Nemzy Povolzhja
Nemzy Povolzhja
Nemzy Povolzhja
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
tendes Sehreiben bekam er von ihr zunächst eine ablehnende Antwort. Er schrieb aber<br />
weiter, Natalja war charakterfest und antwortete nicht. Ihr schien es, als ob dieser schöne,<br />
gut erzogene, sportliche Junge, dazu noch aus einer reichen Familie, sich einfach<br />
nur über sie lustig machte. Nikolai hatte jedoch gute Absichten und kam selbst zu ihr.<br />
Er kam und blieb bei ihr. Sie liebten einander wahnsinnig, aber küssten sich nur. Mehr<br />
wurde ihnen nicht erlaubt. Auf ihre Hochzeit warteten sie mit Ungeduld. Nikolai musste<br />
zunächst noch seine Ausbildung beenden. Die Zeit der Trennung war unendlich. Sie<br />
zählten jede Sekunde bis zum Treffen und flogen zueinander. Sie waren glücklich und<br />
schworen einander Treue bis zum letzten Tag. Diese aufrichtige und helle Liebe<br />
beobachteten die Dorfbewohner, die Schulkameraden und sogar der Schuldirektor.<br />
1941 beendete Nikolai die Mittelschule und Natascha die neunte Masse. Sie planten<br />
viel. Alle Träume und Pläne blieben aber unerfüllt. Sie sollten sich nie wieder treffen und<br />
noch nicht einmal voneinander verabschieden. Der Krieg begann. Der Vater von Natalja<br />
Kusminitschna und später auch Nikolai wurden an die Front einrufen. Am Tag der<br />
Abfahrt kam Nikolai zu Natascha, aber sie war schon weit weg. Junge Schülerinnen wurden<br />
plötzlich zur Feldarbeit geschickt. Nikolai steht bis heute auf der Liste der hoffnungslos<br />
Vermissten. Doch Natascha, jetzt schon Natalja Kusminitschna, behütet ihre<br />
Treue zu ihrem lieben Nikolai. Das Herz zieht sich bei diesen Worten zusammen: „So eine<br />
liebe kann nur einmal sein. So eine liebe hat niemand erlebt, und diese liebe nehme ich<br />
mit. Ich brauche keinen außer ihm. Ich träume von ihm 40 Jahre lang, jede Nacht."<br />
1941 war ein Bruch für viele Leute. Im August wurde Natalja Kusminitschna wie<br />
auch andere ins Dorf Fischer (Teljausa, Krasnaja Poljana) geschickt. Das Dorf ist<br />
nicht weit von Stadt Marx entfernt und eines der ältesten Dörfer an der Wolga. Die<br />
jungen Frauen waren gezwungen, zusammen Schulter an Schulter mit Wolgadeutschen<br />
ш arbeiten. Damals wusste Natalja nichts von Ihnen, nur dass sie hässlich aussehen<br />
und was Schlechtes machen können.<br />
„Wir wohnten in einem Gebäude der Administration. Einmal waren wir schon zum<br />
Schlafen bereit, hatten uns mit Messer und Axt bewaffnet, als jemand an die Tür klopfte.<br />
Es war der Vorsitzende. Uns wurde Essen gebracht. Wir hatten Angst vor ihnen,<br />
weil sie für uns fremd waren. Wir befürchteten, dass das Essen vergiftet war. Der Leiter<br />
unserer Gruppe entschloss sich, als Erster das Essen zu kosten. Er aß lange und mit<br />
großem Appetit. Dann begann er zu husten. ... Als er aber sah, dass wir erschrocken<br />
waren sagte er: ч Allee ist in Ordnung, greift zu. Das Essen iet lecker. 4 So kosteten<br />
wir zum ersten Mal deutsches Essen.<br />
Das Dorf war sehr schön, grün und sauber. Es gab keinen Flecken unbearbeiteter<br />
Erde. Überall wuchs etwas. Die Dorfbewohner bauten sehr viel Tabak und Gemüse an.<br />
Die Sowchose hieß „Gemüsebau". Die ganze Sowchose war in Ordnung, die Ställe sauber<br />
und überall waren Blumen. Auch später versuchten wir, die Sauberkeit, die uns<br />
die Deutschen hinterlassen hatten, zu pflegen. Wir arbeiteten alle zusammen und übernahmen<br />
gleichzeitig ihre Art des Wirtschaftens. Die Dorfbewohner schlachteten<br />
Schweine, Ziegen, Schafe und legten Fleisch und andere Lebensmittel als Vorrat an, als<br />
ob sie sich auf den langen Weg vorbereiten würden.<br />
135