executive review - Roland Berger
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<strong>executive</strong> <strong>review</strong><br />
1/2006 ENGINEERED PRODUCTS & HIGH TECH<br />
> Der Restrukturierungsdreisatz<br />
> Sackgasse Konsolidierung<br />
> Premium Konglomerat
"Wir analysieren aktuelle Managementthemen nach ihren<br />
Konsequenzen für die Entscheidungsträger der Investitionsgüterindustrie."<br />
Axel Schmidt
1/2006 ENGINEERED PRODUCTS & HIGH TECH<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong>
2 | Inhalt<br />
Titelthema<br />
> Der Restrukturierungsdreisatz –<br />
Wettbewerbsfähigkeit und Finanzkraft durch<br />
Restrukturierung zurückerlangen 4<br />
Interview<br />
> Interview mit Herrn Dr.-Ing. Hans W. Fechner,<br />
Sprecher der Geschäftsholding der Siempelkamp Holding 12<br />
Ist ein Hersteller einmal in eine Krise<br />
geraten, wird es oft selbst in einem<br />
lukrativen Markt schwer, ihr wieder zu<br />
entkommen – die Liquiditätsfalle<br />
schnappt zu.<br />
Methoden<br />
> Sackgasse Konsolidierung – Wohin fährt die Bahn?<br />
Wachstum als einzige strategische Option – Diskussion<br />
des Merger-Endgame am Beispiel der Bahnindustrie<br />
(Rolling Stock) 18<br />
> "Premium Konglomerat" – kein Widerspruch in sich<br />
Eine Herleitung von Erfolgsfaktoren für das Geschäftssystem<br />
diversifizierter Unternehmen 24<br />
> Das Kompetenzzentrum Engineered Products &<br />
High Tech 32<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants GmbH<br />
Löffelstraße 46, 70597 Stuttgart<br />
Verantwortlich:<br />
Axel Schmidt<br />
Robert Ohmayer<br />
Redaktion:<br />
Thomas Ferchland<br />
Dirk Kohlen<br />
Isabel Rincón<br />
Fotografien:<br />
Corbis (S. 2, 4, 11, 18, 24)<br />
Siempelkamp Holding (S. 12, 17)<br />
Layout:<br />
<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> DesignTeam<br />
Druck:<br />
Merkur Druck, Detmold<br />
Auflage: 2.200<br />
Erscheinungsweise: zweimal jährlich<br />
ISSN 1617-4194<br />
© nur mit Erlaubnis des Herausgebers
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Editorial | 3<br />
wenn Sie diese Ausgabe der "<strong>executive</strong> <strong>review</strong>" in den Händen halten, wird sich in großen Teilen der<br />
Welt alles um das Thema Fußball drehen. Eine Chance auf den Titel werden nur die Mannschaften<br />
haben, die nicht nur körperlich topfit sind, sondern auch mental; die Mannschaften, deren Spieler<br />
aufeinander eingespielt sind und deren Trainer sich eine klare Strategie zurecht gelegt haben. Ein<br />
solcher ganzheitlicher und strategischer Blick ist jedoch nicht nur auf dem grünen Rasen wichtig –<br />
er ist auch notwendig, um die richtigen Entscheidungen im Unternehmen treffen zu können.<br />
Unser erster Artikel, "Der Restrukturierungsdreisatz", beschreibt diese Notwendigkeit an Hand einer<br />
Unternehmenskrise. So ist es bei Unternehmen in der Krise wichtig, bei der Restrukturierung nicht nur<br />
auf die alleinige Senkung der operativen Kosten zu achten. Auch die langfristige strategische Ausrichtung<br />
des Unternehmens und die Finanzierung der Restrukturierung müssen im Blick behalten werden,<br />
um nachhaltigen Erfolg sicherzustellen.<br />
Im Interview beschreibt Herr Dr. Hans W. Fechner, der Sprecher der Geschäftsführung von Siempelkamp,<br />
wie sein Unternehmen, das als internationaler Industrieausrüster Weltmarktführer im Bereich<br />
Anlagen für die Holzwerkstoff-Industrie ist, durch einen ganzheitlichen Ansatz und die richtige Schwerpunktsetzung<br />
langfristig auch in zyklischen Branchen erfolgreich arbeiten kann. Dazu gehört es, sich<br />
auf den Kunden zu fokussieren, die eigene Globalisierung voranzutreiben und Innovation zu fördern.<br />
Kann Konsolidierung auch eine Sackgasse für reife Branchen sein? Der Artikel "Sackgasse Konsolidierung<br />
– Wohin fährt die Bahn?" stellt diese provokante Frage und befasst sich kritisch mit den strategischen<br />
Thesen der "Merger-Endgame-Theorie". Dabei zeigt er neue Erkenntnisse am konkreten Beispiel<br />
der Bahnindustrie.<br />
Gerade in der Investitionsgüterindustrie stehen diversifizierte Unternehmen häufig in der Kritik der<br />
Kapitalmärkte. Wir wollen deshalb mit "Premium Konglomerat – kein Widerspruch in sich" einen<br />
Beitrag zu der Diskussion leisten, inwieweit auch diversifizierte Unternehmen einen nachhaltigen Wert<br />
für ihre Kapitalgeber schaffen können.<br />
Wenden Sie sich mit Anregungen oder Fragen gerne an uns: <strong>executive</strong>_<strong>review</strong>@rolandberger.com<br />
Eine lohnende Lektüre wünscht<br />
Axel Schmidt<br />
Leiter des Kompetenzzentrums Engineered Products & High Tech<br />
Spend a little time with us – <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants.
4 | Der Restrukturierungsdreisatz
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Der Restrukturierungsdreisatz | 5<br />
Wettbewerbsfähigkeit und Finanzkraft durch Restrukturierung<br />
zurückerlangen<br />
> Der Restrukturierungsdreisatz<br />
Ist ein Hersteller einmal in eine Krise geraten, wird es oft selbst in einem<br />
lukrativen Markt schwer, ihr wieder zu entkommen – die Liquiditätsfalle<br />
schnappt zu. Wie Unternehmen dennoch wieder handlungsfähig werden<br />
können und welche Aspekte dabei wichtig sind, beschreibt Uwe Johnen,<br />
Partner bei <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants.<br />
In den letzten Jahren wurden viele Unternehmen restrukturiert<br />
und das, wie ein Blick auf die Personalstatistik zeigt, sehr konsequent.<br />
Trotzdem wollen einige einfach nicht zurück auf die<br />
Erfolgsstrecke: Oft hat die Krise ihre Spuren bereits auf der Passivseite<br />
der Bilanz hinterlassen und die Wachstumshemmnisse sind<br />
zu groß. Hohe Zinsaufwendungen oder die restriktive Kreditvergabe<br />
durch die Banken, die auch auf die Einführung von Basel II<br />
zurückzuführen ist, belasten das operative Geschäft. Gerade die<br />
Finanzierung wird immer schwieriger und ist zu einem immer<br />
größeren Hemmschuh für Wachstum geworden.
6 | Der Restrukturierungsdreisatz<br />
Ganzheitliche Restrukturierung umfasst die Finanzierung<br />
Eine rein strategische und operative Neuausrichtung greift daher<br />
in vielen Fällen zu kurz, auch die Finanzen müssen neu gestaltet<br />
werden. Die "klassische" operative und strategische Restrukturierung<br />
muss dann Hand in Hand gehen mit der finanziellen Restrukturierung.<br />
Dieser umfassende, ganzheitliche Ansatz befreit aus der<br />
Liquiditätsfalle und schenkt den Unternehmen wieder den dringend<br />
benötigten Handlungsspielraum.<br />
Der Restrukturierungsdreisatz<br />
Gerät ein Unternehmen in eine Krise, geht es um schnelle Reaktionen.<br />
Sofortmaßnahmen werden eingeleitet, eine operative<br />
Restrukturierung soll das Unternehmen aus der akuten Gefahr<br />
führen. Gleichzeitig muss bereits ein größerer Zeithorizont beachtet<br />
werden. Die Gleise für nachhaltige Leistungsfähigkeit müssen<br />
durch eine strategische Neuausrichtung gelegt werden. Ist genug<br />
Geld in der Kasse, reicht dieser klassische Ansatz aus, um eine<br />
Krise zu meistern. Fehlt es allerdings an Finanzkraft, um das<br />
Geschäft abzusichern, laufen die Maßnahmen ins Leere – die<br />
Effekte werden durch Leistungsrückgang aufgefressen. Dann muss<br />
zusätzlich eine finanzielle Restrukturierung in die Wege geleitet<br />
werden. Diesen Dreisatz aus operativer, strategischer und finanzieller<br />
Restrukturierung wird man nicht immer vollständig ausschöpfen<br />
müssen – man sollte ihn aber im Hinterkopf behalten.<br />
Ein typisches Beispiel: Die Restrukturierung der Wind AG<br />
Jede Restrukturierung basiert auf anderen Parametern und verläuft<br />
unterschiedlich und doch lassen sich gerade am Einzelfall typische<br />
Muster und Gesetzmäßigkeiten erkennen. Im Folgenden wird das<br />
Beispiel eines Anlagenbauers mit dem fiktiven Namen "Wind AG"<br />
beschrieben und exemplarisch erläutert, wie eine ganzheitliche<br />
Restrukturierung verlaufen kann, welche Schwierigkeiten auftauchen<br />
können und welche Wirkung sie für das Unternehmen hat.<br />
Die Wind AG gehört zu den führenden Anbietern von Windenergieanlagen.<br />
Neben dem Hauptgeschäft, der Herstellung und<br />
dem Vertrieb der Windenergieanlagen, bietet das Unternehmen<br />
auch After-Sales-Service sowie Projektentwicklung und -sicherung<br />
als Dienstleistung an.<br />
Bei der Wind AG hatte das Streben nach der technischen Leistungsführerschaft<br />
zu einem inhomogenen Programm und unausgereiften<br />
Produkten geführt. Das Resultat dieser technischen Risiken<br />
war massiver Gewährleistungsaufwand für Anlagenschäden. Das<br />
Wachstum der Mannschaft und eine ungesteuerte internationale<br />
Expansion haben gleichzeitig zu deutlichen Ablaufproblemen und<br />
hohem Strukturaufwand geführt. Als dann noch der Markt im<br />
Absatzschwerpunkt Deutschland zusammenbrach, summierten<br />
sich operative Verluste und erforderliche Rückstellungen im<br />
Geschäftsjahr 2003 zu einem Fehlbetrag von Zweidritteln des<br />
Umsatzes. Damit war das Eigenkapital nahezu aufgezehrt.
