Vom Gabelstapler zum autonomen Roboter - RTS
Vom Gabelstapler zum autonomen Roboter - RTS
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<strong>Vom</strong> <strong>Gabelstapler</strong><br />
<strong>zum</strong> mobilen <strong>Roboter</strong><br />
Entwicklungstrends bei Flurförderzeugen<br />
Die Intralogistik hat bereits große Möglichkeiten <strong>zum</strong> Kostensparen freigesetzt. Zur Fortsetzung<br />
dieses Trends muß eine noch weitergehende Automatisierung von Produktion und Logistik erfolgen.<br />
Dies erfordert unter anderem auch neue Konzepte zur Einbindung von Fahrzeugen. Die Hamburger<br />
Still GmbH verfolgt mit dem <strong>autonomen</strong> Stapler und RFID-geführten Flurförderzeugen zwei innovative<br />
Ansätze in diese Richtung.<br />
Dr.-Ing.<br />
Joachim Tödter<br />
Jahrgang 1962, leitet<br />
bei der Still GmbH<br />
in Hamburg die Vorentwicklung.<br />
Zu seinen<br />
Aufgaben gehört neben<br />
der Konzeption neuer<br />
Staplerkonzepte auch<br />
die Entwicklung von<br />
Komponenten für Flurförderzeuge sowie<br />
für die Optimierung von Intralogistikprozessen.<br />
Schon seit Jahren ist klar, daß die Intralogistik<br />
große Potentiale zur Kosteneinsparung<br />
besitzt. Ein Teil dieser Möglichkeiten<br />
wurde bereits umgesetzt. Besonders<br />
im Fahrzeugbereich, aber auch in<br />
der Nutzung der Informationstechnologie<br />
bestehen jedoch immer noch große<br />
Chancen, weitere Verbesserungen in den<br />
Kostenstrukturen zu erreichen. So ergibt<br />
sich z. B. auch in der Logistik eine<br />
Vielzahl von Anwendungen für Industrieroboter,<br />
wie beispielsweise das Palettieren,<br />
Kommissionieren oder Sortieren.<br />
So werden <strong>Roboter</strong> mit steigender Tendenz<br />
als Alternative im innerbetrieblichen<br />
Materialfluß eingesetzt. Auf der anderen<br />
Seite bietet auch die intelligente Steuerung<br />
von Flurförderzeugen attraktive<br />
Optionen für eine weitere Rationalisierung.<br />
Hier setzt der Hamburger Intralogistik-Spezialist<br />
Still mit zwei Neuentwicklungen<br />
an. Das Unternehmen<br />
10 · INDUSTRIEBEDARF 3/2006
setzt dabei auf bewährte Flurförderzeuge,<br />
verknüpft sie mit neuen Funktionalitäten<br />
und beschreitet damit einen Weg,<br />
aus <strong>Gabelstapler</strong>n quasi mobile <strong>Roboter</strong><br />
zu machen.<br />
Autonomer Stapler<br />
So arbeitet Still bereits an dem <strong>autonomen</strong><br />
Stapler. Das Vorhaben hat<br />
noch Projektstatus, ist also noch kein<br />
konkret kaufbares Produkt, sondern<br />
die Technik von morgen. Am Beispiel<br />
eines Schubmaststaplers vom Typ FM 14i<br />
hat das Unternehmen diese Option<br />
aber bereits auf der letztjährigen CeMAT<br />
dargestellt.<br />
Um die Demonstration möglichst<br />
realitätsgetreu zu gestalten, zeigte Still<br />
das Zusammenspiel zwischen dem<br />
FM 14i und einem ebenfalls automatisierten<br />
Kommissionierstapler vom<br />
Typ MX-X, der die Arbeit in einem<br />
angedeuteten Hochregallager übernahm.<br />
Auf diese Weise wurde auch die<br />
Übergabe-Schnittstelle gleich mit vorgestellt.<br />
Autonome Stapler sind der erste<br />
Schritt zu einer durchgehenden vollautomatischen<br />
Selbstorganisation von<br />
Lagern. Der FM 14i ist voll rechnergesteuert,<br />
seine Navigation erfolgt per<br />
Laser durch Umgebungserkennung. Hier<br />
kooperiert Still mit dem Institut für<br />
Systems Engineering der Universität<br />
Hannover. Ein rotierender Laserscanner<br />
mit 180 Grad Öffnungswinkel tastet<br />
