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Nr. 172-Mai 2012 - RotFuchs

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Seite 22 <strong>RotFuchs</strong> / <strong>Mai</strong> <strong>2012</strong><br />

Auf den Spuren Bolívars<br />

Ein Geologe, der zum literarischen Schatzgräber wurde: Kurt Kauter<br />

Simon Bolívar, der Gründer mehrerer<br />

Staaten Lateinamerikas, hat Kurt Kauter<br />

(1913–2002) in seinem literarischen<br />

Schaffen stark inspiriert. Der studierte<br />

Geologie, Mineralogie und Geographie und<br />

trug nach seiner Promotion bei der Deutschen<br />

Erdöl-Gesellschaft für Bohrungen<br />

in der Gegend von Celle Verantwortung.<br />

Bevor er Ende 1939 zur faschistischen<br />

Wehrmacht eingezogen wurde, arbeitete<br />

Kauter fast drei Jahre als Erdölgeologe<br />

in Ekuador. Sein Auftrag lautete, in zwei<br />

Küstenprovinzen vermutete Vorkommen<br />

für die Industrie Nazideutschlands aufzuspüren<br />

und deren Fündigkeit zu prüfen.<br />

Die Provinz Esmeralda mit ihren undurchdringlichen<br />

Urwäldern und die Provinz<br />

Manabi, deren Landschaft überwiegend<br />

aus Steppen besteht, regten ihn an, über<br />

Land und Leute nachzudenken und sich in<br />

deren Geschichte, Kultur und Brauchtum<br />

zu vertiefen. Während des 2. Weltkrieges<br />

war Kauter in Norwegen, Polen, der<br />

Ukraine und im Nordkaukasus als Geologe<br />

bei der Erdölförderung eingesetzt,<br />

die große Bedeutung für die faschistische<br />

Rüstungsindustrie und die Versorgung<br />

der Hitlerwehrmacht besaß. In den<br />

letzten Kriegsmonaten schickten ihn die<br />

Reichswerke Salzgitter als Chefgeologen<br />

zur österreichischen Kohle-Öl-Union.<br />

Nach Kriegsende begann Kurt Kauter<br />

seine Eindrücke zu notieren. Das Grauen<br />

der faschistischen Konzentrationslager<br />

bewegte ihn zutiefst. Er las politische<br />

Bücher und suchte nach einer gesellschaftlichen<br />

Alternative. Als Konsequenz neu<br />

gewonnener Erkenntnisse trat er 1947 in<br />

die KPD ein. Überdies zählte er zu den<br />

Mitbegründern der Weltfriedensbewegung.<br />

Sein politisches Engagement hatte<br />

Folgen. Als Geologe sei er im Westen „in<br />

der falschen Partei“, ließ ihn ein Verantwortlicher<br />

wissen. Auch seine Frau, eine<br />

Zahnärztin, durfte nicht mehr im öffentlichen<br />

Dienst arbeiten, obwohl sie selbst<br />

gar nicht KPD-Mitglied war.<br />

So verlegte sich Kauter auf die Schriftstellerei.<br />

Er arbeitete als Dramaturg, schrieb<br />

für die „Weltbühne“, die „Deutsche Woche“<br />

und „Theater der Zeit“, verfaßte Berichte<br />

für die DDR-Nachrichtenagentur ADN, die<br />

ein Büro in Hannover unterhielt. Nach<br />

dem KPD-Verbot im August 1956 wurde<br />

es für die Familie mit drei Kindern immer<br />

schwerer, den Lebensunterhalt zu bestreiten.<br />

Kauter tauchte in Hannover unter,<br />

nachdem eine Prämie für seine Ergreifung<br />

ausgeschrieben worden war. In dieser<br />

Situation riet ihm der KPD-Vorsitzende<br />

Max Reimann zur Übersiedlung in die DDR,<br />

wo er wieder als Geologe werde arbeiten<br />

können. 1958 erfolgte der Umzug nach<br />

Gotha. Kurt Kauter wurde vom Volkseigenen<br />

Betrieb Erdöl/Erdgas als Hauptgeologe<br />

eingestellt und war zunächst für die<br />

Erkundung in Südthüringen zuständig.<br />

Später übernahm er die Chefredaktion der<br />

„Zeitschrift für Angewandte Geologie“ in<br />

Berlin und wurde an das Zentrale Geologische<br />

Institut der Akademie der Wissenschaften<br />

der DDR versetzt.<br />

Neben zahlreichen Fachpublikationen verfaßte<br />

Kurt Kauter seit Mitte der 60er Jahre<br />

etliche Bücher über Geschichte, Kultur<br />

und Brauchtum lateinamerikanischer Völker.<br />

Er sammelte deren Märchen, Sagen,<br />

Mythen, Fabeln und Legenden, beschäftigte<br />