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Der Restrukturierungsdreisatz | 7<br />
Neuausrichtung bereinigt Fehler der Vergangenheit<br />
Das daraufhin in Zusammenarbeit mit <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> aufgesetzte<br />
Konzept basiert auf fünf Kernelementen. Die Wind AG sollte sich<br />
auf die attraktiven Kernmärkte konzentrieren, die technische<br />
Führungsposition im oberen Leistungsbereich wiedergewinnen,<br />
organisatorische Schwachstellen beseitigen, die Kosten durch<br />
operative und strukturelle Maßnahmen radikal senken und Liquiditätspotenziale<br />
aus dem Working Capital freisetzen.<br />
Fünf Kernelemente zur Restrukturierung der WIND AG<br />
1<br />
Fokussierung<br />
> Wachstumsmärkte<br />
> Vertriebsleistung<br />
Liquiditätspotenziale<br />
> Bestände und Forderungen<br />
> Verbindlichkeiten LuL<br />
5<br />
Restrukturierung<br />
2<br />
Technische Position<br />
> Schwachstellen/Herstellkosten<br />
> Priorität: oberer Leistungsbereich<br />
4<br />
Kostensenkung (operativ/strukturell)<br />
> Kostenstruktur<br />
> Wettbewerbsfähigkeit<br />
3<br />
Organisation<br />
> Prozessoptimierung<br />
> Streckenverluste/Gewährleistung<br />
Quelle: <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />
Dieses Konzept wurde unter neuem Topmanagement in einer<br />
eineinhalbjährigen Umsetzungsphase vorangetrieben und weiterentwickelt.<br />
Dabei mussten die zunächst geplanten Ergebnisverbesserungen<br />
in Höhe von rund 20 Prozent der Gesamtleistung aufgrund<br />
von Absatzeinbrüchen nochmals deutlich erweitert werden.<br />
Die hier dargestellte operative und strategische Restrukturierung<br />
ist in Krisenfällen unverzichtbar und Voraussetzung für das Überleben<br />
des Unternehmens. Sie greift aber in vielen Fällen zu kurz,<br />
insbesondere im Anlagenbau mit den entsprechend hohen Anforderungen<br />
an Vorfinanzierung und Garantien. So können operativ<br />
und strategisch restrukturierte Unternehmen selbst in wachsenden<br />
Märkten scheitern, weil sie nicht am Marktwachstum partizipieren<br />
beziehungsweise ihre Marktanteile nicht zurückgewinnen.<br />
Selbst die gesenkten Leistungsziele werden teilweise deutlich<br />
verfehlt. Die häufig konsequent restriktive Liquiditätspolitik der<br />
Banken wird dadurch zu einem Wachstumshemmnis und verhindert<br />
die Rückkehr in profitable Größenordnungen. Die Bereitschaft<br />
der Banken, mit weiteren Kreditmitteln das Unternehmen zu<br />
begleiten, ist häufig gering. Selbst die Vorfinanzierung zusätzlicher<br />
Aufträge scheitert häufig an der Zurückhaltung von Kreditinstituten.<br />
Gleichzeitig reichen die Eigenmittel vieler Unternehmen nach<br />
der überwundenen Krise meist nicht aus, um das Wachstum aus<br />
eigener Kraft zu finanzieren. Dieser Teufelskreis kann nur mit<br />
einem Rekapitalisierungskonzept durchbrochen werden. Ein<br />
solches Konzept zur Restrukturierung der Passivseite muss so<br />
ausgerichtet sein, dass alle Stakeholder einen Beitrag leisten.
8 | Der Restrukturierungsdreisatz<br />
Rekapitalisierungskonzept schafft Handlungsspielraum<br />
Ein Rekapitalisierungskonzept erschließt dem Unternehmen<br />
sowohl konventionelle als auch alternative Finanzierungsmöglichkeiten<br />
und schafft damit die nötigen finanziellen Voraussetzungen<br />
für profitables Wachstum. Die finanzielle Restrukturierung ist nach<br />
der operativen und strategischen Restrukturierung der dritte und<br />
entscheidende Meilenstein auf dem Weg, ein Unternehmen<br />
wachstumsstark und nachhaltig wettbewerbsfähig auszurichten.<br />
Entscheidend für den Erfolg der Rekapitalisierung ist die Berücksichtigung<br />
verschiedener, interdependenter Ansatzpunkte für die<br />
Verbesserung der Finanzkraft eines Unternehmens. Zu diesen<br />
Ansatzpunkten zählen:<br />
> "Fresh Money" beziehungsweise erweiterte Linien zur Wachstumsfinanzierung<br />
> Verbesserung der Bilanzstruktur und relevanter Kennzahlen<br />
> Reduzierung des verzinslichen Fremdkapitals und der laufenden<br />
Zinsbelastung<br />
> Möglichst Verkleinerung und Stabilisierung des Finanzierungskreises<br />
Im Falle der Wind AG war die Passivseite der Bilanz aufgrund der<br />
aufgelaufenen Verluste ursächlich für eine extrem restriktive<br />
Liquiditäts- und Avalvergabe durch die Finanzierer – damit wurde<br />
die Neuakquisition von Projekten erheblich erschwert, mit entsprechenden<br />
Konsequenzen für Umsatz und Ergebnis. Zusätzlich<br />
verlangte die Verschiebung zu internationalen Großprojekten<br />
einen höheren Vorfinanzierungsgrad und höhere Absicherung<br />
durch Avale. Trotz Erweiterung der Restrukturierungsmaßnahmen<br />
war sehr schnell klar, dass der Turnaround nur mit Leistungssteigerung<br />
erzielt werden kann – und damit die Verbesserung der<br />
Finanzierungssituation erreicht werden musste. Um diesem<br />
Teufelskreis zu entkommen, wurde ein Rekapitalisierungskonzept<br />
entwickelt. Daraufhin wurden Finanzinvestoren unter Einschaltung<br />
eines Investmentberaters und Nutzung des Netzwerks von<br />
<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> gesucht. Parallel wurden eine Vielzahl von iterativen<br />
Verhandlungen mit Banken über das mögliche zukünftige<br />
Engagement sowie deren Unterstützung beim Einstieg eines<br />
Finanzinvestors geführt. Im Gesamtpaket mit Investoren und<br />
Banken wurde ein breites Instrumentarium von Kapitalschnitt/<br />
-erhöhung, über Linienausweitung, Debt-Equity-Swap bis Forderungskauf<br />
mit Teilverzicht eingesetzt.<br />
Die Eckpunkte der finanziellen Restrukturierung der Wind AG<br />
waren wie folgt:<br />
> Neue Investoren erhalten eine qualifizierte Mehrheit und<br />
partizipieren an der Wertsteigerung entsprechend ihren<br />
Renditeanforderungen<br />
> Altaktionäre müssen ihren Anteil verwässern lassen<br />
> Finanzierer, die aussteigen, müssen mindestens einen<br />
Teilverzicht erbringen<br />
> Verbleibende Institute werden erfolgsabhängig vergütet<br />
und weiten ihre Linien aus<br />
Dieses Paket schaffte die Grundlage für einen erweiterten finanziellen<br />
Spielraum der Wind AG und damit zur Wahrnehmung der<br />
vorhandenen Wachstumschancen.
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Der Restrukturierungsdreisatz | 9<br />
Fünf Kernelemente zur Rekapitalisierung der WIND AG<br />
1<br />
2<br />
Kapitalschnitt Kapitalerhöhung Auskauf einzelner<br />
Banken<br />
3<br />
4<br />
Debt-Equity-Swap<br />
5<br />
Ausweitung Linien<br />
10:1<br />
Rd. 42 Mio. Euro<br />
durch Aktionäre<br />
und Investoren<br />
3 Banken<br />
mit Haircut<br />
herausgekauft<br />
Rd. 28 Mio. Euro<br />
Verhältnis 2,33:1<br />
Zusätzlich<br />
20 Mio. Euro<br />
Barlinie,<br />
40 Mio. Euro<br />
Avallinie<br />
Quelle: <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />
Überzeugen und vermitteln<br />
Entscheidend für den Erfolg ist es, Investoren und Banken von der<br />
langfristig positiven Perspektive eines Unternehmens zu überzeugen<br />
und zwischen den divergierenden Interessen der Parteien zu<br />
vermitteln. Dabei sollten – abgesehen vom übergeordneten Ziel<br />
des Unternehmens nach stabiler Finanzierung und Ermöglichung<br />
der Wachstumsperspektiven – auch die Interessen der Investoren<br />
(u.a. Mindestrendite, Mehrheit am Unternehmen und Exit-<br />
Perspektive), der bestehenden Aktionäre (Totalverlust vermeiden<br />
und, so weit möglich, sogar am Upside-Potenzial partizipieren)<br />
und der Banken berücksichtigt werden. Insbesondere die Position<br />
der Banken ist häufig äußerst heterogen. So muss beispielsweise<br />
einerseits den ausstiegswilligen Banken eine kurzfristige Exit-<br />
Perspektive und andererseits den weiter begleitenden Banken eine<br />
langfristige Perspektive der Werterhaltung ihrer Forderungen<br />
sowie der künftigen Tilgungsfähigkeit durch das Unternehmen<br />
aufgezeigt werden. Zwischen der "ersten Idee" und der Verfügbarkeit<br />
der zusätzlichen Mittel können Monate vergehen. Deshalb ist<br />
die finanzielle Restrukturierung kein kurzfristiger Hebel zur<br />
Überwindung der Krise – aber häufig ein notwendiger Schritt für<br />
die nachhaltige Überwindung der Talsohle.
10 | Der Restrukturierungsdreisatz<br />
Fünf Erfolgsfaktoren<br />
Das Beispiel der Wind AG bestätigt unsere Erfahrung, dass sich fünf Erfolgsfaktoren für die Restrukturierung<br />
eines Unternehmens ableiten lassen, das grundsätzlich im positiven Marktumfeld agiert, aber<br />
mit knallharten Wettbewerbs- und Finanzierungsbedingungen konfrontiert ist:<br />
Neutraler Moderator: Der für eine Restrukturierung notwendige<br />
Konsens kann nur ein Ergebnis von zahlreichen Gesprächen und<br />
Verhandlungen mit allen Beteiligten sein, wobei sich das Konzept<br />
stetig und evolutionär entwickelt. Bei teilweise divergierenden<br />
Interessen ist dieser Prozess sicher nicht einfach und sollte daher<br />
von einem neutralen Moderator begleitet und geführt werden.<br />
Nur ein Moderator ohne Eigeninteresse kann einen sachbezogenen<br />
Überblick über verschiedene Handlungsoptionen bieten und<br />
als Ideengeber, Konzeptentwickler und Antreiber akzeptable<br />
Entscheidungsvorlagen anbieten und eine effiziente Umsetzung<br />
des Konzeptes sicherstellen. Dazu muss er aber auch selbst das<br />
Unternehmen wie den Markt genau kennen und finanzwirtschaftliche<br />
Konzepte strukturieren können.<br />
Durchsetzungsfähiges Management: Der Prozess der Restrukturierung<br />
und Rekapitalisierung in einem so kritischen Umfeld erfordert<br />
ein hohes Maß an Vertrauen aller Stakeholder in die Führungskräfte.<br />
Dafür sollten die Topmanager weitgehend unbelastet<br />
von den Krisenursachen und Ereignissen der Vergangenheit sein.<br />
Ganzheitliche Lösung: Eine Fokussierung auf die Kosten- und<br />
Ertragspositionen sowie Liquiditätsfreisetzung reicht nicht aus.<br />
Eine akzeptable Finanzierung ist überlebenswichtig, insbesondere<br />
in Wachstumsmärkten.<br />
Individuelle Lösung: Es gibt kein Patentrezept. Erforderlich ist<br />
grundsätzlich eine tief gehende konzeptionelle Arbeit. Die individuell<br />
richtige Kombination der Maßnahmen verbessert sowohl die<br />
Aussichten für eine erfolgreiche Stand-alone-Strategie als auch für<br />
die Realisierung einer strategischen Kooperation.<br />
Ausgewogene Lösung: Von einer finanzwirtschaftlichen Restrukturierung<br />
müssen langfristig alle Stakeholder profitieren. Das Unternehmen<br />
erhält den notwendigen Spielraum zur Realisierung des<br />
angestrebten Wachstums. Davon profitieren im Idealfall, aufgrund<br />
der realisierten Gewinne und des Wertzuwachses auch<br />
die Aktionäre und Investoren. Die Banken haben langfristig die<br />
Perspektive der Tilgungsfähigkeit bzw. Verlustvermeidung.
