансформаций конца XIX – первой<br />
трети XX вв. Омск, 2011; Немецкие колонии в<br />
Сибири: социально-экономический аспект. Омск,<br />
2007; статьи по истории и культуре немцев Сибири<br />
и истории Сибири в сборниках и научных журналах<br />
России и Германии.<br />
Гейдебрехт Генрих,<br />
род. 1958 (г. Новосибирск, РСФСР), образование:<br />
Ново сибирский гос. ун-т, архитектор. Место работы:<br />
архи тектор в Штутгарте. Область научных<br />
интересов: немецко-русское взаимовлияние в архитектуре<br />
и градостроительстве. Публикации: Carl<br />
Schmidt. Ein Architekt in St. Petersburg 1866–1945.<br />
Augsburg, 2007 (в соавторстве); Deutsche Baumeister<br />
in Rußland: 18. Jahrhundert, Stuttgart, 1996; статьи<br />
в сборниках и научных журналах Германии<br />
и России.<br />
Костюк Михаил Петрович,<br />
род. 1960 (с. Ошив, Волынская обл., УкрССР), образование:<br />
Львовский гос. ун-т, к. и. н. Место работы:<br />
Луцкое педучилище (1984–2000), Луцкий гос. тех.<br />
ун-т (с 2003). Область научных интересов: история<br />
и этнография Волыни, характер и менталитет<br />
украинского этноса. Публикации: Die deutschen<br />
Kolonien in Wolhynien im 19. und am Anfang des<br />
20. Jahrhunderts. Wiesenheid, 2006; Німецькі колонії<br />
на Волині (XIX – початок XX ст.). Тернопіль, 2003;<br />
статьи по истории и этнографии волынских немцев<br />
в сборниках и научных журналах Украины, России<br />
и Германии.<br />
Кратц Готфрид,<br />
род. 1947 (г. Крамберг/Лан, Германия), образование:<br />
ун-т г. Франкфурт-на-Майне, д-р. филологии. Место<br />
работы: Академия переподготовки работников<br />
искусства, культуры и туризма (2006–2010), ун-т<br />
г. Мюнстер. Область научных интересов: издательское<br />
и библиотечное дело. Публикации: Статьи по<br />
издательскому и библиотечному делу и немецко-российскому<br />
влиянию в сборниках и научных журналах<br />
Германии, России, США, Канады.<br />
Лиценбергер Ольга Андреевна,<br />
род. 1971 (г. Саратов, РСФСР), образование: Саратовский<br />
гос. ун-т им. Н. Г. Чернышевского; д. и. н.,<br />
проф. Место работы: проректор по межд. связям<br />
Поволжской акад. гос. службы им. П. А. Столыпина.<br />
Область научных интересов: история российских<br />
немцев, христианские конфессии в России, государственно-церковные<br />
отношения в современной
350 Deutsche in der russischen Geschichte<br />
im heutigen Russland, Geschichte des russischen Straf-, Zivilund<br />
Familienrechts. Publikationen: Geschichte der deutschen<br />
Ansiedlungen im Wolgagebiet. Teil. 1. Lutheraner: A-M. Saratow,<br />
2011; Evangelisch-lutherische Kirche in der russischen<br />
Geschichte (16.–20. Jh.). Minsk, 2003; Römisch-katholische<br />
Kirche in Russland: Geschichte und Rechtslage. Saratow,<br />
2001; Evangelisch-lutherische Kirche und der Sowjetstaat<br />
(1917–1938). Moskau, 1999; Beiträge in Sammelbänden<br />
und wissenschaftlichen Zeitschriften Russlands, Moldawiens,<br />
Deutschlands, der USA, Italiens, Finnlands.<br />
Genrich Genrichowitsch MARTENS,<br />
geb. 1956 (Donezk, Ukrainische SSR), Ausbildung: Polytechnische<br />
Hochschule Donezk, Bergbauingenieur, gesellschaftlicher<br />
und politischer Funktionsträger, Vorsitzender des IVDK<br />
(seit 1991), Präsident der national-kulturellen Autonomie der<br />
Russlanddeutschen (seit 2009).<br />
Sergej Gennadjewitsch NELIPOWITSCH<br />
geb. 1963 (Moskau, RSFSR), Ausbildung: Moskauer Staatliche<br />
Hochschule für Geschichte und Archivwesen, Kandidat der<br />
historischen Wissenschaften. Dienststelle: Russisches Staatliches<br />
Militärhistorisches Archiv (1984–1997), Leiter der<br />
Archivabteilung der Stadtverwaltung Balaschicha (seit 1997).<br />
Wissenschaftliches Interessengebiet: Russisch-österreichische<br />
Beziehungen im 18. Jh., Erster Weltkrieg. Publikationen:<br />
