Nr. 190-November 2013 - RotFuchs
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Seite 4 <strong>RotFuchs</strong> / <strong>November</strong> <strong>2013</strong><br />
Auf dem Friedhof der Märzgefallenen des Jahres 1848 ruhen<br />
auch 33 Tote der deutschen <strong>November</strong>revolution von 1918<br />
Als Karl Liebknecht im Friedrichshain sprach<br />
Wenn der 9. <strong>November</strong> als Erinnerungstag<br />
der deutschen Geschichte<br />
heute ins Spiel gebracht wird, dann geht es<br />
vor allem um die Maueröffnung von 1989.<br />
Vom Beginn der <strong>November</strong>revolution hingegen,<br />
die 1918 Berlin erschütterte, hört<br />
man kaum etwas.<br />
Es ist wahrscheinlich nicht einmal<br />
allgemein bekannt, daß auf<br />
dem Friedhof der Märzgefallenen<br />
im Friedrichshain nicht nur<br />
die Opfer der Märzkämpfe von<br />
1848 beigesetzt wurden, sondern<br />
auch 33 Tote aus den Revolutionstagen<br />
des Jahres 1918.<br />
Am 25. Januar 1961 wurde<br />
die „Gedenkstätte der Helden<br />
der <strong>November</strong>revolution und<br />
der Marstallkämpfe“ auf dem<br />
Friedhof der Märzgefallenen<br />
eingeweiht. Bei der Kundgebung<br />
sprach der Stellvertreter<br />
des Ministers für Nationale Verteidigung<br />
der DDR, Vizeadmiral<br />
Waldemar Verner. Er gedachte<br />
besonders der Matrosen der<br />
Volksmarinedivision. Delegationen<br />
aus Friedrichshainer<br />
Betrieben, von Organisationen und Schulen<br />
legten Kränze nieder.<br />
Es versteht sich, daß manchen die zu DDR-<br />
Zeiten erfolgten Veränderungen auf dem<br />
Friedhof – vorwiegend im Zusammenhang<br />
mit der <strong>November</strong>revolution 1918 – nicht<br />
gefallen. Das trifft sicher auf die drei<br />
Grabplatten zu, deren mittlere die Namen<br />
der Opfer trägt, während auf der einen die<br />
Worte von Karl Liebknecht zu lesen sind:<br />
„Gründet fest die Herrschaft der Arbeiterklasse.<br />
Seid entschlossen gegen jeden, der<br />
sich widersetzt.“ Auf der anderen wird<br />
Walter Ulbricht zitiert: „Die Vorhut der<br />
Arbeiterklasse hat in der <strong>November</strong>evolution<br />
heroisch gekämpft.“ Solche Besucher<br />
des Friedhofs stört vor allem auch die<br />
Skulptur des roten Matrosen, die Nationalpreisträger<br />
Hans Kies schuf.<br />
Die <strong>November</strong>revolution 1918/19 war kein<br />
Spartakistenaufstand, wie heute mitunter<br />
behauptet wird. Auf den drei Trauerkundgebungen<br />
1918 sprach auch nicht nur<br />
Karl Liebknecht.<br />
Am 20. <strong>November</strong> 1918 versammelten sich<br />
rund 30 000 Menschen auf dem Tempelhofer<br />
Feld. Acht der fünfzehn Revolutionsopfer<br />
der ersten <strong>November</strong>tage waren<br />
hier aufgebahrt. Neben dem Rednerpult<br />
hingen Kränze der preußischen Regierung<br />
und des Rates der Volksbeauftragten,<br />
obwohl dessen Vorsitzender, der Sozialdemokrat<br />
Friedrich Ebert, nach eigener Aussage<br />
die Revolution wie die Sünde haßte.<br />
Die Leitung der Unabhängigen Sozialdemokratischen<br />
Partei Deutschlands (USPD)<br />
ließ einen Kranz mit der Widmung „Den<br />
tapferen Kämpfern der Revolution. Ihr<br />
Andenken wird ewig leben“ niederlegen.<br />
Die Schleife eines Kranzes der türkischen<br />
Kolonie in Berlin trug die Inschrift „An die<br />
Helden der Freiheit“.<br />
Es sprachen Richard Müller und Brutus<br />
Molkenbuhr, die Vorsitzenden des<br />
Grafik: Arno Fleischer<br />
Vollzugsrates der Berliner Arbeiter- und<br />
Soldatenräte, der dem Rat der Volksbeauftragten<br />
angehörende USPD-Vorsitzende<br />
Hugo Haase, der preußische Innenminister<br />
Paul Hirsch und Kurt Rosenfeld, einer<br />
der Volksbeauftragten für die Stadt Berlin.<br />
Karl Liebknecht war dort unerwünscht.<br />
Als der Trauerzug dreieinhalb Stunden<br />