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Der Restrukturierungsdreisatz | 11<br />
Finanzwirtschaftliche Sanierung kann Win-Win-Situation für alle Beteiligten schaffen<br />
Banken<br />
Werthaltigkeit der Forderungen,<br />
Ratingverbesserung, Tilgungsausblick<br />
Unternehmen<br />
Stabile finanzwirtschaftliche Basis,<br />
Ertragssicherung, Liquidität, strategische<br />
Spielräume<br />
Kunden<br />
Wahrnehmung eines soliden Unternehmens<br />
als wertvollen strategischen Partner<br />
Win-Win<br />
Warenkreditversicherung<br />
Gefahrenabwendung, Ratingverbesserung,<br />
Rückläufige Limitauslastung<br />
Investoren<br />
Attraktive Investition mit langfristigen<br />
Wachstumschancen auf solider<br />
Finanzierungsbasis<br />
Lieferanten<br />
Stabilisierung des Marktes, Sicherung<br />
der Lieferantenbeziehungen,<br />
Verbesserung Zahlungsverhalten<br />
Quelle: <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />
Der Liquiditätsfalle entgehen<br />
Restrukturierungen sind oft der letzte Rettungsanker für angeschlagene<br />
Unternehmen. Dabei waren und sind klassische<br />
Restrukturierungsmaßnahmen höchst erfolgreich. Nicht jede<br />
Restrukturierung muss auch die finanzwirtschaftliche Restrukturierung<br />
umfassen. Aber bei jeder Restrukturierung sollte man den<br />
Restrukturierungsdreisatz im Hinterkopf behalten, um im Fall der<br />
Fälle frühzeitig aktiv werden zu können und der Liquiditätsfalle zu<br />
entgehen.
12 | Interview Dr.-Ing. Hans W. Fechner<br />
Interview mit Herrn Dr.-Ing. Hans W. Fechner, Sprecher der<br />
Geschäftsführung der Siempelkamp Holding<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong>: Der Geschäftsbereich Siempelkamp Maschinen- und<br />
Anlagenbau ist seit vielen Jahren Marktführer. Worin liegt das Geheimnis<br />
dieses Erfolgs?<br />
Hans W. Fechner: Nun, mehrere wichtige unternehmerische<br />
Entscheidungen haben sich auch auf lange Sicht als klug erwiesen:<br />
"Die ganze Welt als Markt<br />
begreifen."<br />
Zum einen die Entscheidung, schon sehr früh – das beginnt schon<br />
in den 20er-Jahren – auf den Export zu setzen und die ganze Welt<br />
als Markt zu begreifen. In allen Ländern, in denen Holz wächst<br />
und Holzwerkstoffe hergestellt werden, sind wir vertreten, unsere<br />
Organisation wie unser Service. Mit den meisten Kunden sind wir<br />
seit Jahrzehnten verbunden. Das ist natürlich ein enormes Potenzial.
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Interview Dr.-Ing. Hans W. Fechner | 13<br />
Zum anderen die Entscheidung, sich in den 60er/70er-Jahren auf<br />
Pressen und Anlagen für Holzwerkstoffe zu konzentrieren. Und<br />
eben dort die absolute Marktführerschaft zu erzielen. Mehr als 50<br />
Prozent der Neuaufträge weltweit kann Siempelkamp seit Jahren<br />
regelmäßig für sich verbuchen.<br />
Und natürlich auch die Entscheidung, über viele Jahre massiv in<br />
Innovationen zu investieren, in die Entwicklung von neuen<br />
Produkten, aber auch in richtungsweisende Herstellungsverfahren<br />
für Holzwerkstoffe. So ist die kontinuierliche Presse für die Herstellung<br />
von plattenförmigen Holzwerkstoffen im ContiRoll®-<br />
Verfahren durch Siempelkamp zum weltweiten Produktionsstandard<br />
in der Industrie geworden.<br />
Vor allem können wir auch auf unsere hervorragend ausgebildeten,<br />
leistungsstarken und loyalen Mitarbeiter bauen. Ihre jahrzehntelange<br />
Erfahrung im Schwermaschinenbau ist ein absolutes<br />
Asset, das wir auch pflegen und fördern. So hat Innovations- und<br />
Kreativitätsförderung bei uns Tradition – nicht untypisch für einen<br />
Mittelständler, der jahrzehntelang inhabergeführt war.<br />
"Massiv in Innovationen<br />
investieren."<br />
"Innovations- und Kreativitätsförderung<br />
hat bei uns Tradition."<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong>: Das hat Sie aber nicht davor bewahrt, sich verändern<br />
zu müssen, um den aktuellen Herausforderungen für den Maschinenund<br />
Anlagenbau Rechnung zu tragen.<br />
Hans W. Fechner: Herausforderungen muss man sich stellen, auf sie<br />
reagieren, besser noch, sie antizipieren und entsprechend handeln.<br />
In einer sich verändernden Welt entkommt dem keiner. Aber<br />
unsere Firmengeschichte, unser Können und unsere Werte bewahren<br />
uns vor Unflexibilität und ermöglichen uns erst, uns neuen<br />
Gegebenheiten anzupassen und gleichzeitig auf soliden Grund<br />
bauen zu können.<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong>: Vor welchen konkreten Herausforderungen steht der<br />
Maschinen- und Anlagenbau derzeit?<br />
Hans W. Fechner: Ganz konkret: die Margen erodieren. Dazu hat<br />
ein ganzes Bündel von verschiedenen Entwicklungen geführt:<br />
Der Weltmarkt für Holzwerkstoffe ist in den letzten Jahren stark<br />
durch Konsolidierung und Konzentrationen gekennzeichnet.<br />
Damit schränkt sich unser Kundenportfolio ein. Gleichzeitig<br />
entsteht – nahezu lehrbuchartig – eine hohe Transparenz samt<br />
dem entsprechenden Preisdruck bei weltweit nur drei relevanten<br />
Pressenanbietern.
14 | Interview Dr.-Ing. Hans W. Fechner<br />
"Die Besonderheiten dieser<br />
Industrie: ein stark zyklisches<br />
Geschäft und Kunden, die<br />
manchmal nur sehr widerwillig<br />
zahlen."<br />
Zugleich sind die Löhne hier in Deutschland gestiegen. Verschärfend<br />
kommen die Besonderheiten dieser Industrie hinzu: ein stark<br />
zyklisches Geschäft und Kunden, die manchmal nur sehr widerwillig<br />
zahlen – weil sie selbst hohen Finanzbedarf haben. Die<br />
Veränderung der gesamten Finanzierungssituation in Westeuropa<br />
durch Basel II und die resultierenden üblichen Probleme des<br />
Mittelstandes tun ein Übriges.<br />
Und sicher bestehen auch hausgemachte Probleme, beispielsweise<br />
unsere Produktvielfalt. Wir sind ja als Hersteller von hydraulischen<br />
Pressen ein klassisches Maschinenbauunternehmen. Es gibt viele<br />
Beispiele, die zeigen, dass man sich, wo immer wieder neu konstruiert<br />
wird, auch sehr leicht verzetteln kann. Darüber hinaus hat<br />
die Siempelkamp-Gruppe in den letzten 20 Jahren in Deutschland<br />
diverse kleinere Unternehmen zugekauft, die Nebenkomponenten<br />
und Ergänzungstechnologien geliefert haben. Dadurch konnten<br />
wir einerseits unsere Marktposition festigen. Auf der anderen Seite<br />
hat dies aber die Strukturkosten erhöht, zu langen Entscheidungswegen<br />
und zu hohem Kontroll- und Gremienaufwand geführt.<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong>: Wie begegnet Siempelkamp diesen Herausforderungen?<br />
Hans W. Fechner: Zunächst einmal ist klar, dass alle Veränderungen<br />
auf den Stärken unseres Unternehmens aufbauen müssen: auf der<br />
exzellenten Mitarbeiterbasis, auf unserer Internationalität, auf<br />
unserer Technologieführerschaft.<br />
"Arbeiten wir zielgerichtet für<br />
den Kunden?"<br />
Darauf dürfen wir uns aber nicht ausruhen, sondern müssen uns<br />
kontinuierlich verändern und unsere Schwächen gezielt beseitigen.<br />
Dabei geht es dann schnell an ganz grundsätzliche Fragen:<br />
Arbeiten wir zielgerichtet für den Kunden? Sind unsere Innovationen<br />
sinnvoll und bringen uns weiter? Sind Strukturen zu aufwändig?<br />
Ist unsere Wertschöpfung in Deutschland richtig aufgestellt?<br />
Setzen wir unsere hoch motivierten und hervorragend ausgebildeten<br />
Leute ausschließlich für unsere Kernkompetenzen ein, also für<br />
Leistungen, die sich auch rechnen? Nutzen wir das Riesenpotenzial<br />
aus unserem Service? Kümmern wir uns genug um ein ganz<br />
wichtiges Asset, um unsere Installed Base von rund 2000 Pressen<br />
und Anlagen weltweit? Arbeiten in der Serviceabteilung auch<br />
wirklich die Leute mit der meisten Erfahrung und der größten<br />
Kundenorientierung?<br />
Aus diesen Fragestellungen haben wir ein Programm erarbeitet,<br />
das wir seit zwei Jahren umsetzen. Es umfasst die Verschlankung<br />
der Strukturen, einhergehend mit der Integration von Tochtergesellschaften<br />
und der deutlichen Reduzierung des Overheads.<br />
Zudem verlagern wir Wertschöpfung in die Wachstumsmärkte,<br />
beispielsweise nach China und Südostasien, aber weniger aus<br />
Kostengründen als unter Nachfragegesichtspunkten. Wir wollen<br />
uns international weiter verstärken und orientieren uns daran, wo
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Interview Dr.-Ing. Hans W. Fechner | 15<br />
zukünftig das größte Wachstum stattfinden wird, wo Menschen<br />
ihre Wohnungen neu einrichten oder Häuser bauen. Dort entsteht<br />
ein Bedarf nach Holzwerkstoffen, weshalb auch unsere Kunden in<br />
diese Regionen gehen. Also müssen wir bestimmte Komponenten<br />
für die entsprechenden Anlagen vor Ort herstellen und vor Ort<br />
präsent sein, was wir nun durch unseren neuen Fertigungsstandort<br />
bei Shanghai gewährleisten können.<br />
Insgesamt ist es uns mit dem Programm gelungen, den rückläufigen<br />
Ergebnistrend umzukehren und unsere Wettbewerbsfähigkeit<br />
wieder erheblich zu steigern. Damit und mit handlungsfähigen<br />
Management- und Gremienstrukturen haben wir gemeinsam mit<br />
unseren Gesellschaftern und Finanzierern die finanzielle Basis für<br />
die Zukunft gelegt: eine ausreichende Finanzierung, um die<br />
internationalen Wachstumspotenziale auch wahrnehmen zu<br />
können.<br />
"Wo Menschen ihre Wohnungen<br />
neu einrichten oder Häuser<br />
bauen, entsteht Bedarf nach<br />
Holzwerkstoffen."<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong>: Das war mit Sicherheit ein Kraftakt für das Unternehmen.<br />
Worauf muss man Ihrer Erfahrung nach bei einem solchen<br />
Transformationsprozess achten, damit er zum Erfolg führt?<br />
Hans W. Fechner: Natürlich funktioniert das nur, wenn man sich<br />
klare Ziele setzt und sie konsequent verfolgt. Striktes Maßnahmenmanagement<br />
und Ergebniscontrolling sind Pflicht, reichen<br />
aber bei weitem nicht aus. Um nachhaltig erfolgreich zu sein,<br />
muss das unternehmerische Denken und Handeln als Führungsmaxime<br />
in den Köpfen der Mitarbeiter verankert werden. Das ist<br />
die eigentliche Herausforderung: der Paradigmenwechsel – weg<br />
von einer reinen Ingenieursdenkweise hin zu wirtschaftlich<br />
sinnvollem Handeln. Also zuerst genau analysieren, was der Markt<br />
erfordert und dann erst Aufwand in die Entwicklung von Lösungen<br />
stecken. Dazu gehört es, die Installed Base nicht als Belastung<br />
wegen quengelnder Kunden, sondern als Chance für zukünftiges<br />
Geschäft zu verstehen und das ganze Unternehmen nicht als<br />
Hersteller von Anlagen zu begreifen, sondern als Dienstleister, der<br />
für den Kunden Probleme löst. Mit unserer deutschen Mentalität<br />
fällt uns das doch manchmal etwas schwer.<br />
"Das unternehmerische Denken<br />
und Handeln muss als Führungsmaxime<br />
in den Köpfen der Mitarbeiter<br />
verankert werden."<br />
Dazu mussten wir die gesamte Organisation mobilisieren und<br />
sämtliche Mitarbeiter, vom Management bis zu den Arbeitern an<br />
der Maschine, einbinden. Das umfasst zum einen, die Verantwortung<br />
konsequent an die wirklichen Leistungsträger zu delegieren,<br />
diese zu stärken und anzuerkennen. Zum anderen erfordert es<br />
Offenheit und Transparenz in der Kommunikation des Programms<br />
und der Notwendigkeit von Entscheidungen an die Mitarbeiter.<br />
Externe Unterstützung hilft bei einem solchen Programm natürlich<br />
sehr, durch Methodik, durch Know-how, durch Tools. Ich<br />
verstehe das aber nur als Hilfe zur Selbsthilfe. Die Umsetzung<br />
muss zu einem Selbstläufer werden, die Mitarbeiter müssen dies<br />
leben. Es darf nicht erforderlich sein, dass bei jeder Sitzung ein<br />
Berater oder Geschäftsführer dabei ist, damit es vorwärts geht.<br />
"Die Umsetzung muss zu einem<br />
Selbstläufer werden."