Beiträge über die Geschichte des Ersten Weltkrieges in Sammelbänden<br />
und wissenschaftlichen Zeitschriften Russlands,<br />
Deutschlands, Italiens.<br />
Jurij Alexandrowitsch PETROW,<br />
geb. 1955 (Zagorsk, RSFSR), Ausbildung: Moskauer Staatliche<br />
Universität, Dr. habil. der historischen Wissenschaften.<br />
Dienststelle: Direktor des Instituts für russische Geschichte der<br />
Russischen Akademie der Wissenschaften (seit 2010). Wissenschaftliches<br />
Interessengebiet: Geschichte des Bankwesens und<br />
Privatunternehmertums im Vorrevolutions-Russland. Publikationen:<br />
Angestellte Geschäftsführer in Russland. Erfahrungen<br />
der Business-Elite des 19.–20.Jh. Moskau, 2007; Geschichte der<br />
Sparbank (Sberbank) Russlands, 1841–1991. Moskau, 2007;<br />
Geschichte der Steuern in Russland. 9. Jh. – Anfang des 20.<br />
Jh. Moskau, 2006; Kapitalschutz. Erfahrungen der russischen<br />
Business-Elite des 19. – Anfang des 20. Jh. Moskau, 2006; Ein<br />
Jahrhundert von Aktien, Renten und Obligationen. Wertpapiere<br />
des Russischen Reiches. Moskau, 2005; Die Moskauer Bourgeoisie<br />
Anfang des 20. Jh.: Unternehmertum und Politik. Moskau,<br />
2002; Geschäftsbanken Moskaus. Ende des 19. Jh. – 1914.<br />
Moskau, 1998; Familie Rjabuschinskij. Moskau, 1997; Beiträge<br />
in Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften.<br />
Igor Rudolfowitsch PLEWE,<br />
geb. 1958 (Prokopjewsk, Gebiet Kemerowo, RSFSR), Ausbildung:<br />
Staatliche Universität Kemerowo „N. G. Tschernyschewskij“,<br />
Dr. habil. der historischen Wissenschaften.<br />
Dienststelle: Rektor der Staatlichen Technischen Universität<br />
Saratow (seit 2008). Wissenschaftliches Interessengebiet: Geschichte<br />
der Wolga-Deutschen. Publikationen: „Die Listen der<br />
Kolonisten, die 1766 in Russland ankamen, Iwan Kulberg‘s<br />
Rapporte“. Saratow, 2010; Einwanderung in das Wolga-Gebiet<br />
России, история российского уголовного, гражданского<br />
и семейного права. Публикации: История немецких<br />
поселений Поволжья. Ч. 1. Лютеране: А-М.<br />
Саратов, 2011; Евангелическо-лютеранская церковь<br />
в Российской истории (XVI–XX вв.). Минск, 2003;<br />
Римско-католическая церковь в России: история и<br />
правовое положение. Саратов, 2001; Евангелическо-лютеранская<br />
церковь и советское государство<br />
(1917–1938). Москва, 1999; статьи в сборниках и<br />
научных журналах России, Молдавии, Германии,<br />
США, Италии, Финляндии.<br />
Мартенс Генрих Генрихович,<br />
род. 1956 (г. Донецк, УкрССР), образование: Донецкий<br />
политехнический ин‐т, горный инженер; общественный<br />
и политический деятель, председатель<br />
МСНК (с 1991), президент Федеральной нац.-культ.<br />
автономии рос. немцев (с 2009).<br />
Нелипович Сергей Геннадьевич,<br />
род. 1963 (г. Москва, РСФСР), образование: Московский<br />
гос. историко-архивный ин-т, к. и. н. Место<br />
работы: РГВИА (1984–1997), начальник архивного<br />
отд. Админи страции гор. окр. Балашиха (с 1997).<br />
Область научных интересов: русско-австрийские<br />
отношения в XVIII в., Первая мировая война.<br />
Публикации: Статьи по истории периода Первой<br />
мировой войны в сборниках и научных журналах<br />
России, Германии, Италии.<br />
Петров Юрий Александрович,<br />
род. 1955 (г. Загорск, РСФСР), образование: Московский<br />
гос. ун-т, д. и. н. Место работы: директор<br />
Института российской истории РАН (с 2010). Область<br />
научных интересов: история банковского дела<br />
и частного предпринимательства в дореволюционной<br />
России. Публикации: Наёмные управляющие в<br />
России. Опыт бизнес-элиты XIX–XX вв. Москва,<br />
2007; История Сбербанка России. 1841–1991 гг. Москва,<br />
2007; История налогов в России. IX – начало<br />
XX в. Москва, 2006; Защита капитала. Опыт российской<br />
