Nemzy Povolzhja
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Abends versammelten sich die Erwachsenen am Feuer und sangen alte deutsche<br />
Lieder. Als man schließlich den Schleppkahn auf die Abfahrt vorbereitete, beteten alle<br />
kniend. Ein Hund lief lange hinter dem abfahrenden Schleppkahn her. Es war einfach<br />
unmöglich, dem ohne Tränen zuzusehen. „Drei deutsche Familien, auch ich war dabei,<br />
wurden im Dorf Rassino im gleichen Haus mit den lokalen Einwohnern untergebracht.<br />
Ich weiß immer noch, wie wir Angst vor einander hatten. Auf dem Ofen lag alter Opa<br />
mit langem weißem Bart, sah uns erschrocken an und hatte Angst, einzuschlafen. Wir<br />
hatten keine Konflikte und die Angst der Einheimischen war unbegründet. Letzten<br />
Endes lebten wir wie eine Familie. So begann unser Leidensweg.<br />
„Am 23. Februar 1943, meinem 18. Geburtstag, kam ich in die Trudarmee nach Sysran.<br />
Wir wohnten in einem Pferdestall. Und wieder bekam Sophia Iwanowna Mitleid<br />
und Freundlichkeit der lokalen Bevölkerung zu spüren. Bussische Familien halfen den<br />
Deutschen, den Pferdestall auszuputzen, bauten für sie kleine Öfen, um sie im Winter<br />
vom Frost zu retten. Sie arbeitete auch auf den Ölfeldern beim Freilegen der Wege für<br />
den Ölabtransport. Die Tagesration an Brot betrug 600 Gramm. Später, als sie auf eine<br />
Baustelle verlegt wurden, wurde die Tagesration auf 800 Gramm Brot erhöht.<br />
Die nächste Etappe ihres Trudarmistenlebens verlief auf der Eisenbahn in der<br />
Stadt Frunse. Das war harte Arbeit, Eisenbahnschienen und -balken mussten verlegt<br />
und die Bahn sauber gemacht werden. Die Lebensbedingungen hier waren viel besser:<br />
Karten für die Brotration und Essen in der Kantine.<br />
„Einmal erhielt ich eine Prämie für die gute Arbeit, das war ein grüner amerikanischer<br />
Rock. Nach der Arbeit steckte ich meine Brotkarten in die Rocktasche und hängte<br />
den Rock an die Bettlehne, damit er nicht zerknittert aussieht. Morgens waren<br />
weder der Rock noch die Karten da. Einen ganzen Monat lang teilte meine Freundnin<br />
ihre Brotration mit mir und man gestattete mir, in der Küche zu helfen, dort Kessel<br />
und Töpfe zu putzen und Kartoffeln zu schälen, dafür bekam ich jeden Morgen etwas<br />
Brei. So überlebte ich diesen Monat.