16 | Interview Dr.-Ing. Hans W. Fechner<br />
Und schließlich müssen Management und Führungskräfte mit<br />
Sicherheit auch viel Stehvermögen und vielleicht auch ein wenig<br />
Sturheit mitbringen, um so einen Prozess konsequent zu führen<br />
und immer wieder die divergierenden Ansichten auf das gemeinsame<br />
Ziel zu bündeln.<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong>: Wie setzen Sie diesen Weg fort, wie sieht Siempelkamp<br />
in zehn Jahren aus?<br />
"Wir müssen Vertrauen in unsere<br />
Leistungen und unsere Marke<br />
schaffen."<br />
Hans W. Fechner: Es ist wohl kaum möglich, in diesem dynamischen<br />
Umfeld zu sagen, wo ein Unternehmen in zehn Jahren<br />
genau steht. Was wir tun, ist den Vektor vorgeben, die Richtung<br />
einstellen. Ich rechne nicht damit, dass sich unser Umfeld grundlegend<br />
ändert. Unser Markt bleibt global und zyklisch. Den Erfolg<br />
können wir nur absichern, wenn wir unsere Kunden an uns binden<br />
sowie Vertrauen in unsere Leistungen und unsere Marke<br />
schaffen, mit Geschwindigkeit und Effizienz, mit Serviceorientierung,<br />
aber auch mit wettbewerbsfähigen Kostenstrukturen.<br />
Dazu müssen wir die globale Ausrichtung unserer Wertschöpfung<br />
Schritt für Schritt fortsetzen. Das betrifft Service-Leistungen, auch<br />
um Engineering erweitert, wie auch Fertigung und Montage, um<br />
in den Wachstumsmärkten präsent zu sein. Unsere Kunden haben<br />
ihre eigene und ganz präzise Vorstellung, welche Teile oder Komponenten<br />
einer Gesamtanlage unter den lokalen Anforderungen<br />
vor Ort gefertigt werden; darauf müssen wir uns einstellen.<br />
"Den Kern des Geschäfts sehe<br />
ich aber nach wie vor in<br />
Deutschland."<br />
Den Kern des Geschäfts sehe ich aber nach wie vor in Deutschland.<br />
Innovation, der kreative Part des Engineerings, die Herstellung<br />
von Schlüsselkomponenten, die Inbetriebnahmekompetenz,<br />
also prinzipiell alles, wofür es der jahrelangen Erfahrung der<br />
Mitarbeiter bedarf, werden wir am Stammhaus in Deutschland<br />
belassen und weiter ausbauen. Dies ist auch erklärtes Ziel und<br />
Selbstverständnis des Unternehmens.<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong>: Sie haben Ihren Fertigungsstandort in China erwähnt.<br />
Viele Maschinenbauunternehmen planen diesen Schritt oder haben ihn<br />
bereits vollzogen und dabei auch sehr leidvolle Erfahrungen mit der<br />
Verlässlichkeit von Partnern, mit Mitarbeitern oder mit Behörden<br />
gemacht. Wie ist es Ihnen ergangen?<br />
"Wir müssen Flagge zeigen in<br />
einem Land, das einen riesigen<br />
Absatzmarkt für unsere Anlagen<br />
darstellt."<br />
Hans W. Fechner: Mit China verbinden uns langjährige Geschäftsbeziehungen,<br />
schließlich verkaufen wir seit 50 Jahren Anlagen<br />
nach China. Dementsprechend verfügen wir über eine große<br />
Installed Base und müssen Flagge zeigen in einem Land, das einen<br />
riesigen Absatzmarkt für unsere Anlagen darstellt.<br />
Der chinesische Markt ist extrem preisorientiert. In der Konsequenz<br />
müssen wir vor Ort zu ähnlichen Kosten, aber auf einem<br />
ganz anderen technischen Niveau produzieren können als unsere<br />
jetzigen und möglicherweise zukünftigen chinesischen Wettbewerber.<br />
Wir haben uns für unseren Schritt nach Asien für die<br />
wirtschaftlich dynamische und infrastrukturell hoch entwickelte
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Interview Dr.-Ing. Hans W. Fechner | 17<br />
Region Shanghai entschieden. Dort bauen wir schrittweise einen<br />
Fertigungsstandort für bestimmte Komponenten auf, der durchaus<br />
eine hohe Bedeutung in unserer gesamten internationalen Struktur<br />
haben wird.<br />
Von vornherein haben wir uns dazu entschlossen, ein Sole Venture<br />
auf der grünen Wiese zu gründen. Wir haben dies mit unseren<br />
langjährigen chinesischen Mitarbeitern getan und verfügen daher<br />
über ein sehr gutes lokales Management, das uns viele Schwierigkeiten,<br />
insbesondere mit Behörden, aus dem Weg geräumt hat.<br />
Dieses Team haben wir mit kompetenten Produktionsexperten<br />
verstärkt, die in der Aufbauphase zwischen Krefeld und Shanghai<br />
gependelt sind. Mit dieser Kombination konnten wir sicherlich<br />
viele klassische Anfängerfehler vermeiden.<br />
"Wir verfügen über ein sehr gutes<br />
lokales Management, das uns<br />
viele Schwierigkeiten aus dem<br />
Weg geräumt hat."<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong>: Herr Dr. Fechner, herzlichen Dank für dieses Gespräch.<br />
Das Gespräch für die <strong>executive</strong> <strong>review</strong> führte<br />
Uwe Johnen, Partner in unserem Berliner Büro.
18 | Merger Endgame<br />
Wachstum als einzige strategische Option – Diskussion des Merger<br />
Endgame am Beispiel der Bahnindustrie (Rolling Stock)<br />
> Sackgasse Konsolidierung –<br />
Wohin fährt die Bahn?
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Merger Endgame | 19<br />
In der Industrie geht es zu wie in der freien Wildbahn: "Fressen oder<br />
gefressen werden" ist an der Tagesordnung. Wer frisst wird größer,<br />
schöner, stärker. Aber Vorsicht vor Verdauungsproblemen! Wenn zu<br />
rasche Konsolidierung – wie in der Bahnindustrie – auf den Magen<br />
schlägt, sollte man vielleicht auch einmal eine Diät erwägen.<br />
Eine Grundannahme vieler Wachstumsmodelle ist, dass die schiere<br />
Steigerung des Marktanteils zum Erfolg führt. Dies kann, muss aber<br />
nicht so sein. Nachfolgend diskutieren Peter Schneidewind, Principal,<br />
und Ulf Spitzer, Project Manager, potenzielle Entwicklungspfade für die<br />
Bahnindustrie.<br />
Möglicher Wegweiser für dynamisches Wachstum –<br />
das 'Merger Endgame Model'<br />
Als Wegweiser und Handbuch für strategische Überlegungen zu<br />
Wachstum und Konsolidierung einer Branche ist vor allem das<br />
"Merger Endgame Model" bekannt geworden. Das Modell beruht<br />
auf der These, jedes Unternehmen werde ungeachtet seiner<br />
Branche zu einem Beteiligten im Endgame und müsse sich schließlich<br />
der Konsolidierung stellen. Beeinflussbar sei in erster Linie, ob<br />
man als Agierender oder Getriebener an diesem Spiel teilnehme.<br />
Aus der Analyse von 25.000 Unternehmenszusammenschlüssen<br />
zwischen 1988 und 2001 leiten die Autoren des 'Merger Endgame<br />
Model' ab, dass Konsolidierungsprozesse stets nach einem Standardmuster<br />
ablaufen. Entscheider im Unternehmen können<br />
anhand der Modellergebnisse ablesen, an welchem Punkt der<br />
Konsolidierungskurve sie sich gerade befinden. Abhängig davon<br />
erhalten sie Handlungsempfehlungen, um zum Scheitelpunkt der<br />
Kurve zu gelangen, die Wettbewerber zu übertreffen und Marktführer<br />
zu werden.
