Nemzy Povolzhja
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Und wieder ist sie auf der Suche nach der Arbeit. Endlich kriegt sie einen<br />
Arbeitsplatz. Ihre Aufgabe bestand darin, die Marktpreise einzusammeln und das<br />
Existenzminimum auszurechnen. Es war aber der Krieg, der hungrige Winter des<br />
Jahres 1941. Man verkaufte nur Sonnenblumensamen. Folglich gab es keine Arbeit.<br />
„Um mich zu erwärmen, musste ich um die Tische herum laufen. Außerdem hatten wir<br />
fast nichts zum Essen: 400 g Brot, ein Hering und eine Salzgurke."<br />
Im Frühling 1942 begann Elena im neuen Hospital zu arbeiten. Vor dem Krieg<br />
wurde in diesem Gebäude das pädagogische Teehnikum eingerichtet. Sie empfang die<br />
Verwundeten und hatte noch viel zu tun, weil es im Hospital zu wenig Arbeitskräfte<br />
gab. Im September 1942 evakuierte man die letzten Verwundeten nach Kujbyschew,<br />
die anderen Kranken wurden ins Krankenhaus gebracht.<br />
Ein paar Worte über dieses Gebäude: Vor der Oktoberrevolution gehörte es der<br />
Familie Sabelfeld. Dann wurde der Bau für ein Entbindungsheim verwendet, wo die<br />
jüngere Schwester von Elena geboren wurde. Während des II. Weltkrieges befand<br />
sich hier ein Krankenhaus, wo unsere Gesprächpartnerin mit der Nierenentzündung<br />
lag. Später wurde hier ein Kinderkrankenhaus eingerichtet, wo sich die Nichte von<br />
Elena heilen ließ. Seit den 70er Jahren befindet sich hier das Standesamt, wo Elenas<br />
älteste Nichte geheiratet hat. Es ist sehr interessant, wie die Geschichte eines<br />
Gebäudes mit der Geschichte einer Familie verflechtet ist.<br />
Zurück zu Elena Petrowna . Nach der Evakuierung aller Verletzten blieb sie wieder<br />
ohne Arbeit. Es gelingt ihr, ohne Arbeitsbuch eine Arbeitsstelle im einzigen Werk in der<br />
Stadt zu kriegen. „Man hat uns da sehr streng behandelt", säufzt Elena Petrowna. Alle<br />
Lebenskräfte wurden dem Sieg untergeordnet. Elena Petrowna war die Erste, die gleichzeitig<br />
drei Werkzeuge bediente. Es gab aber auch ein emotionales Ventil - das<br />
Tanzen. Der Tanzplatz befand sich in der freien Luft, ein Blaßorchester spielte alte<br />
Melodien. In dem ehemaligen Gebäude der evangelischen Kirche befand sich ein Klub.<br />
Hier wurde getanzt und einige Feste wurden veranstaltet. Die ältere Generation<br />
begrüßte das nicht, weil es eine Sünde war, im Gotteshaus sich zu freuen.<br />
In der Nachkriegszeit war Elena Petrowna bis in die Rente als Sekretärin in demselben<br />
Werk tätig. Mit 29 bekam sie einen Sohn. Von den Nachbarn wurde sie<br />
verurteilt, weil sie den Sohn von einem verheirateten Mann kriegte. Wir denken aber,<br />
dass man alles verzeihen muss. Man darf nicht vergessen, dass nur wenige Männer<br />
vom Kreig zurückkamen. Später hat man sie beneidet, weil ihr Sohn als ein wiesbegieriger,<br />
begabter, aufmerksamer, sorgfältiger Junge wuchs.<br />
Jana Weisel,<br />
Anna Tschernjawskaja<br />
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P, S. Ende der 80er begann die • AusreiseweUe der Russlanddeuteschen nach Deutschland.<br />
Gleichseitig kamen Delegationen aus Duetschland und diskutierten die WiederaufiteUtmg der<br />
deutschen Republik an der Wolga, Einige Leute wollten das nicht und meinten: „Nur keine<br />
Deutschen mehr zu sehen ..." „... ich sehne mich so sehr nach deutschem Dialekt..*" — hören<br />
wir die letalen Worte von Elena Petrowna.