Nr. 190-November 2013 - RotFuchs
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Seite 22 <strong>RotFuchs</strong> / <strong>November</strong> <strong>2013</strong><br />
Gyula Thürmer gegen Bilderstürmer<br />
Schon im <strong>November</strong> 2012 nahm das von<br />
halben und ganzen Faschisierern mit<br />
Rückhalt aus Brüssel dominierte ungarische<br />
Parlament ein die Reste bürgerlicher<br />
Demokratie weiter untergrabendes<br />
Gesetz an: Es verbietet die öffentliche<br />
Verwendung von Namen und Bezeichnungen,<br />
„die mit den autoritären Regimes<br />
des 20. Jahrhunderts verbunden sind“.<br />
Dabei beschränken sich die Nachfolger<br />
Horthys auf die offen faschistische Diktatur<br />
Szalasis (Oktober 1944 bis April<br />
1945) und die Zeit Volksungarns zwischen<br />
1948 und 1990.<br />
Bezeichnend für die ideologische<br />
Verfaßtheit der Gesetzgeber ist die Tatsache,<br />
daß die ab 1933 Hitler in die Hände<br />
spielende Herrschaft des Reichsverwesers<br />
Horthy, der schon kurz nach der<br />
Niederschlagung der ungarischen Räterepublik<br />
1919 ans Ruder gelangt war und<br />
bis 1944 amtierte, von den Budapester<br />
Bilderstürmern bewußt ausgeklammert<br />
wurde. Ohne Zweifel geht es Regierungschef<br />
Orbán und seinem Klüngel allein<br />
um die Diskriminierung, Diskreditierung<br />
und Ausschaltung der ungarischen Kommunisten<br />
aus dem öffentlichen Leben der<br />
Donaurepublik.<br />
Wie der Vorsitzende der bisherigen Ungarischen<br />
Kommunistischen Arbeiterpartei<br />
(UKAP), Genosse Gyula Thürmer,<br />
die französische Monatsschrift „Initiative<br />
Communiste“ wissen ließ, hat das<br />
Regime der geistigen Nachfolger Horthys<br />
längst eine breite Schneise politischer<br />
In Schottland soll 2014 eine schon<br />
im Oktober 2012 zwischen dem britischen<br />
Premier Cameron und seinem<br />
Glasgower „Counterpart“ Alex Salmond<br />
vereinbarte und von den Parlamenten<br />
in Westminster und Holyrood<br />
sanktionierte Volksabstimmung über<br />
ein weiteres Verbleiben dieses Landesteils<br />
im Vereinigten Königreich stattfinden.<br />
Bürgerlich-nationalistische Kräfte<br />
der schottischen Regierungspartei SNP<br />
suchen die Bevölkerung für eine Lostrennung<br />
von England zu gewinnen, wobei es<br />
nach jüngsten Meinungsumfragen bisher<br />
keine Mehrheit für diesen Plan gibt.<br />
Zur Vorgeschichte: Als Schottland 1707<br />
eine Union mit England einging, war<br />
es keineswegs dessen Kolonie. Es handelte<br />
sich auch nicht um einen Fall von<br />
Eroberung, sondern um einen durch<br />
die herrschenden Klassen beider Seiten<br />
vereinbarten Schritt. Die schottische<br />
Bourgeoisie erschloß sich durch ihre Partnerschaft<br />
mit ihren bereits wesentlich<br />
besser etablierten englischen Klassengenossen<br />
neue wichtige Kapitalquellen,<br />
während London einen potentiellen<br />
Konkurrenten rechtzeitig auszuschalten<br />
Verwüstung geschlagen: Bisher wurden<br />
43 Leninstraßen und 36 Karl-Marx-Straßen<br />
ihres unter der Volksmacht erworbenen<br />
Namens beraubt. Der Moskauer<br />
Platz in der Landeshauptstadt sowie<br />
44 Straßen der Befreiung und 53 nach<br />
Faschisierer Orbán hat nicht immer so feine<br />
Manieren.<br />
dem 1944 von der ungarischen Polizei<br />
erschossenen Antifaschisten Endre<br />
Sagvari benannte Straßen teilten dieses<br />
Schicksal.<br />
Um sonst drohender Illegalisierung vorzubeugen,<br />
sah sich ein Außerordentlicher<br />
Kongreß der UKAP dazu genötigt, auf das<br />
„K“ im Parteinamen vorerst zu verzichten.<br />
„Immer mehr Menschen erwachen aus<br />
ihrer Lethargie und erkennen, daß einzig<br />
und allein die kapitalistischen Regierungen<br />
für ihr derzeitiges Los verantwortlich<br />
sind. Sie honorieren zugleich die Tatsache,<br />
Schotten sich die Schotten ab?<br />