20 | Merger Endgame<br />
Wesentliche Postulate des 'Merger Endgame Model' sind:<br />
> Es gibt keine optimale oder maximale Unternehmensgröße.<br />
Nur kontinuierliches Wachstum sichert das Überleben des<br />
Unternehmens.<br />
> Organisches Wachstum ist nicht gleich erfolgreiches Wachstum.<br />
Um schneller (und erfolgreicher) zu sein als der Wettbewerb,<br />
sind Fusionen unvermeidlich.<br />
> Alle Branchen konsolidieren sich und folgen einem ähnlichen<br />
Entwicklungspfad.<br />
> Es gibt keine Marktnischen, die es zu schützen gilt (bzw. in<br />
denen man überleben kann).<br />
> Unternehmen erreichen in den letzten Phasen des Konsolidierungsprozesses<br />
die höchste Rentabilität. In diesem Stadium<br />
entsteht ein oligopolistischer Markt, der es den noch verbleibenden<br />
Playern erlaubt, die Preise zu gestalten und so hohe<br />
Gewinne zu erwirtschaften.<br />
> Interne Faktoren (z.B. Wachstums-Leitgedanke, Engagement<br />
der Führungskräfte) sind für das Wachstum eines Unternehmens<br />
sehr viel wichtiger als externe (makroökonomische<br />
Dynamik etc.).<br />
Übertragen auf die Bahn heißt dies, dass die Konsolidierung der<br />
letzten Jahre zu einem Anstieg der Rentabilität geführt haben<br />
müsste. Die entsprechende Handlungsanweisung für die zukünftige<br />
Strategie der großen Systemintegratoren (wie z.B. Siemens,<br />
Alstom oder Bombardier) wäre, durch weltweite Zukäufe weiter<br />
aggressiv zu wachsen. Die verhaltene Entwicklung zeigt jedoch<br />
ein anderes Bild.<br />
Konsolidierung führt Bahnindustrie in eine Sackgasse<br />
Die Liberalisierung der Bahnmärkte zu Beginn der 1990er Jahre<br />
hat die Branche grundlegend verändert. Mit der fortschreitenden<br />
Deregulierung gingen die staatlichen Subventionen zurück und<br />
das öffentliche Ausschreibungsrecht wurde wesentlich transparenter.<br />
Die Anbieter von Schienenfahrzeugen fanden sich immer<br />
stärkerem Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Angesichts der notwendigen<br />
Effizienzsteigerung und der Forderung der Kunden nach<br />
Systemanbietern erlebte die Bahnindustrie eine noch nie da<br />
gewesene Konsolidierungswelle.<br />
Aus Fusionen und Übernahmen entstanden die drei großen<br />
Systemintegratoren Alstom, Bombardier und Siemens, die sich<br />
heute etwa die Hälfte des Weltmarktes teilen. Anfang 2000 verlor<br />
der Konsolidierungsprozess jedoch an Schwung – in den letzten<br />
fünf Jahren sind die Bestrebungen, durch Fusionen und Übernahmen<br />
zu wachsen, weitgehend zum Erliegen gekommen. Dieser<br />
Zustand dürfte laut Merger-Endgame-Modell jedoch erst dann<br />
eintreten, wenn die größten drei Player zusammen 70 bis 80<br />
Prozent Marktanteil erreicht haben (Concentration Rate;<br />
CR3=80%). In den letzten fünf Jahren liegt CR3 jedoch bei<br />
ca. 50 Prozent.
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Merger Endgame | 21<br />
Entwicklung/Stagnation der Marktanteile 2000-2005<br />
Marktanteil 2000 [%]<br />
Marktanteil 2005 [%]<br />
23<br />
Bombardier<br />
23<br />
Bombardier<br />
Sonstige<br />
38<br />
Sonstige<br />
38<br />
16<br />
Alstom<br />
15<br />
Alstom<br />
Alsaldo<br />
4<br />
GE<br />
8<br />
11<br />
Siemens<br />
Alsaldo<br />
4<br />
GE<br />
7<br />
13<br />
Siemens<br />
Quelle: <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />
Ebenfalls im Widerspruch zu den Postulaten des Merger-Endgame-<br />
Modell steht, dass der Konsolidierungsprozess nicht zu einer<br />
Rentabilitätsverbesserung in der Branche geführt hat. Anstelle<br />
der zu erwartenden Preissteigerung erfolgte in den letzten zehn<br />
Jahren ein Preisverfall um bis zu 40 Prozent, der u.a. durch<br />
massive Budgetkürzungen der Betreiber und die unten erläuterten<br />
Spezifika der Bahnindustrie begründet ist. Da es auch nicht<br />
gelungen ist, diesen Verfall durch vorhandene Effizienzpotenziale<br />
auszugleichen, haben alle großen Unternehmen deutliche Ergebnisprobleme.<br />
Sinkende EBIT-Margen, rückläufige Investitionen im größten<br />
Absatzmarkt Westeuropa, immer wiederkehrende Qualitätsprobleme<br />
und offensichtliche Schwierigkeiten, die erwarteten<br />
Synergien in Teilbereichen zu heben – vor diesem Hintergrund<br />
stellt sich für die zukünftige Ausrichtung die Frage: Braucht die<br />
Bahnindustrie eine weitere Konsolidierung oder liegen die unternehmerischen<br />
Chancen eher in einer Spezialisierung?<br />
EBIT-Margen der Transportation-Sparten [%]<br />
12,0<br />
9,0<br />
6,0<br />
3,0<br />
0,0<br />
-3,0<br />
5,1<br />
2,1<br />
6,0<br />
4,6<br />
4,0<br />
5,7<br />
1,9<br />
3,3<br />
6,0<br />
3,3<br />
-0,5<br />
-3,9<br />
3,3<br />
1,0<br />
-1,8<br />
-6,0<br />
-4,5<br />
-9,0<br />
-12,0<br />
-10,0<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />
Alstom Siemens Bombardier<br />
Quelle: <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants
22 | Merger Endgame<br />
Sonderweg Bahnindustrie<br />
Unserer Ansicht nach lassen sich die Handlungsempfehlungen des<br />
Merger-Endgame-Modells in der Bahnindustrie nicht ohne weiteres<br />
übernehmen, da einige Einschränkungen bezüglich üblicher<br />
Marktmechanismen zu beachten sind. Insbesondere gilt dies für<br />
den postulierten Zusammenhang zwischen Konzentrationsgrad<br />
und Rentabilität. Denn die Bahnindustrie weist eine Reihe von<br />
Merkmalen auf, die diesen Zusammenhang schwächen oder<br />
durchbrechen.<br />
Spezifika des Bahnmarktes für rollendes Material<br />
Kundenseite<br />
Wettbewerb<br />
Käufermarkt<br />
Nationale Anbieter<br />
Geringer<br />
Investitionsdruck<br />
Differenzierende<br />
Faktoren der<br />
Bahnindustrie<br />
Captive Markets<br />
Projektgeschäft<br />
Überkapazität<br />
Quelle: <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />
Käufermarkt<br />
Je Land gibt es jeweils nur wenige Kunden (z.B. die Deutsche<br />
Bahn), die über riesige Auftragsvolumina entscheiden und damit<br />
Anbieter gegeneinander ausspielen können. Auch den drei großen<br />
Herstellern gelingt es daher in den seltensten Fällen, ihre Preisvorstellungen<br />
durchzusetzen.<br />
Geringer Investitionsdruck<br />
Wegen der hohen Lebensdauer von Schienenfahrzeugen (20 bis<br />
30 Jahre) könnten die Kunden selbst im (theoretischen) Falle eines<br />
Monopolanbieters Druck aufbauen, indem sie Investitionen<br />
verschieben und den Anbieter in die Unterauslastung zwingen.<br />
Projektgeschäft<br />
Da Schienenfahrzeuge aufgrund der projektspezifischen Streckenprofile<br />
und Kundenanforderungen nach wie vor kaum standardisiert<br />
sind, gibt es eine Fülle an projektspezifischen Lösungen.<br />
Deren lange Laufzeit ermöglicht es auch kleinen Marktteilnehmern,<br />
über Einzelprojekte zu wachsen und zu ernsthaften Wettbewerbern<br />
für große Player zu werden.<br />
Nationale Anbieter<br />
Aufgrund der einst großen strategischen Bedeutung des Schienenverkehrs<br />
existieren in allen relevanten Märkten solche kleinen<br />
Anbieter, die langsam in größeren Unternehmen aufgehen<br />
(z.B. Zusammenschluss zu Rotem in Korea) oder vom Markt<br />
verschwinden.<br />
Captive Markets<br />
Zusätzlich unterhalten die meisten Bahnbetreiber eigene Instandhaltungseinheiten,<br />
welche zumindest die Kompetenz für Modernisierungen,<br />
wenn nicht sogar für Neubau haben.<br />
Überkapazitäten<br />
Bisher ist es nicht gelungen, die bestehenden Überkapazitäten im<br />
Zuge der Konsolidierung vollständig zu bereinigen. Politischer<br />
Einfluss, Öffentlichkeitswirksamkeit, Tradition, aber auch eine<br />
eher zurückhaltende Kommunikation der tatsächlichen Handlungsnotwendigkeiten<br />
sind Gründe für die langsame Kapazitätsanpassung.
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Merger Endgame | 23<br />
Diese Eigenheiten legen in Kombination mit der weiter oben<br />
geschilderten aktuellen Branchensituation nahe, dass im Moment<br />
nicht dynamisches Wachstum, sondern ein alternativer Ansatz<br />
erforderlich ist. Nach dessen Umsetzung können eventuell auch<br />
wieder die Handlungsanweisungen des Merger-Endgame-Modells<br />
– nun für das Agieren in Teilsegmenten – greifen.<br />
Dekonstruktion der Wertschöpfungskette als Alternative zur<br />
Konsolidierung<br />
Wir sind davon überzeugt, dass die strategische Planung in der<br />
Bahnindustrie jetzt bei einer Dekonstruktion der Wertschöpfungskette<br />
ansetzen muss. Über alle Stufen hinweg sind Möglichkeiten<br />
zur Auslagerung, Verselbstständigung von Geschäftszweigen oder<br />
Gründung von Allianzen zu prüfen. Oberstes Ziel sollten Effizienzgewinne<br />
in den neu formierten Wertschöpfungsstufen sein.<br />
Praktisch könnte diese Zergliederung die Herauslösung eines oder<br />
mehrerer Geschäftsbereiche aus den Systemhäusern bedeuten.<br />
So wäre zum Beispiel ein eigenständiger Anbieter für Lokomotiven<br />
oder Regionalzüge denkbar, der Teile von Siemens, Bombardier,<br />
Alstom oder kleineren Unternehmen integriert. Vorteil wäre eine<br />
Nutzung des gesamten Erfahrungsspektrums in diesen Teilbereichen<br />
mit dem Ziel, die derzeit immer wiederkehrenden Qualitätsmängel<br />
(und -kosten) zu vermeiden.<br />
Oder es entstehen analog zu den Komponentenanbietern in der<br />
Automobilindustrie Systemlieferanten für einzelne Stufen der<br />
Wertschöpfungskette. In der Bahnindustrie könnten z.B. zwei<br />
große Player ihre Einheiten zum Bau für Drehgestelle in einer<br />
Tochtergesellschaft zusammenschließen (oder verkaufen) und als<br />
selbstständiges Unternehmen am Markt weiterentwickeln. Dieses<br />
Unternehmen könnte dann auch Drehgestelle für Dritte bauen.<br />
Effizienzgetriebener Entwicklungspfad<br />
Verbesserte Effizienz Wachstumsfähigkeit Martkführerschaft<br />
Quelle: <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />
Neuer Schwung durch strukturelle Neuaufstellung<br />
Die Unternehmen der Schienenfahrzeugindustrie sollten aus dem<br />
Ergebnis der ersten Konsolidierungswelle lernen. An Stelle von<br />
dynamischem Wachstum in den vorhandenen Strukturen empfehlen<br />
wir, eine grundsätzliche Neuaufstellung zu prüfen. Diese muss<br />
sich vor allem an Effizienzgewinnen orientieren. In den entstehenden<br />
neuen Einheiten hat dann auch wieder das Ziel von Wachstum<br />
und Konzentration seine Berechtigung. Damit behält das<br />
Merger-Endgame-Modell für die Bahnindustrie seine Gültigkeit –<br />
man muss nur den Betrachtungsrahmen bzw. die Definition der<br />
"Branche" hin und wieder neu zuschneiden.
