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Nemzy Povolzhja

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Die Kindheit und die Jugendjahre waren die glücklichste Zeit ihres Lebens,<br />

Man musste viel arbeiten, aber die Deutschen verstanden es auch, sich gut zu erholen.<br />

Abends versammelten sich die Jugendlichen auf der Bank vor jemandes<br />

Haus und spielten „Klöck" (Knüttelspiel), sangen im Chor deutsche Volkslieder und<br />

gingen tanzen.<br />

Sehr lebendig waren ihr auch die Erinnerungen an Familienfeste und in erster Linie<br />

an die Weihnachtsfeier. „Zu Weihnachten schmückten die Eltern einen schönen Tannenbaum.<br />

Alle Kinder hielten sich an den Händen, führten Reigen, sangen Lieder und<br />

sagten Gedichte auf. Um ein Weihnachtsgeschenk zu bekommen, musste jedes Kind<br />

sein eigenes Gebet vortragen. Einmal brachte der ältere Bruder Sophie ein Gebet bei,<br />

das ihr angeblich zu den größten und besten Geschenken verhelfen sollte:<br />

„Sag mal so: Christkind! unters Bett, wenn ich nur ein Korb voll hält."<br />

Sophie trug das Gebet tüchtig vor, hat aber anstatt einem großen Geschenk eine<br />

kräftige Rüge bekommen.<br />

„Fort naus!" sagte der Vater ärgerlich und deutete an, dass sie kein Geschenk bekommen<br />

würde. Sie erhielt es trotzdem, aber als allerletzte.<br />

Als Sophie größer wurde, besuchte sie zusammen mit ihren Freundinnen Hoehzeitesfeste<br />

in der Stadt, diese lustigen Feierlichkeiten dauerten jeweils drei Tage. Die<br />

Braut war damals, wie auch heute, in Weiß gekleidet, der Bräutigam in Schwarz, bloßen<br />

Hauptes und mit einem weißen Band im Knopfloch, das bis zur Gürtellinie herabhing.<br />

Während des Tanzes wurde Papiergeld an das Brautkleid geheftet. Das Brautpaar<br />

erhielt in der Regel Haushaltsgegenstände und Kleinvieh zum Aufziehen geschenkt<br />

wie Ferkel, Kalbe etc. Ein Tag lang wurde im Hause des Bräutigams, am zweiten<br />

Tag im Hause der Braut gefeiert. Ferner unternahm man festliche Spazierfahrten,<br />

und den Pferden gab man Wodka zu trinken, um sie schneller laufen zu lassen.<br />

Und die Jugend lächelte uns an ...<br />

Wir fragten Sophia Iwanowna nach irgendwelchen ungewöhnlichen Geschehnissen<br />

aus ihrem Leben und sie erzählte uns, dass ein Mädchen aus ihrem Bekanntenkreis,<br />

das ihren Mut beweisen wollte, nach dem Beispiel eines Jungen zum Friedhof gehen<br />

und ein Kreuz aus dem Grab herausziehen, es allen zeigen und danach wieder zum<br />

Friedhof zurückbringen sollte. So machte sie es auch, zeigte das Kreuz, und als sie es<br />

am Grab wieder zurückstecken wollte, hat sie damit den Saum ihrer Schürze festgenagelt<br />

und verlor das Bewusstsein, weil sie glaubte, ins Grab gezogen au werden. Man<br />

fand sie später ohnmächtig daliegen.<br />

Ferner erinnerte sie sich daran, dass sie für den Vater Bier holte und der Wirt es in<br />

eine Teekanne einfüllte. Aus ihren Erzählungen erfuhren wir, dass Sophia Iwanowna<br />

ein sehr aufgewecktes Kind war. Wenn die Jungen Wassermelonen klauen gingen, nahmen<br />

sie sie zum Melonenfeld mit, das sie Porgart nannte, um den Wächter abzulenken:<br />

- Was willst du? - fragte der Wächter.<br />

- Ich will eine Wassermelone.<br />

- Na gut, bleib mal eine Weile hier, wollen wir eine Weile plaudern.<br />

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