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Gmoidsblaettla 70 - Gemeinde Rieden

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Liebesbrief auf dem Kirchendachboden<br />

Alte Kirchen wurden mit so genannten Mönch- und Nonnenziegeln gedeckt. Diese<br />

Bedachungsweise erforderte gewissenhaft arbeitende Handwerker. An undichten<br />

Stellen konnte Regen- und Stauwasser eindringen. Der entstandene Schaden konnte<br />

erst bemerkt werden, wenn er im Kirchgewölbe innen sichtbar wurde. Stuck und<br />

Gemälde waren dann schon von Feuchtigkeit und Salpeter zerfressen.<br />

Bei früheren Reparaturen wurde alter Mörtel auf dem Gewölbe entsorgt. Für die<br />

Baustruktur ein weiterer Nachteil. Der Zugang zum Dachboden ist nur ein abenteuerliches<br />

Schlupfloch.<br />

Als im Sommer 2012 das Gewölbe von Bauschutt entlastet wurde, kam der oben<br />

erwähnte Brief zum Vorschein. Ein ungewöhnlicher Fund, der einige Rätsel aufwirft,<br />

Zeitungen und Signaturen dagegen nicht selten. Nicht das Alter des Briefes (1925)<br />

macht den Fund neugierig, sondern die Frage: Wie kam der Brief von Pepi (Josefa)<br />

Negele, Dienstmagd in <strong>Rieden</strong>, auf den Dachboden der Kirche, ein Brief an den auswärts<br />

wohnenden lieben Anton? War er Knecht, Bauernsohn oder Handwerker?<br />

Im Jahre 1923 wurde die Kirche St. Martin erweitert. Bei solchen Bauvorhaben dieser<br />

Größenordnung wurden die männlichen Dorfbewohner zum Frondienst herangezogen,<br />

wie ein Foto aus dieser Zeit zeigt.<br />

Die schöne fehlerfreie Schrift ist gekennzeichnet von Selbstbewusstsein. Sie besaß in<br />

damaliger Zeit schon ein Fahrrad! Wenn man bedenkt, dass 25 Jahre zuvor die ersten<br />

drei Landwirte von <strong>Rieden</strong> Fahrräder besaßen!<br />

Pepi Negele bemängelte, dass der Brief von ihrem lieben Anton schwer lesbar war.<br />

Sie vermutete, dass er bei schlechtem Licht diesen Brief schrieb! <strong>Rieden</strong> und die<br />

nähere Umgebung wurden 1920 mit elektrischem Strom versorgt. Auch zu jener Zeit<br />

war Strom teuer! Die Strompreisbemessung erfolgte nach Verbrauch plus angeschlossenen<br />

Räumlichkeiten.<br />

Besonders wohl muss sich Pepi in <strong>Rieden</strong> nicht gefühlt haben, denn sie kündigte an,<br />

an Lichtmess, wegen der „Leutegeschwätz", das Dorf zu verlassen!<br />

Ungewöhnlich der Abschiedsgruß: Es grüßt dich herzl. Pepi Negele.<br />

Das Geheimnis bleibt: Wie kam der Brief auf den Dachboden der <strong>Rieden</strong>er Kirche?<br />

Wurde der Brief unterschlagen, war es Eifersucht?<br />

Die Moral von der Geschichte: Wenn der Anton noch nicht gestorben ist, wartet er<br />

bis heute auf diesen Brief von Pepi Negele!<br />

(mk)

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