24 | Premium Konglomerat<br />
Eine Herleitung von Erfolgsfaktoren für das Geschäftssystem<br />
diversifizierter Unternemen<br />
> "Premium Konglomerat" –<br />
kein Widerspruch in sich
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Premium Konglomerat | 25<br />
Der jahrzehntelange Streit um die "richtige" Unternehmensstrategie –<br />
Fokussieren oder Diversifizieren – hat nun auch den deutschen Maschinen-<br />
und Anlagenbau erreicht. Thomas Ferchland, Project Manager, und<br />
Thomas Kohr, Consultant, zeigen auf, was einen erfolgreichen Mischkonzern<br />
ausmacht.<br />
"DWS [Fondsgesellschaft der Deutschen Bank] fordert die Zerschlagung<br />
von Siemens", lief es am 27. Januar 2006 über die Nachrichtenticker<br />
der Bundesrepublik. Anfang März lauteten die Schlagzeilen<br />
"Markt bewertet Übernahme von BOC durch Linde positiv"<br />
und "Linde wandelt sich vom Misch- zum weltgrößten Gasekonzern".<br />
Fokussiertes Unternehmen oder Konglomerat – das ist hier<br />
die Frage. Und: Zieht ein Mischkonzern automatisch den<br />
Schwarzen Peter?<br />
Diversifizierung: Besser als ihr Ruf<br />
Aus Sicht der Kapitalmärkte gilt Diversifizierung als wertreduzierend:<br />
Diversifizierte Unternehmen werden oft mit so genannten<br />
Conglomerate Discounts bewertet; Abschläge von 20 bis 30<br />
Prozent auf die summierten Einzelwerte der Geschäftseinheiten<br />
sind keine Seltenheit. Begründet wird dies im Wesentlichen mit<br />
drei Argumenten:<br />
> Diversifikation hat per se keinen Wert für einen Investoren,<br />
da dieser sein Portfolio selbst bestimmen möchte.<br />
> Konglomerate sind von Natur aus ineffizient, da das Management<br />
Gefahr läuft, den Überblick zu verlieren.<br />
> Niedrig bewertete Geschäftseinheiten ziehen hoch bewertete<br />
Einheiten desselben Unternehmens im Marktpreis nach unten.
26 | Premium Konglomerat<br />
Dennoch finden sich immer wieder Beispiele für Konglomerate,<br />
zwischen deren Geschäftseinheiten zwar keine oder wenige<br />
Synergien bestehen, die aber trotzdem dauerhaft Überrenditen<br />
erwirtschaften und somit Wert schaffen.<br />
Was kann ein Konglomerat aus diesen positiven Beispielen lernen?<br />
Wie gelingt es einem Mischkonzern, auch aus Sicht von Investoren<br />
bzw. Eigentümern nachhaltig Wert zu schaffen? Gibt es ein<br />
Geschäftssystem, das einen Mischkonzern zu einem "Premium<br />
Konglomerat" macht, also zu einem erfolgreichen diversifizierten<br />
Unternehmen?<br />
Die Antworten auf diese Fragen sollten nicht nur an der Börse<br />
gelistete Unternehmen interessieren, denn gerade im Mittelstand<br />
ist das erfolgreiche und kontinuierliche Management des Unternehmenswertes<br />
von großer Bedeutung: Wesentlich durch die<br />
Anforderungen aus Basel II und den Wegfall der Gewährträgerhaftung<br />
bestimmt, gehen neben den Privatbanken nun auch die<br />
öffentlichen Banken – die traditionellen Geldgeber des Mittelstandes<br />
– zu einer risikoadjustierten Vergabe von Krediten über. Im<br />
Rahmen dieser neuen Geschäftspraktiken wird auch das Bonitätsrisiko<br />
mittelständischer Unternehmen bewertet und klassifiziert.<br />
Letztendlich ist es die Beurteilung dieses Risikos, die über die<br />
individuellen Kreditkonditionen (z.B. den Zinssatz) bestimmt.<br />
In die Rating-Klassifizierung fließen neben den klassischen quantitativen<br />
Werttreibergrößen (z.B. Ertragssituation, Kapitalstruktur,<br />
Cashflow-Planung und -Stabilität) auch qualitative Bewertungskriterien<br />
ein. Zu Letzteren zählen unter anderem die Qualität des<br />
Managements, die Geschäftspolitik des Unternehmens und die<br />
geschäftsinternen Risikomanagementsysteme – also jene Größen,<br />
die auch in dem oben genannten Geschäftssystem eines "Premium<br />
Konglomerats" eine herausragende Rolle spielen.<br />
Die Frage des Wertzuwachses eines Unternehmens wird auch<br />
dann virulent, wenn es um Unternehmensnachfolge oder Aufnahme<br />
von neuem Eigenkapital zur Wachstumsfinanzierung, z.B.<br />
durch neue Gesellschafter, geht. Beide Situationen sind für mittelständische<br />
Unternehmen außerordentlich relevant.<br />
Drei im Maschinen- und Anlagenbau tätige Unternehmen dienen<br />
nachfolgend als Beispiele für erfolgreiche Konglomerate: General<br />
Electric, United Technologies und Danaher stellen aufgrund ihrer<br />
diversen Geschäftssegmente Mischkonzerne dar. Das heißt, die<br />
jeweiligen Segmente verfügen über wenige bis keine Synergien in<br />
den Bereichen Vertrieb, Einkauf, F&E und Fertigung sowie in<br />
weiteren indirekten Funktionen. Trotzdem weisen diese Unternehmen<br />
eine nachhaltige Wertentwicklung für die Eigentümer auf.
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Premium Konglomerat | 27<br />
Mischkonzerne auf der finanziellen Überholspur<br />
Viele Unternehmen orientieren sich bei der Messung von finanziellem<br />
Erfolg unter anderem an der Methodik des EVA (Economic<br />
Value Added). EVA misst die Überrendite, die ein Unternehmen<br />
erwirtschaftet, gegenüber den risikogewichteten Kapitalkosten<br />
und setzt Erstere zum eingesetzten Kapital ins Verhältnis. Da<br />
dieses Vorgehen jedoch eine relativ komplexe Analyse erfordert,<br />
bietet es sich an, zur Evaluierung des finanziellen Erfolgs von<br />
Unternehmen eine einfachere, schnellere, wenn auch ungenauere<br />
Methodik anzuwenden:<br />
Über einen Zeitraum von zehn Jahren wird die Entwicklung des<br />
EBIT und des Nettogewinns pro Aktie analysiert. Diese Analyse<br />
gibt einen Hinweis auf die Steigerung der Rentabilität des Unternehmens<br />
und die Volatilität der Gewinnentwicklung; Verhältniskennzahlen<br />
wie das Kurs-Gewinn- und Kurs-Buchwert-Verhältnis<br />
zeigen die Attraktivität des Unternehmens für Investoren bzw.<br />
Eigentümer an.<br />
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Zahlen und<br />
Bewertungen der drei ausgewählten Unternehmen. Deutlich wird,<br />
dass diese Mischkonzerne trotz der heterogenen Struktur bei ihrer<br />
Bewertung über dem Gesamtmarkt liegen.<br />
General Electric, United Technologies und Danaher liefern ihren<br />
Eigentümern also einen zufrieden stellenden Wertbeitrag. Bestätigt<br />
wird dies dadurch, dass die drei Konglomerate in den vergangenen<br />
zehn Jahren eine bessere Kursentwicklung als der Gesamtmarkt<br />
erreichten, wie die Abbildung auf Seite 28 zeigt (Basis ist<br />
der Dezember 1994).<br />
Mischkonzerne im Überblick (Alle Daten zum Stichtag 17.3.2006)<br />
General Electric<br />
United Technologies<br />
Danaher<br />
Gesamtmarkt (S&P 500)<br />
Geschäftssegmente<br />
> Healthcare<br />
> Industrie<br />
> Infrastruktur<br />
> Medien<br />
> Finanzen<br />
> Heiz-/Klimaanlagen<br />
> Luftfahrt- und<br />
Industriesysteme<br />
> Aufzüge<br />
> Flugzeugmotoren<br />
> Helikopter<br />
> Sicherheitssysteme<br />
> Energie<br />
> Professional<br />
Instrumentation<br />
> Industrial<br />
Technologies<br />
> Tools & Components<br />
Kundenstruktur<br />
Heterogen<br />
Heterogen<br />
Heterogen<br />
Technologien<br />
Unterschiedlich<br />
Unterschiedlich<br />
Unterschiedlich<br />
CAGR EBIT (letzte 10 Jahre)<br />
8,1%<br />
12,6%<br />
22,0% (letzte 9 Jahre)<br />
CAGR Gewinn pro Aktie<br />
(letzte 10 Jahre)<br />
10,2%<br />
15,2%<br />
12,9% (letzte 9 Jahre)<br />
Standardabweichung<br />
jährl. EBIT-Steigerung<br />
8,0%<br />
31,0%<br />
12,0%<br />
Kurs-Gewinn-Verhältnis<br />
21,9<br />
18,5<br />
22,0<br />
18,3<br />
Kurs-Buchwert-Verhältnis<br />
3,21<br />
3,46<br />
3,75<br />
2,94<br />
Gesamtbeurteilung<br />
(Verhältnis zum Gesamtmarkt)<br />
Sehr gut<br />
Gut<br />
Sehr gut<br />
Quelle: <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants
28 | Premium Konglomerat<br />
Kursentwicklung Konglomerate – Gesamtmarkt<br />
Konglomerate vs. S&P 500 [Index 100 = ^ 1994]<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05<br />
S&P 500 General Electric United Technologies Danaher<br />
[jeweils im Dezember<br />
eines Jahres]<br />
Quelle: Datastream<br />
Funktionieren die Marktmechanismen, so stellt der Marktwert<br />
eines Unternehmens den fundamentalen Unternehmenswert dar.<br />
Er wird aus den erwarteten Cashflows ermittelt, indem man diese<br />
mit der Eintrittswahrscheinlichkeit multipliziert. Die Cashflows<br />
werden zum geschäftssysteminhärenten Risikozinssatz diskontiert.<br />
Dass der Markt nun die drei Beispielkonzerne höher als vergleichbare<br />
Unternehmen bewertet, lässt die Schlussfolgerung zu, dass<br />
Erstere in der Lage sind, höhere Nettobarwerte und somit einen<br />
höheren Wertbeitrag zu erwirtschaften. Dafür gibt es grundsätzlich<br />
drei Möglichkeiten:<br />
> Steigerung der Erwartungswerte für die zukünftigen Cashflows<br />
durch operativ höhere Cashflows,<br />
> Steigerung der Erwartungswerte durch eine bessere Prognose<br />
der Cashflows (höhere Eintrittswahrscheinlichkeit) oder<br />
> Verringerung des geschäftssysteminhärenten Risikos und somit<br />
Senkung des Diskontierungszinsfußes.<br />
Erfolgreichen Mischkonzernen muss also daran gelegen sein, diese<br />
Größen positiv zu beeinflussen. Möglich wird dies über das zusätzliche<br />
Geschäftssystem eines "Premium Konglomerats", das einen<br />
Mehrwert gegenüber herkömmlichen diversifizierten Unternehmen<br />
darstellt.