бизнес-элиты XIX – начала XX века. Москва,<br />
2006; Век акций, рент и облигаций. Ценные бумаги<br />
Российской империи. Москва, 2005; Московская<br />
буржуазия в начале XX в.: предпринимательство<br />
и политика. Москва, 2002; Коммерческие банки<br />
Москвы. Конец XIX – 1914 г. Москва, 1998; Династия<br />
Рябушинских. Москва, 1997; статьи в сборниках и<br />
научных журналах.<br />
Плеве Игорь Рудольфович,<br />
род. 1958 (г. Прокопьевск, РСФСР), образование:<br />
Саратовский гос. ун-т им. Н. Г. Чернышевского,<br />
д. и. н. Место работы: ректор Саратовского гос.<br />
техн. ун-та (с 2008). Область научных интересов:<br />
история немцев Поволжья. Публикации: Списки<br />
колонистов, пибывших в Россию в 1766 г. «Рапорты<br />
Ивана Кульберга». Саратов 2010; Einwanderung<br />
in das Wolgagebiet 1764–1767. Bd. 1-4. Göttingen,
Немцы в российской истории 351<br />
1764–1767. Bd. 1-4. Göttingen, 1999–2008; Deutsche Kolonien<br />
an der Wolga in der zweiten Hälfte des 18. Jh. Moskau,<br />
1998; Beiträge in Sammelbänden und wissenschaftlichen<br />
Zeitschriften Russlands, Deutschlands, der USA.<br />
Tatjana Borisowna SMIRNOWA,<br />
geb. 1963 (Saratow, RSFSR). Ausbildung: Staatliche Universität<br />
Omsk, Dr. habil. der historischen Wissenschaften,<br />
Professorin. Dienststelle: Professorin des Lehrstuhls für Ethnographie<br />
und Museumswesen der Staatlichen F. M. Dostojewskij‐Universität<br />
Omsk. Wissenschaftliches Interessengebiet:<br />
Ethnographie, Ethnologie, soziokulturelle Anthropologie.<br />
Publikationen: Deutsche Sibiriens: Ethnische Prozesse und<br />
ethnokulturelle Wechselbeziehungen. Nowosibirsk, 2003;<br />
Traditionelles Brauchtum der Deutschen Sibiriens. Omsk,<br />
1998 (als Mitautorin); Beiträge in Sammelbänden und wissenschaftlichen<br />
Zeitschriften Russlands und der USA<br />
Irina Wassiljewna TSCHERKASJANOWA<br />
geb. 1955 (Karaganda, Kasachische SSR), Ausbildung; Staatliche<br />
Universität Karaganda, Dr. habil. der historischen Wissenschaften.<br />
Dienststelle: Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
der St. Petersburger Filiale des S. I. Wawilow-Instituts für<br />
Geschichte der Naturkunde und Technik der Russischen<br />
Akademie der Wissenschaften (1998–2009). Wissenschaftliches<br />
Interessengebiet: Geschichte Russlands (Ende des<br />
19. Jh. – 1930er Jahre), Geschichte der Wissenschaft und<br />
des Bildungswesens, Historiographie, Geschichte und Kultur<br />
der Russlanddeutschen. Publikationen: Die Deutschen<br />
Leningrads: Schicksal der Kriegsgenerationen (1941–1955).<br />
St. Petersburg, 2011; Schulbildung der Russlanddeutschen:<br />
Probleme der Entwicklung und Bewahrung der deutschen<br />
Schule in Sibirien im 18.–20. Jh. Moskau, 2004; Beiträge in<br />
Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften Russlands,<br />
der Ukraine, Deutschlands, Kanadas.<br />
Hannelore ENGEL-BRAUNSCHMIDT<br />
geb. 1941 (Königsberg, Deutschland), Ausbildung: Universitäten<br />
Göttingen, München, Zürich, Hamburg, Slawistin,<br />
Dr. habil. der Philologie, Professorin. Dienststelle: Universität<br />
Kiel. Wissenschaftliches Interessengebiet: Deutsch-russische<br />
Wechselbeziehungen im Kulturbereich, Literatur und Kultur<br />
der Russlanddeutschen. Publikationen: Bibliographie der sowjetdeutschen<br />
Literatur 1960–1985. Köln, 1997 (als Mitautorin);<br />
Ins Gestern Tauche Ich Ein: Eine Dokumentation Der Tagung<br />
Sowjetdeutsche Literatur Heute in Berlin, 18.–20. Oktober<br />
1990. Künstlergilde, 1994 (als Mitautorin); Bibliographie der<br />
sowjetdeutschen Literatur von den Anfängen bis 1941. Köln,<br />
1990 (als Mitautorin); Sammlung Sowjetdeutscher Dichtung.<br />
Hildesheim, 1990 (als Mitautorin); Deutsche Dichter in Russland<br />
im 19. Jahrhundert. N. V. Gerbel’s „Deutsche Dichter<br />