sich mit ihrer Historie und besonders<br />

den Freiheitsbewegungen auf dem<br />

Subkontinent. So entstanden Sachbücher<br />

und Reisereportagen. Er schrieb Erlebtes<br />

in Gedichten, Aphorismen, Erzählungen,<br />

Romanen und vor allem in Kinder- und<br />

Jugendbüchern nieder. Für seine Erstveröffentlichungen<br />

über Ekuador – „Im<br />

Lande des Chimborazo“ (1964), „Unter dem<br />

Kreuz des Südens“ (1965) und „Der Sohn<br />

des Cotopaxi“ (1967) – legte er sich das<br />

Pseudonym José Maria Rocafuerte zu. Ein<br />

Mann dieses Namens war nach der Vertreibung<br />

der Spanier Ekuadors zweiter<br />

Präsident und setzte sich beherzt für die<br />

Entwicklung von Kultur und Bildung in<br />

seinem Lande ein.<br />

Als sich Kurt Kauters „Erlebnisstoff Ekuador“<br />

– nach seinen Worten – „erschöpft“<br />

hatte, ermöglichte ihm das DDR-Kulturministerium<br />

eine Studienreise nach Südamerika.<br />

Dabei kam ihm zugute, daß er vom<br />

Staat keine Valutamittel benötigte, da er<br />

von seiner Tante, einer Bildhauerin in der<br />

BRD, geerbt hatte. So begab er sich 1972<br />

in das Chile Dr. Salvador Allendes. Der im<br />

Jahr darauf in den Freitod getriebene Präsident<br />

verfocht die Ziele der Unidad Popular,<br />

zu der vier linksgerichtete Parteien<br />

gehörten. Ihnen ging es um die Überwindung<br />

der Armut, des Analphabetentums<br />

und der Demütigung indianischer Ureinwohner.<br />

Nach Kauters Chile-Aufenthalt<br />

entstanden eine Reisereportage, Feuerlandmärchen,<br />

Erzählungen und Fabeln.<br />

In seinem Werk „Die Letzten vom Ende der<br />

Welt“ (1983) prangerte er das Unrecht an,<br />

das den Untergang der indigenen Bevölkerung<br />

Feuerlands bewirkt hatte.<br />

Zwei Jahre später reiste Kauter nach Peru,<br />

wo er von Velasco Alvarado, dem Chef der<br />

„Regierung der Revolutionären Streitkräfte“,<br />

unterstützt wurde. Inzwischen<br />

war er im Präsidium der „Liga für Völkerfreundschaft<br />

der DDR“ mit der Lateinamerikathematik<br />

befaßt und speziell für<br />

Venezuela zuständig. Sein Wunsch, dieses<br />

Land kennenzulernen, lag auf der Hand.<br />

Die Flugreise konnte in Mark der DDR<br />

bezahlt werden, während Kauter für die<br />

Kosten an Ort und Stelle abermals selbst<br />

aufkam. In Venezuela folgte er den Spuren<br />

Alexander von Humboldts, dessen Reisebeschreibungen<br />

er in seine umfangreichen<br />

Vorbereitungen einbezogen hatte. Fasziniert<br />

von Land und Leuten, besonders aber<br />

von der Persönlichkeit des Freiheitshelden<br />

Simon Bolívar, schrieb er eine Reportage<br />

(1979), Indianermärchen (1981) und<br />

die Biographie „Befreier Bolívar“ (1996).<br />

Damit würdigte er jenen Mann, der die<br />

Brechung der spanischen Kolonialherrschaft<br />

in mehreren Ländern Südamerikas<br />

wie kein anderer befördert hatte.<br />

Kurt Kauter wurde mit Venezuelas höchstem<br />

Orden „Merito al Trabajo – Primera<br />

Clase“ ausgezeichnet.<br />

Dr. Helga Raschke, Gotha<br />

Am 4. <strong>Mai</strong> begeht Genosse<br />

Dr. Hartwig Strohschein<br />

aus Berlin seinen 80. Geburtstag. Er<br />

gehört zum Urbestand des RF und war<br />

der erste Internet-Redakteur unserer<br />

Zeitschrift. Wir übermitteln Dir, lieber<br />

Hartwig, unseren Dank für Deine Treue<br />

zum „<strong>RotFuchs</strong>“ und gratulieren Dir auf<br />

das herzlichste.<br />

Zu seinem 70. Geburtstag am 10. <strong>Mai</strong><br />

beglückwünschen wir unseren verläßlichen<br />

und bewährten Mitstreiter, den<br />

Vorsitzenden der RF-Regionalgruppe<br />

Strausberg<br />

Wolfgang Schindlmeier<br />

aus Harnekop. Auch als Mitglied<br />

der Revisionskommission des<br />

RF-Fördervereins hat er sich durch<br />

hohe Verläßlichkeit ausgezeichnet.<br />

Sei herzlich umarmt, lieber Freund!

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