später nach einem Marsch durch die<br />
Innenstadt den Friedhof der Märzgefallenen<br />
im Friedrichshain erreichte, sprachen<br />
an den Gräbern Luise Zietz und Emil<br />
Barth, Mitglied des Rates der Volksbeauftragten,<br />
für die USPD, aber auch der<br />
weiterhin nicht gewollte Karl Liebknecht.<br />
Am 21. Dezember 1918 erfolgte dort die<br />
Bestattung von 14 Opfern einer unbewaffneten<br />
Demonstration, die am 6. Dezember<br />
an der Ecke Chaussee- und Invalidenstraße<br />
im Kugelhagel konterrevolutionärer<br />
Gardefüseliere fielen. Während der<br />
sozialdemokratische „Vorwärts“ am 21.<br />
<strong>November</strong> 1918 noch getitelt hatte, „Berlin<br />
ehrt die Opfer der Revolution“, hieß es<br />
jetzt lediglich: „Die Beisetzung der Spartakusopfer“.<br />
Am Morgen des 24. Dezember 1918 erteilte<br />
Friedrich Ebert den Befehl, die in Schloß<br />
und Marstall stationierte Volksmarinedivision<br />
anzugreifen. Am 29. Dezember<br />
wurden dann sieben der Opfer dieses konterrevolutionären<br />
Überfalls unter großer<br />
Anteilnahme der Bevölkerung beerdigt.<br />
An den offenen Gräbern sprachen Karl<br />
Liebknecht, ein Matrosen-Vertreter aus<br />
Wilhelmshaven, mehrere Leiter der teilnehmenden<br />
Abordnungen und Emil Barth,<br />
der am 18. Dezember wegen seiner Haltung<br />
zur Revolution als Vorsitzender der Revolutionären<br />
Obleute abgesetzt worden war.<br />
Karl Liebknecht klagte die Ebert-Regierung<br />
als Schuldige des Blutbades an und<br />
rief dazu auf, nicht eher zu ruhen, bis die<br />
Konterrevolution besiegt sei.<br />
An diesem Tage erklärten die<br />
USPD-Vertreter Emil Barth, Wilhelm<br />
Dittmann und Hugo Haase<br />
ihren Austritt aus dem Rat der<br />
Volksbeauftragten.<br />
Der am 15. Januar 1919 ermordete<br />
Karl Liebknecht und<br />
31 Opfer der Januarkämpfe sollten<br />
ebenfalls auf dem Friedhof<br />
der Märzgefallenen beigesetzt<br />
werden. Doch der Berliner Magistrat<br />
unter Oberbürgermeister<br />
Adolf Wermuth ließ das im Einvernehmen<br />
mit den Volksbeauftragten<br />
der SPD nicht zu. Der<br />
Trauerzug mit dem Sarg Karl<br />
Liebknechts, den mehr als einhunderttausend<br />
Berliner am<br />
23. Januar 1919 nach Friedrichsfelde<br />
begleiteten, führte<br />
am Friedrichshain vorbei.<br />
Auch die Trauerfeier für Rosa<br />
Luxemburg begann am 13. Juni 1919<br />
dort. Abordnungen aus Berlin und ganz<br />
Deutschland sowie der internationalen<br />
Arbeiterbewegung erschienen auf der großen<br />
Wiese. „Die Freiheit“, das Zentralorgan<br />
der USPD, schrieb: „Die Berliner Arbeiterschaft<br />
hat der Genossin Rosa Luxemburg<br />
ein ehrenvolles Begräbnis bereitet.<br />
Schon nach 9 Uhr sammelten sich in den<br />
verschiedenen Stadtteilen Arbeiterzüge<br />
und marschierten mit Kränzen und roten<br />
Fahnen zum Friedrichshain. Kurz nach 11<br />
Uhr ertönten Trompetensignale und von<br />
sechs einfachen Bretterwagen wurden<br />
hierauf Ansprachen an die Versammelten<br />
gehalten. Alle priesen den Verstand der<br />
gemordeten Arteiterführerin, ihren klaren<br />
Blick in die Zukunft und ihre Begeisterung.<br />
Rosa Luxemburgs Persönlichkeit<br />
war von wirklich internationalem Rang.“<br />
Zum 9. <strong>November</strong> <strong>2013</strong> um 11 Uhr lädt die<br />
Geschichtskommission Friedrichshain-<br />
Kreuzberg der Partei Die Linke zur Ehrung<br />
der Opfer der <strong>November</strong>revolution 1918<br />
auf den Friedhof der Märzgefallenen ein.<br />
<br />
Dr. Kurt Laser, Berlin<br />
Am 16. <strong>November</strong> um 10 Uhr spricht<br />
Genosse Karl Blättermann auf einer<br />
Veranstaltung der RF-Regionalgruppe<br />
Eberswalde in der Gaststätte „Schleusenoase“,<br />
Schleusenstraße 32, über das<br />
Thema<br />
Die Geschichte des<br />
Spartakusbundes