in Biographien und Proben“ als Zentrum der Kenntnis und<br />
Verbreitung deutscher Dichtung. Paderborn, 1973; Beiträge in<br />
Sammelbänden und wissenschaftlichen Zeitschriften.<br />
1999–2008; Немецкие колонии на Волге во второй<br />
половине XVIII века. Москва, 1998; статьи в<br />
сборниках и научных журналах России, Германии,<br />
США.<br />
Смирнова Татьяна Борисовна,<br />
род. 1963 (г. Сара тов, РСФСР); образование: Омский<br />
гос. ун-т; д. и. н., проф. Место работы: проф. каф.<br />
этнографии и музееведения Омского гос. ун-та<br />
им. Ф. М. Достоевского. Область научных интересов:<br />
этнография, этнология, социально-культурная<br />
антропология. Публикации: Немцы Сибири: этнические<br />
процессы и этнокультурное взаимодействие.<br />
Новосибирск, 2003; Традиционная обрядность немцев<br />
Сибири. Омск, 1998 (в соавторстве); статьи в<br />
сборниках и научных журналах России и США.<br />
Черказьянова Ирина Васильевна,<br />
род. 1955 (г. Караганда, КазССР); образование:<br />
Карагандинский гос. ун-т, д. и. н. Место работы:<br />
ст. науч. сотр. С.-Петербургского филиала Института<br />
истории естествознания и техники им.<br />
С. И. Вавилова РАН (1998–2009). Область научных<br />
интересов: история России (конец XIX в. – 1930-е<br />
гг.), история науки и образования, историография,<br />
история и культура российских немцев. Публикации:<br />
Ленинградские немцы: судьба военных поколений<br />
(1941–1955 гг.). С.‐Петербург, 2011; Школьное<br />
образование российских немцев: проблемы развития<br />
и сохранения немецкой школы в Сибири<br />
в ХVIII–ХХ вв. Москва, 2004; статьи в сборниках<br />
и научных журналах России, Украины, Германии,<br />
Канады.<br />
Энгель(-Брауншмидт) Аннелора,<br />
род. 1941 (г. Кёнигсберг, Германия), образование: унты<br />
гг. Гёттинген, Мюнхен, Цюрих, Гамбург, славист,<br />
д-р филологии, проф. Место работы: ун-т г. Киль.<br />
Область научных интересов: немецко-русское<br />
культурное взаимовлияние, литература и культура<br />
российских немцев. Публикации: Bibliographie<br />
der sowjetdeutschen Literatur 1960–1985. Köln, 1997<br />
(в соавторстве); Ins Gestern Tauche Ich Ein: Eine<br />
Dokumentation Der Tagung Sowjetdeutsche Literatur<br />
Heute in Berlin, 18.–20. Oktober 1990. Künstlergilde,<br />
1994 (в соавторстве); Bibliographie der sowjetdeutschen<br />
Literatur von den Anfängen bis 1941. Köln, 1990<br />
(в соавторстве); Sammlung Sowjetdeutscher Dichtung.<br />
Hildesheim, 1990 (в соавторстве); Deutsche Dichter in<br />
Russland im 19. Jahrhundert. N. V. Gerbel’s «Deutsche<br />
Dichter in Biographien und Proben» als Zentrum<br />
der Kenntnis und Verbreitung deutscher Dichtung.<br />
Paderborn, 1973; статьи в сборниках и научных<br />
журналах.
Немцы в российской истории<br />
Презентационный альбом к передвижной выставке в рамках<br />
празднования 250-летия переселения немцев в Россию<br />
Том 1<br />
Идея и концепция проекта: Г. Мартенс<br />
Руководитель проекта: О. Мартенс<br />
Менеджер проекта: Н. Везнер<br />
Научный руководитель: А. Айсфельд<br />
Научный редактор: О. Айсфельд<br />
Перевод на немецкий язык: Н. Краллеманн, М. Текигалиева<br />
Корректор русских текстов: М. Лищинская, Т. Анисимова<br />
Корректор немецких текстов: А. Паисов, М. Посметная<br />
Дизайн: Х. Винклер, А. Иксти<br />
Верстка: А. Иксти, Т. Серегина<br />
Цветокоррекция, ретушь: Н. Митрошина<br />
Обложка: Х. Винклер<br />
Издание осуществлено при финансовой поддержке<br />
Министерства регионального развития Российской Федерации<br />
и Министерства внутренних дел Германии.<br />
Формат издания 70х100/8. Бумага мелованная. Печать офсетная.<br />
Усл. печ. л. 44. Тираж 1 000 экз.<br />
Издано ЗАО «МСНК-пресс» по заказу<br />
АОО «Международный союз немецкой культуры».<br />
119435, Москва, ул. Малая Пироговская, 5, оф. 51.<br />
Тел./факс (495) 531-68-88