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Premium Konglomerat | 29<br />
Erfolgreiche Konglomerate: Ziel-, profit-, effizienzorientiert<br />
General Electric<br />
Das Geschäftssystem von General Electric ist geprägt von einer<br />
klaren Portfoliostrategie. Jeder Geschäftsbereich hat das Ziel,<br />
entweder an Position 1 oder Position 2 des relevanten Marktes zu<br />
stehen. Bereiche, welche dies nicht erreichen (können), werden<br />
konsequent abgestoßen. GE verfolgt die Strategie, ausschließlich<br />
profitable Geschäftsbereiche zu betreiben – unprofitable werden<br />
veräußert. Durch diese aktive Portfoliostrategie eröffnet sich GE<br />
als diversifiziertes Konglomerat zusätzliche Wachstumsoptionen,<br />
die deutlich über die Wachstumsperspektiven der einzelnen<br />
individuellen Geschäftsfelder hinausgehen. Der Erwartungswert<br />
der zukünftigen Cashflows wird damit erhöht und in Folge dessen<br />
der Unternehmenswert gesteigert.<br />
Das konsequente Handeln, das sich in der Portfoliostrategie von<br />
GE zeigt, setzt sich auch in seinen Führungssystemen fort: Auf<br />
Basis starker finanzieller Steuerungssysteme werden Erfolge mit<br />
hohen Incentives belohnt, die sowohl an das Erreichen individueller<br />
Ziele als auch an den Erfolg der Gesamtunternehmung gekoppelt<br />
sind. Misserfolge ziehen entsprechende finanzielle Einbußen<br />
für die Verantwortlichen nach sich. Das Management des Portfolios<br />
profitiert zusätzlich von einer hohen M&A- und PMI-Kompetenz<br />
in der Geschäftsführung.<br />
Durch das unbeirrbare Investieren in ertragstarke und wachstumsträchtige<br />
Geschäftsbereiche sowie das Abstoßen ertragschwacher<br />
Geschäftsteile ohne Wachstumspotenzial wird GE immer höhere<br />
Cashflows erreichen als das jeweilige Marktumfeld. Das stark<br />
erfolgsorientierte Führungssystem garantiert die prognostizierten<br />
Ergebnisse und schafft so mehr Sicherheit für die Cashflows, d.h.<br />
die Eintrittswahrscheinlichkeit der prognostizierten Cashflows<br />
wird erhöht. So steigt der Erwartungswert und damit der Unternehmenswert.<br />
Danaher<br />
Erfolg wird auch bei Danaher nicht dem Zufall überlassen. Der<br />
Treiber für Denken und Handeln in diesem Unternehmen ist das<br />
Danaher Business System (DBS). Ursprünglich eine Sammlung<br />
verschiedener Produktionsverbesserungsmaßnahmen, stellt es<br />
heute Philosophie und Wertesystem dar, das die Kultur und<br />
Performance des Konzerns bestimmt. Ständige Verbesserungen<br />
und Markt- sowie Kundenorientierung sind wesentliche Bestandteile<br />
des DBS. Diese finden sich in robusten und übertragbaren<br />
Prozessen wieder, die Danaher in seine bestehenden und neu<br />
akquirierten Geschäftsbereiche implementiert. Durch kontinuierliche<br />
und aggressive Eliminierung unnötiger Kosten in den Geschäftsprozessen<br />
steigert Danaher die Effizienz seiner Geschäftseinheiten<br />
und erreicht so die hohen Rentabilitätsziele. Die<br />
Verantwortung für Ergebnisse ist fest in den Werten des Konzerns<br />
verankert, da Profite ein wichtiger Faktor im Wettbewerb um<br />
loyale Eigentümer sind.<br />
Hohe Cashflows erzielt Danaher vornehmlich durch die Fähigkeit,<br />
einzelne Geschäftsbereiche mit Hilfe des DBS zu optimieren. Der<br />
immer wiederkehrende Erfolg bei der effizienten Gestaltung von<br />
Geschäftsteilen erhöht auch das Vertrauen der Investoren in die<br />
Fähigkeiten des Unternehmens und schafft somit Wert für die<br />
Eigentümer.<br />
United Technologies<br />
Das Portfolio von United Technologies weist Ähnlichkeiten mit<br />
jenem von GE auf: Die einzelnen Geschäftsbereiche sind sehr<br />
profitabel und nehmen starke Positionen in ihren Märkten ein. So<br />
ist beispielsweise Otis Marktführer für Aufzüge. Das Unternehmen<br />
sieht sich selbst als ein bevorzugtes Investitionsobjekt für Anleger,<br />
weil es aggressive Zielsetzungen unabhängig von der gesamtwirtschaftlichen<br />
Situation erreicht. United Technologies verfolgt eine<br />
Politik der offenen und ehrlichen Kommunikation der Ziele und<br />
Ergebnisse an die Investoren. Das Erreichen angekündigter Ziele,<br />
also der vorhergesagten Cashflows, hat Priorität.<br />
In der Vergangenheit erzielte das Unternehmen hohe Renditen.<br />
Da prognostizierte Ergebnisse stets erreicht wurden, erfreut sich<br />
der Konzern des Vertrauens der Investoren – ein Vertrauensvorsprung,<br />
der durch einen vergleichsweise hohen Wertzuwachs<br />
honoriert wird.
30 | Premium Konglomerat<br />
"Lessons learned": An Geschäftsportfolio, Ergebnis und Unternehmergeist<br />
ansetzen!<br />
Ein Teil des Erfolges eines Premium Konglomerats besteht darin,<br />
dass die einzelnen Segmente eine hohe Performance zeigen. Das<br />
allein reicht jedoch nicht aus, da ein Investor dies auch mit der<br />
eigenständigen Zusammenstellung seines individuellen Portfolios<br />
erreichen könnte. Beim Premium Konglomerat leistet auch die<br />
"Zentrale" als separates zusätzliches Geschäftssystem einen positiven<br />
Beitrag zum Wert des ganzen diversifizierten Konzerns – ein<br />
Wert, der über den individuellen Wertbeitrag der einzelnen<br />
Geschäfte hinausgeht.<br />
Das zusätzliche Geschäftssystem profitiert zum einen vom Wert,<br />
den Diversifikation möglich macht (etwa durch die zusätzlichen<br />
Wachstumsoptionen, im Beispiel von GE), zum anderen von der<br />
Fähigkeit, die Vielfalt des Konglomerats zu beherrschen und<br />
operativ zu steuern (wie am Beispiel Danaher Business System<br />
dargestellt).<br />
Betrachtet man insgesamt die Geschäftssysteme der drei angeführten<br />
Konglomerate, so lassen sich fünf Erfolgsfaktoren für die<br />
Führung von diversifizierten Unternehmen ableiten:<br />
1. Neue ertragreiche Geschäftsbereiche mit Wachstumspotenzial<br />
erschließen<br />
Ein Premium Konglomerat wechselt regelmäßig von ertragsschwachen<br />
zu ertragreichen Geschäftsbereichen mit wachsenden<br />
Absatzmärkten. Unprofitable Geschäftsteile ohne Wachstumspotenzial<br />
werden konsequent abgestoßen, Gewinn bringende<br />
Geschäftssegmente optimiert. Dieses aktive Portfoliomanagement<br />
ermöglicht ein Wachstum, das in einzelnen, isolierten Geschäftsfeldern<br />
in diesem Maße nicht realisierbar wäre.<br />
2. Zu Höchstleistungen motivieren<br />
Das Unternehmen verfügt über "state of the art" wertorientierte<br />
Controllingsysteme, mit denen es die operative Entwicklung<br />
steuert. Externe Einflüsse gelten nicht als Entschuldigung für<br />
Zielkorrekturen. Misserfolge werden konsequent geahndet, im<br />
Gegenzug werden Erfolge überdurchschnittlich hoch belohnt.<br />
Die Vergütung von Managern ist auch an die Gesamtleistung<br />
des Unternehmens gekoppelt.<br />
3. Konsistente Strategie für das Geschäftsportfolio definieren<br />
Die Strategie eines Premium Konglomerats gibt Kriterien für die<br />
Gestaltung des Portfolios vor. Danach wählt das Management<br />
seine Geschäftsfelder aktiv aus. Es weiß genau, wo und wann es<br />
konkurrenzfähig ist – und wann nicht. Das Management kommuniziert<br />
diese Kriterien an die Eigentümer und sichert eine<br />
konsistente Umsetzung. Durch die hohe M&A- und PMI-Kompetenz<br />
des Managements wird das Portfolio aktiv und mit hoher<br />
Zuverlässigkeit gestaltet. Dies schafft überdurchschnittlich Wert.
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Premium Konglomerat | 31<br />
4. Verlässlichkeit in der Zielerreichung sicherstellen<br />
Ein Premium Konglomerat erreicht immer die gesetzten Ziele.<br />
Diese Ziele sind aggressiv, aber realistisch und werden gegenüber<br />
den Investoren offen und direkt kommuniziert. Ein Premium<br />
Konglomerat schafft Vertrauen, indem es sein Ziele permanent<br />
erreicht oder sogar übertrifft. Dies ist nicht zuletzt eine Folge von<br />
mehr Eigenverantwortlichkeit und einem konsistenten Vergütungssystem,<br />
aber auch von einem professionellen Management<br />
der Kommunikation nach außen.<br />
5. Auf Geschäftsbereiche mit ähnlichen Anforderungen an das<br />
Management fokussieren<br />
Fokussierung muss sich nicht auf bestimmte Produkte oder Prozesse<br />
beziehen, sondern kann auch die Fähigkeiten des Managements<br />
betreffen. Die Konzentration auf Geschäftsbereiche mit<br />
ähnlichen strategischen und operativen Managementanforderungen<br />
verringert die Gefahr, sich zu verzetteln. Vielseitig einsetzbare<br />
Managementprozesse und -fähigkeiten erleichtern die Optimierung<br />
bestehender und neuer Geschäftseinheiten. Controlling- und<br />
Führungssysteme und -strukturen sowie Kultur und Wertesysteme<br />
der Einzelunternehmen im Konglomerat müssen vereinheitlicht<br />
werden, damit das Management in der Lage ist, die Diversifikation<br />
des Konglomerats zu beherrschen.<br />
Einigen diversifizierten Unternehmen gelingt es also, Wert für ihre<br />
Eigentümer zu schaffen, der über den Wert der Einzelunternehmen<br />
hinausgeht. Der Erfolg von General Electric, United Technologies<br />
und Danaher lädt dazu ein, einen vergleichbaren Kurs zu<br />
steuern: Die Wege dieser Mischkonzerne stehen auch dem deutschen<br />
Mittelstand im Maschinen- und Anlagenbau offen!