permanent die Umgebung des Fahrzeugs<br />
ab und erstellt so ein komplettes Bild<br />
des Raumes.<br />
Über den Abgleich mit hinterlegten Karten<br />
ist eine zentimetergenaue Lokalisierung<br />
des Fahrzeugs möglich. Voraussetzung<br />
dabei sind extrem leistungsfähige Rechner,<br />
hochgenaue Sensorik als auch<br />
intelligente Algorithmen zur Verfügung.<br />
Die ebenfalls nötige Mast- und Gabelstellung<br />
des Staplers erfolgt mit Hilfe einer<br />
speziellen Sensorik über die integrierte<br />
Höhenansteuerung.<br />
Die Möglichkeiten eines automatisierten<br />
Staplers sind enorm: Beliebige Transportvorgänge<br />
auch mit hohen Anforderungen<br />
bei der Positionierung lassen sich<br />
automatisieren. Der Stapler kann die<br />
aufzunehmenden Ladungsträger „sehen“<br />
und entsprechend dort anfahren, wo<br />
sie sich tatsächlich befinden, so daß<br />
auch nicht exakt positionierte Objekte<br />
aufgenommen werden können und der<br />
gemeinsame Betrieb mit manuell<br />
„Hand in Hand“<br />
wirken mit hoher<br />
Präzision der Still<br />
Schmalgangstapler<br />
MX-X und der<br />
FM-Schubmaststapler<br />
rechnergesteuert<br />
im mannlosen<br />
Betrieb zusammen.<br />
geführten Fahrzeugen möglich wird.<br />
Auch die automatisierte Be- und<br />
Entladung von Lkws ist realisierbar.<br />
Zudem sinkt das Unfallrisiko beträchtlich.<br />
Zur Orientierung und Navigation nutzt<br />
der Schubmaststapler seine natürliche<br />
Umgebung, so daß keine Veränderungen<br />
an der Infrastruktur wie Reflektormarken<br />
oder Spurführungen <strong>zum</strong> Betrieb erforderlich<br />
sind, außerdem erkennt er seine<br />
Ladung auch auf großen Höhen und<br />
ist folglich in der Lage, Regale direkt zu<br />
bedienen.<br />
Das integrierte Sicherheitskonzept<br />
erlaubt es, Fahrbereiche gemeinsam<br />
mit Personen, automatisierten und manuell<br />
betriebenen Fahrzeugen zu ver-<br />
INDUSTRIEBEDARF 3/2006 · 11
INTRALOGISTIK<br />
wenden. Auch die manuelle Nutzung<br />
des FM 14i ist dank „Dual-Use-Betrieb“<br />
möglich.<br />
In der RFID Transponder Technologie liegt die Zukunft der Waren- und Stapler-Navigation.<br />
Voraussetzung für die Positionserkennung der Flurförderfahrzeuge sind Tags,<br />
die regelmäßig in einem Rastermaß von etwa einem Meter im Boden verlegt sind,<br />
damit das Fahrzeug immer wenigstens einen Kontakt hat. Die Tags lassen sich leicht<br />
in kleinen Bohrlöchern unterbringen, die mit etwas Silikon verschlossen werden.<br />
MMS-Integration<br />
Still arbeitet bereits an Konzepten, die<br />
Kooperation mehrerer automatisierter<br />
Fahrzeuge möglich zu machen. Durch die<br />
Integration in das Still-eigene Materialfluß-Management-System<br />
(MMS) ließe<br />
sich eine hochgradige Ausnutzung der<br />
Fahrzeugreserven erreichen. So würden<br />
Aufträge aus dem MMS direkt an die<br />
automatisierten Fahrzeuge weitergegeben,<br />
wobei das jeweils am meisten geeignete<br />
Fahrzeug den Auftrag abarbeiten würde.<br />
Auf der CeMAT 2005 hat Still die Resonanz<br />
der Fachbesucher auf das Projekt<br />
ausgelotet, das Interesse bei potentiellen<br />
Nutzern ist ausgesprochen hoch. Durch<br />
viele Gespräche wurden die Schwerpunkte<br />
für die Weiterentwicklung abgeleitet.<br />
So geht es jetzt nach Behandlung der<br />
grundsätzlichen Fragen an die Feinarbeit<br />
wie eine optimale Palettenerkennung,<br />
das Umfahren von Hindernissen oder<br />
die Kooperation der Fahrzeuge. Bereits<br />
2007 könnten erste Pilotprojekte bei<br />
Kunden realisiert werden.<br />
RFID in der Logistik<br />