und ins eigene Boot zu ziehen vermochte.<br />
Unter kapitalistischen Vorzeichen waren<br />
also beide Seiten Gewinner. Anders als<br />
das rückständige Irland hatte Schottland<br />
eine äußerst stürmische Industrialisierungsperiode<br />
durchlaufen.<br />
Heute ist die schottische Wirtschaft in die<br />
britische voll integriert. Dennoch streben<br />
nicht nur maßgebliche Kreise der in<br />
Glasgow am Ruder befindlichen Schottischen<br />
Nationalpartei (SNP), sondern<br />
auch linke und ultralinke Kräfte, die sich<br />
von einer „Souveränität“ des Landesteils<br />
etwas erhoffen, die Eigenstaatlichkeit an.<br />
Die numerisch sehr kleine KP Schottlands,<br />
die ebenfalls solchen Vorstellungen folgt,<br />
sollte Lenins an einige Genossen gerichteten<br />
Rat in Erwägung ziehen: „Malt den<br />
Nationalismus nicht in roten Farben!“<br />
Inzwischen haben Premierminister<br />
David Cameron und Schottlands 1. Minister<br />
Alex Salmond, ein Exbankier, die<br />
Wahlkommission akzeptiert, die bereits<br />
mit ihren Vorbereitungen für das erst in<br />
Jahresfrist stattfindende Referendum<br />
begonnen hat.<br />
Übrigens genießen die Pläne der schottischen<br />
Nationalisten bei der Londoner<br />
daß die ungarischen Kommunisten verläßlich<br />
auf seiten der Arbeitenden und<br />
um den Arbeitsplatz Gebrachten stehen“,<br />
erklärte Gyula Thürmer.<br />
Zur Bilanz des „ungarischen Wunders“<br />
gehört die Tatsache, daß derzeit rund<br />
500 000 Menschen – 11 % der aktiven<br />
Bevölkerung – ohne Broterwerbsquelle<br />
sind. Junge Leute verlassen in Scharen<br />
das Land, in dem die Arbeitslosenrate<br />
bei unter 25jährigen derzeit mehr als<br />
28 % beträgt.<br />
Gyula Thürmer erklärte gegenüber<br />
„Initiative Communiste“ auch, warum<br />
die UKAP bereits 2009 die Europäische<br />
Linkspartei wieder verlassen habe. „Wir<br />
wollen den Kapitalismus überwinden,<br />
die ELP aber will ihn verbessern. Wir<br />
gehen von den Positionen des Marxismus-Leninismus,<br />
der Theorie und Praxis<br />
des Klassenkampfes und dem proletarischen<br />
Internationalismus aus. Die ELP,<br />
der weder Portugals PCP noch Griechenlands<br />
KKE jemals beigetreten sind, steht<br />
bedauerlicherweise auf dem Boden des<br />
Reformismus.“<br />
Indem wir diese wichtigen Informationen<br />
an die RF-Leser weitergeben, übermitteln<br />
wir unseren ungarischen Genossen<br />
solidarische Grüße. Wir tun das in der<br />
Gewißheit, daß der Tag kommen wird,<br />
an dem die erzwungene Verstümmelung<br />
ihres Parteinamens nur noch eine Fußnote<br />
der Geschichte ist.<br />
RF, gestützt auf „Initiative Communiste“,<br />
Paris<br />
Unionistischen Regierungskoalition aus<br />
Konservativen und Liberalen deshalb<br />
eine gewisse Sympathie, weil Schottlands<br />
Abtrennung zu einer wesentlichen Schwächung<br />
der Labour-Positionen im britischen<br />
Unterhaus führen würde.<br />
In Mediendebatten spielt die Frage eine<br />
Rolle, ob ein unabhängiges Schottland<br />
der EU neu beitreten müsse und – wenn<br />
ja – ob es damit automatisch zur Eurozone<br />
gehöre. Nicht minder heftig wird die künftige<br />
NATO-Mitgliedschaft eines separaten<br />
schottischen Staates diskutiert. Dabei sondiert<br />
man die Frage, ob eine Regierung in<br />
Glasgow diese beibehalten könnte, auch<br />
wenn sie die Forderung aufrechterhalte,<br />
die U-Boot-Basis der U.S. Navy in Faslane<br />
zu schließen.<br />
Am 24. Juni 2014 jährt sich der Tag zum<br />
700. Mal, an dem schottische Truppen<br />
unter König Robert the Bruce die Engländer<br />
in der Schlacht von Bannockburn<br />
besiegten. Ein Jubiläum, das schon heute<br />
für Auftrieb bei den schottischen Nationalisten<br />
sorgt.<br />
RF, gestützt auf „The Socialist<br />
Correspondent“, Glasgow, und „The New<br />
Worker“, London