32 | Engineered Products & High Tech<br />
> Das Kompetenzzentrum<br />
Engineered Products & High Tech<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong><br />
Information spielt eine Schlüsselrolle: Nur wer sich über aktuelle<br />
Markttrends und Branchenentwicklungen auf dem Laufenden<br />
hält, kann heute die Entscheidungen treffen, die morgen das<br />
Unternehmen zum Erfolg führen. Aber die Lektüre von Fachbüchern<br />
und -zeitschriften ist eine zeitraubende Angelegenheit<br />
und oft zu theoretisch – und Ihr Terminkalender ist dicht gefüllt.<br />
Deshalb sind Sie auf komprimierte und griffig aufbereitete Informationen<br />
angewiesen.<br />
Diesen Anspruch will die <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> <strong>executive</strong> <strong>review</strong> für Hersteller<br />
von Investitionsgütern erfüllen. Die Publikation erscheint<br />
mehrmals im Jahr und bietet Ihnen Beiträge zu aktuellen Themen.<br />
Sie finden Darstellungen und Interpretationen aktueller Trends<br />
zu Entwicklungen im Bereich Engineered Products & High Tech<br />
(Maschinenbau, Anlagenbau, Elektrotechnik, Mikroelektronik,<br />
Automation). Dabei wird auf Praxisbezug Wert gelegt.<br />
Ein wichtiges Anliegen der Veröffentlichung ist der Meinungs- und<br />
Erfahrungsaustausch zwischen den Fachleuten Ihrer Branche und<br />
den Beratern. Zudem werden wir auch für Sie relevante Themen<br />
aus angrenzenden Industrien aufgreifen.<br />
Wir hoffen, unsere <strong>executive</strong> <strong>review</strong> liefert Ihnen interessante<br />
Themen für Ihr Unternehmen. Über Ihre Anregungen würden wir<br />
uns freuen.<br />
E-Mail: <strong>executive</strong>_<strong>review</strong>@rolandberger.com<br />
Fax: +49 89 9230-8710
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Engineered Products & High Tech | 33<br />
<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />
Einer der Beratungsschwerpunkte von <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> liegt<br />
traditionell in der Investitionsgüterindustrie. Wir haben in<br />
unserem weltweit vertretenen Kompetenzzentrum Engineered<br />
Products & High Tech in mehr als 30 Jahren Erfahrung speziell<br />
im Anlagenbau, Maschinenbau, der Elektrotechnik, der Mikroelektronik<br />
und der Automation gesammelt.<br />
Unsere Beraterinnen und Berater verfügen nicht nur über eine<br />
exzellente wirtschaftliche und technische Ausbildung, sondern<br />
ihr Verständnis für Ihr Geschäft resultiert auch aus langjähriger<br />
Praxiserfahrung. Zudem besitzen sie die notwendige Methodenund<br />
Problemlösungskompetenz, um gemeinsam mit Ihnen und<br />
Ihren Mitarbeitern innovative Konzepte zu entwickeln und<br />
umzusetzen. Und das in fast allen Regionen der Welt.<br />
<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> hat allein in der Investitionsgüterindustrie in den<br />
letzten zehn Jahren über 500 Projekte durchgeführt und zahlreiche<br />
Implementierungen begleitet.<br />
Wir verfügen weltweit über gute Kontakte zu Unternehmerpersönlichkeiten.<br />
Zu den weltweiten Referenzkunden von <strong>Roland</strong><br />
<strong>Berger</strong> zählen Großunternehmen ebenso wie marktführende<br />
mittelständische Unternehmen und erfolgreiche Start-ups.<br />
Themenkompetenz<br />
Branchenkompetenz<br />
Soziale Kompetenz<br />
Strategie<br />
Wachstum<br />
Marketing und Vertrieb<br />
Sourcing<br />
Global Footprint<br />
Mergers & Acquisitions<br />
Innovationsmanagement<br />
Change Management<br />
Pre-/Post Merger Integration<br />
Restrukturierung<br />
Turnaround<br />
Shareholder Value<br />
Supply Chain Management<br />
Automatisierung<br />
Maschinenbau<br />
Anlagenbau<br />
Elektrotechnik<br />
Mikroelektronik<br />
Luft- und Raumfahrt<br />
Umsetzungsstärke<br />
Moderationskompetenz<br />
Integrationskompetenz<br />
Flexibilität<br />
Belastbarkeit<br />
Kommunikation auf allen Ebenen<br />
Durchsetzungsfreude<br />
Engagement<br />
Internationalität
34 | Engineered Products & High Tech<br />
> Internationales Netzwerk des Competence Center<br />
Brasilien<br />
04543-906 Itaim Bibi / São Paulo / S.P. /<br />
Avenida Presidente Juscelino Kubitschek, 510<br />
Thomas Kunze<br />
Tel. +55 11 30467111<br />
E-Mail thomas_kunze@br.rolandberger.com<br />
Belgien<br />
B-1170 Brüssel, 100, Boulevard du Souverain<br />
Jean-Roger de Bandt<br />
Tel. +32 2 66381-28<br />
E-Mail jean_roger_de_bandt@be.rolandberger.com<br />
China<br />
Shanghai 200040, P.R.C., 1515 Nanjing West Road,<br />
23rd Floor Shanghai Kerry Center<br />
Beijing 100027, P.R.C., Suites D&E, 20th Floor,<br />
Tower A, Gateway Plaza, 18 Xiaguangli, East Third Ring<br />
North Road<br />
Dr. Eugen von Keller<br />
Tel. +86 21 52986677-866<br />
E-Mail eugen_von_keller@cn.rolandberger.com<br />
Jian Wei<br />
Tel. +86 21 52986677-821<br />
E-Mail jian_wei@cn.rolandberger.com<br />
Vivian Zheng<br />
Tel. +86 21 52986677<br />
E-Mail vivian_zheng@cn.rolandberger.com<br />
Deutschland<br />
10559 Berlin, Alt-Moabit 101b<br />
20355 Hamburg, Stadthausbrücke 7<br />
81925 München, Arabellastraße 33<br />
70597 Stuttgart, Löffelstraße 46<br />
Axel Schmidt<br />
Tel. +49 711 7673-322<br />
E-Mail axel_schmidt@de.rolandberger.com<br />
Dr. Ralf Augustin<br />
Tel. +49 711 7673-320<br />
E-Mail ralf_augustin@de.rolandberger.com<br />
Dr. Stefan Bötzel<br />
Tel. +49 40 37631-302<br />
E-Mail stefan_boetzel@de.rolandberger.com<br />
Dr. Torsten Henzelmann<br />
Tel. +49 89 9230-8185<br />
E-Mail torsten_henzelmann@de.rolandberger.com<br />
Uwe Johnen<br />
Tel. +49 30 39927-580<br />
E-Mail uwe_johnen@de.rolandberger.com<br />
Robert Ohmayer<br />
Tel. +49 711 7673-328<br />
E-Mail robert_ohmayer@de.rolandberger.com<br />
Thomas Rinn<br />
Tel. +49 711 7673-349<br />
E-Mail thomas_rinn@de.rolandberger.com<br />
Peter Schneidewind<br />
Tel. +49 89 9230-8871<br />
E-Mail peter_schneidewind@de.rolandberger.com<br />
<strong>Roland</strong> Schwientek<br />
Tel. +49 711 7673-318<br />
E-Mail roland_schwientek@de.rolandberger.com<br />
Frankreich<br />
F-75017 Paris, 11, rue de Prony<br />
Stephane Albernhe<br />
Tel. +33 1 53670-320<br />
E-Mail stephane_albernhe@fr.rolandberger.com<br />
Großbritannien<br />
GB-London W1J 6RB, Lansdowne House, Berkeley Square<br />
Dr. David Stern<br />
Tel. +44 207 2904865-0<br />
E-Mail david_stern@uk.rolandberger.com
<strong>executive</strong> <strong>review</strong> 1/2006 Engineered Products & High Tech | 35<br />
Italien<br />
I-20129 Mailand, Via Sirtori, 32<br />
Marco Zurru<br />
Tel. +39 02 29501-292<br />
E-Mail marco_zurru@it.rolandberger.com<br />
Japan<br />
Minato-ku, Tokio 107-6023, 1-12-32, Akasaka<br />
ARK Mori Building 23rd Floor<br />
Isao Endo<br />
Tel. +81 3 35876-660<br />
E-Mail isao_endo@jp.rolandberger.com<br />
Ken Mori<br />
Tel. +81 3 35876-724<br />
E-Mail ken_mori@jp.rolandberger.com<br />
Niederlande<br />
NL-1077 XX Amsterdam, Strawinskylaan 581<br />
Alexander Belderok<br />
Tel. +31 20 7960-600<br />
E-Mail alexander_Belderok@nl.rolandberger.com<br />
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Tel. +31 20 7960-600<br />
E-Mail benno_van_dongen@nl.rolandberger.com<br />
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A-1010 Wien, Freyung 3/2/10<br />
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Tel. +43 1 53602-111<br />
E-Mail manfred_reichl@at.rolandberger.com<br />
Rupert Petry<br />
Tel. +43 1 53602-339<br />
E-Mail rupert_petry@at.rolandberger.com<br />
Portugal<br />
P-1050-120 Lissabon, Av. Fontes Pereira de Melo, 51-4° E<br />
Edifício Monumental<br />
Antonio Bernardo<br />
Tel. +351 21 3567-601<br />
E-Mail antonio_bernardo@pt.rolandberger.com<br />
Russland · Ukraine · Lettland · Polen<br />
125047 Moskau, 1st Tverskaya-Yamskaya ul., 23<br />
Dr. Uwe Kumm<br />
Tel. +49 30 39927-534<br />
E-Mail uwe_kumm@de.rolandberger.com<br />
Sergei Shibaev<br />
Tel. +7 501 72119-51<br />
E-Mail sergei_shibaev@ru.rolandberger.com<br />
Schweiz<br />
CH-8008 Zürich, Neumünsterallee 12<br />
Joost Geginat<br />
Tel. +41 1 38481-74<br />
E-Mail joost_geginat@ch.rolandberger.com<br />
Spanien<br />
E-Madrid 28046, Paseo de la Castellana, 140, 3rd Floor<br />
Josep Ros Serrat<br />
Tel. +34 91 5647-361<br />
E-Mail josep_ros@es.rolandberger.com<br />
Christoph Beseler<br />
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E-Mail christoph_beseler@es.rolandberger.com<br />
USA<br />
Troy, MI 48084, 2401 West Big Beaver Road, Suite 500<br />
Wim van Acker<br />
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E-Mail wim_van_acker@us.rolandberger.com<br />
Dr. Antonio Benecchi<br />
Tel. +1 248 649-1794<br />
E-Mail antonio_benecchi@us.rolandberger.com
ISSN 1617-4194