Über die vielseitigen Möglichkeiten der<br />
RFID-Technik in Lager und Logistik ist<br />
bereits vielfach diskutiert worden. RFID<br />
steht für Radio Frequency Identification<br />
und ist eine Methode, um Daten berührungslos<br />
und ohne Sichtkontakt zu lesen<br />
und zu speichern. Experten sind davon<br />
überzeugt, daß RFID in Zukunft das<br />
„intelligente Etikett“ ermöglichen und dies<br />
erhebliche Auswirkungen auf die logistischen<br />
Prozesse haben wird. Still verfolgt<br />
im Rahmen eines öffentlich geförderten<br />
Forschungsprojekts, an dem auch andere<br />
Durchgängige Warenidentifikation per RFID im automatisierten Lager.<br />
12 · INDUSTRIEBEDARF 3/2006
Firmen der Branche beteiligt sind, die Zielsetzung,<br />
RFID für den Logistikbereich,<br />
z. B. an Paletten, alltagstauglich zu<br />
machen.<br />
Still will diese Technik darüberhinaus<br />
jedoch in deutlich erweiterter Weise<br />
nutzen. Entsprechende Lösungen sind<br />
bereits verfügbar und können sofort umgesetzt<br />
werden. Die Hamburger setzen<br />
RFID dazu ein, Fahrzeuge zu lokalisieren<br />
und aus diesen Ergebnissen Betriebsabläufe<br />
zu optimieren. Genau genommen<br />
wird so die Ware indirekt über den Einlagerungsort<br />
identifiziert, wenn sie einmal<br />
beim Eingang erfaßt wurde. RFID ergänzt<br />
vorhandene Instrumente wie das Lagerverwaltungs-<br />
und Staplerleitsystem (LVS<br />
und SLS) und schafft so echten Mehrwert<br />
für die Kunden. Künftig werden alle Möglichkeiten<br />
dieser Positionserkennung durch<br />
die Verknüpfung mit der Fahrzeugsteuerung<br />
über den staplereigenen CAN-Bus<br />
von Still ausgeschöpft.<br />
Zwingende Voraussetzung sind Tags, die<br />
regelmäßig in einem Rastermaß von etwa<br />
einem Meter im Boden verlegt sind, damit<br />
das Fahrzeug immer wenigstens einen<br />
Kontakt hat. Das bedeutet nur einen<br />
geringen Aufwand, denn die Tags in den<br />
Abmessungen von etwa 30 mal fünf Millimetern<br />
lassen sich leicht in kleinen Bohrlöchern<br />
unterbringen, die mit etwas Silikon<br />
verschlossen werden. Die Leserate von<br />
über 99,5 Prozent beweist, wie zuverlässig<br />
die kleinen Sender inzwischen<br />
funktionieren.<br />
Informationen über Höhe, Last, Geschwindigkeit,<br />
Hydraulikbedienung sowie<br />
der Fahrzeugposition werden über ein<br />
spezifiziertes CAN-Bus-Protokoll verknüpft.<br />
Wie wirkt sich das auf die konkrete Situation<br />
im Lager aus? An Kreuzungen, also<br />
potentiellen Gefahrenpunkten, wird das<br />
Fahrzeugtempo reduziert, beim Verlassen<br />
des Kreuzungsbereichs die Geschwindigkeit<br />
wieder erhöht. Auch an Engstellen<br />
erfolgt eine automatische Reduktion der<br />
Geschwindigkeit. Die Fahrtrichtungskontrolle<br />
sorgt für die Sperrung von sensiblen<br />
Bereichen. Auch Einbahnstraßen können<br />
so überwacht werden. Insgesamt ergibt<br />
sich ein erheblicher Gewinn in Sachen<br />
Sicherheit.<br />
Für bisher schon erprobte Systeme und<br />
ihre Anwender entsteht darüberhinaus ein<br />
deutlicher Zusatznutzen. LVS und SLS<br />
verfügen dank RFID-Technik über exakte<br />
Informationen u. a. hinsichtlich von Stellplätzen<br />
im Blocklager, der Positionen vor<br />
Regalen, der Lokalisierung auf dem<br />
Werksgelände, der Kontrolle der Verladepositionen<br />
bei Zug- und Lkw-Verladung<br />
bis hin <strong>zum</strong> Messen der Einfahrtiefe in<br />
den Ladungsträger oder Erfassung von<br />
Verladerampen – je nach Einsatz der<br />
benötigten Sender- und Empfänger. <br />
INDUSTRIEBEDARF 3/2006 · 13